(spr. wöjoh), Louis, ultramontaner franz. Publizist, geb. 1813 zu Boynes (Loiret), redigierte seit 1831 das ministerielle »Echo de Rouen«, [* 2] seit 1837 zu Paris [* 3] die »Charte de 1830«, dann »La Paix«, ward später Büreauchef im Ministerium des Innern, nahm aber nach 18 Monaten seine Entlassung, um (1843) als Mitarbeiter beim »Univers religieux« einzutreten. Seit 1848 oberster Redakteur dieses Hauptorgans des Ultramontanismus, kämpfte er mit ebensoviel Talent und Energie wie Leidenschaft und Rücksichtslosigkeit für die Ansprüche des Papsttums auf unumschränkte Herrschaft über Kirche und Staat, veranlaßt durch seine heftige Polemik gegen Napoleons III. italienische Politik 1860 die Unterdrückung des »Univers«, der erst 1867 wieder erscheinen durfte, und wußte während des vatikanischen Konzils durch Drohungen und Denunziationen jede gallikanische Regung im französischen Episkopat niederzuhalten.
Sein politischer Einfluß erreichte unter der Regierung der sogen. moralischen Ordnung (1877) seine Höhe. Späterhin ließ sich Veuillot, seit Jahr und Tag durch Gicht an das Zimmer gefesselt, nur noch selten im »Univers« vernehmen und schlug dann einen salbungsreichen, apokalyptischen Ton an, der den geistreichen und pikanten, oft cynischen Schriftsteller, den in allen Sätteln gerechten und keine Waffen [* 4] verschmähenden Polemiker von ehedem nicht wieder erkennen ließ. Er starb in Paris.
Von seinen Werken nennen wir als die gelesensten: »Pélerinages de Suisse« (1839, 16. Aufl. 1878);
»Rome et Lorette« (1841, 16. Aufl. 1880);
»L'honnête femme« (1844);
»Les Français en Algérie« (Reiseskizzen, 1845; 10. Aufl. 1889);
»Les libres penseurs« (1848);
»L'esclave Vindex« (1849);
»Le [* 5] lendemain de la Victoire« (1850);
»Le droit du seigneur au moyen-âge« (1854, 3. Aufl. 1878);
»Les parfums de Rome« (1861, 10. Aufl. 1888);
»Historiettes et fantaisies« (1862);
»Les odeurs de Paris« (1866, 10. Aufl. 1876);
»Rome pendant le concile« (1872, 2 Bde.);
»Paris pendant les deux siéges« (1876, 2 Bde.);
»Molière et Bourdaloue« (1877);
»Œuvres poétiques« (1878);
»Études sur Victor Hugo« (1885) etc. Eine Sammlung seiner Schriften gab er unter dem Titel: »Mélanges religieux, historiques, politiques et littéraires« (1857-76, 18 Bde.) heraus.
Seine »Correspondance« erschien in 6 Bänden (1883-87). - Sein Bruder Eugène Veuillot, geb. 1818, Mitarbeiter am »Univers«, schrieb: »La guerre de la Vendée et de la Bretagne« (2. Aufl. 1853),
vom spezifisch katholischen Standpunkt aus;
»Le Tonkin et la Cochinchine« (1859, 3. Aufl. 1883);
»Vies des pères de déserts de l'Orient« (1863-1864, 6 Bde.) u. a.
(spr. föhrne), Stadt, s. Furnes. ^[= Hauptstadt eines Arrondissements in der belg. Provinz Westflandern, an der Bahn Lichtervel ...]
(spr. wewä, deutsch Vivis), Stadt im schweizer. Kanton Waadt, [* 6] in reizender Lage am Einfluß der wilden Veveyse in den Genfer See und an der Eisenbahn von Villeneuve nach Lausanne, [* 7] hat schöne öffentliche, meist von Baumgärten beschattete Plätze, mehrere sehenswerte Kirchen (z. B. die St. Klara- und St. Martinskirche), ein Schloß (früher Sitz der Landvögte), ein Collège, eine öffentliche Bibliothek, viele schöne Privatgebäude und Villen, Fabrikation von Tabak, [* 8] Schokolade, Schaumwein, kondensierter Milch, Uhren [* 9] etc., Handel mit Wein, Käse und Holz, [* 10] Seebäder, zahlreiche glänzende Gasthäuser und Pensionen für Fremde und (1888) 8144 Einw. -
Vevey, schon zur Römerzeit ein blühender Ort (Vibisco), war unter den burgundischen Königen ein Fischerflecken. J. J. Rousseau wählte die Umgegend von Vevey zum Schauplatz seines Romans »Die neue Heloise«.
Vgl. Martignier, Vevey et ses environs dans le moyen-âge (Laus. 1862);
s. v. w. Kretins. ^[= (spr. -täng), s. Kretinismus.]
etwas zum Vexieren Dienendes, insbesondere Einrichtung an Schlössern, ohne deren Kenntnis man dieselben nicht öffnen kann;
s. Heber, ^[= (Schenkelheber, Saugheber), eine gebogene Röhre mit zwei ungleich langen Schenkeln, welche ...] [* 12] S. 256.
s. v. w. Momordica ^[= L. (Balsamapfel, Balsamgurke), Gattung aus der Familie der Kukurbitaceen, ein- oder mehrjährige, ...] Elaterium.
s. Agrostemma. ^[= L. (Ackerkrone), Gattung der Karyophyllaceén mit der einzigen Art A. Githago L. (Kornrade, ...]
s. Carya. ^[= Nutt. (Hickorynuß), Gattung aus der Familie der Juglandeen, hohe Bäume mit unpaarig gefiederten ...]
ein Schloß mit gewissen Vorrichtungen, ohne deren Kenntnis es selbst mit dem zugehörigen Schlüssel nicht geöffnet werden kann;
s. Schloß, S. 539.
(lat.), in der römischen Kaiserzeit ausgediente Soldaten, die sich aber als Evocati (s. d.) noch zu weitern Diensten verpflichteten und eine eigne Kompanie bildeten.
(lat.), in der spätesten Kaiserzeit eine Schwadron Reiterei.
[* 1] (lat.), bei den Römern ein viereckiges Stück Zeug (gewöhnlich von roter Farbe), welches an dem Querholz einer Stange befestigt war und als Feldzeichen der Manipeln und Reiterturmen diente, s. v. w. Standarte (vgl. Abbildung).
(spr. wes'lä), Städtchen im franz. Departement Yonne, Arrondissement Avallon, an der Cure, jetzt völlig herabgekommen, zählt (1881) nur 623 Einw., die Weinbau treiben, war aber im 12. Jahrh. berühmter Wallfahrts- und Handelsort und hat eine schöne ehemalige Abteikirche (La Madeleine, aus dem 11. Jahrh.) mit interessanten Bildwerken am Hauptportal. In Vezelay fand 1146 die Versammlung für den zweiten Kreuzzug statt, dort trafen auch Philipp August und Richard Löwenherz für den dritten Kreuzzug 1190 zusammen. Theodor Beza ist in Vezelay geboren.
(spr. wesähr), rechter Nebenfluß der Dordogne in Südfrankreich, entspringt auf dem Plateau von Millevache (Departement Corrèze), fließt in südwestlicher Richtung, bildet bei Treignac einen schönen Wasserfall, geht weiterhin an Vigois, Terrasson, Montignac und Bugue vorüber und mündet bei Limeuil;
192 km lang, wovon 65 km schiffbar.
Bedeutendster Nebenfluß die Corrèze.
s. Wesir. ^[= (Vizir, "Träger"), ehemals der Titel der Minister im ottomanischen Reich, ...]
(lat.), Straße, Weg;
bei den Römern besonders eine Heerstraße, wie die Via Appia (s. Appische Straße);
auf Briefen s. v. w. über, mit Angabe des zu nehmenden Wegs, z. B.
crucis (lat., »Weg zum Kreuz«), [* 15]
bei den Katholiken eine Prozession zur Erinnerung an den Hingang Jesu zum Kreuz.
Distriktshauptort in der ital. Provinz Mantua, [* 16] am Po, mit Gymnasium, technischer Schule, Getreide- und Weinbau und (1881) 5550 Einw.
Ludovico (eigentlich Lud. Grossi), Komponist, geb. 1564 zu Viadana bei Mantua, widmete sich dem geistlichen Stand, war 1594 Domkapellmeister in Mantua, lebte um 1597 in Rom, [* 17] war dann nacheinander Kirchenkapellmeister in Fano, Venedig [* 18] und wieder in Mantua und starb in Gualtieri. Viadanas musikgeschichtliche Bedeutung besteht darin, daß er die Ende des 16. Jahrh. in Florenz [* 19] ¶
aufgekommene Monodie (vgl. Musik, S. 923) in die Kirche einführte. Seine für diesen Zweck geschriebenen Gesänge nannte er »Concerti ecclesiastici« oder »Concerti da chiesa« und versah sie mit einem Instrumentalbaß, welcher im Gegensatz zur menschlichen Baßstimme das ganze Stück ununterbrochen begleitete, weshalb er Bassus continuus oder Bassus generalis genannt wurde. Die letztere Benennung hat zu dem Irrtum Anlaß gegeben, Viadana für den Erfinder dessen zu halten, was in neuerer Zeit mit dem Wort Generalbaß bezeichnet wurde, nämlich eines Basses mit darübergeschriebenen Ziffern, welche die zu seiner harmonischen Vervollständigung nötigen Intervalle anzeigen, eine schon lange vor Viadana gebräuchliche Art der Notierung.
Vgl. Parazzi, Della vita di L. (in der Mailänder »Gazetta musicale« 1876).
(Wadra),
rumän. Flüssigkeitsmaß, = 10 Oka à 4 Litra;
(lat., »Wegleitung«),
im weitern Sinn mehr oder minder hohe und lange Überführung einer Straße oder Eisenbahn über ein trocknes oder teilweise trocknes Terrain aus Stein, Eisen [* 21] oder Holz. Steinerne Viadukte erhalten meistenteils Halbkreisgewölbe, schlanke Pfeiler und mit zunehmenden Höhen zwei, drei und vier durch Zwischengewölbe abgeschlossene Stockwerke und entweder gleich starke oder schwächere (Zwischenpfeiler), gruppenweise mit stärkern (Gruppenpfeiler) abwechselnde Pfeiler.
Unter den einstöckigen Viadukten zeichnen sich der Desenzanoviadukt bei Verona [* 22] durch die bedeutende Höhe von 60 m, der Lockwoodviadukt in England durch die große Schlankheit von 1/20 seiner Pfeiler aus;
unter den zweistöckigen der Viadukt über das Gölthal bei Aachen, [* 23] das Elsterthal in Sachsen [* 24] durch eine Höhe von 69,75 m;
unter den dreistöckigen der Viadukt von Chaumont durch eine Höhe von 50 m;
der teilweise vierstöckige Viadukt über das Göltzschthal bei Reichenbach [* 25] in Sachsen zeigt in seinem höchsten Teil die größte Höhe von 80,37 m. Eiserne Viadukte erhalten teils steinerne Pfeiler, wie der Viadukt bei Znaim, oder eiserne Pfeiler auf steinernen Sockeln, wie der Crumlinviadukt bei Newport in Southwales, der Saaneviadukt bei Freiburg, [* 26] der Sitterviadukt bei St. Gallen, die Viadukte der Orléansbahn bei Bausseau d'Ahun und über die Cère, der Viadukt über die Gravine bei Castellanetta, der Viadukt über das Pfrimmthal bei Marnheim in der Rheinpfalz.
Unter den durchweg schmiedeeisernen Viadukten der neuern Zeit, welche auch schmiedeeiserne Pfeiler auf steinernen Sockeln besitzen, sind im Inland der in der Linie Arnstadt-Ilmenau der Thüringer Bahn erbaute eingeleisige Thalübergang bei Angelroda, der in der Linie Friedberg-Hanau erbaute Viadukt über das Niddathal, im Ausland der in der Cincinnati-Southernbahn erbaute Viadukt über den Kentucky und der in der New York-Buffalobahn an Stelle eines abgebrannten hölzernen in 86 Tagen erbaute Portageviadukt über den Genesee sowie der über das Thal [* 27] der Aqua de Varrugas bei Lima [* 28] in Peru [* 29] errichtete Viadukt mit der größten Pfeilerhöhe von 76,8 m hervorzuheben.
Unter den hölzernen Viadukten, welche zur Zeit wegen der geringern Dauer des Holzes und der Feuersgefahr, welcher sie durch die häufig passierenden Lokomotiven ausgesetzt sind, von steinernen oder eisernen Viadukten verdrängt werden, zeichneten sich die durch Feuer zerstörten Viadukte über den Geneseefluß bei Portage in den Vereinigten Staaten [* 30] mit 57,4 m hohen und über die Msta in Rußland mit 21,34 m hohen Holzpfeilern, beide auf gemauerten Sockeln, aus. In neuerer Zeit sind sie z. B. in Österreich [* 31] als interimistische, später durch steinerne oder eiserne zu ersetzende Viadukte bei Bahnen wieder in Aufnahme gekommen, deren Baukonto a priori möglichst entlastet werden muß. Im engern Sinn versteht man unter Viadukt auch die kleinern Über- und Unterführungen von Straßen oder Eisenbahnen mit einer bis drei Öffnungen, welche überwölbt oder mit eisernen, auf steinernen Pfeilern ruhenden, massiv gewalzten oder aus Blech und Façoneisen zusammengesetzten Trägern überspannt sind.
Obwohl der Viaduktbau erst seit der Entstehung der Eisenbahnen 1830 nach Zahl und Kühnheit der Bauwerke sich zu der jetzigen Blüte [* 32] entwickelt hat, so war er doch schon dem Altertum, insbesondere den Römern, nicht unbekannt. Neben den bedeutenden analogen Bauwerken der Aquädukte (s. d.), welche dieses Volk anlegte, verdienen die gewölbten Viadukte in der pränestinischen Heerstraße zwischen Rom und Gabii mit Halbkreisgewölben und Pfeilern aus Tuffquadern sowie in der Appischen Heerstraße bei Aricia hervorgehoben zu werden. Über die ältern Viadukte vgl. außer Vitruvs Werk über Baukunst [* 33] (deutsch von Reber, Stuttg. 1865) und Frontinus' Schrift über römische Wasserleitungen, Guhl und Koner, Das Leben der Griechen und Römer [* 34] (5. Aufl., Berl. 1881), und über die neuern Viadukte unter andern Toni-Fontenay, Construction des viaducs, etc. (Par. 1852).
Mala, die schauerlich-schönen Felsschlünde, welche die zwei untern Thalstufen des Graubündner Hinterrheins, Tomleschg und Schams, trennen. Hier windet sich der Weg bald an senkrechter Felswand hin; bald bohrt er sich durch das Gestein; bald setzt er über schwindelnde Abgründe. Einst führte der Weg hoch um die Berge, 1470 wurde er durch die wilde Schlucht gezogen und wegen der häufigen Fels- und Lawinenstürze Via Mala (»böser Weg«) genannt; 1818-1824 wurde die heutige 7 m breite Straße hergestellt und dabei der Tunnel [* 35] des Verlornen Lochs (1822) gebohrt. Von den drei Brücken, [* 36] welche über den Fluß führen, wurden die beiden ersten 1738 und 1739 erbaut; die dritte, 1834 erbaut, bezeichnet das Ende der Via Mala und den Anfang des freundlichen Schams. Die mittlere Brücke [* 37] befindet sich in einer Höhe von 70 m über dem Fluß. Als innere Via Mala pflegt man etwa die Roffla, eine weniger imposante Schlucht zwischen Schams und Val Rhin, zu bezeichnen.
1) Stadt in der span. Provinz Navarra, unweit des Ebro, hat einen schönen Marktplatz (mit der sehenswerten Marienkirche), einen Stiergefechtszirkus, eine große Messe (19.-31. Juli) und (1878) 2984 Einw. -
2) Stadt in der brasil. Provinz Maranhão, am schiffbaren Pindaré (Nebenfluß des Mearim), ehemals Jesuitenmission, mit Zuckerrohr- und Reisbau.
(Vienne en Ardenne, deutsch Veyenthal), Stadt im Großherzogtum Luxemburg, [* 38] Distrikt Diekirch, im Felsenthal des Our, mit Tuch- und Hutfabrikation, Brauerei und 1430 Einw. Dabei die Ruinen des gleichnamigen Schlosses der Grafen von Oranien-Nassau.
Stadt in der niederländ. Provinz Südholland, am Lek (über den eine Schiffbrücke nach dem gegenüberliegenden Ort Vreeswijk führt), steht mit dem Zederikkanal durch eine Schleuse in Verbindung, hat eine schöne, große Kirche mit dem Grabmal des Reinoud van Brederode, eine kath. Kirche, Ziegelfabrikation, starke Pferdezucht [* 39] und (1887) 3763 Einw. In der Nähe die Ruine Batestein.
do Castello, Distriktshauptstadt in der portug. Provinz Entre Douro e Minho, am Lima, ¶
unweit seiner Mündung, an der Eisenbahn Porto-Valença gelegen, eine der schönsten Städte Portugals, hat einen durch das Castello de Santiago verteidigten, aber ziemlich versandeten Hafen, Fischerei, [* 41] lebhaften Handel und (1878) 8816 Einw.
(spr. wiardo-), Pauline, Opernsängerin, geb. zu Paris, zweite Tochter von Manuel Garcia (s. d.) und Schwester der Malibran (s. d.), begleitete als Kind ihren Vater nach England, Nordamerika [* 42] und Mexiko, [* 43] bildete sich dann in Paris unter Leitung Liszts zur Pianistin, von 1837 an aber zur Sängerin aus und unternahm 1839 eine Kunstreise nach London, [* 44] wo sie für die Italienische Oper engagiert wurde. 1840 verheiratete sie sich mit dem französischen Schriftsteller Viardot (s. unten), mit dem sie Italien, [* 45] Spanien, [* 46] Deutschland [* 47] und Rußland durchzog, in allen Hauptstädten mit Erfolg auftretend.
Später ward sie Mitglied des Théâtre lyrique zu Paris, wo sie unter anderm den Gluckschen »Orpheus« [* 48] zu neuem Leben erweckte. Seit 1862 von der Bühne zurückgetreten, ließ sie sich in Baden-Baden [* 49] nieder, wo sie sich vorzugsweise der Ausbildung jüngerer Gesangstalente widmete, eine Thätigkeit, welche sie nach dem Krieg von 1870/71 in Paris fortgesetzt hat. In ihrer Jugend besaß Frau Viardot-Garcia eine der schönsten Mezzosopranstimmen, durch Umfang und Weichheit gleich ausgezeichnet, u. noch in spätern Jahren vereinigte sie in ihrem Gesang mit dem gefühlvollsten Vortrag eine vollendete Methode; namentlich aber übertrifft sie hinsichtlich der allgemeinen musikal. Bildung alle ihre Kunstgenossinnen, wie dies auch ihre Kompositionen beweisen, von denen zahlreiche, unter andern die Operetten: »Le dernier sorcier«, »L'Ogre« und »Trop de femmes« (aufgeführt in Baden-Baden 1867-68 und 1869),
12 russische Melodien und neuerdings ein Gesangsstudienwerk: »Une heure d'étude« (deutsche Ausg. von F. Gumbert, Berl. 1881),
veröffentlicht sind. Von ihren Kindern haben sich zwei ebenfalls musikalisch ausgezeichnet: die älteste Tochter, Frau Louise Héritte-Viardot-Garcia als Komponistin einer 1879 in Weimar [* 50] aufgeführten komischen Oper, »Lindoro«, und andrer dramatischer Musikwerke, ein Sohn, Paul, als Violinvirtuose. - Ihr Gatte Louis Viardot-Garcia, geb. zu Dijon, [* 51] studierte in Paris die Rechte, ging dann zur Journalistik über und wurde 1838 Direktor des Italienischen Theaters in Paris, gab aber diese Stellung bald auf, um seine Gattin auf ihren Kunstreisen zu begleiten;
starb in Paris. Er hat eine große Reihe geschichtlicher und kunstgeschichtlicher Schriften veröffentlicht, von denen Hervorhebung verdienen: »Études sur l'histoire des institutions et de la littérature en Espagne« (1835);
»Des origines traditionelles de la peinture moderne en Italie« (1840);
»Histoire des Arabes et des Mores d'Espagne« (1851, 2 Bde.);
»Espagne et beaux-arts; mélanges« (1866);
»Apologie d'un incrédule« (1868; später u. d. T.: »Libre examen«, 6. Aufl. 1881);
»Les merveilles de la peinture« (1868-69, 2 Bde.);
»Les merveilles de la sculpture« (1869), mehrere Führer durch die Museen von Spanien, Italien, Frankreich, Belgien etc.
(spr. wiareddscho), Stadt in der ital. Provinz Lucca, [* 52] am Mittelmeer und an der Eisenbahn Pisa-Genua, in jetzt durch Kanalisierung entsumpfter und malariafreier Gegend, durch große Pinienwaldungen vor den Nordwinden geschützt, daher auch Winterkurort, hat eine nautische und eine technische Schule, einen kleinen Hafen, besuchte Seebäder, eine Heilanstalt für skrofulöse Kinder, bedeutenden Schiffbau und (1881) 10,190 Einw. In der Nähe Überreste römischer Bäder (Bagni di Nerone).
Hier Zusammenkunft des Kaisers Karl Viareggio mit dem Papst Paul III.
Giov. Battista, s. Federici. ^[= (spr. -tschi), Camillo, eigentlich Giov. Battista nach andern Ogeri, einer der namhafteste ...]
(lat.), bei den alten Römern Reisegeld, Zehrpfennig, auch das von den Soldaten ersparte Geld;
bei den Katholiken das einem Sterbenden gereichte letzte Abendmahl.
(spr. wibär), Jehan Georges, franz. Maler, geb. zu Paris, studierte daselbst auf der École des beaux-arts und bei Barrias und Picot und begann mit mythologischen Darstellungen, fand aber erst Ende der 60er Jahre in humoristischen Genrebildern, zum Teil mit Figuren aus dem 17. und 18. Jahrh., das eigentliche Feld seiner Thätigkeit. Seine durch elegante Zeichnung und ein lebhaftes, buntes Kolorit ausgezeichneten Hauptwerke sind: Zudringlichkeit, die Abreise der Neuvermählten, der Erstgeborne, die Ermahnung, die Grille und die Ameise, der neue Kommis, die Serenade, die Toilette der Madonna, eine Auktion und das Porträt des Schauspielers Coquelin in einer Rolle aus den »Précieuses ridicules«.
Eine Ausnahmestellung unter seinen Werken nimmt das große figurenreiche Bild der Apotheose Thiers' (1878, im Museum des Luxembourg) ein, auf welcher der von dem trauernden Frankreich beweinte Leichnam des Verstorbenen von zwei visionenartigen Darstellungen umgeben ist, welche das brennende Paris zur Zeit der Kommune und Thiers' Leichenbegängnis in zahlreichen Figuren schildern. Vibert hat auch viele Aquarelle von geistvoller Charakteristik gemalt.
1) dän. Amt, den mittlern, meist westlichen Teil Jütlands umfassend, 3034 qkm (55,06 QM.) mit (1880) 93,369 Einw. Die gleichnamige Hauptstadt, am Westufer des kleinen Viborgsees und an der Eisenbahn Lunderskov-Holstebro-Langaa, hat 2 Kirchen (eine Domkirche mit Krypte unter dem Chor, erbaut im 12. Jahrh., jetzt prachtvoll restauriert, und die ehemalige Kirche der Schwarzbrüder), eine Kathedralschule, ein Hospital, Zucht- u. Arbeitshaus etc. und (1880) 7653 Einw. Als Hafen und Stapelplatz gilt Hjarbäk. Von industriellen Anlagen sind mehrere Tuchfabriken und Eisengießereien, Brauereien u. a. vorhanden. Viborg ist Sitz eines Stiftsamtmanns, eines Bischofs und des Oberlandesgerichts von Jütland. - Viborg, im Mittelalter Vebjerg (»heiliger Berg«) genannt, war schon in der heidnischen Zeit ein Hauptopfer- und Thingplatz, wo die Königswahl für Jütland und später für ganz Dänemark [* 53] geschah, sowie auch bis 1655 die Jüten hier den Königen huldigten. Befestigt wurde Viborg 1151 von Svend Grathe, der in demselben Jahr hier zwei Siege über seinen Gegenkönig Knut Magnusson erfocht. Hans Tausen (1525-29), an den seine hier errichtete Statue erinnert, führte in Viborg die Reformation ein. Durch eine Feuersbrunst (25. u. wurde die größere Hälfte der Stadt in Asche gelegt. Von 1836 bis 1848 war Viborg der Versammlungsort der Provinzialstände von Jütland, deren Zusammenkünfte in dem Domhaus gehalten wurden. -
(lat.), Schwingung [* 55] (s. d.). ^[= (Oszillation), die hin- und hergehende Bewegung, welche Körper oder Teilchen derselben, ...]
s. Licht. ^[= # die Ursache der Sichtbarkeit der Gegenstände; Körper, welche selbstthätig L. aussenden, wie ...] [* 56]
s. Schall, ^[= # jede Empfindung, welche uns durch das Gehörorgan von außen her vermittelt wird. Fortpflanzung ...] [* 57] S. 396.
nach Ehrenberg eine Abteilung der Infusionstiere, gegenwärtig als Schizomyceten oder Bakterien ins Pflanzenreich gestellt (s. Pilze, [* 58] S. 68).
L. (Schlinge, Schlingbaum, Wasserholder), Gattung aus der Familie der Kaprifoliaceen, Sträucher, seltener Bäume mit gegen-, selten zu 3-4 wirtelständigen, ganzrandigen, ¶
gesägten oder gezahnten Blättern, achsel- oder endständigen Rispen und Doldenrispen weißer oder rötlicher Blüten, bisweilen größern, strahlenden und sterilen Randblüten und trockner oder fleischiger Steinfrucht. Etwa 80 Arten, meist in den gemäßigten Klimaten der nördlichen Erdhälfte und in den Anden Amerikas. Viburnum Lantana L. (gemeine Schlinge, Schwindelbeerbaum, Kandelbeere, türkische Weide), [* 60] ein 2-2,5 m hoher Strauch oder bis 6 m hoher Baum mit breit länglichen, unterseits dichtfilzigen, scharf gezahnten Blättern, großen, wenig konvexen Scheindolden, weißen Blüten und roten, zuletzt schwarzen Früchten, wächst in Europa [* 61] und dem Orient und wird häufig als Zierstrauch angepflanzt.
Die innere Rinde ist scharf und zieht Blasen, weshalb man sie früher zu Haarseilen bei Haustieren benutzte. Die schlanken, biegsamen Zweige dienen zu Dohnen, Faßreifen, Pfeifenrohren (türkisches Pfeifenholz). Viburnum Opulus L. (Schneeball, Wasserahorn, Kalinkenholz), ein 2-4,5 m hoher Strauch mit eirunden oder rundlichen, drei- oder fünflappigen, an den Abschnitten gezahnten und zugespitzten, unterseits schwach behaarten Blättern, gestielten Scheindolden mit am Rand unfruchtbaren, weißen Blüten und hellroten Beeren, wächst in ganz Europa, im nördlichen Orient, in Sibirien und Nordamerika, wird in den Gärten mit kugeligen, aus lauter radförmigen, geschlechtslosen Blüten zusammengesetzten Trugdolden als gefüllter Schneeball, Rosenholder, geldrische Rose kultiviert.
Aus der Wurzel [* 62] bereitet man in Südeuropa Vogelleim, in Sibirien ein berauschendes Getränk. Viburnum. Tinus L. (Laurustin, Bastard-, Steinlorbeer), ein immergrüner Strauch mit dunkelgrünen, länglichen, spitzen, ganzrandigen, unterseits in den Winkeln der Nerven [* 63] behaarten Blättern, konvexen Scheindolden am Ende nicht sehr kurzer Zweige und schwarzblauen Beeren, wächst in Spanien, Südfrankreich, Italien, Nordafrika und wird bei uns als Kalthaus- und sehr harte Zimmerpflanze [* 64] kultiviert. Die Beeren führen sehr stark ab und dienten früher als Heilmittel.
1) Vic sur Seille (spr. wik ssür ssäj), Kantonshauptstadt im deutschen Bezirk Lothringen, Kreis [* 65] Château-Salins, an der Seille und der Eisenbahn Burthécourt-Vic, hat eine kath. Kirche, ein Amtsgericht, ein Hauptzollamt, eine Saline, Gips- und Kalkbrennerei, eine Gerberei, Wein- und Hopfenbau und (1885) 2143 Einw. Vic, eine sehr alte Stadt, gehörte im Mittelalter zum Bistum Metz [* 66] und kam 1552 an Frankreich. -
2) en Bigorre, Stadt im franz. Departement Oberpyrenäen, Arrondissement Tarbes, an der Südbahnlinie Tarbes-Auch, von welcher hier die Linie nach Morceux abzweigt, hat ein Collège, Hengstedepot, Gerberei, Branntweinbrennerei und (1881) 3339 Einw. -
3) Vic-Fezensac, Stadt im franz. Departement Gers, Arrondissement Auch, an der Losse, mit ergiebigem Weinbau, Fabrikation von Ackerbaugerätschaften, Mühlsteinen, chemischen Produkten etc. und (1881) 3233 Einw. -
4) Vic le Comte, Stadt im franz. Departement Puy de Dôme, Arrondissement Clermont, an der Eisenbahn von St.-Germain des Fosses nach Nîmes, mit Fayencefabrikation, Mineralquelle, Kohlengruben, einer modernen Kirche mit Chorkapelle aus dem 16. Jahrh. und (1881) 2087 Einw. -
5) Vic sur Cère, Flecken im franz. Departement Cantal, Arrondissement Aurillac, unfern der Cère, an der Eisenbahn Arvant-Figeac, mit Mineralquellen (15° C.) und (1881) 910 Einw.
Dorf in der ital. Provinz Rom, am Lago di Bracciano, mit Mineralquellen von 45° C. (die alten Aquae Apollinares).
Bei der Anlage des neuen Badehauses im J. 1852 fand man Münzen, [* 67] silberne Becher [* 68] u. a., zum Teil mit Inschriften (jetzt im Museo Kircher zu Rom).
Hermann von, Erzbischof von Freiburg, geb. zu Aulendorf in Württemberg, [* 69] studierte in Wien [* 70] die Rechte, dann in Konstanz [* 71] kurze Zeit Theologie, ward 1797 zum Priester geweiht und auf das Kanonikat zu St. Johann in Konstanz investiert. 1802 ernannte ihn Karl Theodor von Dalberg zum Beisitzer beim bischöflichen Regierungskollegium, bald darauf zum geistlichen Regierungsrat und 1806 zum Offizial der bischöflichen Kurie. 1827 ward als Generalvikar an das Domkapitel in Freiburg berufen, 1830 zum Domdekan ernannt, im April 1832 zum Weihbischof konsekriert und zum Vikar des Erzbischofs bestellt, 1836 zum Verweser des Erzbistums und 1842 zum Erzbischof und Metropoliten der oberrheinischen Kirchenprovinz erwählt.
Früher gemäßigt und zurückhaltend, machte sich Vicari fortan, namentlich seit 1848, zum Werkzeug der ultramontanen Bestrebungen, der Kirche völlige Freiheit und die Herrschaft über den Staat zu verschaffen. Nachdem er durch Errichtung von Seminaren, Einführung von Orden, [* 72] Jesuitenmissionen etc. sich den Klerus seiner Diözese völlig unterworfen, ging er, namentlich seit den Stürmen der Jahre 1848-49, im Verein mit den übrigen Bischöfen der rheinischen Kirchenprovinz aggressiv gegen die Staatsgesetze vor, indem er ihre Befolgung in Ehesachen, bei Besetzung der Pfründen, Prüfung der Geistlichkeit etc. als mit den Rechten der Kirche und seinem Gewissen unvereinbar verbot, staatstreue Geistliche und Beamte mit Strafe belegte und das Kirchenvermögen in seine Gewalt brachte.
Vom 22.-31. Mai 1854 war er des Ungehorsams gegen die Staatsgesetze wegen auch verhaftet. Doch gab schließlich die Regierung nach und schloß 1859 das Konkordat mit dem päpstlichen Stuhl, welches Vicaris meiste Forderungen zugestand. Gegen die nach Aufhebung desselben erlassenen Kirchengesetze von 1860 erhob Vicari Protest. Doch erlitt er in dem Schulstreit eine entschiedene Niederlage und raubte durch seine schroff ablehnende Haltung der Geistlichkeit jeden Einfluß auf die Volksschule. Er starb, nachdem er kurz zuvor unter großen Auszeichnungen sein 25jähriges Amtsjubiläum gefeiert hatte, in Freiburg.
s. Vize... ^[= (v. lat. vicis), an der Stelle, anstatt, zeigt als Zusatz zu Amtstiteln eigentlich den Stellvertrete ...]
(Wizelin), der Heilige, Apostel des nordwestlichen Wendenstammes (Wagnerwenden, Wagnier), seit 1149 Bischof von Oldenburg. [* 73] Die in einem unsteten Leben, unter unausgesetzter Mühsal, durch die Feindschaft zwischen dem Bischof von Hamburg [* 74] und Heinrich dem Löwen, [* 75] den Kreuzzug von 1147 und die ganze Unsicherheit der Zeiten erschwerte Aussaat ging erst nach seinem erfolgten Tod auf. Aber das Christentum in Oldenburg, Mecklenburg [* 76] und Holstein, bez. die Wiedergewinnung dieser Länder für dasselbe ist wesentlich das Werk dieses Mannes und seines kurz vor ihm verstorbenen Freundes Theotmar.
Vgl. Kruse, Das Leben des heil. Vicelin (Altona [* 77] 1826);
Gil, s. Gil Vicente. ^[= (spr. schil wißeinte), 1) Vater des portug. Dramas, geboren um 1475 wahrscheinlich zu Lissabon, ...]
(spr. witschénza), ital. Provinz in der Landschaft Venetien, grenzt im O. an die Provinzen Belluno und Treviso, im SO. an Padua, [* 79] im SW. an Verona, im W. und N. an Tirol [* 80] und hat einen Flächenraum von 2632, nach Strelbitsky 2785 qkm (50,58 QM.) mit (1881) 396,349 Einw. Im N. ¶
umfaßt die Provinz noch die Verzweigungen der Lessinischen Alpen [* 82] mit Höhen von 2000 m (Monte Pasubio an der Tiroler Grenze 2232 m); die Bericischen Berge (ca. 300 m, s. d.) erheben sich isoliert aus der Ebene, der die Provinz meist angehört. Das Klima [* 83] ist sehr mild und gesund, die Bewässerung vortrefflich. Bedeutende Wasserstraßen bilden der Bacchiglione und der Canale Bisatto. Produkte sind: Marmor, Kaolin und Töpferthon, fossile Kohlen, Kohlen (1886: 12,520 Ton.);
ferner Getreide [* 84] (1887: 550,400 hl Weizen, 508,700 hl Mais, 22,400 hl Reis), Kastanien, Wein (203,200 hl), Seide [* 85] (1,8 Mill. kg Kokons), Pferde [* 86] (9311 Stück), Vieh (110,776 Rinder, [* 87] 67,358 Schafe, [* 88] 21,948 Schweine). [* 89]
Die Waldungen umfassen 43,374 Hektar. Mineralquellen finden sich zu Recoaro, Vegri, Arzignano etc. Die Industrie der Provinz umfaßt hauptsächlich Seidenspinnerei, Schafwollspinnerei, Weberei [* 90] und Färberei, Fabrikation von Papier und Spielkarten, Strohhüten, Rizinusöl, pharmazeutischen Produkten, Majolika und Töpferwaren, Leinwand, Möbeln, Wagen, Leder, Eisenwaren, Musikinstrumenten etc. Die Provinz zerfällt in zehn Distrikte.
(spr. witschénza), Hauptstadt der gleichnamigen ital. Provinz, liegt in wohlbebauter Ebene am Fuß der Bericischen Berge, zu beiden Seiten des Bacchiglione, der hier den Retrone aufnimmt und schiffbar wird, an der Eisenbahn Mailand-Venedig, von welcher hier die Linien nach Schio und Treviso abzweigen, hat einige ansehnliche Plätze (Piazza dei Signori, mit dem Marmorstandbild Palladios und zwei Säulen), [* 91] schöne Straßen (Corso Principe Umberto), 8 Thore und 7 Brücken.
Die Zahl der Kirchen beläuft sich auf 25, unter denen der Dom, ein einschiffiges gotisches Bauwerk (1235 der Santa Maria Annunziata geweiht), die Kirche San Lorenzo, ein schöner italienisch-gotischer dreischiffiger Backsteinbau (1280 von den Franziskanern neugebaut), Santo Stefano, [* 92] mit schönem Bild von Palma Vecchio, und Santa Corona, [* 93] eine malerische gotische Dominikanerkirche (von 1260), die hervorragendsten sind. Unter den übrigen Bauten nehmen die von Palladio (dessen Geburtsstadt Vicenza ist) herrührenden Werke das höchste Interesse in Anspruch. Zu diesen gehören: die sogen. Basilika [* 94] (Palazzo del Consiglio, 1549 begonnen, aber erst 1614 vollendet), mit zweigeschossiger Säulenhalle, der Palazzo prefettizio (1571), das Teatro Olimpico, eine Renaissancenachahmung der antiken Theater [* 95] (1584 nach Palladios Entwurf vollendet), der Palazzo Chieregati, mit den städtischen Sammlungen, der schönste Palastbau des Meisters, mit offenen Hallen an der Fronte, in neuerer Zeit restauriert, der Palazzo Tiene (jetzt Volksbank), mit prächtiger Fassade (1556), der Palazzo Porto-Barbarano (1570), mit reichem Skulpturschmuck, der unvollendete Palazzo Giulio Porta und eine halbe Stunde außerhalb der Stadt die Villa Palladiana, La Rotonda.
Bemerkenswerte Architekturwerke sind außerdem der bischöfliche Palast, das Tribunal mit Fassade von Scamozzi, das sogen. Haus des Palladio u. a. Außerhalb der Stadt liegt die vielbesuchte Wallfahrtskirche Madonna del Monte Berico, zu welcher ein 650 m langer bedeckter Bogengang führt (1405 errichtet, später erweitert, 1848 der Schauplatz heftiger Kämpfe), dann der Friedhof mit dem Denkmal des Palladio. Die Zahl der Einwohner beträgt (1881) 27,694, mit dem Gemeindegebiet 39,431, welche Seidenindustrie, Gerberei etc. wie auch ansehnlichen Handel mit Manufaktur- und Bodenprodukten, insbesondere mit Gartenfrüchten, Wein und Getreide, sowie mit Schlachtvieh treiben. Vicenza hat ein königliches Gymnasium und Lyceum, ein bischöfliches Gymnasium mit Bibliothek, ein Seminar, ein Gewerbeinstitut, eine technische Schule, eine Akademie der Wissenschaften und Künste (die 1555 gestiftete Accademia Olimpica), eine städtische Bibliothek, ein städtisches Museum mit Kunst- und Naturaliensammlung, ein Taubstummeninstitut etc. Es ist Sitz des Präfekten und der sonstigen Provinzialbehörden, eines Bischofs, eines Tribunals und einer Handelskammer. Zu Vicenza wird alljährlich am Fronleichnamstag das Volksfest la Rua oder la Ruota gefeiert, dessen Ursprung von einem Sieg der Vicentiner über die Paduaner herrührt, welche die erstern eine Zeitlang unterjocht hatten.
Von Vicenza erhielt der französische Minister Caulaincourt (s. d.) den Herzogstitel. - Die Stadt, welche bei den alten Römern Vicentia hieß und zum Gebiet Venetia gehörte, soll um 600 v. Chr. von den Euganeern erbaut worden sein. Im Mittelalter hatte sie zeitweilig eigne Herzöge und Grafen. Unter Kaiser Friedrich I. schloß sie sich dem Lombardischen Städtebund an. Die 1204 durch Auswanderung der Studenten und Lehrer von Bologna hier entstandene Universität löste sich bald wieder auf.
Die Stadt wurde 1236 von Kaiser Friedrich II. erobert und zerstört. Seit 1311 herrschten die Scalas, seit 1387 die Visconti über Vicenza bis 1404, wo sich Vicenza der Republik Venedig unterwarf. 1509 eroberte es Kaiser Maximilian I., gab es aber 1516 der Republik Venedig zurück. Seitdem verblieb es bei Venedig und teilte dessen Schicksale. Im Mai 1848 erhob sich die Stadt gegen die Österreicher, welche sie 10. Juni wieder besetzten. Durch den Wiener Frieden vom kam Vicenza mit Venetien an das Königreich Italien.
Herzog von, s. Caulaincourt. ^[= (spr. kolängkuhr), Armand Augustin Louis, Graf von, Herzog von franz. Staatsmann, ...]
s. Vize. Die Vices übernehmen: Stellvertretung für einen Höhern, Vorgesetzten.
(lat.), s. Dezimation. ^[= (lat.), Militärstrafe der alten Römer bei gemeinsamen Vergehungen, wo die Hauptschuldigen ...]
versa (lat.), umgekehrt, gegenteilig.
(spr. witsch, Vique), Bezirksstadt in der span. Provinz Barcelona, [* 96] an der Eisenbahn Barcelona-San Juan gelegen, mit Baumwollspinnereien, Fabriken für Leinwand, Bänder, Schleier, Handschuhe, Hüte und (1878) 12,478 Einw. In der Nähe Kupfer- und Steinkohlengruben. Vich ist Bischofsitz. - Die Stadt hieß als Hauptort der Ausetaner bei den Römern Ausa, später als westgotischer Bischofsitz Ausonia. Sie ward 713 von den Arabern zerstört, 798 von den Franken der spanischen Mark wieder erbaut als Festung, [* 97] um welche die neue Stadt, Vicus Ausoniensis (Vic d' Osona), entstand, die im Mittelalter mit der Umgegend eine eigne Grafschaft bildete. Hier Sieg der Franzosen unter Augereau über die Spanier unter O'Donnell.
(spr. wischi), Stadt und berühmter Badeort im franz. Departement Allier, Arrondissement La Palisse, am rechten Ufer des Allier und an der Bahnlinie St.-Germain des Fossés-Vichy, in freundlichem, durch gesundes, mildes Klima ausgezeichnetem Thal, am Fuß des Auvergnegebirges gelegen, zerfällt in die Altstadt (Vichy la Ville) mit engen, krummen Straßen und in die elegante Neustadt [* 98] (Vichy les Bains) mit modernen Villen und Hotels, dem großen Badeetablissement, dem neuen Kasino, Theater und großem Park, hat 4 Kirchen (eine protestantische), ein Zivil- und ein Militärhospital und (1886) 9913 Einw. Die Heilquellen von Vichy, alkalische, stark kohlensäurehaltige Thermen von 12-44,7° C. Temperatur, waren schon bei den Römern unter dem Namen Aquae calidae bekannt, wie Überreste marmorner Badebecken u. a. beweisen, erlangten aber ihren ¶
europäischen Ruf erst in neuerer Zeit, insbesondere seit Napoleon III. Man zählt 14 Quellen (darunter 7 Hauptquellen), die in 24 Stunden 623,000 Lit. Wasser geben und als Getränk wie in Form von Bädern und Douchen besonders gegen chronischen Katarrh des Magens, der Gallenwege und der Blase, gegen Nierensteine, Zuckerharnruhr und Gicht mit Erfolg angewandt werden. Vichy wird jährlich von mehr als 40,000 Fremden besucht. Auch werden große Mengen des Mineralwassers (jährlich 2¼ Mill. Flaschen), dann Pastillen und Salz [* 100] versendet. Östlich von Vichy, mit demselben durch Tramway und eine schöne Allee verbunden, liegt die Stadt Cusset (s. d.).
Vgl. Beaulieu, Antiquités de Vichy (Par. 1847);
Grellety, Vichy et ses eaux minérales (4. Aufl., Vichy 1886);
Joanne, Vichy et ses environs (Par. 1887).
L. (Wicke), Gattung aus der Familie der Papilionaceen, durch Blattranken kletternde, selten niedrige und niederliegende oder aufrechte Kräuter mit paarig (die untern Blätter oft unpaarig) gefiederten, in eine oft verzweigte Ranke oder in eine zurückgekrümmte Borste auslaufenden Blättern, großen, achselständigen, einzeln oder in Trauben stehenden Blüten, länglichen, zusammengedrückten, sitzenden oder gestielten, einfächerigen, zweiklappigen Hülsen mit kugeligen, selten zusammengedrückten Samen. [* 101]
Von Vicia Faba L. (Ackerbohne, Buff-, Vieh-, Feld-, Saubohne), einjährig, mit starkem, aufrechtem, 0,6-1,25 m hohem Stengel, [* 102] ein- bis dreipaarig gefiederten Blättern ohne Wickelranken, mit elliptischen Fiedern, zwei- bis vierblütigen Trauben, schwarz gefleckten Blüten und dickschaligen, feinflaumigen, zwei- und mehrsamigen Hülsen, werden bei uns zahlreiche Varietäten kultiviert, welche in zwei Gruppen zerfallen: Die Vicia Faba minor (gemeine Feldbohne, Pferde-, Eselsbohne), mit stets mehrsamigen Hülsen und nicht platt gedrückten Samen, wird nur auf Feldern als Viehfutter gebaut; sie verlangt ein thonhaltiges Land und gedeiht am besten bei gutem Kalk- und Humusgehalt des Bodens.
Man säet auf 1 Hektar 237-388 kg breitwürfig oder 158-237 kg gedrillt und erntet 15-58 hl Samen und 2000-4500 kg Stroh. Die Vegetationsperiode beträgt 22-28 Wochen, 1 hl Samen wiegt 75-85 kg, die Keimfähigkeit dauert 5 Jahre. Die Bohnen liefern für Pferde ein sehr nährendes Futter, dienen auch zur Mästung der Schweine und gemahlen für Milchvieh. Auch die weichen Teile des Strohs und der Kaff haben großen Futterwert, die harten Stengel benutzt man gequetscht als Einstreu. Vicia Faba major (Buffbohne) wird selten 120 cm hoch, hat Hülsen mit 2-5 platt gedrückten Bohnen und wird in Norddeutschland in Gärten, in Mittel- und Süddeutschland auch auf Feldern gezogen; die jungen Bohnen werden in manchen Landstrichen wie junge Erbsen gegessen.
Die Ackerbohne stammt wahrscheinlich von den südwestlichen Ufern des Kaspischen Meers und wurde im Altertum allgemein kultiviert, spielte auch in der Mythologie eine große Rolle. Die schwarzen Flecke in der Blüte galten als Schriftzeichen des Todes und die Bohne daher auch als Symbol des Todes; bei Trauerfesten wurden vorzüglich Bohnen als Speise aufgetragen. Auf dem heiligen Weg nach Eleusis stand ein dem Bohnengott Kyanetes geweihter Tempel, [* 103] und bei den Bohnenfesten der Athener wurden besonders Bohnen gegessen.
Weiße und schwarze Bohnen dienten zur Abstimmung. Bei den Lemurien warf man nachts schwarze Bohnen über den Kopf, um sich und die Seinigen zu lösen, und bei den Palilien sprang man über ein mit Bohnenstroh entzündetes Feuer (vgl. Bohne). Die einjährige Vicia narbonensis L. (römische Wicke, schwarze Erbse, schwarze Ackerbohne) wird in Italien und Frankreich, aber auch bei uns in leichtem Boden als Viehfutter gebaut und gibt in mildem Klima, namentlich in wärmern Sommern, eine reichliche Kornmasse. Vicia sativa L. (gemeine Wicke, Futterwicke, Feldwicke) ist eine der ältesten Kulturpflanzen, stammt vom Südabhang des Kaukasus und hat sich in mehreren Varietäten über die ganze Erde verbreitet. Beide werden als Grünfutter und zur Samengewinnung kultiviert, eignen sich besonders für bindigen Boden und haben neben dem Klee für die Wirtschaft große Bedeutung. Man säet auf 1 Hektar breitwürfig 154-230 kg und erntet 1900-5800 kg Blätter.
Vicia villosa Roth (Sandwicke, zottige Wicke), welche auf Äckern und Wiesen, besonders auch unter der Saat als Unkraut auftritt, hat Jordan auf Amt Scherman durch vierjährige Kultur in eine beachtenswerte Kulturpflanze umgewandelt. Sie wächst wie die Lupine auf leichtestem Sandboden, wird 60-150 cm hoch, ist leicht zu ernten und bringt doppelten Ertrag. Stroh und Spreu bilden das schönste Schaffutter gleich den Linsen, die Körner aber werden von allem Vieh, selbst von den Schweinen, mit Begierde gefressen. Da sie absolut winterhart ist, wird sie auch zur Herbstaussaat empfohlen, kann dann 14 Tage früher geerntet werden, gibt einen um ein Drittel höhern Ertrag. Auf besserm Boden gibt sie, auch mit Roggen gemischt, schon Mitte Mai den ersten Schnitt zu Grünfutter und wächst gut nach.
Stadt im nordamerikan. Staat Mississippi, 395 km oberhalb New Orleans auf den Walnuthöhen am linken Ufer des Mississippi gelegen, mit schönem Gerichtshof, großem Arbeitshaus, lebhaftem Handel und (1880) 11,814 Einw. Vicksburg wurde von den Konföderierten stark befestigt, im Dezember 1862 von den Unionisten unter Sherman vergeblich angegriffen, aber durch Grant nach 47tägiger Belagerung zur Übergabe gezwungen.
Auf dem Nationalfriedhof liegen 16,000 Soldaten begraben.
Giovanni Battista, ital. Philosoph, geb. 1668 zu Neapel, [* 104] erhielt 1697 den Lehrstuhl der Rhetorik an der Universität zu Neapel und wurde 1734 vom König Karl zum Historiographen des Königreichs ernannt. Er starb Sein Hauptwerk sind seine geistvollen und tief gedachten »Principj di una scienza nuova d'intorno alla commune natura delle nazioni« (Neap. 1725 u. öfter, 2 Bde.; Mail. 1816, 3 Bde.; Neap. 1826, 2 Bde.; deutsch von Weber, Leipz. 1822; franz. von Michelet, Par. 1827, und von der Fürstin Belgiojoso, das. 1857),
wodurch er eigentlich die moderne Philosophie der Geschichte geschaffen hat. In lateinischer Sprache [* 105] hat man von ihm: »De rebus gestis Ant. Caraphae libri IV« (Neap. 1716);
»De antiquissima Italorum sapientia ex linguae latinae originibus eruenda« (das. 1710 u. öfter);
»De universi juris uno principio et fine uno« (das. 1720; deutsch, Neubrandenb. 1854) u. a. Sein Leben hat er selbst beschrieben (vor der ersten Ausgabe der »Scienza nuova«).
Ausgaben seiner Werke besorgten Ferrari (Mail. 1835-1837, 6 Bde.),
vollständiger Pomodoro (Neap. 1858-1869, 8 Bde.),
eine Auswahl derselben gab Michelet (Par. 1835, 2 Bde.),
»Scritti inediti di G. B. Vico« del Giudice (Neapel 1862) heraus.
Vgl. Cantoni, G. B. Vico (Tur. 1867);
Tommaseo, G. B. Vico ed il suo secolo (Rom 1873);
Werner, Giamb. als Philosoph und gelehrter Forscher (Wien 1879);
Billeri, Agostino e Giambattista Vico (Pisa [* 106] 1887). ¶