das preußische
Gesetz vom betreffend
Überweisung von Beträgen, welche aus landwirtschaftlichen
Zöllen eingehen,
an die Kommunalverbände, ebenfalls als Verwendungsgesetz bezeichnet (nach dem Antragsteller v.
Huene [s. d.] auch
LexHuene genannt). Nach diesem
Gesetz werden vom
Ertrag der
Getreide- und
Viehzölle 15 Mill. Mk. in
Preußen
[* 2] zu allgemeinen Staatszwecken verwendet, während der überschießende Betrag den
Kreisen zur Erfüllung
ihrer Aufgaben überwiesen wird.
Trennungen ursprünglich zusammenhängender
Schichten- oder Gangmassen (vgl. Tafel »Gangbildungen«,
[* 3] Fig. 1 u. 5). Die Niveaudifferenz zwischen den beiden gegeneinander
verschobenen Teilen der
Schicht oder des
Ganges heißt Sprunghöhe; sie beträgt mitunter nur wenige
Zentimeter, in
andern
FällenHunderte von
Metern. Die
Fläche, auf welcher die
Bewegung stattgefunden hat, die Verwerfungsspalte (Sprungkluft),
ist bald vertikal, bald geneigt, hat häufig zur
Bildung eines
Ganges Veranlassung gegeben (Verwerfer) und trägt mitunter
die
Spuren der
Bewegung in Form von Friktionsstreifen und
Polituran sich
(Rutschflächen,
Spiegel).
[* 4] Ob die Verwerfung
durch ein Sinken des nun tiefer liegenden Teils oder durch eine
Hebung
[* 5] des höhern Teils der
Schicht oder des
Ganges erzeugt
worden ist, ist selten zu ermitteln; doch ist der letztere
Fall wohl der häufigere.
Die
Ursachen der Verwerfungen sind mannigfaltige: Unterwaschungen
(Auflösung von
Steinsalz,
Gips),
[* 6] Raumvergrößerung unterteufender
Schichten (Umwandlung von
Anhydrit zu
Gips),
Schwinden des Gesteinsmaterials durch Austrocknen und Erhärten, seitlicher
Druck geneigt liegender
Schichten, mitunter auch
Eruption feurig-flüssigen
Materials, wiewohl die verwerfenden
Gänge desselben
häufiger spätere Ausfüllungen früher entstandener
Spalten sind. Besonders studiert, weil von großer technischer Wichtigkeit,
sind die Verwerfungen der
Schichten der
Steinkohlenformation und ihrerKohlenflöze.
in der Jägersprache: durch Auslegen oder Aufhängen übelriechender Gegenstände das
Wild vom Betreten
gewisser
Plätze, z. B.
Feldstücke,
Saatkämpe etc., abhalten.
Sobald die
»Witterung« sich verloren hat,
muß das Verwittern wiederholt werden.
Oft benutzt man dazu
Pulver
mit
Urin zusammengerieben, mit welcher Mischung die auszuhängenden
Lappen getränkt werden, auch das
Gescheide von geschossenen
Stücken wird auf zu stützenden
Orten ausgebreitet.
diejenige durch die
Atmosphärilien verursachte
Zersetzung der
Gesteine,
[* 9] bei welcher mit allmählichem
Verlust von
Bestandteilen kein andrer
Ersatz als die
Aufnahme von
Sauerstoff,
Kohlensäure und
Wasser, zugleich
aber ein Verlust der
Konsistenz und selbst der Form verbunden ist. Die Verwitterung beginnt in der
Regel an der Oberfläche und greift,
von derselben ausgehend, in der obern
Schicht des Gesteins weiter um sich. Diese zerfällt dadurch zu
Pulver, welches vom Regenwasser fortgespült wird, um andre noch unzersetzte Teile dem Verwitterungsprozeß auszusetzen.
Letzterer greift aber auch tiefer ein, wird auf
Klüften und
Fugen weit fortgeleitet und erscheint in den ersten Stadien als
eine bloße Verfärbung oder Bleichung des Gesteins, welche häufig nur einige
Linien, bisweilen aber
auch viele
Fuß tief eingedrungen ist. Dunkle, durch organische
Substanzen gefärbte
Gesteine werden weiß oder hellgrau; grüne,
eisenoxydulhaltige werden rot, indem sich
Oxyd bildet; gelbliche
Kalksteine werden braun, indem ihr
Eisenoxyd im freien Zustand
bloßgelegt wird.
Glasige
Gesteine werden blind, undurchsichtig und schillernd wie alte Fensterscheiben. In manchen
Fällen bilden
sich auflösliche
Salze, die als Effloreszenzen auftreten, oder es werden
Metalloxyde in der Form von
Dendriten
[* 10] abgelagert.
Granite,
Syenite,
Gneise und Felsitporphyre lockern sich auf und zerfallen, so daß sie oft große Schuttmassen liefern, die
das
Material zur
Neubildung der feldspatreichen
Sandsteine geliefert haben. Weit wichtiger sind aber die tiefer
eingreifenden Zerstörungen, welche viele
Gesteine dadurch erleiden, daß gewisse ihrer vorwaltenden
Bestandteile im
Lauf der
Zeit einer totalen chemischen
Zersetzung unterworfen sind.
Das
Kaolin und die
Thone sind nichts andres als die
Produkte solcher Zersetzungsprozesse. Die in
Säuren löslichen
Gesteine verwittern
bedeutend schneller als die darin unlöslichen,
Magnesium- und Calciumsilikate schneller als Alkalisilitate,
Natriumsilikate wieder schneller und vollständiger als Kaliumsilikate.
KeinGestein aber vermag der Verwitterung vollkommen zu widerstehen.
Wie verschieden die
Neigung der
Mineralien ist, in Verwitterung überzugehen, zeigt am besten der
Granit, dessen
Feldspat schon vollständig
in
Kaolin verwandelt sein kann, während der
Quarz gar nicht, derGlimmer nur wenig durch
Ausscheidung seines
Eisengehalts als
Oxyd angegriffen ist.
tessinischer Zufluß des
Lago Maggiore, kommt aus dem in Dörfern und Alphütten bewohnten wildschönen
Val
Verzasca und strömt meist in der Tiefe dunkler und jäher Abgründe dahin.
Die acht Thalgemeinden zählten nur 2190
Seelen
ortsanwesender
Bevölkerung,
[* 13] während die Wohnbevölkerung 2566 zählt;
(Entsagung, Renunziation), die Erklärung, daß man ein Recht aufgeben wolle. In der Regel kann man allen Rechten
entsagen, aber nicht seinen Pflichten, und wo eine solche entgegensteht, ist auch der Verzicht ungültig. Der Verzichtende muß
auch wissen, worauf er verzichtet, und es hat also keine Wirkung, wenn im allgemeinen auf Einreden, z. B.
des Betrugs, Verzicht geleistet wird, ohne daß dem Entsagenden bekannt ist, daß ihm ein Betrug gespielt worden sei. Daher wird ein
allgemeiner Verzicht (genereller, im Gegensatz zum speziellen in der Regel wirkungslos sein. Ein Verzicht bedarf nach gemeinem Recht keiner
Annahme, sondern nur einer bestimmten und ernstlichen Willenserklärung, und es kann das einmal aufgegebene
Recht nicht ohne neuen Erwerbsgrund wieder in Anspruch genommen werden. Der Entwurf eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs
(§ 290) stellt jedoch den Grundsatz auf: »Ein von dem Schuldner nicht angenommener Verzicht des Gläubigers auf die Forderung ist
unverbindlich«.
(Manieren, Ornamente,
[* 15] franz. Agréments, Broderies; engl. Graces; ital. Fiorette, Fioriture),
in der Musik gemeinsamer Name für die durch besondere Zeichen oder kleinere Noten angedeuteten Ausschmückungen einer Melodie.
Früher war es selbstverständlich, daß der Sänger oder Spieler eine einfache Melodie nach eignem Gutdünken und Geschmack
auszierte, die Komponisten schrieben daher deren wenige vor; doch war z. B. schon
J. S. Bach kein Freund von dieser Art der Aufbesserung der Kompositionen und zog es vor, selbst den Ausführenden vorzuschreiben,
wo sie Verzierungen anzubringen haben, und was für welche. In gewissem Grad blieb jedoch und ist noch heute die Ausführung der vorgeschriebenen
Verzierungen Sache des Geschmacks und künstlerischen Verständnisses.
Dasselbe Zeichen fordert je nach dem Tempo, der Taktart und dem sonstigen
[* 14]
Figurenwerk des Stücks eine verschiedenartige Ausführung,
welche sich durch Regeln ohne Umständlichkeit nicht hinreichend bestimmen läßt. Darum hat es Beethoven vielfach vorgezogen,
die in genau bestimmten Notenwerten auszuschreiben, besonders in den Klavierkonzerten. Die wichtigsten und noch
heute üblichen, durch Zeichen angedeuteten Verzierungen sind:
1) der Triller, heute stets durch ^[img] oder tr oder t über der Note gefordert, früher durch ^[img] oder ^[img], auch durch
+ über der Note und, wenn er mit Vorschleife von oben oder unten oder mit Nachschleife ausgeführt werden sollte, durch ^[img]
oder ^[img] oder ^[img], auch wohl ^[img].
7) Der Schleifer (Coulé), angedeutet durch dieselben Zeichen vor zwei übereinander stehenden Noten.
8) Das Martellement ^[img], doppelt ^[img], dreifach ^[img], identisch mit Mordent und verlängertem Mordent.
9) Die Aspiration ^[img] (von oben) oder ^[img] (von unten); das Zeichen steht vor derNote in den Linien und bedeutet den vom
Werte der vorausgehenden Note abgezogenen Vorschlag (Nachschlag) der Ober-, resp. Untersekunde. Von den durch
kleine, in der Takteinteilung nicht in Rechnung gezogene Noten angedeuteten Verzierungen sind die wichtigsten:
11) Der Doppelvorschlag, auch Anschlag genannt, bestehend aus dem Vorschlag einer tiefern und einer höhern
Note.
12) Der Schleifer (vgl. 7), bestehend aus zwei oder mehreren höhern oder tiefern Noten in Sekundfolge, früher auch verlangt
durch ^[img].
13) Das Battement (der Triller mit der Untersekunde), mit der Hilfsnote beginnend.
14) Der Zusammenschlag (Acciaccatura), eine Abart des Vorschlags, die nur für Tastinstrumente möglich ist.
Über die Ausführung der einzelnen Verzierungen vgl. die Spezialartikel. Natürlich
sind noch zahllose andre Verzierungen möglich, die durch kleine Noten angedeutet werden, aber keinen besondern Namen haben. Für deren
Ausführung gelten die Grundsätze, welche für die hier namhaft gemachten Verzierungen entwickelt sind. Zu großer Bedeutung haben
sich in der neuern Musik 15) die Nachschläge entwickelt, d. h. Verzierungen, welche der Hauptnote folgen und daher
ihre Dauer verkürzen, während die nächstfolgende Hauptnote von ihrem Wert nichts verliert.
Die verzinkten Gegenstände werden in Wasser gelegt, mit einer Bürste abgerieben und in Sägespänen abgetrocknet.
Kleinere Gegenstände wirft man haufenweise in das geschmolzene Zink, holt sie mit einem Schaumlöffel nach einer Minute heraus
und glüht sie in einem Flammofen unter Holzkohlenpulver, bis der Überfluß von Zink abgeschmolzen ist. Zink schützt das
Eisen viel besser vor Rost als Zinn. Wenn Weißblech an irgend einer Stelle von Zinn entblößt ist, so rostet
das Eisen hier viel schneller, als wenn überhaupt kein Zinn vorhanden wäre; denn beide Metalle bilden eine Kette, in welcher
das Eisen positiv, das Zinn negativ elektrisch ist; sie zersetzen das Wasser, dessen Sauerstoff sich mit
dem positiven Element verbindet.
Beim verzinkten Eisen ist das Verhältnis umgekehrt: hier ist das Zink positiv und wird allein oxydiert, während selbst das
entblößte Eisen unversehrt bleibt. In der Luft erstreckt sich die schützende Kraft
[* 18] des Zinks auf Entfernungen von 4-6 mm, unter
Wasser viel weiter. Wegen dieser Vorteile, welche das Verzinken gewährt, wird es in sehr
großem Maßstab
[* 19] ausgeführt, und man wendet besondere Vorrichtungen an, um Blech und Draht
[* 20] bequem handhaben zu können. Man
schmelzt das Zink in eisernen Wannen, die innen mit Thon ausgekleidet sind, oder in gemauerten Bassins, legt den Draht in Ringen
in das geschmolzene Metall oder leitet ihn mit passender Geschwindigkeit durch das Bad
[* 21] und läßt ihn an der Austrittsseite
durch ein Zieheisen gehen.
Große Blechtafeln führt man durch zwei in dem Zink liegende Walzenpaare. Telegraphendraht wird mit verdünnter Schwefelsäure
gebeizt, ausgeglüht, gescheuert, nochmals gebeizt, gespült, in Kalkwasser, dann in schwache Chlorzinklösung
getaucht, in 10proz. Kupfervitriollösung verkupfert, in Salmiaklösung getaucht und in das Zink gebracht. Verzinktes Eisen
findet ausgedehnte Anwendung zu Dachdeckungen, Dachröhren, Rinnen, Bandeisen, Telegraphendraht, Ketten, Nägeln, Kanonenkugeln
etc.
¶
mehr
Man kann das verzinkte Eisen nachträglich verzinnen, um eine größere Haltbarkeit seines Überzugs unter den Einflüssen
der Witterung zu erzielen. Biegsamer wird der Überzug, wenn er aus einer Legierung gleicher Teile Zinn und Zink besteht. Verzinktes
Eisen kann ohne Schwierigkeit geschweißt und geschmiedet werden. Gewöhnliche Verzinkungen auf Blech und Draht
enthalten 45-300 g Zink auf 1 qm Fläche, wonach die Stärke
[* 23] der Zinklage zu 0,006-0,043 mm angenommen werden kann.
Bisweilen wird Eisen zunächst galvanisch verzinkt, um ein festeres Haften des geschmolzenen Zinks zu erzielen. Es genügt für
diesen Zweck auch, wenn man die gebeizten und gescheuerten Gegenstände in eine salmiakhaltige Chlorzinklösung,
die sich in einem Zinkkasten befindet, legt, nach zwei Minuten herausnimmt, auf einem von unten erwärmten Blech trocknet und
sofort in das geschmolzene Zink taucht. Malouin teilte 1742 mit, daß man durch Behandeln von Eisen mit Zink statt mit Zinn eine
Art Weißblech erhalten könne, und Watson beschrieb 1786 das Verfahren so, wie es im wesentlichen noch
gegenwärtig ausgeführt wird. In großem Maßstab wurde das verzinkte Eisen durch Sorel in Paris
[* 24] eingeführt.
Überziehen metallener Gegenstände mit Zinn. ReinesZinn liefert einen schönern und dauerhaftern Überzug
als bleihaltiges; da aber letzteres wohlfeiler ist und die Verzinnung mit demselben leichter gelingt, so verarbeitet man
oft Legierungen aus 5 Teilen Zinn mit 3-5 Teilen Blei.
[* 26] Wismut macht die Verzinnung weißer und glänzender, aber auch so leicht
schmelzbar, daß sie z. B. für Kochgeschirre unbrauchbar wird. Dagegen ist eine Legierung aus 8 Teilen
Zinn und 1 Teil Eisen härter und dauerhafter, und eine Zinnzinklegierung schützt das Eisen besser vor Rost als reines Zinn.
Um kupferne, messingene oder schmiedeeiserne Kessel innen zu verzinnen, beizt man sie mit verdünnter Schwefelsäure, spült,
trocknet, erhitzt sie auf Kohlenfeuer und verreibt das geschmolzene Zinn unter Hinzufügen von Kolophonium,
Salmiak oder Chlorzink mit einem Wergbüschel so gleichmäßig wie möglich. Kleinere Gegenstände wirft man nach dem Beizen
und Trocknen in das mit Talg bedeckte geschmolzene Zinn, nimmt sie nach dem Umrühren mit einer mehrzinkigen Gabel wieder heraus
und schleudert sie durch einen raschen Schlag einzeln ins Wasser.
Sehr ausgedehnte Verwendung findet das Verzinnen zur Herstellung von Weißblech (verzinntem Eisenblech). Das Schwarzblech wird gebeizt,
gescheuert, in luftdicht verschlossenen Kasten anhaltend geglüht, zwischen hochpolierten eisernen Walzen hindurchgeleitet,
wieder geglüht, gebeizt und gescheuert, getrocknet und in geschmolzenen Talg gestellt. Nach etwa einer Stunde bringt man das
Blech in geschmolzenes, mit Talg bedecktes, bisweilen etwas kupferhaltiges Zinn und nach abermals zwei Stunden
in reines Zinn.
Dann wischt man es ab, taucht es in sehr reines Zinn und schließlich in sehr heißes Fett, in welchem das überschüssige Zinn
abfließt und die Oberfläche spiegelblank wird. Man läßt es dann abtropfen und reibt es mit Kleie ab.
Zur Handhabung des Blechs werden bisweilen Maschinen angewandt, auch leitet man es wohl in dem geschmolzenen Zinn durch ein PaarWalzen. Sehr blankes Schwarzblech liefert beim Verzinnen das Brillantblech mit spiegelndem Glanze. Zur Darstellung ordinärer Ware wird
das beschriebene Verfahren wesentlich vereinfacht.
Beizt man Weißblech mit Salzsäure, so
erhält es ein eisblumenartiges, perlmutterglänzendes Ansehen,
indem das kristallinische Gefüge des Zinnüberzugs hervortritt (Metallmoor, Moiré métallique). Geschirre aus Schwarzblech
werden in ähnlicher Weise verzinnt. Drahtgewebe wird mit Säure gebeizt, gespült, mit gestoßenem weißen Pech bestreut, in
sehr heißes geschmolzenes Zinn getaucht, durch einen Stoß von überschüssigem Zinn befreit und zwischen
Walzen geglättet.
Gußeisen, besonders graues, ist schwerer zu verzinnen als Schmiedeeisen, auch haftet die Verzinnung weniger gut. Die
Geschirre werden ausgedreht, abgeschliffen, gebeizt, gespült und getrocknet, worauf man das geschmolzene Zinn mit Werg und
Salmiak anreibt. Um möglichst schnell abzukühlen, taucht man das Gefäß
[* 27] mit der Mündung nach unten
in Wasser. Vorteilhafter entkohlt man das Gußeisen oberflächlich durch Glühen in Eisenhammerschlag, beizt es dann und taucht
es in geschmolzenes Zinn.
Bleiplatten und Zinkblech verzinnt man durch Verreiben von geschmolzenem Zinn mit Kolophonium und Werg, Zinkblech auch in derselben
Weise wie Schwarzblech, während Bleiröhren erhitzt, außen und innen mit Kolophonium versehen und durch
geschmolzenes Zinn gezogen werden. Die nasse Verzinnung, das Weißsieden, erzeugt nur einen dünnen Zinnüberzug und wird besonders
bei Stecknadeln, Ringen, Kettchen, Uhrschlüsseln, Pfeifenbeschlägen, Drahtsieben etc. angewandt.
Man beizt die Gegenstände mit Weinstein oder verdünnter Schwefelsäure und kocht sie in einem messingenen oder verzinnten
kupfernen Kessel mit Wasser, von welchem sie völlig bedeckt werden müssen, Weinstein und gekörntem Zinn,
bis sie schön weiß sind; dann spült man sie ab und trocknet sie in Sägespänen. Schneller verzinnt eine Lösung von Zinnasche
in Kalilauge, in der man die messingenen oder kupfernen Gegenstände mit granuliertem Zinn kocht. Auch kann man die
messingenen Gegenstände mit gekörntem Zinn, Weinstein, Zinnsalz und heißem Wasser in einer Tonne rotieren lassen.
Eiserne oder stählerne Gegenstände müssen vor dem Verzinnen verkupfert werden. Um große Sachen zu verzinnen, taucht man sie in
eine stark verdünnte Zinnchloridlösung, die sich in einem hölzernen Gefäß befindet, und hängt ein kleines StückZink frei schwebend hinein, so daß es den Gegenstand nicht berührt. Beide muß man von Zeit zu Zeit abspülen. Gefäße,
die nur auf der Innenseite verzinnt werden sollen, füllt man mit Flüssigkeit und hängt das Zink hinein.
Zink verzinnt man mit einer heiß bereiteten Lösung von Weinstein und Zinnchlorid, indem man die Flüssigkeit
mit Sand vermischt und den Brei mit einem Schwamm aufreibt. Zum galvanischen Verzinnen benutzt man eine Lösung von Zinnoxyd in Kalilauge
mit Cyankalium und pyrophosphorsaurem Natron. Weißzink ist galvanisch verzinntes und dann bis zum Anschmelzen des Zinns erhitztes
Zink, welches dehnbarer ist als gewöhnliches Zink, sich bei gewöhnlicher Temperatur leichter auswalzen
und prägen, auch leichter löten läßt.
im deutschen bürgerlichen Prozeß die besondere Kostengebühr, welche auf Grund eines Gerichtsbeschlusses
dann erhoben wird, wenn durch Verschulden einer Partei oder ihres Vertreters die Vertagung einer mündlichen Verhandlung veranlaßt
oder durch nachträgliches Vorbringen von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, Beweismitteln oder Beweiseinreden,
welches zeitiger erfolgen konnte, die Erledigung des Rechtsstreits verzögert wird. Die Gebühr wird für die verursachte weitere
Verhandlung erhoben, auch kann die Erhebung einer weitern Verzögerungsgebühr für die durch das neue Vorbringen veranlaßte nochmalige Beweisanordnung
beschlossen werden.
(lat. Mora), die schuldhafte Verzögerung einer Handlung, namentlich die Säumigkeit in der Erfüllung einer rechtlichen
Verpflichtung. Der Verzug ist entweder ein Zahlungsverzug (Mora in solvendo), wenn der Schuldner rechtswidrig die Leistung verzögert,
oder ein Empfangsverzug (Mora in accipiendo), wenn der Gläubiger die Annahme der dargebotenen Leistung
hinauszieht. Bei dem Zahlungsverzug trägt der säumige Schuldner die Gefahr des Zufalls, er ist zum Schadenersatz verpflichtet
und muß Verzugszinsen zahlen. Diese Zinsen sind vom Zahlungstermin oder Verfalltag an und bei keiner festgestellten Aufkündigungsfrist
von erhobener Klage an zu bezahlen; von dem Kaufgeld von Übergabe der Sache an, außer bei einem festgesetzten
Zahlungstermin und beim Kauf auf Kredit. Als Verzugszinsen sind landesübliche Zinsen und zwar in der Regel 4 Proz., bei Handelsgeschäften
aber nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (Art. 287) 6 Proz. zu berechnen.
Bei fruchttragenden Sachen muß der im V. befindliche Schuldner auch für die Früchte aufkommen, welche
er inzwischen gezogen hat oder doch hätte ziehen können. Der Annahmeverzug hat die Wirkung, daß der Gläubiger gleichfalls
für Schaden und Zufall einstehen und alle Kosten ersetzen muß, welche dem Schuldner erwachsen. Auch kann letzterer die geschuldete
Summe gerichtlich hinterlegen (deponieren). Nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (Art. 343 ff.) gelten
für den Verzug bei dem Kaufvertrag folgende Regeln.
Sowohl der Käufer als der Verkäufer können sich im Empfangsverzug befinden. Ist der Verkäufer mit der Empfangnahme des
Kaufpreises im V., so kann der Käufer das Kaufgeld bei Gericht hinterlegen. Befindet sich der Käufer im V., indem er die Empfangnahme
der Ware verzögert oder ablehnt, so hat der Verkäufer die Wahl, ob er gegen den Käufer auf Annahme und
Schadenersatz klagen, oder ob er die Ware in einem Lagerhaus oder bei einem Dritten auf Kosten und Gefahr des säumigen Käufers
hinterlegen, oder ob er zum Selbsthilfsverkauf schreiten will (s. Verkaufsselbsthilfe). Bei dem Leistungs-
(Zahlungs-) Verzug des Käufers kann der Verkäufer auf Kaufgeld, Zinsen und Schadenersatz klagen. Bei dem Leistungsverzug des Verkäufers
aber kann der Käufer auf Lieferung der Ware und Schadenersatz klagen, er kann aber auch statt der Erfüllung Schadenersatz verlangen,
oder er kann von dem Vertrag ganz und gar zurücktreten.
(spr. wähdr), rechter Nebenfluß der Ourthe, entspringt auf dem HohenVenn in Rheinpreußen,
fließt in tiefem Thal
[* 41] meist in westlicher Richtung und mündet südöstlich von Lüttich.
[* 42]
Oberhalb Limburg
[* 43] strömt ihr links
der Bach Gileppe zu, dessen Wasser in einem seit 1869 erbauten Bassin gesammelt und durch eine 9 km lange Leitung der Fabrikstadt
Verviers zugeführt wird.
deBeauvoisin (spr. wesikatoahr d'bowoasäng), s.
Essigsäure. ^[= (Acetylsäure) C2H4O2 findet sich in der Natur teils frei, teils an Basen gebunden im Saft vieler ...]
am Ziel ankam, hatte AntoniusPrimus an der Spitze der pannonischen und mösischen Legionen die Vitellianer bei Cremona geschlagen
und Rom
[* 51] erobert, wobei Vitellius selbst umkam, so daß Vespasianus der Einzug in Rom offen stand. Er bewahrte sich auch als Kaiser dieselbe
Einfachheit und Verachtung des äußern Scheins, die ihn als Privatmann vor seinen Standesgenossen ausgezeichnet
hatte, und war fortwährend angelegentlich bemüht, durch Herstellung der Zucht im Heer, durch Erhaltung des Friedens und durch
Regulierung der Verwaltung, insbesondere der Finanzen, die Wunden zu heilen, welche die Bürgerkriege dem Reiche geschlagen hatten.
Seine Regierung war daher durch keine Kriege ausgezeichnet, den im fernen Britannien ausgenommen, den ihm
seine Vorgänger hinterlassen hatten; er schloß vielmehr 71 den Janustempel und hielt ihn während seiner ganzen Regierung
geschlossen; dagegen verlieh er ungeachtet seiner Sparsamkeit, die ihm sogar den Vorwurf des Geizes zuzog, durch großartige
Bauten, insbesondere durch den Tempel
[* 52] des Friedens, der 75 vollendet wurde, und durch das Amphitheatrum
Flavium, das später so genannte und noch jetzt in seinen Trümmern bewunderte Kolosseum,
[* 53] seinem Namen einen besondern Glanz.
Er starb 23. Juni 79.
die der griech. Hestia
[* 56] (s. d.) in ihrem Namen wie in ihrem Wesen entsprechende italische, insbesondere latinische,
Göttin des Herdes und Herdfeuers, die wie jene neben der Verehrung auf dem Herd jedes Hauses noch einen
besondern Staatskultus hatte. In Rom war derselbe von Numa aus Lavinium eingeführt worden, wohin Äneas das heilige Herdfeuer
und die Penaten von Troja
[* 57] gebracht haben sollte, daher auch die römischen Konsuln und Diktatoren bei Antritt und Niederlegung
ihres Amtes in dem dortigen Vestatempel opferten.
Überhaupt pflegten wie in Griechenland,
[* 58] so in Italien die Pflanzstädte das Feuer ihrer an dem Herd ihrer
Mutterstadt zu entzünden. In dem von Numa auf dem Abhang des palatinischen Hügels erbauten alten Rundtempel der Vesta, der als
Mittelpunkt der Stadt galt, und in dessen Nähe sich das sogen. Atrium der Vesta, die Wohnstätte der jungfräulichen
Priesterinnen der Göttin, der Vestalinnen, befand, wurde die Göttin nicht im Bild, sondern unter dem Symbol des ewigen Feuers
verehrt, dessen Erhaltung die Hauptobliegenheit der Vestalinnen (s. d.) bildete. An jedem 1. März wurde es erneuert; erlosch es
von selbst, so galt dies für ein großes Staatsunglück, und die schuldige Vestalin wurde vom Pontifex
gegeißelt; neu entzündet durfte es nur werden durch Brennspiegel oder durch Bohren eines Holzstücks von einem fruchttragenden
Baum.
Wie am Hausherd die Laren und Penaten, so befanden sich in dem Vestatempel die Penaten des Staats, und wie dort, so wurde auf
dem Tempelherd täglich ein Speisopfer dargebracht, die einfachsten Nahrungsmittel
[* 59]
in einfachem Thongeschirr.
Die täglichen Reinigungen durften nur mit fließendem Wasser vollführt werden, welches die Vestalinnen aus dem Quell der Egeria
in Krügen auf dem Kopf herbeitrugen. Der Tempel war bis auf einen nur den Vestalinnen zugänglichen Raum, in dem sich das Palladium
(s. d.) mit andern geheimen Heiligtümern befand, bei Tage jedem zugänglich; nur nachts war der Zutritt Männern untersagt.
Als Göttin des heiligen Herdfeuers der einzelnen Häuser und der ganzen Stadt war Vesta auch die Göttin jedes Opferfeuers, daher
wurde sie wie Janus
[* 60] bei jedem Gottesdienst mit verehrt, und wie jener zuerst, so wurde sie zuletzt genannt.
Ein eignes Fest, die Vestalia, wurde ihr am9. Juli gefeiert; die Matronen der Stadt wallfahrteten dann barfüßig zu ihrem Tempel,
um den Segen der Göttin für den Haushalt zu erflehen, und brachten ihr in einfachen Schüsseln Speisopfer dar, und zur Erinnerung
an die Zeit, wo der Herd allgemein auch zum Backen des Brots diente, hielten Müller und BäckerFeiertag,
wurden die Mühlen
[* 61] bekränzt und den Müllereseln Kränze und Brote umgehängt. Der Dienst der Vesta erhielt sich bis in die letzten
Zeiten des Heidentums; erst 382 n. Chr. hob ihn Gratian auf. Gab es auch in den Tempeln kein Bild der Göttin,
so fehlte es doch im spätern Rom daran nicht; wie die griechische Hestia wurde sie bald stehend, bald sitzend dargestellt,
ganz bekleidet und verschleiert, mit den Attributen der Opferschale, der Fackel, des Zepters und des Palladiums.
(vestalische Jungfrauen), die Priesterinnen der Vesta (s. d.), deren es anfangs vier,
später sechs gab. SchonRhea
[* 62] Sylvia soll eine Vestalin gewesen sein. Ursprünglich wurden die Vestalinnen von den Königen gewählt,
nach deren Vertreibung von dem Pontifex maximus und zwar mittels des Loses unter 20 dazu ausersehenen Mädchen. Nach der Wahl
erfolgte im AtriumVestae die Inauguration. Ein Haupterfordernis war in den frühern Zeiten patrizische Geburt;
ferner durfte die zu Wählende nicht älter als zehn und nicht jünger als sechs Jahre und mußte von makelloser Körperbeschaffenheit
sein.
Beide Eltern mußten noch leben und in Italien wohnen. Von der Verpflichtung zum Dienste
[* 63] der Vesta befreiten nur bestimmte Familienverhältnisse.
Jede Vestalin mußte von ihrer Aufnahme an 30 Jahre in ihrer Stellung verharren, die ersten 10 Jahre lernend,
die zweiten 10 ausübend, die letzten 10 lehrend. Nach Verlauf dieser Zeit durfte die Vestalin sich exaugurieren lassen und
heiraten. IhrePflichten bestanden in Erhaltung des ewigen Feuers im Tempel der Vesta, in Bewachung des Palladiums
und andrer Heiligtümer und in Verrichtung der regelmäßigen Opfer.
Verletzung derKeuschheit wurde seit Tarquinius Priscus mit Lebendigbegraben bestraft; der Verführer wurde zu Tod gegeißelt.
Verlöschung des heiligen Feuers ward mit Geißelhieben geahndet. Die Vestalinnen genossen großes Ansehen, galten als unverletzlich,
schützten durch ihre Gegenwart vor Gewaltthat und konnten selbst Verbrecher, denen sie auf ihrem Todesgang
begegneten, begnadigen. Ihrer Unverletzlichkeit halber deponierte man bei ihnen Testamente oder andre Verträge. Sie hatten
das Recht, im Wagen durch die Stadt zu fahren, und einen besondern Platz im Theater,
[* 64] nahe bei der Bühne; wenn sie ausgingen,
schritt ein Liktor
[* 65] vor ihnen her. IhreKleidung bestand in einem langen, weißen Gewand, in einer Stirnbinde
(infula) mit herabfallenden Flechten.
[* 66] Das Institut bestand bis auf Theodosius.
(lat.), bei den Häusern der vornehmen Römer
[* 68] der oft mannigfaltig geschmückte Platz zwischen der Straße
und dem Eingang; bei geringern Häusern der Teil des Eingangs selbst bis zur Thür. In der spätern Römerzeit s. v. w. Atrium
(s. Tafel »Baukunst
[* 69] VI«,
[* 70] Fig. 4). Aus Vestibulum ist die in der modernen Baukunst übliche Bezeichnung Vestibül
für einen Vorraum entstanden, in welchem der Eintretende seine Überkleider ablegt; dann s. v. w.
Vorhalle, Vorflur, Treppenhalle. In monumentalen Gebäuden, Theatern, Konzerthäusern u. dgl., ist das
Vestibül zumeist durch reiche Malereien und plastische Zieraten ausgeschmückt und auch in Bezug auf die Ausbildung des Raums
künstlerisch bevorzugt.
terrent (lat.), »die Spuren (der von dir getöteten Tiere) schrecken (mich zurück)«, Citat aus Horaz (Epist.,
I, 1, 74), welches sich auf die bekannte Äsopische Fabel vom Löwen und Fuchs
[* 71] bezieht.
Hier wie in London
[* 76] fand sie Beifall, mehr noch 1855 in New York, Philadelphia
[* 77] etc. Einige Zeit auch Direktrice
in Mexiko,
[* 78] sang sie dann wieder in Paris, durchreiste mit einer französischen Operngesellschaft Frankreich, Belgien
[* 79] und Holland
und ging 1864 von neuem nach New York, nun als englische Tragödin in Männerrollen Enthusiasmus erweckend wie früher als
Altistin. Romeo, Petruchio, Hamlet waren von jetzt an ihre Paraderollen. Nach Europa
[* 80] zurückgekehrt, trat
sie 1867 in London auf, wo sie von der Akademie der schönen Künste zum Ehrenmitglied ernannt wurde, sowie seit 1868 auch wieder
in Deutschland,
[* 81] zunächst in Hamburg.
[* 82] Sie starb, nachdem sie schon längere Zeit der Bühne entsagt hatte, in
Warschau.
[* 83] Extravagant und darum viel angefochten, besaß Vestvali eine seltene dramatische Gestaltungskraft, dazu Kunstbegeisterung
und staunenerregenden Fleiß.
[* 84] (ital. Vesuvio, lat. Vesuvius, hierzu »Karte des Vesuvs«),
der einzige thätige Vulkan auf dem Festland von Europa,
erhebt sich 10 km südöstlich von Neapel als ein völlig isolierter Kegel aus der Campanischen Ebene unmittelbar
am Meer. Der Vesuv ist als ein zusammengesetztes vulkanisches Gerüst deutlich erkennbar.
Der Monte diSomma, ein halbkreisförmiger
Bergrücken, welcher den eigentlichen Vesuvkegel im N. und O. umgibt, durch ein tiefes, sichelförmiges Thal, das Atrio del
Cavallo, von diesem geschieden, ist der Rest des in einer vorhistorischen Periode vulkanischer Thätigkeit
geschaffenen, aber durch den berühmten Ausbruch vom Jahr 79 n. Chr. zerstörten Kegels, der, ähnlich wie der Ätna,
[* 85] zuerst
submarin aufgebaut wurde.
Der Vesuv besteht nur aus vulkanischem Tuff mit marinen Sedimenten, erst während der in historischer Zeit wieder erwachten vulkanischen
Thätigkeit strömte auch Lava aus. Dem Material, aus welchem die verschiedenen Teile des Bergs bestehen,
entspricht die im untern Teil sehr geringe, am obern Aschenkegel sehr steile (30-35°) Böschung. Der Gipfel, dessen Durchschnittshöhe 1280 m
beträgt, ist durch die Kraterausbrüche großen Veränderungen unterworfen. Auch der Durchmesser des Kraters auf der Spitze
des obersten Aschenkegels ist sehr veränderlich (ca. 750 m), ebenso Schlund und Boden, die bei jedem Ausbruch
eine verschiedene Form annehmen.
Der Fuß des Bergs ist trotz der sich beständig wiederholenden Ausbrüche von einer tüchtigen Bevölkerung von mehr als 80,000
Seelen bewohnt und mit Fruchtbäumen und den üppigsten Weingärten bedeckt, die den feurigen Lacrimae Christi
und Vino greco erzeugen. Zwischen diesen Weingärten schneiden tiefe unfruchtbare Thalschluchten ein, in denen vieljährige
Lava in zackigen Felsen aufgehäuft ist. Die Mittelregion des Bergs ist kahl, und nur an einigen Stellen, wo Lavaströme das
Erdreich nicht verwüstet haben, wuchern Kastanienbüsche und finden sich einzelne Wein- und Obstgärten.
Der Vesuv wird gewöhnlich von Resina oder von Pompeji
[* 86] aus in 5-7 Stunden bestiegen. Am Fuß des eigentlichen Aschenkegels, auf
einem nach W. gestreckten Bergrücken, 676 m ü. M., befindet sich das Observatorium mit Einrichtungen für meteorologische
Beobachtungen und die Erforschung der atmosphärischen Elektrizität,
[* 87] einer Bibliothek und einer Sammlung vulkanischer Produkte
(DirektorPalmieri). Die Besteigung ist jetzt außerordentlich durch die 1880 eröffnete Drahtseilbahn erleichtert,
welche, in der Nähe des Observatoriums in ca. 800 m Höhe beginnend, die Schwierigkeiten des Aschenkegels beseitigt.
Bis zum Jahr 79 n. Chr. galt der Vesuv, der bis zur Spitze bewaldet oder angebaut war und nur Kundigen seine wahre
Natur verriet, nicht als Vulkan. Der furchtbare Ausbruch jenes Jahrs, welcher dem Naturforscher Plinius das Leben kostete und die
StädteHerculaneum, Pompeji und Stabiä zum Teil durch Schlammströme, zum Teil durch Aschen- und Lapilliregen vernichtete, hatte
sich schon seit dem Jahr 63 in zerstörenden Erdbeben
[* 88] angekündigt. Seitdem sind mit nur kürzern Pausen
der Thätigkeit zahlreiche Ausbrüche eingetreten. Zu den heftigsten gehören die von 203, 472, 512, 685, 982, 1036, 1139;
hierauf folgte eine lange Pause, bis 1631 wieder ein furchtbarer Ausbruch stattfand, dem andre 1638, 1660, 1680 und von da
an bis 1790 eine ganze Reihe von Eruptionen nachfolgten.
Bei den kleinern derselben erhob sich in der Regel der Gipfel, während er bei den größern an Höhe verlor. 1794 fand
wieder einer der mächtigsten Ausbrüche statt, welcher die blühende Stadt Torre del Greco fast ganz vernichtete und den Einsturz
der westlichen Spitze des Kegels sowie eine Veränderung der ganzen Form des Vesuvs verursachte. Seit dem
Anfang des 19. Jahrh. ist fast kein Jahr ohne stärkere oder schwächere Ausbrüche hingegangen. Von größerer Bedeutung
waren
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