und durch einen
Kanal
[* 2] mit dem
Bassin der Gileppe verbunden (s.
Vesdre), ist Grenzstation der Rheinisch-Belgischen
Eisenbahn
(LinieAachen-Lüttich), hat eine schöne neue
Kirche, ein interessantes
Rathaus, ein
Theater
[* 3] und (1888) 47,744 Einw., welche
Tuch- und
Kasimirfabrikation, Kammgarnspinnerei, Wollkratzenfabrikation, Wollfärberei, Seifensiederei,
Gerberei,
Metallgießerei, Maschinenbau,
Bierbrauerei,
[* 4] Vitriolsiederei betreiben. Verviers hat ein
Athenäum, eine höhere Knabenschule, eine Handwerkerschule,
Lehrerseminar, öffentliche
Bibliothek,
Gemäldegalerie und ist Sitz eines
Tribunals erster
Instanz und eines Handelsgerichts.
In der Umgegend baut man viel Tuchmacherkarden und gewinnt
Walkererde.
(Administration), im allgemeinen die Besorgung eigner oder fremder Angelegenheiten.
So spricht man z. B. von der Verwaltung einer
Stiftung, eines Mündelvermögens, eines
Landguts (s.
Landwirtschaftliche Unternehmungsformen),
von der Verwaltung einer
Gemeinde etc. Ganz besonders ist es aber die
Staatsverwaltung
(Regierung), welche als Verwaltung schlechthin bezeichnet
wird, und zwar kommt dabei der
Ausdruck in weiterer und in engerer Bedeutung zur Anwendung. Indem man
nämlich unter der Bezeichnung
»Gesetzgebung« die gesamte Thätigkeit des
Staats zusammenfaßt, welche in dem
Erlaß von allgemeinen
Vorschriften (Rechtssätzen) besteht, tritt derselben die Verwaltung
(Exekutive,
Exekutivgewalt,
vollziehende Gewalt) gegenüber, welche
einzelne bestimmte Verhältnisse und Angelegenheiten des
Staats und der
Staatsbürger regelt. In diesem
Sinn gehört
auch die Rechtsprechung
(Justiz,
Jurisdiktion,
Gerichtsbarkeit) zu der Verwaltung. Der
Begriff der Verwaltung wird jedoch regelmäßig enger gefaßt,
indem man gerade die
Justiz und die Verwaltung einander gegenüberstellt.
Die Rechtsprechung ist
Sache der
Gerichte, für die Verwaltung dagegen sind besondere Verwaltungsbehörden bestellt, welch letztern
folgende Thätigkeiten zugewiesen sind: I) die auswärtige (äußere) Verwaltung, d. h.
die Regelung des
Verkehrs mit andern
Staaten;
2) die Finanzverwaltung, d. h. die Beschaffung der für die Erreichung der Staatszwecke
erforderlichen wirtschaftlichen
Mittel;
5) die innere Verwaltung, welcheLorenz v.
Stein als »die Verwendung der Macht und der
Mittel des
Staats für die
Förderung des Einzelnen in seinen individuellen Lebensverhältnissen« definiert.
In denKreis
[* 10] dieser innern Verwaltungsthätigkeit
fallen folgende Gegenstände: das Gesundheitswesen;
endlich die
Verwaltung des gesellschaftlichen
Lebens, des
Familien-,
Gesinde-,
Armen- und
Vereinswesens. Es ist das physische, geistige und wirtschaftliche
Leben der
Nation, welches den Gegenstand der innern Verwaltung bildet, die vorzugsweise Verwaltung genannt zu werden
pflegt.
Die vollständige Trennung der Verwaltung von der
Justiz wurde in
Deutschland erst in der Neuzeit durchgeführt.
Früher waren es vielfach dieselben Behörden, vor welche
Justiz- und Verwaltungssachen gehörten. Das
französische Gerichtsverfassungsgesetz (Décret sur l'organisation judiciaire) von 1790 nahm zuerst eine grundsätzliche
Scheidung vor. Heutzutage ist auch in
Deutschland allenthalben den ordentlichen
Gerichten das
Privatrecht und das
Strafrecht als
das Hauptgebiet ihrer Thätigkeit zugewiesen. Dazu kommt noch die sogen.
freiwillige Gerichtsbarkeit, d. h. die Mitwirkung
der
Gerichte bei der Begründung gewisser Rechtsverhältnisse unter
Privatpersonen, und das Pflegschaftswesen.
Die vor
¶
Allerdings handelt es sich für diese nicht um bloße Privatangelegenheiten, sondern um Fragen des öffentlichen Rechts, bei
welchen nicht bloß das Privatinteresse des Beteiligten, sondern auch das öffentliche Interesse mit in Frage steht, und bei
welchen vielfach nicht nur das Recht, sondern auch die Zweckmäßigkeit zu berücksichtigen ist; so z. B.
bei der Frage, ob jemand das Recht zum Betrieb einer Schenkwirtschaft zu erteilen sei, ob jemand zum Gewerbebetrieb im Umherziehen
zugelassen werden könne u. dgl. Der moderne Rechtsstaat ist aber bemüht, durch bestimmte Rechtsvorschriften das Ermessen
der Verwaltungsbehörden mehr und mehr einzugrenzen, durch solche Verwaltungsgesetze den einzelnen Staatsbürgern
subjektive Rechte einzuräumen und ihre Pflichten gesetzlich festzustellen.
Dadurch ist der Unterschied zwischen reinen Verwaltungssachen oder Beschlußsachen und Verwaltungsstreitsachen (administrativ-kontentiöse
Sachen) entstanden, indem die erstern lediglich im Instanzenzug der Verwaltungsbehörden entschieden
werden, während die letztern vor die Verwaltungsgerichte gehören. Zur Verfolgung der erstern dient die Verwaltungsbeschwerde,
zur Verfolgung der letztern die Verwaltungsklage. Das gesetzlich geordnete Verfahren, welches vor den Verwaltungsgerichten
Platz greift, ist das Verwaltungsstreitverfahren.
[Verwaltungsgerichtsbarkeit.]
Bezüglich der Organisation derVerwaltungsrechtspflege besteht in Deutschland zwischen den süddeutschen
Staaten und Preußen
[* 13] ein wichtiger Unterschied. In Süddeutschland ist nämlich nur ein oberster Verwaltungsgerichtshof
eingesetzt, welchem die Befugnis zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des Verwaltungsrechtsübertragen
ist; in den untern Instanzen entscheiden Organe der Verwaltung. In Preußen dagegen tritt schon in mittlerer Instanz die Scheidung ein.
Nur in erster Instanz entscheiden Verwaltungsorgane, in zweiter und dritter Verwaltungsgerichte. In Baden,
[* 14] woselbst die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuerst eingeführt ward (Gesetz vom
ergänzt durch Gesetze vom und
entscheiden in erster Instanz die Bezirksräte, zweite und letzte Instanz ist der aus fünf rechtsgelehrten Richtern bestehende
Verwaltungsgerichtshof. In Württemberg
[* 15] (Gesetz vom fungieren die Kreisregierungen als Verwaltungsgerichte
mit dem aus mindestens fünf Mitgliedern bestehenden Verwaltungsgerichtshof als Rekursinstanz. In Hessen
[* 16] (Gesetze vom und
entscheidet in erster Instanz der Kreisausschuß, in zweiter der Provinzialausschuß und in dritter Instanz
der oberste Verwaltungsgerichtshof als Revisions- und Kassationsinstanz. - In Preußen erging 1875 im Anschluß an die Kreis-
und Provinzialordnung ein Verwaltungsgerichtsgesetz mit Zusatzgesetz von 1880. Das Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung
vom hat dann auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit geregelt, doch sind die frühern Bestimmungen über das Oberverwaltungsgericht
in Kraft
[* 17] geblieben.
Letzteres bildet außerdem (und darin besteht seine hauptsächlichste Thätigkeit) die Revisionsinstanz in Ansehung der
zweitinstanzlichen Entscheidungen der Bezirksverwaltungsgerichte. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung im Verwaltungsstreitverfahren
wird so durch das Oberverwaltungsgericht gewahrt. Dasselbe besteht aus dem Präsidenten, den Senatspräsidenten
und den Oberverwaltungsgerichtsräten. Sämtliche Mitglieder werden auf Lebenszeit ernannt.
Sie müssen zur einen Hälfte für das Richteramt, zur andern für die höhere Verwaltung befähigt sein. Das Rechtsmittel der Revision
im Verwaltungsstreitverfahren kann nur darauf gestützt werden, daß bestehendes Recht nicht oder unrichtig
angewendet sei, oder daß das Verfahren an wesentlichen Mängeln leide. Zur Wahrung des öffentlichen Interesses kann im Verwaltungsstreitverfahren
ein obrigkeitlicher Kommissar bestellt werden. In Österreich
[* 20] (Gesetz vom ist der Verwaltungsgerichtshof lediglich
eine Kassationsinstanz, d. h. er erkennt in einer streitigen Verwaltungssache nicht selbst,
sondern er entscheidet, nachdem der Instanzenzug der Verwaltungsbehörden erschöpft ist, auf eingelegte
Beschwerde nur über die Frage, ob eineEntscheidung dem Gesetz entspricht oder nicht, indem er im letztern Fall die gesetzwidrige
Entscheidung aufhebt und eine anderweite Entscheidung anordnet, wobei aber die betreffende Verwaltungsbehörde an eben die
Rechtsanschauung gebunden ist, von welcher der Verwaltungsgerichtshof ausging. - In Frankreich besteht
zwar eine Verwaltungsgerichtsbarkeit (Jurisdiction administrative), allein diese Verwaltungsjurisdiktion (Contentieux) wird
nicht von besondern Verwaltungsgerichten, sondern von den Verwaltungsbehörden selbst ausgeübt. In England, woselbst die Trennung
zwischen Justiz und Verwaltung nicht streng durchgeführt ist, entscheidet der
¶
mehr
Friedensrichter über Streitigkeiten öffentlichrechtlicher Art ebensowohl wie über Privatrechtsstreitigkeiten. In Italien
[* 22] (Gesetz vom ist die Entscheidung von Verwaltungsstreitsachen den ordentlichen Gerichtenübertragen.
(Wohlfahrtspolizei), die Gesamtheit der polizeilichen Thätigkeit, welche im
Interesse einzelner Verwaltungszweige entwickelt wird, im Gegensatz zur Sicherheitspolizei (s. Polizei).
das gesetzlich geordnete Verfahren zum Zweck der Zwangsvollstreckung (s. d.)
in Verwaltungssachen, z. B. bei der Beitreibung von öffentlichen Abgaben, bei der Ausführung von Anordnungen der zuständigen
Verwaltungsbehörde u. dgl.
(Cognatio, Consanguinitas), das auf Zeugung, resp. Abstammung und die dadurch entstandene
Gemeinschaft desBluts sich gründende Verhältnis zwischen mehreren Personen (Verwandten). in diesem Sinn heißt im altdeutschen
RechtSippschaft. Diese durch Zeugung entstandene Verwandtschaft ist eine wahre, natürliche, leibliche (Blutsverwandtschaft, c. naturalis
s. vera), die durch Adoption (s. d.) begründete dagegen nur eine fingierte
oder sogen. bürgerliche (c. civilis s. legitima s.
legalis). Die Linie der direkten Vorfahrenverwandtschaft bezeichnet man als aufsteigende Linie (linea ascendens), und die in
ihr Stehenden heißen Aszendenten (parentes, Obersippschaft, cognatio superior); dieselbe Linie nach der Richtung¶
mehr
der Nachkommenschaft heißt absteigende Linie (linea descendens) und die in ihr Stehenden Deszendenten (liberi, Busen, Untersippschaft).
Der Ausdruck gerade Linie (linea recta) bezeichnet die Verwandtschaft derjenigen Personen, von denen die eine von der andern abstammt. Sind
Personen nicht in gerader Linie verwandt, aber von derselben dritten Person abstammend, so liegt Seitenverwandtschaft
(Kollateralverwandtschaft, cognatio in linea transversa) vor, und die so verwandten Personen sind Seitenverwandte (collaterales).
Von denselben Eltern erzeugte Blutsverwandte sind vollbürtige leibliche Geschwister (bilaterales); haben sie nur eins von
beiden Eltern gemeinschaftlich, so sind sie halbbürtige, Halb- oder Stiefgeschwister (unilaterales) und zwar Consanguinei,
wenn sie denVater, Uterini, wenn sie die Mutter gemeinschaftlich haben. Verwandte, deren Verwandtschaft auf Zeugung (durch
Männer) beruht, heißen Agnaten, in altdeutscher Sprache
[* 39] Schwertmagen; beruht die Verwandtschaft auf Geburt (durch Weiber), so heißen sie
Kognaten, altdeutsch Spillmagen.
Erstgeborne (primogeniti) sind diejenigen, vor welchen die Eltern noch keine Kinder gehabt haben; alle Nachgebornen heißen
Secundogeniti. Entferntere Verwandte, nach dem »Sachsenspiegel« von den Geschwisterkindern an, hießen
im altdeutschen RechtMagen.
[* 40] Die Seitenlinien sind entweder gleiche, wenn jede der Linien, welche in Frage kommen, gleich viele
Abstufungen hat (z. B. Geschwisterkinder sind miteinander in gleicher Linie verwandt), oder sie sind ungleiche Linien (z. B.
Neffe und Oheim sind in ungleicher Linie verwandt).
Die Nähe der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Anzahl der Grade, die zwischen beiden Personen sind, von deren Verwandtschaft die Rede ist. Im römischen
Recht werden so viele Grade gezählt als Zeugungen (tot gradus, quot generationes), ein Grundsatz, welcher auch in dem Entwurf
eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs beibehalten wurde. Hiernach sind Vater und Sohn im ersten, Großvater
und Enkel im zweiten Grad gerader Linie, Bruder und Schwester im zweiten, Oheim und Neffe im dritten Grade der Seitenlinie miteinander
verwandt.
Bei der kanonischen Verwandtschaftsberechnung (computatio graduum canonica) hat man die Entfernung des Erben, nicht vom Erblasser,
sondern vom gemeinschaftlichen Stammvater (Sipp), im Auge,
[* 41] nach der altdeutschen Rechtsregel: Je näher
dem Sipp, je näher dem Erbe. Das kanonische Recht zählt daher nur die eine Reihe, doch immer die längere, der Zeugungen bis
zum gemeinschaftlichen Stammvater, so daß Bruder und Schwester im ersten (nach römischem im zweiten), Oheim und Neffe im
zweiten (nach römischem im dritten) Grad verwandt sind. Uneheliche Kinder (s. d.) stehen rechtlich nur zur Mutter und zu deren
Verwandten, nicht aber zu ihrem Erzeuger in einem Verwandtschaftsverhältnis. Das Verhältnis des einen zu den Verwandten
des andern Ehegatten wird Schwägerschaft (s. d.) genannt. - Natürlich beruhen die hier entwickelten
Rechtsgrundsätze auf dem Begriff der Familie (s. d.), wie er in den zivilisierten Staaten maßgebend ist.
Bei zahlreichen unzivilisierten Völkerstämmen aller Erdteile wird dagegen der Vater nicht zur Familie gerechnet, und die Verwandtschaft sowie
das darauf beruhende Erbrecht gilt nur in der weiblichen Linie, so daß nicht der leibliche Vater, sondern der Mutterbruder
als der nächste Aszendent gilt und von seinem Neffen beerbt wird. Darauf gründen sich dann eigentümliche, uns sehr fremdartig
dünkende Bezeichnungen und Verwandtschaftssysteme bei den verschiedensten Völkern.
So begrüßt der junge Sandwichinsulaner
alle Groß- und Urgroßeltern, -Onkel und -Tanten als Kupuna (Ahne), sämtliche Oheime väterlicher- und mütterlicherseits
gleich dem eignen Vater als Makua Kana (d. h. Vater) und die entsprechenden weiblichen Verwandten als Makua
Waheena (d. h. Mutter). Ebenso nennt der Vater sämtliche Neffen und Großneffen brüderlicher- und schwesterlicherseits gleich
den eignen Söhnen Kaikee Kana (d. h. Sohn). Ähnliche Verwandtschaftsbezeichnungen kehren bei den verschiedensten
Naturvölkern wieder.
(Reprehensio), die Erklärung, daß die Handlungsweise dessen, dem der Verweis gegeben wird, eine fehlerhafte, ungesetzliche
gewesen sei, wogegen Zurechtweisung (Rektifikation, Rektifizierung) die Erklärung ausdrückt, daß der andre von einer irrigen
Ansicht ausgegangen sei.
Der Verweis kommt namentlich als Disziplinarstrafmittel (s. Disziplinargewalt), dagegen als
öffentliche Strafe nur ausnahmsweise zur Anwendung.
Das deutsche Strafgesetzbuch (§ 57) kennt den Verweis nur gegenüber jugendlichen
Personen unter 18 Jahren als Strafmittel und auch hier nur in besonders leichten Fällen.
auch der Gerichtsbeschluß, durch welchen eine Rechtssache von
dem unzuständigen an das zuständige Gericht verwiesen und abgegeben wird. In Schwurgerichtssachen kann
der Gerichtshof, wenn er einstimmig der Ansicht ist, daß sich die Geschwornen zum Nachteil des Angeklagten geirrt, die Sache
zur neuen Verhandlung vor das Schwurgericht der nächsten Sitzungsperiode verweisen.
kurze Bezeichnung für das preußische Gesetz vom betreffend die
Verwendung der aus dem Ertrag von Reichssteuern an Preußen zu überweisenden Geldsummen. Von dem Ertrag der Zölle und der Tabakssteuer
verbleibt nämlich (nach der sogen. Franckensteinschen Klausel) der Reichskasse nur die Summe von 130 Mill. Mk., während der
Mehrertrag an die deutschen Einzelstaaten nach Verhältnis der Kopfzahl der Bevölkerung
[* 44] zurückfließt.
Das preußische Verwendungsgesetz bestimmt nun, daß die preußische Quote zum teilweisen Erlaß der direkten Steuern in Preußen und zwar in
den untersten Steuerstufen verwendet werden soll. Weitere Verwendungsgesetze, welche 1881 und 1882 von der Regierung eingebracht
wurden, erlangten die Zustimmung des Abgeordnetenhauses nicht. Dagegen wird
¶
mehr
das preußische Gesetz vom betreffend Überweisung von Beträgen, welche aus landwirtschaftlichen Zöllen eingehen,
an die Kommunalverbände, ebenfalls als Verwendungsgesetz bezeichnet (nach dem Antragsteller v.
Huene [s. d.] auch LexHuene genannt). Nach diesem Gesetz werden vom Ertrag der Getreide- und Viehzölle 15 Mill. Mk. in Preußen
zu allgemeinen Staatszwecken verwendet, während der überschießende Betrag den Kreisen zur Erfüllung
ihrer Aufgaben überwiesen wird.
Trennungen ursprünglich zusammenhängender Schichten- oder Gangmassen (vgl. Tafel »Gangbildungen«,
[* 46] Fig. 1 u. 5). Die Niveaudifferenz zwischen den beiden gegeneinander
verschobenen Teilen der Schicht oder des Ganges heißt Sprunghöhe; sie beträgt mitunter nur wenige Zentimeter, in
andern FällenHunderte von Metern. Die Fläche, auf welcher die Bewegung stattgefunden hat, die Verwerfungsspalte (Sprungkluft),
ist bald vertikal, bald geneigt, hat häufig zur Bildung eines Ganges Veranlassung gegeben (Verwerfer) und trägt mitunter
die Spuren der Bewegung in Form von Friktionsstreifen und Polituran sich (Rutschflächen, Spiegel).
[* 47] Ob die Verwerfung
durch ein Sinken des nun tiefer liegenden Teils oder durch eine Hebung
[* 48] des höhern Teils der Schicht oder des Ganges erzeugt
worden ist, ist selten zu ermitteln; doch ist der letztere Fall wohl der häufigere.
Die Ursachen der Verwerfungen sind mannigfaltige: Unterwaschungen (Auflösung von Steinsalz, Gips),
[* 49] Raumvergrößerung unterteufender Schichten
(Umwandlung von Anhydrit zu Gips), Schwinden des Gesteinsmaterials durch Austrocknen und Erhärten, seitlicher
Druck geneigt liegender Schichten, mitunter auch Eruption feurig-flüssigen Materials, wiewohl die verwerfenden Gänge desselben
häufiger spätere Ausfüllungen früher entstandener Spalten sind. Besonders studiert, weil von großer technischer Wichtigkeit,
sind die Verwerfungen der Schichten der Steinkohlenformation und ihrer Kohlenflöze.
in der Jägersprache: durch Auslegen oder Aufhängen übelriechender Gegenstände das Wild vom Betreten
gewisser Plätze, z. B. Feldstücke, Saatkämpe etc., abhalten.
Sobald die »Witterung« sich verloren hat,
muß das Verwittern wiederholt werden.
Oft benutzt man dazu Pulver
mit Urin zusammengerieben, mit welcher Mischung die auszuhängenden
Lappen getränkt werden, auch das Gescheide von geschossenen Stücken wird auf zu stützenden Orten ausgebreitet.
diejenige durch die Atmosphärilien verursachte Zersetzung der Gesteine,
[* 52] bei welcher mit allmählichem
Verlust von Bestandteilen kein andrer Ersatz als die Aufnahme von Sauerstoff, Kohlensäure und Wasser, zugleich
aber ein Verlust der Konsistenz und selbst der Form verbunden ist. Die Verwitterung beginnt in der Regel an der Oberfläche und greift,
von derselben ausgehend, in der obern Schicht des Gesteins weiter um sich. Diese zerfällt dadurch zu
Pulver, welches vom Regenwasser fortgespült wird, um andre noch unzersetzte Teile dem Verwitterungsprozeß auszusetzen.
Letzterer greift aber auch tiefer ein, wird auf Klüften und Fugen weit fortgeleitet und erscheint in den ersten Stadien als
eine bloße Verfärbung oder Bleichung des Gesteins, welche häufig nur einige Linien, bisweilen aber
auch viele Fuß tief eingedrungen ist. Dunkle, durch organische Substanzen gefärbte Gesteine werden weiß oder hellgrau; grüne,
eisenoxydulhaltige werden rot, indem sich Oxyd bildet; gelbliche Kalksteine werden braun, indem ihr Eisenoxyd im freien Zustand
bloßgelegt wird.
Glasige Gesteine werden blind, undurchsichtig und schillernd wie alte Fensterscheiben. In manchen Fällen bilden
sich auflösliche Salze, die als Effloreszenzen auftreten, oder es werden Metalloxyde in der Form von Dendriten
[* 53] abgelagert.
Granite, Syenite, Gneise und Felsitporphyre lockern sich auf und zerfallen, so daß sie oft große Schuttmassen liefern, die
das Material zur Neubildung der feldspatreichen Sandsteine geliefert haben. Weit wichtiger sind aber die tiefer
eingreifenden Zerstörungen, welche viele Gesteine dadurch erleiden, daß gewisse ihrer vorwaltenden Bestandteile im Lauf der
Zeit einer totalen chemischen Zersetzung unterworfen sind.
Das Kaolin und die Thone sind nichts andres als die Produkte solcher Zersetzungsprozesse. Die in Säuren löslichen Gesteine verwittern
bedeutend schneller als die darin unlöslichen, Magnesium- und Calciumsilikate schneller als Alkalisilitate,
Natriumsilikate wieder schneller und vollständiger als Kaliumsilikate. KeinGestein aber vermag der Verwitterung vollkommen zu widerstehen.
Wie verschieden die Neigung der Mineralien ist, in Verwitterung überzugehen, zeigt am besten der Granit, dessen Feldspat schon vollständig
in Kaolin verwandelt sein kann, während der Quarz gar nicht, der Glimmer nur wenig durch Ausscheidung seines
Eisengehalts als Oxyd angegriffen ist.
tessinischer Zufluß des Lago Maggiore, kommt aus dem in Dörfern und Alphütten bewohnten wildschönen Val
Verzasca und strömt meist in der Tiefe dunkler und jäher Abgründe dahin.
Die acht Thalgemeinden zählten nur 2190 Seelen
ortsanwesender Bevölkerung, während die Wohnbevölkerung 2566 zählt;
(Entsagung, Renunziation), die Erklärung, daß man ein Recht aufgeben wolle. In der Regel kann man allen Rechten
entsagen, aber nicht seinen Pflichten, und wo eine solche entgegensteht, ist auch der Verzicht ungültig. Der Verzichtende muß
auch wissen, worauf er verzichtet, und es hat also keine Wirkung, wenn im allgemeinen auf Einreden, z. B.
des Betrugs, Verzicht geleistet wird, ohne daß dem Entsagenden bekannt ist, daß ihm ein Betrug gespielt worden sei. Daher wird ein
allgemeiner Verzicht (genereller, im Gegensatz zum speziellen in der Regel wirkungslos sein. Ein Verzicht bedarf nach gemeinem Recht keiner
Annahme, sondern nur einer bestimmten und ernstlichen Willenserklärung, und es kann das einmal aufgegebene
Recht nicht ohne neuen Erwerbsgrund wieder in Anspruch genommen werden. Der Entwurf eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs
(§ 290) stellt jedoch den Grundsatz auf: »Ein von dem Schuldner nicht angenommener Verzicht des Gläubigers auf die Forderung ist
unverbindlich«.
(Manieren, Ornamente,
[* 57] franz. Agréments, Broderies; engl. Graces; ital. Fiorette, Fioriture),
in der Musik gemeinsamer Name für die durch besondere Zeichen oder kleinere Noten angedeuteten Ausschmückungen einer Melodie.
Früher war es selbstverständlich, daß der Sänger oder Spieler eine einfache Melodie nach eignem Gutdünken und Geschmack
auszierte, die Komponisten schrieben daher deren wenige vor; doch war z. B. schon
J. S. Bach kein Freund von dieser Art der Aufbesserung der Kompositionen und zog es vor, selbst den Ausführenden vorzuschreiben,
wo sie Verzierungen anzubringen haben, und was für welche. In gewissem Grad blieb jedoch und ist noch heute die Ausführung der vorgeschriebenen
Verzierungen Sache des Geschmacks und künstlerischen Verständnisses.
Dasselbe Zeichen fordert je nach dem Tempo, der Taktart und dem sonstigen
[* 56]
Figurenwerk des Stücks eine verschiedenartige Ausführung,
welche sich durch Regeln ohne Umständlichkeit nicht hinreichend bestimmen läßt. Darum hat es Beethoven vielfach vorgezogen,
die in genau bestimmten Notenwerten auszuschreiben, besonders in den Klavierkonzerten. Die wichtigsten und noch
heute üblichen, durch Zeichen angedeuteten Verzierungen sind:
1) der Triller, heute stets durch ^[img] oder tr oder t über der Note gefordert, früher durch ^[img] oder ^[img], auch durch
+ über der Note und, wenn er mit Vorschleife von oben oder unten oder mit Nachschleife ausgeführt werden sollte, durch ^[img]
oder ^[img] oder ^[img], auch wohl ^[img].
7) Der Schleifer (Coulé), angedeutet durch dieselben Zeichen vor zwei übereinander stehenden Noten.
8) Das Martellement ^[img], doppelt ^[img], dreifach ^[img], identisch mit Mordent und verlängertem Mordent.
9) Die Aspiration ^[img] (von oben) oder ^[img] (von unten); das Zeichen steht vor derNote in den Linien und bedeutet den vom
Werte der vorausgehenden Note abgezogenen Vorschlag (Nachschlag) der Ober-, resp. Untersekunde. Von den durch
kleine, in der Takteinteilung nicht in Rechnung gezogene Noten angedeuteten Verzierungen sind die wichtigsten:
11) Der Doppelvorschlag, auch Anschlag genannt, bestehend aus dem Vorschlag einer tiefern und einer höhern
Note.
12) Der Schleifer (vgl. 7), bestehend aus zwei oder mehreren höhern oder tiefern Noten in Sekundfolge, früher auch verlangt
durch ^[img].
13) Das Battement (der Triller mit der Untersekunde), mit der Hilfsnote beginnend.
14) Der Zusammenschlag (Acciaccatura), eine Abart des Vorschlags, die nur für Tastinstrumente möglich ist.
Über die Ausführung der einzelnen Verzierungen vgl. die Spezialartikel. Natürlich
sind noch zahllose andre Verzierungen möglich, die durch kleine Noten angedeutet werden, aber keinen besondern Namen haben. Für deren
Ausführung gelten die Grundsätze, welche für die hier namhaft gemachten Verzierungen entwickelt sind. Zu großer Bedeutung haben
sich in der neuern Musik 15) die Nachschläge entwickelt, d. h. Verzierungen, welche der Hauptnote folgen und daher
ihre Dauer verkürzen, während die nächstfolgende Hauptnote von ihrem Wert nichts verliert.
Die verzinkten Gegenstände werden in Wasser gelegt, mit einer Bürste abgerieben und in Sägespänen abgetrocknet.
Kleinere Gegenstände wirft man haufenweise in das geschmolzene Zink, holt sie mit einem Schaumlöffel nach einer Minute heraus
und glüht sie in einem Flammofen unter Holzkohlenpulver, bis der Überfluß von Zink abgeschmolzen ist. Zink schützt das
Eisen viel besser vor Rost als Zinn. Wenn Weißblech an irgend einer Stelle von Zinn entblößt ist, so rostet
das Eisen hier viel schneller, als wenn überhaupt kein Zinn vorhanden wäre; denn beide Metalle bilden eine Kette, in welcher
das Eisen positiv, das Zinn negativ elektrisch ist; sie zersetzen das Wasser, dessen Sauerstoff sich mit
dem positiven Element verbindet.
Beim verzinkten Eisen ist das Verhältnis umgekehrt: hier ist das Zink positiv und wird allein oxydiert, während selbst das
entblößte Eisen unversehrt bleibt. In der Luft erstreckt sich die schützende Kraft des Zinks auf Entfernungen von 4-6 mm, unter
Wasser viel weiter. Wegen dieser Vorteile, welche das Verzinken gewährt, wird es in sehr
großem Maßstab
[* 60] ausgeführt, und man wendet besondere Vorrichtungen an, um Blech und Draht
[* 61] bequem handhaben zu können. Man
schmelzt das Zink in eisernen Wannen, die innen mit Thon ausgekleidet sind, oder in gemauerten Bassins, legt den Draht in Ringen
in das geschmolzene Metall oder leitet ihn mit passender Geschwindigkeit durch das Bad
[* 62] und läßt ihn an der Austrittsseite
durch ein Zieheisen gehen.
Große Blechtafeln führt man durch zwei in dem Zink liegende Walzenpaare. Telegraphendraht wird mit verdünnter Schwefelsäure
gebeizt, ausgeglüht, gescheuert, nochmals gebeizt, gespült, in Kalkwasser, dann in schwache Chlorzinklösung
getaucht, in 10proz. Kupfervitriollösung verkupfert, in Salmiaklösung getaucht und in das Zink gebracht. Verzinktes Eisen
findet ausgedehnte Anwendung zu Dachdeckungen, Dachröhren, Rinnen, Bandeisen, Telegraphendraht, Ketten, Nägeln, Kanonenkugeln
etc.
¶