Versicherung (geschichtliche Entwickelung des Versicherungswesens)
mehr
Zwangsversicherung, indem die Arbeitgeber gesetzlich zur Versicherung ihrer
Arbeiter verpflichtet sind, ebenso die gesetzlich beschlossene,
aber praktisch noch zu verwirklichende
Alters- und
Invalidenversicherung. Im übrigen ist der Versicherungsvertrag ein freiwilliges
Privatgeschäft. Die Leistungen, welche der Versicherungsnehmer zu gewähren hat, nennt man bei der
Rentenversicherung (s. d.)
Mise, bei sämtlichen andern Versicherungen
Prämien. Die letztern haben indes in einzelnen Versicherungszweigen
auch andre Bezeichnungen, z. B. bei den
Societäten heißen sie oft Brandsteuern, bei kleinern Gegenseitigkeitsverbänden
oft
Umlagen, bei
Sterbekassen auch wohl
Totenopfer etc. Im allgemeinen ist die
Prämie nach der
Wahrscheinlichkeit des
Eintritts
der Zahlungsverpflichtung für den Versicherer und nach der
Höhe der
Zahlung zu bemessen.
Sie hängt demnach ab vom
Grade der Gefährdung, bei der
Lebensversicherung von
Alter und
Gesundheit der versicherten
Personen
etc. Die
Aktiengesellschaften erheben die
Prämien unter Gewähr für deren Zulänglichkeit von den Versicherten in fest bestimmten
Beträgen (feste
Prämien) pränumerando, die Gegenseitigkeitsanstalten entweder je nach dem
Ausgang der
einzelnen Versicherungsperioden postnumerando in entsprechenden Beiträgen
(Umlagen) oder in pränumerando zu machenden, vorläufigen
Zahlungen (oft
Vorprämien genannt), unter Vorbehalt der spätern Rückvergütung entsprechender
Anteile an den Geschäftsüberschüssen
(Dividenden) oder der Nachforderung von ratierlichen Beträgen, Nachschüssen
(Nachschußprämien), bei Unzulänglichkeit der
ersten
Zahlungen.
Bei Versicherungsarten, bei denen sich das
Risiko mathematisch feststellen läßt
(Lebensversicherung),
nennt man die
Summen, welche nur zur
Deckung dieses
Risikos nötig sind, die mathematischen oder Nettoprämien, zu denen dann
zur Erzielung eines
Gewinns, zur Bestreitung der Verwaltungskosten etc. gewisse
Zuschläge gemacht werden, um so die
Brutto-
oder Tarifprämien zu bilden. Man bezeichnet indes unter Nettoprämien auch wohl die von den vorläufigen
Prämien der Gegenseitigkeitsanstalten nach Abzug der
Dividenden übrigbleibenden Beträge und nennt dann die
Vorprämie Bruttoprämie.
Der Prämiensatz für die
Einheit der Versicherungssumme wird Prämienfuß, die Zusammenstellung der Prämienfüße für die
einzelnen
Gefahr- und Altersklassen Prämientarif genannt. Bei Versicherungen, deren
Risiko auf längere unbestimmte Zeit übernommen
ist und bei gleichbleibenden
Prämien wächst, sind Teile der Prämiensummen zur
Deckung des
Risikos für
spätere Jahre als Prämienreserve anzusammeln, deren
Höhe unter anderm von derjenigen des
Zinsfußes abhängig ist (je niedriger
der
Zinsfuß, um so höher die
Reserve, und umgekehrt). Zu unterscheiden von derselben ist die Kapitalreserve, welche zur
Deckung etwaniger Verluste, und die Schadenreserve, welche für bereits zu zahlende
Schäden dient, die am Ende
des Rechnungsjahrs noch nicht ausbezahlt werden konnten.
Unter Prämienüberträgen versteht man diejenigen Teile vereinnahmter
Prämien, welche beim
Abschluß von Geschäftsjahren
der Versicherungsanstalt, wenn derselbe nicht gerade mit dem Ende des Versicherungsjahrs zusammentrifft, im
Verhältnis der
ins nächste Geschäftsjahr fallenden Zeitdauer der Versicherungsjahre zurückzustellen sind. Die Erneuerung
eines Versicherungsvertrags auf derselben Grundlage für eine neue Versicherungsperiode heißt
Prolongation, doch bezeichnet
man mit dem dann ungenauen
Ausdruck Prolongationsprämie auch die nach
Zahlung der erstmaligen (Policenprämie)
entrichteten
weitern
Prämien für auf mehr als ein Jahr abgeschlossene Versicherungen.
Unter den Kulturvölkern des
Altertums war, soweit wir
Kunde davon haben, das Versicherungswesen sehr wenig
entwickelt; insbesondere sind auch für das römische
Wirtschafts- und Rechtsleben nur spärliche Nachweise dahin gehörender
Geschäfte vorhanden. Dagegen finden wir bei den germanischen Völkern schon sehr früh Versicherungen erwähnt, wenn
dieses
Wort auch als Bezeichnung für eine Vertragsgattung modern ist. Soweit unsre einigermaßen zuverlässige
Kunde der wirtschaftlichen Einrichtungen des deutschen
Volkes zurückreicht, begegnen wir Gegenseitigkeits-Versicherungsverbänden,
welche (zunächst im Anschluß an die
Gilden, später die
Zünfte) die verschiedensten Versicherungszweige, wie
Feuer-,
See-,
Vieh- und, in der Form der Totenkassen oder Totenladen, die
Lebensversicherung, bearbeiten; ja schon in den
KapitularienKarls d. Gr. wird die eidliche Bekräftigung der Versprechungen von Gildegenossen
zu Beiträgen für den
Fall von Feuersbrünsten u.
Schiffbrüchen in einer
Weise verboten, welche darauf schließen läßt,
daß es sich dabei um eine eingebürgerte Einrichtung handelte.
Nach dem Dreißigjährigen
Krieg schufen die deutschen
Regierungen zur Abstellung des Brandbettels und
zur
Hebung
[* 2] des Volkswohlstandes die Feuerversicherungssocietäten, welche, die Form der alten Gegenseitigkeitsverbände beibehaltend,
von den
Staats- oder Gemeindebehörden verwaltet und meistens mit mehr oder weniger Privilegien ausgerüstet wurden. Von
England
überkamen wir dann die
Lehren
[* 3] der
Statistik und deren Anwendung für das Versicherungswesen sowie die Versicherungstechnik
großer Privatgesellschaften, welche das Versicherungsgeschäft in
einer für uns neuen und großartigen
Weise betrieben. In allen Kulturstaaten nimmt jetzt das Versicherungswesen eine sehr wichtige
Stellung ein, und kaum einer
derselben hat nicht wenigstens die eine oder die andre
Gattung derselben in bedeutendem
Umfang ausgebildet.
Mit dieser großartigen
Entwickelung des Versicherungswesens hat diejenige des Versicherungsrechts nicht
gleichen
Schritt gehalten, und nur wenige
Staaten erfreuen sich einer umfassenden Kodifikation der öffentlich- und der privatrechtlichen
Normen für das Versicherungswesen. Am frühsten wurde in rechtlicher Beziehung die
Seeassekuranz geordnet, betreffs welcher
die
Ordonnanz der Stadt
Barcelona,
[* 4] das
Florentiner
[* 5]
Statut von 1523, die niederländische
OrdonnanzPhilipps II. von 1570,
die
AmsterdamerOrdonnanz von 1598, die französische Marineordonnanz von 1681 u. a. maßgebend geworden
sind, und welche auch sowohl im preußischen
Landrecht als auch im deutschen
Handelsgesetzbuch eingehendere Berücksichtigung
erfahren hat, während für die übrigen Versicherungszweige in
Deutschland
[* 6] nur eine bunte
Menge von einzelnen Partikularbestimmungen
besteht.
öffentliches Amt, welchem die Überwachung des Versicherungswesens obliegt, oder das auch die oberste
Berufungsstelle bei Streitigkeiten zwischen Versicherer und Versichertem über deren gegenseitige Rechtsverhältnisse bildet.
Metalle und andre Gegenstände mit Silber überziehen. Bei der Feuerversilberung werden Kupfer,
[* 17] Messing, Tombak
geglüht, mit Säure gelb gebrannt, mit Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxid (Quickwasser) befeuchtet, mit Silberamalgam
bedeckt und zur Verflüchtigung des Quecksilbers erhitzt, oder man reibt das Metall mit einem Brei aus Silberpulver, Quecksilberchlorid,
Salmiak und Kochsalz, spült mit Wasser, trocknet und erhitzt. Fester und dauerhafter wird die Versilberung, wenn man das Metall
mit schwacher Kochsalzlösung befeuchtet, mit einer Mischung aus 1 Teil Silberpulver, 1 Teil Chlorsilber
und 2 Teilen gebranntem Borax
[* 18] bestreut, rotglühend macht und in schwacher Weinsteinlösung ablöscht.
Durch die Wiederholung der Operation (Schmelzsilber) wird die Versilberung verstärkt. Bei der kalten Versilberung (Anreiben)
reibt man das Metall mit einem Brei aus 1 Teil Silberpulver, 2 Teilen Weinstein, 2 Teilen Kochsalz und wenig Wasser oder
mit 1 Teil Silbernitrat, 3 Teilen Cyankalium und 3 Teilen Schlämmkreide, spült
und trocknet. Diese Versilberung ist wohlfeil,
aber wenig haltbar. Sogen. falsche Versilberung erhält man durch Anreiben mit Zinnwismutamalgam und Kreide.
[* 19]
Auf Kupfer, Messing, Tombak, Glockengut, Neusilber, Guß- und Schmiedeeisen haftet das Silber direkt, auf poliertem Stahl und Zinn
nach dem galvanischen Verkupfern. Damit galvanisch versilberte Gegenstände nicht gelb anlaufen, erhitzt man sie, mit Borax
bedeckt, über Kohlenfeuer, beizt mit sehr verdünnter Schwefelsäure,
[* 20] spült, trocknet und erhitzt schließlich
auf Eisenblech. Gelb gewordene Gegenstände können mit Cyankaliumlösung aufgefrischt werden.
Bisweilen überzieht man versilberte Waren mit einer dünnen Palladiumschicht, um das Anlaufen durch Schwefelwasserstoff zu
verhüten. Zur Kontaktversilberung benutzt man ein durch Kochen von Chlorsilber, Blutlaugensalz, kohlensaurem Kali, Kochsalz mit
Ammoniak bereitetes Bad
[* 21] und verfährt wie bei der Kontaktvergoldung. Man kann mit dieser Lösung abgeriebene
Stellen versilberter Gegenstände ausbessern, indem man sie thunlichst reichlich aufträgt und Zinkpulver aufstreut.
Versilberung mit Blattsilber wird wie die Vergoldung mit Blattgold ausgeführt, ist aber wenig gebräuchlich, beim Plattieren
werden die Metalle durch Druck vereinigt. Zum Versilbern des Porzellans benutzt man gefälltes Silberpulver mit
basischem Wismutnitrat als Flußmittel. Über Silberspiegel s. Spiegel.
[* 22] Litteratur s. bei Vergolden.
die Wiederherstellung eines freundlichen Verhältnisses zwischen Feinden, in der Dogmatik die Wiederherstellung
des durch die Sünde aufgelösten religiösen Verhältnisses. Dabei wird unterschieden zwischen der Versöhnung der
Menschen, die Gott feindlich gestimmt waren, mit ihm (reconciliatio) und der Versöhnung des durch die Sünde der Menschen beleidigten
Gottes selbst (expiatio). Erst in letzterer Vorstellung gipfelt die rechtgläubige Lehre,
[* 28] wonach Gott, um den Menschen unter
der Bedingung des Glaubens und der Buße zu verzeihen, die Sünde an dem Gottmenschen Christus bestrafte,
welcher kraft seiner stellvertretenden Genugthuung (satisfactio vicaria) der göttlichen Gerechtigkeit an unsrer Statt Genüge
leistete, so daß unsre Sünde ihm, sein Verdienst uns zugerechnet wird (imputatio). SchonPaulus stellt die Lehre von der in
den Mittelpunkt seines Systems¶
mehr
(s. Christologie, S. 98). Aber ihre formelle Vollendung erfuhr dieselbe erst durch Anselm von Canterbury, der die MajestätGottes als durch die Sünde beleidigt darstellte und aus der Notwendigkeit eines Gott für seine angegriffene Ehre zu erstattenden
Äquivalents den Begriff einer vom Gottmenschen zu leistenden Genugthuung herleitete. Denn die Kräfte aller
gewöhnlichen, zumal in Sünden gefallenen, Menschen reichen hierfür nicht aus, und doch mußte ein MenschGenugthuung leisten,
während die Unendlichkeit der Schuld direkt auf den unendlichen Gott in Bezug auf ihre Sühnung zurückweist.
Nur die freiwillige Dahingabe des sündlosen Lebens des Gottmenschen erschien dem Gewicht aller Sünden gegenüber als
ein ausreichendes, ja mehr als ausreichendes Gegengewicht. Diese Lehre hielten auch die Reformatoren fest und erklärten sich
namentlich entschieden gegen die Sühnung der göttlichen Gerechtigkeit durch sogen. gute Werke. Die lutherischen Theologen
des 17. Jahrh. betonten fast nur noch die juridische Seite der Versöhnung und fanden
die von Christus geleistete Genugthuung in dessen thätigem und leidendem Gehorsam (Gesetzeserfüllung und
Erduldung der Sündenstrafe), während die Socinianer und Rationalisten die ethische Seite in den Vordergrund stellten und
die neuere Philosophie einen spekulativen Gehalt in die harte Schale auch dieses Dogmas zu legen wußte.
Vgl. Baur, Die christliche
Lehre von der Versöhnung (Tübing. 1838);
(Versöhnungsfest, im Volksmund Langer Tag, hebr. Jom ha-Kippurim, auch Sabbat der Sabbate [3. Mos. 23,
32]. genannt), das heiligste aller israelitischen Feste, wird 10. Tischri in strengster Sabbatsruhe durch
persönliche Kasteiung und Enthaltung von allen Sinnengenüssen (Fasten) gefeiert
(3. Mos. 16, 30. u. 31; 23, 27 u. 28). Der
Versöhnungstag bezweckt die Versöhnung des reuigen, Besserung versprechenden Israeliten mit Gott, wozu noch eine Vorbereitung durch Gebet
und fromme Werke (Aussöhnung mit den Feinden, Almosengeben etc.) besonders in den
dem Versöhnungstag vorangehenden, mit dem ersten Neujahrstag beginnenden zehn Bußtagen tritt.
Von der heute üblichen Feier wich die früherer Zeiten ab. Solange der Opferkultus bestand, versah der Hohepriester, der als
Zeichen der Unschuld leinene Gewänder anlegte, selbst den Hauptteil des Gottesdienstes, brachte zu den täglichen Opfern noch
das Sündopfer für sich und die Seinigen und nahm die Sprengung des Bluts vor. Dann wurde von zwei Böcken
der eine, durch das Los bestimmte geschlachtet und mit dem Blute desselben die Bundeslade besprengt, der andre aber (Asasel),
nachdem der Hohepriester die Hände auf ihn gelegt und seine und des VolkesSünden bekannt hatte (daher
der NameSündenbock), an einen wüsten Ort gebracht und dort losgelassen, in späterer Zeit aber in einen Abgrund gestürzt.
Darauf brachte der Hohepriester für sich und das Volk zwei Widder und sieben Lämmer als Brandopfer dar und versöhnte so das
Heiligtum, das Stiftszelt, den Altar
[* 31] und das ganze Volk. Dieser Feier in ihren Hauptzügen ähnlich war
die während der Dauer des zweiten Tempels; im Sündenbekenntnis sprach der Hohepriester den vierbuchstabigen Gottesnamen
(Jahveh) aus, worauf das Volk betend sich verbeugte und den Spruch des Priesters: »Ihr sollt rein sein!« empfing. Die Feier schloß
mit einem Gebet. Nach je 49 Jahren ward am Versöhnungstag das Jubeljahr (s. d.) durch Posaunenschall im ganzen Land
verkündet.
Anstalten,
welche Gelegenheit geben, Ersparnisse, namentlich kleinere, zinsbar anzulegen, sei
es in der Form von Sparkasseneinlagen oder zur Erlangung einer Leib- oder Altersrente, wie die französische, 1850 errichtete
Caisse de retraite pour la vieillesse.
Einige derartige Institute, wie die Allgemeine Versorgungsanstalt
in Karlsruhe,
[* 32] haben sich neuerdings mehr dem Betrieb des eigentlichen Lebensversicherungsgeschäfts zugewandt.
der durch Gesetz, Vertrag oder letztwillige Verfügung begründete Anspruch auf einen Beitrag
zum Lebensunterhalt.
Dahin gehören namentlich die Ansprüche der Beamten und Offiziere auf Versorgung
ihrer Witwen und Waisen, ferner deren Pensionsansprüche (s. Pension) sowie die Militärversorgung (s. d.) überhaupt.
(Besprechen), das Hersagen bestimmter Formeln (Segens- und Bannformeln) unter Beobachtung gewisser Zeremonien,
auch das Aufschreiben derselben auf einen Zettel oder auf hölzerne Teller, z. B. »Fieberverschreiben«,
um Krankheiten oder Wunden zu heilen, Blutungen zu stillen, Feuersbrünste zu löschen etc. Das Verfahren wurzelt in dem Glauben
der Naturvölker, daß alle Krankheiten durch Bezauberung entstehen, wie er bei einzelnen derselben sogar das Eintreten böser
Dämonen und Elben aus Krankheitsursache in den Körper selbst voraussetzte.
weiches Eisen
[* 37] auf der Oberfläche in Stahl verwandeln, geschieht durch die sogen. Einsatzhärtung (vgl.
Einsetzen), auch durch Bestreuen und Einreiben des glühenden Eisens mit Blutlaugensalz und Ablöschen, durch Eintauchen von
weißglühendem Schmiedeeisen in dünnflüssig geschmolzenes Roheisen etc. Verstählen (Aufstählen,
Vorstählen) nennt man
¶
mehr
auch das Anschweißen von Stahl an Schmiedeeisen zur Verarbeitung auf Werkzeuge
[* 39] etc., endlich das Überziehen von Kupfer mit
Eisen, welches besonders auf gestochene Kupferplatten angewandt wird, um diese beim Druck weniger abzunutzen. Das Verfahren
ist völlig dem der galvanischen Verkupferung analog; nur benutzt man dazu eine Lösung von Eisenvitriol und
Salmiak, die mit blanken Eisenschnitzeln in einer gut verstopften Flasche
[* 40] zum Gebrauch aufbewahrt wird, oder eine Lösung von
schwefelsaurem Eisenoxydulammoniak. Die zu verstählende Platte wird am Kupferpol, eine Eisenplatte am Zinkpol befestigt und
in die Flüssigkeit getaucht. Der Überzug ist fast silberweiß, spiegelglänzend und sehr hart.
(Intellectus) wird sowohl zur Bezeichnung eines gewissen Grades von Einsicht als einer gewissen technischen
Fähigkeit gebraucht. In ersterer Hinsicht wird demjenigen Verstand beigelegt, welcher fähig ist, den Inhalt eines ihm Vorgestellten
zu verstehen, d. h. denselben richtig, ohne Entstellung und (subjektive) Färbung, so wie
er wirklich ist, aufzufassen (Verständnis); in letzterer Hinsicht heißt derjenige verständig, dessen Verhalten (im Denken
und Handeln) durch dessen Verstand, dessen Denken (Begriffebilden, Urteilen und Schließen) insbesondere durch sein Verständnis des
Inhalts des Gedachten (logisches Denken, s. Logik), dessen Handeln (Behandeln, Bearbeiten) insbesondere durch seine richtige
Auffassung (des Wesens und Zwecks; zweckmäßiges Handeln, s. Technik) des Gegenstandes bestimmt wird. in
ersterer Bedeutung ist einer achromatischen Lupe
[* 41] zu vergleichen, die den beobachteten Gegenstand dem Auge
[* 42] näher und schärfer
und zugleich ohne störende Farbenbrechung zeigt, daher der Verstand, da er denInhalt der sinnlichen Vorstellungen (Sensationen),
wie jene den Inhalt der vorgestellten (äußern) Objekte, zum Gegenstand hat, auch wohl (im Gegensatz zum
äußern) als inneres Wahrnehmungsvermögen (innerer Sinn, Reflexion)
[* 43] bezeichnet wird.
Derselbe setzt, da er Verständnis eines Vorstellungsinhalts sein soll, einen vorhandenen Vorrat, sei es ursprünglich (durch
die Sinne) gegebener Anschauungen (empirischer Verstand), sei es aus solchen (durch Verknüpfung oder Aussonderung)
gewonnener (Abstraktionen, abstrakter Verstand), Vorstellungen, voraus, wie er seinerseits von der Vernunft (s. d.) vorausgesetzt
wird. Wer (wie der Schwachsinnige und Ungebildete) nur einen engen Vorstellungskreis besitzt, ist auch nur eines mäßigen,
wer (wie der von Leidenschaft Unterjochte) der sittlichen Freiheit und Selbstbestimmung beraubt ist, dessenungeachtet noch
des Verstandesgebrauchs (kühl berechnenden Handelns) fähig.
Wie die das Gesicht
[* 44] schärfende Lupe als Seh-, so hat der als Erkenntnisinstrument lediglich formalen Charakter; er verdeutlicht
den Inhalt des Gedachten und zieht die notwendigen Folgerungen daraus, ohne (wie die Vernunft) über Wahrheit oder Falschheit,
Löblichkeit oder Verwerflichkeit, Schönheit oder Häßlichkeit desselben zu entscheiden. Wird bei der
Verdeutlichung des Inhalts des Gedachten nur eine (mehr oder weniger hinreichende) Verständigung (durch Veranschaulichung,
Beschreibung, Erläuterung etc.) angestrebt, und werden nur (mehr oder weniger) in die Augen springende Folgerungen daraus gezogen,
so heißt er populärer (sogen. gesunder Menschen-) Verstand und sein Verfahren (verständige) Auseinandersetzung (Diskurs); wird
dagegen eine (logisch genaue) Erklärung (Definition, s. dadurch Zerlegung des Inhalts in seine elementaren
Bestandteile) angestrebt,
und werden die (logisch) notwendigen Folgerungen daraus gezogen, so heißt er wissenschaftlicher
(logischer) Verstand und sein Verfahren (logische) Denkkunst (Diskussion).
Letztere als vollkommenste Form des Verstandes wird wohl auch vorzugsweise Verstand und die Logik (s. d.) als Wissenschaft
von den Normen des (richtigen) Denkens vorzugsweise Verstandeswissenschaft genannt. Gegensatz des Verstandes ist der Unverstand,
wenn (der Inhalt des Gedachten) nicht, der Mißverstand, wenn (er mit oder ohne Absicht) falsch verstanden wird. Gegensatz
des Verständigen ist der Thörichte, dessen Denken und Handeln nicht durch den Verstand, sondern durch Laune und
Zufall (Willkür im Denken, Einfalt im Handeln) gelenkt wird. Da sich gewissen Tieren weder Verständnis noch anpassende Bewegung
für ihre Zwecke (Kunsttrieb) absprechen läßt, so kann denselben der Verstand auch nicht streitig gemacht werden.
(Verstrich, Auktion), der Verkauf einer Sache an den Meistbietenden. Der Bietende
ist so lange verbunden, die Sache für sein Gebot anzunehmen, bis er überboten wird, und der Auktionator (Versteigerer) gibt
seine Zustimmung in die Überlassung der Sache durch den Zuschlag. Die Versteigerung ist entweder eine amtliche oder eine private; sie
ist freiwillig, wenn der Eigentümer der zu verkaufenden Sache sie beantragt, oder notwendig, wenn diese
Zustimmung nicht erforderlich ist (Zwangsversteigerung, Subhastation, Gant, Vergantung).
Die gerichtlichen Auktionen gehören in der Regel zu den notwendigen; die außergerichtlichen dagegen sind gewöhnlich freiwillige,
obgleich auch die Gerichte freiwillige Auktionen vornehmen, z. B. wegen Erbteilungen, und außergerichtliche als notwendige
sich darstellen, z. B. Verkauf eines Faustpfandes im Weg der Auktion. Das Gewerbe der Versteigerer ist in
Deutschland ein freies (s. Auktionator). Dagegen verbietet die deutsche Gewerbeordnung (§ 56 c) die sogen. Wanderauktionen
(s. Warenversteigerung), bei welchen Waren im Umherziehen versteigert werden. Doch können von der zuständigen Behörde Ausnahmen
von diesem Verbot zugelassen werden. Wegen der gerichtlichen s. Zwangsvollstreckung.
Disposition des Geistes, welche nicht im Einklang mit den von außen her einwirkenden
Eindrücken steht, so daß sie sich als unmotivierte Heiterkeit oder unmotivierte Schwermut darstellt. Vorübergehende Verstimmung kommt
bei vielen reizbaren Personen ohne jedesmal nachweisbare körperliche Indisposition vor und ist von keiner Bedeutung. Dauernde
Verstimmung ist dagegen ein wichtiges Zeichen beginnender Geisteskrankheiten und verdient als solche hohe Beachtung.
Den Typus der heitern V repräsentiert die Manie, denjenigen der traurigen Verstimmung die Melancholie, den der reizbaren Verstimmung die Hypochondrie,
manche Fälle von Epilepsie und chronischem Alkoholismus.
mannigfachen Allgemeinleiden häufig vor. Bei Pferden ist die Verstopfung das bedingende Moment der Kolik (s. d.); Rinder
[* 49] und andre Wiederkäuer
[* 50] erkranken an derselben am meisten nach Überfütterung (Magenverstopfung). Da hierbei der Magen- und Darminhalt durch abnorme
Gärungsprozesse zersetzt wird, so entwickeln sich gewöhnlich große Mengen von Wasserstoff- und Kohlenwasserstoffgas, wodurch
die Tiere meteoristisch auftreiben. Bei längerer Dauer entsteht oft eine unheilbare Schwäche der Magen-
und Darmmuskulatur und mit derselben eine schwere und oft tödliche Magen- und Darmentzündung.
Daher ist die Prognose nur bei frischer Verstopfung günstig. Die Behandlung hat sich auf die künstliche Anregung der Magen- und Darmperistaltik
zu richten und ist teils eine medikamentöse, teils eine diätetische. BeimRindvieh genügt oft die Verabreichung
von 0,5-1 kg Glaubersalz oder Bittersalz; schwere Fälle erfordern die Anwendung von Brechweinstein (10-15 g) mit Aloe (30-50
g) in schleimigen Vehikeln. Bei Schweinen empfiehlt sich Kalomel (1-2 g) in Latwergenform oder schwefelsaures Eserin (0,01 g) in
subkutaner Injektion.
[* 51] Diätetische Mittel sind: Weizenkleie mit Wasser, rohe Kartoffeln, Rüben, junges Grünfutter und Branntweinschlempe.
(Mutilatio), diejenige Körperverletzung, infolge deren ein Glied
[* 52] verloren geht oder der Verletzte dauernd
entstellt wird (s. Körperverletzung). Selbstverstümmelung zu dem Zweck, sich dadurch dem Militärdienst zu entziehen, wird
nach dem deutschen Strafgesetzbuch (§ 142) mit Gefängnis bis zu fünf Jahren und nicht unter einem Jahr
bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Denjenigen, welcher einen andern auf dessen
Verlangen zur Erfüllung der Wehrpflicht untauglich macht, trifft dieselbe Strafe.
einesVerbrechens oder Vergehens (Conatus, Konat) liegt dann vor, wenn der Entschluß, ein Verbrechen oder Vergehen
zu verüben, durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung des Verbrechens oder Vergehens enthalten, bethätigt, das
beabsichtigte Verbrechen oder Vergehen selbst aber nicht zur Vollendung gekommen ist. Ob ein solcher strafbarer
Anfang der Ausführung oder nur eine sogen. (straflose) Vorbereitungshandlung vorliege, bestimmt
sich nicht nach allgemeinen Regeln, sondern ist nach den besondern Umständen des einzelnen Falles zu beurteilen.
Dasselbe gilt von der sehr bestrittenen Frage, ob an einem untauglichen Gegenstand oder mit einem untauglichen
Mittel ein verbrecherischer Versuch möglich sei. Manche verneinen diese Frage, wenn es sich um ein absolut untaugliches Objekt,
z. B. Mordversuch an einer Leiche, oder um ein absolut untaugliches Mittel, z. B. Vergiftungsversuch mit einer unschädlichen
Substanz, handelt, während es als strafbarer Versuch anzusehen ist, wenn das Mittel nur ein relativ untaugliches,
wenn z. B. die DosisGift zu gering war, um schädlich wirken zu können.
Das Reichsgericht (Plenarbeschluß vom Erkenntnis vom legt den Nachdruck auf die verbrecherische Absicht
und erklärt auch den Versuch mit untauglichen Mitteln und am untauglichen Gegenstand für strafbar. Der Versuch eines Verbrechens wird
nach dem deutschen Reichsstrafgesetzbuch bei eigentlichen Verbrechen (s. d.) stets,
bei Vergehen nur in denjenigen Fällen bestraft,
in welchen dies das Gesetz ausdrücklich bestimmt. Das versuchte Verbrechen oder Vergehen ist milder zu bestrafen als das vollendete.
Bei Übertretungen ist der Versuch überhaupt nicht strafbar. Auch bleibt der Versuch als solcher straflos,
wenn der Thäter die Ausführung der beabsichtigten Handlung aufgegeben hat, ohne daß er an dieser Ausführung durch Umstände
gehindert worden ist, welche von seinem Willen unabhängig waren, oder wenn er zu einer Zeit, zu welcher die Handlung noch
nicht entdeckt war, den Eintritt des zur Vollendung des Verbrechens oder Vergehens gehörigen Erfolgs durch
eigne Thätigkeit abgewendet hat.
jedes Vorkommnis im sittlichen Entwickelungsgang des Menschen, vermöge dessen die latente Gefahr, welche
noch unfertige Zustände des guten Willens jederzeit mit sich bringen, in thatsächliche Wirklichkeit übergeht durch Hinzutritt
äußerer Reizungen oder Nötigungen zu einer Willensentscheidung, wie sie in richtiger Weise nur da erfolgen
kann, wo es dem Menschen sofort gegeben ist, sich streng in sich selbst zusammenzunehmen.
Aber auch die von einer Kammer oder sonstigen Volksvertretung selbst ausgehende Unterbrechung der Sitzungen auf bestimmte oder
unbestimmte Zeit, die Abbrechung einer Verhandlung an dem einen Tag, um sie an einem andern wieder aufzunehmen, wird als Vertagung
bezeichnet. Im Reichstag bedarf ein Antrag auf Vertagung der Unterstützung von 30 Mitgliedern. Es wird
darüber ohne Begründung des Antrags und ohne Diskussion abgestimmt. Wird der Antrag angenommen, so wird die Verhandlung abgebrochen
und an einem andern Tag fortgesetzt. Die Vertagung kann aber auch von dem Präsidenten vorgeschlagen und mangels eines Widerspruchs
auch auf diese Weise bewirkt werden.
(vermooren, engl., spr. -muh-), ein Schiff
[* 55] mit zwei Ankern verankern, so daß diese, vom Schiff aus gesehen,
in entgegengesetzter Richtung liegen.
Das Vertäuen findet namentlich da Anwendung, wo in engen Gewässern Flut und Ebbe laufen.
Das
Schiff liegt dann bald vor seinem Flut-, bald vor dem Ebbeanker, aber stets auf derselben Stelle.
(Defensive, Defension), die Wahrung und Geltendmachung der dem Angeschuldigten im Strafverfahren
zustehenden Rechte durch einen hierzu bestellten Beistand (Defensor, Verteidiger). Die deutsche Strafprozeßordnung unterscheidet
zwischen dem sogen. Wahlverteidiger und dem notwendigen Verteidiger. Notwendig ist die in denjenigen Sachen, welche in erster
Instanz vor das Reichsgericht oder vor das Schwurgericht gehören, ebenso aber auch in denjenigen Untersuchungssachen,
welche vor dem Landgericht in erster Instanz zu verhandeln sind, wenn der Angeschuldigte taub oder stumm ist oder das 16. Lebensjahr
noch nicht vollendet hat, oder wenn ein eigentliches Verbrechen den Gegenstand der Untersuchung bildet und der Beschuldigte
oder sein gesetzlicher Vertreter die Bestellung eines Verteidigers verlangt. Zu Wahlverteidigern, die in
jeder strafrechtlichen Untersuchung zugezogen werden können, sind Rechtsanwalte sowie Rechtslehrer an deutschen Hochschulen,
andre Personen dagegen nur mit Genehmigung des Gerichts zuzulassen.
Die Auswahl eines notwendigen Verteidigers erfolgt durch den Vorsitzenden des Gerichts aus der Zahl der am Sitz dieses Gerichts
wohnhaften Rechtsanwalte; doch können auch Justizbeamte, welche nicht als Richter angestellt sind, sowie
solche Rechtskundige, welche die vorschriftsmäßige erste Prüfung für den Justizdienst bestanden haben, als Verteidiger
bestellt werden. Abweichend von den bisherigen Vorschriften, gestattet die deutsche Strafprozeßordnung die Zuziehung eines
Verteidigers schon im Vorverfahren oder in der Voruntersuchung; doch erfolgt die Vernehmung des Angeschuldigten
in der Voruntersuchung in Abwesenheit des Verteidigers wie des Staatsanwalts.
Der Verteidiger kann die Untersuchungsakten einsehen, auch mit dem verhafteten Beschuldigten mündlich und schriftlich verkehren.
Vor Eröffnung des Hauptverfahrens müssen jedoch schriftliche Mitteilungen dem Richter vorgelegt werden, auch kann der Richter
bis zu diesem Zeitpunkt anordnen, daß Unterredungen des verhafteten Beschuldigten mit dem Verteidiger
eine Gerichtsperson beiwohne. Der Verteidiger kann die Abhörung neuer Zeugen (Entlastungs-, Schutz-, Defensionalzeugen) und
sonstige ergänzende Maßregeln beantragen, um neue Entlastungsmomente beizubringen.
Man unterscheidet ferner zwischen Haupt- und Nebenverteidigung. Erstere ist auf das Endurteil selbst gerichtet; sei es, daß
sie den Belastungsbeweis zu entkräften oder einen Unschuldsbeweis zu erbringen sucht, daß sie die
That als eine straffreie oder als unter ein andres Strafgesetz fallend im Gegensatz zu der Anklage hinzustellen bemüht ist;
sei es, daß sie sich auf die Hervorhebung von Strafmilderungsgründen beschränkt. Die Nebenverteidigung bezieht sich auf
beschwerende Maßregeln in der Voruntersuchung, Untersuchungshaft
z. B.; sie richtet sich gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens
u. dgl. Auch in der Rechtsmittelinstanz ist die
Verteidigung zulässig. Dem amtlich zum Verteidiger bestellten Rechtsanwalt sind für die Verteidigung die Gebühren aus der Staatskasse zu bezahlen,
unter Vorbehalt des Rückgriffs an den in die Kosten verurteilten Angeschuldigten.
Vgl. Deutsche Strafprozeßordnung, § 137-150;
Jaques, über die Aufgabe der Verteidigung (Wien 1873);
Frydmann, Handbuch der Verteidigung im Strafverfahren (das. 1878);
Kosjek, Aus den Papieren
eines Verteidigers (Graz 1884). -
auf den Seekarten gewöhnlich am Rand zur bildlichen Darstellung gebrachte Teile von Küstenstrecken, Inseln
und Ufern weiter Flußmündungen oder Buchten, wie sich diese von See aus präsentieren oder vertonen.
Außer
dem Profil der betreffenden Küste enthalten sie die sich scharf markierenden Punkte derselben, wie Leuchttürme, Baken,
[* 64] Kirchtürme,
Felsspitzen, bewaldete Partien u. dgl.
d'Auboeuf (spr. wertoh doböff),RenéAubert de, franz. Geschichtschreiber, geb. auf
dem Schloß Benetot in der Normandie, trat in den Kapuziner-, dann in den Prämonstratenserorden, ward Prior, später Pfarrer
bei Rouen
[* 65] und machte sich zuerst durch die »Histoire des révolutions de Portugal«
[* 66] (Par. 1680 u. 1689; deutsch, Regensb.
1688) und die lebendig erzählte »Histoire des révolutions de Suède« (Par. 1696, 2 Bde.;
neue Ausg. mit dem vorigen 1844) bekannt. Seit 1701 Mitglied der Akademie der schönen Wissenschaften, ließ er sich 1703 als
Sekretär
[* 67] der Herzogin von Orléans
[* 68] zu Paris
[* 69] nieder, wo er für die Memoiren derselben eine Menge historischer Abhandlungen schrieb.
Als
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