worauf in den folgenden
Jahren einige kleine
Skizzen erschienen, welche später
in das
»Tagebuch eines
Jägers« aufgenommen wurden. 1852 wurde er plötzlich wegen eines von ihm verfaßten, im übrigen durchaus
nicht politisch verfänglichen
Artikels: »Ein
Brief über Gogol«
(»MoskauerZeitung« 1852, Nr. 32), arretiert,
bei der
Polizei eingesperrt und dann auf sein
Gut verwiesen, welches er zwei Jahre lang (bis 1855) nicht verlassen durfte.
Seit 1863 lebte Turgenjew fast ganz im
Ausland, meist in
Baden-Baden
[* 6] oder
Paris,
[* 7] in der
Regel nur die Sommermonate auf seinem
Gut zubringend.
Er starb in
Bougival bei
Paris. In Rußland werden nicht nur die epischen, sondern auch die im
Ausland weniger gekannten
lyrischen und dramatischen
Dichtungen sehr hoch geschätzt.
Seine lyrischen
Versuche erschienen 1841-47 in verschiedenen russischen Monatsschriften; sie bilden zusammen einen kleinen
Band.
[* 8] Auf epischem und dramatischem Gebiet besitzt die
russische Litteratur folgende
Dichtungen von Turgenjew, die
wir in chronologischer Reihenfolge anführen:
»Parascha« (Poem, 1842);
»Ein
Monat im
Dorfe«
(Lustspiel, 1850; letzteres hatte Turgenjew auf Verlangen der
Zensur
umarbeiten müssen, und es erschien erst 1869 in seiner ursprünglichen Form);
Außerdem
sind noch, von einigen kritischen
Artikeln abgesehen, zu nennen:
»Hamlet und
Don Quichotte«, eine
Parallele,
[* 12] und
»Erinnerungen
an W.
Belinskij«. Turgenjews
Romane und
Erzählungen sind weniger durch sensationelle Verwickelungen als
durch eine wunderbare Meisterschaft in der Gestalten- und Charakterzeichnung wie in der Darlegung psychologischer Vorgänge
ausgezeichnet. Ganz dem nationalen
Boden und der unmittelbaren Gegenwart angehörend, spiegeln sie die jeweiligen Zustände
und
Bewegungen in Rußland so treu wider, daß man an ihnen die Geschichte der innern
Entwickelung der
Gesellschaft von Werk zu Werk wie an Marksteinen verfolgen kann. Sie wurden vielfach ins Deutsche
[* 13]
übertragen; eine Sammlung
»Ausgewählter Werke« in der einzig vom Dichter autorisierten
Ausgabe erschien deutsch seit 1871 in
Mitau
[* 14] (12 Bde.); seine
»Briefe« gab
Ruhe in Übersetzung heraus (erste Sammlung, Leipz. 1886).
Von 1761 bis 1773
Intendant von
Limoges, richtete er sein Hauptaugenmerk auf Entlastung,
Hebung
[* 17] und
Bildung des gemeinen
Mannes,
Gründung öffentlicher Wohlthätigkeitsanstalten,
Anlage von
Kanal- und Wegebauten, Beförderung des
Ackerbaues etc.
Ludwig XVI.
ernannte ihn kurz nach seiner Thronbesteigung zum Generalkontrolleur der
Finanzen (Finanzminister).
Die in seinem berühmten
Brief an den König entwickelten Reformpläne Turgots umfaßten eigentlich alles, was später die
Revolution durchsetzte:
Dezentralisation und
Selbstverwaltung,
Reform des Steuerwesens, Beseitigung des Zunftzwanges u. a., verletzten
aber alle, die dabei ein
Opfer bringen sollten.
Als Turgot 1775 die Erlaubnis gab, an Fasttagen
Fleisch zu verkaufen, bezichtigte ihn der
Klerus des
Versuchs,
die
Religion zu vernichten, und als infolge des vorjährigen Mißwachses eine
Teurung entstand, welcher Turgot durch Freigebung
des
Getreidehandels im Innern von
Frankreich hatte abhelfen wollen, schob man die
Schuld jenerNot
auf diese Maßregel des
Ministers. Es kam zu mehreren
Aufständen (dem sogen. Mehlkrieg, guerre des farines), denen die privilegierten
Stände noch Vorschub leisteten. Von allen
Plänen Turgots kamen so nur wenige, wenngleich wichtige Verbesserungen und Ersparungen
in den
Finanzen zur Ausführung, und der König
¶
mehr
sah sich durch den allgemeinen Widerstand der privilegierten Stände gegen Turgots neue Edikte, betreffend die Aufhebung der
Wegfronen und Zünfte, genötigt, seinen Minister im Mai 1776 plötzlich zu entlassen. Turgot widmete sich fortan nur wissenschaftlichen
Arbeiten und starb in Paris. Seine »Œuvres« veröffentlichten Dupont de Nemours (Par. 1808-11, 9 Bde.)
und Daire (das. 1844, 2 Bde.).
Vgl. Batbie, Turgot, philosophe, économiste et administrateur (Par. 1861);
Tissot, Turgot, sa vie,
son administration, ses ouvrages (das. 1862);
Mastier, Turgot, sa vie et sa doctrine (das. 1862);
Foncin, Essai sur le ministère
de Turgot (das. 1877);
Jobez, La France sous Louis XVI, Bd. 1: Turgot (das.
1877);
Neymarck, et ses doctrines (das. 1885, 2 Bde.);
kleine BiographienvonL.Say (das. 1888) und Robineau (das. 1889).
(Augusta Taurinorum), Hauptstadt der gleichnamigen ital. Provinz, bis 1861 Hauptstadt des KönigreichsSardinien
[* 30] und bis 1865 des KönigreichsItalien,
[* 31] liegt 239 m ü. M., in einer herrlichen, ostwärts von den Höhen der montferratischen
Berge begrenzten Ebene. Die Lage ist für kriegerischen wie friedlichen Verkehr hervorragend günstig, denn es geht
hier die obere piemontesische Ebene mit den dort vereinigten Straßen durch die Verengerung von Turin in die mittlere und untere
Poebene über, so daß hier der Verkehr zwischen beiden Ebenen, den das Bergland von Montferrat sonst hindern würde, vermittelt
wird.
Die hervorragenden Monumentalbauten sind nicht die Kirchen, sondern
die Paläste, welche mit Ausnahme des PalazzoMadama auf der PiazzaCastello (von 1416) meist einer spätern
Zeit angehören (17. und 18. Jahrh.). Dazu gehören das königliche Schloß auf der Nordseite der PiazzaCastello (1660 erbaut),
mit den Reiterstatuen von Kastor und Pollux und dem Reiterbild des HerzogsViktor Amadeus I. (im Vestibül),
der königlichen Bibliothek (50,000 Bände, 2000 Manuskripte), einer reichen Sammlung von Handzeichnungen (über 20,000 Stück)
und Münzen,
[* 38] der berühmten königlichen Rüstkammer (armeria reale), einem schönen Schloßgarten und, hieran anstoßend,
einem zoologischen Garten;
[* 39]
das Universitätsgebäude
(von 1713), das Stadthaus (von 1665), der Palazzo delle due Torri, das Teatro regio (von 1738) und das Teatro Carignano (von
1787), wozu neuerdings der Zentralbahnhof (1865-68 von Mazzucchetti erbaut), die Galleria Industriale und mehrere kleinere
Theater
[* 40] hinzugekommen sind.
Unter den 40 Kirchen von Turin zeichnen sich aus: die KathedraleSan Giovanni, ein
Renaissancebau mit der schwarzmarmornen Grabkapelle del Sudario (1657-1694 von Guarini erbaut);
die KirchenBeata Vergine della
Consolazione (1679 ausgeführt), San Filippo (1714 vollendet), Corpus Domini (von 1753), die Kuppelkirche San Massimo, die RotundeGran
[* 41] Madre di Dio (1818-49 erbaut) und die protestantische Kirche (tempio Valdese, 1851 erbaut).
Turin ist außerordentlich
reich an Denkmälern, welche das savoyische Haus, die Staatsmänner und großen Geister
Unter den öffentlichen Spaziergängen sind namentlich der Nuovo Giardino pubblico, woran sich der botanische
Garten und das malerische Castel del Valentino anschließen, und von wo eine Kettenbrücke aufs rechte Ufer des Po führt, der
Schloßgarten mit dem zoologischen Garten und der Giardino di Città anzuführen. Der schönste Punkt der
weitern Umgegend ist die 678 m hoch gelegene, seit 1884 durch eine Drahtseilbahn zugängliche
prachtvolle Klosterkirche La
Superga mit der königlichen Familiengruft und herrlicher Aussicht auf die Alpen.
[* 48]
Stadt im russisch-sibir. GouvernementTobolsk, an der Mündung der Jalimka in die Tura, hat eine
Kirche, ein Nonnenkloster und (1885) 4658 Einw., welche ansehnliche
Gerberei betreiben.
1) Daniel Gottlob, ausgezeichneter Organist und Musiktheoretiker, geb. zu Klaußnitz bei Chemnitz,
[* 53] besuchte die Kreuzschule in Dresden,
[* 54] 1772 die UniversitätLeipzig,
[* 55] wo er unter Hiller die schon früher
begonnenen Musikstudien fleißig fortsetzte, wurde 1776 Kantor an der Ulrichskirche in Halle,
[* 56] 1779 Universitätsmusikdirektor
und 1787 Organist an der Frauenkirche; starb daselbst. Seine theoretischen und didaktischen Werke sind: »Von den
wichtigsten Pflichten eines Organisten« (Leipz. u. Halle 1787, neue Ausg. 1838);
»Klavierschule«, mit kritischen Anmerkungen
(das. 1789);
»KurzeAnweisung zum Generalbaßspielen« (das. 1791; 5. Aufl.
von Naue, 1841);
Kammerjunker und Justizrat in Neustrelitz.
[* 60] Seit 1800 mit Schulsachen betraut, faßte er für diese entschiedene Vorliebe, besonders
seit einer Reise durch Deutschland und die Schweiz mit längerm Aufenthalt bei Pestalozzi (1804). Er folgte 1805 einem Ruf als
Justiz- und Konsistorialrat nach Oldenburg,
[* 61] legte aber wegen der Schwierigkeiten, denen seine pädagogischen
Bestrebungen begegneten, sein Amt 1808 nieder und widmete sich anfangs als GehilfePestalozzis zu Yverdon, dann als Leiter einer
selbständigen Anstalt in Vevay der Erziehung. 1815 als Regierungs- und Schulrat nach Frankfurt
[* 62] a. O. berufen, 1816 nach Potsdam
[* 63] versetzt, reorganisierte er das Schul- und Seminarwesen der Mark in PestalozzisSinn. 1833 legte er seine
Stelle nieder, um sich der Leitung einer von ihm gegründeten Zivilwaisenanstalt zu widmen, und starb in Kleinglienecke
bei Potsdam. Auch um Einführung des Seidenbaues in Deutschland hat er sich verdient gemacht. Türks zahlreiche Schriften haben
seiner Zeit Aufsehen erregt, sind aber jetzt überholt worden.
Vgl. »Leben und Wirken des Regierungsrats
W. v. Türk, von ihm selbst niedergeschrieben« (Potsd. 1859).
Mit Ausnahme der Jakuten sind die Türken durchweg Anhänger des Islam, alle sind trotz der vielfachen Eroberungen nomadisierende
Hirten geblieben, die sich aber bei gebotener Gelegenheit in räuberische Kriegshorden verwandelten. Gegenwärtig versteht
man unter Türken gewöhnlich die Osmanen (Osmanly) und bezeichnet die von ihnen eroberten und beherrschten
Länder als Türkei
[* 65] oder türkisches Reich.
Stadt im asiatisch-russ. Generalgouvernement Turkistan, ProvinzSir Darja, an der Poststraße nach Orenburg,
mit (1881) 6700 Einw. Die alte Moschee Asret war bis zur Eroberung der Stadt durch die Russen (1864) ein
in hohem Ruf stehender Wallfahrtsort der Mohammedaner.
(Kalait, Agraphit, Johnit), Mineral aus der Ordnung der Phosphate, findet sich amorph in Trümern
oder Adern, nierenförmig und stalaktitisch, auch derb, eingesprengt und als Gerölle, ist blau oder grün, undurchsichtig,
wenig glänzend, Härte 6, spez. Gew. 2,62-2,80,
besteht aus wasserhaltiger phosphorsaurer Thonerde Al2P2O8 + H6A2O6 + 2H2O ^[Al2P2O8 + H6A2O6
+ 2H2O] mit etwas Eisen und Kupfer, letzteres als färbendes Prinzip. Der orientalische Türkis, der in Adern,
Thonschiefer durchsetzend, zu Nischapur und Mesched in Persien
[* 70] (s. Tafel »Edelsteine«,
[* 71] Fig. 8) und im Porphyr des Megarathals in
Arabien vorkommt, war ein im Mittelalter als glückbringendes Amulett hochgeschätzter und ist auch jetzt ein vielbenutzter
Edelstein, aber von geringem Wert.
Sprache
[* 75] und Litteratur. Die türkische oder osmanische (türk. Osmanli) Sprache gehört
zur türkisch-tatarischen Abteilung der großen uralaltaischen Sprachenfamilie (s. d.).
Im weitern Sinn bezeichnet man alle Sprachen dieser Abteilung, die bis zur Lena in Sibirien reichen und sehr nahe miteinander
verwandt sind, als türkische; gewöhnlich versteht man aber im engern Sinn die Sprache der Osmanen, d. h. der europäischen
und kleinasiatischen (anatolischen) Türken, darunter. Die beiden charakteristischen Eigentümlichkeiten
des uralaltaischen Sprachstammes, die Agglutination und die Vokalharmonie (s. d.), treten im Türkischen in
¶
mehr
kräftigster Weise hervor. Erstere ermöglicht namentlich die Bildung einer bedeutenden Menge von Konjugationen, wobei der Stamm
des Verbums stets unverändert an der Spitze des Wortes stehen bleibt. So heißt sev-mek »lieben«, sev-isch-mek »einander
lieben«, sev-isch-dir-mek »einander lieben machen«, sev-isch-dir-il-mek
»einander lieben gemacht werden«, sev-isch-dir-il-me-mek »nicht
einander lieben gemacht werden« etc. Während so der grammatische
Bau rein uralaltaisch ist, hat der Wortschatz eine mannigfache Versetzung mit europäischen, namentlich aber mit arabischen
und persischen Sprachelementen erfahren.
Die natürliche Folge dieser Vermischung mit fremden Sprachelementen ist eine beträchtliche Verminderung des ursprünglichen
türkischen Wortschatzes gewesen. Ihr Alphabet haben die Türken von den Arabern entlehnt, den 28 arabischen
Konsonantenzeichen aber fünf neue Konsonanten hinzugefügt, von denen drei ihnen mit den Persern gemein sind, einer rein
persisch und einer rein türkisch ist. Wie die Araber und Perser, schreiben und lesen die Türken von rechts nach links.
In der Schrift und im Druck werden die Zeichen des Alphabets in verschiedener Weise kalligraphisch gemodelt.
Es gibt daher besondere Schriftgattungen für den Bücherdruck, die Fermane (amtlichen Erlasse), die Poesie, den Briefverkehr
(Kursivschrift) etc.
Vgl. Grimm, Über die Stellung, Bedeutung und einige Eigentümlichkeiten der osmanischen Sprache (Ratib.
1877, Schulprogramm);
ferner die Grammatiken von Redhouse (»Grammaire raisonnée de la langue ottomane«,
Par. 1846; »Simplified grammar«, Lond.
1884) und Kazem Beg (deutsch von Zenker, Leipz. 1848),
die zur praktischen Erlernung der Sprache dienenden Handbücher von Bianchi
(»Guide de la conversation en français et en turc«, Par. 1839),
Wells (»A practical grammar of the Turkish language«,
Lond. 1880),
A. Müller (»TürkischeGrammatik«, Berl. 1889) u. a. und die Wörterbücher von
Meninski (»Thesaurus linguarum orientalium«, Wien
[* 77] 1660; 2. Ausg., das. 1780, 4 Bde.),
Kieffer und Bianchi (»Dictionnaire-turc-français«, 2 Tle., 2. Aufl., Par. 1850),
von Bianchi (»Dictionnaire français-turc à
l'usage des agents diplomatiques«, 2. Aufl., das.
1843-46, 2 Tle.),
ein bequemes Handbuch Vambérys
»Deutsch-türkisches Handwörterbuch« (Konstantinop.
1858).
Für Reisezwecke dienen Finks »TürkischerDragoman« (2. Aufl., Leipz. 1879) und Heintzes »Türkischer Sprachführer« (das. 1882).
Die beste Chrestomathie ist diejenige von Wickerhausen (Wien 1853), für Anfänger recht praktisch die von Dieterici (Berl.
1854, mit grammatischen Paradigmen und Glossar).
Wie den Islam, haben die Türken auch ihre geistige Bildung durch die Araber und Perser erhalten. Die türkische
Litteratur bietet uns daher wenig Originelles dar, sie ist vielmehr größtenteils eine Nachahmung persischer und arabischer
Muster. Eins der ältesten poetischen Denkmäler der osmanischen Sprache ist das »Bâz nâmeh«, ein Gedicht über die Falknerei,
welches Hammer-Purgstall mit
einem neugriechischen und mitteldeutschen von ähnlichem Inhalt zusammen unter dem Titel: »Falknerklee«
herausgegeben und übersetzt hat (Pest 1840). Die osmanischen Dichter sind sehr zahlreich; Hammer-Purgstall hat in seiner »Geschichte
der osmanischen Dichtkunst« (Pest 1836-38, 4 Bde.) uns allein 2200 Dichter mit Proben
aus ihren Werken und kurzen biographischen Notizen vorgeführt. Hier heben wir nur die hauptsächlichsten
hervor. Vor allen ist Lami (s. d.) zu nennen, wohl der fruchtbarste unter den osmanischen Dichtern
(gest. 1531) und besonders durch seine vier großen epischen Gedichte berühmt.
Ein sehr selbständiger Dichter ist Fasli, der unter Soliman d. Gr. lebte und 1563 starb. Sein allegorisches
Gedicht »Gül u Bülbül« (»Rose und Nachtigall«, deutsch von Hammer-Purgstall, Pest 1834) ist unter allen türkischen Gedichten
europäischem Geschmack am meisten entsprechend. Der größte Lyriker der Osmanen ist Baki (gest. 1600),
dessen »Diwan« Hammer-Purgstall
(Wien 1825, wozu noch zu vergleichen »Geschichte der osmanischen Dichtkunst«, Bd. 2, S. 360 ff.)
deutsch herausgegeben hat. Die Osmanen selbst haben eine erhebliche Anzahl von Blumenlesen aus ihren Dichtern
zusammengestellt. Die größte unter denselben ist »Subdet-ul-esch'âr«
(»Creme der Gedichte«) von Mollah Abd ul hajj ben Feisullah, genannt Kassade (gest. 1622),
eine Übersetzung der
persischen Bearbeitung der Fabeln des Bidpai von Ali Tschelebi;
ferner das »Tutinâme« (»Papageienbuch«)
des SariAbdallah, ebenfalls aus dem Persischen (gedruckt Bulak 1838, Konstantinop. 1840; übers.
von G. Rosen, 2 Bde., Leipz. 1858, und
Wickerhauser, Hamb. 1863);
die aus dem Arabischen übersetzten Geschichten der vierzig Wesire von ScheichSade (türkisch hrsg.
von Belletête, Par. 1812; deutsch von Behrnauer, Leipz. 1851).
ebenso ein Volksschauspiel
(»Ortaojunu«, Budapest 1888, türk. u. ungar.).
Zahlreich und charakteristisch sind die türkischen Sprichwörter, von denen eine beliebte Sammlung Schinasi
veranstaltet hat (gedruckt Konstantinop. 1863 u. öfter);
eine andre ist von der Wiener orientalischen Akademie herausgegeben worden (»Osmanische Sprichwörter«, Wien 1865, mit deutscher
und franz. Übersetzung); »1001 proverbes turcs«
übersetzte Decourdemanche (Par. 1878). Für die Geschichte ihres Reichs haben die Osmanen viel Material
zusammengetragen. Ihre Reichsannalen beginnen mit dem Ursprung des osmanischen Herrscherhauses und reichen bis in die Gegenwart.
Die Verfasser derselben sind: Saad ed
¶
mehr
din, dessen Annalen bis 1522 reichen (bis Murad I., türkisch und lateinisch hrsg. von Kollar, Wien 1750);
Naima Efendi, von 1591 bis 1659 (Konstantinop.
1734, 2 Bde.; 1863, 6 Bde.;
engl. von Fraser, Lond. 1832, 2 Bde.);
Raschid, von 1660 bis 1721 (Konstantinop. 1741, 3 Bde.;
1865);
Tschelebisade, von 1721 bis 1728 (das. 1741);
Sami, Schakir und Sübhi, von 1730 bis 1743 (das.
1784);
Izzi, von 1744 bis 1752 (das. 1784);
Waßif, von 1752 bis 1773 (das. 1805, 2 Bde.,
und Kairo
[* 81] 1827 u. 1831);
Dschewdet, von 1774 bis 1825 (Konstantinop. 1855-84, 12 Bde.;
Bd. 1-8, neue Ausg., das.
1886);
Aßim, von 1787 bis 1808 (das. 1867);
Lutfi, von 1832 bis 1838 (das. 1873-85).
Eine Art Zusammenfassung und Ergänzung
zu den Reichsannalen bildet die große »Geschichte der osmanischen Dynastie«
von Cheirullah Efendi (15 Bde., Konstantinop.
1853-69; Bd. 1-10 in neuer Ausg.,
das. 1872). Ein großer Teil des in diesen Reichsannalen niedergelegten historischen
Materials ist von Hammer-Purgstall in seiner »Geschichte des osmanischen Reichs« verarbeitet worden; daneben fehlt es nicht
an zahlreichen Einzelschriften, wie des Kemâlpaschasâde »Geschichte des Feldzugs von Mohácz« (türk. u. franz. von Pavet de Courteille,
Par. 1859). Die neuern türkischen Geschichtschreiber hat v.
Schlechta-Wssehrd (»Die osmanischen Geschichtschreiber der neuern Zeit«,
Wien 1856) behandelt. Als einer der gelehrtesten Historiker der Türken ist noch Hadschi Khalfa zu erwähnen. Er schrieb das
»Takwim-ut-tewarich« (»Tafel
der Geschichte«, Konstantinop. 1733) und das »Tochfet-ul-kibâr«
(»Geschenk der Großen«),
Auf dem Gebiet der Lexikographie haben die Türken ihre eigne Sprache vernachlässigt, desto eifriger aber das Arabische, das
bei ihnen die Gelehrtensprache ist, und das Persische bearbeitet. Zu nennen sind hier: Wânkûlis Übersetzung
des arabischen Wörterbuchs von Dschauhari (Konstantinop. 1803, 2 Bde.);
Das zu Konstantinopel
[* 85] 1742 in 2 Bänden erschienene persisch-türkische Wörterbuch »Ferheng-i Schu'uri« ist
durch seine zahlreichen Citate aus persischen Dichtern besonders wichtig. Es existieren ferner eine Reihe sachlicher und grammatischer
Kommentare zu den beliebtesten persischen Dichterwerken, wie
die Kommentare des Sudi zu Saadis »Gulistan« (Konstantinop.
1833) und zu den Gedichten des Hafis (Kairo 1834, 3 Bde.; zum Teil von H. Brockhaus seiner Ausgabe der Gedichte des Hafis, Leipz.
1855-63, beigefügt),
des Ismael Hakki zu dem »Pendnâme« des Ferid ed din Attar (Kairo 1834) und zu dem »Mesnewi« des Dschelâl
ed din Rumi (das. 1836, 6 Bde.).
Die Medizin ist in neuerer Zeit durch außerordentlich zahlreiche Schriften vertreten, welche zeigen, daß die türkischen
Ärzte mehr und mehr den Forschungen ihrer westlichen Kollegen Rechnung zu tragen bemüht sind. Die eigentliche türkische
Jurisprudenz ruht auf der festen Grundlage des Korans und der Sunna. An den türkischen Akademien wird sie
neben der Theologie des Islam am meisten kultiviert.
Viele juristische Werke sind auch bereits durch den Druck veröffentlicht, so: große Sammlungen der sogen. Fetwas, gerichtlicher
Entscheidungen in schwierigen Fällen, der sogen. Sakks, Urkunden oder Formulare für alle möglichen Fälle der Gerichtsordnung,
das Strafgesetzbuch etc. In neuerer Zeit haben die Berührungen mit dem
Abendland eine von der islamitischen Tradition unabhängige Nebengesetzgebung erzwungen, die mehr und mehr auf das Gebiet des
echten islamitischen Rechts übergreift, wenn sie auch zunächst auf die Erfordernisse des internationalen Verkehrs (Handelsgesetzbuch,
Zollreglements u. dgl.; Verträge aller Art; Verfassungsurkunden und sonstige diplomatische Aktenstücke) zugeschnitten ist.
Mit der juristischen Litteratur steht auch bei den Türken die religiös-dogmatische in enger Verbindung;
doch wird für dieses Gebiet die arabische Sprache vorgezogen, so daß sich in türkischer hauptsächlich populäre, zum Teil
katechismusartige Schriften geringern Wertes finden. Sehr beliebt ist von diesen der Abriß der Glaubenslehre von MohammedPirAli el Birgewi (Konstantinop. 1802 u.
öfter; franz. von Garcin de Tassy, Par. 1822); erwähnenswert auch der mystische Traktat »Die Erfreuung der Geister« von Omar
ben Suleiman (hrsg. u. übers.
vonL.Krehl, Leipz. 1848). Die Bibel
[* 86] ist mehrere Male ins Türkische übersetzt worden, so das Neue Testament von Redhouse (Lond.
1857, Bibelgesellschaft) und Schauffler (Konstantinop. 1866), Teile des Alten Testaments von Schauffler
(5 Bücher Mosis, Wien 1877; Jesaia, das. 1876; Psalmen, Konstantinop. 1868). Eine vollständige türkische Bibel erschien Paris 1827 (für
die englische Bibelgesellschaft).
Eine mangelhafte Übersicht über das ganze geistige Leben der Türken gab Toderini in seiner »Letteratura turchesca« (Vened.
1787, 3 Bde.; deutsch von Hausleutner, Königsb.
1790, 2 Bde.).
Redhouse, On the history, system and varieties of
Turkish poetry (Lond. 1879).
Eine den jetzigen Ansprüchen genügende Darstellung der ganzen türkischen Litteratur fehlt (vgl. indes
den Artikel von Gibb u. Fyffe in der »Encyclopaedia
britannica«, 9. Ausg., Bd.
23);
zum Ersatz muß man sich an Zenkers »Bibliotheca orientalis« (Leipz.
1846-61, 2 Bde.) und an die Kataloge der größern Handschriftensammlungen halten (besonders Pertsch, Die türkischen Handschriften
der Bibliothek zu Gotha,
[* 87] Wien 1864; Flügel, Die arabischen, persischen und türkischen Handschriften der
Hofbibliothek zu Wien, das. 1865-67, 3 Bde.; Rieu,
The Turkish manuscripts in the British Museum,
¶