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die Tischreden (»Table-talk«) des englischen Dichters S. Tischreden Coleridge (s. d.) verdienen Erwähnung.
die Tischreden (»Table-talk«) des englischen Dichters S. Tischreden Coleridge (s. d.) verdienen Erwähnung.
(Tisri, hebr.), der erste Monat des bürgerlichen und der siebente des Festjahrs der Juden, hat 30 Tage und fällt meist in den September unsers Jahrs.
Der 1. und 2. Tischri ist jüdisches Neujahr, der 10. Versöhnungstag, 15. bis 22. Laubhüttenfest.
und Tischklopfen. Mit ersterm Wort bezeichnet man die drehende und fortrückende Bewegung, in welche ein Tisch versetzt wird, wenn mehrere um den Tisch herum sitzende oder stehende Personen ihre Hände darauf legen, wobei durch Berührung der kleinen Finger eine Art von Kette gebildet wird. Versuche dieser Art wurden zuerst in den Vereinigten Staaten [* 2] von Nordamerika [* 3] gemacht (s. Spiritismus); nachdem aber ein Aufsatz in der »Allgemeinen Zeitung« vom davon Kunde gegeben, wurde das Tischrücken auch diesseit des Atlantischen Ozeans fast allerorten in Gesellschaften mit Erfolg versucht, erregte großes Aufsehen und beschäftigte eine Zeit hindurch Gelehrte und Ungelehrte.
Damit verband sich bald das sogen. Tischklopfen, ein Frag- und Antwortspiel, bei welchem der Tisch durch Erheben und Aufstampfen eines Fußes je nach Abrede Ja oder Nein, die Buchstaben des Alphabets oder die Zahlen bezeichnen mußte. Ähnliche Künste waren schon bei Griechen und Römern im Gebrauch, indem man zur Erforschung der Zukunft geweihte Dreifüße in Bewegung brachte, und unter dem Kaiser Valens gab ein derartiges Verfahren den Anlaß zu großartigen Zaubereiprozessen.
Auch im jetzigen China [* 4] und Indien sind entsprechende magische Operationen seit uralten Zeiten im Gebrauch. Da nun die Antworten auf vorgelegte Fragen nur von einer intelligenten Macht gegeben werden können, so schrieb man sie und bald auch das gesamte Tischrücken der Einwirkung von Geistern zu. Eine Reihe von Halbgelehrten suchte nach greifbarern Kräften, und in einer unendlichen Broschürenlitteratur wurden bald die Elektrizität, [* 5] bald der Magnetismus, [* 6] bald das Nervenfluidum oder das »magische Geisteswirken« für diese Erscheinungen verantwortlich gemacht, während andre alles für plumpen Betrug ansahen.
Faraday zeigte, daß beide Annahmen falsch seien und beim Tischrücken lediglich Selbsttäuschung im Spiel sei, insofern, wie er durch zu diesem Zweck von ihm konstruierte Dynamometer [* 7] bewies, Personen, die ihre Hände auf den Tisch legen, bald beginnen, im Sinn sogen. ideomotorischer Bewegungen (s. d.) unbewußt einen beträchtlichen Druck auszuüben, der nur in eine bestimmte Richtung gelenkt zu werden braucht, um selbst schwere Tische in Gang [* 8] zu bringen. Die Spiritisten halten natürlich an ihrer Theorie fest, und ihre herumreisenden Apostel lassen es auch nicht mehr bei dem Tischrücken bewenden, sondern pflegen (wie z. B. Home und Slade) am Schluß ihrer Sitzungen schwebende und fliegende Tische zu zeigen (vgl. Spiritismus).
Die schreibenden Tischchen (s. Psychograph) werden durch die aufgelegte Hand [* 9] einzelner Personen (Medien) in Bewegung gebracht, und zu Guadalupe erschien 1853 die in dieser Weise von einem Stuhl verfaßte Novelle »Juanita«. Noch in neuerer Zeit hat sich Crookes bemüht, experimentell zu beweisen, daß die »Medien« thatsächlich im stande seien, eine Verminderung, resp. Gegenwirkung der Schwerkraft zu leisten.
Vgl. Crookes, Der Spiritualismus und die Wissenschaft (Leipz. 1873);
Wallace, Eine Verteidigung des modernen Spiritualismus (das. 1875).
Benvenuto, Maler, s. Garofalo. ^[= (eigentlich Benvenuto ), ital. Maler, geb. 1481 zu Ferrara, lernte seit 1491 bei D. Panetti ...]
eine der Erinnyen [* 10] (s. d.). ^[= (Erinyen, Eumeniden, lat. Furien), die Rachegöttinnen der Alten, die "Zürnenden", ...]
s. Tischri. ^[= (hebr.), der erste Monat des bürgerlichen und der siebente des Festjahrs der Juden, ...]
(spr. -ssangdjeh), Gaston, Gelehrter, geb. zu Paris, [* 11] widmete sich vorwiegend der Chemie und leitete 1864-74 das Versuchslaboratorium der Union nationale. In dieser Zeit beschäftigte er sich auch mit meteorologischen Arbeiten, und 1868 unternahm er von Calais [* 12] aus mit Dufour seine erste Luftballonfahrt. Seitdem stieg er mit seinem Bruder Albert mehr als 20mal auf, entwich auch 1870 mittels eines Ballons aus dem belagerten Paris und machte 1875 mit Croce-Spinelli und Sivel zwei Fahrten, von denen die eine 23 Stunden dauerte und die andre, wesentlich zum Zweck spektroskopischer Untersuchungen unternommen, in eine Höhe von 8600 m führte und den beiden Begleitern Tissandiers das Leben kostete. Tissandier ist Vizepräsident der französischen Luftschiffergesellschaft und Professor des Polytechnischen Vereins. Er schrieb außer vielen Beiträgen für die 1873 von ihm gegründete Zeitschrift »Nature«: »L'eau« (1867, 4. Aufl. 1878);
»La houille« (1869);
»Les fossiles« (1874);
»Merveilles de la photographie« (1874);
»Voyages aériens« (1870; deutsch in Masius' »Luftreisen«, Leipz. 1872);
»En ballon pendant le siége de Paris« (1871);
»Simples notions sur les ballons« (1876);
»L'héliogravure« (1875);
»Histoire de la gravure typographique« (1875);
»Histoire de mes ascensions« (1878);
»Le [* 13] grand ballon captif à vapeur de M. Giffard« (1879);
»Les martyrs de la science« (1879);
»Observations météorologiques en ballon. Resumé de 25 ascensions aérostatiques« (1879);
»Histoire des ballons et des aéronautes célèbres« (1887) etc.
pers. Satrap in Lydien, schloß 413 v. Chr. mit den Spartanern ein Bündnis, stand im Streit zwischen Artaxerxes Mnemon und seinem Bruder Kyros auf des Königs Seite, ließ nach der Schlacht bei Kunaxa 401 die Anführer des griechischen Hilfsheers hinterlistig ermorden und erhielt deshalb eine Königstochter zur Ehe und die Statthalterschaft des im Kampf gefallenen Kyros. Als er die ionischen Städte in Kleinasien dem König zu unterwerfen versuchte, riefen jene die Spartaner zu Hilfe, und er ward von diesen unter Agesilaos 395 am Paktolos besiegt und infolgedessen seiner Strategie entsetzt. Sein Nachfolger Tithraustes ließ ihn später hinrichten.
(spr. tiß'rāng), Félix, Astronom, geb. studierte seit 1863 an der Normalschule in Paris, promovierte 1868, trat als Adjunkt in die Sternwarte [* 14] ein und wurde bei der Reorganisation des astronomischen Dienstes durch Leverrier 1873 zum Direktor des Observatoriums und zum Professor der Astronomie [* 15] in Toulouse [* 16] ernannt. 1874 ging er mit Janssen nach Japan zur Beobachtung des Durchganges der Venus durch die Sonne [* 17] und 1882 zu demselben Zweck nach Martinique. Er schrieb: »Note sur l'interpolation« (1869);
»Détermination des orbites des planètes 116 et 117« (1871);
»Sur la recherche de la planète perdue 99« (mit Loewy, 1872);
»Sur le mouvement des planètes autour du soleil d'après la loi électrodynamique de Weber« (1872);
»Sur les étoiles filantes« (1873);
»Observations des taches du soleil à Toulouse en 1874 et 1875« (1876);
»Traité de mécanique céleste« (1888 ff.) etc.
ein von Tissier zu Paris zuerst angewandtes Verfahren, Kupferstiche auf den lithographischen Stein überzudrucken und die Zeichnung hoch zu ätzen, um dieselbe in der Buchdruckpresse gleichzeitig mit Typensatz drucken zu können. Der Stein wird auf die Höhe der Buchdrucklettern ¶
zugerichtet, der Überdruck in gewöhnlicher Weise (s. Typolithographie) gemacht und dieser mit einer Mischung von rektifiziertem Holzessig, Salzsäure und Alkohol so lange geätzt, bis die erforderliche Tiefe erlangt ist, wobei die Zeichnung während des Tieferätzens an den Seiten durch Firnislagen vor dem Unterfressen durch das Ätzwasser geschützt werden muß.
(spr. -sso), 1) Simon (Samuel) André, Arzt, geb. zu Grancy bei Lausanne, [* 19] studierte in Genf [* 20] und Montpellier, [* 21] ließ sich als Arzt in Lausanne nieder, leitete 1780-83 die Klinik in Pavia und starb in Lausanne. Von seinen Schriften (Laus. 1783-95, 15 Bde.; Par. 1809, 8 Bde.; deutsch, Leipz. 1784, 7 Bde.) sind besonders die populären hervorzuheben: »L'onanisme« (Laus. 1760, fast in alle europäischen Sprachen übersetzt) und »Avis au peuple sur sa santé« (das. 1761).
Vgl. Eynard, La vie de S. A. Tissot (Par. 1839).
2) Pierre François, franz. Schriftsteller, geb. zu Versailles, [* 22] ein eifriger Revolutionär und später ein Parteigänger Napoleons, widmete sich seit 1799 ganz der Litteratur, hielt seit 1810 am Collège de France vielbesuchte Vorlesungen über lateinische Poesie, welche 1821 verboten wurden, schrieb unter der Restauration für die Tagesblätter: »Constitutionnel«, »Minerve«, »Pilote«, »Gazette de France«, von denen er letzteres auch dirigierte, nahm 1830 seine Vorlesungen wieder auf, erhielt 1833 einen Sitz in der Akademie und starb Seinen zahlreichen Schriften fehlte es weder an der eleganten Form noch an bedeutendem Inhalt; nur leiden sie öfters an Oberflächlichkeit. Am meisten gerühmt werden seine »Études sur Virgile, comparé avec tous les poètes épiques et dramatiques des anciens et des modernes« (Par. 1825-30, 4 Bde.; 2. Aufl. 1841, 2 Bde.). Außerdem schrieb er: »Bucoliques de Virgile, traduites en vers« (1800);
»Trophées des armées françaises depuis 1792 jusqu'en 1815« (1819, 6 Bde.);
»De la poésie latine« (1821);
»Poésies érotiques« (1826, 2 Bde.);
»Souvenirs historiques sur Talma« (1826);
»Histoire complète de la Révolution française« (1833-36, 6 Bde.);
»Histoire de Napoléon« (1833, 2 Bde.) u. a. Die »Mémoires de Carnot« gab er nach dessen Manuskripten heraus (1824).
3) Victor, franz. Schriftsteller, geb. 1845 zu Freiburg [* 23] in der Schweiz, [* 24] war längere Zeit Hauptredakteur der »Gazette de Lausanne« und ließ sich 1874 in Paris nieder. Von hier aus bereiste er Deutschland [* 25] und Österreich [* 26] und veröffentlichte über diese Länder seine in Frankreich von der Lesewelt verschlungenen Schmähschriften: »Voyage au pays des milliards« (1875),
»Les Prussiens en Allemagne« (1876) und »Voyage aux pays annexées« (1876) sowie »Vienne et la vie viennoise« (1878),
denen sich später anschlossen: »Les mystères de Berlin« [* 27] (1879),
»Voyage au pays des Tziganes« (1880),
»La Russie rouge« (Roman, 1880),
»L'Allemagne amoureuse« (1884),
»La police secrète prussienne« (1884),
(Dextringummi), s. Dextrin. ^[= (Dextringummi, Stärkegummi, Gommeline, künstliches Gummi, Dampfgummi) C6H10O5, ein zur Gruppe ...]
(spr. tissa), 1) Koloman Tisza von Borosjenö, ungar. Staatsmann, geb. zu Geszt im Biharer Komitat aus einer reichbegüterten adligen calvinistischen Familie, studierte die Rechte und ward 1855 zum Hilfskurator des Szalontaer helvetischen Kirchendistrikts gewählt. Er trat bei der durch das Protestantenpatent vom hervorgerufenen Bewegung zuerst als öffentlicher Redner auf, ward 1861 für Debreczin [* 28] Mitglied des Reichstags, schloß sich hier der Beschlußpartei an und übernahm 1865 mit Ghyczy die Führung des linken Zentrums, bildete jedoch 1875, als die Deákpartei infolge persönlicher Zerwürfnisse und der finanziellen Verwirrung zerfiel, eine neue »liberale Partei« aus dem größten Teil der Deákpartei und dem linken Zentrum, welche, da sie die Majorität besaß, die Regierung übernahm. Tisza trat in das neue Ministerium Wenkheim ^[richtig: Wenckheim (= Béla Wenckheim, 1811-1879)] als Minister des Innern ein, übernahm aber nach dem glänzenden Sieg der neuen Partei bei den Reichstagswahlen den Vorsitz im Kabinett, welches er mit staatsmännischem Geschick leitete. Er verstand es mit großer Geschicklichkeit, die Ungarn [* 29] für den neuen Ausgleich mit Österreich günstig zu stimmen, die Besorgnisse und Klagen über die Orientpolitik Andrássys zu beschwichtigen, die Abneigung gegen die Okkupation Bosniens zu vermindern und die Mehrheit des Reichstags immer wieder um sich zu scharen.
Hierdurch erlangte er auf die Politik der Gesamtmonarchie großen Einfluß und freie Hand für die rücksichtslosen Maßregeln zur Magyarisierung Ungarns, welche zu den schreiendsten Ungerechtigkeiten, so gegen die siebenbürgischen Sachsen, [* 30] führten. Bei allen Neuwahlen behauptete er die Mehrheit, und selbst die Finanzschwierigkeiten erschütterten seine Stellung nicht. Im Februar 1887 vertauschte er selbst das Innere mit dem Finanzportefeuille.
Vgl. Visi, Koloman Tisza (Budapest [* 31] 1886).
2) Ludwig, Graf Tisza de Szeged, Bruder des vorigen, geb. zu Geszt, ward 1861 Mitglied des Reichstags, 1867 Obergespan des Biharer Komitats, 1871-73 Kommunikationsminister, nach der Katastrophe von Szegedin [* 32] (1879) zum königlichen Kommissar für dessen Wiederaufbau ernannt und nach der Vollendung desselben 1883 in den Grafenstand erhoben.
(spr. tíssa-éßlar), Großgemeinde im ungar. Komitat Szábolcs, an der Theiß, mit (1881) 2175 meist ungar. Einwohnern, bekannt durch den im Sommer 1883 geführten Prozeß gegen mehrere jüdische Einwohner, die beschuldigt wurden, ein Christenmädchen, Esther Solymossy, rituell geschlachtet zu haben;
die Angeklagten wurden vom Gericht in Nyiregyháza freigesprochen.
(spr. tissa-), Markt im ungar. Komitat Heves, unweit der Theiß, mit reform. Pfarrei, (1881) 6846 ungar. Einwohnern und regem Gewerbfleiß, erlangte als einziger Übergangspunkt an der obern Theiß im J. 1849 strategische Wichtigkeit.
Beiname des Helios [* 33] (s. Titanen). ^[= in der griech. Mythologie das dritte Göttergeschlecht, die Söhne und Töchter des Uranos und ...]
Ti, Metall, findet sich mit Sauerstoff verbunden (Titansäureanhydrid) als Rutil, [* 34] Anatas und Brookit, welche drei Mineralien [* 35] aus Titansäureanhydrid bestehen, aber ungleiche Kristallgestalt besitzen, ferner als titansaures Eisenoxydul mit Eisenoxyd im Titaneisenerz, als titansaurer Kalk im Perowskit, als titansaurer Kalk mit kieselsaurem Kalk im Titanit, [* 36] in geringer Menge in vielen Silikaten, in den meisten Eisenerzen, im Basalt und andern Felsarten, in der Ackererde und in den Meteorsteinen.
Aus Fluortitankalium durch Kalium abgeschieden, bildet Titan ein dunkelgraues, schwer schmelzbares Pulver, welches beim Erhitzen an der Luft mit großem Glanz verbrennt und sich leicht in erwärmter Salzsäure löst; das Atomgewicht ist 50,25. Von seinen Oxyden ist Titansäureanhydrid TiO2 , welches auch künstlich in den drei Formen, in denen es in der Natur vorkommt, dargestellt werden kann, am wichtigsten. Titan wurde 1789 von Gregor im Titaneisenerz entdeckt. ¶
(Ilmenit, Kibdelophan, Crichtonit, Washingtonit), Mineral aus der Ordnung der Anhydride, findet sich in rhomboedrischen Kristallen, auf- oder eingewachsen, in Drusen [* 38] und rosettenförmigen Gruppen (Eisenrosen), auch derb in körnigen und schaligen Aggregaten, in einzelnen Körnern (Iserin) oder als Sand (Menaccanit); es ist eisenschwarz, undurchsichtig, mitunter magnetisch, von halb metallischem Glanz; Härte 5-6, spez. Gew. 4,56-5,21. Titaneisenerz wird von einigen als isomorphe Mischung von Titanoxyd mit Eisenoxyd, von andern als titansaures Eisenoxydul mit Eisenoxyd FeTiO3 + nFe2O3 ^[FeTiO3 + nFe2O3] betrachtet.
Ein oft bedeutender Gehalt an Magnesium (bis 14 Proz. MgO) erscheint dann als Vertreter des zweiwertigen Eisens. Titaneisenerz findet sich besonders als mikroskopischer Gemengteil in vielen Gesteinen (Melaphyr, Dolerit, Diabas, Gabbro), kommt auch in Hohlräumen vieler Silikatgesteine und auf sekundärer Lagerstätte vor. Grosse Kristalle [* 39] (bis zu 8 kg schwer) liefern Norwegen [* 40] und Nordamerika, die Eisenrosen stammen vom Gotthard. Sande werden in großer Menge (bis 30 m mächtig) in Kanada gefunden, in geringerer auf der Iserwiese in Böhmen, [* 41] in Cornwallis. Sonstige Fundorte sind: Aschaffenburg, [* 42] Frankfurt, [* 43] Hanau, [* 44] Chemnitz, [* 45] Gastein, Bourg d'Oisans, Mijask etc. Hin und wieder wird Titaneisenerz auf Eisen [* 46] verschmolzen.
in der griech. Mythologie das dritte Göttergeschlecht, die Söhne und Töchter des Uranos und der Gäa: Okeanos, Köos, Kreios, Hyperion, Iapetos und Kronos, sodann Theia, Rhea, [* 47] Themis, Mnemosyne, Phöbe und Tethys. Als Uranos seine Söhne, die Hekatoncheiren (oder Centimanen) und Kyklopen, [* 48] in den Tartaros geworfen, erhoben sich, von Gäa aufgereizt, die Titanen gegen den Vater, entmannten ihn und übergaben dem Kronos die Herrschaft. Gegen diesen und die herrschenden Titanen begann aber später Zeus [* 49] (s. d.) im Verein mit seinen Geschwistern den Kampf.
Derselbe (Titanomachie) wurde in Thessalien geführt, von den Titanen vom Othrys, von den Kroniden vom Olympos herab. Erst nach zehn Jahren siegte Zeus dadurch, daß er die Kyklopen und Hekatoncheiren aus dem Tartaros befreite. Die Titanen wurden hierauf selbst in den Tartaros geworfen und die Hekatoncheiren zu ihren Wächtern gesetzt. Dieser Kampf ist zu unterscheiden von dem der olympischen Götter gegen die himmelstürmenden Giganten (s. d.). In der spätern Mythologie werden alle von den Titanen abstammenden Gottheiten, z. B. Helios, Selene, [* 50] Hekate, [* 51] Prometheus etc., mit diesem Namen bezeichnet, bis man zuletzt Titanen und Giganten identifizierte und der Name Titan nur noch an dem Sonnengott haftete.
Vgl. Schömann, De Titanis Hesiodeis (Greifsw. 1846);
Mayer, Die Giganten und Titanen in der antiken Sage und Kunst (Berl. 1887).
die Elfenkönigin, Gemahlin des Oberon. ^[= (dem deutschen Alberich entsprechend), König der Elfen (s. d.) und Gemahl der kommt ...]
[* 36] (Sphen, Ligurit, Braun- und Gelbmenakerz, Greenovit), Mineral aus der Ordnung der Silikate mit Titanaten etc., findet sich in monoklinen, säulenartigen und tafelförmigen, oft zu Zwillingen verwachsenen Kristallen, auf- oder eingewachsen, auch derb in schaligen Aggregaten. Titanit ist gelb, braun, grün, am seltensten rot, meist undurchsichtig oder durchscheinend, glasglänzend; Härte 5-5,5, spez. Gew. 3,4-3,6. Er besteht aus kieselsaurem und titansaurem Kalk CaSiTiO5 , gewöhnlich mit einem geringen Eisen- und Mangangehalt und findet sich auf Klüften hornblendehaltiger Silikatgesteine, besonders verbreitet aber als accessorischer, bisweilen nur mikroskopisch erkennbarer Bestandteil hornblendehaltiger Gesteine, des Syenits, Phonoliths, Trachyts etc.; auch auf Erzlagerstätten. [* 52] Größere Kristalle kommen vom Gotthard, aus Tirol, [* 53] der Dauphiné und dem Ural. Kleinere gelbe und braune sind mit den genannten Gesteinen weitverbreitet; ferner führen Titanit die Auswürflinge am Laacher See und an der Somma. Die durchsichtigen grünen Varietäten (Sphen) werden mitunter als Schmucksteine verschliffen.
Timothy, Pseudonym, s. Holland ^[= # im weitern Sinn gewöhnlicher Name für das Königreich der Niederlande, im engern Sinne nur ...] 2).
(lat.), Bezeichnung des Amtes, der Würde und des Ranges einer Person, daher Standes-, Ehren-, Amtstitel (s. Titulatur);
ferner bezeichnet Titel Aufschrift eines Buches, Kunstwerkes etc.;
im juristischen Sinn einen gesetzlichen Grund, aus dem jemand ein Recht zusteht (Rechtstitel), sowie die einzelnen Kapitelüberschriften in den Gesetzsammlungen;
im Budget die mit fortlaufenden Nummern bezeichneten Einzelgruppen von Einnahmen und Ausgaben.
Markt im ungar. Komitat Bács-Bodrog, Dampfschiffstation am rechten Theißufer, gegenüber der Begamündung, mit (1881) 3321 serbischen und deutschen Einwohnern, Hafen und Schiffbau. Titel war ehemals der Hauptort des Tschaikistenbataillons.
s. Titre. ^[= (franz., spr. tihtr), s. v. w. Titel (s. d.), dann Urkunde, Schein; der Feingehalt der Münzen ...]
s. Juraformation, ^[= (oft bloß Jura, nach dem gleichnamigen Gebirge so genannt, Oolithgebirge, Terrains jurassiques, ...] [* 54] S. 330.
im griech. Mythus Sohn des Laomedon, Bruder des Priamos und Gemahl der Eos [* 55] (s. d.). Diese raubte ihn wegen seiner außerordentlichen Schönheit und erbat sich von Zeus Unsterblichkeit für ihn. Da sie aber vergaß, zugleich um ewige Jugend für ihn zu bitten, so schrumpfte Tithonos nach und nach ganz zusammen, so daß er sich nicht mehr rühren konnte und nur seine Stimme noch fort und fort wisperte, wie eine Cikade, in welche ihn die spätere Sage auch endlich noch verwandelt werden läßt.
(Laguna de Chucuito), größter Gebirgssee Südamerikas, im südöstlichen Teil von Peru [* 56] und im westlichen Teil von Bolivia, [* 57] zwischen den Küstenkordilleren und den bolivischen Andes, einer der höchst gelegenen Landseen der Erde (3824 m ü. M.), ist 150 km lang, 60 km breit und 8300 qkm (151 QM.) groß, bis zu 218 m tief und sehr fischreich. Der Spiegel [* 58] schwankt je nach den jährlichen Regenmengen (1875-82 fiel er 2,67 m, seitdem ist er abermals im Steigen).
Seine Ufer sind holzlos, meist von Schilfdickichten umgeben, aber reich an prächtigen Grabmälern mit zum Teil vertrockneten Leichen einer ausgestorbenen Menschenrasse. Im N. empfängt der See zahlreiche Bergströme; sein einziger Abfluß und zwar zum Aullagassee (3700 m) ist der schiffbar gemachte Rio [* 59] Desaguadero an der Südwestspitze. Große Landzungen zerschneiden den Titicacasee in mehrere Teile, die nur durch schmale Kanäle miteinander in Verbindung stehen. Er wird mit Dampfbooten befahren und enthält zahlreiche kleine Inseln, von welchen die am südlichen Ende gelegene, zu Bolivia gehörige Insel Titicaca die merkwürdigste ist.
Dieselbe hat eine Menge zum Teil großartiger Überreste altperuanischer Baukunst [* 60] und trug ehedem einen prächtigen und berühmten Sonnentempel, dessen reiche Schätze die Priester bei der Eroberung Perus durch die Spanier in den See versenkt haben sollen. Von hohem Interesse ist der von Alex. Agassiz geführte Nachweis einer marinen Krustaceenfauna in diesem hoch gelegenen Süßwassersee.
Vgl. »Proceedings of the American Academy of Arts and Sciences« (1876);
Pentland, The laguna de Titicaca (Lond. 1848).
(lat.),
eine der drei ältesten Tribus (s. d.) in Rom, [* 61] welche aus den unter Titus Tatius sich mit den Römern vereinigenden Sabinern gebildet wurde. ¶
(»Feuerbrand«),
Gelehrter, s. Brant. ^[= Sebastian (oft auch mit dem lateinischen Gelehrtennamen genannt), berühmter Gelehrter ...]
See im Schwarzwald, östlich vom Feldberg, 849 m ü. M., 2 km lang und 15 m tief;
dabei ein Gasthaus, das als Sommerfrische besucht wird.
das Haupt einer der drei Gebirgsgruppen im östlichen Flügel der Berner Alpen (3239 m), nahezu der Dreiländerstein der Kantone Unterwalden, Uri und Bern. [* 63] Sein Rücken, eine breite, mit ewigem Schnee [* 64] bedeckte Kuppe, heißt der Nollen. Er wurde schon 1739 von Engelberg aus erstiegen und galt längere Zeit als höchste Alpenspitze. Eine kühne Ausstrahlung, die Gadmerflühe (3044 m), wendet sich nach der Aare hin; eine firnbelastete Felsmauer verbindet den Titlis mit den wilden Zacken der Großen und Kleinen Spannörter (3205, resp. 3149 m), die sich nach der Reuß [* 65] hin verzweigen.
Diese ganze Bergwelt ist von der noch großartigern Gruppe des Dammastocks (s. d.) durch den Sustenpaß, von der dritten Gruppe durch die Surenen geschieden. Als Haupt dieser Gruppe ist der Uri-Rothstock (2932 m) von dem Blackenstock (2922 m), dem Engelberger Rothstock (2820 m), den Wallenstöcken (2595 m) und andern Trabanten umstellt, und weiter nach N. hin nehmen Brisen, Ober- und Nieder-Bauen und besonders das Buochser Horn (1809 m) schon voralpines Gepräge an. Dem Buochser Horn gegenüber erhebt sich das Stanser Horn (1900 m), der Schlußpfeiler eines vom Titlis ausstrahlenden Bergzugs, der am Engelberger Joch ansetzt und die Thäler der Engelberger Aa und der Sarner Aa scheidet. Ein Panorama vom Titlis zeichnete Imfeld (Zürich [* 66] 1879).
(franz., spr. tihtr), s. v. w. Titel (s. d.), dann Urkunde, Schein;
der Feingehalt der Münzen [* 67] sowie der Feinheitsgrad der Seide; [* 68]
auch bei der Maßanalyse (s. Analyse, S. 527) gebraucht (Titer).
Daher titrieren, den Feinheitsgrad der Seide feststellen;
eine Maßanalyse ausführen.
s. Analyse, ^[= # Die chemische A. bezweckt die Ermittelung der Bestandteile eines Körpers und begnügt sich ...] S. 527.
Stadt im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, Bezirksamt Laufen, an der Salzach, hat 2 kath. Kirchen, ein Kollegiatstift, ein Amtsgericht, 2 Eisenhämmer, Tuchmacherei, Gerberei, 8 Mahl- und eine Sägemühle, Landesproduktenhandel und (1885) 1423 Einw.
(lat.), jemand, der mit dem Titel eines Amtes bekleidet ist, ohne die damit verbundenen Funktionen zu verrichten, gewöhnlich nur in Zusammensetzungen vorkommend, wie Titularrat etc.
(lat.), die Beilegung des einer Person ihrem Stand gemäß zukommenden Prädikats.
Vgl. R. Stein, Titulaturen und Kurialien bei Briefen, Eingaben etc. (Berl. 1883).
Held aus der Sage vom heil. Gral (s. d.), Parzivals Urgroßvater.
In der Geschichte der deutschen Poesie wird unterschieden: der »Ältere Titurel«, Bruchstücke einer Dichtung von Wolfram von Eschenbach (s. d.),
welche die Geschichte von Schionatulander und Sigune behandelt, und der »Jüngere Titurel«, die Fortsetzung von Wolframs Gedicht von Albrecht von Scharfenberg (s. d.).
apostol. Gehilfe des Paulus, welchen er als einen Heidenchristen, der unbeschnitten geblieben war, auf den Apostelkonvent nach Jerusalem [* 69] begleitete;
später erscheint er im Auftrag des Paulus in Korinth. [* 70]
Die Legende macht ihn zum ersten Bischof in Kreta, wozu der neutestamentliche Brief an Titus, einer der sogen. Pastoralbriefe (s. d.), Veranlassung gab.
ein zu Ehren der Besiegung der Juden durch Kaiser Titus vom römischen Senat errichteter, einthoriger Triumphbogen an der Ostseite des Palatin, welcher im J. 81 geweiht wurde.
Der Bogen [* 71] ist 15½ m, die Attika 4½ m hoch.
Die Innenwände des Durchganges und die Friese [* 72] über der Bogenwölbung auf beiden Seiten sind mit Reliefs geschmückt, welche den Triumphzug des Kaisers und den Opferzug darstellen (s. Tafel »Bildhauerkunst [* 73] IV«, [* 74] Fig. 14).
Flavius Vespasianus, röm. Kaiser, der ältere Sohn des Kaisers Vespasianus, geb. 41 n. Chr., wurde am Hof [* 75] Neros mit Britannicus erzogen und widmete sich zunächst der bürgerlichen Laufbahn, versäumte aber auch nicht, als Tribun in Germanien [* 76] und Britannien die üblichen Kriegsdienste zu leisten. Als sein Vater 67 nach Palästina [* 77] geschickt wurde, um die Empörung der Juden zu unterdrücken, begleitete ihn Titus Flavius Vespasianus und wurde von jenem, als er 69 Palästina verließ, um die Kaiserwürde anzutreten, mit der Fortführung des Kriegs beauftragt. Titus Flavius Vespasianus beendete denselben durch die Eroberung und Zerstörung Jerusalems 70. Nachdem er mit seinem Vater einen glänzenden Triumph gefeiert hatte, wurde er von Vespasian zum Teilnehmer an der Regierung ernannt. Er hielt sich als solcher nicht völlig frei von dem Vorwurf der Ausschweifung und sogar der Grausamkeit; allein alle hierauf gegründeten Besorgnisse wurden durch die Güte und Milde völlig widerlegt, welche er sofort bewies, als er nach Vespasians Tod 79 den Thron [* 78] bestiegen hatte.
Von da an war sein Bestreben fortwährend darauf gerichtet, andern Freundlichkeiten und Wohlthaten zu erweisen, und wenn ihm dies an einem Tag nicht gelungen war, so pflegte er am Abend zu seinen Freunden zu sagen, daß er einen Tag verloren habe. Indessen wurde das Glück seiner Regierung, das ihm den Namen »Lust und Liebe des Menschengeschlechts« (»amor et deliciae generis humani«) erwarb, durch mehrere schwere Unglücksfälle getrübt, die er indes auf alle Art zu mildern suchte, nämlich durch den Ausbruch des Vesuvs 24. Aug. 79, durch welchen die Städte Herculaneum, Pompeji [* 79] und Stabiä verschüttet wurden, durch eine drei Tage und drei Nächte wütende Feuersbrunst in Rom und durch eine Pest, welche eine große Menge Menschen hinwegraffte. Außerdem ist von seiner kurzen Regierung noch zu erwähnen, daß er zum Besten des Volkes ein alle frühern an Bequemlichkeit und Geräumigkeit übertreffendes Badehaus, die nach ihm benannten, noch jetzt in Trümmern vorhandenen Thermen des Titus Flavius Vespasianus, bauen ließ. Er starb 13. Sept. 81. Eine vortreffliche Marmorstatue des Kaisers befindet sich im Louvre zu Paris.
Vgl. Beulé, Titus Flavius Vespasianus und seine Dynastie (deutsch, Halle [* 80] 1875).
(Frisur à la Titus), die in Frankreich zur Zeit des Konsulats aufgekommene Mode, die Haare [* 81] gekürzt und zu lauter Löckchen verwirrt zu tragen.
Als die Locken nachher schlichter getragen wurden, hieß die Frisur à la Caracalla.
(spr. teitoswill), Stadt im NW. des nordamerikan. Staats Pennsylvanien, am Oil Creek, mit 1859 erbohrten Petroleumquellen u. (1880) 9046 Einw.
in der griech. Mythologie ein erdgeborner Riese auf Euböa, Vater der Europa. [* 82]
Da er sich (auf Veranlassung der Hera) [* 83] an der Leto vergriffen hatte, ward er von Artemis [* 84] und Apollon [* 85] mit Pfeilen oder von Zeus mit dem Blitzstrahl erlegt, und in der Unterwelt, wo er über neun Hufen Landes ausgestreckt liegt, hacken zwei Geier seine immer wieder wachsende Leber (den Sitz der sinnlichen Begierde) aus.
(spr. tiwwertön), Stadt in Devonshire (England), am Ex, mit Schloßruine (14. Jahrh.), Lateinschule, Armenhaus (1517 gestiftet), Fabrikation von Spitzen und Wollwaren und (1881) 10,462 Einw.
Stadt in der ital. Provinz Rom, in ¶
schöner Lage am Fuß der Sabinerberge und am Teverone (Anio), welcher hier die berühmten, seit 1835 jedoch teilweise durch einen Tunnel [* 87] abgelenkten Wasserfälle bildet (s. Anio), mit Rom durch Dampftramway verbunden, ist Sitz eines Bischofs, hat enge Straßen, mehrere Kirchen und (1881) 9730 Einw. Tivoli ist das alte Tibur (s. d.), der Lieblingssommersitz der römischen Patrizier, von dessen zahlreichen Überbleibseln vor allen die 2 km außerhalb des heutigen Tivoli gelegenen großartigen Trümmer der Villa des Kaisers Hadrian (mit Resten des Palastes, eines Theaters, einer Palästra, einer Bibliothek, eines Stadiums etc.) zu erwähnen sind.
In der Stadt selbst befindet sich auf der Felswand über dem Aniofall der sogen. Sibyllentempel, eine runde Cella mit einem äußern Kreis [* 88] von kannelierten korinthischen Säulen; [* 89] nahe dabei steht ein zweiter, viereckiger Tempel [* 90] (jetzt Kirche San Giorgio). Unterhalb des Wasserfalls befinden sich Ruinen mehrerer antiker Villen (des Quintus Varus u. a.). Von den neuern Bauten ist namentlich die Villa d'Este, ein schöner Renaissancebau (von 1551) mit malerischen Parkanlagen und Wasserwerken, bemerkenswert. Seit neuester Zeit wird die reiche Wasserkraft des Teverone zu elektrischer Beleuchtung [* 91] der Stadt und zu industriellen Anlagen ausgenutzt. 9 km westlich, am Dampftramway Rom-Tivoli, liegen stark besuchte, schon in der römischen Kaiserzeit benutzte Schwefelbäder (24° C.), Bagni delle Acque Albule, und 6 km westlich die malerische alte Aniobrücke Ponte Lucano mit dem Rundgrab der Familie Plautia. - Tivoli ist auch beliebte Bezeichnung von Vergnügungsorten mit Gartenanlagen, Schauspiel etc.
(Tixtla de Guerrero), Hauptstadt des mexikan. Staats Guerrero, 1380 m ü. M., mit (1880) 6139 Einw., dient den reichen Bewohnern von Acapulco als Aufenthaltsort während der ungesunden Jahreszeit.
In der Nähe Silbergruben.
s. Boronatrocalcit. ^[= (Boraxkalk, Natroborocalcit), Mineral aus der Ordnung der Borate, findet sich in grauen ...]
eigentlich Tiziano Vecellio, der Hauptmeister der venezian. Malerschule und Vollender einer neuen koloristischen Richtung, geb. 1477 zu Pieve di Cadore in Friaul, kam noch als zehnjähriger Knabe nach Venedig, [* 92] um sich daselbst der Malerei zu widmen. Als seine Lehrer werden der Mosaikmaler Zuccato, dann Gentile Bellini genannt; doch muß er später auch bei Giovanni Bellini gelernt und sich nach Giorgione weitergebildet haben. Man erfährt zuerst von seiner Thätigkeit um 1507, wo er neben Giorgione die jetzt verschwundenen Fresken am Fondaco dei Tedeschi in Venedig ausführte. 1511 malte er mit Dom. Campagnola Fresken in der Scuola del Santo [* 93] in Padua, [* 94] dann in Vicenza, kehrte aber 1512 nach Venedig zurück.
Nachdem er einen Antrag, in die Dienste [* 95] Leos X. zu treten, zurückgewiesen, nahm ihn der Rat gegen Verleihung eines einträglichen Maklerpatents in seinen Dienst. In der Folge kam Tizian in intime Beziehungen zu Alfons von Ferrara [* 96] (1516 reiste er das erste Mal dahin), für den er dessen Porträt, ferner das Venusfest und das Bacchanal (alle drei in Madrid) [* 97] und Ariadne auf Naxos (in der Nationalgalerie zu London) [* 98] malte. In Ferrara schloß er auch Freundschaft mit Ariosto, den er zu wiederholten Malen porträtierte.
Auch zu Federigo von Mantua [* 99] trat er um 1523 in nahe Beziehungen; er malte für ihn die Grablegung (Paris). 1518 entstand eins seiner Hauptwerke, die Himmelfahrt Maria (sogen. Assunta) in der Akademie zu Venedig, 1523 das Altarbild für die Kirche San Niccolò (Madonna mit sechs männlichen Heiligen, jetzt im Vatikan) [* 100] und 1526 ein andres Meisterwerk dieser Periode, die Madonna des Hauses Pesaro (Santa Maria de' Frari in Venedig). In das Jahr 1527 fällt seine Bekanntschaft mit Pietro Aretino, dessen Porträt er für Federigo Gonzaga malte. 1530 schuf er den Märtyrertod Petri für San Giovanni e Paolo (1867 durch Feuersbrunst zerstört). 1532 begab er sich im Auftrag Federigo Gonzagas nach Bologna, wo gerade Kaiser Karl V. verweilte; er malte damals letztern zweimal. Tizian wurde hierauf zum Hofmaler Karls und zum Grafen des lateranischen Palastes sowie zum Ritter vom Goldenen Sporn ernannt.
Der hierauf folgenden Zeit entstammen die Bildnisse Franz' I. und Isabellas von Este; etwas später fallen die der Geliebten Tizians (Wien, [* 101] Belvedere), dann die von Eleonore Gonzaga und ihrem Gatten Francesco Maria (Florenz, [* 102] Uffizien). Nachdem er 1537 seiner Fahrlässigkeit wegen in betreff des versprochenen Bildes sein Maklerpatent zu gunsten Pordenones verloren hatte, malte er in Fresko die dem Rat schon lange versprochene, nur noch in Fontanas Stich erhaltene Schlacht bei Cadore (im großen Ratssaal). 1539 nach Pordenones Tod erhielt er sein Maklerpatent zurück, 1541 ward er nach Mailand [* 103] zu Karl V. berufen; 1545 ging er, nachdem schon früher, seit 1542, Paul III. den Plan gefaßt hatte, Tizian nach Rom zu ziehen, dahin, wo er glänzend aufgenommen wurde. Er malte damals das Porträt des Papstes, dann die berühmte Danae (Nationalmuseum zu Neapel). [* 104]
Auf der Rückreise nach Venedig besuchte er Florenz. 1548 ward er nach Augsburg [* 105] zu Karl V. berufen und malte daselbst Porträte [* 106] (das Karls V. in Madrid, das zu München [* 107] etc.). Er kehrte bald wieder nach Venedig zurück, ward aber 1550 abermals nach Augsburg berufen, um das Porträt Philipps II. von Spanien [* 108] zu malen. Für diesen war er auch nach seiner Rückkehr nach Venedig 1551 außerordentlich viel beschäftigt. 1566 ward er in die florentinische Akademie aufgenommen. Er starb in Venedig, fast 100 Jahre alt, an der Pest und ward in der Kirche Santa Maria de' Frari beigesetzt.
Der durch die flandrische Schule beeinflußte koloristische Realismus der Venezianer gelangte durch Tizian auf seine Höhe; in seiner Auffassung nicht so durchgeistigt und ideal wie Raffael und Michelangelo, hat er vor den Römern und Toscanern die unvergleichliche malerische Kraft [* 109] voraus und kommt Raffael in der Schönheitsfülle gleich, Michelangelo in der dramatischen Lebendigkeit der Komposition nahe. Tizian ist der größte Kolorist der Italiener und versteht seinen Figuren zugleich den vornehmen Charakter zu geben, der seine eignen Lebensgewohnheiten und die seiner Stadtgenossen kennzeichnet.
Obwohl er sich nicht an die Antike anschloß, so ist er doch zu einer verhältnismäßig ähnlichen Wirkung gelangt, indem sich die Ruhe des Daseins, die edle, in sich befriedigte Existenz in seinen Werken ebenso spiegelt. Ganz vermochte er sich übrigens nicht den Einwirkungen der andern italienischen Schulen zu entziehen, und zwischen seinen spätesten Arbeiten, worunter die Dornenkrönung Christi in München hervorragt, und seinen frühern, deren edelstes Erzeugnis der Zinsgroschen in Dresden [* 110] ist, besteht ein beträchtlicher Unterschied. Er wurde später bewegter in der Haltung der Figuren, leidenschaftlicher im Ausdruck der Köpfe, energischer im Vortrag. Seine Historienbilder tragen mehr oder weniger etwas Porträtmäßiges, freilich in großartiger Auffassung, an sich; es gibt deren, welche zu den edelsten und unvergänglichsten Erzeugnissen der Kunst gehören, während andre sich mit einer mehr äußerlichen Wirkung ¶
begnügen. Die höchste Befriedigung gewähren seine Bildnisse, welche die vornehme Erscheinung der venezianischen Welt mit vollster Treue widerspiegeln und den vollkommensten Ausdruck des venezianischen, von höchster Prachtliebe und sinnlicher Glut erfüllten Lebens darstellen. Zugleich war er als Landschaftsmaler sehr bedeutend, die Landschaft spielt in vielen seiner Gemälde in ihrer großartig-poetischen Auffassung eine Hauptrolle; Poussin und Claude Lorrain haben sich nach seinem Vorbild entwickelt.
Die Zahl seiner Schöpfungen ist außerordentlich groß, besonders aus den letzten 40 Jahren seines Lebens, wo er zahlreiche Schüler zu Hilfe nahm. Aus der ersten Periode seines Schaffens, die etwa bis 1511 reicht und seine Jugendentwickelung umfaßt, sind noch zu nennen: die Kirschenmadonna, in der kaiserlichen Galerie zu Wien, nebst zwei andern Madonnen daselbst, und die irdische und himmlische Liebe, in der Galerie Borghese zu Rom, Tizians schönstes allegorisches Bild, ausgezeichnet in der Behandlung des Nackten.
Von hervorragenden Schöpfungen der zweiten, etwa bis 1530 reichenden Periode erwähnen wir noch die Auferstehung, in der Kirche San Nazaro e Celso in Brescia (1522);
die Ruhe auf der Flucht und die Madonna mit dem Kaninchen, [* 112] im Louvre zu Paris;
die nur mit einem Pelz bekleidete Eleonora Gonzaga von Urbino, in der kaiserlichen Galerie zu Wien;
das Bildnis derselben im Palazzo Pitti zu Florenz, weltberühmt unter dem Namen La Bella di Tiziano, das herrlichste Frauenporträt des Meisters;
die sogen. Venus von Urbino, in den Uffizien zu Florenz, und die sogen. Geliebte Tizians bei der Toilette, im Louvre zu Paris. Zu den Hauptwerken der letzten Periode seines Schaffens zählen noch das Martyrium des heil. Laurentius, in der Jesuitenkirche zu Venedig;
der Tempelgang Mariä, in der Akademie daselbst;
die Ausstellung Christi, in der kaiserlichen Galerie zu Wien;
die Dornenkrönung, im Louvre;
Venus mit Amor, in den Uffizien zu Florenz;
die sogen. Madrider Venus (eine ruhende Schöne mit ihrem Geliebten);
die Danae, im Museum zu Neapel;
Jupiter und Antiope, im Louvre;
das Reiterbildnis Karls V., in der Galerie zu Madrid (1548 in Augsburg begonnen);
Papst Paul III. (1545, im Museum zu Neapel);
der Admiral Giovanni Moro, im Berliner [* 113] Museum.
Von Tizians Selbstbildnissen sind diejenigen im Museum zu Berlin und in der kaiserlichen Galerie zu Wien die schönsten, von den Bildnissen seiner Tochter Lavinia sind dasjenige mit der über dem Haupt emporgehobenen Fruchtschüssel (Museum zu Berlin) und die beiden in der Dresdener Galerie (um 1555 und 1565) die vorzüglichsten. Die ältere Litteratur über Tizian ist überholt durch Crowe und Cavalcaselle, Tizian, Leben und Werke (deutsch von Jordan, Leipz. 1877, 2 Bde.).
Vgl. auch Lafenestre, La vie et l'œuvre du Titien (Par. 1886).
kuffartig gebautes, kleines Fahrzeug mit einem Mast und besonders großem Gaffelsegel und Schwertern;
an der Nordseeküste im Gebrauch.
Insel, s. Tscheribon. ^[= (Cheribon), niederländ. Residentschaft auf der Nordküste von Java, 6751 qkm (122,7 ...]
s. Turnier. ^[= (Turnei, franz. Tournoi, lat. Torneamentum, Hastiludium), eine im 11. Jahrh. angeblich von dem ...]
südlicher Kreis des westsibir.
Gouvernements Tobolsk, in welchem viel Ackerbau getrieben wird, und auf dessen zahlreichen und großen Seen sich unzählige Wasservögel befinden, die einen großartigen Handel in Taucher- und Schwanenbälgen hervorgerufen haben.
Jährlich kommen 10,000 Schwanenbälge und 100,000 Greben (die Brustfelle der Steißfüße) in den Handel.
Die Kreisstadt Tjukalinsk hat (1885) 3907 Einw.
Bezirksstadt im sibir. Gouvernement Tobolsk, rechts an der für Dampfer fahrbaren Tura, 275 km westsüdwestlich von der Stadt Tobolsk, mit regelmäßigen Straßen aus schönen, meist hölzernen Häusern, 11 Kirchen aus Stein, 2 Klöstern, einer Moschee, einer Kreisschule und 2 Pfarrschulen und (1885) 15,590 Einw., welche in mehr als 100 gewerblichen Etablissements eine außerordentlich rege Thätigkeit entfalten. Hauptprodukte sind namentlich: Leder (Juften), Talg, Seife, Glocken, Eisengußwaren, Handschuhe, Gewebe, [* 114] Netze, Matten, Töpferwaren.
Seit 1885 steht die Eisenbahn von Jekaterinenburg bis hierher (350 km) in Betrieb und schließt sich hier an den Sibirischen Trakt (s. d.) an, der über Omsk, Tomsk, Krasnojarsk und Irkutsk nach Kiachta führt. Bei Tjumen beginnt auch der Wasserverkehr nach Tobolsk auf dem Irtisch, diesen abwärts bis zur Mündung des Ob und von diesem auf dem Tom bis Tomsk. Die für Ostsibirien bestimmten Waren gehen auf dem Landweg nach Krassnojarsk und von hier auf dem Jenissei hinunter nach Jenisseisk und weiter nach Turuchansk. Eine andre Wasserstraße ist die von Tjumen vermittelst des Ob und Irtisch nach Semipalatinsk. In Tjumen wird jährlich im Januar seit 1845 eine große Messe (Basiliusmesse) abgehalten, deren Umsatz 1 Mill. Rubel beträgt, aber durch die Messe zu Irbit immer mehr verliert.
Fjodor Iwanowitsch, russ. Dichter, geb. 23. Nov. (a. St.) 1803 im Kreis Brjansk des Gouvernements Grodno, studierte in Moskau, [* 115] erhielt 1822 eine Stelle im Ministerium des Auswärtigen zu Petersburg, [* 116] war dann längere Zeit bei der russischen Gesandtschaft in München und (seit 1838) in Turin [* 117] thätig, wurde 1844 der Person des Reichskanzlers attachiert und erhielt 1857 endlich das Präsidium des Komitees für auswärtige Zensur in Petersburg übertragen; starb in dieser Stellung 15. Juli (a. St.) 1873. Seine Gedichte, die gesammelt in Petersburg 1868 erschienen, zeichnen sich durch Gedankentiefe, Wärme [* 118] des Gefühls und Formvollendung vorteilhaft aus; eine Auswahl derselben wurde von H. Noé ins Deutsche [* 119] übertragen (Münch. 1861). Tjutschew hat sich auch als Übersetzer, namentlich deutscher Dichter, wie Heine, Goethe, Schiller u. a., verdient gemacht.
in der Chemie Zeichen für Thallium. ^[= Metall, findet sich mit Kupfer, Silber und Selen im Crookesit (16-18,5 Proz.) und Berzelianit, ...]
Stadt im mexikan. Staat Veracruz, am Ende einer Lagune, deren Zugang durch die 50 km südöstlich von Veracruz gelegene Barre von Alvarado gesperrt wird, mit lebhaftem Verkehr und (1882) 5939 Einw.
(San Agostino de las Cuévas), hübsche Landstadt, 15 km südlich von Mexiko, [* 120] am Fuß des Gebirges, beliebter Sommeraufenthalt, mit zahlreichen Villen und 6200 Einw. (mit Umgebung);
wird zum Pfingstfest, besonders um der Hasardspiel willen, von Tausenden besucht.
Bis 1831 war Tlálpam Hauptstadt des Staats.
Stadt im mexikan. Staat Michoacan, am Fuß des Cerro de Gallo, 2435 m ü. M., mit (1880) 9823 Einw. im Munizipium;
die Silberbergwerke waren einst berühmt.
Hier begann unter Pfarrer Morelos die erste Revolution gegen Spanien;
hier ließ Hidalgo die erste Kanone gießen, die er gegen die Spanier gebrauchte.
Binnenstaat der Republik Mexiko, ist auf drei Seiten von Puebla umgeben und hat ein Areal von 3902 qkm (70,9 QM.) mit (1882) 138,988 Einw. Tlaxcala bildet einen Teil der Hochebene von Anahuac. Die wichtigsten Produkte des Landbaues sind: Mais, Weizen, Gerste, [* 121] Hafer, [* 122] Hülsenfrüchte, Maguey, ¶