Gegend einer verjauchenden
Wunde und selbst mit
Jauche getränkt, so ruft der von ihm abgebrochene
Embolus an der
Stelle, wohin
er mit dem Blutstrom gelangt, wiederum eine jauchige
Entzündung hervor, es entstehen die sogen. metastatischen Abszesse.
[* 1] (griech.), der für besonders feierliche Gelegenheiten bestimmte, ausgezeichnete
Sitz für fürstliche
Personen, ein
Attribut der Herrschergewalt, bei den Griechen ursprünglich Ehrensitz, der
Stuhl der sitzenden
Götterbilder (s. Abbildung). Der Thron ist in einem besondern
Saal (Thronsaal) aufgestellt und ruht gewöhnlich auf einem
Gestell,
zu dem mehrere
Stufen führen. Über dem
Sessel ist in der
Regel ein Thronhimmel angebracht, d. h. eine
an der Wand befestigte, verzierte, zeltartige
Decke
[* 2] mit prächtigen, meist aus
Seide
[* 3] u.
Goldstoff bestehenden
Behängen. Der
Thron wird von den
Fürsten nur bei feierlichen Gelegenheiten benutzt, wenn der
Fürst als
Träger
[* 4] der Herrscherwürde auftreten
muß.
Symbolisch bezeichnet Thron die Herrscherwürde oder Herrschergewalt selbst, daher die
Ausdrücke: den Thron besteigen, jemand
vom Thron stoßen etc., Thronerbe, Thronlehen, Thronräuber (Usurpator).
(Succession, Thronerbfolge), der
Eintritt des Regierungsnachfolgers (Thronfolgers) in die Hoheitsrechte des
bisherigen Monarchen. Je nachdem sich die Thronfolge, wie dies in den
Erbmonarchien der
Fall ist, auf
Verwandtschaft
oder je nachdem sie sich auf einen andern
Titel, z. B. auf eine
Erbverbrüderung, gründet, wird zwischen ordentlicher und
außerordentlicher Thronfolge unterschieden. Das
Recht zur ordentlichen Thronfolge (Thronfolgerecht) wird durch leibliche und eheliche Abstammung
vom ersten Erwerber der
Krone aus ebenbürtiger
Ehe begründet (s.
Ebenbürtigkeit), und zwar sind nach
den meisten fürstlichen
Hausgesetzen männliches
Geschlecht des Thronfolgers und Abstammung desselben vom ersten Erwerber
durch
Männer (agnatische oder männliche Deszendentenfolge) erforderlich.
Außerdem muß der Thronfolger nach den meisten
Verfassungen die zur
Führung der
Regierung nötige geistige und
körperliche Tüchtigkeit besitzen. Weibliche (kognatische) Thronfolge ist nach manchen
Hausgesetzen und
Verfassungen überhaupt ausgeschlossen.
Dies ist das sogen.
Salische Gesetz (s. d.). In andern
Staaten, z. B. in
Holland,
Bayern,
[* 6]
Sachsen
[* 7] und
Württemberg,
[* 8] ist die weibliche
Thronfolge subsidiär, d. h. nach gänzlichem Aussterben des Mannesstamms, statuiert,
und in
England und
Spanien
[* 9] ist sogar eine mit der agnatischen vermischte weibliche Thronfolge.
(Successio promiscua)
insofern eingeführt, als nur die
Söhne des
Regenten und ihre männliche Deszendenz vor den Töchtern den Vorzug haben, während
die letztern und ihre Nachkommen die
Brüder desRegenten und dessen sonstige
Agnaten in den Seitenlinien ausschließen.
Die Thronfolgeordnung ist regelmäßig so bestimmt, daß stets der Erstgeborne und, wenn er
vor der Thronerledigung
verstarb, sein erstgeborner
Deszendent und dessen Nachkommenschaft succedieren (Lineal-Primogeniturordnung). Fehlt es überhaupt
an
Deszendenten, so kommt der Erstgeborne der dem letzten
Regenten nächsten
Linie zur Thronfolge.
Sie bezeichnet die von derVolksvertretung zu behandelnden Gegenstände
und gibt zugleich in der
Regel eine Darlegung der äußern und innern Verhältnisse des
Staats.
Die Thronrede wird daher zugleich
als
Programm des
Ministeriums, welches ihren
Inhalt zu vertreten hat, angesehen und bei besonderer Veranlassung von der
Kammer
in einer
Adresse beantwortet.
Koburg,
[* 24] welches die verlornen Niederlande
[* 25] wiedererobern sollte, ernannt und Generaldirektor der Staatskanzlei unter
Kaunitz und damit thatsächlich, nach Kaunitz' Tod 1794 auch formell, Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Ein Mann von
Geist und Talent, aber ränkevoll und gewissenlos, schärfte er durch seine unruhige, neidische Eroberungspolitik den Gegensatz
zwischen Österreich und Preußen,
[* 26] dessen Plänen er in Polen auf alle Weise hindernd in den Weg trat, ohne
für Österreich Wesentliches zu erreichen, während er die energische Kriegführung der Koalition gegen Frankreich empfindlich
schädigte.
Tourn. (Lebensbaum), Gattung aus der Familie der Kupressineen, Bäume von in der Regel mehr oder weniger
pyramidenförmigem Wuchs, mit blattartig flachen letzten Verästelungen, vierreihig dachziegeligen, schuppenförmigen, nur
an der Spitze freien Blättern, monözischen Blüten auf verschiedenen Ästen und kleinen, im zweiten Jahre reifenden Zapfen.
[* 29] Thuja occidentalisL. (abendländischer Lebensbaum), ein 20-22 m hoher Baum von pyramidenförmigem Wuchs mit abstehenden bis horizontalen
Ästen, in horizontaler Ebene dicht und fiederig zweizeilig verzweigten jüngern Zweigen, kurzen, fast stachlig
gespitzten Blättern, von denen die auf den flachen Seiten der Zweige stehenden eine rundliche, stark riechende Drüse auf
dem Rücken besitzen, und länglichen, überhängenden, braunen Beerenzapfen, wächst in Nordamerika
[* 30] und wird seit dem 16. Jahrh.
bei uns kultiviert.
In denGärten benutzt man mehrere Varietäten als Ziersträucher, auch ist der Baum an vielen Orten beliebte
Gräberpflanze. Das Holz
[* 31] dient zu Wasserbauten und feinen Tischlerarbeiten; die Blätter und das daraus bereitete ätherische
Öl wurden früher medizinisch benutzt (daher der Name, den zuerst Dodoens brauchte). Thuja (Biota) orientalisL. (morgenländischer
Lebensbaum), ein niedriger, bleibender, pyramidenförmiger Baum mit in senkrechter Ebene fiederig verzweigten
Ästchen, einer Mittelfurche auf dem Rücken der Blätter und fleischigen, hellgrünen, bläulich bereiften, später fast der
ganzen Länge nach sich öffnenden Beerenzapfen, wächst in China
[* 32] und Japan, auch in Mittelasien und Gilan und wird wie die vorige
in mehreren Abarten bei uns kultiviert, ist aber viel empfindlicher. - Thuja articulata, s.
Callitris.
1) athen. Staatsmann, Sohn des Melesias, übernahm nach Kimons,
seines Verwandten, Tod (449 v. Chr.) die
Leitung der konservativen Partei in Athen,
[* 33] wußte durch seinen uneigennützigen Charakter und seine Rednergabe viele Anhänger
zu gewinnen, ward, als er Perikles zu stürzen versuchte, 444 durch den Ostrakismos verbannt, setzte aber
nach seiner Rückkehr die Opposition gegen Perikles fort.
2) Ausgezeichneter griech. Geschichtschreiber, geb. 471 v. Chr. (so eine Angabe aus dem Altertum, wahrscheinlich jedoch einige
Jahre später) im attischen Gau Halimus, stammte durch seinen Vater Oloros von einem thrakischen Fürstengeschlecht ab, während
er durch seine Mutter mit Miltiades verwandt war, hatte den PhilosophenAnaxagoras und angeblich auch den Redner Antiphon zu Lehrern.
Er führte 424 den Oberbefehl über eine Flottenabteilung in den thrakischen Gewässern, ward aber, weil er die Eroberung der
Stadt Amphipolis durch die Spartaner nicht verhindern konnte, 423 verbannt, kehrte 403 infolge der veränderten
Verhältnisse nach Athen zurück, aber nur auf kurze Zeit, und starb wenige Jahre nachher;
über Ort, Zeit und Art seines Todes
besitzen wir nur unzuverlässige, sich untereinander widersprechende Nachrichten. Er war der erste, der eine strenge historische
Kritik anwandte;
sein Werk stellt den Peloponnesischen Krieg dar, jedoch nur bis 411, wo es unvollendet
abbricht, und zeichnet sich ebensosehr durch Wahrheitsliebe und politische Einsicht wie durch die kräftige, gedrängte Sprache
[* 34] aus;
die gedankenreichen Betrachtungen über die Gründe der Vorgänge sind meist in die Form von Reden gekleidet, die den
handelnden Personen in den Mund gelegt werden und die einen besonders wertvollen Bestandteil des Werkes
bilden.
Unter den Ausgaben sind außer der ersten (Vened. 1502) die von Poppo (Leipz.
1821-40, 11 Bde.; Handausgabe, 2. Aufl.,
das. 1875, 2 Bde.), Bekker (Berl. 1821, 3 Bde.; in 1 Bd.
1868), Dindorf (Leipz. 1824), Göller (2. Aufl., das. 1836, 2 Bde.),
Arnold (neue Ausg., Oxf. 1854, 3 Bde.),
Bloomfield (Lond. 1842, 2 Bde.),
Krüger (3. Aufl., Berl. 1860, 2 Bde.),
Schöne (das. 1874), Classen (2. Aufl., das. 1870-78, 8 Bde.)
und Böhme (2. Aufl., Leipz. 1862 ff.)
hervorzuheben. Neuere Übersetzungen lieferten Osiander (Stuttg. 1826 bis 1829 u. öfter, 8 Bdchn.), Campe
(das. 1856-1857, 2 Bde.) und Wahrmund (2. Aufl., das. 1867, 2 Bde.).
Eine Biographie des Thukydides in griechischer Sprache besitzen wir von Marcellinus (hrsg. von Westermann in den »Biographi graeci minores«,
Braunschw. 1845). AntikeBüsten des Thukydides befinden sich in Neapel (Doppelherme, mit Herodot) und zu HolkhamHall
[* 35] in England.
Vgl. Krüger, Untersuchungen über das Leben des Thukydides (Berl. 1832);
eine von Pytheas (s. d.) um 330 v. Chr. entdeckte und fälschlich von ihm unter den Polarkreis
verlegte Insel des Atlantischen Meers, die für den nördlichsten Punkt der bekannten Erde galt.
und die »Reise in die mittägigen Provinzen von Frankreich« (das. 1791-1805, 10 Bde.)
einen außerordentlichen Ruf.
Thümmel erwies sich in diesen Produktionen als echten Geistesverwandten und SchülerWielands. Eine
gewisse Anmut, feine Beobachtung und Schilderungsgabe, daneben freilich auch Frivolität und lüsterne Leichtfertigkeit sicherten
ihnen die nachhaltigste Wirkung.
Vgl. v. Gruner, LebenM. A. v. Thümmels (Bd. 8 der
»Werke«, Leipz. 1819). -
2) Leo, Graf von, österreich. Staatsmann, Bruder des vorigen, geb. war vor der Märzbewegung
von 1848 als Sekretär
[* 67] in der Hofkanzlei angestellt und machte sich damals auch durch einige Schriften, wie: »Über den gegenwärtigen
Stand der böhmischen Litteratur« (Prag
[* 68] 1842),
Von seinen botanischen und zoologischen Abhandlungen in den akademischen Dissertationen
der UniversitätUpsala wurden die bis 1801 reichenden von Persoon herausgegeben: »Dissertationes academicae Upsaliae habitae
sub praesidio C. P. Thunbergi« (Götting. 1799-1801, 3 Bde.).
JohannHeinrich von, hervorragender Nationalökonom, geb. auf dem väterlichen Gut Kanarienhausen
bei Jever, studierte Landwirtschaft und kaufte 1810 das durch ihn berühmt gewordene Gut Tellow in Mecklenburg,
[* 77] welches er bis
zu seinem erfolgten Tod bewirtschaftete. Er führte mit großer Genauigkeit Buch und Rechnung
über seine Wirtschaft und gewann auf diesem Weg fruchtbare Schlußfolgerungen über den Einfluß, welchen die Entfernung vom
Absatzort auf Intensität der Bewirtschaftung, Wahl der Fruchtart, überhaupt auf die Art ausüben muß, wie ein Landgut rationell
zu behandeln ist. In lichtvoller Weise hat er das unter dem Namen Thünensches Gesetz bekannt gewordene
Ergebnis derselben in seinem in 3 Teilen (Hamb. 1826, Rost. 1850 u. 1863) erschienenen Werk »Der isolierte
Staat in Beziehung auf Landwirtschaft und Nationalökonomie« (3. Aufl., Berl. 1875) dargelegt. Im 2. Bande dieses Werkes, welcher
kurz vor seinem Tod erschien, untersucht er die naturgemäße Höhe des Arbeitslohns und kommt zu dem Resultat:
»Der naturgemäße Arbeitslohn = ^[ap]«;
See,See im schweizer. Kanton Bern,
560 m ü. M., 216 m tief, 48 qkm
groß, nimmt viele Gebirgswasser auf, darunter bei Thun die Kander, und wird von der Aare durchflossen, die ihn mit dem BrienzerSee verbindet. Im
Gegensatz zu diesem ist er mehr von voralpinem Wesen, mehr lieblich als ernst und großartig,
von sanftern Bergformen umrahmt, mehr mit Dörfern und Landhäusern bekränzt und in der Saison mehr vom Fremdenzug belebt,
wie die größere Zahl seiner Dampfer verrät. Das Bahnnetz der flachern Schweiz erreicht ihn in Thun (-Scherzligen), und die
Bödelibahn verknüpft ihn mit dem BrienzerSee: von Därligen über Interlaken nach Bönigen. Der See ist
reich an Fischen, vorzüglich Forellen, Aalen, Karpfen und Hechten.
2-3 m, angeblich bis 4 m lang und 3-12 Ztr.
schwer, ist oberseits schwarzbläulich, am Brustpanzer weißblau, an den Seiten und am Bauch
[* 82] grau mit
weißen Flecken und Bändern, an der ersten Rücken- und der Afterflosse fleischfarben, die falschen Flossen schwefelgelb, schwarz
gesäumt, bewohnt das Mittelmeer, auch den Atlantischen Ozean und das Schwarze Meer, geht nördlich bis England, selten bis Rügen,
lebt in der Tiefe, nähert sich, um zu laichen, den Küsten und hält dabei, bisweilen in Herden von Tausenden,
bestimmte Straßen ein. Er erscheint im April, laicht im Juni im Tang, und die Jungen erreichen noch im Oktober ein Gewicht von 1 kg.
Der Thunfisch nährt sich von Fischen und Weichtieren, hauptsächlich von Sprotten und Sardellen, und wird von Haifischen
und Delphinen verfolgt, lebt dagegen mit dem Schwertfisch in gutem Einvernehmen und zieht öfters in dessen Gesellschaft.
Die Thunfischerei wurde im Altertum hauptsächlich an der Straße von Gibraltar
[* 83] und im Hellespont, gegenwärtig besonders großartig
an den italienischen Küsten betrieben. Man sperrt den Tieren die gewohnten Straßen mit sehr großen Netzen
ab und erbeutet Tausende mit einemmal, indem man sie aus einer Kammer des Netzes in die andre treibt, bis sie sämtlich in der
Totenkammer versammelt sind. Diese wird dann heraufgezogen und der Fisch mit Keulen erschlagen. Das Fleisch ist sehr verschiedenartig,
wird daher gut sortiert und eingesalzen, bildet aber wesentlich nur eine Speise der ärmern Klassen.
Ein vielfach beliebtes hors d'œuvre ist à l'huile, gekochter Thunfisch in Öl eingelegt, den man mit pikanter kalter Sauce genießt.
Aus der Leber gewinnt man Thran; aus Haut
[* 84] und Knochen
[* 85] kocht man Öl. Der Bonite (ThunfischPelamisL.), 80 cm lang,
ein sehr schöner Fisch, auf dem Rücken und an den Seiten stahlblau, in Grün und Rot schillernd, am Bauch silbern mit braunen
Streifen, lebt besonders im Atlantischen Ozean, folgt in Gesellschaft der Thune oft lange den Schiffen, bildet dabei aber regelmäßig
geordnete Haufen. Er nährt sich hauptsächlich von fliegenden Fischen, außerdem von Tintenfischen, Schaltieren
und selbst Pflanzenstoffen; sein Fleisch ist nicht genießbar, soll sogar schädlich sein.
2) Linksseitiger Nebenfluß des Rheins in der Schweiz, 122 km lang, entspringt in zwei Quellflüssen im
obersten Teil des Toggenburg, bei Wildhaus (1104 m) und am Säntis, durchfließt in nordwestlichem Lauf das Toggenburg, wendet
sich dann bei Wyl nach NO., bei Bischofzell, unter Aufnahme der Sittern (457 m), wieder nach W., durchfließt den Thurgau
und das Züricher
Weinland und mündet in korrigiertem Bett
[* 89] unterhalb Andelfingen (348 m). Ihr größter linksseitiger Zufluß
ist die Murg.
im Hochbau verschließbare Durchgangsöffnung in einer Umfangs- oder Zwischenwand, besteht aus einer meist steinernen
oder hölzernen, selten eisernen Einfassung, aus ein- oder mehrteiligen, meist hölzernen, seltener aus Metall bestehenden
Flügeln und aus dem Beschlag. Die Thüröffnung erhält je nach der Bestimmung der Thür eine Breite
[* 90] von 0,5-1,5
m und eine Höhe von 1,8-2,5 m, während sie je nach Baumaterial und Stil des Gebäudes oben wagerecht oder durch Bogen
[* 91] (s. d.)
begrenzt ist.
Die Einfassung einer rechteckigen Thür besteht aus dem Sturz, den beiden Gewänden (Säulen,
[* 92] Pfosten) nebst der Schwelle (Sohle)
und ist mit Falz
[* 93] versehen, in welchen sich die Flügel legen, welche bei untergeordneten Gebäuden oder Gebäudeteilen aus
Brettern mit zwei Querleisten und einer Strebe, für Gebäude, welche höhern Anforderungen genügen müssen, aus Rahmstücken
und Füllungen zusammengesetzt sind. Im romanischen Stil bildet der meist gewölbte Bogen einen Halbkreis, im gotischen
Stil einen Spitzbogen.
Die Thürflügel lehnen sich entweder direkt an diese Bogenoder an den wagerechten Abschluß eines zwischen dieselben eingeschalteten,
mehr oder minder reich ornamentierten Bogenfeldes an. Der Beschlag besteht aus den Thürbändern und dem Thürschloß von
verschiedener Konstruktion, wozu in manchen Fällen noch besondere Verschlußvorrichtungen, wie Riegel und
Thürzuwerfer, hinzutreten. Je nach Lage und Bewegungsweise hat man noch Schiebethüren, Fallthüren, Klappthüren u. a. Die
Thür wird je nach dem Charakter des Gebäudes mehr oder minder reich ausgebildet und erhält besonders im Kirchenbau oft reichgegliederte
und ornamentierte Einfassungen, künstlerisch ausgestattete Thürflügel und kunstvoll geschmiedete Beschläge (s. Tafel »Schmiedekunst«).
[* 94] In diesem Fall, besonders bei den Haupteingängen der Kirchen, wird die Thür mit Portal bezeichnet.
(spr. türä),Gustav, Botaniker, geb. zu Paris, studierte Rechtswissenschaft, dann Botanik, ging 1840 als
Attaché der französischen Gesandtschaft nach Konstantinopel, kehrte aber schon im nächsten Jahr nach Frankreich zurück,
um sich ganz den Untersuchungen der Meeresalgen widmen zu können. Hier lebte er bis 1851 auf seinem
Schloß Reutilly bei Lagny, siedelte dann mit Bornet nach Cherbourg
[* 95] und später nach Antibes über, wo er einen botanischen Garten
[* 96] anlegte. Er starb Thuret entdeckte die Geschlechtlichkeit und die Befruchtung der
[* 97] Fukaceen (1853) und
Florideen (1867). Nach seinem Tod erschienen: »Études phycologiques. Analyses d'algues marines« (Par. 1878, mit 50 Tafeln).
Kanton der nördlichen Schweiz, durch den Bodensee und Rhein von Baden,
[* 98] Württemberg und Bayern getrennt, umfaßt 988 qkm
(17,9 QM.). In dem zum Thalsystem der Murg gehörenden Hinter-Thurgau steigt das Land fast zu voralpinen Höhen
an, so am
Hörnli (1135 m), jedoch ohne dessen Gipfel zu erreichen. Auch der größere Teil des an den Kanton St. Gallen grenzenden
Gebiets steigt erheblich an, während die tiefsten Punkte an der Thur und am Rhein liegen. Zwischen Thurthal und Bodensee zieht
ein breites Plateau (Seerücken) hin, zu dem als einer der markantesten Punkte der Ottenberg (671 m) gehört.
Viele Gesellschaftskäsereien sind vorhanden. In Ermatingen und Gottlieben werden jährlich ca. 150,000 Gangfische gefangen.
Hauptindustrie ist gegenwärtig die Baumwollspinnerei an der Thur und Murg; Islikon im Thurthal besitzt eine ausgedehnte Färberei
und Druckerei, Amriswyl eine Strumpffabrik. Außerdem sind Gerbereien, Papiermühlen, Spielkartenfabriken, Spiritus- und Leimfabriken,
Ziegeleien etc. im Betrieb. Großhandelsplätze hat der Thurgau nicht, aber einen bedeutenden
Obstmarkt in Frauenfeld, große Viehmärkte in Dießenhofen, Bischofzell, Amriswyl und Weinfelden.
Der Thurgau hat auch eine Rettungs- und eine Zwangsarbeits-, aber keine Blinden- und Taubstummenanstalt. Die öffentlichen Bibliotheken
enthalten 60,000 Bände, wovon über 30,000 auf die Kantonsbibliothek in Frauenfeld entfallen. Nach der
Verfassung vom gehört der Thurgau zu den rein demokratischen Kantonen. Sie gibt dem Volk das obligatorische Referendum,
dem auch die Beschlüsse der Legislative unterstellt werden können. Die oberste Landesexekutive wird direkt vom Volk gewählt
und kann, wie die Legislative, abberufen werden, nämlich wenn 5000 Votanten sich für eine Abstimmung
ausgesprochen haben.
Die Legislative übt der GroßeRat, der auf je drei Jahre durch das Volk gewählt wird. Die oberste vollziehende Behörde ist
der Regierungsrat, mit fünf Mitgliedern und ebenfalls dreijähriger Amtsdauer. Die oberste Gerichtsinstanz heißt Obergericht,
dessen sieben Mitglieder ebenfalls auf drei Jahre durch den GroßenRat gewählt werden. Der Kanton ist
in acht Bezirke eingeteilt; jeder derselben hat seinen Bezirksstatthalter, dem ein Bezirksrat zur Seite steht, und ein Bezirksgericht,
jede Gemeinde ihren Gemeinderat, dessen Vorsitz der Ammann führt; für größere Kreise
[* 105] besteht ein Friedensrichter. Die Staatsrechnung
für 1886 weist an Einnahmen 1,224,476 Frank auf, darunter Ertrag des Staatsguts 449,516, Abgaben625,207Fr.; die Ausgaben belaufen sich auf 1,207,793 Fr., wovon 281,784 Fr. auf das Erziehungswesen fallen. Zu Ende des Jahrs 1886 berechnete
sich das unmittelbare Staatsgut auf 5,624,823 Fr.,
¶
mehr
die Summe des Spezialfonds auf 6,444,022, also das Gesamtvermögen auf 12,068,845 Fr. Hauptstadt ist Frauenfeld.
Geschichte. Thurgau war der Name einer alten alemannischen Grafschaft, welche ursprünglich außer dem Kanton Thurgau auch die heutigen Kantone Zürich,
Uri,
Schwyz,
Zug,
Appenzell
[* 107] sowie Stücke von St. Gallen, Aargau
und Luzern
[* 108] umfaßte, aber durch die Lostrennung des westlichen Teils als eines besondern
Zürichgaues, durch die Immunitätsprivilegien des Klosters St. Gallen etc. zusammenschmolz. Nach dem Aussterben der Grafen
von Kyburg, welche die Landgrafschaft Thurgau besessen, kam dieselbe an Rudolf vonHabsburg (1264). 1415 wurde infolge der ÄchtungHerzogFriedrichs die hohe Gerichtsbarkeit über den an Konstanz
[* 109] verliehen, 1460 entrissen die Eidgenossen
das Land Österreich gänzlich und machten daraus eine gemeine Vogtei der sieben alten Orte (ohne Bern).
Unter dem SchutzeZürichs wandte
sich der größte Teil des Landes der Reformation zu. Der Umsturz der alten Eidgenossenschaft (1798) befreite den aus seiner
Unterthanenschaft, und die Mediationsakte erhob ihn 1803 zum selbständigen Kanton mit einer Repräsentativverfassung,
die 1814 durch Zensus, lange Amtsdauern, künstliche Wahlart etc. ein aristokratisches Gepräge erhielt.
Nach der Julirevolution machte Thurgau unter der Führung des PfarrersBornhauser den Anfang mit der Demokratisierung der schweizerischen
Kantone durch seine neue, angenommene Verfassung. Seitdem gehörte der Thurgau beständig zu den
liberalen Kantonen, nahm teil an den Badener Konferenzbeschlüssen, hob 1848 seine Klöster auf bis auf eins und erklärte
sich für Annahme der neuen Bundesverfassung wie auch für die Revisionen derselben 1872 und 1874. Nachdem schon 1837 und 1849 das
Grundgesetz revidiert worden war, begann 1868 eine neue Revisionsbewegung, welche Einführung des
Referendums und der Initiative, der direkten Volkswahl der Regierung etc. anstrebte und in der Verfassung vom ihren
Abschluß fand.
Vgl. Puppikofer ^[richtig: Pupikofer (= JohannAdam Pupikofer, 1797-1882)], Geschichte des Thurgaus (2. Aufl.,
Frauenfeld 1884);
Häberlin, Geschichte des Kantons Thurgau, 1798-1869 (das. 1872-76, 2 Bde.);
»Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte« (das. 1861 ff.).
Zu Anfang des 5. Jahrh. n. Chr. tritt in dem heutigen Thüringen ein deutscher Volksstamm unter dem
NamenThüringer (Düringe) in der Geschichte auf. Sie sind Abkömmlinge der Hermunduren, mit deren Namen der ihrige nahe verwandt
ist. Zu Grenznachbarn und
steten Gegnern hatten sie im Norden
[* 115] die Sachsen, im Westen die Franken und im Süden die Alemannen. Sie
werden dann unter den deutschen Völkerschaften genannt, welche den Hunnenkönig Attila 451 auf seinem
Zug
nach Gallien begleiteten. Zu Anfang des 6. Jahrh. hat sich ein großes thüringisches Reich gebildet, dessen Grenzen
[* 116] im Norden
bis zur Niederelbe, im Süden bis zur Donau reichten.
Das nordöstliche Thüringen zwischen der Unstrut und Elbe ward hierauf den Sachsen überlassen, der südwestliche Teil fiel an Austrasien.
Fortan bezieht sich der Name Thüringen vornehmlich auf das Gebiet zwischen Harz und Thüringer Wald, Werra und Saale.
Der südliche Teil um den Main bis zur Donau wurde allmählich fränkisches Gebiet und verlor den alten Namen. Dagobert I. von
Austrasien gab 630 den Thüringern einen Herzog in der Person Radolfs. Derselbe focht tapfer gegen die Slawen, lehnte sich dann
gegen den Frankenkönig Siegbert III. auf und brachte 640 die Unabhängigkeit Thüringens zu stande.
Karl d. Gr. gründete um 804 gegen die Sorben die thüringische Mark an der Saale, deren Inhaber unter Ludwig
dem Deutschen den Titel Markherzöge (duces Sorabici limitis) führten, wie Thakulf um 849 und Radulf um 875. Diese Würde wechselte
dann mehrfach, so daß es zur Ausbildung einer einheimischen herzoglichen Gewalt nicht kam; vielmehr dehnte der sächsische
HerzogOtto der Erlauchte 908 nach dem Tode des MarkgrafenBurchard seine Gewalt eigenmächtig auch über aus.
Nach dessen Tod (912) behauptete sie sein Sohn, der nachmalige deutsche König Heinrich I., gegen den König Konrad I. Von den
fünf Marken, in welche KaiserOtto I. nach MarkgrafGerosTode dessen große Sorbenmark zerteilte, verschwanden die nordthüringische
und die südthüringische frühzeitig wieder, weil überflüssig geworden durch die östlichern Marken.
Ihnen entsprechen die BistümerMerseburg und Zeitz
[* 118] (später Naumburg),
[* 119] wogegen das eigentliche Thüringen kirchlich von Mainz
[* 120] abhängig
blieb. Markgraf Ekkehard I. von Meißen
[* 121] (985-1002) besaß auch über Thüringen eine Art herzoglicher Gewalt. Noch einmal, unter den
MarkgrafenWilhelm und Otto (von Weimar, 1046-1067), war Thüringen mit Meißen vereinigt; doch erhob sich um diese
Zeit ein neues Geschlecht in Thüringen, das die übrigen Grafen, die sich nach Käfernburg, Schwarzburg, Gleichen, Gleisberg, Weimar nannten,
an Macht bald übertraf. Ludwig der Bärtige kaufte zwischen 1031
¶