Mitten in ihrer 7 km breiten Mündung, bei der
»Nore« genannten
Sandbank, liegt ein weltberühmtes
Leuchtschiff.
Das
Flußgebiet der Themse umfaßt 15,371 qkm (279 QM.) und gehört 14
Grafschaften an. Die direkte
Entfernung der Mündung des
Flusses von der
Quelle beträgt 201 km, der Stromlauf 346 km. Der unterhalb der Londonbrücke gelegene Teil
des
Flusses, der eigentliche
HafenLondons, heißt
Pool, aber gesetzlich erstreckt sich der
Hafen bis zu einer
Linie, welche man sich vom
NordForeland bis zum
Harwich Naze gezogen denkt.
Die
Breite
[* 10] des
Flusses beträgt bei
Gravesend noch 731 m, bei der Londonbrücke 244 m. Die Tiefe bis dahin ist nirgends unter
3,6 m. Die
Flut steigt alle 12
Stunden 4-6 m senkrechter
Höhe mit einer
Schnelligkeit von 3-5 km auf die
Stunde, so daß
Schiffe
[* 11] bis zu 800
Ton. in die Catherinedocks dicht bei der Londonbrücke einlaufen können. Die
Flut macht sich
bis
Teddington, 29 km oberhalb der Londonbrücke, bemerkbar, wo die erste
Schleuse ihrem weitern Fortschreiten ein
Ziel setzt.
Nur selten bildet sich
Eis
[* 12] im
Fluß; wohl aber überschwemmt derselbe häufig seine
Ufer, die unterhalb
London meilenweit durch
Deiche geschützt sind, da die dortigen
Marschen bei
hoher
Flut 1 m unter dem Wasserspiegel liegen. In
Beziehung auf den
Handel ist die Themse einer der wichtigsten
Flüsse
[* 13] der
Welt, indem an ihren
UfernLondon, die
größte Handelsstadt der
Welt, liegt.
Ihre Wichtigkeit wird erhöht durch zahlreiche
Kanäle, welche die Themse mit fast allen
Teilen
Englands verbinden.
Die wichtigsten unter ihnen sind: der
Thames- und Severnkanal, welcher Lechdale an der obern Themse mit dem
Severn und der englischen
Westküste verbindet;
der Oxfordkanal, der von
Oxford ins mittlere
England führt;
Gegen feindliche
Angriffe
ist die übrigens wegen der
Sandbänke sehr schwierige Themseeinfahrt durch in neuester Zeit sehr verstärkte
Befestigungen
geschützt. An der Mündung desMedway in die Themse liegt
Sheerneß, den Zugang zum Kriegshafen
Chatham versperrend.
Weiter oberhalb verteidigen vier große
Forts (bei Cliffe
Creek, Coalhouse
Point, Shorne
Creek und
Tilbury) den Zugang zu
Gravesend.
ein
Tunnel,
[* 14] welcher 2,1 km unterhalb der Londonbrücke unter der
Themse weg führt
und die
Verbindung zwischen den beiden
Ufern herzustellen bezweckt, ohne doch dem Schiffsverkehr auf dem
Fluß hinderlich zu
sein. Die 1798 (von R.
Dodd) und 1805-1808 gemachten
Versuche schlugen fehl, und erst
Marc Isambard
Brunel (s. d.) gelang es,
durch
Erfindung des Teredobohrers das Werk 1825 mit Aussicht auf Erfolg wieder in
Angriff zu nehmen. Durch
mehrere Unglücksfälle unterbrochen, wurde dasselbe von
Page vollendet. Der
Tunnel ist 361,8 m lang, 4,27 m breit,
5,18 m
hoch, und sein
Boden liegt 24,34 m unter dem Straßenniveau. Der
Bau kostete über 9 Mill. Mk. 1869 ging derselbe in
den
Besitz einer Eisenbahngesellschaft über, welche eine Verbindungsbahn durchgeführt hat. Weiter oberhalb
liegt ein 1869-70 erbauter zweiter Themsetunnel
(Tower subway), 405 m lang und
nur für den Personenverkehr bestimmt. Ein dritter
Tunnel
soll jetzt weiter unterhalb gebaut werden.
(spr. -ár),LouisJacques, Chemiker, geb. zu Louptière im
DepartementAube, studierte
zu
Paris,
[* 15] ward
Professor der
Chemie am
Collège de
France, später an der polytechnischen
Schule und an der
Universität und 1833 Pair
von
Frankreich. 1840 legte er seine Professur nieder und starb in
Paris. Thénards Untersuchungen, welche sich über
fast alle Teile der
Chemie erstreckten, waren zum Teil epochemachend für seine Zeit. Namentlich lieferte
er in
Gemeinschaft mit
Gay-Lussac eine
Reihe der wichtigsten
Arbeiten. So entdeckten sie das
Bor, die Alkalisuperoxyde und das
Baryumsuperoxyd, stellten zuerst die
Alkalimetalle ohne Anwendung einer galvanischen
Batterie dar und bildeten die
Elementaranalyse
aus. Thénard entdeckte auch das
Wasserstoffsuperoxyd und das
Kobaltblau sowie eine neue
Methode der Bleiweißfabrikation,
vervollkommte die Ölraffinerie etc. Seine Hauptschriften sind:
»Traité de chimie élémentaire théorique et pratique« (6.
Aufl., Par. 1836, 5 Bde.;
deutsch, Leipz. 1825-30, 7 Bde.) und
»Recherches physico-chimiques« (mit
Gay-Lussac, Par. 1811, 2 Bde.).
C7H8N4O2 , Alkaloid, findet sich zu 1,5 Proz. in den Kakaobohnen und
wird dargestellt, indem man entölten Kakao anhaltend mit Wasser und wenig Schwefelsäure
[* 18] kocht, die klare Abkochung mit Bleioxyd
neutralisiert, filtriert, das Filtrat gären läßt, kocht, mit Soda neutralisiert und das sich ausscheidende Theobromin durch
wiederholtes Lösen in Salpetersäure und Fällen mit Ammoniak reinigt. Theobromin bildet ein farb- und geruchloses, kristallinisches
Pulver, schmeckt bitter, ist wenig löslich in Wasser, kaum in Alkohol und Äther, leicht in Ammoniak, sublimiert bei 290°, reagiert
neutral, bildet leicht kristallisierbare, unbeständige Salze und gibt in ammoniakalischer Lösung mit salpetersaurem Silberoxyd
einen Niederschlag von Theobrominsilber, welches mit JodmethylJodsilber und Kaffein (Methyltheobromin) bildet. Theobromin wirkt wie Kaffein,
aber viel schwächer.
(Deodat), König der Ostgoten, letzter männlicher Sprößling des Königsgeschlechts der Amaler, Graf von Tuscien,
ward von Amalasuntha nach ihres SohnsAthalarichTod (534) zum Mitherrscher erkoren, obwohl er wegen seiner
Habsucht und Gewaltthätigkeit allgemein verhaßt war und schon in verräterischer Verbindung mit dem Hofe von Konstantinopel
[* 19] stand, ließ, gereizt durch Amalasunthas Verachtung, diese 535 im Bad
[* 20] ermorden, benahm sich, unkriegerisch und zu gelehrter
Spielerei neigend, als Belisar das Ostgotenreich angriff, feig und kriechend demütig, erbot sich sogar, sein Reich an
Justinian abzutreten, und ward 536 von einem über seine Feigheit ergrimmten Goten ermordet.
Vgl. O. Abel, Theodat, König der Ostgoten
(Stuttg. 1855).
griech. Redner und tragischer Dichter, aus Phaselis in Lykien, trug achtmal den Sieg davon, so 351 v. Chr.
mit seiner Tragödie »Mausolos« in dem tragischen Wettstreit, welchen die
KöniginArtemisia zu Ehren ihres verstorbenen Gemahls Mausolos veranstaltet hatte.
Von seinen Tragödien sind nur unbedeutende
Bruchstücke übrig (abgedruckt bei Nauck, »Tragicorum graecorum fragmenta«, Leipz.
1856).
Vgl. Märcker, De Theodectis vita et scriptis (Bresl. 1835).
Königin derLangobarden, Tochter des Bayernherzogs Garibald, ward 589 mit dem langobardischen König Authari,
der unerkannt um sie warb, vermählt, reichte nach dessen Tod (590) dem Herzog Agilulf von Turin
[* 21] die Hand
[* 22] und verschaffte ihm
dadurch die Krone, übte unter ihm und ihrem Sohn Adelwald (615-624) großen Einfluß auf die Regierung aus und vermittelte
namentlich den Frieden zwischen den arianischen Langobarden und der römisch-katholischen Kirche.
(got. Thiudareiks, »Volksherrscher«,
Theodorich, Theuderich, später Dietrich), Name zweier westgotischer Könige:
1) Theoderich I., 419-451, Nachfolger Wallias, wählte Tolosa zum Herrschersitz, besiegte 439 den römischen Feldherrn Litorius, verband
sich 451 mit Aetius gegen die Hunnen und fiel, tapfer kämpfend, in der Schlacht bei Catalaunum.
2) Theoderich II., 453-466, Sohn des vorigen, ermordete seinen ältern Bruder, König Thorismund, regierte kräftig und focht siegreich,
ward 466 von Eurich ermordet.
3) Theoderich der Große, König der Ostgoten, geb. 454, Sohn des Amalers Theodemir, kam 462 als Geisel an den byzantinischen
Hof,
[* 23] an dem er zehn Jahre verweilte, nahm dann an seines VatersKämpfen teil, ward nach dessen Tod 475 König der Ostgoten und
stand im
Bund mit dem oströmischen KaiserZenon, der ihn mit Ehren und Würden überhäufte und ihm die Erlaubnis erteilte, Italien
[* 24] für den Kaiser wiederzuerobern. 488 zog er über die Ostalpen, schlug Odoaker 489 am Isonzo
[* 25] und bei Verona,
[* 26] 490 an der
Adda, zwang ihn 493 in Ravenna zur Übergabe und tötete ihn mit eigner Hand. Er nannte sich nun, obwohl er die Oberhoheit des
byzantinischen Kaisers anerkannte, König von Italien und begründete das ostgotische Reich. Er erweiterte
und sicherte dessen Grenzen
[* 27] nach außen, erwarb Sizilien,
[* 28] die Alpenlande und die Provence, suchte den Frieden unter den germanischen
Reichen aufrecht zu erhalten und ward von denselben als mächtiger Schiedsrichter hoch geachtet. Im Innern stellte er ebenfalls
eine vortreffliche Staatsordnung her.
Kurz, Italien begann unter seiner Regierung nach jahrhundertelanger innerer Zerrüttung und Anfeindung von außen sich aller
Segnungen des Friedens wieder zu erfreuen. Dennoch gelang es ihm nicht, die Goten mit den Römern zu verschmelzen und die Abneigung
des orthodoxen Klerus gegen die Herrschaft der arianischen Ketzer zu überwinden. Die Ränke desselben verleiteten ihn 524 zur
Hinrichtung der hochgeachteten SenatorenBoethius und Symmachus. Er starb 26. Aug. 526, ohne einen Sohn zu hinterlassen, daher das
Reich auf seinen zehnjährigen Enkel Athalarich, den Sohn seiner Tochter Amalasuntha, überging. Auch in der
Sage und im Lied lebte Theoderich als Dietrich von Bern (s. d.) fort, und im deutschen Heldenbuch wie im Nibelungenlied wird er als einer
der hervorragendsten Helden gefeiert.
der religionsphilosophische Versuch des Erweises, daß das Vorhandensein des Übels und des Bösen vereinbar sei mit einer
weisen, gütigen und gerechten Vorsehung.
Für die älteste Theodicee gilt gewöhnlich das BuchHiob;
aber Begriff
und Aufgabe derselben stehen erst fest seit Leibniz' Schrift »Essai de théodicée sur la bonté de Dieu, la liberté de l'homme
et l'origine du mal« (Amsterd. 1712). Vgl. Optimismus.
(griech.), ein hauptsächlich zu geodätischen Zwecken, aber auch in der Astronomie
[* 33] benutztes Winkelmeßinstrument,
besteht aus zwei geteilten Kreisen, von denen der eine horizontal, der andre vertikal steht. Der Horizontalkreis
ist in fester Verbindung mit dem massiven dreifüßigen Gestell und kann
¶
mehr
mit Hilfe von Stellschrauben und einer Libelle genau horizontal eingestellt werden. In demKreis
[* 35] liegt ein zweiter, um eine vertikale
Achse drehbarer Kreis (Alhidadenkreis), welcher mit seinem Rand genau an den Horizontalkreis anschließt und an den Enden eines
Durchmessers zwei Nonien zur Zählung der Grade trägt. Senkrecht darauf steht ein fester Träger
[* 36] für ein
Fernrohr
[* 37] mit Fadenkreuz, welches um eine mit dem Horizontalkreis parallele Achse drehbar ist, und dessen Visierlinie von der
Alhidadenachse geschnitten wird und auf der Drehachse des Fernrohrs senkrecht steht.
Fest verbunden mit der Drehachse des Fernrohrs steht der Vertikalkreis, welcher alle Bewegungen des Fernrohrs mitmacht. Zur
Messung derselben dienen zwei feststehende Nonien, welche an dem Ende eines mit dem Horizontalkreis parallelen Durchmessers
liegen. Nebenbestandteile sind die Klemm- und Mikrometerschrauben für die grobe und feine Drehung des Vertikal- und Alhidadenkreises
und die Lupen zum Ablesen. Von diesem einfachen Theodolít unterscheidet sich der Repetitionstheodolit (Multiplikations-, Repetitionskreis)
dadurch, daß er bei einmaliger Aufstellung und zweimaliger Ablesung ein beliebig großes Vielfache eines
gegebenen Winkels zu messen gestattet, aus dem man durch Division leicht den einfachen Winkel
[* 38] finden kann.
Man vermindert in dieser Weise den Einfluß der Beobachtungsfehler auf den gemessenen Winkel. Statt des Hängekompasses, welcher
nur eine geringe Genauigkeit der damit aufgenommenen Winkel gewährt, wendet man die Grubentheodolite
an, welche sich von den andern nur dadurch unterscheiden, daß sie in der Regel mit einer Bussole umgeben sind. Über den magnetischen
s. Magnetometer.
[* 39] Kleine Theodolite mit distanzmessendem Fernrohr, mit Bussole und Vertikalkreis werden als Tachymeter (Schnellmesser,
daher Tachymetrie), Tacheometer, Tachygraphometer in der praktischen Geometrie zum Feldmessen und Abstecken
heutzutage vielfach gebraucht.
Vgl. Jordan, Handbuch der Vermessungskunde (2. Aufl., Stuttg. 1878).
2) (Theodoros) König von Abessinien, eigentlich Kasa, geboren um 1820 im Land Quara als Sohn des dortigen
Statthalters Hailu Marjam und einer Mutter niederer Abkunft, führte den Titel Ledsch (Prinz), ward in einem Kloster erzogen,
widmete sich aber dem Kriegerstand, suchte sich an der Spitze einer Räuberbande im Kampf gegen Moslims und HeidenRuhm und Macht
zu erwerben, erhielt 1847 vom König von Gondar, RasAli, die Herrschaft über ein großes Gebiet, stürzte darauf RasAli durch
den Sieg bei Aischal (1853) und ließ sich, nachdem er auch den König Ubieh
von Tigré seiner Herrschaft beraubt hatte, von
dem Abuna Selama in der Kirche von Deresgeh Marjam unter dem Namen Theodor zum König der Könige (Negus Negesti)
von Äthiopien salben und krönen. Er eroberte darauf auch noch das Land der Wollo Galla und Schoa, mußte aber unaufhörlich
gegen Aufstände in diesen Ländern kämpfen, welche seine Kraft
[* 48] aufrieben und die Durchführung seiner Reformabsichten vereitelten.
Dazu kamen Streitigkeiten mit der mächtigen Geistlichkeit und mit England, das Theodor durch Nichtachtung beleidigte. Obwohl Theodor eigentlich
danach strebte, die europäische Zivilisation in seinem Land einzuführen, wurde sein Zorn durch Anmaßung und Taktlosigkeiten
der europäischen Konsuln und Missionäre so gereizt, daß er 1864 alle Europäer ins Gefängnis warf. Im
unaufhörlichen Kampf mit Rebellen und der Ungunst des Auslandes waren seine Willkür und Grausamkeiten gewachsen.
Als er 1866 den englischen Gesandten Rossam, der eine Verständigung versuchte, gefangen nahm und seine Auslieferung verweigerte,
landeten die Engländer Ende 1867 bei Massaua
[* 49] und drangen, von den Rebellen unterstützt, bis zur Bergfeste Magdala vor,
wo Theodor sie erwartete. Nach einer Niederlage seines Heers bot er Frieden an, als aber die Engländer forderten, er solle sich als
Gefangener stellen, erschoß er sich selbst Sein Sohn Alemajehu wurde nach England gebracht, starb hier aber
bald.
Vgl. Acton, The Abyssinian expedition and the life and reign of king Theodor (Lond.
1868).
2) Theodor Laskaris II., Enkel des vorigen, Sohn des KaisersJohann Vatatzes, folgte demselben 1254 auf dem Thron,
[* 50] kämpfte glücklich gegen
die Bulgaren und den abtrünnigen Despoten von Epirus, starb aber schon 1258.
1) Gemahlin des oströmischen Kaisers Justinian I., Tochter eines Zirkusbeamten, Acacius
von Cypern,
[* 51] war früher Schauspielerin, Tänzerin und Hetäre, dann die Geliebte und endlich die Gemahlin des Justinianus. Als
derselbe 527 den byzantinischen Thron bestieg, erhielt auch sie die Krönung vom Patriarchen und die Würde als Mitherrscherin.
Sie übte eine bedeutende Gewalt über den Kaiser und gab vielfache Beweise von Klugheit und Mut, aber auch
von Hochmut, Herrschsucht und rachsüchtiger Grausamkeit.
Bei dem 532 in Konstantinopel ausgebrochenen Nika-Aufstand rettete sie ihren Gemahl, welcher den Mut verloren hatte und fliehen
wollte, durch unerschrockenes Auftreten. Ihre vertraute Freundin war die sittenlose Gemahlin Belisars, Antonina, weswegen sie
Belisar begünstigte. Durch äußere Frömmigkeit und kirchliche Rechtgläubigkeit, durch Spenden und Stiftungen
an Kirchen, Klöster und Spitäler suchte sie ihren frühern Lebenswandel zu sühnen. Sie starb, 40 Jahre alt, 548 an einer
schrecklichen Krankheit. Prokopios hat in der »Geheimgeschichte« (»Anecdota«)
ein abschreckendes Bild ihrer Sittenlosigkeit gegeben, welches die neuere Kritik aber als ein sehr übertriebenes erkannt
hat.
2) Gemahlin des oströmischen KaisersTheophilos, nach dessen Tod 842 Regentin für ihren unmündigen Sohn Michael III. Schon
bei Lebzeiten ihres
¶
mehr
bilderfeindlichen Gemahls heimlich dem Bilderdienst zugewandt, stellte sie nach ihrer Thronbesteigung denselben wieder her,
entsetzte den widerstrebenden PatriarchenJohannes und erhob Methodios an seine Stelle. Sie wurde 856 auf Veranstalten ihres
Bruders Bardas von ihrem Sohn in ein Kloster geschickt, später aber aus demselben wieder entlassen und überlebte noch den
TodMichaels (867).
3) Tochter des oströmischen KaisersKonstantin VIII., wurde 1042 nach dem SturzMichaels V. mit ihrer SchwesterZoe auf den Kaiserthron
erhoben, führte dann nach dem Tode der letztern und des dritten Gemahls derselben, Konstantin VII. Monomachos, 1054 bis 1056 allein
die Regierung. Mit ihr erlosch die von Basilius I. begründete makedonische Dynastie.
4) Römerin, Gemahlin des Konsuls Theophylactus, schön, klug und ehrgeizig, aber sittenlos, Mutter der Marozia und der jüngern
Theodora, stand mit diesen an der Spitze der patrizischen Partei und beherrschte mehrere Jahre Rom und
[* 53] den päpstlichen Stuhl,
auf den sie 914 Johann X., ihren frühern Geliebten, erhob.
Kirchenhistoriker, geboren zu Antiochia, ward 420 Bischof in Cyrus am Euphrat, als Vertreter der antiochenischen
Schule in den nestorianischen und eutychianischen Streitigkeiten zwar auf der sogen. Räubersynode in ein Kloster verbannt,
vom Konzil zu Chalcedon aber als rechtgläubig anerkannt und starb 457. Seine Schriften wurden von Schulze
und Nösselt (Halle
[* 54] 1769, 5 Bde.) herausgegeben, die wichtigste darunter,
die »Historia ecclesiastica«, welche die Zeit von 322 bis 428 umfaßt, von Gaisford (Oxf. 1854).
Vgl. Binder, Études sur Théodorète
(Genf
[* 55] 1844);
Bertram, Theodoreti doctrina christologica (Hildesh. 1883).
vonMopsuëstia, griech. Kirchenvater, aus Antiochia gebürtig, war anfänglichMönch,
seit 393 Bischof von Mopsuestia in Kilikien, wo er 428 starb. Er war der erste Exeget seiner Zeit, zugleich der unbefangenste
im ganzen kirchlichen Altertum. In der morgenländischen Kirche ward er als Anhänger des Pelagianismus sowie des Nestorianismus
auf dem fünften ökumenischen Konzil als Ketzer verdammt. Die syrischen Fragmente seiner Schriften gab Sachau
(Leipz. 1869) heraus, die exegetischen SchriftenFritzsche(Zürich
[* 56] 1847) und Swete (Cambridge 1880 bis 1882, 2 Bde.).
Vgl. Kihn, Theodorus und
Junilius (Freiburg
1880).
Gute ältere
Ausgaben sind die von Gothofredus (Leid. 1665) und Ritter (Leipz. 1736-45), die besten neuern lieferten Hänel (Bonn
[* 57] 1837-42)
und Krüger (Berl. 1880).
Als aber die Goten die Donau überschritten und 378 in der Schlacht bei Adrianopel den Kaiser des Ostens, Valens, geschlagen und
getötet und fast das ganze Heer desselben vernichtet
hatten, wurde er 379 von Gratianus (s. d.), dem Kaiser
des Westens, berufen, um als Kaiser des Ostens das Reich gegen die eindringenden Feinde zu verteidigen. Er brachte die Goten teils
durch glückliche Unternehmungen, teils durch Unterhandlungen dahin, daß sie sich 382 unterwarfen, worauf er ihnen feste
Wohnsitze in Thrakien und Dacien anwies und einen Teil derselben in sein Heer aufnahm.
Außer gegen auswärtige Feinde hatte er aber auch gegen innere Krieg zu führen. Als Maximus (s. d. 3), welcher bereits Gratian
gestürzt hatte, auch Valentinian H. bedrohte, zog er 388 gegen Maximus und brachte ihm bei Siscia eine völlige Niederlage
bei, und 394 unternahm er denKrieg gegen Arbogastes (s. d.), welcher, nachdem wahrscheinlich auf sein Anstiften
Valentinian II. ermordet worden, Eugenius als Kaiser des Westens eingesetzt hatte; auch dieser wurde bei Aquileja völlig geschlagen
und fand bald darauf den Tod.
Auf diese Art wurde das ganze Reich zum letztenmal unter der Herrschaft EinesKaisers vereinigt. Im Innern
war Theodosius besonders bemüht, die Arianer zu unterdrücken und dem Heidentum ein Ende zu machen, weshalb er 381 auf dem Konzil
zu Konstantinopel das Nicäische Glaubensbekenntnis für allein gültig erklären ließ und 392 durch ein Edikt den heidnischen
Kultus völlig verbot. Als er 390 die Stadt Thessalonich wegen eines Aufstandes durch ein grauenhaftes Blutbad
züchtigte, mußte er sich vor BischofAmbrosius von Mailand
[* 61] einer Kirchenbuße unterwerfen. Er starb 17. Jan. 395 in Mailand. Nach
seinem Tod wurde das Reich unter seine beiden SöhneArcadius und Honorius geteilt, die er schon bei seinen Lebzeiten zu Mitkaisern
ernannt hatte.
Vgl. Güldenpenning und Ifland, Kaiser Theodosius d. Gr. (Halle 1878).
2) Theodosius II., der jüngere, Sohn des Arcadius und der Eudoxia, Kaiser des oströmischen Reichs, geb. 401, folgte seinem Vater 408 und
stand bis 414 unter Vormundschaft des PräfektenAnthemius, worauf seine SchwesterPulcheria für ihn bis an seinen Tod die Herrschaft
führte; er selbst verbrachte seine Zeit mit Jagen und andern nutzlosen Beschäftigungen. Während seiner
Herrschaft wurde ein Krieg mit Persien
[* 62] geführt, welcher 422 durch einen nicht unrühmlichen Frieden beendigt ward; dagegen
wurde das Reich seit 441 durch die Einfälle der Hunnen unter Attila schwer heimgesucht, denen 447 ein großer StrichLandes
südlich der Donau abgetreten und, außer einer Summe von 6000 Pfd. Goldes, ein jährlicher Tribut bewilligt werden mußte.
An den theologischen Streitigkeiten nahm Theodosius eifrig teil. In dem Streit über die natürliche GeburtChristi erklärte er sich
unter Pulcherias Einfluß für die Lehre
[* 63] Cyrillus' und schickte den PatriarchenNestorius in die Verbannung;
später wurde er für die Lehre des Eutyches gewonnen und geriet darüber in ein Zerwürfnis mit Pulcheria, welche 449 auf kurze
Zeit vom Hof entfernt wurde. Noch ist zu bemerken, daß unter ihm 438 der CodexTheodosianus (s. d.), eine Sammlung der kaiserlichen
Edikte von Konstantin d. Gr. bis auf die Gegenwart, veröffentlicht wurde.
Theodosius verheiratete sich 421 mit Athenais (s. d.), die nach der Taufe den NamenEudokia erhielt, sich aber 441 von ihm trennte. Er
starb 450.
Vgl. Güldenpenning, Geschichte des oströmischen Reichs unter den KaisernArcadius und Theodosius (Halle 1885).
Kirchenschriftsteller des 2. Jahrh., über dessen Person und Heimat Widersprechendes
berichtet wird, lieferte gleich seinem Zeitgenossen Aquila (s. d. 1) eine griechische Übersetzung des
¶
griech. Elegiker, zwischen 540 und 470 v. Chr., wurde als Anhänger der Aristokratie aus seiner Vaterstadt
Megara vertrieben und kehrte erst in spätern Jahren in die Heimat zurück. Aus den Überresten seiner Elegien ersieht man, daß
dieselben mit seinen politischen Erlebnissen in innigstem Zusammenhang standen. Den Untergang derselben hat ihr außerordentlicher
Reichtum an Sentenzen herbeigeführt, die man schon frühzeitig auszog und zusammenstellte, um sie für den Jugendunterricht
zu verwerten, wie dies namentlich in Athen geschah. Wir besitzen unter dem Namen des Theognis eine planlose, oft nach
bloßen Stichwörtern geordnete Sammlung von allerlei distichischen Sprüchen und Ermahnungen in 1389 Versen, unter denen sich
auch manches dem Dichter nicht Gehörige findet. Ausgaben besorgten Bekker (Berl. 1827), Welcker (Frankf. 1826), Orelli(Zürich
1840),
Bergk (in »Poetae lyrici graeci«),
Ziegler (2. Ausg., Tübing. 1880) und Sitzler (Heidelb. 1880); Übersetzungen liegen
vor vonWeber (Bonn 1834) und Binder (Stuttg. 1860).
Ähnliche Vorstellungen sind übrigens dem
antiken Staatswesen überhaupt eigentümlich, und ihre großartigste Verwirklichung fand die Idee eines
»Gottesstaats« in der mittelalterlichen Kirche.
der Schöpfer und Hauptvertreter der bukolischen Poesie der Griechen, aus Syrakus
[* 65] oder Kos gebürtig, blühte
um 270 v. Chr. und lebte teils in Alexandria, teils zu Syrakus. Unter seinem Namen besitzen wir außer einer
Anzahl von Epigrammen 32 größere Gedichte, sogen. Idylle. Die meisten derselben haben eine dramatische Form und sind teils
künstlerische Nachahmungen des Wechselgesangs der sizilischen Hirten, teils stellen sie Szenen des gemeinen Lebens dar, während
andre mythologische Erzählungen enthalten, noch andre rein lyrischer Natur sind.
Insonderheit ist die christliche Theologie die Fakultätswissenschaft der Diener derKirche, wie die Jurisprudenz diejenige der Staatsdiener.
Daraus ergibt sich teils der wesentliche Unterschied der Theologie von dem Begriff der Religion (s. d.), teils ihr
nahes Verhältnis zur Philosophie (s. Religionsphilosophie). Fast jedes philosophische System ist auf die Theologie angewendet worden,
und in langen Perioden der Geschichte bildete die Theologie den alles bedingenden Hintergrund für die Geschichte der Philosophie.
Formell ist man seit Schleiermacher ziemlich allgemein darin einverstanden, daß in der Theologie eine Reihe von
Disziplinen, welche der Sache nach in die Gebiete der Geschichte, der Philosophie und der Philologie gehören, im Interesse der
Kirchenleitung in eine, jeder dieser Disziplinenan sich fremde, Association versetzt wurde. Da es sonach bloß ein praktischer
Gesichtspunkt ist, welcher als zusammenhaltende Klammer für die sonst mannigfach divergierenden Beschäftigungen der
»theologischen Fakultät« dient, würde an sich nichts im Weg stehen, ihre einzelnen Elemente in die ihnen natürliche Verbindung
zurücktreten zu lassen, wofern nicht ein leider oft allzu wenig erkanntes Interesse des Staats selbst es erheischte, die Kirche
durch eine von ihm, nicht von ihr zu besetzende theologische Fakultät in dem lebendigen und befruchtenden
Zusammenhang mit dem sich entwickelnden wissenschaftlichen, künstlerischen und politischen Bewußtsein der Zeit zu erhalten
oder, wo dieser Zusammenhang verloren gegangen ist, ihn wiederherzustellen. Im übrigen unterscheidet man herkömmlicherweise
innerhalb der Theologie als christlicher (bez. auch jüdischer) Religionswissenschaft die Hauptgebiete der historischen, systematischen
und praktischen Theologie. Die historische Theologie hat zum Gegenstand den Ursprung, den
weitern Fortgang und die gegenwärtige Lage der Kirche und zerfällt daher wieder in die exegetische, kirchenhistorische und
statistische Theologie. Unter der erstern begreift man alles das, was auf das Bibelstudium oder auf die Erklärung der Heiligen Schrift
Alten und NeuenTestaments Bezug hat.
christlichen Kunst und Sitte in den ersten Jahrhunderten, die Darstellung des christlichen Lebens in den verschiedenen Zeitaltern,
die Missionsgeschichte und die Ketzergeschichte. Die kirchliche Statistik endlich ist die Darstellung des gegenwärtigen Zustandes
der äußern und innern Lage der Kirche in den verschiedenen christlichen Ländern. Unter der systematischen Theologie begreift man
die wissenschaftliche Darstellung der christlichen Lehre, sowohl nach dem Glauben als nach dem ihm entsprechenden sittlichen
Leben.
Die Dogmatik (s. d.) oder Glaubenslehre bildet eigentlich den Mittelpunkt der Theologie, indem in ihr die Resultate der exegetischen
und historischen Theologie zu einem geordneten Ganzen verbunden werden. Als besondere Bestandteile gehören ihr an:
die Apologetik, die Polemik und deren Gegensatz, die Irenik. Die christliche Moral oder Sittenlehre hatte früher als besondere
Disziplinen neben sich die Kasuistik und die Asketik. Die praktische Theologie würde, falls sich die oben angeregte Auseinandersetzung
der theologischen mit der philosophischen Fakultät vollziehen ließe, ganz außerhalb der Universitätsstudien fallen und
Sache kirchlicher Seminare werden, sofern sie die Theorie von Kirchenleitung und Kirchendienst darstellt. Auch sie umfaßt mehrere
besondere Disziplinen, namentlich die Katechetik, Liturgik, Homiletik, Pastoraltheorie und unter Umständen das Kirchenrecht;
wir verweisen auf die betreffenden Artikel.
katholischerseits: Wetzer und Weltes umfangreiches
»Kirchenlexikon« (2. Aufl. von Hergenröther und Kaulen, Freiburg
1880 ff.) und Schäflers »Handlexikon
der katholischen Theologie« (Regensb. 1880-88, 3 Bde.).
Später trat die Macht der Päpste an die Stelle der Konzile. Nachdem so das Dogma durch die Hierarchie festgestellt
war, fand die scholastische (s. Scholastiker) ihre Aufgabe in der Durchbildung des Lehrbegriffs im einzelnen, namentlich aber
in dem Nachweis seines innern Zusammenhanges und in der philosophischen Begründung der Kirchenlehre. Erst gegen Ende des 14. Jahrh.
beginnt eine durchgreifende, auf das Wesen des Christentums zurückgehende Reformation der Theologie mit Wiclef,
die durch
Huß, aber auch durch seine Gegner, die nominalistischen Theologen Frankreichs, fortgesetzt, durch die Reformatoren
vollendet und praktisch ins Werk gesetzt wurde.
Von diesem Zeitpunkt an durchläuft die theologische Wissenschaft, als die Schöpferin einer neuen Kirche, neue Phasen. Die
Reformation brachte der evangelischen Theologie zunächst Freiheit der Forschung dadurch, daß sie die Herrschaft und die Macht der
bloßen Autorität über die Geister brach und die Heilige Schrift als alleinige Erkenntnisquelle hinstellte. Im Gegensatz gegen
die neue Fessel, als welche nun der Schriftbuchstabe in der zu einer zweiten Scholastik erstarrten protestantischen
Theologie des 17. Jahrh. auftrat, regte sich mit Erfolg das teils philosophisch fortgeschrittenere,
teils historisch geschultere Bewußtsein des 18. Jahrh., während das 19., besonders in Schleiermacher, mit der philosophischen
und historischen Unbefangenheit auch wieder eine tiefere Würdigung des Wesens der Religion und der Interessen der Kirche zu
verbinden wußte.
Gleichwohl ließen die restaurativen Tendenzen, welche zeitweilig im Staate, dauernd in der Kirche die Herrschaft gewannen,
es kaum zur Bildung einer eigentlich freien, die Grundlage und Methode der übrigen Wissenschaften teilenden Theologie kommen.
(griech.), im Altertum die Wahrsagung zukünftiger Dinge durch göttliche Eingebung, die weder an einen bestimmten
Ort noch an eine bestimmte Zeit geknüpft war, meist bei Privatangelegenheiten stattfand und sich vom Orakel (s. d.) ebenso
wie von der Weissagung aus Opfern unterschied.
1) Theon von Smyrna, griech. Philosoph um die Mitte des 2. Jahrh. n. Chr., verfaßte ein für die Kenntnis der altgriechischen
Arithmetik wichtiges Werk über die zum Verständnis des Platon nötigen mathematischen, musikalischen und astronomischen Sätze
(hrsg. von Hiller, Leipz. 1878).
3) Älios, aus Alexandria, griech. Rhetor des 5. Jahrh. n. Chr., ist Verfasser einer trefflichen Anleitung, sogenannter
»Progymnasmata« (hrsg. von Finckh, Stuttg. 1834,
und in den »Rhetores graeci« von Walz und von Spengel).
Geschichtschreiber, geb. 758 zu Konstantinopel, bekleidete
daselbst mehrere Hofämter, ward dann Vorsteher eines Klosters in Bithynien, aber als Bilderverehrer von KaiserLeo III. verbannt
und starb 817 in Samothrake. Er verfaßte eine »Chronographia« (hrsg.
von Classen und Becker, Bonn 1839-41, 2 Bde.; von Boor, Leipz.
1883-85, 2 Bde.).