Der Grundgedanke der geschichtlichen
Arbeiten Teichmüllers ist der, die Abhängigkeit des
Aristoteles
vonPlaton nachzuweisen und das
PlatonischeSystem durch strengere Verknüpfung der
Ideen mit dem
Prinzip
der
Bewegung in
Einklang zu bringen, daneben aber eine eigne, von ihm als »vierte Weltansicht«
bezeichnete, dem Leibnizschen
System mannigfach verwandte philosophische
Anschauung geltend zu machen.
(Entenmuschel,
AnodontaLam.),
Gattung aus der
Familie der
Flußmuscheln, hat ein dünnes,
zerbrechliches Gehäuse und längliche, ungleichseitige
Schalen mit glatter, brauner
Oberhaut. Sie lebt besonders in stehenden,
schlammigen Gewässern, einzelne
Arten auch in
Flüssen. Je nach Wohnort,
Alter,
Nahrung und
Geschlecht weichen die Individuen
ungemein voneinander ab, und die Unterscheidung der zahlreichen
Arten ist daher sehr schwierig und noch keineswegs
festgestellt.
Die beiden wichtigsten sind die große Schwanenteichmuschel (A. cygneaL.), breit-eiförmig, mit geradem oder meist aufsteigend
gebogenem Oberrand und gerundetem, sehr krummlinigem Unterrand, bis 18
cm breit, und die Cellenser (A. cellensisSchröt.),
länglich-eiförmig, mit fast geradem, parallelem
Ober- und Unterrand. Die Teichmuschel findet sich fast in ganz
Europa
[* 10] und vermehrt sich sehr stark; ein
Tier enthält bisweilen an 40,000 junge
Muscheln.
[* 11] Diese entwickeln sich zuerst innerhalb
der
Kiemen des Muttertiers, schwärmen dann als kleine, sehr unreife
Larven aus und heften sich mittels eines Byssusfadens
an die
Flossen von
Fischen an.
Der von ihnen als
Fremdkörpern verursachteReiz hat eine Schwellung in ihrer
Umgebung zur
Folge; die
Haut
[* 12] erhebt sich zu einem
Wall und schließt in 3-4
Tagen die
Larve völlig ein. In einem solchen Gefängnis
nun bleibt letztere über 70
Tage und entwickelt sich dabei bedeutend. Ursprünglich mit nur einem
Schließmuskel versehen,
büßt sie diesen ein und erhält dafür zwei neue; ferner wachsen ihr
Kiemen,
Herz,
Geschlechtsorgane etc.
Endlich öffnet sich die
Haut des
Fisches, und die junge
Muschel tritt hervor, um von da ab frei umherzukriechen.
Verwaltungsbezirk
Neustadt
[* 14] a. O., an der
LinieWerdau-Mehltheuer der
Sächsischen
Staatsbahn, 311 m ü. M., hat eine evang.
Kirche, eine Burgruine, Kammgarnspinnerei, Harmonikafabrikation u. (1885) 1946 Einw.
(Taifun,
Tyfon,
Typhon),
Wirbelstürme in den chinesischen und japanischenMeeren, kommen zur
Zeit des
Wechsels derMonsune (s. d.) vom Juni bis
November, am häufigsten im
September und
Oktober, vor und unterscheiden sich
von den andern
Wirbelstürmen dadurch, daß sie gewöhnlich einen sehr kleinen
Durchmesser (d. h.
Breite)
[* 15] besitzen.
Ihre Zentra
(die
Punkte der
Windstille innerhalb des Sturmwirbels), die oft beinahe stillzustehen scheinen, bewegen
sich von O. nach W. oder von OSO. nach WNW., während die Rotationsrichtung wie bei allen Wirbelwinden auf der nördlichen
Halbkugel, entgegengesetzt der des Uhrzeigers ist.
Sie sind, weil bei ihnen alle sonstigen Vorzeichen eines herannahenden
Sturms fehlen, und weil innerhalb eines so eng begrenzten
Raums, wie ihn der Teifun einnimmt, die
Winde
[* 16] in ihren
Richtungen ungewöhnlich rasch wechseln, für die
Schiffe
[* 17] äußerst gefährlich. Das
Wort Teifun (tai-fung) ist chinesischen Ursprungs, und zwar heißt fung
Wind, und tai ist eine Bezeichnung
der alten Bewohner von
Formosa für einen äußerst heftigen
Wind während der
Monate Juni bis
September.
Abdrücke in einer Teigmasse von mäßig tief eingeschnittenen Metallplatten mit biblischen
Darstellungen,
welche als
Vorläufer des von der gestochenen Kupferplatte genommenen Abzugs gelten.
Sie gehören der Frühzeit des 15. Jahrh.
an und sind meist auf Deckeln von Andachtsbüchern geklebt gefunden worden.
(spr. tannmoth oder tínn-), Seestadt in
Devonshire
(England), an der Mündung des Teign in den
Kanal,
[* 18] hat
einen Kursaal für Badegäste, Marmorschleiferei, Ausfuhr von
Granit (aus den Heytorbrüchen),
Töpferthon und
Apfelwein und
(1881) 7120 Einw. Zum
Hafen gehören (1888) 23 Seeschiffe von 2456
Ton. und 76 Fischerboote;
Wert derEinfuhr
18,302, der Ausfuhr 7330 Pfd. Sterl. Teignmouth ist Sitz eines deutschen
Konsulats.
allgemeine
Eigenschaft der
Körper, zufolge welcher sich dieselben in kleinere gleichartige Teile auf mechanischem
Weg trennen lassen. Ob die physikalische Teilbarkeit derKörper bis ins Unendliche gehe, oder ob dieselbe bei
gewissen kleinsten Teilchen
(Atomen), die nicht mehr teilbar seien, ihre
Grenze habe, darüber hat man vorzüglich auf dem
Gebiet der
Philosophie bis jetzt viel gestritten, weil man hierin einen wichtigen
Schlüssel zur Erforschung des
Wesens der
Materie zu finden hoffte (s.Atom). Die Bemühungen um Auffindung der
Grenze, bis zu welcher faktisch die
Teilung derKörper getrieben werden kann, hat zwar noch nicht eine derartige
Grenze ergeben, aber doch gezeigt, daß, wenn
eine solche vorhanden ist, die kleinsten Teilchen nicht mehr meßbar sind. Man nimmt gegenwärtig an, die mechanische
Teilung
führe schließlich auf die
Mole,
[* 19] während als die
¶
mehr
wirklich kleinsten Teile, in welchen ein Körper im freien Zustand existieren kann, die Moleküle gelten. Diese bestehen mit
wenigen Ausnahmen aus mindestens zwei Atomen, welche nur durch chemische Mittel voneinander getrennt werden können.
Vorrichtung zur Ausführung von Kreis- oder Längenteilungen, namentlich zur Herstellung
der Grad- und Längenteilungen an Meßinstrumenten. Beide haben den zu teilenden Kreis
[* 21] oder Stab
[* 22] periodisch um eine genau bestimmte
Strecke zu bewegen und dann durch ein feststehendes sogen. Reißerwerk einen Strich von bestimmter Länge auszuführen. Bei
der Kreisteilmaschine wird nach Reichenbach
[* 23] die Originalteilung eines Mutterkreises unter Benutzung des
Mikroskops kopiert oder nach Ramsden der zu teilende Kreis mit Schraube und Schraubenrad gleichmäßig gedreht und in passenden
Momenten durch das Reißerwerk eingeritzt und endlich nach Örtling eine Kombination beider Prinzipien vorgenommen.
Bei der Teilmaschine ohne Führungsschraube
von Meyerstein in Göttingen und ähnlich bei der von Nasmyth wird ein Normalmaßstab zu Hilfe gezogen, dessen Teilung gewissermaßen
kopiert werden muß.
amVerbrechen (Mitschuld, Concursus ad delictum), die Beteiligung mehrerer Personen an einer strafbaren Handlung;
und zwar spricht man von einer notwendigen Teilnahme, wenn zu dem Begriff eines Verbrechens, z. B. zu dem Verbrechen des Aufruhrs, das
Vorhandensein mehrerer Thäter (Mitschuldige, Komplicen) erforderlich ist, während eine freiwillige Teilnahme vorliegt, wenn ein
Verbrechen, z. B. ein Diebstahl, von mehreren gemeinschaftlich begangen wird, welches aber auch von einer einzelnen
Person verübt werden kann.
Die der gemeinschaftlichen Ausführung vorangehende Verabredung eines oder mehrerer einzeln bestimmter Verbrechen wird Komplott
genannt. Handelt es sich dagegen um eine Verbindung, welche auf die Wiederholung von einzeln noch nicht bestimmten Verbrechen
gerichtet ist, so wird dieselbe als eine Bande bezeichnet. Keine Teilnahme ist die Begünstigung (s. d.), weil
es sich dabei um einen nachträglichen Beistand handelt. Nur wenn die Begünstigung vor Begehung der That zugesagt war, soll
sie als Beihilfe bestraft werden. Im übrigen werden in dem deutschen StrafgesetzbuchMitthäter, Anstifter und Gehilfen unterschieden.
Mitthäter sind diejenigen, welche ein Verbrechen gemeinschaftlich ausführen. Wird dagegen die verbrecherische
That von einer Person (dem physischen Urheber) ausgeführt, welche hierzu von einer andern (dem intellektuellen Urheber) durch
Geschenke oder Versprechen, durch Drohung, durch Mißbrauch des Ansehens oder der Gewalt, durch absichtliche Herbeiführung oder
Beförderung eines Irrtums oder durch andre Mittel vorsätzlich bestimmt worden war, so erscheint die letztere als Anstifter
(mittelbarer, intellektueller, moralischer, physischer
Urheber).
Hat dagegen der Teilnehmer dem Thäter nur wissentlich durch Rat oder That Beihilfe geleistet, so wird er als Gehilfe bestraft,
und zwar kennt das deutsche Strafgesetzbuch eine strafbare Beihilfe nur bei eigentlichen Verbrechen und Vergehen, nicht auch
bei bloßen Übertretungen. Von den Mitthätern wird jeder als Thäter bestraft (§ 47); ebenso wird der
Anstifter gleich dem Thäter bestraft (§ 48). Die Strafe des Gehilfen dagegen ist geringer als diejenige des Thäters; sie
soll sich nach den Grundsätzen des Versuchs richten und diesen entsprechend ermäßigt werden (§ 49). Übrigens ist auch der
Versuch der Anstiftung für strafbar erklärt, wofern es sich um ein eigentliches (schweres) Verbrechen
handelt, zu welchem der Anstifter einen andern, wenn auch ohne Erfolg, aufforderte.
Die lediglich mündlich ausgedrückte Aufforderung zum Verbrechen wird nur dann bestraft, wenn diese Aufforderung an die Gewährung
von Vorteilen irgend welcher Art geknüpft war. Auch die Annahme einer solchen Aufforderung ist strafbar.
Das Komplott, bei welchem es noch nicht zum Beginn der Ausführung der verbrecherischen That gekommen, ist beim Hochverrat
(§ 83) strafbar. Im deutschen Militärstrafgesetzbuch (§ 59) ist auch die Verabredung eines Kriegsverrats mit Strafe bedroht.
Bei dem Zug
der Epigonen gegen Theben
als Gefangener abgeführt, starb er unterwegs an der Quelle
[* 35] Tilphussa. Er weissagte auch noch in der Unterwelt.
¶
letzter König der Ostgoten, war Feldherr des Totilas, nach dessen Fall bei Tagina 552 er in Pavia zum König erhoben
wurde, sammelte in Oberitalien
[* 45] die Reste der Goten und zog darauf nach Unteritalien seinem in Cumä von den Römern belagerten
Bruder Aligern zu Hilfe.
Hier am Sarnus kämpfte er einen 60tägigen Verzweiflungskampf gegen die Römer,
[* 46] in dem er endlich nach heldenhaftem Widerstand mit dem größten Teil seines Volkes fiel.
(Tejus Gray), Eidechsengattung aus der Ordnung der Saurier (Sauria) und der Familie der Schienenechsen (Ameivae),
amerikanische Reptilien mit gestrecktem Körper, meist 2-3 Querfalten an der Kehle, glatten, in quere Binden
geordneten Rückenschuppen, glatten, vierseitigen, in der Fünfform stehenden Bauchschuppen, an der Basis einstülpbarer Zunge,
mit zwei oder drei Einschnitten versehenen obern Schneidezähnen und in der Jugend dreispitzigen, im Alter höckerigen Backenzähnen.
Der Teju (Salompenter, TejuteguixinGray), bis 2 m lang, oberseits bräunlichschwarz mit weißgelben und
weißen Flecken und Binden, unterseits rötlichgelb, schwarz gebändert, bewohnt
Südamerika
[* 47] von Guayana bis Paraguay,
[* 48] lebt hauptsächlich
in der Nähe der Küste, in Plantagen, Gebüschen, Wäldern, gräbt sich Erdhöhlen unter Baumwurzeln, nährt sich von Früchten
und allerlei kleinen Tieren und wird auf Hühnerhöfen schädlich durch das Rauben von Eiern und jungem
Geflügel. Er ist sehr schüchtern und flüchtig, leistet aber im Notfall tapfere Gegenwehr und beißt äußerst scharf.
Man jagt ihn eifrig auch des wohlschmeckenden Fleisches halber und benutzt dies und besonders das Fett gegen Schlangenbiß.
(ungar. Teke), Stadt im ungar. KomitatKlausenburg
[* 49] (Siebenbürgen), mit 3 Kirchen, (1881) 2032 ungarischen,
rumänischen und deutschen Einwohnern, Bezirksgericht und Weinbau.
kleine, früher bedeutendere, von Arabern bewohnte Stadt im türk. WilajetBagdad, am rechten Ufer des Tigris,
etwa 160 km nordnordwestlich von Bagdad auf mehreren Hügeln, die zum Flusse steil abfallen, mit Ruinen einer alten Festung
[* 50] und
angeblich 2000 Einw.
dann auch die
Kunst, Geräte und Möbel
[* 52] unter Berücksichtigung des Verhältnisses der tragenden und getragenen Teile aus Holz
[* 53] und andern
Materialien zu verfertigen (Möbeltischlerei, Zimmermannskunst, Gefäßbildnerei etc.).
griech. Heros, Sohn des Äakos und der Endeis, Bruder des Peleus, flüchtete wegen des an seinem Halbbruder Phokos
verübten Mordes nach Salamis zum Kychreus, der ihn zum Schwiegersohn erkor und ihm bei seinem Tode die Herrschaft hinterließ.
Seine spätere Gattin Periböa gebar ihm den Aias. Telamon begleitete Herakles
[* 57] nach Troja,
[* 58] wo er die Tochter des
Laomedon, Hesione, zum Geschenk erhielt, die ihm den Teukros gebar, und nahm auch teil an der kalydonischen Jagd und der Argonautenfahrt.
(griech.), in der Architektur, s. Karyatiden. ^[= (griech.), in lange, faltenreiche Gewänder gekleidete weibliche Gestalten, welche, auf einer ...]
[* 59]
(griech.), aus Amerika
[* 67] (1852) stammende Bezeichnung einer telegraphischen Nachricht (sprachlich
richtiger Telegraphēm, wie im heutigen Griechenland üblich). Man unterscheidet:
1) Telegramm in offener Sprache
[* 68] mit allgemein verständlichem Inhalt in einer gebräuchlichen Sprache;
2) Telegramm in verabredeter Sprache in Wörtern, die nur für den Eingeweihten einen Sinn geben. Die Wörter werden für die internationale
Korrespondenz zugelassenen Wörterbüchern entnommen und bezeichnen oft ganze Sätze, so daß das Telegramm sehr
kurz und billig wird;
Dringende Telegramme (dringend, urgent, D.) werden gegen dreifache Gebühr vor andern befördert. Bezahlte Antwort (Antwort
bezahlt, réponse payée, R. P.) wird für zehn Worte berechnet, man kann aber auch für mehr Worte und für dringende Antwort
(R. P. D.) bezahlen. Verglichene Telegramme (Vergleichung, collation, Telegramm C.) werden
von der Ankunftsstelle zurücktelegraphiert, Gebühr für Vergleichung ein Viertel der Gebühr für das Telegramm Empfangsanzeige (Empfangsanzeige
bezahlt, accuser réception C. R.), Gebühr gleich Telegramm von zehn Worten.
Nachzusendendes Telegramm (nachzusenden, faire suivre, F. S.) wird innerhalb Europas
dem Empfänger nachgesandt und
die Gebühr von letzterm erhoben. Zu vervielfältigendes an mehrere Empfänger in demselben oder an mehrere Wohnungen desselben
Empfängers in demselben Ort. Gebühr für jede Abschrift 40 Pf. Offen zu bestellendes Telegramm (remettre ouvert, R. O.) wird unverschlossen
übergeben. P. P. = poste payée, Post bezahlt; X. P. = exprès payé, Eilbote bezahlt. Seetelegramm (sémaphorique)
für Schiffe in See muß Empfänger, Namen des Schiffs und der zu benutzenden Seetelegraphenanstalt enthalten.
Berichtigungs- oder Ergänzungstelegramm: 72 Stunden nach Empfang, resp. Absendung eines Telegramms kann man Richtigstellung
zweifelhaft erscheinender Wörter fordern, hat die Gebühr für die erforderlichen Telegramme zu hinterlegen, erhält dieselbe
aber zurück, wenn Entstellung durch Schuld des Telegraphendienstes sich ergibt. Die für diese besondern
Telegramme angegebenen Bezeichnungen sind vor das Telegramm zu setzen, sie sind gleich dem Inhalt des Telegramms gebührenpflichtig,
die Abkürzungen zählen aber nur als ein Wort.
Ähnliche Alarmfeuer waren bei den FeldzügenHannibals, insbesondere bei den Schotten, aber auch bei den germanischen und andern
Völkerschaften gewöhnliche Mittel der Telegraphie, worüber sich unter andern bei Polybios, I. Africanus
und sonstigen Schriftstellern Nachrichten finden. Kleoxenos und Demokleitos (450 v. Chr.) sollen die Buchstaben des griechischen
Alphabets auf fünf Tafeln verteilt und dann durch Erheben von Fackeln nach links oder rechts zuerst die Tafel, auf welcher
der zu telegraphierende Buchstabe stand, darauf die Nummer des letztern selbst bezeichnet haben.
Polybios (196) ließ diese Feuerzeichen durch Röhren
[* 88] beobachten, welche in gewissen Stellungen fixiert waren. Weitere Ausbildung
erhielt der optische Telegraph erst 1793 durch die Gebrüder Chappe, welche drei Balken an einem weithin sichtbaren Ort so an einem
Gestell befestigten, daß sie in vielfachen Kombinationen eine große Zahl bestimmter Zeichen geben konnten.
Zwischen Paris
[* 89] und Lille
[* 90] telegraphierte man mit diesem Apparat, unter Benutzung von 20 Stationen, in 2 Minuten, und seitdem verbreitete
sich derselbe sehr schnell. In neuerer Zeit benutzt man nach dem Vorgang der Amerikaner während des Bürgerkriegs auch bei
der optischen Telegraphie die Zeichen des Morsealphabets und stellt sie durch kurze und lange Lichtblitze,
Stellung beweglicher Arme, Tafeln an Stangen oder Flaggen
[* 91] dar. Die Engländer haben im Kapland und Afghanistan
[* 92] den Heliographen (s. d.)
angewendet. Mackenzie hat mit dem Heliographen den Taster des Morse-Apparats verbunden und fixierte auf der Empfangsstation die
Lichtblitze photographisch. Spankowski hat die Lichtblitze durch Verbrennung zerstäubten Petroleums in einer Spiritusflamme,
und auf
¶
Die Franzosen haben zwischen Mauritius undRéunion auf 180 km Entfernung einen optischen Telegraphen eingerichtet, bei dem die
Lichtblitze einer Petroleumflamme durch Prismen verstärkt werden. Zur Zeichengebung durch bewegliche Arme bedient man sich
im Festungskrieg, auch auf den Schießplätzen der Artillerie, der vierarmigen Semaphoren. In gleicher Weise
erfolgt die Zeichengebung durch zwei nebeneinander stehende Leute, die in jeder Hand
[* 101] eine Tafel mit kurzem Stiel halten; die
senkrechte Stellung derselben bedeutet Punkte, die wagerechte die Striche des Alphabets. Nachts treten an Stelle der Tafeln farbige
Laternen; je nach Vereinbarung bedeutet die eine FarbePunkte, die andre Striche. Diese Art des Telegraphierens
bildet den Übergang zum Signalisieren (s. Signale), wobei gewisse Zeichen oder Armstellungen gewisse Bedeutung erhalten, die
durch ein Signalbuch festgestellt sind.
beruht auf der schnellen Fortpflanzung der Elektrizität in metallischen Leitern. Die Versuche, die Reibungselektrizität
zum Telegraphieren zu benutzen, führten zu keinem praktischen Ergebnis; nachdem aber in der galvanischen oder Berührungselektrizität
eine viel geeignetere Kraftform entdeckt war, benutzte Sömmerring 1809 die durch die VoltascheSäule bewirkte Wasserzersetzung
zum Telegraphieren, indem er 35 Drähte zu ebenso vielen mit Buchstaben und Ziffern bezeichneten Wassergefäßen der
entfernten Station leitete.
Die hohen Kosten einer solchen Leitung sowie die Schwierigkeit, einen Strom von erforderlicher Stärke
[* 102] auf größere Entfernungen
zu entsenden, ließen auch diese Idee als im großen unausführbar erscheinen. In späterer Zeit hat man die chemische Wirkung
des elektrischen Stroms zur Herstellung von Schreib- und Kopiertelegraphen zu verwenden gesucht, indem
man Papierstreifen mit einer farblosen Flüssigkeit tränkte, welche durch den Strom in gefärbte Bestandteile zerlegt ward,
z. B. mit einer Lösung von Jodkalium oder Blutlaugensalz. Derartige Telegraphen sind angegeben worden von Davy (1838), Bain (1847),
Gintl und Stöhrer (1852), haben aber keine Verbreitung gefunden.
Der Pantelegraph von Caselli
[* 98]
(Fig. 1, Tafel I) war 1865 zwischen Paris und Lyon
[* 103] im Gebrauch. Ein innerhalb
eines eisernen Rahmens bei D befestigtes langes Pendel
[* 104] mit der Eisenlinse E schwingt unter Mitwirkung eines ChronometersF und
der Batterie B zwischen den Elektromagneten M M1 und überträgt durch die Zugstange de seine Bewegung auf die
an dem Schlitten f befestigten Schreibstifte. Letztere bewegen sich demnach hin und her über den auf den gekrümmten Blechpulten
A A1 aufliegenden, chemisch zubereiteten Papierblättern und rücken zugleich bei jeder Schwingung
[* 105] um eine Linienbreite auf
ihrer Achse vor. Der eine Stift arbeitet nur auf dem Hingang, der andre auf dem Rückgang; es können mithin
zwei Telegramme zugleich abgegeben werden.
Die Epoche der elektromagnetischen Telegraphie begann 1820 mit ÖrstedsEntdeckung, daß eine in der Nähe des Schließungsdrahts
einer
VoltaschenSäule aufgestellte Magnetnadel je nach der Richtung des Stroms nach der einen oder der andern Seite hin abgelenkt
wird. Da hierzu, wenn die Nadel von zahlreichen Drahtwindungen (Multiplikator) umgeben ist, ein schwacher
Strom ausreicht, so war die Möglichkeit, auf große Entfernungen zu telegraphieren, gegeben. Jedoch weder das Telegraphenmodell
von Ampère und Ritchie (1820) mit 30 Nadeln
[* 106] und 60 Leitungsdrähten noch dasjenige von Fechner (1829) mit 24 Nadeln und 48 Drähten
eignete sich zur Ausführung im großen.
Erst 1832 versuchte Schilling von Canstadt, Eine Nadel mit nur zwei Leitungsdrähten anzuwenden und die verschiedenen Buchstaben
durch Kombination mehrerer Ablenkungen nach rechts und links auszudrücken. Aber schon 1833 hatten GaußundWeber zu Göttingen
zwischen der Sternwarte
[* 107] und dem physikalischen Kabinett eine auf derselben von ihnen selbständig gefundenen
Idee beruhende telegraphische Verbindung hergestellt. Von ihnen angeregt, legte Steinheil 1837 zwischen München
[* 108] und Bogenhausen
eine ¾ Meile lange Telegraphenleitung an; er wandte, wie GaußundWeber, statt der gewöhnlichen galvanischen Ströme die Magnetinduktionsströme
an und fixierte die Zeichen in Form einer Schrift, indem seine zwei Magnetnadeln, wenn sie abgelenkt wurden,
auf einen durch ein Uhrwerk vorübergeführten Papierstreifen Punkte zeichneten. In England wurde der Nadeltelegraph durch
Cooke und Wheatstone eingeführt; ersterer hatte 1836 in Heidelberg
[* 109] ein Modell des Schillingschen Apparats gesehen und verband
sich 1837 mit Wheatstone zur Verbesserung und praktischen Verwertung der Schillingschen Erfindung.
Der Nadeltelegraph von Wheatstone und Cooke, welcher auf englischen Eisenbahnlinien noch gegenwärtig vereinzelt
in Gebrauch ist, enthält zwei auf gemeinschaftlicher horizontaler Achse befestigte, im Ruhestand vertikal stehende Magnetnadeln,
deren eine sich innerhalb einer Multiplikatorrolle, die andre als Zeiger auf der Vorderseite des Apparatgehäuses befindet;
sie bilden ein sogen. astatisches Nadelsystem, indem ihre gleichnamigen
Pole nach entgegengesetzten Seiten gekehrt sind.
Zum Zeichengeben dient der im untern Teil des Apparats angebrachte sogen. Schlüssel, durch dessen Drehung die Nadeln sämtlicher
in die Leitung eingeschalteter Apparate so abgelenkt werden, daß sie mit der Stellung, die man dem Handgriff jeweilig gegeben
hat, parallel stehen. Durch Kombinationen von Ablenkungen nach rechts und links werden die Buchstaben ausgedrückt.
Der Doppelnadeltelegraph derselben beiden Erfinder, eine Zusammensetzung zweier Nadelapparate der eben beschriebenen Art,
erfordert eine doppelte Drahtleitung, gestattet aber eine raschere Korrespondenz. Die Nadeltelegraphen haben den Vorteil,
daß zu ihrem Betrieb schon sehr schwache Ströme ausreichen; sie eignen sich deshalb vorzugsweise zur
Verwendung auf Kabellinien, wo sie in der Form empfindlicher Galvanometer
[* 110] auch heute noch benutzt werden.
Das Spiegelgalvanometer von Thomson
[* 98]
(Fig. 2 auf Tafel II), welches auf den meisten längern Unterseekabeln als Empfänger
dient, besteht aus einer Multiplikatorrolle mit vielen Umwindungen, innerhalb deren eine ungemein leichte, kleine Magnetnadel
an einem Kokonfaden freischwebend aufgehängt ist. An der Magnetnadel ist ein kleiner Spiegel
[* 111] befestigt,
welcher das in der Richtung von D einfallende Bild einer dem Instrument gegenübergestellten Lichtquelle C (gewöhnlich einer
Petroleumflamme) nach E auf einen dunkel gehaltenen Schirm AB reflektiert. Die
¶
mehr
Schraube s dient dazu, das Lichtbild im Ruhezustand auf den Nullpunkt einzustellen, der gekrümmte Magnet NS, den Einfluß des
Erdmagnetismus zu neutralisieren, indem man denselben längs des Stäbchens t verschiebt. Jeder noch so schwache Strom, welcher
die Umwindungen des Galvanometers durchläuft, lenkt die Nadel ab; mit dieser dreht sich auch der Spiegel,
und das Lichtbild auf der Wand bewegt sich dem entsprechend von seinem Ruhepunkt nach rechts oder links. Ein bei x eintretender
und bei y zur Erde geführter positiver Strom bewegt die Nadel und den Lichtschein nach der einen, ein negativer nach der andern
Seite; durch passende Gruppierung der Ablenkungen wird das Alphabet gebildet.
Das Abtelegraphieren erfolgt mit einer Doppeltaste, welche nach Belieben positive oder negative Ströme in die Leitung zu
schicken gestattet.
[* 112]
Fig. 3 (Tafel I) zeigt die gebräuchlichste Schaltung für zwei durch ein Unterseekabel
K verbundene Stationen A und B. T1 T2 sind die Doppeltasten, G1 G2 die Spiegelinstrumente,
B1 B2 die Batterien; C1 C2 stellen Kondensatoren von beträchtlichem Ladungsvermögen dar, die behufs Unschädlichmachung
der Erdströme zwischen Kabel und Apparaten eingeschaltet werden; U1 U2 endlich sind Kurbelumschalter, welche beim Geben
die Doppeltaste, beim Empfangen das Galvanometer mit dem Kondensator
[* 113] in Verbindung bringen.
Die Doppeltaste besteht aus zwei Hebeln mit Knöpfen, welche im Ruhezustand gegen eine obere Querschiene
federn, beim Tastendruck aber diese verlassen und mit der untern Querschiene in leitende Verbindung treten. Da zwischen beiden
Querschienen die Batterie eingeschaltet ist, während der eine Tastenhebel mit der ErdeE, der andre mit der Leitung in Verbindung
steht, so wird beim Niederdrücken der einen oder der andern Taste entweder ein + oder ein - Strom in die
Leitung fließen.
An die Stelle des Spiegelgalvanometers ist jetzt vielfach der Heberschreibapparat (Syphon recorder) von Thomson
[* 112]
(Fig. 4, Tafel
I) getreten. Eine Multiplikatorrolle S aus feinem Drahte, die um einen Rahmen gewickelt ist, hängt freischwebend
und leichtbeweglich zwischen den Polen eines kräftigen Elektromagnets MM; sie verhält sich genau wie die Nadel des Spiegelinstruments.
Der ankommende Strom durchläuft die Spule und lenkt sie nach rechts oder links ab; diese nimmt dabei einen feinen Glasheber
t mit, der durch Kokonfäden mit ihr verbunden ist, und dessen Spitze einem bewegten Papierstreifen unmittelbar
gegenübersteht, ohne ihn jedoch zu berühren.
Der Glasheber taucht mit seinem kürzern Ende in ein Tintenfaß aus Metall K, welchem durch eine eigenartig konstruierte,
im Apparat selbst angebrachte Elektrisiermaschine
[* 114] B stets eine elektrische Ladung erteilt wird, die genügt, um aus der Heberöffnung
nach dem Papierstreifen hin beständig kleine Tintentröpfchen abzuspritzen. In der Ruhelage des Multiplikators
steht die Heberöffnung über der Mitte des Streifens; die übergerissenen Tintentröpfchen zeichnen mithin eine punktierte
gerade Linie mitten auf den Streifen. Lenkt ein ankommender Stromimpuls die Multiplikatorrolle und mit ihr den Heber
[* 115] ab, so
verwandelt sich die Gerade in eine Schlangenlinie, und zwar weicht die Punktreihe je nach der Stromrichtung
oberhalb und unterhalb ab
[* 112]
(Fig. 5, Tafel I).
Die wichtigste Förderung hat die Telegraphie erfahren durch die Anwendung von Elektromagneten. Wheatstone bediente sich derselben
zuerst zur Herstellung eines Läutwerkes, welches seinem Nadeltelegraphen als Alarmvorrichtung beigegeben war, bald aber
auch zur Konstruktion seines
Zeigertelegraphen (1839), bei welchem ein durch ein Uhrwerk getriebener Zeiger durch eine am
Anker
[* 116] eines Elektromagnets angebrachte Hemmungsvorrichtung von der entfernten Abgangsstation aus nach Belieben vor jedem der
am Rande des Zifferblattes verzeichneten Buchstaben angehalten werden kann. Auch Kramer, Siemens u. Halske, Froment, Breguet u. a.
haben Zeigertelegraphen konstruiert, die indessen nur selten noch benutzt werden.
Die größte Verbreitung erlangte der 1836 von Morse erfundene Schreibapparat. Derselbe besteht aus einem Elektromagnet mit
beweglichem Anker, dessen Hebel
[* 117] auf einem durch Uhrwerk vorübergeführten Papierstreifen Punkte und Striche erzeugt. In den Reliefschreibern
geschah dies durch einen an dem freien Ende des Ankerhebels befestigten stählernen Stift, welcher, sobald
der Anker von dem Elektromagnet angezogen wurde, sich gegen den zwischen zwei Walzen des Laufwerkes durchgezogenen Papierstreifen
anlegte und in demselben kürzere oder längere Eindrücke hinterließ, je nachdem die zum Schließen der Batterie dienende
Taste nur einen Augenblick oder längere Zeit niedergedrückt wurde. In neuerer Zeit finden die Morseapparate
vorzugsweise als Farbschreiber Verwendung, in welchen die Hebelbewegung des Ankers benutzt wird, um den Papierstreifen gegen
ein Farbrädchen oder umgekehrt ein Farbrädchen gegenden Papierstreifen anzudrücken.
Der Siemenssche Normalfarbschreiber der deutschen Reichstelegraphenanstalten mit Morsebetrieb ist in
[* 112]
Fig. 6 auf
Tafel II abgebildet. E ist der hufeisenförmige Elektromagnet, dessen Kerne mit Polschuhen U versehen sind.
Den Polen gegenüber befindet sich der hohle, oben aufgeschlitzte Eisenanker K, der durch eine Preßschraube in dem Messinghebel
H1 befestigt ist; letzterer hat seine Achse im Innern des Apparatgehäuses W. Die Auf- und Abwärtsbewegung des Ankerhebels
wird begrenzt durch die Kontaktschrauben C1 C2 des Messingständers Telegraph In demRohr B befindet sich
eine regulierbare Abreißfeder, während durch Drehung der Mutter M1 das ganze Elektromagnetsystem gehoben oder gesenkt
werden kann.
Der federnde Ansatz F2 des Ankerhebels läßt sich durch die Stahlschraube s höher oder tiefer stellen; er trägt den
Stift t1 und die Achse q1, um welche sich ein zweiarmiger Hebel H4 gelenkartig bewegen läßt.
Unterhalb H4 befindet sich ein in die vordere Apparatwange eingeschraubter Stahlstift t2, auf welchen der längere
Arm von H4 sich auflegt, wenn die Schraube s angezogen wird; der kürzere Arm verläßt dann den Stift t1, und die
beiden Teile F2 H4 bilden einen Knickhebel, so daß H4 sich hebt, wenn F2 sich senkt, und umgekehrt.
Wird dagegen die Schraube s nachgelassen, so legt sich der kürzere Arm von H4 gegen t1, und die Bewegungen von F2 und
H4 erfolgen im gleichen Sinn. Im letztern Fall ist der Apparat für Arbeitsstrom verwendbar, wobei die
telegraphischen Zeichen durch das Entsenden eines Batteriestroms in die vorher stromfreie Leitung gebildet werden, während
die erstere Stellung der Schraube s dem Arbeiten mit Ruhestrom entspricht, bei welchem die Zeichen durch Unterbrechungen der
für gewöhnlich vom Strom durchflossenen Leitung entstehen. Der Hebel H4 trägt in seinem hakenförmig
gestalteten Ende die Achse des vom Laufwerk in drehender Bewegung erhaltenen Farbrädchens O3, welches mit seinem untern
Rand in die Öffnung des Farbgefäßes F taucht. Durch die Führungswalzen O1 O2 wird der Papierstreifen über
r3 x1 t oberhalb des Farbrädchens vorübergeführt,
¶