und bereits zur
Erklärung alttestamentlicher und einzelner neutestamentlicher
Erzählungen benutzte
Prinzip des
Mythus auch
auf den gesamten
Inhalt der evangelischen Geschichte an, in welcher er ein
Produkt des unbewußt nach Maßgabe des alttestamentlich
jüdischen Messiasbildes dichtenden urchristlichen
Gemeingeistes erkannte. Die
Gegenschriften gegen dieses Werk bilden eine
eigne Litteratur, in der kaum ein theologischer und philosophischer
Name von Bedeutung fehlt.
Seine Antworten auf dieselben erschienen als »Streitschriften«
(Tübing. 1837). Für die persönlichen Verhältnisse des Verfassers
hatte die Offenheit seines Auftretens die von ihm stets schmerzlich empfundene
Folge, daß er noch 1835 von seiner Repetentenstelle
entfernt und als Professoratsverweser nach
Ludwigsburg
[* 2] versetzt wurde, welche
Stelle von ihm jedoch schon
im folgenden Jahr mit dem Privatstand vertauscht wurde.
Früchte dieser ersten
(Stuttgarter) Muße waren die
»Charakteristiken
und
Kritiken« (Leipz. 1839, 2. Aufl. 184) und die Abhandlung
»Über Vergängliches und Bleibendes im
Christentum«
(Altona
[* 3] 1839). Von einer versöhnlichen
Stimmung sind auch die in der 3.
Auflage
des
»Lebens Jesu« (1838) der positiven
Theologie gemachten Zugeständnisse eingegeben, aber schon die 4.
Auflage nahm sie sämtlich
zurück. 1839 erhielt S. einen
Ruf als
Professor der
Dogmatik und
Kirchengeschichte nach Zürich;
[* 4] doch erregte diese
Berufung im
Kanton
[* 5] so lebhaften
Widerspruch, daß er noch vor Antritt seinerStelle mit 1000
FrankPension in den
Ruhestand versetzt
ward. 1841 verheiratete sich S. mit der Sängerin A.
Schebest (s. d.), doch wurde die
Ehe nach einigen
Jahren getrennt.
DieReden, welche er teils bei dieser Gelegenheit, teils vorher in verschiedenen Wahlversammlungen gehalten
hatte, erschienen unter dem
Titel:
»Sechs theologisch-politische Volksreden« (Stuttg. 1848). Zum Abgeordneten der Stadt
Ludwigsburg für den württembergischen
Landtag gewählt, zeigte S. wider Erwarten eine konservative politische
Haltung, die
ihm von seinen
Wählern sogar ein
Mißtrauensvotum zuzog, in dessen
Folge er im
Dezember 1848 sein
Mandat
niederlegte.
wozu noch gehört: »Der
Christus des
Glaubens und der
Jesus der Geschichte, eine
Kritik des Schleiermacherschen
Lebens Jesu« (das.
1865).
Noch einmal, kurz vor seinem zu
Ludwigsburg erfolgten
Tod, erregte S. allgemeines Aufsehen
durch seine
Schrift »Der alte und der neue
Glaube, ein
Bekenntnis« (Leipz. 1872; 11. Aufl.,
Bonn 1881), in welcher er mit dem
Christentum definitiv brach, alle gemachten Zugeständnisse zurücknahm und einen positiven
Aufbau der Weltanschauung auf Grundlage
der neuesten, materialistisch und monistisch gerichteten
Naturforschung unternahm. S.' »Gesammelte
Schriften«
hat
Zeller herausgegeben
(Bonn 1876-78, 11 Bde.; dazu als Bd.
12:
»Poetisches Gedenkbuch«, Gedichte).
Vgl.
Hausrath, D. F.
S. und die
Theologie seiner Zeit (Heidelb. 1876-78, 2 Bde.);
Zeller, S., nach seiner Persönlichkeit und seinen
Schriften geschildert
(Bonn 1874).
4)
(S. und Torney)
Viktor von, Schriftsteller, geb. zu
Bückeburg,
[* 14] studierte zuerst in
Bonn und
Göttingen
[* 15] die
Rechte, sodann
Theologie, um in die kirchlichen
Kämpfe der Gegenwart, in denen er durchaus auf seiten der
Orthodoxie
stand, besser gerüstet eingreifen zu können, und wurde 1840 zum Archivrat inBückeburg ernannt.
Schon
seine ersten
Dichtungen: »Gedichte« (Bielef. 1841),
die
Epen:
»Richard« (Bielef. 1841)
und
»Robert der
Teufel« (Heidelb. 1854), erwiesen neben echt poetischem
Talent und einer seltenen Formbegabung die Entschiedenheit
seines religiös-konservativen Standpunktes. 1848 zum Kabinettsrat des regierenden
Fürsten von
Schaumburg-Lippe, später auch
zum Bundestagsgesandten ernannt, fand er auch auf politischem
Feld vielfach Gelegenheit, diese konservativen
Anschauungen zu bethätigen. 1866 mit dem
Rang eines
WirklichenGeheimenRats aus seiner amtlichen
Stellung ausgeschieden, lebte
er zuerst in
Erlangen,
[* 16] seit 1872 in
Dresden,
[* 17] eine vielseitige litterarische Thätigkeit entwickelnd. Bereits 1851 in den österreichischen
Adelstand erhoben, fügte er später seinem
Namen auch den seiner
Gattin, einer gebornen von Torney, bei;
ältesten chinesischen Liederbuchs, des »Schiking« (Heidelb. 1880), hervor, mit der er denGeist der ältern chinesischen Kultur,
soweit er sich poetisch geoffenbart, vollständig erschloß. Von seinen sonstigen Schriften sind zu erwähnen die Biographie
des Polycarpus (Heidelb. 1860); »Meditationen über das erste Gebot« (Leipz. 1866); »Essays zur allgemeinen Religionswissenschaft«
(Heidelb. 1879) und »Der altägyptische
Götterglaube« (das. 1888, Bd.
1).
[* 25] (Ratitae, hierzu Tafel »Straußvögel«, auch Kurzflügler
[* 26] [Brevipennes] oder Laufvögel [Cursores]), eine
der Hauptgruppen der Vögel,
[* 27] in erster Linie durch den Bau ihres Brustbeins charakterisiert, das nicht, wie bei allen andern
Vögeln, einen hohen Knochenkamm zum Ansatz der Flugmuskeln besitzt, sondern flach bleibt. Die Flügel sind
mehr oder weniger verkümmert und können höchstens zur Beschleunigung des Laufs dienen. Der ganze Knochenbau weicht ferner
in manchen Punkten wesentlich von dem der übrigen, d. h. der fliegenden, Vögel ab: so sind die Knochen
[* 28] nicht hohl und
mit Luft erfüllt, sondern fest und schwer (namentlich sind die Hinterbeine sehr massiv);
so bleiben die Schädelknochen in der
Jugend noch lange Zeit voneinander getrennt;
so sind die Schlüsselbeine rückgebildet etc. Der Oberarm ist entweder lang, wie bei den
Straußen im engern Sinn, oder sehr kurz oder ganz und gar verkümmert.
Die Zahl der Zehen wechselt zwischen zwei und vier und
gibt ein gutes Unterscheidungsmerkmal für die Unterabteilungen der S. ab. Der Schnabel ist stets flach, meist auch kurz. Die
Zunge ist sehr klein. Ein Kropf fehlt meistens; der Magen
[* 29] ist außerordentlich muskulös und derb (»Straußenmagen«);
die Gallenblase fehlt bei einigen Formen. Der untere Kehlkopf
[* 30] ist nirgends vorhanden. Auch die Bürzeldrüse fehlt. Im männlichen
Geschlecht sind die Begattungsorgane zum Teil sehr gut entwickelt (s. Vögel).
Das Gefieder entbehrt durchaus der Schwung- und Steuerfedern; die Federn selbst unterscheiden sich von
den gewöhnlichen Vogelfedern dadurch, daß die Strahlen nicht zusammenhängen, sondern lockere Büschel bilden, und sind daher
weich und wie Flaumfedern anzufühlen. An den Konturfedern sind bisweilen ein oder zwei Afterschäfte von gleicher Größe
mit dem Hauptschaft vorhanden. MancheStellen am Kopf, Hals und an der Brust bleiben ganz nackt. Die S. sind
meist ansehnliche Vögel und haben namentlich unter den Fossilen riesige Vertreter.
In der Schnelligkeit des Laufs übertreffen einige von ihnen sogar die besten Renner unter den Säugetieren. Sie bewohnen meist
die Steppen und Ebenen der Tropen und nähren sich von Vegetabilien; vielfach lebt ein Männchen mit mehreren Weibchen
zusammen. Die zuweilen sehr großen Eier
[* 31] werden vorzugsweise vom Männchen bebrütet.
In der Gegenwart fehlen die S. in Europa,
[* 32] waren jedoch einst vorhanden, wie die Funde in England darthun. IhreExistenz in den frühern Epochen der Erdgeschichte war so
lange möglich, wie noch nicht die großen Raubtiere
[* 33] aufgetreten waren; zur Zeit ist die Gruppe im Aussterben
begriffen und hat sogar in historischer Zeit sich wesentlich vermindert (s. unten). Sie umfaßt
nur noch 5 Gattungen mit 20 Arten, zu denen noch 5 Gattungen und 14 Arten jüngst ausgestorbener hinzukommen. Als schwimmender
Strauß
[* 34] ist der neuerdings in der Kreide
[* 35] von Kansas aufgefundene Hesperornis zu betrachten, dessen Schnabel
aber mit Zähnen besetzt war; er leitet zu den Reptilien über (s. Vögel). Abgesehen von ihm teilt man die S. in 6 Familien:
1) Äpyornithiden (Aepyornithidae) mit der Gattung Aepyornis (3 Arten). Bewohnten Madagaskar,
[* 36] wo man im Alluvium Teile des Skeletts
und die enormen Eier (achtmal größer als Straußeneier) gefunden hat. A. maximus ist vielleicht der
Vogel Rok der Sage.
(spr. stréttäm), Vorstadt von London,
[* 41] 10 km im SSW. der Londonbrücke, hoch gelegen, mit chemischen Fabriken,
dem von Johnson besuchten Thrale House und (1881) 21,611 Einw.
(spr. strihtör), Stadt im nordamerikan. StaatIllinois, am Vermilion River, 130 km südwestlich von Chicago,
Hauptknotenpunkt von Eisenbahnen, mit (1880) 5157 Einw.
Die Strebepfeiler sind viereckig aus den Mauern hervortretende Stützen, welche ein Gegengewicht
gegen den Gewölbeschub des Innern bilden sollen, meist durch Absätze gegliedert und von Fialen
[* 48] gekrönt sind. Vgl. Baustil,
S. 527.
orthopädische Vorrichtung, besteht in einer Bettstelle mit Matratze, woran sich Apparate befinden, durch
welche der verkrümmte Körper mittels Zugs (an Kopf, Hals, Becken, Füßen), auch wohl mittels Drucks (z. B. von der Seite her),
eine Zeitlang in der Richtung erhalten wird, die er behufs der Beseitigung gewisser Krümmungen oder Streckung
gewisser verkürzter Muskeln
[* 51] oder Sehnen etc. einnehmen soll. In der neuern Chirurgie bedient man sich der Streckbetten nur
in frischen und subakuten Fällen, namentlich bei Beinbrüchen der untern Extremität, Entzündungen der Gelenke, Resektionen
etc., hier aber mit dem segensreichsten und eklatantesten Erfolg. Für veraltete Fälle, Verkrümmungen der Wirbelsäule und
des Brustkorbs ist man von dem Gebrauch der Streckbetten fast ganz zurückgekommen.
ein Grubenbau innerhalb der Lagerstätten, deshalb (zum Unterschied von Stollen und Schacht) fast immer ohne
Mundloch über Tage, in seiner Längsrichtung wesentlich horizontal, in der Regel von andern Grubenbauen aus angelegt. In der
Jägersprache heißt S. das nach beendeter Jagd in Reihen zusammengelegte Wild, das bei großen Jagden nach
Wildart, Geschlecht und Stärke
[* 52] geordnet und dann von dem Jagdherrn und den Gästen besichtigt wird, wobei die verschiedene
Totsignale geblasen werden. Nach altem Brauch darf niemand über das gestreckte Wild wegschreiten. Zur S. bringen, s. v. w.
ein Wild erlegen.
1) AdolfFriedrichKarl, Dichter und Übersetzer, geb. zu Gera,
[* 57] studierte in Leipzig die Rechte,
ward 1819 Oberregierungsrat zu Berlin, 1840 Mitglied des Staatsrats und starb daselbst S. hat sich namentlich durch
seine Übersetzungen von Ariostos »Rasendem Roland« (Halle
[* 58] 1818-20, 5 Bde.; 2. Aufl.
1840),
von Tassos »Befreitem Jerusalem«
[* 59] (Leipz. 1822, 2 Bde.; 4. Aufl.
1847) und Dantes »Göttlicher Komödie« (Halle 1824-26, 3 Bde.; 9. Aufl.
1871) einen Platz in der deutschen Litteratur erworben. Seine eignen Werke bestehen in lyrischen und epischen Dichtungen (»Gedichte«,
neue Ausg., Leipz. 1823; »Neuere
Dichtungen«, Halle 1834) sowie in Erzählungen (Dresd. 1814 u. Berl. 1830).
2) Adolf, Schriftsteller, Sohn des vorigen, geb. zu Berlin, studierte, nachdem er die Landwirtschaft praktisch erlernt,
1845-48 auf der landwirtschaftlichen Akademie zu Möglin und Eldena, wurde 1848 beim Ausbruch der Revolution in Berlin in die
demokratische Bewegung gerissen und war für dieselbe auch schriftstellerisch thätig. In den folgenden
Reaktionsjahren wurde er wegen des Werkes »Die große französische Revolution und die Schreckensherrschaft« (Berl. 1851, 2 Tle.)
in den Anklagestand versetzt, indessen vom Schwurgericht freigesprochen;
doch unterblieb die Vollendung des Werkes. S. ergriff
nun die gewerbliche Thätigkeit und kehrte erst beim Regierungsantritt des Prinz-Regenten zur Schriftstellerei
zurück, daneben sich vorzugsweise dauernd dem Kommunaldienst seiner Vaterstadt widmend. 1862 wurde er zum Stadtverordneten, 1872 zum
Stadtrat ernannt. Von seinen Schriften sind, abgesehen von zahlreichen Romanen und Erzählungen (»Die von Hohenwald«, 1877; »Schloß
Wolfsburg«, 1879, etc.),
zu erwähnen: »Vom Fischerdorf zur Weltstadt. 500 Jahre Berliner
[* 60] Geschichte«
(4. Aufl., Berl. 1885, 4 Bde.);
Stadt in der sächs. Kreishauptmannschaft Leipzig, Amtshauptmannschaft Oschatz,
[* 66] an der Elbe, hat
eine evang. Kirche, ein altes Schloß, Fabrikation von Leim und künstlichem Dünger, Schiffahrt, Kohlenhandel und (1885) 2173 Einw.
Vgl. Görlich, Geschichte der Stadt S. (Bresl. 1853). -
2) Dorf in der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, Amtshauptmannschaft Dresden-Altstadt, 3 km südöstlich von Dresden, mit
dem es durch Pferdebahn verbunden ist, hat eine königliche Villa, eine Dampfmahlmühle, Ziegelbrennerei und (1885) 2106 Einw.
derSchichten, die Richtung, in welcher sich eine Gesteinsschicht oder ein Gang
[* 71] horizontal
weiter erstreckt (streicht). Sie wird durch den Winkel
[* 72]
¶
mehr
bestimmt, welchen eine in der Schichtungsfläche oder in der Grenzfläche des Ganges gedachte Horizontallinie (Streichlinie)
mit der Magnetnadel bildet. Die Streichlinie steht senkrecht zur Falllinie (s. Fallen der Schichten),
[* 74] und durch gleichzeitige
Angabe des Streichens und Fallens ist die Schicht oder der Gang im Raum vollständig orientiert. Der Winkel gegen
die Nordsüdlinie wird entweder (neuerdings häufiger) in Graden angegeben oder (früher ausschließlich) in Stunden (horae),
indem man sich den Limbus des Kompasses in zweimal 12 oder auch in 24 Stunden (à 15°) und diese in Achtelstunden (à 1° 52'
30'', den Einheiten mißbräuchlich als Dezimalstellen angefügt) geteilt denkt. Eine Schicht, welche hora 6 (oder
hora 18 zu 6) streicht, wird sich hiernach in westöstlicher Richtung horizontal weiter erstrecken und gegen S. oder N. einfallen.
Horizontale (söhlige) Schichten streichen nach allen Richtungen gleichzeitig.
Die heute allein in der europäischen Kunstmusik gebräuchlichen S.: Violine, Bratsche, Violoncello
und Kontrabaß sind das Schlußergebnis einer vielleicht tausendjährigen langsamen Entwickelung;
sie sind sämtlich nach demselben
Prinzip gebaut, wie schon ein flüchtiger Blick auf ihre äußern Umrisse lehrt.
Diese der Bildung eines edlen, vollen Tons günstigste
Bauart wurde etwa zu Ende des 15. Jahrh. zunächst für die Violine gefunden und allmählich auf die größern
Arten der S. übertragen, so daß Cello, Bratsche und Kontrabaß erheblich später die ältern S., welche Violen hießen (Viola
da braccio, Viola da gamba und Violone), verdrängten (vgl. Viola und Violine). Wie alt die S. sind, ist nicht recht festzustellen;
noch ist kein Denkmal aus vorchristlicher Zeit aufgefunden, welches die Abbildung eines Streichinstruments
aufweist.
Nach gewöhnlicher Annahme ist der Orient die Wiege der S.; doch ist dieselbe schlecht genug begründet, nämlich damit, daß
die arabischen Musikschriftsteller des 14. Jahrh. die S. Rebab oder Erbeb und Kemantsche kennen.
Obgleich nichts auf eine wesentlich frühere Existenz dieser Instrumente bei ihnen hinweist, hat man doch
daraus geschlossen, daß das Abendland sie von den Arabern nach der EroberungSpaniens erhalten habe, während auf der andern
Seite eine große Zahl Beweise vorhanden sind, daß seit dem 9. Jahrh., wo nicht länger, das AbendlandInstrumente dieser Art
kannte. Es genüge hier, darauf hinzudeuten, daß die älteste Abbildung eines Streichinstruments (in
Gerberts »De musica sacra« wiedergegeben),
eine einsaitige »Lyra«,
[* 75] die dem 8. oder 9. Jahrh. angehört, eine der spätern Gigue
sehr ähnliche Gestalt aufweist, daß wir aus dem 10. Jahrh. eine Abbildung der keltischen
Chrotta (s. d.) haben, und daß bereits im 11.-12. Jahrh.
mancherlei verschiedene Formen der S. nebeneinander bestanden. Es hielten sich jahrhundertelang nebeneinander
zwei prinzipiell verschiedene Formen der S., von denen die (vermutlich minder alte) mit plattem Schallkasten aus der Chrotta
hervorging, die andre mit mandolinförmig gewölbtem Bauch
[* 76] aber (die altdeutsche Fidula) wahrscheinlich germanischen Ursprungs
ist.
Auch das frühere Vorkommen der Drehleier deutet auf einen abendländischen Ursprung der S. Die ältesten
S. hatten keine Bünde;
diese tauchen erst zu einer Zeit auf, wo die nachweislich von den Arabern importierte Laute anfing,
sich im Abendland auszubreiten, d. h. im 14. Jahrh., und um dieselbe
Zeit tauchen auch allerlei andre Wandlungen im Äußern der S. auf (große Saitenzahl, die Rose), welche
den Einfluß der Laute verraten. Im 15.-16. Jahrh. finden wir zahlreiche verschiedene Arten großer und kleiner Geigen nebeneinander,
die dann sämtlich von den Violineninstrumenten verdrängt wurden.
Zur Erklärung der so verschiedenartigen äußern Umrisse der S. älterer Zeit sei noch darauf hingewiesen, daß für diejenigen,
welche eine größere Saitenzahl (über 3) und demzufolge einen höher gewölbten Steg hatten, die Seitenausschnitte nötig
wurden, und man ging in der Vergrößerung der letztern so weit, daß schließlich Instrumente zu Tage kamen, deren Schallkörper
beinahe die Gestalt eines ^[x] hatte. Für die Instrumente mit höchstens 3 Saiten bedurfte es der Saitenausschnitte
nicht, u. sie behielten daher auch ihren birnenförmigen Schallkasten noch lange Zeit (s.
Gigue).
Hieb- und Wurfwaffe, bei den Römern als securis gebräuchlich, im Mittelalter aus einem
beilförmigen Eisen
[* 78] auf der einen und einer Art Hammer
[* 79] auf der andern Seite bestehend, zwischen denen oft noch eine gerade,
zum Zustoßen geeignete Spitze in der Stielrichtung hervorragte. Die S. war auf einem kurzen Stiel befestigt und bis zum 16. Jahrh.,
bei den Kaukasusvölkern bis in die neueste Zeit, gebräuchlich (s. Fig. 1 u.
2). Über prähistorische Streitäxte s. Metallzeit
[* 80] und Steinzeit.
[* 81]
Dorf im bayr. Regierungsbezirk Oberfranken, Bezirksamt Ebermannstadt, 483 m ü. M. an der forellenreichen
Wiesent, in der sogen. Fränkischen Schweiz, hat eine protest. Kirche, Burgruinen, ein Mineralbad nebst Molkenkuranstalt
und (1885) 283 Einw. In der Nähe ein gelber Marmorbruch.
eine Art altdeutscher Dichtungen, worin die Vorzüge verschiedener Gegenstände voreinander oder die
Erwägung, was an einem Gegenstand das Bessere sei, als Streit unter Personifikationen dargestellt wurde.
Die frühste Veranlassung dazu haben wohl die uralten, schon in der frühern lateinischen Poesie des Mittelalters vorkommenden
allegorischen Sommer- und Winterstreite gegeben;
seit dem Ende des 13. Jahrh. werden dergleichen Dichtungen sehr häufig und
finden sich unter dem Namen »Kampfgespräche« noch bei HansSachs.
Auch der »Wartburgkrieg« (s. d.) ist hierher
zu rechnen.
(Litiskonsorten), im bürgerlichen Rechtsstreit die in einer Parteirolle vereinigten Personen, sei es
als Kläger (Mitkläger), sei es als Beklagte (Mitbeklagte). Ob eine solche Streitgenossenschaft (Litiskonsortium) eintreten
soll oder nicht, das hängt in der Regel von der freien Entschließung der Klagpartei ab. Ich kann z. B. die
Erben meines verstorbenen Schuldners wegen meiner Forderung einzeln verklagen, oder ich kann diese Forderung in einer und derselben
Klage gegen die sämtlichen Erben verfolgen.
Besteht in Ansehung des Streitgegenstandes eine Rechtsgemeinschaft, oder sind mehrere Personen aus demselben thatsächlichen
und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet, so können dieselben eben gemeinschaftlich klagen
oder verklagt werden; ja, dies kann nach der deutschen Zivil-Prozeßordnung auch schon dann geschehen, wenn gleichartige und
auf einem im wesentlichen gleichartigen thatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den
Gegenstand des Rechtsstreits bilden.
Die Zivilprozeßordnung kennt aber auch eine notwendige Streitgenossenschaft, welche dann eintritt, wenn das streitige Rechtsverhältnis
allen S. gegenüber nur einheitlich festgestellt, oder wenn nach bestehender Rechtsvorschrift ein Rechtsanspruch nur von
mehreren zusammen oder gegen mehrere zusammen wirksam geltend gemacht werden kann. Dies ist z. B.
nach preußischem Recht bei Grundstücken der Fall, welche im Miteigentum von mehreren Personen stehen. Das Recht zur Betreibung
des Prozesses steht aber auch im Fall einer notwendigen Streitgenossenschaft jedem Streitgenossen zu; er
muß aber, wenn er den Gegner zu einem Termin ladet, auch die übrigen S. laden.
Vgl. Deutsche
[* 87] Zivilprozeßordnung, § 56 ff.,
95, 434; v. Amelunxen, Die sogen. notwendige Streitgenossenschaft
der deutschen Zivilprozeßordnung (Mannh. 1881).
[* 84] Hammer mit Schaft, als Waffe schon im Altertum gebräuchlich, im Mittelalter aus einem
stählernen Hammer mit gegenüberstehender scharfer, rückwärts
gebogener Spitze und kurzer Stoßklinge am vordern Ende bestehend
(s. Figur).
(Litisdenunziation), im bürgerlichen Rechtsstreit die von seiten einer Partei an einen
Dritten ergehende Aufforderung, ihm in dem Prozeß zur Seite zu treten und zum Sieg zu verhelfen. Die betreffende Partei wird
Streitverkünder (Litisdenunziant) genannt, die dritte Person ist der Litisdenunziat. Eine S. erfolgt dann, wenn eine Partei
für den Fall des Unterliegens im Prozeß einen Rückanspruch gegen den Litisdenunziaten zu haben glaubt.
Ich habe z. B. eine Ware gekauft, und diese Ware macht mir jemand im Weg der Klage streitig. Ich kann alsdann meinem Verkäufer
den Streit verkünden, weil ich im Fall meiner Verurteilung zur Herausgabe der Sache einen Ersatzanspruch an den Verkäufer
habe. Außerdem kann eine S. aber auch in dem Fall erfolgen, daß die Hauptpartei den Anspruch eines Dritten
(des Litisdenunziaten) besorgt. Der Kommissionär kann z. B. für Rechnung des Kommittenten einen Prozeß führen.
Verliert er denselben, so kann unter Umständen der Kommittent mit einem Schadenersatzanspruch hervortreten. Der Kommissionär
wird daher gutthun, dem Kommittenten von dem Rechtsstreit Mitteilung zu machen, um ihn zur Teilnahme an
demselben zu veranlassen. Die S. erfolgt nach der deutschen Zivilprozeßordnung durch die Zustellung eines Schriftsatzes, in
welchem der Grund der S. und die Lage des Rechtsstreits anzugeben sind. Abschrift des Schriftsatzes ist dem Gegner mitzuteilen.
Tritt der Dritte dem Streitverkünder bei, so wird er dessen Nebenintervenient (s.
Intervention, S. 1005); lehnt er denBeitritt ab, oder erklärt er sich nicht, so wird der Rechtsstreit ohne Rücksicht auf ihn
fortgesetzt.
[* 84] dienten entweder dazu, die Streiter im Gefecht schneller fortzuschaffen, worauf diese beim
Zusammenstoß mit dem Feind vom Wagen herab kämpften oder auch zu diesem Zweck abstiegen, oder sie sollten durch ihren Einbruch
den Feind selbst schädigen, wie die Sichelwagen (s. d.). Die S., von einem Wagenführer gelenkt, von einem, auch
mehreren Kämpfenden besetzt, finden sich namentlich beiden Griechen (s. Figur) in ihrer Heldenzeit
und ersetzten die Reiterei. Im Mittelalter waren die S. stark bemannt und dienten den Armbrustschützen auch wohl gleichzeitig
als Verschanzung, wie bei den Hussiten und Vlämen im 14. Jahrh., die ihre Walkerkarren (ribeaudequins) sogar mit Geschützen
besetzten.
russische Leibwache, ward vom ZarenIwan Wasiljewitsch dem Schrecklichen in der
Mitte des 16. Jahrh. errichtet und machte, zuweilen 40-50,000 Mann stark, die ganze Infanterie Rußlands aus. Mit ihnen erkämpften
jener Zar und dessen Nachfolger die großen Siege, die Rußlands Macht gründeten. Sie waren aber eine
wilde, zuchtlose Soldateska, achteten weder Gesetze noch Disziplin und empörten sich bei dem geringsten Anlaß. 1682 rebellierten
sie und übten bei dem Thronwechsel nach dem Tode des ZarenFeodor eine Zeitlang einen politischen Einfluß.
Peter d. Gr. suchte daher die Macht der S. nach und nach zu schwächen,
indem er ihnen ein Vorrecht nach dem andern entzog, bis er es ohne Gefahr unternehmen durfte, sie ganz aufzulösen. Zur BeobachtungPolens an die litauische Grenze postiert, empörten sie sich im Sommer 1698, wurden aber in einer offenen Feldschlacht von dem
GeneralGordon geschlagen. Nahezu 2000 der Rebellen wurden gefangen genommen und mit beispielloser Grausamkeit
gefoltert und hingerichtet. Die Regimenter der S. wurden aufgelöst. Die Reste derselben nahmen noch wiederholt an den folgenden
Rebellionen während der RegierungPeters d. Gr. teil.
(Strzelno), Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Bromberg,
[* 96] an der LinieMogilno-S. der Preußischen Staatsbahn,
hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Synagoge, ein Amtsgericht und (1885) 4332 meist kath.
Einwohner.
(lat.), bei den alten RömernGeschenke, die man sich zu Anfang des neuen Jahrs mit Glückwünschen
zu übersenden pflegte, bestanden in Lorbeer- und Palmenzweigen, Süßigkeiten und Früchten, die wie bei uns mit Goldschaum
überzogen wurden.
Eine letzte Spur derselben hat sich in den französischen Étrennes (s. d.) erhalten.
Der Name S. hängt
mit der alten sabinischen Segensgöttin Strenia zusammen, welcher die römische Salus entsprach.
alte Stadt im schwed. LänSödermanland, am Mälar, ist seit dem Brand von 1871 neu aufgebaut, hat eine in
ihrem Kern aus dem 13. Jahrh. stammende Domkirche mit den Grabmälern Karls IX. u. a., eine gute bischöfliche
Bibliothek und (1885) 1614 Einw. S. steht mit Stockholm
[* 98] in regelmäßiger Dampferverbindung.
Seit dem Anfang des 12. Jahrh.
ist es Bischofsitz.
auch eine längere, lebhafter
vorzutragende Schlußpassage, wie sie häufig am Ende von Konzertsätzen auftritt, desgleichen ein schnell bewegter Satz am
Ende des Opernfinales etc. heißt S. (Stretta).
die Herstellung von Maschen mit Hilfe eines Fadens und zweier Nadeln.
[* 102] Als Material gebraucht man Seide,
[* 103] Wolle oder
Baumwolle.
[* 104] Die Nadeln werden aus Stahl, Holz
[* 105] oder Knochen angefertigt, sind 20-50 cm lang, von oben bis unten
gleich stark und an den Enden etwas zugespitzt. Wenn man nur mit zwei Nadeln strickt, so sind diese an einem Ende mit einem
Knopfe versehen, damit die Maschen nicht abgleiten können. Auf die eine Nadel werden durch Knüpfen Maschen aufgelegt; diese
Nadel nimmt man in die linke Hand
[* 106] und legt den an der letzten Masche hängenden Faden
[* 107] über den Zeigefinger
um die andern Finger; mit der von der rechnen Hand gehaltenen zweiten Nadel sticht man in die erste Masche, faßt mit der Nadel
den straff angezogenen Faden, zieht ihn durch die Masche hindurch und läßt diese von der Nadel heruntergleiten.
Dadurch, daß der Faden ohne Unterbrechung fortläuft, sind alle Maschen miteinander verbunden. Man unterscheidet Rechts- oder
Glatt- und Linksstricken. Beim Rechtsstricken sticht man von vorn in die Masche und zieht den Faden von hinten nach vorn durch,
beim Linksstricken ist es umgekehrt. Ist die Strickarbeit
¶