wechselnde
Größe und erscheinen kugelig, oval, linsen- oder spindelförmig, mitunter, wie im
Milchsaft der Euphorbien, auch
stabartig mit angeschwollenen
Enden, in andern
Fällen durch gegenseitigen
Druck polyedrisch. Nicht selten treten mehrere
Körner
zu einem abgerundeten Ganzen zusammen (zusammengesetzte Stärkekörner). Im
Wasser liegende Stärkekörner lassen eine deutliche
Schichtung
[* 1]
(Fig. 1a) erkennen, welche dadurch hervorgerufen wird, daß um
eine innere, weniger dichte
Partie, den sogen.
Kern,
Schichten von ungleicher Lichtbrechung schalenartig gelagert sind; der
Kern liegt nur bei kugeligen
Körnern genau im
Mittelpunkt, meist
ist er exzentrisch, und die ihn umgebenden
Schichten haben dem
entsprechend ungleiche
Dicke.
Die
Schichtung wird durch verschiedenen Wassergehalt und entsprechend verschiedene Lichtbrechung der
Schichten verursacht, weshalb auch trockne oder in absolutem
Alkohol liegende
Körner ungeschichtet erscheinen. In polarisiertem
Licht
[* 2] zeigen alle Stärkekörner ein helles, vierarmiges
Kreuz,
[* 3] dessen
Mittelpunkt mit dem Schichtungszentrum zusammenfällt,
und verhalten sich demnach so, als wenn sie aus einachsigen Kristallnadeln zusammengesetzt wären.
Mit Jodlösung färben sich je nach
Konzentration derselben die Stärkekörner mit wenigen Ausnahmen indigoblau
bis schwarz, eine
Reaktion, durch welche sich auch sehr geringe Stärkemengen in Gewebeteilen nachweisen lassen. In kaltem
Wasser sind die
Körner unlöslich, quellen aber in warmem
Wasser auf und lösen sich zuletzt beim
Kochen auf. Nach Einwirkung
von
Speichel oder von verdünnten
Säuren bleibt ein substanzärmeres Stärkeskelett zurück, das sich
mit
Jod nicht mehr blau, sondern violett oder gelb färbt, so daß die
Annahme zweier verschiedener
Substanzen (von
Nägeli als
Granulose und
Cellulose bezeichnet) naheliegt; jedoch scheint die
Annahme einer unter diesen Umständen eintretenden Umwandlung
der
S. in Amylodextrin wahrscheinlicher.
Die S. tritt in den verschiedenartigsten
Geweben aller
Pflanzen mit Ausnahme der
Pilze
[* 4] und einiger
Algen
[* 5]
(Diatomeen und
Florideen)
auf; bei letztern wird sie jedoch durch eine ähnliche
Substanz (Florideenstärke) vertreten, welche sich mit
Jod gelb oder
braun färbt und direkt aus dem Zellplasma hervorgeht. Auch im Zellinhalt von Euglena kommen stärkeähnliche,
mit
Jod jedoch sich nicht färbende
Körner (Paramylon) vor.
Endlich tritt in den Epidermiszellen einiger höherer
Pflanzen eine
mit
Jod sich blau oder rötlich färbende
Substanz in gelöster Form (lösliche S.) auf. In allen übrigen
Fällen ist das Auftreten
der
S. in der beschriebenen Körnerform die
Regel. Sehr reich an S. sind die als Stoffmagazine dienenden
Gewebe der
[* 6]
Samen,
[* 7]
Knollen,
[* 8]
Zwiebeln und
Rhizome sowie die
Markstrahlen und das
Holzparenchym im Holzkörper der
Bäume.
Diese Reservestärke unterscheidet sich durch ihre Großkörnigkeit von der feinkörnigen, im assimilierenden
Gewebe auftretenden
S. (s.
Ernährung der
Pflanzen). Die
Bildung der S. erfolgt entweder innerhalb der Chlorophyllkörner und
andrer Farbstoffkörper, oder sie entsteht aus farblosen Plasmakörnern, den
Leukoplasten oder
Stärkebildnern. Die letztern
treten besonders in solchen chlorophyllfreien
Geweben auf, in welchen die Assimilationsprodukte in Reservestärke übergeführt
werden, wie in vielen stärkemehlhaltigen
Knollen; in diesen werden die kleinen Stärkekörner von den
Leukoplasten fast
ganz eingehüllt, während letztere den großen, exzentrisch gebauten Stärkekörnern nur einseitig aufsitzen.
Bei vielen Chlorophyllalgen, z. B. bei Spirogyra, treten die Stärkemehlkörner an besondern
Bildungsherden im Umkreis von plasmatischen
Kernen (Pyrenoiden) auf. Das Wachstum der anfangs ganz winzigen Stärkekörner
erfolgt durch Einlagerung neuer Stärkemoleküle zwischen die schon vorhandenen
(Intussuszeption), während die
zusammengesetzten Stärkekörner sich durch nachträgliche Verschmelzung und Umlagerung mit neuen
Schichten bilden. Die
Auflösung
der S. im Innern der
Pflanzenzelle kommt vorzugsweise durch Einwirkung von
Fermenten zu stande, welche der
Diastase des keimenden
Getreidekorns ähnlich sind. Im
Leben der
Pflanze liefert die S. das
Material für den
Aufbau der Zellwand.
- Auch in chemischer Beziehung steht das
Stärkemehl C6H10O5^(C6H10O5) in naher
Verwandtschaft zu andern
Kohlehydraten,
wie der
Cellulose, den Zuckerarten, dem
Dextrin u. a. Die Umwandlung in
Dextrin und
Zucker
[* 9] erfolgt besonders leicht durch Behandlung
der S. mit verdünnten
Säuren,
Diastase,
Speichel,
Hefe
[* 10] und andern
Fermenten.
Bei 160° geht dieS. in
Dextrin über, mit konzentrierter
Salpetersäure bildet sie explosives Nitroamylum
(Xyloidin), mit verdünnter
Salpetersäure gekocht,
Oxalsäure.
Beim Erhitzen mit
Wasser quillt die S. je nach der Abstammung
bei 47-57°, die
Schichten platzen, und bei 55-87°
(Kartoffelstärke bei 62,5,° Weizenstärke bei 67,5°) entsteht
Kleister, welcher je nach der Stärkesorte verschiedenes Steifungsvermögen besitzt (Maisstärkekleister
größeres als Weizenstärkekleister, dieser größeres als Kartoffelstärkekleister) und sich mehr oder weniger leicht unter
Säuerung zersetzt.
Man gewinnt S. aus zahlreichen, sehr verschiedenen
Pflanzen, von denen
Weizen,
Kartoffeln,
Reis (Bruchreis aus den Reisschälfabriken)
und
Mais besonders wichtig sind. Wichtige
Objekte des
Handels sind außerdem:
Sago, Marantastärke
(Arrowroot), brasilische
Maniokstärke, ostindische
Kurkumastärke und Kannastärke, letztere beiden ebenfalls als
Arrowroot im
Handel. Zur
Darstellung derKartoffelstärke werden die
Kartoffeln, welche etwa 75 Proz.
Wasser, 21 Proz.
S. und 4 Proz. andre
Substanzen enthalten, auf schnell
rotierenden
Cylindern, die mit Sägezähnen besetzt sind, unter Zufluß von
Wasser möglichst fein zerrieben, worauf
man den Brei, in welchem die
Zellen möglichst vollständig zerrissen, die Stärkekörner also bloßgelegt sein sollen, aus
einem Metallsieb, auf welchem ein
PaarBürsten langsam rotieren, unter Zufluß von
Wasser auswäscht. Bei größerm Betrieb
benutzt man kontinuierlich wirkende
Apparate, bei denen der Brei durch eine
Kette allmählich über ein langes,
geneigt liegendes
Sieb transportiert und dabei ausgewaschen und das
auf den schon fast erschöpften Brei fließende Wasser, welches also nur sehr wenig Stärkemehl aufnimmt, auch noch auf frischen
Brei geleitet wird. Der ausgewaschene Brei (Pülpe) enthält 80-95 Proz. Wasser, in der Trockensubstanz aber noch etwa 60 Proz.
S. und dient als Viehfutter, auch zur Stärkezucker-, Branntwein- und Papierbereitung; das Waschwasser hat
man zum Berieseln der Wiesen benutzt, doch gelang es auch, die stickstoffhaltigen Bestandteile des Kartoffelfruchtwassers für
die Zwecke der Verfütterung zu verwerten. Da die Pülpe noch sehr viel S. enthält, so zerreibt man sie wohl zwischen Walzen,
um alle Zellen zu öffnen, und wäscht sie noch einmal aus. Nach einer andern Methode schneidet man die
Kartoffeln in Scheiben, befreit sie durch Maceration in Wasser von ihrem Saft und schichtet sie mit Reisigholz oder Horden zu
Haufen, in welchen sie bei einer Temperatur von 30-40° in etwa acht Tagen vollständig verrotten und in eine lockere, breiartige
Masse verwandelt werden, aus welcher die S. leicht ausgewaschen werden kann.
Das von den Sieben abfließende Wasser enthält die Saftbestandteile der Kartoffeln gelöst und S. und feine Fasern, die durch
das Sieb gegangen sind, suspendiert. Man rührt es in Bottichen auf, läßt es kurze Zeit stehen, damit Sand und kleine Steinchen
zu Boden fallen können, zieht es von diesen ab, läßt es durch ein feines Sieb fließen, um gröbere
Fasern zurückzuhalten, und bringt es dann in einen Bottich, in welchem sich die S. und auf derselben die Faser ablagert.
Die obere Schicht des Bodensatzes wird deshalb nach dem Ablassen des Wassers entfernt und als Schlammstärke
direkt verwertet oder weiter gereinigt, indem man sie auf einem Schüttelsieb aus feiner Seidengaze, durch deren Maschen die
S., aber nicht die Fasern hindurchgehen, mit viel Wasser auswäscht. Die Hauptmasse der S. wird im Bottich wiederholt mit reinem
Wasser angerührt und nach jedesmaligem Absetzen von der obern unreinen S. befreit. Man kann auch die rohe
S. mit Wasser durch eine sehr schwach geneigte Rinne fließen lassen, in deren oberm Teil sich die schwere reine S. ablagert,
während die leichtern Fasern von dem Wasser weiter fortgeführt werden.
Sehr häufig benutzt man auch innen mit Barchent ausgekleidete Zentrifugalmaschinen, in welchen sich die
schwere S. zunächst an der senkrechten Wand der schnell rotierenden Siebtrommel ablagert, während die leichte Faser noch
im Wasser suspendiert bleibt. Das Wasser aber entweicht durch die Siebwand, und man kann schließlich die S. aus der Zentrifugalmaschine
in festen Blöcken herausheben, deren innere Schicht die Faser bildet. Die feuchte (grüne) S., welche etwa
33-45 Proz. Wasser enthält, wird ohne weiteres auf Dextrin und Traubenzucker verarbeitet, für alle andern Zwecke aber auf Filterpressen
oder auf Platten aus gebranntem Gips,
[* 13] die begierig Wasser einsaugen, auch unter Anwendung der Luftpumpe
[* 14] entwässert und bei einer
Temperatur unter 60° getrocknet. Man bringt sie in Brocken oder, zwischen Walzen zerdrückt und gesiebt,
als Mehl
[* 15] in den Handel. Bisweilen wird die feuchte S. mit etwas Kleister angeknetet und durch eine durchlöcherte eiserne Platte
getrieben, worauf man die erhaltenen Stengel
[* 16] auf Horden trocknet. Um einen gelblichen Ton der S. zu verdecken, setzt man ihr
vor dem letzten Waschen etwas Ultramarin zu.
Weizenstärke wird aus weißem, dünnhülsigem, mehligem Weizen dargestellt. Derselbe enthält etwa 58-64 Proz. S., außerdem
namentlich etwa 10 Proz. Kleber und 3-4 Proz. Zellstoff, welcher hauptsächlich die
Hülsen des Korns bildet. Die Eigenschaften
des Klebers bedingen die Abweichungen der Weizenstärkefabrikation von der Gewinnung der S. aus Kartoffeln.
Nach dem Halleschen oder Sauerverfahren weicht man den Weizen in Wasser, zerquetscht ihn zwischen Walzen und überläßt ihn,
mit Wasser übergossen, der Gärung, die durch Sauerwasser von einer frühern Operation eingeleitet wird und namentlich Essig-
und Milchsäure liefert, in welcher sich der Kleber löst oder wenigstens seine zähe Beschaffenheit so
weit verliert, daß man nach 10-20 Tagen in einer siebartig durchlöcherten Waschtrommel die S. abscheiden kann.
Das aus der Trommel abfließende Wasser setzt in einem Bottich zunächst S., dann eine innige Mischung von S. mit Kleber und
Hülsenteilchen (Schlichte, Schlammstärke), zuletzt eine schlammige, vorwiegend aus Kleber bestehende Masse
ab. Diese Rohstärke wird ähnlich wie die Kartoffelstärke gereinigt und dann getrocknet, wobei sie zu Pulver zerfällt oder,
wenn sie noch geringe MengenKleber enthält, die sogen. Strahlenstärke liefert, die vom Publikum irrtümlich für besonders
rein gehalten wird. - Nach dem Elsässer Verfahren wird der gequellte Weizen durch aufrechte Mühlsteine
[* 17] unter starkem Wasserzufluß zerquetscht und sofort ausgewaschen.
Das abfließende Wasser enthält neben S. viel Kleber und Hülsenteilchen und wird entweder der Gärung überlassen und dann
wie beim vorigen Verfahren weiter verarbeitet, oder direkt in Zentrifugalmaschinen gebracht, wo viel Kleber abgeschieden und
eine Rohstärke erhalten wird, die man durch Gärung etc. weiter reinigt. Die bei diesem Verfahren erhaltenen
Rückstände besitzen beträchtlich höhern landwirtschaftlichen Wert als die bei dem Halleschen Verfahren entstehenden; will
man aber den Kleber noch vorteilhafter verwerten, so macht man aus Weizenmehl einen festen, zähen Teig und bearbeitet diesen
nach etwa einer Stunde in Stücken von 1 kg in einem rinnenförmigen Trog unter Zufluß von Wasser mit einer
leicht kannelierten Walze. Hierbei wird die S. aus dem Kleber ausgewaschen und fließt mit dem Wasser ab, während der Kleber
als zähe, fadenziehende Masse zurückbleibt (vgl. Kleber).
Reis enthält 70-75 Proz. S. neben 7-9 Proz. unlöslichen, eiweißartigen
Stoffen, welche aber durch Einweichen des Reises in ganz schwacher Natronlauge großenteils gelöst werden.
Man zerreibt den Reis alsdann auf einer Mühle unter beständigem Zufluß schwacher Lauge, behandelt den Brei in einem Bottich
anhaltend mit Lauge und Wasser, läßt kurze Zeit absetzen, damit sich gröbere Teile zu Boden senken, und zieht das Wasser,
in welchem reine S. suspendiert ist, ab. Aus dem Bodensatz wird die S. in einem rotierenden Siebcylinder
durch Wasser ausgewaschen, worauf man sie durch Behandeln mit Lauge und Abschlämmen vom Kleber befreit. Die zuerst erhaltene
reinere S. läßt man absetzen, entfernt die obere unreine Schicht, behandelt das übrige auf der Zentrifugalmaschine
und trocknet die reine S.
Mais weicht man vier- bis fünfmal je 24 Stunden in Wasser von 35°, wäscht ihn und läßt ihn dann durch zwei Mahlgänge gehen.
Das Mehl fällt in eine mit Wasser gefüllte Kufe mit Flügelrührer und gelangt aus dieser auf Seidengewebe, welches nur die
grobe Kleie zurückhält. Die mit der S. beladenen, durch das Gewebe hindurchgegangenen Wasser gelangen
in Tröge, dann durch zwei feine Gewebe und endlich auf wenig geneigte, 80-100 m lange Schiefertafeln, auf welchen sich die
S. ablagert. Das abfließende, nur noch Spuren von S. enthaltende Wasser¶
mehr
überläßt man der Ruhe und preßt den Absatz zu Kuchen, um ihn als Viehfutter zu verwenden. Die Behandlung mit schwacher Natronlauge
von 2-3° B. ist im nördlichen Frankreich und in England gebräuchlich. Stärkere Laugen würden einen Verlust an Eiweißstoffen
verursachen. Da zudem bei Anwendung von Natron sich ein übler Geruch bei der Gärung entwickelt und dieses
Verfahren auch fast keine Vorzüge bietet, so ist die Behandlung mit reinem Wasser vorzuziehen. Die S. des Maises ist unter
dem NamenMaizena im Handel.
Auch aus Roßkastanien wird S. gewonnen, doch ist dieselbe nur für technische Zwecke verwendbar, da ein derselben anhaftender
Bitterstoff durch Behandeln mit kohlensaurem Natron kaum vollständig entfernt werden kann. Die Ausbeute
beträgt 19-20 Proz. Die S. des Handels enthält etwa 80-84 Proz. reine S., 14-18 Proz. Wasser und in den geringern Sorten bis 5 Proz.
Kleber, 2,5 Faser und 1,3 Proz. Asche, während der Aschengehalt in den besten Sorten nur 0,01 Proz. beträgt.
Nach Plinius wurde sie zuerst auf Chios aus Weizenmehl dargestellt. Über die Fortschritte der Fabrikation im Mittelalter weiß
man wenig, nur so viel ist sicher, daß die Holländer im 16. Jahrh. S. im großen Maßstab
[* 24] darstellten und bedeutende Mengen
exportierten. Die Stärkeindustrie entwickelte sich vorwiegend als landwirtschaftliches Gewerbe; mit einfachsten Vorrichtungen
gewann man zwar nur eine mäßige Ausbeute, doch genügte dieselbe bei der Möglichkeit vorteilhafter Verwertung der Abfälle,
bis die Fortschritte in den eigentlichen Stärkefabriken auch die Landwirtschaft zwangen, auf höhere Ausbeute bedacht zu sein.
Diese wurde namentlich durch Vervollkommnung der Maschinen und Apparate erreicht, um welche sich Fesca durch
Einführung eigentümlich konstruierter Zentrifugalmaschinen wesentliche Verdienste erwarb. In neuerer Zeit hat die Reisstärke
der Kartoffel- und Weizenstärke namentlich für Zwecke der Appretur erfolgreich Konkurrenz gemacht.
(tschech. Jilemnice), Stadt im nördlichen Böhmen,
[* 27] Station der Österreichischen Nordwestbahn, Sitz einer
Bezirkshauptmannschaft
und eines Bezirksgerichts, mit gräflich Harrachschem Schloß, Webschule, bedeutender Leinwand- und Batistmanufaktur,
Bierbrauerei und (1880) 3418 Einw.
Provinz des Großherzogtums Hessen,
[* 28] umfaßt 3019 qkm (54,83 QM.) mit (1885)
402,378 Einw. (darunter 116,974 Katholiken und 9516 Juden), hat Darmstadt
[* 29] zur Hauptstadt und sieben Kreise:
[* 30]
(Stärkering, Stärkeschicht), in der Pflanzenanatomie eine stärkeführende Zellschicht,
welche den Gefäßbündelkreis oder die einzelnen Gefäßbündel
[* 34] im Stengel und im Blatt
[* 35] umgibt.
(Starenberg), Dorf im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, Bezirksamt München
[* 37] II, am Nordende des danach benannten
Sees und an der LinieMünchen-Peißenberg der Bayrischen Staatsbahn, hat eine kath. Kirche, ein königliches
Schloß, ein Amtsgericht, ein Forstamt und (1885) 1745 Einw. Der Starnberger
See (auch Würmsee genannt) liegt 584 m ü. M., ist 21 km lang, bis 5 km breit und 245 m
tief. Sein Abfluß ist die Würm, welche den See unweit S. verläßt und in die Ammer mündet.
(slaw., »Älteste«, Capitanei), in Polen früher Edelleute, die eins der königlichen Güter (Starosteien)
zum Lehen und damit zumeist auch die Gerichtsbarkeit in einem gewissen Umfang erhalten hatten (Starosteigerichte).
Beim Ableben
des derzeitigen Inhabers durften diese Starosteien nicht wieder eingezogen, sondern mußten an einen andern verliehen werden.
In Sibirien werden die Vorsteher eines Dorfs S. genannt. In Böhmen ist Starosta der Titel der Bürgermeister,
auch Bezeichnung von Vereinsvorständen.
(Tetanus und Trismus), eine Krankheit, welche darin sich äußert, daß auf geringe Erregungen entweder nur
gewisse Muskelgruppen, z. B. die Kaumuskeln beim Trismus (Mundsperre), die Nackenmuskeln beim Opisthotonus
(Genickkrampf), oder daß die gesamte Muskulatur des Körpers in den Zustand stärkster Zusammenziehung gerät. Später reicht
der geringste Anlaß, eine Erschütterung, das Klappen einer Thür hin, um einen S. auszulösen. Fast immer wird zuerst der Kopf
durch starre Kontraktionen der Rückenmuskeln fixiert und rückwärts gezogen.
Vom Nacken aus verbreitet sich der Krampf über die Rückenmuskeln, der ganze Körper wird dadurch bogenförmig
rückwärts gekrümmt. Aber auch die Bauch- und Brustmuskeln beteiligen sich an dem S., deshalb ist der Unterleib eingezogen
und bretthart. Die kontrahierten Muskeln
[* 49] bleiben während des ganzen Verlaufs der Krankheit gespannt; sie sind dabei hart wie
Stein und der Sitz furchtbarer Schmerzen, welche denjenigen beim Wadenkrampf ähnlich sind. Die Krankheit
ist um so entsetzlicher, als der Kranke meist bis zum Tode das volle Bewußtsein seiner furchtbaren Leiden
[* 50] behält. Er leidet
Hunger und Durst, weil er nicht schlingen kann; der Schlaf fehlt, die Atmung ist erschwert, und die gestörte
Respiration und die Erstickungszufälle sind es auch, welche den Kranken meist schon nach wenigen Tagen hinwegraffen.
Der S. entsteht durch Vergiftungen, von welchen diejenige mit Strychnin am besten erforscht ist. Neuere Untersuchungen machen
es wahrscheinlich, daß die alte Einteilung in rheumatischen und traumatischen S. hinfällig sei, daß vielmehr alle
Fälle von kleinen Wunden ausgehen, in welchen eine Giftbildung (Briegers Tetanin und Tetanotoxin) durch Bakterien vor sich geht.
Da die Wunden meistens klein und unbedeutend sind, so hat man sie früher nicht beachtet und den S. als eine Erkältungskrankheit
gedeutet; für zahlreiche Fälle von S. nach Fußverletzungen, nach dem Einreißen von Splittern unter
einen Fingernagel, für den S. der Neugebornen, welcher von der Nabelwunde ausgeht, sind
indessen Bakterien (Tetanusbacillen)
nachgewiesen worden, welche auch in Nährflüssigkeiten ein Gift hervorbringen, welches Tetanus bei Tieren erzeugt. Diese Bacillen
kommen im Erdboden vor, woraus sich die Gefährlichkeit kleiner Fußwunden namentlich bei barfuß gehenden Personen
erklärt. Die Behandlung gewährt nur Aussicht, wenn frühzeitig die Wunde ausgeschnitten oder das Glied
[* 51] amputiert wird; gegen
den S. selbst wendet man Morphium an, um das Leiden zu lindern.
S. kommt auch bei den Haustieren und besonders häufig bei Pferden vor. Gewöhnlich entwickelt sich das Leiden schnell, aber
ohne Temperaturerhöhung. Die Pferde
[* 52] gehen steif, mit gestrecktem Kopf; die Muskeln sind gespannt, und oft
bekunden die Tiere eine krankhafte Reizbarkeit. Die Schneidezähne sind mehr oder weniger fest aufeinander geklemmt, so daß
die Tiere wohl noch Wasser trinken, aber keine festen Nahrungsmittel verzehren können. Nach diesem Symptom wird der S. auch
Maulsperre (Trismus) genannt. Mehr als die Hälfte der am S. erkrankten Tiere geht zu Grunde. Bei günstigem
Verlauf lassen die Symptome am 10.-15. Krankheitstag allmählich nach; aber die Rekonvaleszenz erstreckt sich auf 4-6 Wochen.
Mit Arzneimitteln kann beim S. nicht viel geholfen werden. Mehr empfiehlt sich zweckmäßige Pflege und Vermeidung jeder
Aufregung der kranken Tiere.
(Katalepsie), eine eigentümliche Krankheit der Bewegungsnerven, bez. des Rückenmarks, welche in einzelnen
Anfällen auftritt. Während eines kataleptischen Anfalls verharren die Glieder
[* 53] in der Stellung, in welche sie der Kranke vor
dem Anfall durch seinen Willen gebracht hat, oder in der Stellung, in welche sie während des Anfalls durch
fremde Hand
[* 54] gebracht werden. Sie sinken weder durch ihre eigne Schwere herab, noch können sie durch den Willen des Kranken
in eine andre Stellung gebracht werden. Es ist wahrscheinlich, daß bei der S. alle Bewegungsnerven sich in einem Zustand
mittlerer Erregung befinden, und daß infolgedessen alle Muskeln bis zu dem Grad kontrahiert sind, daß
sie derSchwere der GliederWiderstand zu leisten vermögen.
Kataleptische Erscheinungen treten bei gewissen Geisteskranken, bei Hysterischen und neben manchen Krampfformen, sehr selten
dagegen selbständig bei sonst gesunden Individuen auf. Gelegenheitsursachen zum Ausbruch der S. sind namentlich starke Gemütsbewegungen
oder auch diejenigen Nervenreizungen, welche den magnetischen Schlaf (s. Hypnotismus) hervorbringen. Als
Vorboten der Anfälle von S. sind Kopfschmerz, Schwindel, Ohrenklingen, unruhiger Schlaf, große Reizbarkeit etc. zu nennen.
Der Anfall selbst tritt plötzlich ein; die Kranken bleiben unbeweglich wie eine Statue in der Stellung oder Lage, in welcher
sie sich gerade befinden, wenn sie der Anfall überrascht. Entweder ist während des Anfalls das Bewußtsein
und damit die Empfindlichkeit gegen äußere Reize vollständig aufgehoben, oder das Bewußtsein ist vorhanden, äußere Reize
werden empfunden, aber die Kranken sind nicht im stande, durch Worte oder Bewegungen Zeichen ihres Bewußtseins zu geben. Die
Atmungsbewegungen, der Herz- und Pulsschlag sind zuweilen so schwach, daß man sie kaum wahrnimmt. Ein
solcher Anfall dauert meist nur wenige Minuten, selten mehrere Stunden oder Tage. Die Kranken gähnen und seufzen, wenn der
Anfall vorübergeht, und machen ganz den Eindruck eines Menschen, der aus einem tiefen Schlaf erwacht. Geht der Anfall schnell
vorüber, und ist während
¶
mehr
desselben das Bewußtsein erloschen gewesen, so wissen die Kranken oft gar nicht, daß etwas Ungewöhnliches mit ihnen vorgegangen
ist. In andern Fällen bleiben die Kranken nach dem Anfall für kurze Zeit angegriffen, schwindlig und klagen über Eingenommenheit
des Kopfes. Oft tritt nur ein Anfall ein, selten folgen sich in kurzen oder langen Zwischenräumen mehrere
Anfälle. Die S. geht fast immer nach längerm oder kürzerm Bestand in Genesung über. Dauert der Anfall länger an, so kann
es nötig werden, dem Kranken künstlich (durch die Schlundsonde) Nahrung einzuführen. Vgl. Kataplexie.
(griech.), Name der Standlieder des Chors im griechischen Drama, bei deren Vortrag der Chor meist unbeweglich
stehen blieb.
Sie traten nur ein, wo die Handlung einen Ruhepunkt forderte, und teilten mit dem dem Prolog folgenden Einzugslied
(Parodos) das Stück in verschiedene Abschnitte.
[* 71] Stadt im preuß. Regierungsbezirk Magdeburg,
[* 72] KreisKalbe, an der Bode, Knotenpunkt der Linien S.-Schönebeck,
S.-Blumenberg und S.-Löderburg der Preußischen Staatsbahn, 65 m ü. M., hat 2 evangelische
und eine kath. Kirche, ein Amtsgericht, ein bedeutendes Steinsalzbergwerk, große chemische Fabriken, eine Zuckerfabrik, Eisengießerei
[* 73] und Dampfkesselfabrikation und (1885) 16,459 meist evang. Einwohner.
S. wird zuerst 806 als Ort erwähnt, und die dortigen Solbrunnen existierten bereits 1227. Im 16. und 17. Jahrh. befand sich
der blühende Salzbetrieb hauptsächlich in den Händen des dort seßhaften Adels, 1796 aber ging der gesamte
Besitz an den König von Preußen über.
Unter der Konkurrenz von Dürrenberg mußte der Betrieb nach wenigen Jahren eingestellt werden, und als er 1815 wieder aufgenommen
wurde, konnte er doch nur bis 1839 erhalten werden. Damals begann man ein Bohrloch, welches 1843 bei 256 m
Tiefe ein Salzlager antraf, dessen Liegendes bei 325 m noch nicht erreicht wurde. Die Bohrlochsole erwies sich aber wegen
hohen Gehalts an Kali- und Magnesiasalzen unbrauchbar, und als man 1851 mit dem Abteufen zweier Schächte begann, erreichte man in
fünf Jahren das Salzlager, welches sich in einer Mächtigkeit von 160 m mit Kali- und Magnesiasalzen bedeckt
erwies, die man damals als lästige Zugabe betrachtete und als Abraumsalze (s. d.) bezeichnete.
Spätere Bohrungen ergaben, daß stellenweise über den Abraumsalzen noch ein jüngeres Steinsalzlager liegt, welches keine
Anhydritschnüre enthält und sehr reines Steinsalz liefert. Die ersten Vorschläge zur Verwertung der
Kalisalze veranlaßte die anhaltische Regierung zum Abteufen zweier Schächte zu Leopoldshall, in unmittelbarer Nähe von S., und
diese kamen 1861 in Betrieb. Ähnliche Unternehmungen, wie Douglashall, Neustaßfurt, entstandenen der Umgebung von S., und
auch Schmidtmannshall bei Aschersleben
[* 74] ist hierher zu rechnen.
Michael Matwejewitsch, russ. Publizist, geb. studierte auf der PetersburgerUniversität,
bekleidete an derselben 1851 bis 1861 den Lehrstuhl der Geschichte und war 1860 bis 1862 Lehrer des verstorbenen Thronfolgers
Nikolaus. Er verfaßte einige Monographien zur altgriechischen und mittelalterlichen Geschichte und eine
Geschichte des Mittelalters (russ., Petersb. 1863-65, 3 Bde.).
Später widmete er sich ganz dem Journalismus, indem er 1865 den »EuropäischenBoten« (»Westnik Jewropy«) begründete, eine
Monatsschrift, welche bis jetzt unter den Veröffentlichungen dieser Art in Rußland die erste Stelle einnimmt.
Island
[* 76] (spr. steht'n-eiländ),Insel an der Küste des nordamerikan. StaatsNew Jersey, an der Einfahrt in die Bai vonNew York, wird durch einen schmalen Meeresarm (Staten Island-Sound) vom festen Land getrennt, ist 160 qkm groß
und hat (1880) 38,991 Einw. Hauptstadt ist Richmond.
Der athenische Goldstater, meist im 5. Jahrh. geprägt, wiegt
etwa 8,6 g;
der Kyzikener S., etwa 16 g schwer, war ein aus sogen. Elektron (Gold- und Silbermischung) geprägtes Stück;
der
äginetische S. ist das silberne Didrachmon von 12,3 g.
Die verbreitetsten S. genannten Münzen
[* 77] sind die nach attischem Fuß ausgeprägten Goldstücke Philipps und Alexanders vonMakedonien
(s. Tafel »Münzen I«,
[* 75]
Fig. 6).
(griech.), ein von Dato konstruierter Apparat zur Kontrolle der Fahrzeiten, Aufenthaltszeiten und Fahrgeschwindigkeiten
von Eisenbahnzügen, verbunden mit einem Kilometerzeiger. Letzterer schlägt bei jedem Kilometerstein
in einen durch ein Uhrwerk fortgezogenen Papierstreifen ein Loch. Auf diesem über eine Walze gehenden Papierstreifen verzeichnet
ein Bleistift
[* 78] die Fahrgeschwindigkeitskurve, welche auf den Stationen so lange in die Nulllinie fällt, als der Zug
steht. Da der
Streifen eine gewisse Bewegungsgeschwindigkeit besitzt, so ist aus der Fahrtenkurve ersichtlich, mit
welcher Geschwindigkeit der Zug
jeden Punkt der Strecke durchfuhr. Vgl. Perambulator.
Vgl. Poinsot, Elemente der S. (deutsch,
Berl. 1887).
S. des Landbaues, die Lehre vom Gleichgewicht der Entnahme und Zufuhr an Nährstoffen des Bodens. Durch die
Agrikulturchemie ist
die Lehre von der S. eine außerordentlich durchsichtige geworden und hat die bisher vagen Begriffe »Reichtum
des Bodens«, »Kraft«,
[* 83] »Thätigkeit« in feste Gestalt gebracht, so daß man
immer umfassender wiegt und mißt, was dem Grund und Boden durch die Ernten entnommen wird, was ihm der
Dünger zurückgibt. Nicht nur im chemischen Laboratorium,
[* 84] auch im großen praktischen Betrieb der intelligenten Wirtschaften
macht man sich täglich die Errungenschaften der Agrikulturchemie mehr zu nutze, wendet die Lehre der S. thätig an. Durch
die umfassenden Düngungsversuche, welche durch die agrikulturchemischen Versuchsstationen in ganz eminent
hervorragender Weise unter Leitung der Halleschen und neuerdings BreslauerStation veranlaßt wurden, wird alljährlich diese
Lehre mehr und mehr ausgebaut.
Erst nach dem 15. Jahrh. macht sich wieder das Bedürfnis geltend, die eigne und die fremde Lage kennen
zu lernen, welchem in Frankreich unter Sully durch Schaffung einer Art statistischen Büreaus genügt wurde. Die wissenschaftliche
Behandlung der S. nahm ihren Anfang in der Mitte des 17. Jahrh. In Deutschland
[* 92] entwickelte sich zuerst die
beschreibende Schule der S., welche dieselbe in dem oben genannten Sinn auffaßte. Als Schöpfer derselben gilt H. Conring (1606-81,
s. d.), welcher
¶