Sprache und Sprachwissenschaft (Verbreitung u. Einteilung der Sprachen)
mehr
unerwartetes
Licht
[* 2] verbreitet worden, indem die
Ausscheidung der allen indogermanischen
Sprachen gemeinsamen
Wörter erkennen
ließ, welchen Kulturgrad diese
Völker vor ihrem
Aufbruch aus der gemeinsamen asiatischen
Heimat schon erreicht hatten. Auch
hat sich im Anschluß an diese Forschungen eine vergleichende
Mythologie und eine vergleichende
Sitten- und
Rechtsgeschichte
entwickelt. Selbst die schwierige
Frage nach dem Ursprung der
Sprache
[* 3] ist, wie schon erwähnt, in ein ganz
neues
Licht getreten.
Das wichtigste Ergebnis bleibt aber immer die
Klassifikation der
Sprachen, weil dadurch zugleich die wichtigsten
Fragen der
Anthropologie auf einem ganz neuen Weg ihrer
Lösung entgegengeführt werden. Man unterscheidet zwischen einer morphologischen
und einer genealogischen
Einteilung der
Sprachen. Bei der erstern gibt der grammatische
Bau derSprachen
den Einteilungsgrund ab, und man stellt meistenteils drei Hauptarten desselben auf. Die isolierenden
Sprachen, wie z. B. das
Chinesische, bestehen aus lauter einsilbigen
Wurzeln, welche stets unverändert bleiben, selbst wenn sie miteinander zusammengesetzt
werden.
Der Unterschied zwischen
Subjekt und
Objekt und überhaupt alle grammatischen Verhältnisse werden nur
durch die
Stellung der
Wörter im
Satz ausgedrückt.
Agglutinierende (»anleimende«)
Sprachen sind solche, welche einen Teil ihrer
Wurzeln zum
Zweck des Beziehungsausdrucks an andre regelmäßig anfügen und dabei die erstern verändern, während dagegen
die Hauptwurzel, welche den
Begriff desWortes enthält, unverändert bleibt. Eine Unterart dieser sehr
zahlreichen
Klasse sind die polysynthetischen
Sprachen, die, wie z. B. die amerikanischen, alle abhängigen oder minder wichtigen
Satzglieder in verkürzter Form an die Hauptwurzel anhängen.
Diese unbeholfene Ausdrucksweise ist vielleicht als ein Überbleibsel aus der primitiven
Stufe des Sprachlebens anzusehen,
als man noch nicht dazu gelangt war, den
Satz in seine einzelnen
Bestandteile aufzulösen. Von den polysynthetischen
Sprachen trennen manche als eine besondere
Klasse die einverleibenden ab, die, wie das Baskische, die Nebenbestimmungen zwischen
Wurzel
[* 4] und Endung einschieben.
Flektierend sind diejenigen
Sprachen, welche in
Zusammensetzungen sowohl die erste als die zweite
nebst den folgenden
Wurzeln beliebig verändern können, um verschiedene Nebenbeziehungen auszudrücken.
Zu dieser höchsten morphologischen
Klasse rechnet man nur den indogermanischen und semitischen Sprachstamm.
[* 5]
Die morphologische Verschiedenheit läßt sich auch durch Zeichen ausdrücken, indem man die unveränderlichen
Wurzeln durch
große, die veränderlichen durch kleine
Buchstaben bezeichnet. Die
Wörter der isolierenden
Klasse können dann
nur die Form A oder A B,
B A,
A B C etc., die der agglutinierenden außerdem auch die Form
A b,
A c,
b A etc., die der flektierenden
noch die
Formena b,
b a,
a b c etc. annehmen. Übrigens kommen nicht nur in den flektierenden und
agglutinierenden Sprachstämmen Wortbildungen nach dem isolierenden, sondern auch in den isolierenden
Sprachen solche nach
dem agglutinierenden und selbst dem flektierenden
Prinzip vor, so daß sich diese
Einteilung keineswegs streng durchführen
läßt.
Viel wichtiger als die morphologische
Klassifikation ist daher die genealogische
Einteilung der
Sprachen, welche Gemeinsamkeit
der Abstammung zum Einteilungsgrund macht.
Stimmen zwei oder mehrere
Sprachen sowohl in betreff ihrer
Wörter
und
Wurzeln als ihres grammatischen
Baues überein, oder haben sie wenigstens in einer diesen beiden Beziehungen
so viel miteinander
gemein, daß die
Annahme einer bloß zufälligen
Ähnlichkeit
[* 6] völlig ausgeschlossen ist, so muß man annehmen, daß sie auf
eine und dieselbe Grundsprache zurückgehen.
Hieraus folgt zugleich, daß die
Völker, welche die betreffenden
Sprachen sprechen, zu irgend einer Zeit einmal ein einziges
Volk gebildet haben müssen, und es ergeben sich so aus der genealogischen
Klassifikation der
Sprachen die wichtigsten
Resultate
für die
Einteilung der
Völker und
Rassen,
Resultate, die viel sicherer sind als diejenigen der Schädelvergleichung,
da die
Sprachen weniger leicht der Mischung unterliegen und stattgehabte Mischungen weit leichter erkennbar sind als bei den
Körpermerkmalen.
Die Gesamtzahl der lebenden
Sprachen mag in runder
Summe etwa 1000 betragen.
Adelung in seinem
»Mithridates«
zählte deren über 3000 auf; dagegen veranschlagen
Balbi und
Pott sie nur auf 860,
MaxMüller auf 900, welche
Ziffern jedoch
wahrscheinlich zu niedrig gegriffen sind. Die Sprachenstatistik wird dadurch sehr erschwert, daß es unmöglich ist, die
Grenze zwischen
Sprache und
Dialekt zu bestimmen. Bei einer Übersicht über die geographische Verbreitung
der
Sprachen handelt es sich vorzugsweise darum, ihre Zusammengehörigkeit zu größern oder kleinern
Gruppen, die von einer
gemeinsamen Ursprache herstammen, zur
Anschauung zu bringen.
Auf beifolgender »Sprachenkarte«
[* 7] und der zugehörigen Übersicht sind nur
die wichtigern der bis jetzt von der Linguistik ermittelten Sprachstämme
[* 8] und deren Unterabteilungen vollständig (letztere
auch einschließlich der jetzt ausgestorbenen), von den einzelnen
Sprachen sind nur die hervorragendsten
aufgeführt, namentlich von den in
Amerika
[* 9] gesprochenen.
Dort ist die Sprachverschiedenheit am größten; geringer ist sie
in den
Weltteilen, die wenigstens teilweise von alters her von Kulturvölkern bewohnt und daher früher zur
Ausbildung von
Schriftsprachen gelangt sind, in
Asien
[* 10] und
Afrika,
[* 11] am geringsten in
Europa,
[* 12] wo es nur 53
Sprachen gibt; die
Sprachen der Eingebornen von
Australien
[* 13] sind teilweise schon ausgestorben.
Nach den bisherigen Ergebnissen der genealogischen
Einteilung der
Sprachen unterscheiden wir nun acht Sprachstämme:
5) die Bantusprachen (südafrikanischer Sprachstamm);
6) den hamito-semitischen Sprachstamm;
7) den indogermanischen Sprachstamm;
8) den amerikanischen Sprachstamm. Außerdem gibt es noch eine beträchtliche Anzahl isolierter
Sprachen, welche sich, wenigstens
auf
Grund der bisherigen Forschungen, in keinen der größern Sprachstämme einreihen lassen. Dazu gehören: inEuropa
das Baskische in den
Pyrenäen und das jetzt ausgestorbene Etruskische (nach
Corssen Indogermanisch) in
Toscana;
die meisten
Negersprachen in
Nord- und Zentralafrika, so das
Wolof, Bidschogo, Banyum,
Haussa, Nalu, Bulanda, Baghirmi,
Bari,
Dinka etc.,
von denen nur einzelne, wie die
Nuba-,
Fulbe-,
Mande-,
Nil-,
Kru-,
Ewe-, Bornusprachen, sich zuGruppen vereinigen
lassen;
in Südafrika
[* 14] die verschiedenen
Sprachen der
Hottentoten und
Buschmänner, welche sich durch das Vorhandensein zahlreicher
Schnalzlaute, im Buschmännischen acht, auszeichnen, übrigens dem Aussterben nahe sind;
die
Sprachen des
Kaukasus, unter denen
man einen südkaukasischen Sprachstamm
¶
mehr
mit Georgisch, Mingrelisch und Lasisch nebst Suanisch und einen nordkaukasischen Sprachstamm mit Tscherkessisch, Awarisch,
Udisch, Tschetschenzisch etc. unterscheiden kann;
(besser Sprachstörungen) werden bedingt durch Bildungsfehler oder Erkrankungen 1) der lautbildenden Organe
(Kehlkopf,
[* 23] Schlund, Mund), 2) des diesen Artikulationsorganen zugehörenden Nervenapparats. Über S. der ersten Gruppe s. die
betreffenden Artikel. Die S. der zweiten Gruppe, die eigentlichen S., äußern sich als solche der Artikulation,
d. h. der mechanischen Silben- und Wortbildung, und solche der Diktion, d. h. der Fähigkeit, einen Gedanken in richtiger Wahl
und Anordnung der Wörter zum Ausdruck zu bringen.
Bei den Fehlern der Artikulation handelt es sich um Beeinträchtigung derjenigen Muskelbewegungen, welche nötig sind, um
einen bestimmten Laut hervorzubringen; diese Muskeln
[* 24] werden in Thätigkeit versetzt von dem zwölften Gehirnnerv
(nervus hypoglossus), und da die Ursprungsstellen oder Kerne dieses Nervs im verlängerten Mark (bulbus), am Boden des vierten
Gehirnventrikels, gelegen sind, so sind es besonders häufig Blutungen oder andre Veränderungen dieses Gehirnteils, welche
zu schweren Bewegungsstörungen der Lippen-, Zungen- und Schlundmuskulatur (Bulbärparalyse, s. d.) führen.
Die S. der Diktion sind stets bedingt durch Erkrankungen des Großhirns (z. B. Gehirnerweichung), und zwar sind es besonders
zwei Stellen der Großhirnrinde, deren Zerstörung die als Aphasie benannten S. herbeiführt. Die eine dieser Stellen (von Broca
entdeckt) findet sich bei Rechtshändern im Fuß der dritten linken Stirnwindung, die andre (nach Wernicke)
in der
ersten Schläfenwindung. Ist die erstere erkrankt, so findet sich motorische oder ataktische Aphasie, d. h. der Kranke
ist nicht im stande, die Bewegungen seiner Sprachwerkzeuge so zu beeinflussen, daß ein ihm in seinem Bewußtsein vorschwebender
Laut ertönt. Bei Schädigung der zweiten Stelle tritt sensorische Aphasie (WorttaubheitKußmauls) ein, wobei
der Kranke trotz vorhandener Intelligenz und bei intaktem Gehör
[* 25] den Sinn gesprochener Worte nicht auffassen kann. Als amnestische
Aphasie bezeichnet man das Unvermögen des Kranken, für einen ihm bekannten Gegenstand die richtige Bezeichnung zu finden;
als Paraphasie das Verwechseln ganzer Wörter oder Silben, ein krankhaftes Sichversprechen. - Den Störungen
der Sprache entsprechen solche des Schreibens, der Aphasie die Agraphie; doch findet sich z. B. bei sensorischer Aphasie nicht
etwa auch sensorische Agraphie, d. h. das Unvermögen, Geschriebenes zu verstehen, woraus hervorgeht, daß die Zentren des
Hörens und Lesens an verschiedenen Stellen der Gehirnrinde ihren Sitz haben. Da die meisten S. durch solche
Gehirnveränderungen bedingt werden, welche einen dauernden Verlust von Rindensubstanz mit sich bringen, so sollte man annehmen,
daß diese S. unheilbar sein müßten; doch lehrt die Erfahrung, daß teilweise oder völlige Heilung eintreten kann, wobei
namentlich methodischer Unterricht von Erfolg ist.
Gewölbe,
[* 26] welche so gebaut sind, daß alles, was an einem bestimmten Punkt ihres Innern leise gesprochen
wird, nur an einem andern Punkte desselben gehört werden kann.
Sie müssen ellipsoidisch gebaut sein, weil Ellipsen die Eigenschaft
haben, alle Schallstrahlen, welche von dem einen ihrer beiden Brennpunkte ausgehen, nach dem andern zurückzuwerfen
und dort zu vereinigen.
die Ausscheidung fremdartiger, im weitern Sinn auch fehlerhafter Beimischungen (Solözismen) aus einer
Sprache und die Ersetzung derselben durch einheimische und regelrecht gebildete Wörter und Wortverbindungen.
Das hierauf gerichtete Streben ist an sich löblich; doch muß dabei mit Vorsicht, gründlicher Sprachkenntnis, gesundem Urteil
und geläutertem Geschmack zu Werke gegangen werden, da es leicht in Übertreibung (Purismus) ausartet.
Wörter wie Fenster, Wein, Pforte, opfern, schreiben etc. (v. lat.
fenestra, vinum, porta, offerre, scribere) lassen nur für den Sprachforscher den fremden Ursprung erkennen;
seit frühster Zeit eingebürgert, haben sich dieselben mit den auf deutschem Sprachboden erwachsenen Wörtern verschwistert
und gleiche Rechte erworben (vgl. Fremdwörter). Auch werden heutzutage, wenn neue technische und wissenschaftliche Begriffe
eine sprachliche Bezeichnung verlangen, die Ausdrücke dafür mit Recht vornehmlich dem griechischen und
lateinischen Sprachschatz entnommen. Mit einheimischen vertauscht, sind diese häufig unverständlich oder zu unbestimmt
oder müssen gar umschrieben werden; auch wird dadurch der Verkehr mit fremden Nationen erschwert. Mehr als lächerlich ist
es aber, wenn der Purismus sich an solchen Wörtern vergreift, die nur scheinbar fremden Ursprungs sind,
wie z. B. von Deutschtümlern für Nase
[* 30] der Ausdruck »Gesichtserker« vorgeschlagen wurde, während Nase keineswegs von dem
¶
mehr
lateinischen nasus stammt, sondern ein Urwort ist, das sich in allen indogermanischen Sprachen übereinstimmend wiederfindet
(sanskr. nâs, nâsâ, altpers. nâha, lat. nâsus, altslaw. nosu
etc.). Auch die S., die in neuester Zeit von einigen Germanisten an den durch Volksetymologie (s. Etymologie) entstandenen Wörtern
Sündflut, Friedhof u. a. versucht wurde, ist, obwohl sie auf gründlicher Sprachkenntnis
beruht, nicht zu billigen. In diesen Fällen hat die jetzige Schreibung und Deutung dieser Wörter längst das Bürgerrecht
erlangt, wenn auch »Sinflut« und »Freithof«,
wie man nach jenen Gelehrten schreiben sollte, früher »die große Flut« und den »eingefriedigten Hof«
[* 32] bedeutet haben.
Ihren triftigen Grund hat dagegen die S., wenn aus bloßer Nachlässigkeit oder Bequemlichkeit oder aus
Vorliebe für das Ausländische ohne alle NotFremdwörter eingeschwärzt werden. Einen solchen Kampf hatte namentlich die deutsche Sprache
zu führen seit dem Anfang des 17. Jahrh., als der Verkehr mit den Franzosen zunahm und der Deutsche
[* 33] die größere Freiheit
und Gewandtheit derselben auch durch Nachäffung ihrer Sprache sich anzueignen suchte. Energisch trat
diesem Unwesen zuerst MartinOpitz in seinem Buch »Von der teutschen Poeterei« entgegen; weiter noch ging Philipp v. Zesen teils
mit seiner Schrift »Rosenmond«, teils durch die Stiftung der Deutschgesinnten Genossenschaft (s. d.) in Hamburg.
[* 34]
Noch freilich fehlten Werke, die mit dem Streben nach reiner und edler Form auch gediegenen Inhalt verbanden. Sobald aber im 18. Jahrh.
die große Blütezeit der deutschen Litteratur anbrach, erhob sich auch die Sprache aus ihrer tiefen Erniedrigung
und gedieh durch unsre Klassiker noch vor dem Ende des Jahrhunderts zu hoher Vollendung. Nicht ohne Verdienst waren dabei auch
die besondern, ausdrücklich auf S. gerichteten Bemühungen J. H. Campes (s. d.) und Karl W. Kolbes (gest. 1835; »Über Wortmengerei«,
Berl. 1809), während Chr. Heinr. Wolke (gest. 1825) sich wieder in übertriebenen Purismus verirrte.
In der neuesten Zeit wurde der Kampf gegen den noch immer über Gebühr herrschenden Gebrauch von Fremdwörtern sowohl als von
sprachwidrigen Wortbildungen und Redensarten von M. Moltke in seiner Zeitschrift »Deutscher Sprachwart« (1856-79) und namentlich
von dem 1885 begründeten Allgemeinen Deutschen Sprachverein und der »Zeitschrift« desselben (hrsg. von
Riegel in Braunschweig)
[* 39] wieder aufgenommen.
eine Blechröhre von der Form eines abgekürzten Kegels, dessen kleinere Öffnung der
Sprechende vor den Mund nimmt, während er die weitere einer entfernt stehenden Person zuwendet. Je größer das S. ist, desto
lauter und weiter vernehmbar ist das hineingesprochene Wort. Auf Schiffen bedient man sich meist solcher von 1,25-2 m Länge
bei einer Stärke
[* 40] von 5 cm an dem obern und von 15-25 cm an dem untern Ende. Eine starke Mannsstimme soll
sich durch ein S. von 5,5-7,5 m Länge auf 5,5 km vernehmlich machen lassen, mit einem 1,5 m
langen aber kann man auf eine Entfernung von höchstens 1,5-2 km verstanden werden.
Erfunden ward das S. 1670 von dem Engländer Morland, welcher die ersten aus Glas,
[* 41] dann aus Kupfer
[* 42] verfertigte.
Die Theorie des Sprachrohrs bearbeitete namentlich Lambert. Überall gleich weite Rohre (Blei-, Zinkrohre etc.) mit Mundstück,
welche zwei entfernte Räume direkt miteinander verbinden und zur Übermittelung von gesprochenen Worten dienen, nennt man
wohl auch Sprachrohre (Kommunikationsrohre). Durch ein 950 m langes Rohr hört man noch leise Geräusche.
Da die Sprachen in der Regel zu praktischen Zwecken erlernt werden, d. h. um verstanden und gesprochen
zu werden, so bietet sich als der natürliche Weg zum Ziel die Art, wie wir unsre Muttersprache erlernen. Man gibt also Kindern
ausländische Erzieherinnen und bringt es nicht selten dahin, daß gut begabte Kinder sich in mehreren
Sprachen auszudrücken vermögen, allerdings meist auf Kosten ihrer Muttersprache; da aber die Korrektheit des Ausdrucks und
der Umfang des Sprachmaterials notwendig von dem oft sehr geringen Bildungsgrad der Bonnen abhängen, so kann von einer Beherrschung
der Sprache gar keine Rede sein.
Für Erwachsene ist ein längerer Aufenthalt im Ausland sowie die unausgesetzte Übung im Gebrauch des fremden Idioms notwendig,
wenn die Fertigkeit, sich leicht und fließend in der fremden Sprache auszudrücken, erreicht werden soll. »Es gehört eine
gar große Gewandtheit dazu, der Natur entgegen, die eigentlich jeden nur an Eine Sprache, wie an Ein Vaterland
gewiesen hat, sich zweier Sprachen bis zum Schreiben und Reden zu bemächtigen, und nur diejenigen können hierin den Mund zum
Fordern weit aufthun, die keine solcher Forderungen selbst zu erfüllen vermögen« (Fr. A. Wolf).
Leute, die als Dienstboten, Handwerker, Handlungsdiener etc. sich in einem fremden Land aufhalten,
vermögen zwar nach einer gewissen Zeit sich im fremden Idiom auszudrücken; da sie aber immer nur einen eng umgrenzten Wortschatz
und Ideenkreis beherrschen, so haben sie beim Versuch, sich in einer andern geistigen Sphäre zu bewegen, fast dieselben Schwierigkeiten
zu überwinden, als sollten sie eine neue Sprache erlernen. Ebenso sind die Deutsch-Amerikaner ein redender
Beweis dafür, daß der ausschließliche Gebrauch eines fremden Idioms, das bedingungslose Aufgehen in das Wesen einer fremden
Nation immer den Verlust der Muttersprache zur Folge hat. In vielsprachigen Ländern, wie Österreich,
[* 43] Rußland etc., fehlt es
nicht an Menschen, die fünf und sechs Sprachen nebeneinander sprechen; aber vollständig beherrschen sie
selten auch nur eine.
Bei dieser Art der Spracherlernung kann natürlich von S. keine Rede sein; die Erfahrung hat aber gelehrt, daß ein Aufenthalt
im Ausland erst dann wirklich fruchtbar ist, wenn die Grundlage einer guten grammatischen Vorbildung vorhanden ist. Diese
muß sogar ausreichen für alle die, welche weder Zeit
¶
mehr
noch Mittel haben, das Ausland aufzusuchen, und denen es weniger auf Sprachfertigkeit als auf die Befähigung ankommt, die
in der fremden Sprache geschriebenen Werke zu verstehen und vielleicht auch einen Brief in derselben abzufassen. Diese Vorbildung
erwirbt man gewöhnlich mit Hilfe eines Lehrers unter Zugrundelegung eines Lehrbuchs; die Methoden des Unterrichts
sind entweder die analytische oder die synthetische. Während die analytische Methode, welche auch die natürliche, praktische
oder die induktive genannt wird, mit der mechanischen Einübung eines Sprachstoffes beginnt und an diesem die Gesetze der
Sprache zu erkennen und zu entwickeln lehrt, geht die synthetische, wissenschaftliche oder deduktive Methode den
umgekehrten Weg, von der Regel zum Beispiel, von dem in Form und Geltung erkannten Einzelwort zur Bildung eines Sprachganzen.
Diesen Weg haben im allgemeinen alle gelehrten Schulen bis auf den heutigen Tag eingeschlagen, nur daß wohl kaum noch die Synthese
in ihrer Reinheit angewendet wird; jedenfalls erfährt der propädeutische Kursus jetzt eine vorwiegend
praktische und methodische Behandlung. Das Verdienst, diese in die Schule eingeführt zu haben, anfangs allerdings nur für
das Französische, gebührt Seidenstücker (Rektor in Soest,
[* 45] gest. 1817). Nach ihm wird mit den einfachsten Sätzen begonnen,
und an ihnen werden die Elemente der Sprache zur Anschauung gebracht, dann allmählich und stufenweise fortgeschritten,
bis das Wichtigste aus der Grammatik sowie die notwendigsten lexikalischen Kenntnisse vorgeführt sind und durch unablässige
Übung festgewußt werden; erst dann schreitet man zu leichtern, zusammenhängenden Lesestücken.
Diese Methode, welche ohne besondere Berechtigung die Ahnsche genannt wird, ist von Schifflin, Seyerlein, Barbieux, Schmitz
u. a. selbständig fortgebildet worden und hat ihre Anwendung auf alle
europäischen Sprachen gefunden; sie ist am bekanntesten geworden durch die französischen Lehrbücher von Plötz (s. d.),
welche eine große Verbreitung gefunden haben. Die geschickte Anordnung und leichtfaßliche Darstellung des Sprachstoffes sowie
die Betonung
[* 46] der Wichtigkeit einer guten Aussprache sind ihre Hauptvorzüge, während mit Recht über die
oft überaus trivialen Übungssätze, über den Zwang, den seine »Methodik« auf den Gang des
[* 47] Unterrichts ausübt, und über den
Mangel an Wirtschaftlichkeit geklagt wird.
Die Versuche, die rein analytische Methode für den Unterricht nutzbar zu machen, gehen alle auf die Interlinearmethode des
FranzosenJacotot (s. d.) und des Engländers Hamilton (s. d. 9) zurück, welche darauf beruht, daß zuerst
ein Sprachganzes vollständig eingeübt, dann in seine Teile zerlegt und erläutert wird. Es wird also ein Abschnitt aus dem
zu Grunde gelegten Musterbuch (bei Jacotot der »Telémaque« von Fénelon, bei Hamilton das EvangeliumJohannis), welches mit fortlaufender
Interlinearübersetzung versehen ist, so lange gelesen, übersetzt und abgefragt, bis der Schüler es
vollständig innehat. So schafft man durch unablässige Wiederholung einen festen Besitz von Wörtern und Phrasen und bringt
mit diesem Grundstock das jedesmal hinzutretende Neue in lebendige Verbindung.
Erst spät tritt grammatische Analyse und bei Jacotot auch Synthese hinzu. Die bessere Durcharbeitung und
Durchführung der Methode ist unbedingt Jacotot nachzurühmen; ihre größte Schwäche bestand in der Gefahr, das Interesse der
Schüler durch die mechanische Behandlung des Stoffes abzustumpfen und sie zu einer Oberflächlichkeit zu erziehen, welche äußerliche
Fertigkeit und
Dressur mit wirklichem Wissen und Können verwechselt. Dennoch erwarben die unzweifelhaften Erfolge, welche
die Erfinder aufzuweisen hatten, ihrer Methode viele Freunde, und wenn auch die Versuche andrer, nach derselben
zu unterrichten (z. B. vonL. Tafel inWürttemberg,
[* 48] L.Lewis in Österreich, W. Blum in Leipzig), scheiterten, so haben doch
einige Lehrbücher, in denen die analytische Methode mehr ausgebildet wurde und zwar durch stärkere Betonung
der grammatischen Synthese, große Verbreitung gefunden, z. B. die englischen Lehrbücher
von Gesenius, Fölsing u. a. Großes Aufsehen haben die Reformvorschläge von Perthes in Karlsruhe
[* 49] erregt, welche die analytische
Methode auch auf den lateinischen Unterricht (und zwar zur leichtern Erlernung der Sprache) anwenden wollen und zuerst in der
»Zeitschrift für Gymnasialwesen« 1873-75 veröffentlicht wurden.
Seine Methode besteht hauptsächlich darin, daß der Knabe von Anfang an zur Induktion
[* 50] angeleitet wird, daß die Wörter und
Phrasen, die ihm entgegentreten, nicht aus ihrem natürlichen Zusammenhang gerissen werden, daß das Neue stets nach der sogen.
gruppierenden Repetitionsmethode an das Gelernte angeknüpft werde, und daß der Unterricht durch Hinweisung
auf abgeleitete Wörter und naheliegende oder leicht abzuleitende Begriffe aus der unbewußten Aneignung derselben möglichst
Nutzen ziehe.
Die Hauptsache sind, wie bei allen Methodikern, seine Hilfsbücher, welche mit großem Fleiß und Geschick gearbeitet sind
und eine treffliche Anleitung zur Präparation geben. Allein trotz der Anerkennung, welche diese Vorschläge
gefunden haben, verhält sich die überwiegende Mehrzahl der Fachmänner ablehnend; besonders wird das Prinzip der unbewußten
Aneignung bestritten sowie die Anwendbarkeit der Induktion auf die Erlernung der Grammatik. Auch im Französischen sind in neuester
Zeit Versuche gemacht worden, die rein analytische Methode in den Anfangsunterricht einzuführen.
Man geht von kleinen Erzählungen aus, übt sie mechanisch ein, lehrt daran lesen, sprechen, schreiben
und, durch Zusammenstellung des Gleichartigen, die Grammatik, doch nur, soweit sie am Übungsstoff in die Erscheinung tritt.
Diese Methode, welche sich auf die Lehrbücher von Mangold und Coste, von Ulbrich u. a. stützt, rühmt sich großer Erfolge,
findet aber auch starken Widerspruch und wird ihn ebenso wie die Perthessche finden, solange an den Schulen
die Erreichung einer logisch-formalen Bildung als das Hauptziel des Unterrichts gilt.
Wer zur Erlernung einer Sprache auf Privatunterricht oder Selbststudium angewiesen ist, hat die Auswahl unter einer Anzahl
von Lehrbüchern, welche sich zwar alle einer ihnen eigentümlichen Methode rühmen, aber doch samt und
sonders an die natürliche Art der Spracherlernung durch den Gebrauch anknüpfen. Zu den verbreitetsten gehören die von Ollendorff.
In ihnen sind die Regeln auf ein geringes Maß beschränkt, Vokabeln und Sätze dem gewöhnlichen Leben entnommen und außer den
fremdsprachlichen Musterbeispielen nur deutsche Übungssätze gegeben, welche, auf Einführung in die
Konversation berechnet, hauptsächlich Fragen und Antworten enthalten. Der eng begrenzte Kreis
[* 51] von Wörtern und Gedanken, in
denen sich diese Sätze bewegen, bedingt eine fortwährende Wiederholung des meist trivialen und absurden Stoffes und führt
zu einer mechanischen, geistlosen Dressur. Ebenso wie Ollendorff geht Robertson darauf aus, den Lernenden
möglichst bald zum Sprechen zu befähigen. Diese Methode (weitergebildet von Ölschläger und A. Boltz) nähert
¶
mehr
sich der Hamiltonschen, unterscheidet sich aber darin, daß auf jeden Textabschnitt mit der Interlinearversion eine möglichst
ausführliche Erläuterung grammatischer, lexikologischer und andrer Schwierigkeiten folgt, die dem Schüler am besten vorbehalten
bleibt. Eine andre viel angepriesene Methode, das Meisterschaftssystem vonRich. S. Rosenthal, welche in drei Monaten bei täglich
halbstündiger Arbeit eine fremde Sprache lesen, sprechen und schreiben lehren will, kann ihr Programm nur
erfüllen durch weise Beschränkung auf die für den Reisenden und Geschäftsmann notwendige Sprache.
Das Meisterschaftssystem unter gleichzeitiger Anwendung der Robertsonschen Methode hat F. Booch-Árkossy
in Leipzig für seine modernen Grammatiken benutzt, die für Schul- und Selbstunterricht eingerichtet sind und nicht nur alle
neuern Sprachen, sondern auch Latein und Griechisch lehren wollen; er »berechnet das Studium dieser letztern auf je ein Jahr,
welches bei ausschließlicher Verwendung dieser Zeit auf den betreffenden Gegenstand hinreichen wird,
dem fleißig Studierenden die betreffende klassische Litteratur zum selbständigen nützlichen und angenehmen Gebrauch zu
erschließen«.
Durch die Reichhaltigkeit des Stoffes, die leichte Verständlichkeit der Darstellung sowie die Richtigkeit des Gebotenen übertreffen
diese »Briefe« alle ähnlichen Werke, stellen aber an den Lernenden so hohe Anforderungen, daß er nur mit »großer
Anstrengung, Ausdauer und Einsetzung der edelsten Kräfte« sein Ziel in der angegebenen Zeit (9 Monate) erreichen
wird. Diese »Briefe« sind häufig nachgeahmt worden. In allerneuester Zeit macht die Methode von Berlitz aus Nordamerika viel
von sich reden, welche darin besteht, daß der Lehrer sich beim Unterricht ausschließlich des fremden Idioms bedient und auch
die Schüler zwingt, in demselben zu antworten. Sie ist also im Grund nichts andres als die systematisierte
Form der Erlernung einer fremden Sprache im fremden Lande durch den wirklichen Gebrauch.
Sprachwissenschaft, s. Sprache^[= und Sprachwissenschaft. Unter Sprache versteht man, ohne beide Bedeutungen streng zu sondern, ...] und Sprachwissenschaft.
die Eigenschaft einiger Metalle, im flüssigen Zustand absorbierte Gase
[* 53] während der Abkühlung
zu entlassen, wobei das
gewaltsam entweichende Gas Metallteilchen mit fortreißt und zuweilen auf der Oberfläche des Metalls
blumenkohlähnliche Auswüchse hervorbringt. So absorbiert SilberSauerstoff, Kupferschweflige Säure, Stahl Kohlenoxydgas.
(engl., spr. spreh), »Sprühregen«
von antiseptischer Flüssigkeit, welcher nach Listers Vorschriften der Wundbehandlung bei Operationen über das ganze Operationsfeld,
die Hände des Chirurgen und die Instrumente mittels Richardsonschen Doppelgebläses unterhalten werden soll.
Nachdem bakteriologische
Untersuchungen die Unschädlichkeit der Luft erwiesen haben, wird die S. kaum noch angewandt.
in vielen Tages- und Wochenzeitschriften eine Abteilung, in welcher die Redaktion Anfragen ihrer Abonnenten
beantwortet, auch Zuschriften derselben von gemeinnützigem Interesse zum Abdruck bringt und einen schriftlichen
Verkehr zwischen den Lesern vermittelt. Vgl. Eingesandt.
der bedeutendste unter den Nebenflüssen der Havel in der MarkBrandenburg,
[* 54] entspringt bei dem VorwerkEbersbach
in der sächsischen Oberlausitz, unweit der böhmischen Grenze, in mehreren Quellen, von denen der Spreeborn
in Spreedorf und der Pfarrborn in Gersdorf als Hauptquellen angesehen werden und neuerdings vom Humboldt-Verein in Zittau
[* 55] eingefaßt
und mit Anlagen umgeben worden sind, durchfließt die sächsische Oberlausitz, teilt sich hinter Bautzen
[* 56] in zwei Arme, die bei
Hermsdorf und Weißig auf preußisches Gebiet übertreten und bei Spreewitz wieder zusammenfließen.
Die S. fließt dann an Spremberg
[* 57] und Kottbus vorbei, wendet sich unterhalb letzterer Stadt westlich, teilt
sich in viele Arme und bildet den Spreewald (s. d.). Oberhalb Lübben
[* 58] vereinigen sich diese Arme wieder, worauf die S. eine nordöstliche
Richtung nimmt und sich unterhalb Lübben abermals in mehrere Arme teilt, die sich bei Schlepzig wieder
vereinigen. Sie wird bei Leibsch für kleinere Fahrzeuge schiffbar, durchfließt den Schwielug- und Müggelsee, bildet bei
Berlin
[* 59] eine Insel, auf der ein Hauptteil dieser Stadt, Kölln an der S., gebaut ist, und mündet unterhalb Spandau
[* 60] links in
die Havel, nachdem sie einen Lauf von 365 km (wovon 180 schiffbar) zurückgelegt hat.
links: die Berste und die schiffbare Dahme, die wieder mehrere schiffbare Gewässer, darunter die Notte, aufnimmt.
Das ganze
Flußgebiet der S. beträgt 9470 km (172 QM.). Durch den FriedrichWilhelms- oder Müllroser Kanal,
[* 61] neuerdings
auch durch den Oder-Spreekanal (s. d.) ist sie mit der Oder verbunden; außerdem bestehen
noch bei Berlin mehrere schiffbare Kanäle, von denen der LandwehrkanalBerlin auf der Südseite umgeht und der Berlin-Spandauer
Schiffahrtskanal (9 km lang) unterhalb Berlin die S. auf der rechten Seite verläßt und zur Havel bei
Saatwinkel führt. Um die S. innerhalb Berlins mit großen Schiffen befahren zu können und den Durchgangsverkehr zwischen
Elbe und Oder (Hamburg und Breslau)
[* 62] zu erlangen, ist eine Tieferlegung des Flußbettes innerhalb des Weichbildes der Stadt in
Aussicht genommen, deren Kosten auf 9⅗ Mill. Mk. veranschlagt sind.
breit, während der untere S., unterhalb Lübben, 15 km Länge und 6 km Breite
[* 65] hat. Von der Spree in zahlreichen netzförmig
verbundenen Armen durchflossen, ist die Niederung oft überschwemmt. Ein Teil des sumpfigen Bodens ist durch Kanäle entwässert
und in Felder und Wiesen umgewandelt worden, während der andre, mit Wald (größtenteils Erlen) bestandene
Teil nur auf Kähnen zugänglich ist. Der gleiche Verkehr findet auch in den OrtenBurg (Kaupergemeinde), Lehde und Leipe statt,
wo jedes Gehöft auf einer einzelnen Insel liegt.
Die Einwohner sind nur noch im östlichen Teil des obern Spreewaldes (Burg) Wenden, sonst bereits germanisiert; sie treiben
außer Viehzucht und
[* 66] Fischerei
[* 67] besonders Gemüsebau, dessen Produkte (Gurken von Lübbenau) weit verfahren
werden. Durch die Bemühungen des Spreewaldvereins ist neuerdings Sorge getragen, die Schönheiten des Spreewaldes noch mehr
aufzuschließen, namentlich auch die für den Fremdenverkehr meist unzulänglichen Wirtshäuser zu heben.
Vgl. Franz, Der
S. in physikalischer und statistischer Hinsicht (Görl. 1800);
[* 57] Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Frankfurt, an der Spree und der LinieBerlin-Görlitz der Preußischen
Staatsbahn, 104 m ü. M., hat 2 evangelische und eine neue gotische kath.
Kirche, ein Realprogymnasium, eine Webschule, ein Rettungshaus, ein Amtsgericht, eine Reichsbanknebenstelle, sehr bedeutende
Tuchfabrikation nebst Wollspinnerei, Papp- und Möbelfabrikation, ein großes Mühlenwerk, Braunkohlengruben
und (1885) 10,999 meist evang. Einwohner.
Hier gründete er eine höhere landwirtschaftliche Lehranstalt und eine Ackergerätfabrik und starb S. gehört
zu den Vorläufern Liebigs, insofern er die Naturforschung in die Landwirtschaft einführte und namentlich
die Chemie auf Bodenkunde und Düngerlehre anwandte. Er betonte bereits, daß jede Pflanze eine bestimmte Menge nicht organischer
Stoffe zu ihrer Ausbildung bedürfe, und daß auch der Stickstoffgehalt des Düngers und des Bodens zu berücksichtigen sei.
Auch bildete er die Boden- und Düngeranalyse aus und wollte durch künstlichen DüngerErsatz für die
durch die Analyse festgestellte Erschöpfung des Bodens geben. Er schrieb: »Chemie für Landwirte« (Braunschw. 1831-32);
[* 69] Zertrümmerung fester Materialien, wobei es sich um die Gewinnung der Bruchstücke (Bergbau,
[* 83] Steinbruchbetrieb
etc.) oder nur um Beseitigung des Materials (Tunnel-, Straßen-, Kanalbau, Eissprengung) oder um Verwertung der den Bruchstücken
erteilten lebendigen Kraft (Sprenggeschosse, Minen) handelt. Gesteine
[* 84] sprengt man zur Gewinnung regelmäßig
geformter großer Werkstücke mittels eiserner Keile, indem man in der Richtung der herzustellenden Spaltfläche nach unten
zugespitzte Rinnen einarbeitet, in diese keilförmig zusammengebogene Bleche bringt und dann eiserne Keile durch mäßige,
später kräftige Schläge eintreibt.
Die alten Ägypter arbeiteten Keillöcher in das Gestein, trieben in diese künstlich getrocknete Pflöcke
aus Weidenholz und übergossen letztere mit heißem Wasser, unter dessen Einwirkung das Holz
[* 85] sich so energisch ausdehnte, daß
es die Sprengung herbeiführte. Hierher gehört auch das S. mit gebranntem Kalk. Man preßt aus demselben unter einem Druck
von 40,000 kg Cylinder von 65 mmDicke, läßt an der Peripherie jedes Cylinders eine schmiedeeiserne Röhre
mit Längsschlitz und vielen Löchern ein und schiebt diese Vorrichtung, in einen Leinwandsack eingeschlossen, in ein Bohrloch
ein, welches mit kurzem Lehmbesatz verschlossen wird.