Spinös
schwer zu behandeln.
schwer zu behandeln.
(eigentlich d'Espinosa), Baruch (Benedikt), berühmter Philosoph, geb. zu Amsterdam [* 2] als Sohn jüdischer Eltern portugiesischen Ursprungs, ward zum Rabbiner gebildet, aber seiner freien Religionsanschauungen wegen aus der Gemeinde ausgestoßen, verließ seine Vaterstadt und ließ sich nach wechselndem Aufenthalt im Haag [* 3] nieder, wo er, um seine Unabhängigkeit zu bewahren, sich seinen Unterhalt durch Unterrichterteilung und durch Schleifen optischer Gläser erwarb.
Eine ihm vom Kurfürsten von der Pfalz angebotene Professur zu Heidelberg [* 4] sowie eine ihm von seinem Freund Simon de Vries zugedachte Erbschaft schlug er aus gleichem Grund aus und starb arm, unvermählt und unberühmt in Scheveningen an der Lungenschwindsucht. Über die innere Entwickelung seines Gedankenkreises weiß man wenig. Einerseits ist die talmudistische Vorschulung, anderseits das Studium der Cartesianischen Schriften in Anschlag zu bringen.
Die erste Jugendarbeit Spinozas war eine verhältnismäßig unselbständige Darstellung der Cartesianischen Prinzipien nach seiner Lieblingsmethode, der geometrischen des Eukleides. Hierauf folgte der »Theologisch-politische Traktat« (»Tractatus theologico-politicus«) und zwar anonym (1670). Das epochemachende Hauptwerk, die »Ethik« (»Ethica«),
obgleich seinen Hauptzügen nach als ursprünglich in holländischer Sprache [* 5] abgefaßter, erst neuerlich (durch van Vloten) wieder aufgefundener Traktat »Von Gott und dem Menschen« in früher Zeit vollendet, wurde erst nach seinem Tod von seinem Freunde, dem Arzt Ludwig Mayer, herausgegeben. Zwei unvollendete, ebenfalls nachgelassene Schriften, der »Politische Traktat« u. die »Abhandlungen über die Verbesserung des Verstandes« (»De intellectus emendatione«),
kamen hinzu. Spinozas epochemachende »Ethik« ist der Form nach, im Gegensatz zu der analytischen (regressiven, von den Folgen auf die Gründe zurückgehenden) Denkweise des Descartes, in synthetischer (progressiver, von dem ersten Grund zu den äußersten Folgerungen fortschreitender) Darstellung und nach der Methode des Eukleides in Grundbegriffen, Axiomen, Theoremen, Demonstrationen und Korollarien abgefaßt, wodurch sie (gleich ihrem Vorbild) den Anschein unumstößlicher Gewißheit empfängt.
Dem Inhalt nach stellt dieselbe gleichfalls einen Gegensatz zum Cartesianismus dar, indem an die Stelle der dualistischen eine monistische Metaphysik tritt. Spinozas Philosophie knüpft daher zwar an die des Descartes (s. d.) an, aber nur, um dessen System der Form und dem Inhalt nach aufzuheben. Dieselbe ist mit ihrer Vorgängerin zwar darüber einverstanden, daß Geist, dessen Wesen im Denken, und Materie, deren Wesen in der Ausdehnung [* 6] besteht, einen (qualitativen) Gegensatz bilden, jener ohne das Merkmal der Ausdehnung, diese ohne das des Denkens gedacht werden kann.
Aber S. leugnet, daß derselbe ein Gegensatz zwischen Substanzen (Dualismus) sei, sondern setzt ihn zu einem solchen zwischen bloßen »Attributen« einer und derselben Substanz (Monismus) herunter. Da nämlich aus dem Begriff der Substanz, d. h. eines Wesens, das seine eigne Ursache (causa sui) ist, folgt, daß es nur eine einzige geben kann, so können Geist und Materie (die zwei angeblichen Substanzen des Cartesianismus, zwischen welchen ihres Gegensatzes halber keine Wechselwirkung möglich sein soll) nicht selbst Substanzen, sondern sie müssen Attribute einer solchen (der wahren und einzigen Substanz) sein, welche an sich weder das eine noch das andre ist.
Diese (einzige) Substanz, welche als solche mit Notwendigkeit existiert, und zu deren Natur die Unendlichkeit gehört, nennt S. Gott (deus), dasjenige, was der Verstand (intellectus) von derselben als deren Wesen (essentia) ausmachend erkennt, Attribut, die Substanz selbst bestehend aus unendlichen Attributen, deren jedes (nach seinem Wesen) deren ewige und unendliche Wesenheit ausdrückt. Zwei derselben (die einzigen, deren S. Erwähnung thut) sind nun Denken und Ausdehnung (dieselben, welche, nach Descartes, als Wesen des Geistes und der Materie diese zu zweierlei entgegengesetzten Substanzen machen sollten); unter dem erstern aufgefaßt, erscheint die Substanz dem Intellekt als das unendliche Denkende (als unendliche Geisteswelt), unter dem zweiten aufgefaßt, als das unendlich Ausgedehnte (als unendliche Stoffwelt); beide sind, da außer Gott keine andre Substanz existiert, der Substanz nach identisch (keine qualitativ entgegengesetzten Substanzen mehr, daher der Cartesianische Einwand gegen die Möglichkeit der Wechselwirkung zwischen Geist und Materie, Seele und Leib, beseitigt erscheint).
Das unendliche (als solches unbestimmte) Denken zerfällt durch (inhaltliche) Bestimmung in unzählig viele Gedanken (Ideen); die unendliche (als solche unbegrenzte) Ausdehnung zerfällt durch (räumliche) Begrenzung in unzählig viele Stoffmassen (Körper), die sich untereinander ebenso gegenseitig ausschließen, als sich (in stetiger Reihenfolge) gegenseitig berühren. S. bezeichnet dieselben als Modi, d. h. als Affektionen der Substanz, die Ideen als solche, insofern die Substanz unter dem Attribut der denkenden, die Körper als solche, insofern sie unter dem Attribut der ausgedehnten Wesenheit vorgestellt wird. Da beide Attribute der Substanz nach identisch sind, das unendliche Denken aber der Summe aller einzelnen Denkbestimmungen (Ideen), die unendliche Materie der Summe aller einzelnen begrenzten Stoffteile (Körper) gleich ist, so müssen auch diese beiden in ihrer stetigen Reihenfolge untereinander (der Substanz nach) identisch und kann zwischen der (idealen) Gesetzmäßigkeit des Ideenreichs und der (mechanischen) Gesetzmäßigkeit der Körperwelt kein Gegensatz vorhanden sein. S. stellt daher nicht nur den Satz auf, daß aus dem unendlichen Wesen Gottes (als natura naturans) Unendliches auf unendlich verschiedene Weise folge (als natura naturata), sondern auch den weitern, daß die Folge und Verknüpfung der Ideen (die ideale) und jene der Sachen (die reale Weltordnung) eine und dieselbe (ordo et connexio idearum idem est ac ordo et connexio rerum) seien.
Folge des erstern ist, daß die Gesamtsumme der Wirkungen Gottes (die Welt der Erscheinungen) ihrer Beschaffenheit sowohl als ihrer Verknüpfung nach als eine unabänderliche, von Ewigkeit her feststehende, weil in der ewigen und unwandelbaren Natur Gottes (der all-einen Substanz) als Ursache begründete, angesehen werden muß. Folge des zweiten ist, daß die im Reich des Geistes waltende sittliche) von der das Reich der Materie regelnden (mechanischen) Gesetzlichkeit nicht verschieden, das die Erscheinungen der Natur ausnahmslos beherrschende Kausalgesetz daher auch das die Erscheinungen des Geistes bestimmende sei. So wenig in der Körperwelt eine Wirkung ohne (zwingende) Ursache, so wenig ist in der Geisteswelt ein Willensentschluß ohne (nötigendes) Motiv (und daher keine indeterministische Willensfreiheit) möglich. Die (geistigen wie körperlichen) Erscheinungen selbst als Entfaltung der (all-einen) Substanz sind weder das Werk einer Vorsehung (da die Substanz als solche ¶
weder Intelligenz noch Willen besitzt, von einem »Weltplan« oder gar einer »Wahl« zwischen mehreren Weltplänen nicht die Rede sein kann) noch eines blinden Verhängnisses (da die Substanz Ursache ihrer selbst und von nichts außer ihr abhängig ist). Die Beschaffenheit und Reihenfolge derselben sind nicht durch Zweck-, sondern lediglich durch wirkende Ursachen bestimmt; dieselben sind weder nützlich (gut) noch schädlich (schlecht), sondern einfach notwendig.
Als solche ist die Welt weder die beste noch die schlechteste unter (mehreren) möglichen, sondern die einzig mögliche. Die Erkenntnis dieser unabänderlichen Weltordnung ist es, welche den Weisen vom Thoren scheidet. Während der letztere vom Weltlauf die Erfüllung seiner Wünsche hofft oder deren Gegenteil fürchtet, erkennt der erstere, daß jener unabhängig von diesen unabänderlich feststeht und daher weder Hoffnung noch Furcht einzuflößen vermag. Die philosophische Erkenntnis besteht darin, die Dinge zu schauen, wie Gott sie schaut (unter dem Gesichtspunkt der Ewigkeit, sub specie aeternitatis, gleichsam »aus der Vogelperspektive«),
d. h. jedes Einzelne (Idee, Körper, Ereignis) im Zusammenhang als Glied [* 8] des (unendlichen) Ganzen. Die philosophische Gemütsstimmung besteht einerseits in der Resignation, d. h. in der Ergebung, welche aus der Erkenntnis der Notwendigkeit, anderseits in der (intellektuellen) Liebe zu Gott, welche aus der Erkenntnis der (ursprünglichen) Göttlichkeit des Weltlaufs entspringt. Da die eine wie die andre Wissen, d. h. Erkenntnis des (metaphysischen) Wesens der Welt (als Entfaltung Gottes), voraussetzt, so bildet die (pantheistische, richtiger akosmistische) Metaphysik die unentbehrliche Vorbedingung zu der (affekt- und leidenschaftslosen) Ethik Spinozas.
Sowohl um dieses ihres echt philosophischen Ergebnisses in praktischer wie um ihres auf den Zusammenhang des Ganzen als Weltorganismus gerichteten Blicks (den übrigens Leibniz zum mindesten im gleichen Grad besaß) in theoretischer Hinsicht halber hat die Philosophie Spinozas, die anfänglich nur in Holland einen kleinen Kreis [* 9] von Anhängern fand (de Vries, Mayer u. a.), ein Jahrhundert später bei Größen ersten Ranges, wie Lessing, Jacobi, Herder, Goethe u. a., Bewunderung, bei Fichte, [* 10] Schelling, Hegel mehr oder weniger eingestandene Nachahmung gefunden. Am ist ihm im Haag ein Denkmal (von Hexamer) errichtet worden.
Für die Erläuterung seiner (selbst von seinen Freunden oft mißverstandenen) Lehre [* 11] ist sein ziemlich umfangreicher Briefwechsel wichtig. Eine vollständige Ausgabe der Werke Spinozas wurde von Paulus veranstaltet (Jena [* 12] 1802, 2 Bde.); eine andre von Gfrörer im »Corpus philosophorum optimae notae«, Bd. 3 (Stuttg. 1830), enthält sämtliche Werke ohne die hebräische Grammatik. Korrekter als die erstgenannte, aber ohne die Biographie des Colerus ist die Ausgabe von Bruder (Leipz. 1843-46, 3 Bde.); die neueste ist die von J. van Vloten und Land (Haag 1882, 2 Bde.). Deutsche [* 13] Übersetzungen lieferten B. Auerbach [* 14] (2. Aufl., Stuttg. 1871, 2 Bde.), welcher die französische von Saisset (2. Aufl., Par. 1861, 3 Bde.) vorzuziehen ist, und neuerlich Kirchmann und Schaarschmidt in der »Philosophischen Bibliothek«. Den »Tractatus de deo et homine« (hrsg. von van Vloten, Amsterd. 1862, und mit Einleitung von Ginsberg, Leipz. 1877) hat Sigwart (Tübing. 1870) ins Deutsche übersetzt und erläutert.
Über die S. betreffende Litteratur vgl. van der Linde, S. (Göttingen [* 15] 1862);
über dessen Philosophie: Sigwart, Der Spinozismus, historisch und philosophisch erläutert (Tübing. 1839);
Thomas, S. als Metaphysiker (Königsb. 1840);
Saintes, Histoire de la vie et des ouvrages de S. (Par. 1842);
Trendelenburg, Historische Beiträge zur Philosophie, Bd. 2 und 3 (Berl. 1855-67);
K. Fischer, Geschichte der neuern Philosophie (Bd. 1, Abt. 2);
Camerer, Die Lehre Spinozas (Stuttg. 1877);
Baltzer, Spinozas Entwickelungsgang (Kiel [* 16] 1888);
Ginsberg, Briefwechsel des S. (Leipz. 1876, mit der Biographie von Colerus).
(engl.), lediges Frauenzimmer. ^[= ursprünglich (seit dem 15. Jahrh. vorkommend) s. v. w. Frauengemach, das abgesonderte Zimmer, ...]
(griech.), das Funkensprühen.
grübeln, fein ausspinnen.
(lat.), Gemmen [* 17] oder Münzen [* 18] mit unzüchtigen Darstellungen. ^[= im ästhetischen Sinn des Wortes die Vorführung eines innerlich Vorgestellten für die äußere ...]
(ital.), s. Kundschafter. ^[= sind Personen, die im geheimen militärische oder politische Nachrichten, welche andern Staaten ...]
Johannes de (Johann von Speier), [* 19] wahrscheinlich einer der deutschen Buchdrucker, die nach der Eroberung von Mainz [* 20] 1462 auswanderten und die Buchdruckerkunst weiter verbreiteten. Er war der erste Typograph zu Venedig [* 21] und zugleich auch der erste »privilegierte Buchdrucker«. Seine ersten Werke sind: Ciceros »Epistolae« und Plinius' »Historia naturalis« (Vened. 1469). Seine Ausgabe des Tacitus, zugleich die erste dieses Schriftstellers, ist das erste mit arabischen Blattziffern bezeichnete Buch (vgl. Antiqua). Nach seinem 1470 zu Venedig erfolgten Tod führte sein Bruder Wendelin de S. die Offizin bis 1477 fort; dieser druckte die erste Ausgabe der Bibel [* 22] in italienischer Sprache nach der Übersetzung von Malermi.
L. (Spierstrauch, Spierstaude), Gattung aus der Familie der Rosaceen, Sträucher und Kräuter mit gefiederten oder ganzen Blättern, ohne oder mit Nebenblättern, in endständigen Ähren, Trauben, Rispen oder Doldentrauben stehenden Blüten und mehrsamiger Balgkapsel. S. ulmaria L. (Krampfkraut, Wurmkraut, Mädelsüß, Geißbart, Wiesenkönigin), 60-120 cm hoch, mit unterbrochen fiederteiligen Blättern, großen Nebenblättern, in Trugdolden stehenden, weißen Blüten und spiralförmig gedrehten, kahlen Früchtchen, wächst in Europa [* 23] und Nordasien an feuchten Stellen.
Die Blüten liefern ein ätherisches Öl, welches salicylige Säure enthält. Dasselbe gilt von S. filipendula L. (Erdeichel, Haarstrang), deren Früchtchen nicht spiralig gedreht und behaart sind, und an deren langen, fadenförmigen Wurzeln erbsengroße Knollen [* 24] hängen. Diese Art wächst auf trocknen Wiesen und in Wäldern und war, wie die vorige, früher offizinell. Gegen 40 andre Arten aus Südeuropa, Asien [* 25] und Nordamerika [* 26] sind beliebte Ziersträucher.
Unterfamilie der Rosaceen. ^[= dikotyle Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Rosifloren, Kräuter, Sträucher und Bäume mit ...]
(lat.), atembar, verdunstbar.
(lat.), Luftloch, Öffnung.
(lat., Spiral-, irrtümlich auch Schneckenlinie), ebene krumme Linie, die um einen festen Punkt O unendlich viele Umläufe macht. Die einfachste ist die von Archimedes untersuchte, welche von einem Punkt P beschrieben wird, der sich mit gleichförmiger Geschwindigkeit auf einer durch O gehenden Geraden bewegt, während letztere sich gleichförmig um O dreht. Es ist also der Abstand O P = r proportional dem Drehungswinkel φ (r = aφ, wenn a konstant ist). Man kann dieselbe zur Teilung der Winkel [* 27] benutzen, welche auf die Teilung einer Geraden zurückgeführt wird. Andre Spiralen sind: die Fermatsche (r² = a²φ), die hyperbolische oder reciproke (rφ = a), die logarithmische ¶
(r = acφ, c wie a konstant). Mit dem Namen S. bezeichnet man auch bisweilen räumliche Kurven; es bedeutet z. B. cylindrische oder konische S. den Durchschnitt einer Schraubenfläche mit einer Cylinder- oder Kegelfläche (richtiger cylindrische oder konische Schraubenlinie), sphärische S. die Linie, welche ein Punkt auf der Kugel beschreibt, wenn seine Länge und Breite [* 29] proportional sind.
s. Gefäße ^[= # Unter den prähistorischen Altertümern nehmen die Gefäße, insbesondere Thongefäße, als ...] (der Pflanzen).
s. Darm. ^[= (Darmkanal, -Schlauch, -Rohr, Intestinum), die Verdauungshöhle im Innern der Tiere. In seiner ...] [* 30]
[* 28] Wasserfördermaschine, welche 1746 von Wirz in Zürich [* 31] erfunden wurde. Sie besteht (s. Fig.) aus einem um eine horizontale Welle A spiralförmig gewundenen Rohr DEFGHJKL, welches an dem Wasser schöpfenden Ende C trichterförmig erweitert ist (zu dem sogen. Horn) und mit dem andern Ende in das hohle Ende der Welle mündet. Eine zwischen dem Wellenende und dem Steigrohr N eingeschaltete Stopfbüchse [* 32] M ermöglicht einen dichten Verschluß während der Drehung der Welle.
Ist nun der Apparat mit den zu unterst gelegenen Teilen der Schraubenwindungen in ein Wasserbassin getaucht, so wird von dem Horn bei der Drehung der Welle Wasser geschöpft, solange seine Mündung sich unter Wasser befindet, bei weiterer Umdrehung tritt so lange Luft ein, bis das Horn wieder ins Wasser taucht. Während der dazu erforderlichen einmaligen Umdrehung ist das zuerst geschöpfte Wasser, da es wegen seiner Schwere bestrebt ist, immer den zu unterst gelegenen Teil der Schraube einzunehmen, um einen Schraubengang in dem Rohr vorgerückt, die ihm folgende Luft wird durch das bei einem zweiten Eintauchen des Horns aufgenommene Wasser abgesperrt, und so geht es fort, bis das ganze Schlangenrohr in den untern Teilen seiner Windungen mit Wasserquantitäten gefüllt ist, die zwischen sich in den obern Teilen der Windungen Luftsäulen einschließen, die bis jetzt nur die Spannung der äußern Atmosphäre besitzen.
Sobald nun weiter gedreht wird, will Wasser in das Steigrohr treten und übt deshalb auf die Flüssigkeit im Rohr einen Druckwiderstand aus, durch welchen die einzelnen Flüssigkeitssäulen in den Schraubengängen entsprechend in die Höhe getrieben werden und nun mit demselben Druck auf die Flüssigkeit im Steigrohr zurückwirken können. Dabei wird zunächst von der zuletzt aufgenommenen Wassersäule CD, ihrer barometrischen Niveaudifferenz entsprechend, auf die ihr vorangegangene Luftsäule DE gedrückt, welche den erhaltenen Druck mit Hilfe der sich daran schließenden Wassersäule EF auf die folgende Luftsäule FG überträgt; aber auch die zweite Wassersäule EF übt auf letztere in derselben Weise wie die erste einen Druck aus, so daß sich der Druck auf die zweite Luftsäule aus dem Druck der beiden nachgeschöpften Wassersäulen zusammensetzt. In gleicher Weise summieren sich die Wasserdrucke bis zur letzten Windung, und der hier herrschende Druck entspricht derjenigen Druckhöhe, bis zu welcher die Maschine [* 33] fördern kann. Diese S. ist nur in wenigen Exemplaren ausgeführt, wohl aber hat man sie in geeigneter Umformung zur Erzeugung von Gebläsewind benutzt, indem man am Ende der Schraube eine Vorrichtung anbrachte, welche zwar die Luft aufnimmt und in die Windleitung treibt, aber das Wasser unten entweichen läßt (vgl. Gebläse). [* 34]
^[Abb.: Spiralpumpe.]
(lat.), s. Lautlehre, ^[= (Phonologie) zerfällt in zwei Teile: die Lautphysiologie und die Lautgeschichte. I. Die Lautphysiol ...] S. 571.
(ital., »zu Ende gegangen«),
in der Handelssprache s. v. w. im verflossenen Monat oder Jahr.
Landsee im preuß. Regierungsbezirk Gumbinnen, [* 35] im N. von Johannisburg, mit seinen Verzweigungen 118 qkm (2,14 QM.) groß, liegt 117 m ü. M., fließt durch den Pissek (Pysz) zum Narew ab, ist tief und fischreich, enthält vier Inseln (auf einer derselben das eingegangene Fort Lyck) [* 36] und steht gegen N. mit dem Löwentin- und Mauersee durch die Masurischen Kanäle in schiffbarer Verbindung.
s. Brachiopoden. ^[= (Brachiopoda Dum., Armfüßer), Gruppe von Tieren, wegen ihrer äußern Ähnlichkeit mit den ...] [* 37]
s. Devonische Formation. ^[= (nach der engl. Grafschaft Devonshire genannt, auch rheinische Formation, jüngeres Übergangsgebirg ...]
Ehrb. (Schraubenbakterie), früher Gattung der Spaltpilze, nach neuern Untersuchungen als Entwickelungsform von Bakterien (s. d. u. Tafel) erkannt.
Man rechnet zu den Spirillen diejenigen krummen Bacillen, bei welchen ein Auswachsen zu schraubenartig gewundenen und sich in derselben Form vermehrenden Fäden beobachtet wird.
Dahin gehören der Kommabacillus der Cholera, das S. von Finkler und Prior bei Cholera nostras, das S. (Spirochaete) bei Rückfallfieber, das S. (Spirochaete) des Zahnschleims etc.
(neulat., auch Spiritualismus, aber dann zu unterscheiden von der gleichnamigen philosophischen Richtung), der in der Neuzeit wieder stark entwickelte Glaube, daß nicht nur die Geister der abgeschiedenen Menschen fortleben, sondern daß auch ein beständiger und leichter Verkehr mit ihnen möglich sei. Ein solcher Verkehr kann aber angeblich nur von wenigen Auserwählten unmittelbar gepflogen werden, welche als Mittelspersonen (Medien) den Geistern eine Art dünnen Körpers zu leihen vermögen, damit sich dieselben »materialisieren« und unsern gröbern Sinnen bemerklich machen können.
Der menschliche Geist, ein persönliches, immaterielles Wesen, wäre nach dieser Theorie von einem besondern, die niedern tierischen Funktionen leitenden, im Körper verteilten ätherischen Fluidum, dem Perisprit, gleichsam aufgelöst und durch dieses Vehikel erst dem Körper zeitweise verbunden, könne aber auch schon im Leben denselben gelegentlich verlassen (Verzückung, Doppeltgehen etc.) und Fernwirkungen ausüben, namentlich bei den Medien, deren Geist nur sehr lose »verzellt« ist.
Von jener seelischen Hülle des Geistes sollen nun die Medien einen gewissen Überfluß besitzen, eine Aura desselben um sich verbreiten und davon den überall im Raum verteilten Geistern so viel abgeben können, daß diese sich für kurze Zeit den Sterblichen offenbaren können. Ihre Manifestationen und Materialisationen geschehen angeblich durch Erscheinen im Dunkeln in ganzer Gestalt oder wenigstens als leuchtende Hände oder Gesichter und sollen, wenn selbst das Auge [* 38] nicht im stande sein sollte, das zarte Lichtgebilde zu erkennen, wenigstens auf der photographischen Platte ihre Spur zurücklassen. Die Geisterphotographie bildet in Amerika [* 39] ein schwunghaft betriebenes Geschäft, welches kaum dadurch gelitten hat, daß einer oder der andre dieser Künstler vor Gericht den groben Betrug eingestand, wie der Photograph Buguet in Paris [* 40] (1875). In neuerer Zeit sind dazu noch die Abdrücke der Geisterhände in Mehlschüsseln oder in Gips [* 41] gekommen. Eine andre Art der Offenbarung ¶
ist diejenige durch Musik, die wichtigste von allen aber die durch mechanische Wirkungen, weil man darauf eine Verkehrsmethode, eine wirkliche Unterhaltung mit den Geistern basiert. Die Antworten werden entweder durch eigentümliche Klopftöne im Sitzungstisch oder in andern Möbeln etc. gegeben, um dadurch die Folge der Buchstaben festzustellen, oder kürzer mit dem Manulektor oder Psychographen (s. d.) direkt geschrieben. An dessen Stelle ist in neuester Zeit namentlich durch das Medium Slade die unsichtbare Niederschrift der Antwort auf eine unter den Tisch oder hinter den Rücken gehaltene Schiefertafel getreten.
Jedes Medium hat in der Regel seine besondere Art, zu »arbeiten«, und man unterscheidet danach Klopfmedien, Schreibmedien etc. Die Spiritisten geben allgemein zu, daß die Geisterantworten oft ungemein albern, zuweilen auch neckisch sind; aber sie erklären sich dies dadurch, daß es auch unwissende, unorthographisch schreibende und boshafte Geister gebe. Weitere mechanische Leistungen der Geister sind: die Entfesselungen gebundener Medien, Knotenknüpfen in beiderseits festgehaltenen Schnüren, Ineinanderbringen hölzerner Ringe, die aus einem Stück bestehen, das Erheben der Möbel [* 43] und andrer schwerer Gegenstände (s. Tischrücken), Transportierungen derselben, Schweben der Medien und ähnliche Manifestationen, in denen besonders das Medium Home sehr geschickt gewesen sein soll.
Zum Gelingen dieser Versuche gehören in der Regel besondere Vorbedingungen, so z. B., daß die Teilnehmer einer Soiree durch Berühren der Hände eine Kette schließen, um angeblich eine Ansammlung und Zirkulation jenes Fluidums zu erzeugen und damit das Medium zu unterstützen, welches durch Ausgabe seines Perisprits oft gänzlich erschöpft werden soll. Manche Versuche gelingen auch bloß im Dunkeln, weil das Licht [* 44] angeblich die Materialisationen hindert. Der in vielen Fällen selbst den berühmtesten Medien (Home, Slade u. a.) nachgewiesene Betrug hindert die große Gemeinde der Spiritisten nicht, der Sache ferner ihr Zutrauen zu schenken.
Was die Geschichte dieser merkwürdigen Bewegung betrifft, so fanden sich ähnliche Praktiken schon seit alten Zeiten in China, [* 45] Indien, Griechenland [* 46] und Rom, [* 47] woselbst man zum Teil in sehr ähnlicher Weise Geisterschriften und Orakel zu erlangen wußte; aber der neuere Anstoß ging von dem quäkerischen Sektenwesen mit seinem Geister- und Erleuchtungsglauben aus, welches sich seit Jahrhunderten in Amerika ausgebreitet hat. Die Geschwister Fox zu Hydesville bei New York sind die Entdecker der Geisterklopferei (1849). Fast gleichzeitig damit begann das Tischrücken (s. d.) für die spiritistischen Anschauungen Propaganda zu machen.
Diese »Offenbarungen« gewannen in Amerika in der That sehr bald zahlreiche Anhänger, die eine förmliche Kirche bildeten und ihre Überzeugungen durch eine große Menge Zeitschriften und Broschüren stärkten. Man erzählt von vielen Millionen; doch lassen sich solche Angaben begreiflicherweise nicht kontrollieren, wenn auch zugegeben werden muß, daß die höhern Klassen infolge einer natürlichen Reaktion gegen die herrschenden materialistischen und sozialistischen Lehren [* 48] der Gegenwart den S. überall mit offenen Armen aufnehmen und in ihm zum Teil das einzige Rettungsmittel der Gesellschaft sehen. In Amerika wirkten als spiritistische Schriftsteller insbesondere Andreas Jackson Davis durch eine Unzahl von Offenbarungen triefender Schriften (z. B. »Der Reformator«, »Der Zauberstab«, »Die Prinzipien der Natur« etc.),
Richter Edmonds, Prof. Hare, Owen (»Das streitige Land«) u. a. In Philadelphia [* 49] soll auf Grund eines größern Legats sogar eine Professur für spiritistische Philosophie errichtet werden. In Europa wollte der S. lange Zeit keinen Eingang gewinnen, und bloß einzelne Medien, wie Home, zogen in den europäischen Hauptstädten umher, um in hohen und allerhöchsten Privatzirkeln »Sitzungen« abzuhalten. Durch Allan Kardec in Paris nahm die Sache mehr den Charakter der reinen Magie, durch den Baron Güldenstubbe, der in seiner »Positiven Pneumatologie« 194 Totenbriefe aus allen Zeiten und in den verschiedensten Sprachen veröffentlichte, denjenigen der Nekromantie und durch den Rendanten Hornung in Berlin [* 50] das Ansehen einer Burleske an. In neuerer Zeit sind indessen in England namhafte Naturforscher, wie Wallace, der Mitbegründer der Darwinschen Theorie und Verfasser der spiritistischen Schriften: »Die wissenschaftliche Ansicht des Übernatürlichen« und »Eine Verteidigung des modernen S.«, sowie der Chemiker Crookes (»Der Spiritualismus und die Wissenschaft«) dafür eingetreten und haben sehr viele Bekehrungen im Gefolge gehabt. In Deutschland [* 51] sind erst durch die Bemühungen des russischen Staatsrats Aksakow und seines litterarischen Gehilfen Wittig diese Lehren heimisch geworden, sofern dieselben, in ihrem Vaterland gesetzlich an solchen Bestrebungen verhindert, bei uns eine spiritistische Zeitschrift (»Psychische Studien«, Leipz. 1874 ff.) begründeten und Anregung zur Bildung von Vereinen gaben.
Schriftstellerisch haben außerdem M. Perty. Zöllner, K. du Prel, Baron Hellenbach u. a. in dieser Richtung gewirkt, und eine neue Monatsschrift: »Die Sphinx« [* 52] (hrsg. von Hübbe-Schleiden, Hamb. 1886 ff.), dient der weitern Ausbreitung. Ob dieser von der streng kirchlichen wie von der liberalen und fortschrittlichen Presse [* 53] gleich lebhaft angefeindeten Bewegung irgend welche nicht durch die bekannten Kräfte erklärbare Thatsachen zu Grunde liegen, wie Hare, Wallace und Crookes behaupten, oder ob eine noch ununtersuchte Nerventhätigkeit, resp. das sogen. Od (s. d.), wie andre wollen, dieselben erklären kann, oder ob alles auf bewußter und unbewußter Täuschung beruht, mag der Zukunft anheimgestellt bleiben.
Vgl. A. Aksakow und K. Wittig, Bibliothek für Spiritualismus (Leipz. 1867-77, bisher 14 Bde.);
Dixon, Neuamerika (a. d. Engl., Jena 1868);
Perty, Der jetzige Spiritualismus (Leipz. 1877);
I. H. ^[Immanuel Hermann] Fichte, Der neue Spiritualismus (das. 1878);
Zöllner, Wissenschaftliche Abhandlungen (das. 1877-81, 4 Bde.);
K. du Prel, Philosophie der Mystik (das. 1885);
Hellenbach, Geburt und Tod (Wien [* 54] 1885);
A. Bastian, In Sachen des S. (Berl. 1886);
polemische Schriften von Wundt, Vogel, Nagel, E. v. Hartmann u. a. Über die gewöhnlichen Betrügereien und Entlarvungen der Medien haben Home (1877), der später selbst wegen Betrug und Erbschleicherei verurteilt wurde, und Erzherzog Johann von Österreich [* 55] (1884) geschrieben.
(ital.), Geist;
con s., mit Feuer. ^[= # im militärischen Sinn das Schießen aus Feuerwaffen, daher Feuerwirkung die durch die verfeuerten ...]
(neulat.), Sittenaufseher in den Priesterseminaren;
dann Partei der strengern Franziskaner (s. d.).
(lat.), geistig, dem Materiellen entgegengesetzt;
daher Spiritualien, geistige oder geistliche Angelegenheiten, Glaubenssachen.
(franz.), begeistern;
vergeistigen, spiritualistisch auffassen oder gestalten.
(lat.), dasjenige metaphysisch-psycholog.
System, welches die menschliche Seele für ein rein geistiges oder absolut immaterielles Wesen ¶
erklärt (vgl. Pneumatismus).
Dann auch s. v. w. Spiritismus (s. d.).
(lat.), s. v. w. Geistigkeit im Gegensatz zur Körperlichkeit (Materialität). Vgl. Seele.
(lat.), geistig, geistreich, geistlich.
(lat.), geistige, berauschende Getränke. ^[= jede Flüssigkeit, welche der menschliche oder tierische Körper aufnimmt, um gewisse Bedürfnisse ...]
[* 57] (lat.), das Wehen des Windes, die bewegte Luft; der Atem, Hauch und, weil dieser als das Belebende (Geistige) des Körpers oder als das erzeugende (Lebens-) Prinzip desselben gedacht wurde, alles Feine, Dünnflüssige, Flüchtige, das zugleich auf den Organismus anregend, belebend einwirkt; daher auch der flüchtige Teil des Weins (Weingeist, vgl. den folgenden Artikel). S., S. vini rectificatissimus, Alcohol vini, Spiritus vom spez. Gew. 0,830-0,834 (91,2-90 Proz.);
S. dilutus, S. vini rectificatus, Mischung aus 7 Teilen Spiritus und 3 Teilen Wasser vom spez. Gew. 0,892-0,896 (67,5-69,1 Proz.);
S. aethereus, s. Hoffmannsche Tropfen;
S. aetheris chlorati, S. salis dulcis, S. muriatico-aethereus, versüßter Salzgeist, s. Salzäther;
S. aetheris nitrosi, S. nitri dulcis, S. nitrico- (nitroso-) dulcis, versüßter Salpetergeist, s. Salpetrige Säure;
S. ammoniaci caustici Dzondii, alkoholische Ammoniaklösung;
S. Angelicae compositus, zusammengesetzter Engelwurzelspiritus, Destillat von 75 Spiritus und 125 Wasser über 16 Angelikawurzel, 4 Baldrianwurzel, 4 Wacholderbeeren.
Man zieht 100 Teile ab und löst darin 2 Teile Kampfer;
S. camphoratus, Lösung von 1 Teil Kampfer in 7 Teilen Spiritus und 2 Teilen Wasser;
S. Cochleariae, Löffelkrautspiritus, Destillat (4 Teile) von 3 Teilen Spiritus und 3 Teilen Wasser über 8 Teile frisches blühendes Löffelkraut;
S. ferri chlorati aethereus, s. Bestushewsche Nerventinktur;
S. Formicarum, Ameisenspiritus;
S. Frumenti, Kornbranntwein;
S. fumans Libavii, Zinnchlorid;
S. Juniperi, Wacholderspiritus, Destillat (20 Teile) von 15 Teilen Spiritus und 15 Teilen Wasser über 5 Teilen Wacholderbeeren;
S. Lavandulae, Lavendelspiritus, Destillat (20 Teile) von 15 Spiritus und 15 Wasser über 5 Lavendelblüten;
S. Melissae compositus, Karmelitergeist;
S. Menthae crispae, Krauseminzessenz, und S. Menthae piperitae, Pfefferminzessenz, Lösung von 1 Teil Krauseminz-, resp. Pfefferminzöl in 9 Teilen Spiritus;
S. Mindereri, s. Essigsäuresalze;
S. nitri, Salpetersäure;
S. nitri dulcis, s. S. aetheris nitrosi;
S. nitri fumans, rauchende Salpetersäure;
S. Rosmarini, S. anthos, Rosmarinspiritus, aus Rosmarin wie Wacholderspiritus bereitet;
S. saponatus, Seifenspiritus;
S. salis, Salzsäure;
S. salis ammoniaci causticus, Ammoniakflüssigkeit;
S. salis dulcis, s. S. aetheris chlorati;
S. Serpylli, Quendelspiritus, aus Quendel wie Wacholderspiritus bereitet;
S. Sinapis, Senfspiritus;
S. sulfuratus Beguini, Lösung von Schwefelammonium;
S. terebinthinae, Terpentinöl;
S. vini, Alkohol;
S. vitrioli, verdünnte Schwefelsäure. [* 58] - In der Grammatik der griech. Sprache bezeichnet S. den starken oder scharfen und den gelinden oder schwachen Hauch (s. asper und s. lenis), der über jeden Vokal oder Diphthong zu Anfang eines Wortes gesetzt und im ersten Fall durch das Zeichen ^, im zweiten durch ^ ausgedrückt wird. Vgl. den Artikel »H«.
[* 57] (hierzu Tafel »Spiritusfabrikation«), [* 59]
mehr oder weniger reiner Alkohol, aus zuckerhaltigen Flüssigkeiten durch Destillation [* 60] gewonnen. Früher, als noch der S. größtenteils zum Genuß in der Form von Branntwein (s. d.) bereitet wurde, war die Spiritusfabrikation hauptsächlich Branntweinbrennerei. Der neuere Betrieb unterscheidet sich von letzterer durch das Arbeiten in größerm Maßstab [* 61] und auf alkoholreichere Destillate. Im allgemeinen nennt man solche durch Destillation erhaltene Flüssigkeiten Branntweine, welche zum Getränk bestimmt sind und 30-50 Volumprozent Alkohol enthalten; die zu andern Zwecken dienenden, bis über 90 Volumprozent Alkohol enthaltenden, ebenso gewonnenen Flüssigkeiten heißen S. Bei dem Branntwein hat der je nach dem Ursprung (und zum Teil der Bereitungsweise) verschiedene Geruch und Geschmack Einfluß auf den Handelswert, der wesentliche Bestandteil ist aber stets der berauschend wirkende Alkohol, und beim S. kommt letzterer allein in Betracht, die fremden, riechenden Stoffe, welche als Nebenprodukte bei der Alkoholbildung auftreten, werden möglichst vollständig entfernt.
Das Produkt heißt dann gereinigter S. (Sprit). Die Darstellung aller dieser Produkte begreift im allgemeinen zwei wesentlich verschiedenartige Arbeiten: die Herstellung einer alkoholhaltigen Flüssigkeit und die Abscheidung des Branntweins oder S. aus dieser mittels Destillation. Die alkoholhaltige Flüssigkeit wird stets durch Gärung einer zuckerhaltigen gewonnen. Die Darstellung der letztern aber ist je nach dem zu verarbeitenden Rohmaterial eine sehr verschiedene.
Als solches kommen nämlich in Betracht: a) feste oder flüssige Stoffe, welche Zucker [* 62] fertig gebildet enthalten; hierher gehören namentlich Zuckerrüben, Maisstengel, Sorghum, alle Arten Obst und Beeren, Melasse und Sirupe sowie andre Rückstände oder Abfälle der Zuckerfabrikation, Trester, Honig u. a.; b) Stoffe, welche zwar keinen Zucker, wohl aber Stärkemehl enthalten, welches durch Einwirkung von Malz (Diastase) in Zucker (Maltose) übergeführt werden kann; dazu gehören: Wurzeln und Knollen, namentlich Kartoffeln (Topinambur), Getreide [* 63] aller Art, Mais, manche Leguminosen [* 64] und andre Samen. [* 65]
Die zuckerhaltigen Rohstoffe brauchen nur in eine für die Vergärung brauchbare Form (Lösung von bestimmter Konzentration) versetzt zu werden, um durch den Einfluß der Hefe [* 66] in Alkohol und Kohlensäure zu zerfallen. Die stärkemehlhaltigen Stoffe hingegen können erst die gärungsfähigen Zuckerlösungen ergeben, wenn sie der Verzuckerung durch Malz unterlegen haben. Obwohl es viel einfacher erscheint, die bereits zuckerhaltigen Rohstoffe zu verwenden, richtet sich doch die Wahl derselben weniger hiernach als nach der Besteuerungsart des betreffenden Landes.
Aus diesem Grund wird in dem größten Teil Deutschlands, [* 67] dort, wo der Raum, welchen die gärende Flüssigkeit einnimmt, als Maß für die zu bezahlende Steuer gilt, derjenige Rohstoff am meisten benutzt, welcher die am meisten zuckerhaltigen Maischen liefert, d. h. also diejenigen, bei welchen aus einem bestimmten Maß gärender Maischen am meisten S. gewonnen werden kann. Dies sind die stärkemehlhaltigen Rohstoffe Getreide, Mais und die Kartoffeln, von zuckerhaltigen nur die Melasse.
Ausnahme bilden nur diejenigen Teile Deutschlands, in denen eine andre Besteuerung noch herkömmlich ist, welche die Verarbeitung von allerhand Obstarten im Kleinbetrieb gestattet. Sollte hier die Steuer nach dem Gärraum bezahlt werden, so würde der Verbrauch der bezeichneten Rohstoffe unmöglich, weil der Betrieb zu teuer werden würde. Die Benutzung des in größten Mengen (im Klima [* 68] des mittlern Europa, namentlich in Deutschland) zu habenden zuckerhaltigen Rohstoffs, der Zuckerrübe, hat in Deutschland selbst in ¶
den Teilen, wo nicht der Gärraum besteuert wird, keine Verbreitung finden können. In Frankreich, wo ein andres Steuersystem herrscht, unter welchem es vorteilhaft ist, weniger gehaltreiche Flüssigkeiten zur Vergärung und Spiritusgewinnung zu benutzen, ist die Verwendung der Zuckerrüben zur Spiritusgewinnung in manchen Gegenden sehr verbreitet, vielfach in der Weise, daß man, je nach Handels- und Preisverhältnissen der Jahrgänge, die Rübenernten zur Zuckerfabrikation oder zur Spiritusbereitung benutzt.
Als zuckerhaltiger Rohstoff kommt für Deutschland nur die Melasse in Betracht, aber auch diese wird jetzt vielfach vorteilhafter auf Zucker als auf S. verarbeitet. Aus Traubenwein werden namentlich im südlichen Frankreich die gesuchtesten Traubenbranntweine (Franzbranntweine) gewonnen, obwohl immer nur dann, wenn die Verwertung dieses alkoholreichern Produkts eine höhere als die des Weins ist (Rückstände von der Weinbereitung werden stets in ähnlicher Weise verarbeitet). Die Darstellung des zum Branntweinbrennen bestimmten Weins verlangt nicht dieselbe Sorgfalt wie die des Trinkweins, sie zielt auf möglichste Ausbeutung an Alkohol von reinem Geschmack; die Art des Abbrennens (s. unten) und der Aufbewahrung ist auf den Geschmack des Produkts von wesentlichem Einfluß. Die Rückstände der Weinbereitung liefern den Tresterbranntwein, die bei der Gärung abgeschiedene Hefe den Drusenbranntwein.
Aus zuckerhaltigen Stoffen werden in möglichst einfacher Weise Flüssigkeiten hergestellt, welche den gesamten Zucker des Rohmaterials in Lösung enthalten, worauf durch Zusatz von Hefe die Gärung eingeleitet wird, bei welcher der Zucker in Alkohol und Kohlensäure zerfällt. Melasse wird unter Zusatz von etwas Schwefel- oder Salzsäure und unter Erwärmung zu einer Flüssigkeit von 12-25 Proz. Gehalt verdünnt und bei geeigneter Temperatur mit der Hefe (Hefenmaische, Kunsthefe) versetzt.
Zur Darstellung von Rum werden Rückstände von der Darstellung des Zuckers aus Zuckerrohr mit Wasser und Schwefelsäure oder Schlempe zu Flüssigkeiten von 14-16 Proz. Gehalt verdünnt und mit Hefe zur Gärung gestellt; bisweilen wird Zuckerrohrsaft zugesetzt. Von Obst oder süßen Früchten werden Äpfel und Birnen, Kirschen, Zwetschen, Brombeeren, Heidelbeeren, Holunderbeeren u. a. benutzt. Aus Äpfeln und Birnen wird durch Zermalmen oder Reiben, aus den andern Früchten durch teilweises Zerstampfen ein Brei hergestellt und dieser entweder ausgepreßt, oder, und zwar meistenteils, unmittelbar in Tonnen gefüllt, in denen die Masse bald in Gärung kommt. In manchen Gegenden, z. B. im Schwarzwald, bildet die Obstbrennerei eine eigentümliche ländliche Industrie, die von vielen Tausenden in kleinerm und größerm Maßstab betrieben wird; es werden aus den einzelnen Obstarten ebenso viele verschiedene und zum Teil sehr geschätzte Trinkbranntweine dargestellt, die durch ganz bestimmten Geschmack gekennzeichnet sind.
Nachdem die Gärung begonnen, werden die Tonnen nach der erfahrungsmäßig besten Zeit dicht verschlossen und so lange an einem kühlen Ort aufbewahrt, bis die Reihe des Abbrennens an sie kommt; das Abbrennen dauert das ganze Jahr hindurch, so daß manches Obst ein Jahr, Zwetschen auch wohl zwei Jahre und mehr in der Tonne verbleiben; die Dauer dieser überaus langsamen Gärung ist von bestimmtem Einfluß auf die Eigenschaften, namentlich auf die Klarheit, des Erzeugnisses.
Zuckerrüben liefern neben einem hohen Spiritusertrag von der Bodenfläche ein geschätztes Viehfutter als Rückstand. Nach Champonnois werden die Rüben auf einer Schneidemaschine in Stücke geschnitten, aus diesen wird der Saft durch Auslaugen mit säurehaltigem Wasser oder mit Schlempe gewonnen und mit Hefe oder mit Hefe enthaltendem, gärendem Rübensaft in rasch verlaufende Gärung versetzt. Nach Leplay wird der Saft nicht abgeschieden, sondern innerhalb der gleichfalls in Stücke geschnittenen Rüben dadurch in Gärung versetzt, daß man sie unter einem Zusatz von etwas Schwefelsäure in gärenden Rübensaft bringt. Im erstern Fall wird der Rübensaft, im letztern werden die Rübenschnitte als solche nach Vollendung der Gärung (also nach 1-2 Tagen) der Destillation behufs Abscheidung des Alkohols unterworfen.
Die Verarbeitung der stärkemehlhaltigen Rohstoffe ist in Deutschland von größter volkswirtschaftlicher Bedeutung. Hauptmaterial ist die Kartoffel, welche für große Länderstrecken mit sandigem Boden das hauptsächlichste Landesprodukt bildet, aber bei ihrem niedrigen Preis hohe Transportkosten nicht erträgt. Die Umwandlung in ein teureres, verhältnismäßig weniger Gewicht besitzendes und daher Frachtkosten leicht ertragendes Produkt erscheint um so vorteilhafter, als dabei ein Nebenprodukt, die Schlempe, entfällt, welche ein höchst wertvolles Futtermittel für Milchtiere ist.
Hierin liegt begründet, daß die Spiritusfabrikation selten als selbständige Großindustrie auftritt, sondern ein landwirtschaftliches Gewerbe bildet, welches eine große Viehhaltung ermöglicht, so daß der ärmere Boden stark gedüngt werden kann und bei der intensiven Bearbeitung, welche die Kartoffel erfordert, so wesentlich verbessert wird, daß auch der Getreidebau sich lohnend erweist. Hierbei ist nun aber zu beachten, daß die Kartoffeln zur Verzuckerung des Stärkemehls des Malzes und ebenso zur Erzeugung des nötigen Gärmittels der Gerste [* 70] in solchem Verhältnis bedürfen, daß man auf die Kartoffelernte von je zwei oder drei die Gerstenernte von einem Morgen Landes nötig hat. Es muß also die erforderliche, zum Gerstenbau geeignete Landoberfläche zur Verfügung stehen, oder es muß Gerste von außen eingeführt (gekauft) werden.
Dazu kommt in neuerer Zeit die Aufnahme des Maiskorns in den Brennereibetrieb und eine solche Hebung [* 71] der Verkehrsmittel, daß gegenwärtig große Mengen Kartoffeln nach entfernten Ländern transportiert werden. Die Beurteilung der Spiritusindustrie muß also gegenwärtig wesentlich anders lauten als ehemals. Von Getreide werden vorzugsweise Roggen und Mais (bei uns hauptsächlich als Zusatz zu Kartoffeln), außerdem auch Gerste und zuweilen Weizen und Reis auf S. verarbeitet.
Wie in der Bierbrauerei [* 72] werden diese Rohstoffe in der Weise mit Malz behandelt, daß durch die in letzterm enthaltene Diastase das Stärkemehl in Dextrin und Zucker verwandelt wird. Abweichungen ergeben sich aber insofern, als bei der Bierbrauerei Dextrin erhalten bleiben soll, während die Spiritusfabrikation eine möglichst vollständige Vergärung bezweckt. Das bei der Verzuckerung des Stärkemehls durch Malz neben Zucker (Maltose) gebildete Dextrin ist in der Zeitspanne, welche in der Praxis der Brennerei für die Alkoholgärung eingehalten wird, als direkt unvergärbar zu betrachten, und doch vergärt es, indem nach der Zersetzung der Maltose durch die Hefe die aus dem Verzuckerungsprozeß noch aktiv zurückgebliebene Diastase nunmehr auch das Dextrin in gärungsfähigen Zucker verwandelt. Es ist mithin sehr wesentlich, in der Maische noch Diastase für die ¶