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exportiert. Ausgedehnte Landstriche sind namentlich im Süden der Olivenkultur eingeräumt, welche einen wichtigen Exportartikel liefert. Doch steht das spanische Öl wegen schlechter Behandlung der Frucht in geringem Preis und wird großenteils erst im Ausland, namentlich in Frankreich, raffiniert. Die Produktion, welche vornehmlich in Andalusien, Murcia, [* 2] Valencia, [* 3] Aragonien und Katalonien vertreten ist, ergibt in günstigen Jahren ca. 2,5 Mill. hl Öl; die Ausfuhr beträgt im Durchschnitt der letzten Jahre 250,000 metr. Ztr. In den letzten Jahren hat sich der Anbau von Cacahuetes oder Mani, einer Art Pistazie, aus der ein billiges und brauchbares Öl bereitet wird, zu einem besondern Zweig der landwirtschaftlichen Thätigkeit in der Provinz Valencia herausgebildet.
Wichtige Bodenkulturzweige sind noch die in großem Maßstab [* 4] betriebene Maulbeerbaum- und die Weinkultur. Durch die geographische Lage und durch die klimatischen Verhältnisse begünstigt, bringt das Land die feurigsten Weine in allen Abarten und in großer Menge hervor. Der durchschnittliche Ertrag beläuft sich auf mehr als 20 (1887: 28) Mill. hl. Die berühmtesten Weine sind die andalusischen, insbesondere die von Jeres de la Frontera, Puerto de Santa Maria und Malaga. [* 5]
Der Export dieser Weine geht hauptsächlich nach England und Amerika. [* 6] Von den katalonischen Weinen sind nur die Sorten von Reus und Tarragona vorzüglich, von den Valenciaweinen die roten Benicarloweine geschätzt. Die Alicantiner Weine sind sehr fein und ziemlich alkoholreich. Die kastilischen Weine, darunter der ausgezeichnete Manchawein (Valdepeñas), werden meist im Inland konsumiert. Die Aragonweine sind am dunkelsten, feinsten und am wenigsten säuerlich.
Vorzügliche Weingegenden sind außerdem: Südnavarra, das untere Duerothal, Viscaya, Orense, die Gegend von Plasencia und die Serena in Estremadura, endlich Mallorca (vgl. Spanische Weine). [* 7] Großen Absatz finden die spanischen Weine seit den letzten Jahren in Frankreich, wo die durch die Reblaus [* 8] und durch die schlechten Ernten verursachten Ausfälle außer durch italienische auch durch spanische Weine (meist aus den nordöstlichen Provinzen) gedeckt werden. Im ganzen werden jährlich über 7 Mill. hl, davon gegen 6 Mill. nach Frankreich, exportiert.
Daneben bilden auch frische Trauben einen Ausfuhrartikel (1886: 192,000 metr. Ztr.). Von Wichtigkeit ist ferner die Kultur der Rosinen, namentlich werden Rosinen aus den Provinzen Alicante (Denia) und Malaga ins Ausland, hauptsächlich nach England und Nordamerika, [* 9] geführt (1886: 384,460 metr. Ztr.). Die hervorragendsten Futterkräuter sind Luzerne und Esparsette. Eigentliche Wiesen gibt es nur in den nördlichen Provinzen und in den höhern Gebirgsgegenden. Viel ausgedehnter ist das Weideland in solchen Strecken, welche auch zum Ackerbau oder zur Forstkultur geeignet wären, jedoch vorzugsweise zur Zucht von Schafen dienen, wie in Estremadura, Niederandalusien, Aragonien, Altkastilien und Leon.
Von großer Bedeutung ist die Viehzucht. [* 10] Man zählte 1878 in S. 460,760 Pferde, [* 11] 941,653 Maultiere, 890,982 Esel, 2,353,247 Rinder, [* 12] 16,939,288 Schafe, [* 13] 3,813,006 Ziegen, 2,348,602 Schweine. [* 14] Die früher so berühmte, dann in Verfall geratene Pferdezucht [* 15] hat einen neuen Aufschwung genommen. Die besten Pferde sind die andalusischen und unter diesen wieder die von Cordova. Indessen reicht die Zahl der gezüchteten Pferde für den Bedarf des Landes nicht aus. Auf die Zucht der Maultiere und Esel, welche nicht nur die bevorzugtesten Haustiere sind, sondern auch in Menge ausgeführt werden, wird große Sorgfalt verwendet.
Die Zucht des Rindviehs zerfällt in die der zahmen Rinder und die der zu den Stiergefechten erforderlichen wilden Stiere, welche auf einsamen, hoch gelegenen Triften und in den Gebirgen, namentlich in Navarra, in der Sierra Guadarrama, Sierra Morena und am Guadalquivir, gehegt werden. Das zahme Rindvieh ist nicht sehr groß, aber stark und gut gebaut; das beste wird in den nördlichen Provinzen gezüchtet, wo auch allein Milch-, Butter- und Käsewirtschaft getrieben wird.
Die spanische Schafzucht, einst die erste der Welt und Quelle [* 16] ungeheurer Einkünfte, ist, wenn auch immer noch ansehnlich, von der andrer Länder überflügelt worden und in Abnahme begriffen. Die Ursache hiervon ist besonders darin zu suchen, daß die Regierung behufs der Hebung [* 17] der Agrikultur 1858 die lästige Bestimmung aufhob, daß von den Grundbesitzern, durch deren Gebiet die Herden (von und nach den Winterquartieren in Estremadura) ziehen, eine Schaftrift von 90 Schritt Breite [* 18] zu beiden Seiten der Straße freigelassen werden mußte.
Gegenwärtig muß, soweit das Wandern mit Schafherden noch besteht, für die Benutzung der Weiden ein Pachtgeld gezahlt werden. Die Mehrzahl der Merinoherden gehört nämlich großen Grundbesitzern von Leon, Altkastilien und Niederandalusien. Der Wollertrag der spanischen Schafe ist zwar sehr gesunken (auf ca. 20 Mill. kg, und zwar nur zum geringern Teil feine und brauchbare Wolle); doch bildet Schafwolle noch immer einen Exportartikel (1886: 92,000 metr. Ztr.). Wichtig ist die Hämmelzucht, vorzüglich für Niederaragonien, wo sich stets Käufer aus ganz S. zusammenfinden.
Die Ziegenzucht ist besonders in den Gebirgsgegenden heimisch und Ziegenkäse ein wichtiger Gegenstand des innern Handels, während die Felle in Menge exportiert werden. Schweinezucht wird überall, im größten Maßstab jedoch in Estremadura betrieben. Treffliche Schinken sowie Würste und Borsten gelangen zur Ausfuhr. Schweine- und Ziegenhäute werden in S. allgemein zu Weinschläuchen, welche inwendig ausgepicht werden, verarbeitet. In den Provinzen Murcia und Cadiz [* 19] kommen auch Kamele [* 20] (1878: 1597 Stück) vor.
Beträchtliche Ausfuhr von Vieh findet nach Portugal [* 21] und England statt. Von Federvieh werden vornehmlich Hühner, [* 22] in Estremadura und Andalusien auch Truthühner gezüchtet; von geringem Belang ist die Bienenzucht, [* 23] von Wichtigkeit dagegen die (früher allerdings noch bedeutendere) Seidenzucht, die namentlich in Valencia und Murcia ihren Sitz hat (s. unten). Die Kochenillezucht (1820 in Südspanien eingeführt) wird jetzt um Malaga und Motril in größerm Maßstab betrieben.
Jagd und Fischerei [* 24] sind in S. frei, doch wird erstere nicht besonders eifrig getrieben; das häufigste Haarwild sind Kaninchen, [* 25] das meiste Federwild Rebhühner. Der Fang von Thunfischen, Sardinen, Sardellen und Salmen und das Einräuchern derselben beschäftigt an den Küsten von Viscaya, Galicien, Andalusien, Valencia und Katalonien Tausende von Menschen und liefert bedeutende Mengen für den Export. Auch die Korallenfischerei an der Küste von Andalusien hat sich in neuester Zeit gehoben. Die Waldwirtschaft steht in S. noch auf einer niedrigen Stufe. Der Holzboden nimmt zwar über 20 Proz. des gesamten Areals ein; doch sind infolge der Vernachlässigung der Kultur, der unbeschränkten Brennholznutzung, der Schädigung der Wälder durch Hirten und Herden und der planlosen Ausnutzung der Privat- und Staatsforsten nur etwa 9 Proz. noch wirklich mit Holz [* 26] bestanden. ¶
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Das wichtigste Nadelholz ist die Kiefer, die vorzüglichsten Laubhölzer sind: die Eiche, Rotbuche, Kastanie, die Rüster [* 28] und der Ölbaum, welcher besonders in Andalusien ganze Wälder bildet. Nach Gesetz vom soll von den Staats-, Kommunal- und Körperschaftsforsten ein Teil (3½ Mill. Hektar) verkauft, der andre Teil (6½ Mill. Hektar) aber regelmäßig bewirtschaftet werden. Zu diesem Zweck ist das Land in zehn Forstdistrikte eingeteilt worden; auch besteht eine königliche Forstingenieurschule im Escorial.
Sehr gesegnet mit Waldungen ist Katalonien, wo (insbesondere im Monsenygebirge) die gewinnreichsten Holzgattungen, wie Kastanien (zu Faßdauben vorzüglich geeignet), Walnußbäume (zu Holzreifen verwendet) und Korkeichen, am besten gedeihen, welch letztere wegen des Korks, des als Gerbmaterial geschätzten Bastes und des sich zu Kohlen trefflich eignenden Astholzes einen reichlichen Ertrag liefern. Außer in Katalonien findet man diese Baumgattung in Estremadura, Andalusien und Valencia. Die jährliche Produktion an Korkplatten beträgt 520,000 metr. Ztr., der Export von Pfropfen [* 29] durchschnittlich 1010 Mill. Stück, an Platten und Tafeln 25,000 metr. Ztr. Nebenprodukte der Wälder sind: Sumachrinde (als Gerbmaterial), Ladanbalsam, eßbare Eicheln, Maronen, Beeren, Arzneikräuter etc.
Bergbau und Hüttenwesen.
S. ist ein an Metallen und Erzen außerordentlich reiches Land und könnte in seinem Bergbau [* 30] und Hüttenwesen eine Quelle großen Nationalreichtums finden, wenn ersterer rationell betrieben und entsprechend ausgebeutet würde. Das Bergwesen untersteht dem Ministerium für Volkswirtschaft, resp. der bei demselben errichteten Junta für dasselbe. Nach dem Gesetz vom wurde das Land in 17 Minendistrikte eingeteilt, von denen jeder unter einem königlichen Bergingenieur steht, und in Madrid [* 31] auch ein Oberbergamt eingerichtet.
Laut des genannten Gesetzes hat sich der Staat die Ausbeutung der meisten Bergwerke, sämtlicher Salzbergwerke und Salinen (ausgenommen die in den baskischen Provinzen) reserviert. Durch die finanzielle Notlage wurde indessen die Regierung in neuerer Zeit genötigt, sich des größten Teils des Staatseigentums und so auch des Montanbesitzes zu entäußern, so daß jetzt nur noch die Quecksilbergruben von Almaden und einige Salinen Staatseigentum sind. Im ganzen Land gibt es etwa 6000 Minen aller Art, wozu noch die aus alter Zeit, teilweise von den Römern, zurückgelassenen Schlackenhaufen als Ausbeutungsobjekte kommen.
Bei der Gewinnung von Erzen u. Metallen sind über 45,000 Arbeiter beschäftigt. Der Bergbau und Hüttenbetrieb ergaben nach der letzten Erhebung (1883) folgende Mengen: Silber 540 metr. Ztr., Quecksilber 16,670, Roheisen 1,422,240, Kupfer [* 32] 321,560, Blei [* 33] 993,120, Zink 68,430, Kohle 10,707,500, Salz [* 34] 6,750,000, Schwefel 111,290 metr. Ztr. Bemerkenswert ist jedoch, daß das Hüttenwesen mit dem Bergbau nicht gleichen Schritt hält, und daß ein großer Teil der gewonnenen Erze nach England und andern Ländern exportiert wird und häufig in verhütteter Form wieder ins Land zurückkehrt. So wurden 1886: 49,2 Mill. metr. Ztr. Erze (davon 41,8 Mill. Eisenerz und 6,7 Mill. Kupfererz) ausgeführt.
Was die einzelnen Produktionszweige betrifft, so wird Gold [* 35] gegenwärtig nur in den Arsenikgruben bei Culera (Katalonien), in kleinern Quantitäten auch aus dem Sande des Flusses Sil gewonnen. Ebenso ist die Produktion von Silber herabgegangen, wenngleich mehrere Bergwerke hierfür bestehen, von welchen jene in den westlichen Abhängen der Sierra Almagrera (Provinz Almeria), die von Hiende la Encina (Provinz Guadalajara) und die von Farena (Provinz Tarragona) die mächtigsten sind.
In den Quecksilbergruben von Almaden (12 Minen) sind über 3000 Arbeiter beschäftigt. Der Export beträgt durchschnittlich 11,000 metr. Ztr. An Eisenerz birgt S. in vielen Provinzen, besonders in Viscaya (zu Somorrostro), Guipuzcoa (Irun), Navarra (Lesaca, Vera), Santander, Oviedo und Granada, [* 36] reiche Schätze, die aber nicht gehörig ausgenutzt werden. Die bedeutendsten Hüttenwerke befinden sich in den Provinzen Viscaya, Navarra, Oviedo, Sevilla, [* 37] Malaga u. a. An Kupfer besitzt die Provinz Huelva in den Minen von Rio Tinto, [* 38] Tharsis und andern schon von den Karthagern u. Römern bearbeiteten Bergwerken unerschöpfliche Lager. [* 39]
Die Minen von Rio Tinto (s. d.) wurden 1873 von der spanischen Regierung (um 96 Mill. Frank) an ein Syndikat von Londoner und Bremer Firmen verkauft; Tharsis gehört bereits seit längerer Zeit einer englischen Aktiengesellschaft. Hinsichtlich der Bleiproduktion überragt S. alle andern Staaten Europas. Die Hauptsitze für diesen Bergbau und Hüttenbetrieb sind: die Provinzen Murcia (bei Cartagena 76 Werke mit 150 Hochöfen und 1500 Arbeitern), Almeria (Bleiminen der Sierra Gador, Sierra Almagrera, Alhamilla etc.; 13 Schmelzwerke bei Garrucha) und Jaen (Linares und Baylen).
Der Export an metallischem Blei betrug 1886: 1,150,000 metr. Ztr. Für den Zinkbergbau sind die Hauptsitze: die Provinzen Santander, Guipuzcoa, Murcia, Granada, Malaga und Almeria. Die Verhüttung ist von geringem Umfang; die gewonnenen Erze werden größtenteils nach Belgien [* 40] und andern Ländern exportiert. Die wichtigsten Kohlendistrikte sind in der Provinz Oviedo, dann in Burgos und Soria, Leon und Palencia, Teruel und Santander. Die jährliche Produktion ist von 355,000 metr. Ton. im J. 1861 gegenwärtig auf mehr als 1 Mill. metr. T., größtenteils Steinkohle, gestiegen, wobei immer noch eine überwiegende Einfuhr englischer Kohle (1886: 1,4 Mill. metr. T.) stattfindet. An Salz ist S. überaus reich.
Dasselbe ist kein Monopolgegenstand; es gibt zwar staatliche Etablissements dafür, welche in 20 Haupt- und 12 Unteranstalten zerfallen, aber ebensowohl befassen sich mit der Salzgewinnung [* 41] und zwar aus Seewasser u. aus Bergsalinen viele Private, die aus Anlaß des Betriebs nur der gewöhnlichen Industrialsteuer unterworfen sind. Steinsalzminen gibt es zu Cardona (Provinz Barcelona), [* 42] Pinoso (Provinz Alicante), Gerry y Villanova (Provinz Gerona), Minglanilla (Provinz Cuenca) u. a. O. Seesalz wird am meisten in den Lagunen der Bai von Cadiz und an den Ufern des untern Guadalquivir ausgebeutet, ferner auf der Insel Iviza, aus den Lagunen von Torrevieja (Provinz Alicante, in der Regie des Staats) etc. Der gesamte Salzexport beträgt jährlich 2,5 Mill. metr. Ztr. Manganerz (Braunstein) wird am meisten in der Provinz Huelva zu Tage gefördert, doch droht es infolge des Raubbaues bald gänzlich zu versiegen.
Alaungruben finden sich an vielen Orten; Schwefel wird besonders in Murcia und Ostgranada, Schwefelkies in der Provinz Huelva (namentlich in den schon erwähnten Gruben von Rio Tinto und Tharsis mit fortwährend steigendem Export), Asphalt in der Provinz Alava, Antimon in Saragossa, [* 43] Ciudad Real und bei Cartagena, außerdem Graphit, Bergöl, Naphtha und Phosphorit (letzteres für die Agrikultur äußerst wichtige Material in 9 Minen der Provinz Caceres mit einer durchschnittlichen Ausbeute von 1,8 Mill. metr. Ztr.) gewonnen. ¶
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Industrie.
Die spanische Industrie nimmt zwar noch lange nicht den Platz ein, der ihr in anbetracht der reichen Hilfsquellen und der günstigen kommerziellen Lage des Landes gebührt; doch hat dieselbe in neuester Zeit einen bedeutenden Aufschwung genommen. Die industriellsten Provinzen sind: Barcelona, Gerona, Tarragona, Guipuzcoa und Viscaya, nächst diesen Valencia, Murcia, Alicante, Almeria, Granada, Sevilla, Malaga, Galicien, Asturien, Santander, Madrid und Ciudad Real.
Was die einzelnen Industriezweige betrifft, so wird die Verfertigung von Eisen- und Stahlwaren am ausgedehntesten in Katalonien, in den baskischen Landschaften und in den Provinzen Malaga und Sevilla betrieben. Guten Ruf hat das Land in der Erzeugung von Handwaffen, wofür Fabriken zu Toledo, [* 45] Oviedo und Plasencia (Guipuzcoa) bestehen; berühmt sind insbesondere die Klingen von Toledo. Ein großes Etablissement ist auch die Nationalfabrik zu Trubio (Oviedo) für Eisengußwaren und Artilleriematerial.
Neben den Eisenwaren produziert S. viel Kupfer- und Bleiwaren, Messing namentlich zu San Juan de Alcaraz (Provinz Albacete), Bronzewaren zu Barcelona, Eibar (Guipuzcoa) und in Navarra, Schmucksachen [* 46] und Filigranarbeiten. Der Maschinenbau hat seine Hauptsitze zu Barcelona (4 große Werkstätten mit ca. 1700 Arbeitern), Sevilla, Malaga, Madrid und Valladolid, der Schiffbau zu Barcelona, Cartagena, Cadiz und Santander, die Verfertigung von chirurgischen und Präzisionsinstrumenten zu Madrid.
Musikinstrumente, und zwar Pianos, werden zu Barcelona, Sevilla, Saragossa und Valladolid, Guitarren zu Murcia, Streichinstrumente vorzugsweise zu Palma fabriziert. Für Porzellan bestehen zwei Fabriken, für Steingut- und Fayenceerzeugung ein ansehnliches Etablissement zu Sevilla und weitere Unternehmungen in den Provinzen Valencia, Madrid und Castellon. Die Fabrikation feuerfester Thonwaren [* 47] steht zu Barcelona auf einer Höhe, welche einen nicht unbedeutenden Export nach den Häfen des Mittelmeers [* 48] bis nach Konstantinopel [* 49] zuläßt.
Eine wichtige Industrie ist auch die Erzeugung von Ziegelfliesen, glasierten Platten und Mosaikfußböden, welche namentlich als Hausindustrie Tausende von Arbeitskräften, insbesondere in der Provinz Valencia, beschäftigt und einen wesentlichen Exportartikel liefert. Hydraulischer Kalk [* 50] (Zement) wird nur in Guipuzcoa in einer Menge von jährlich ca. 100,000 metr. Ztr. erzeugt. S. liefert gutes Glas [* 51] in ziemlich großer Menge, aber hauptsächlich nur für den inländischen Bedarf, während der Export nach den Kolonien ein geringer ist; geschliffene Glaswaren werden eingeführt.
Die Glasindustrie wird an vielen Orten, insbesondere in Badalona, Murcia, Cadalso (Madrid) und Gijon, betrieben. Die Verarbeitung des Korks zu Pfropfen, Platten und Tafeln bildet einen ergiebigen Industriezweig in der Heimat des Rohstoffs, der Provinz Gerona (Exportwert 1886 über 17 Mill. Pesetas). Tischlerwaren werden zu Madrid und Barcelona verfertigt, ohne daß jedoch in feinern Artikeln die ausländische Industrie vom Markt verdrängt wäre. Bedeutend ist namentlich für die Hausindustrie die Stroh- und Binsenflechterei.
Die Lederindustrie Spaniens stand in früherer Zeit auf einer viel höhern Stufe als dies gegenwärtig der Fall ist, obschon das Land noch immer durch die Erzeugung von Saffian und Korduan hervorragt und gewisse Quantitäten von Leder ausführt. Die besten Fabrikate kommen von Cordova, Barcelona, Toledo, Burgos und aus den baskischen Provinzen. Insbesondere ist S. die Heimat der kunstvollsten Riemerartikel (Sättel und Reitzeuge). Die Seidenindustrie, für welche alle klimatischen Bedingungen vorhanden sind, ist durch die Seidenraupenkrankheit sehr beeinträchtigt worden und beschränkt sich gegenwärtig hauptsächlich auf die Provinzen Murcia, Valencia und Sevilla, in welchen übrigens die Seidenspinnerei ein vorzügliches Erzeugnis liefert.
Die Produktion an Seidenkokons beträgt etwas über 1 Mill., an Rohseide durchschnittlich 85,000 kg. Die Seidenweberei war in frühern Jahrhunderten blühend und wird gegenwärtig noch, ohne den Bedarf zu decken, fabrikmäßig zu Madrid, Valencia, Barcelona, Granada, Sevilla und Toledo betrieben. Die Schafwollweberei macht große Fortschritte, arbeitet jedoch bloß für den einheimischen Markt, wobei ihr das Ausland Konkurrenz bietet. Der Hauptsitz ist Katalonien, namentlich Barcelona, Tarrasa, Sabadell, Manresa u. a. O. Barcelona zeichnet sich auch in der Fabrikation von Shawls und Möbelstoffen durch gediegene Leistungen aus.
Gute Tuche und Flanelle werden in Alcoy, Palencia, Bejar (Provinz Salamanca) etc. erzeugt. Valencia und Murcia liefern Decken aus Streich- und Kammgarn, welche den Bewohnern zur Bekleidung, zum Schmuck und zum Tragen der Utensilien unentbehrlich sind. Verhältnismäßig günstig entwickelt ist die spanische Baumwollindustrie. Während die Spinnerei 1834 erst 600,000 Feinspindeln zählte, hob sich diese Ziffer 1881 auf 1,835,000. Der Baumwollkonsum betrug im Durchschnitt der letzten Jahre 490,000 metr. Ztr. Die größte Bedeutung hat die Baumwollindustrie für Katalonien.
Barcelona versteht mit gewebten und bedruckten Stoffen (Indiennes) fast alle spanischen Kolonien. Außerdem ist diese Industrie noch in den baskischen Provinzen, in Malaga, Santander, Valladolid und den Balearen vertreten, obgleich immer noch ein Import (Garne 1886 für 2,1, Gewebe [* 52] für 11,4 Mill. Pesetas) notwendig ist. Die Flachsspinnerei macht gute Fortschritte. Die Leinweberei arbeitet für die Bedürfnisse des eignen Landes und exportiert nach den Kolonien und Brasilien, [* 53] wogegen aber auch ein Import aus Großbritannien [* 54] und Irland stattfindet.
Die Sitze dieser Industrie sind: die Landschaften Katalonien, Aragonien, Kastilien, Galicien u. Navarra. Die Espartoweberei, welche in Murcia, Alicante u. a. O. betrieben wird, liefert verschiedene Waren, als: Überzieher für Bergleute, Teppiche, Lauftücher etc. In Leinen- und Hanfgarn fand in den letzten Jahren ein Import von durchschnittlich 42,000 metr. Ztr., an Geweben ein solcher von 6300 metr. Ztr. statt. Färberei und Druckerei sind alte und wichtige Zweige der spanischen Industrie, zumal in Katalonien und in den baskischen Provinzen.
Die Spitzenmanufaktur ist gleichfalls sehr alt und im Fortschreiten begriffen; ihre Heimat ist Katalonien. Maschinenspitzen werden zu Barcelona, Mataro u. a. O. erzeugt. Handschuhe liefern Madrid und Valladolid, Wirkwaren Barcelona. Die Industrie in Schuhwaren schwingt sich auf den Balearen sichtlich empor (Export über Barcelona nach den spanischen Kolonien). Für den Konsum der spanischen Landbevölkerung werden auch Schuhwaren aus Hanf (Alpargatas) an vielen Orten gefertigt. Neu aufstrebende Industrien sind die Fächerfabrikation in Valencia und die Knopffabrikation in Madrid. In der Papierfabrikation [* 55] findet der Maschinenbetrieb immer weitere Verbreitung. Es gibt bereits ca. 40 Papierfabriken (zu Barcelona, Tolosa etc.), während die Zahl der Papiermühlen mit Büttenbetrieb immer mehr abnimmt. Ein Hauptartikel der ¶
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Papierfabrikation ist das Zigarrettenpapier (namentlich in Alcoy). Bedeutend ist die Industrie in Nahrungs- u. Genußmitteln. Es bestehen 18 Raffinerien für Kolonialzucker (Barcelona, Malaga und Umgebung, Granada und Almeria; Produktion jährlich ca. 150,000 metr. Ztr.), zahlreiche Schokoladefabriken, so zu Madrid und Umgebung, Barcelona, Saragossa, Ciudad Real, Leon, Astorga, Oviedo, Malaga etc., mehrere Fabriken für konservierte und kandierte Früchte, einige große Fabriken für Fisch- und Fleischkonserven (in Guipuzcoa und Coruña) und mehrere Unternehmungen für Maccaroni- und Teigwarenerzeugung (in Malaga).
Weizenmehl wird von Santander aus nach den spanischen Kolonien verschifft (in den letzten Jahren durchschnittlich 275,000 metr. Ztr.). Erwähnenswert sind ferner: die Spirituserzeugung aus Wein und dessen Rückständen, die Fabrikation von Likören (besonders Anislikör in der Provinz Albacete) und die Bierbrauerei [* 57] in den größern Städten. Die Tabaksfabrikation ist Staatsmonopol, welches aber seit 1887 verpachtet ist, und beschäftigt große Etablissements zu Madrid, Sevilla, Santander, Gijon, Coruña, Valencia und Alicante.
Die erforderlichen Blätter kommen größtenteils aus den überseeischen Kolonien (Cuba, Puerto Rico, Philippinen), teilweise auch aus Deutschland. [* 58] Doch werden daneben Massen von fremden Zigarren eingeschmuggelt. Endlich sind noch die Zinnobererzeugung, die Fabrikation von Seife (Katalonien und Andalusien, insbesondere Malaga), Kerzen und verschiedenen Chemikalien, die Buchdruckerei und Lithographie (Hauptort Madrid) hervorzuheben. In ganz S. besteht schon seit geraumer Zeit Gewerbefreiheit. Es gibt daher keine Innungen und Zünfte, sondern bloß Vereinigungen (gremios) von Handwerkern und Gewerbtreibenden zu irgend einem gemeinsam besser als einzeln zu erreichenden Zweck. Zur Beförderung der Industrie und der Gewerbe dienen außer den Handelskammern (s. unten): der Industrieverein zu Madrid, die Gewerbevereine in verschiedenen Städten und die technischen Unterrichtsanstalten.
Handel und Verkehr.
S. hat eine für den Handel, namentlich den Welthandel, äußerst günstige Lage, und geraume Zeit war der spanische Handel einer der umfangreichsten der Welt. Wenn er in der Gegenwart kaum noch an das erinnert, was er einst gewesen, so sind daran einerseits die äußern und innern Kriege, anderseits aber die Vernachlässigung der natürlichen Hilfsquellen des Landes schuld. Das Zentrum des gesamten innern Handels bildet Madrid. Nächstdem sind Valladolid, Palencia, Burgos, Oviedo, Vitoria, Saragossa und Granada die wichtigsten Plätze des Binnenhandels. In betreff des äußern Handels zerfällt S. in mehrere selbständige Zollgebiete, nämlich: das Festland mit den Balearen, die Kanarischen Inseln, die Provinzen in Amerika, die Besitzungen in Asien [* 59] und Ozeanien, [* 60] die Insel Fernando Po mit deren Dependenzen, die nordafrikanischen Besitzungen.
Jedes dieser Zollgebiete hat seinen besondern Tarif; die nordafrikanischen Häfen sind zu Freihäfen erklärt worden. In dem Zollgebiet des spanischen Festlandes und der Balearen wurde ein Tarif eingeführt, seitdem aber vielfach modifiziert und namentlich durch die abgeschlossenen Handelsverträge ermäßigt. So hat S. 1861 mit Marokko, [* 61] 1862 mit der Türkei, [* 62] 1864 mit China, [* 63] 1865 mit Frankreich, dann seit 1870 mit den meisten andern europäischen Staaten und mit Siam Handels- und Schiffahrtsverträge abgeschlossen, darin Einfuhrzollbegünstigungen für fremde Produkte zugestanden und sich zugleich verpflichtet, diese Zollsätze in einem spätern Termin noch weiter herabzusetzen.
Die finanzielle Lage und der Vorgang der übrigen Kontinentalstaaten auf dem Weg des Schutzzollsystems veranlaßten jedoch auch S., zur Erhöhung der Einfuhrzollsätze mittels neuer Tarife (1882 und 1886) zu schreiten und in diesem Sinn modifizierte Handelsverträge mit den übrigen Staaten abzuschließen. Bemerkenswert für den auswärtigen Handel Spaniens ist, daß von seiten Portugals und von Gibraltar [* 64] aus starker Schleichhandel (von letzterm Punkt namentlich mit englischen Waren) getrieben wird. Der Gesamtwert der Ein- und Ausfuhr Spaniens (und zwar des Festlandes mit Einschluß der Balearen) betrug in den letzten Jahren in Millionen Pesetas (1 Peseta = 80 Pfennig):
Jahr | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
1882 | 816.7 | 765.4 |
1883 | 893.4 | 719.5 |
1884 | 779.6 | 619.2 |
1885 | 764.8 | 698.0 |
1886 | 855.2 | 727.3 |
1887 | 811.2 | 722.2 |
Der auswärtige Handel von S. bewegt sich hauptsächlich auf dem Seeweg. Auf den Landhandel kamen nämlich vom gesamten Warenverkehr des letztgenannten Jahrs nur 16, auf den Seehandel dagegen 84 Proz. Die Hauptartikel des auswärtigen Handels sind in der Ausfuhr (mit Angabe des Wertes 1887 in Millionen Pesetas): Wein (281,7), Erze (86,7), Blei (22,0), Rosinen (22,2), Vieh (12,4), Kork [* 65] (16,8), Orangen (15,4), Schafwolle (14,1), Olivenöl (9,7, 1885: 40,0), Schuhwaren (12,4), Esparto (8,9), Weintrauben (9,7), Weizenmehl (5,2), Konserven (6,9), Eisen [* 66] und Eisenwaren (10,4);
in der Einfuhr: Weizen (62,8), Baumwolle [* 67] (62,5), Spiritus [* 68] (45,0), Holz (35,3), Tabak [* 69] (30,3), Fische [* 70] (29,8), Zucker [* 71] (29,7), Mineralkohle (25,6), Schafwollwaren (24,9), Maschinen (20,1), Häute und Felle (19,4), andre Cerealien (17,5), Vieh (17,1), Eisen und Eisenwaren (16,9), Chemikalien (15,8), Kakao (13,6), Flachs- und Hanfgarn (13,3). Was die einzelnen Länder betrifft, welche an dem auswärtigen Handel Spaniens partizipieren, so kommt der Hauptanteil auf Frankreich (234,7 Mill. Pesetas in der Einfuhr und 308,9 Mill. in der Ausfuhr) und Großbritannien (114,0, resp. 184,6 Mill. Pesetas). Hieran reihen sich die Vereinigten Staaten [* 72] von Nordamerika (99,6 und 21,9 Mill.), Cuba (37,3 und 61,0 Mill.), Deutschland (82,9 und 9,6 Mill.), Belgien, Portugal, Italien, [* 73] die Philippinen, Puerto Rico, Argentinien, Niederlande, [* 74] Norwegen [* 75] etc.
Die Schiffahrt Spaniens zeigt im letzten Jahrzehnt einen kräftigen Aufschwung. Die Zahl der Häfen an der spanischen Küste und auf den Balearen beträgt 116, wovon 56 auf die Küste des Atlantischen Meers, 60 auf die des Mittelmeers kommen. Die wichtigsten von erstern sind: Bilbao, [* 76] Santander, Gijon, Ferrol (Kriegshafen), Coruña, Vigo, Huelva und Cadiz;
von letztern: Malaga, Almeria, Cartagena, Alicante, Valencia-Grao, Tarragona und Barcelona;
auf den Balearen und Pithyusen: Palma, Mahon und Iviza.
In den letzten Jahrzehnten sah man die Notwendigkeit der Herstellung sicherer und verbesserter Hafenanlagen ein. Demgemäß wurden auch die Arbeiten, zunächst in Alicante, Barcelona, Cartagena, Tarragona und Valencia-Grao, in Angriff genommen und großenteils bereits durchgeführt. Die Zahl der im Betrieb befindlichen Leuchttürme beträgt 198. In dem Leuchtturm auf Kap Machichaco in Viscaya besteht eine Schule für Leuchtturmwächter. Die Handelsmarine Spaniens zählte Anfang 1884: 1544 Segelschiffe mit 308,779 Registertonnen und 282 Dampfer ¶
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mit 200,100 Ton., zusammen 1826 Seeschiffe mit 508,879 T. Die Schiffahrtsbewegung sämtlicher Häfen Spaniens bezifferte sich 1887 in Registertonnen:
Eingelaufen | Ausgelaufen | |
---|---|---|
Spanische Schiffe | 4264482 | 4420130 |
Fremde Schiffe | 6900494 | 6696443 |
Zusammen: | 11164976 | 11116573 |
Hierzu Küstenschiffahrt (1885) | 5661952 | 5237227 |
Die Binnenschiffahrt ist in S. von geringem Belang. Unter den Strömen ist ein einziger, welcher bei hohem Wasserstand streckenweise befahren werden kann, nämlich der Ebro, auf welchem flache Fahrzeuge dann bis Saragossa, wohl auch bis in die Provinz Navarra gelangen können. Der Guadalquivir, Guadiana und Minho sind nur ein Stück von der Mündung an hinauf für größere Schiffe [* 78] fahrbar, der erstgenannte für Seeschiffe bis Sevilla; dieselben kommen daher bei der Binnenschiffahrt nicht in Betracht.
Die übrigen Ströme sind, soweit sie S. angehören, so voller Sandbänke, Löcher und Strudel, daß sie sich gar nicht zur Schiffahrt eignen. Unter den Kanälen steht der unter Karl V. begonnene Kaiserkanal von Aragonien obenan, 119 km lang, 3,35 m tief und an der Oberfläche 23,5 m breit, außer zur Schiffahrt auch zur Bewässerung dienend. Im 18. Jahrh. wurden drei schiffbare Kanäle hergestellt, worunter der 160 km lange Kastilische, der bei Alar del Rey aus dem Pisuerga ausgeht und unweit Simancas an demselben Fluß endigt, der wichtigste ist.
Der Manzanareskanal (von Toledo nach Madrid, 14 km) sowie der Canale Nuevo, bei Amposta aus dem Ebro ausgehend und in San Carlos de la Rapita nach 11 km Länge endigend, werden zur Schiffahrt wenig benutzt. Aus diesem Jahrhundert datieren der Guadarramakanal (17 km) und der Murciakanal (28 km). Neuerlich hat eine Aktiengesellschaft auch die Kanalisierung des Ebro bis Saragossa unternommen. Die Gesamtlänge aller schiffbaren Kanäle und Flüsse [* 79] Spaniens beträgt ungefähr 700 km.
Die erste Eisenbahn, von Barcelona nach Mataro (28 km), wurde dem Verkehr übergeben. Seitdem entwickelte sich das Eisenbahnnetz Spaniens in folgender Progression: 1855: 595 km, 1865: 5226 km, 1876: 5796 km, 1886: 9185 km. Die hauptsächlichsten Linien sind: Die Spanische Nordbahn von Madrid über Irun an die französische Grenze, mit Zweiglinien nach Zamora, Salamanca, Segovia und Santander. An die Nordbahn schließen sich die Nordwestliche oder Galicische Eisenbahn mit den Linien Palencia-Coruña, Monforte-Vigo und Leon-Gijon, dann die Eisenbahn Tudela-Bilbao, welche die Nordbahn bei Miranda kreuzt.
Eine wichtige Linie ist im NO. die Eisenbahn von Saragossa nach Pamplona, welche einen Zweig zur Nordbahn nach Alsasua entsendet. Von Madrid laufen außer der ersterwähnten Bahn noch die Eisenbahn über Saragossa nach Barcelona und die nach Alicante aus, welche beide miteinander durch die Küstenbahn über Tarragona und Valencia nach Almansa in Verbindung stehen, und wovon die erstere mehrere Zweiglinien in Katalonien und die Linie über Portbou nach Frankreich, die letztere die Zweiglinien nach Toledo und Cartagena entsenden. An die Eisenbahn Madrid-Alicante schließen sich endlich die andalusischen Bahnen nach Cadiz, Malaga und Granada sowie die Eisenbahn über Ciudad Real und Badajoz nach Portugal an. Von Madrid nach Lissabon [* 80] führt außerdem die neue direkte Linie über Talavera.
Auch die Insel Mallorca hat ihre Eisenbahn Palma-Manacor. Die Ausführung der einzelnen Eisenbahnlinien erfolgte durch Privatgesellschaften, meist mit englischen Kapitalien. Pferdebahnen bestehen zu Madrid, Barcelona und Valencia-Grao. Auch auf den arg vernachlässigten Straßenbau hat man in neuerer Zeit große Summen verwendet; die Gesamtlänge der fertigen Straßen beträgt gegenwärtig ca. 19,000 km. Weitere 3000 km sind teils im Bau, teils projektiert. Am meisten leidet noch das Zentrum des Landes durch Mangel an Verkehrswegen.
Auch auf Vizinalwege wird wenig Bedacht genommen. Das spanische Staatstelegraphenwesen umfaßte 1886 ein Netz von 17,840 km Linien mit einem Betriebspersonal von 3540 Individuen. Der Korrespondenzverkehr ergab 2,8 Mill. Depeschen. Dem Postwesen standen 1886: 2655 Anstalten mit einem Personal von 7112 Individuen zur Verfügung. Der Briefpostverkehr umfaßte 111 Mill. Stück. Seit 1886 sind 15 Handels-, Industrie- und Schiffahrtskammern errichtet worden. Banken mit dem Rechte der Notenemission bestanden früher in den meisten größern Städten.
Durch das Gesetz vom wurde jedoch die Kreditzirkulation in einer einzigen Bank, der Bank von S. (Grundkapital 100 Mill. Pesetas) in Madrid, konzentriert und zu ihren gunsten die Aufhebung aller andern Zettel- und Diskontobanken angeordnet. Die meisten derselben haben sich zu Filialen der Bank von S. umgestaltet. Außerdem gibt es eine größere Anzahl von selbständigen Kreditinstituten, zahlreiche Sparkassen, Leihhäuser, Börsen in allen großen Handelsplätzen etc. Die berühmtesten Messen sind die von Talavera de la Reina in Neukastilien, Palencia, Valladolid, Medina de Rioseco und Soria in Altkastilien, Puenta de la Reina, Estrella und Corella in Navarra, Granollers und Tarrasa in Katalonien, Ronda und Puerto de Santa Maria in Andalusien; Hauptwollmärkte die von Cuenca in Neukastilien und Bejar in Leon.
Münzeinheit ist seit 1871 die Peseta à 100 Centimos = 1 Frank = 4 Reales de vellon (Kupferreal). Die gangbaren Münzsorten sind in Gold: der Golddoblon = 100 Realen = 21,06 Mk., der Goldthaler (escudo de oro) = 40 Realen = 8,42 Mk., der halbe Goldthaler (coronilla) = 20 Realen;
in Silber: der Duro oder spanische Thaler (peso fuerte, im Ausland Piaster genannt) = 20 Realen = 4,20 Mk., der halbe Duro oder Escudo (medio duro, escudo) = 10 Realen, die Peseta = 4 Realen, die halbe Peseta = 2 Realen, der einfache Real (real de vellon).
Das einzige Papiergeld des Landes sind gegenwärtig die Noten der Bank von S., deren höchste Abschnitte aber nicht auf mehr als 1000 Pesetas lauten dürfen. In Bezug auf Maß und Gewicht ist seit 1855 gesetzlich das metrische System eingeführt.
Ungemein groß ist die Zahl der Wohlthätigkeitsanstalten, deren man bereits 1859: 1028 zählte, worin 455,290 Individuen verpflegt wurden. Die Straf- und Besserungsanstalten zerfallen in Zuchthäuser für männliche Verbrecher und Korrektionshäuser für Weiber. Die schwersten Verbrecher werden in den an die Stelle der ehemaligen Galeeren getretenen Zuchthäusern in Ceuta, [* 81] Alhucemas, Melilla und Peñon de Velez untergebracht.
Staatsverfassung und Verwaltung.
Das Grundgesetz der gegenwärtigen Staatsverfassung des Königreichs S. bildet die Konstitution vom Hiernach ist S. eine eingeschränkte Monarchie, gegenwärtig unter der Dynastie Bourbon. Als Thronfolgeordnung gilt die kognatische, wonach das weibliche Geschlecht in Bezug auf die Succession gleiches Recht mit dem männlichen besitzt und nur die Nähe der Linie darüber entscheidet, wer ¶
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nachfolgen soll, so daß ein näher verwandter weiblicher Abkömmling einem entfernter verwandten männlichen vorangeht, in der erbenden Linie aber der jüngere Prinz vor der ältern Prinzessin den Vorzug hat. Die Successionsfähigkeit ist von dem römisch-katholischen Glaubensbekenntnis abhängig. Die Großjährigkeit tritt mit dem vollendeten 16. Jahr ein. Wenn die Erbfolge einen noch minderjährigen Succedenten trifft, oder wenn der Monarch durch längere Zeit verhindert ist, selbst zu regieren, so tritt im ersten Fall eine Vormundschaft, in beiden Fällen eine Regentschaft ein, deren Bestellung durch die Volksvertretung erfolgt.
Gegenwärtiger König ist Alfons XIII., nachgeborner Sohn Alfons' XII., geb. Regentin ist seine Mutter Marie Christine. Der König, bez. Regent übt die gesetzgebende Gewalt gemeinsam mit den Cortes aus, welche sich in zwei Kammern gliedern: den Senat und den Kongreß der Deputierten. Der Senat wird gebildet: von den Senatoren vermöge eignen Rechts;
von den Senatoren, welche von der Krone auf Lebenszeit ernannt werden;
von den Senatoren, welche durch die Provinzialvertretungen und die Höchstbesteuerten gewählt werden und sich alle fünf Jahre zur Hälfte erneuern.
Senatoren von Rechts wegen sind: die großjährigen Söhne des Königs und des Thronfolgers;
die Granden von S., welche eine jährliche Rente von 60,000 Pesetas genießen;
die Generalkapitäne des Heers und die Admirale der Flotte;
die Erzbischöfe;
die Präsidenten des Staatsrats, des obersten Gerichtshofs, des Rechnungshofs, des obersten Kriegs- und des obersten Marinerats, wenn sie sich zwei Jahre im Amt befinden.
Die vom König ernannten oder von den Provinzialvertretungen u. den Höchstbesteuerten gewählten Senatoren müssen bestimmten Klassen des Beamtenstandes, der Armee, des Klerus angehören oder eine jährliche Rente von 20,000 Pesetas beziehen. Die Zahl der Senatoren kraft eignen Rechts und der vom König ernannten Senatoren darf zusammen 180 nicht übersteigen, und dieselbe Zahl entfällt auf die gewählten Senatoren. Jeder Senator muß Spanier und 35 Jahre alt sein.
Der Kongreß der Deputierten setzt sich aus denjenigen Mitgliedern zusammen, welche von den Wahljunten auf fünf Jahre, im Verhältnis von einem Deputierten auf 40,000 Einw., gewählt werden. Um zum Deputierten gewählt zu werden, sind die spanische Staatsbürgerschaft, der weltliche Stand, die Großjährigkeit und der Genuß aller bürgerlichen Rechte erforderlich. Das passive Wahlrecht ist durch keinen Zensus, das aktive Wahlrecht seit der Wahlreform vom durch einen solchen von 25 Pesetas beschränkt.
Die Cortes versammeln sich alle Jahre. Der Präsident und die Vizepräsidenten der Zweiten Kammer werden von der Kammer gewählt, die der Ersten Kammer vom König ernannt. Der König und jede der beiden legislativen Körperschaften besitzen das Recht der Initiative zu den Gesetzen. Finanzgesetze müssen zuerst dem Kongreß der Deputierten vorgelegt werden. Der Kongreß besitzt das Recht der Ministeranklage, wobei der Senat als Gericht fungiert. Die Abgeordneten erhalten keine Vergütung oder Diäten.
Die Staatsbürgerrechte entsprechen den in den übrigen repräsentativen Monarchien gewährleisteten Grundrechten. Die Staatsbürger teilen sich dem Stand nach in Adel, Geistlichkeit, Bürger und Bauern, welche Stände aber vor dem Gesetz gleich sind. Der Adel zerfällt in den hohen, der sich wieder in Grandes und Titulados teilt, und in den niedern der Hidalgos oder Fidalgos. Die »Grandeza« wird gegenwärtig vom König teils als persönliche Auszeichnung, teils erblich erteilt und führt das Prädikat »Exzellenz«.
Die Titulados sind Familien, welche von alters her den stets nur auf den ältesten Sohn übergehenden Titel Herzog, Marquis, Graf, Visconde oder Baron führen. Der äußerst zahlreiche niedere Adel zerfällt in Ritter- und Briefadel. Aber weder der hohe noch der niedere Adel hat irgend welche politische Vorrechte. Das Prädikat »Don«, früher nur dem hohen Adel zustehend, wird jetzt jedem gebildeten Mann gegeben. Die Gemeindeverfassung datiert in ihrer jetzigen Form von 1845 und ist, wie auch die Provinzialverfassung, im wesentlichen der französischen nachgebildet. In jeder Provinz sind Provinzialdeputationen eingesetzt, deren Mitglieder von den Gemeindevertretungen gewählt werden. Jede Gemeinde von mindestens 30 Mitgliedern hat ihre eigne Gemeindevertretung (ayuntamiento), welche auf zwei Jahre gewählt wird, und welcher der Alkalde, der zugleich Friedensrichter ist, präsidiert. Die Alkalden werden von den Gemeinden alljährlich neu gewählt, aber von der Regierung bestätigt.
An der Spitze der gesamten Staatsverwaltung steht der Ministerrat (consejo de ministros), dem der königliche Staatsrat (consejo de estado) zur Seite steht. Der Staatsrat besteht aus 33 Räten, die vom König ernannt werden, und den Ministern, berät in seinen den Ministerien entsprechenden Sektionen Regierungsmaßregeln und entscheidet über Kompetenzkonflikte zwischen Gerichts- und Verwaltungsbehörden. Königliche [* 83] Ministerien sind: das Ministerium des Äußern (zugleich für die Angelegenheiten des königlichen Hauses), das Ministerium der Gnaden und Justiz (auch für den Kultus), das Kriegsministerium, das Marineministerium, das Finanzministerium, das Ministerium des Innern (ministerio de la gobernacion, auch für das Eisenbahn-, Post- und Telegraphenwesen), das Ministerium für die Volkswirtschaft (ministerio de fomento, für Landwirtschaft, Bergbau, Industrie, Handel, Bauten und Unterrichtswesen) und das Ministerium der Kolonien (ministerio de ultramar).
Selbständig ist der Rechnungshof. Zur Leitung der Provinzialverwaltung stehen an der Spitze der 49 Provinzen für die gesamte innere und Steuerverwaltung die Gouverneure, welchen die Provinzialdeputationen und deren permanente Kommissionen beigegeben sind. Ferner bestehen in jeder Provinz eine Sanitätsjunta und eine Hauptpostverwaltung. Die Polizei wird in den Gemeinden von den Alkalden, in größern Städten von besondern Polizeikommissaren, unter Aufsicht des Gouverneurs, gehandhabt. Für die Militärverwaltung sind 16 Generalkapitanate und unter diesen Provinzialmilitärgubernien, für die Marine 3 Departements (Generalkapitanate) errichtet. Die Kolonialverwaltung besteht für jede Kolonie aus einer Regierung mit dem Generalkapitän, dem obersten Militärkommandanten und einem Zivilgouverneur, welch letzterer unmittelbar vom König dependiert. Der Volksvertretung ist keine Beteiligung dabei eingeräumt.
Die Gerichtsverfassung beruht auf Öffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens und Geschwornengerichten. Römisches Recht und Landrecht bilden die Grundlage des Rechtswesens; die in den baskischen Provinzen bisher geltenden Sonderrechte (fueros) wurden 1876 aufgehoben. Die unterste Instanz bilden die Alkalden der Gemeinden als Friedensrichter. Außerdem bestehen noch 500 Untergerichtsbezirke (partidos) mit je einem Gerichtshof erster Instanz. Diese sind verteilt unter 15 Ober- oder ¶