zeigte sich ein ungewöhnliches
Talent, ebenso in den »Orchideer« (das.
1862). Mit seinen gesammelten »Dikter« (3. Aufl.
1878) und seinen
»Sonetter« (1871) errang er sich dann die erste
Stelle unter den schwedischen
Lyrikern
der Gegenwart, und die
Akademie nahm ihn 1876 in den
Kreis
[* 12] der »Achtzehn« auf. Nächstdem erschienen: »Nya dikter« (1881),
»Dikter«
(dritte Sammlung, 1883) und »Dikter« (vierte Sammlung, 1887). S. ist vorwiegend
Lyriker, durch und durch subjektiver Idealist.
Frisches sinnliches Genußleben, jugendlicheSchwärmerei
für ein
Ideal geistiger und politischer
Freiheit bilden den
Mittelpunkt seiner
Dichtungen, die sich zugleich durch Formenschönheit
und
Reichtum des
Kolorits auszeichnen. In der großen
Reihe seiner lyrisch-epischen
Dichtungen zeichnen sich die
Balladen und
epischen
Bilder aus, deren
Stoff eine tiefere Beseelung zuläßt. Einzelne
Dichtungen wurden ins Deutsche,
Französische und
Italienische übersetzt; eine Auswahl seiner verdeutschten Gedichte gabAd.
Stern. S. hat sich auch durch eine meisterhafte
Übersetzung von
Goethes »Ballader« (1876) sowie auf dem
Gebiet der
Numismatik und
Bibliographie einen
Namen gemacht.
Sturluson, einer der bedeutendsten
Isländer, der in der Geschichte der skandinavischen Litteratur wie in der
seiner engern
Heimat eine wichtige
Rolle spielt, geb. 1179 auf dem
Hof
[* 13] Hvamm in
Island
[* 14] als Sprößling eines
der ältesten
Geschlechter der
Insel, der Sturlunge. Er ward von seinem dritten Jahr an bei Jon Loptsson, dem Enkel
Sämunds,
zu Oddi erzogen und unterrichtet.
Seinen durch
Heirat erworbenen bedeutenden
Reichtum verwandte er zum Teil
auf Bauwerke in seinem Lieblingsgut Reykjaholt. Er bekleidete mehrmals das
Amt eines Gesetzsprechers, welches damals die höchste
Würde auf
Island war.
An den Bruderfehden der Sturlunge (von denen die »Sturlungasaga« handelt)
war er, und nicht immer in rühmlicher
Weise, beteiligt, wie denn
Ehrgeiz und
Habsucht ihm nicht abzusprechen
sind. 1237 floh er vor seinem
Bruder Sighvat und dessen Sohn nach
Norwegen
[* 15] zum
Herzog Skuli, mit
dem er seit seinem ersten Aufenthalt
in
Norwegen (1218) eng befreundet war. König
Hakon, dem S. der Mitschuld an Skulis
Aufstand verdächtig war, erklärte ihn,
da er 1239 gegen sein Verbot nachIsland zurückkehrte, für einen
Hochverräter, und in seinem Auftrag
ward S. von Gizurr, seinem eignen Schwiegersohn, zu Reykjaholt überfallen und ermordet.
Ungleich rühmlicher als die politische ist die litterarische Thätigkeit Snorri
Sturlusons. Diese betrifft zunächst die
»Heimskringla« (so genannt nach den Anfangsworten der Haupthandschrift), eine Sammlung von 16 norwegischen
Königssagas (von Halfdan dem
Schwarzen,
Harald Schönhaar,
Hakon dem
Guten,
Harald Grafell,
Olaf Tryggvason,
Olaf dem
Heiligen,
Magnus dem
Guten,
Harald Hardradi,
Olaf dem Friedfertigen,
MagnusBarfuß,
Sigurd dem Jerusalemfahrer,
Magnus dem
Blinden u. a.),
der ein
Prolog und die mythische »Ynglingasaga« vorhergehen.
im »Eirspennill« und in der »Fríssbók«
(hrsg. vonUnger, 1871), welche Sturla Thordharsons
Saga von
Hakon dem Alten anhängt, dagegen die
Saga von
Olaf dem
Heiligen fortläßt.
Was Snorris
Anteil an dieser Sammlung betrifft, so gehen die
Ansichten darüber auseinander; jedenfalls
benutzte er schon schriftliche
Sagas, und sein Hauptverdienst ist das der kritischen Sichtung und Bearbeitung des vorhandenen
Materials. Herausgegeben ward die
»Heimskringla« von Peringskjöld (Stockh. 1697), von
Schöning und
Sk. Thorlacius (Kopenh.
1777-83, 3 Bde.), am besten, jedoch ohne
Apparat, vonUnger
(Christ. 1868); teilweise ins Deutsche übersetzt
von
Wachter (Leipz. 1835-36), Mohnike (Strals. 1835-37), ins
Dänische von
Grundtvig (Kopenh. 1818-22), von
Aall
(Christ. 1838-39),
ins
Schwedische von Richert (Stockh. 1816 bis 1829), von H.
Hildebrand
(Örebro 1869-71, 3 Bde.).
Vgl. P. E.
Müller, Undersögelse
om Kilderne til Snorros
Heimskringla (das. 1823);
G.
Storm, »Snorre Sturlassöns Historieskrivning«
(Kopenh. 1873);
Boesen, S. (das. 1879).
Ferner rühren nach alten Zeugnissen (das älteste in der
UpsalaerHandschrift um 1300) die ältern Teile der jüngern
Edda von
S. her (daher »Snorra-Edda« genannt). Außer dem in dieser enthaltenen
»Háttatal«, einem Lobgedicht auf den König
Hakon und den
Jarl Skuli (s.
Edda, S. 305), dichtete er auch
Drapas (von denen jedoch nur ganz dürftige Reste erhalten sind) auf
JarlHakon Galins
WitweChristine, auf den
Bischof Gudmund
Arason u. a. Neuerdings hat
man es auch wahrscheinlich zu machen gesucht, daß das unter
Sämunds des
WeisenNamen überlieferte
Gedicht »Noregs konungatal« eine Jugendarbeit von S.
ist. Snorri
Sturlusons schriftstellerische Thätigkeit fällt wahrscheinlich in die Jahre 1220-37.
¶
der höchste Berg im engl. FürstentumWales, besteht aus mehreren von Schiefer und Granit gebildeten,
durch tiefe Schluchten oder Cwms (spr. kums) getrennten Gebirgsrücken, welche im Moel-y-Wyddfa
(»hervorragende Spitze«),
1094 m hoch, kulminieren.
Der kymrische Name der ganzen Gruppe ist Eryri (»Adlerhorst«).
mohammedan. Reformpartei, welche jede europäische Zivilisation mit dem unversöhnlichsten
Haß verfolgt, wurde 1837 von einem algerischen Rechtsgelehrten in Mekka gegründet, gelangte aber nach einem vergeblichen
Versuch, die Araber für die Reformideen zu gewinnen, erst zu Bedeutung, als ihr Hauptsitz nach Dscharabub (Jerhboûb)
an der Westgrenze der Siwah-Oase verlegt wurde. Jetzt sind diese Fanatiker am zahlreichsten im WilajetBarka und in den Oasen der Sahara; ihre Macht erstreckt sich aber schon bis zum Senegal, bis in die Euphratländer, nach Jemen
und an die Somalküste. Auf den Verlauf mehr als einer afrikanischen Expedition sind sie von entscheidendem Einfluß gewesen;
durch ihre Feindseligkeit scheiterte die Rohlfssche Expedition in der OaseKufra.
(spr. sneiders),Frans, niederländ. Maler, geb. 1579 zu Antwerpen, war Schüler von P. Brueghel dem jüngern und
H. van Balen, wurde um 1602 Freimeister der Lukasgilde und ging dann nach Italien,
[* 17] von wo er um 1609 in
die Heimat zurückkehrte. Anfangs malte er nur Stillleben (totes Wild, Geflügel, Gemüse, Früchte etc.) und Küchenstücke mit
Gegenständen in natürlicher Größe; unter dem Einfluß von Rubens, mit welchem er häufig zusammen arbeitete, bildete er
sich aber auch zum Maler dramatisch bewegter Hirschjagden und Schweinshatzen aus.
Nach seiner Rückkehr leitete er
mehrere große Bauten, unter andern den Anbau des Westminsterpalastes. 1833 bildete er aus seinen wertvollen Kunstschätzen
ein öffentliches Museum, zu dessen Erhaltung und Vermehrung er 30,000 Pfd. Sterl. aussetzte. Er starb in
London.
[* 24] Er gab interessante »Memoirs« (1834) heraus.
rechter Nebenfluß des Nils, da, wo derselbe nach
der Vereinigung des Bahr el Ghasal und Bahr elDschebel und kurzem
westöstlichen Lauf sich in scharfem Knie wieder nach N. wendet und den NamenBahr el Abiad annimmt. Der
S. entsteht aus mehreren Quellflüssen, von denen der bedeutendste, der Weli Kare, später Bako oder Kusare und Addure genannt,
wahrscheinlich unter 5° nördl. Br. und 36° östl. L. v. Gr. entspringt und in seinem
untern Lauf den aus den Geschabergen (an der Nordostgrenze von Kaffa) kommenden Baro aufnimmt und dann den
SumpfKir oder Tor bildet, welchen sein Entdecker PruyssenaereHaarlemer Meer nannte. Von Süden her kommt ein aus dem Bandschak
und Dschubba entstandener Fluß. Wo sich derselbe mit dem erstgenannten vereinigt, beginnt die Schiffbarkeit des S.,
der in nordwestlicher Richtung vielfach gewunden bei dem OrtS. in den Nil mündet und diesem durch die weißliche Farbe seines
Wassers den Namen verschafft, den derselbe dann führt. Der Unterlauf des S. wurde von Junker erforscht.
(tschech. Soběslav), Stadt in der böhm.
Bezirkshauptmannschaft Tabor, an der Luschnitz und der Franz Josephbahn, mit Bezirksgericht, Rathaus, gotischer Dechanteikirche,
Lehrerbildungsanstalt, Samtweberei etc. und (1880) 3954 Einw.
Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Gitschin, mit einem Bezirksgericht, einer Dechanteikirche,
einem Schloß, bedeutender Schuhwarenfabrikation und (1880) 2310 Einw.
(lat.), leichter und niedriger Schuh, den die Römer
[* 30] von den Griechen angenommen, die charakteristische Fußtracht
der Komödie, wie der Kothurn (s. d.) die der Tragödie.
Aber nur durch äußerste Vorsicht in der Äußerung seiner Ansichten entging er den protestantischen Ketzergerichten,
während die Inquisition sein Vermögen in Italien mit Beschlag belegte. Nach zweimaligem Aufenthalt in Polen (1555 und 1558)
starb er 1562 in Zürich.
Die nach ihm genannte Partei erhielt eine festere Begründung erst durch seinen Neffen Faustus. Derselbe war 1539 zu
Siena geboren, mußte aber seine Vaterstadt 1559 verlassen. Seit 1562 in Zürich
lebend, befestigte er sich
durch Studium des litterarischen Nachlasses seines Oheims ganz in der von demselben eingeschlagenen Richtung. Er kehrte dann
nach Italien zurück, mußte aber nach zwölfjährigem Aufenthalt am florentinischen Hofe vor den Verfolgungen der Inquisition
abermals die Flucht ergreifen; er begab sich 1574 nach Basel
[* 37] und 1578 nach Siebenbürgen, um in dem zwischen
FranzDavid (s. d. 2) und GeorgBlandrata (s. d.) ausgebrochenen Streit über die AnbetungChristi als Schiedsrichter zu fungieren.
Ebenso erfolglos bekämpfte er im folgenden Jahr zu Krakau
[* 38] die wiedertäuferischen Ansichten der dortigen Unitarier. Erst 1603 ward
der Anabaptismus endgültig aus der Gemeinde der Unitarier ausgeschlossen. S. lebte seit 1587 wieder in Krakau, seit 1598, nachdem
er von den KrakauerStudenten als Häretiker entsetzlich gemißhandelt und alle seine Papiere verbrannt worden waren, zu Luclawice
bei einem polnischen Edelmann; er starb hier Seine »Opera« bilden den 1. und 2. Band
[* 39] der »Bibliotheca
fratrum polonorum«.
Christus ist ein menschliches Wesen, das aber infolge der übernatürlichen Erzeugung und einer Entrückung in den Himmel
[* 46] (raptus
in coelum) befähigt war, den Menschen durch Lehre
[* 47] und Leben den Weg zu Gott zu zeigen. Durch seinen Tod hat er die Wahrheit seiner
Lehre als Blutzeuge bestätigt und ist göttlicher Würde teilhaftig geworden. Taufe und Abendmahl sind nützliche,
aber nicht absolut notwendige Zeremonien.
Vgl. Fock, Der Socinianismus (Kiel
[* 48] 1847, 2 Bde.);
Ferencz, Kleiner Unitarierspiegel
(deutsch, Wien 1879).
Wie die Physik des Himmels jener der Erde, die Physik des Unorganischen jener des Organischen, so müsse die »Physik des Individuums«
(die bisher sogen. Physiologie) der »Physik der Gattung«, insofern sie »gesellig« (sociable) ist, d. h.
der Sozialphysik oder S., vorausgehen. Von dieser Anordnung weicht die von Spencer aufgestellte insofern ab, als er zwischen
die Biologie und S. die Psychologie einschiebt (welche bei Comte als Phrenologie mit der Physiologie zusammenfällt) und ihr die
»Ethik« nachfolgen läßt. Als natürliches Entwickelungsgesetz der Menschheit (dessen Darlegung den Inhalt der
S. ausmacht und die Stelle einer »Philosophie der Geschichte« vertritt) wird von Comte die notwendige Aufeinanderfolge der von
ihm so genannten drei Kulturstufen der Menschheit, der theologischen, metaphysischen und positiven, von Spencer dagegen die
Notwendigkeit der Evolution, des Fortschritts vom Niedern zum Höhern, betrachtet.
¶
Buckle, Lecky, Draper, Tylor, Lewes u. a. sind auf dieser Bahn fortgegangen. Die Verwandtschaft des Ziels, welches die S. als Versuch
einer Darstellung des allgemeinen Gesetzes der menschlichen Kulturentwickelung sich steckt, mit der Aufgabe, welche die »Philosophie
der Geschichte« der deutschen Philosophie seit Lessing und Herder, von Kant bis Hegel sich stellte, obgleich
diese dasselbe auf ganz anderm Weg (aus dem der Spekulation, wie jene auf dem der Induktion)
[* 53] zu erreichen sucht, ist von Comte
in Bezug auf Kants »Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht« (1784) selbst anerkannt und dieser (neben
Turgot und Condorcet) von ihm als sein »Vorläufer« bezeichnet worden.
(Zocke), der etwas vorspringende Unterbau eines Bauwerkes, welcher bei einfachen Bauten nur mit einer Abschrägung
(Wasserschlag), bei reichern Bauten oben mit Sockelgliedern (Sockelgesims, s. Gesims),
[* 54] unten mit einem niedrigen Fußgesims oder
Plinthe versehen wird;
allgemeiner gebraucht für Fußgestell eines Brustbildes oder einer Statue, Säulenfuß,
Plinthe (s. d.).
Früher bereitete dieser den Fabriken große Verlegenheit, weil man keine ausreichenden Verdichtungsvorrichtungen und für
die gewonnene Salzsäure nicht genügende Verwendung kannte. Gegenwärtig werden die Salzsäuredämpfe vollständig kondensiert
und die Säure selbst zu den mannigfachsten Zwecken, großenteils in den Fabriken selbst (namentlich zur Bereitung von Chlorkalk),
[* 71] benutzt. Die zur Zersetzung des Kochsalzes dienenden Sulfatöfen enthalten stets eine gußeiserne Pfanne
oder Schale, in welcher das erste Stadium der Zersetzung bei niedriger Temperatur verläuft, und einen aus Mauerwerk bestehenden
Raum, in welchem die Zersetzung bei höherer Temperatur vollendet wird.
[* 52]
Fig. 1 u. 2 zeigen einen Sulfatofen, bei welchem das Feuer vom Rost a durch den Kalcinierraum b und dann
mit Salzsäuredämpfen beladen in das Abzugsrohr c geht, um in die Kondensationsapparate überzutreten. Die in der Pfanne
d entwickelten Salzsäuredämpfe gelangen dagegen unabhängig von den Ofengasen durch e in die Kondensationsapparate. ff
sind Arbeitsöffnungen und g die Feuerthür mit durch Rollen
[* 72] und Gegengewicht balancierten Verschlußplatten.
h ist ein ebenso balancierter Doppelschieber zwischen Pfanne und Ofen, i ist die Beschickungsöffnung der Pfanne, und durch
k wird der Pfanneninhalt in den Ofen geschafft. l ist der Rost für die Pfannenfeuerung, und das Trichterrohr m dient zum Einführen
der Schwefelsäure.
Als Brennmaterial benutzt man bei diesen Flammöfen meist Koks, während die Muffelöfen, bei denen die
Feuerungsgase gar nicht mit dem Sulfatin direkte Berührung kommen, häufiger mit Steinkohle geheizt, aber auch mit Gasfeuerung
[* 73] versehen werden. Bei den mechanischen Sulfatöfen wird die ganze Operation in einer flachen, ausschließlich von oben geheizten
gußeisernen Schale ausgeführt und durch einen Rührapparat sehr gefördert. Infolge der erzielten innigern
Mischung gelangt man mit weniger Schwefelsäure und niedrigerer Temperatur zum Ziel, und die im regelmäßigen Strom entweichende
Salzsäure ist, obwohl mit Feuerungsgasen gemischt, leichter kondensierbar.
In denPfannen der Sulfatöfen zersetzt man Chargen von 250-800 kg Kochsalz mit Schwefelsäure von 59-60° B. Die
zähteigig gewordene Masse schafft man nach dem Kalcinierraum und erhitzt sie hier bis zu ziemlich heller Glut, und bis sich
keine Dämpfe mehr entwickeln. 100 kg Siedesalz mit 6-8 Proz. Feuchtigkeit liefern 110 kg Sulfat. Nach dem Verfahren von Hargreaves
beschickt man 8-20 untereinander durch Röhren
[* 74] verbundene Cylinder mit Kochsalz in porösen Stücken und
leitet durch Rösten von Schwefelkies erhaltene, mit Luft und überhitztem Wasserdampf gemischte schweflige Säure hinein, während
die Cylinder auf 500-550° erhitzt werden, bei welcher
¶
mehr
Temperatur der Inhalt sich vollständig in Sulfat verwandelt, während Salzsäuredämpfe entweichen. Die schweflige Säure durchströmt
einen Cylinder nach dem andern, welche in derselben Reihenfolge fertig und neu beschickt werden. Bei diesem Verfahren wird
also die Schwefelsäurefabrikation vollständig erspart, und die Kondensation der sehr gleichmäßig sich entwickelnden Salzsäure
gelingt nicht schwieriger als bei Anwendung von Flammöfen.
Das Sulfat besteht aus 96-97 Proz. schwefelsaurem Natron, 1,5-2 Proz. Schwefelsäure, 0,5-1 Proz. Kochsalz und etwas Eisenoxyd.
Um es in S. zu verwandeln, schmelzt man es mit 90-120 Proz. gröblich zerkleinertem Kalkstein (Kreide
[* 76] etc.) und 40-75 Proz.
Steinkohlenklein im Flammofen. Dieser hat stets zwei Arbeitssohlen (Herde), von denen die eine, von der
Feuerbrücke entferntere etwas höher liegt. Die Herde sind verhältnismäßig klein und nur auf eine Beschickung von ca. 400 kg
eingerichtet.
In dem Sodaofen (Fig. 3-5) ist a der Feuerraum mit den Rosten, b die hohle Feuerbrücke mit dem Luftkanal c; die Beschickung
wird durch den Füllrumpf f auf den Herd e gebracht, von welchem sie später nach d gelangt. Jeder Herd
besitzt eine Arbeitsthür mit abbalancierter Verschlußplatte. An den Ofen schließt sich eine Verdampfpfanne g an, welche
durch Oberfeuer geheizt wird. Sie besitzt zwei oder mehr Arbeitsthüren zum Ausräumen, und vor denselben steht
das Salzfilter h mit Siebboden i. In einer Aussackung des Filters steht die Mutterlaugenpumpe k. Die Beschickung wird 40 bis 50 Minuten
auf dem Herd e vorgewärmt, dann in etwa gleicher Zeit auf dem Herde d zu ziemlich heftiger Weißglut gebracht und fleißig
durchgearbeitet.
Zuerst entwickelt sich aus der MasseKohlensäure, dann brechen Kohlenoxydflammen hervor, und sobald diese
reichlicher auftreten und die Masse steifer geworden ist, wird sie in eiserne Wagen gezogen und nach dem Erstarren aus diesen
herausgestürzt. Die erhaltenen Brote (Bälle) bilden die Rohsoda. Durch eine Abänderung in der Beschickung vermeidet man
die Bildung von Cyanverbindungen, welche als Ferrocyannatrium in die S. übergehen und dieselbe beim
Kalcinieren durch Ausscheidung von Eisenoxyd rot färben. Ebenso läßt sich durch Zusatz von etwas Kalksteinstaub im letzten
Augenblick das in der Schmelze vorhandene Schwefelnatrium zerstören, so daß man sehr reine Laugen gewinnt.
Große Vorteile gewähren die rotierenden Sodaöfen, welche die Bewältigung größerer Massen gestatten
und eine vollständigere Zersetzung des Sulfats sichern. Einen solchen Ofen zeigen
[* 51]
Fig. 6-7, die Vorderansicht desselben nebenstehende
Textfigur. a ist der Feuerraum, aus welchem die Flamme
[* 77] in den rotierenden Cylinder b schlägt. Dieser läuft mit Gußstahlbandagen
cc auf den Scheiben dd. Auf ein Zahnrad e, welches den Cylinder umgibt, wirkt das Vorgelege der Dampfmaschine
[* 78] f und versetzt dadurch den Cylinder in Rotation.
Innen ist der Cylinder mit
feuerfesten Steinen ausgekleidet. An die Austrittsöffnung des Cylinders schließt sich die Flugstaubkammer
g, von welcher aus die Flamme zwei Abdampfpfannen hh bestreichen kann, und vor dieser stehen die Salzfilter ii mit
der Mutterlaugenpumpe k. Über dem Ofen befindet sich eine Eisenbahn, und auf dieser laufen Wagen, aus welchen die Beschickung
in den Cylinder gestürzt wird. Eine Eisenbahn unter dem Ofen dient zur Entleerung des Cylinders. Ein rotierender Ofen leistet
soviel wie 3-4 Handöfen.
Die erhaltene Rohsoda bildet eine blasige, schlackenartige, steinharte, blaugraue Masse mit eingesprengten
Koksstückchen und ist im wesentlichen ein Gemenge aus (36-40 Proz.) kohlensaurem Natron, Schwefelcalcium u. Kalk. Über den
Sodabildungsprozeß sind sehr zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen angestellt worden, ohne daß bis jetzt vollkommene
Einsicht erlangt worden wäre. Man kann annehmen, daß das schwefelsaure Natron durch die Kohle unter Bildung
von Kohlensäure in Schwefelnatrium, der kohlensaure Kalk durch die Kohle unter Bildung von Kohlenoxyd in Kalk verwandelt wird.
Gleichzeitig wird schwefelsaures Natron gebildet. Man läßt deshalb die Rohsoda nur zwei Tage an der Luft liegen, zerschlägt
sie in handliche Stücke und laugt sie kalt in solcher Weise aus, daß man möglichst konzentrierte Laugen erhält. Das Auslaugen
geschieht systematisch in einer Reihe von Kasten, und das Wasser tritt stets zunächst zu schon fast vollständig
erschöpfter, zuletzt aber zu ganz frischer Masse, um sich möglichst vollständig zu sättigen.
Der völlig erschöpfte erste Kasten wird neu beschickt und reiht sich nun dem letzten an, während das Wasser zunächst in
den zweiten Kasten tritt, bis auch dieser erschöpft ist, etc. Eine Dampfleitung gestattet, die Lauge auf
etwa 40° zu erwärmen. Aus dem letzten Kasten fließt Lauge von 27° B. ab, welche neben kohlensaurem Natron viel Ätznatron,
außerdem Schwefelnatrium u. Schwefeleisennatrium, schwefligsaures, unterschwefligsaures u.
schwefelsaures Natron, Chlornatrium, Natriumeisencyanür und Schwefelcyannatrium etc. enthält. Man verdampft sie
in den erwähnten Pfannen mit Oberfeuerung unter Zufluß von
[* 51]
^[Abb.: Vorderansicht des rotierenden Sodaofens.]
¶
mehr
Lauge, bis der ganze Inhalt der Pfanne in einen dicken Brei von kohlensaurem Natron mit 1 MolekülKristallwasser verwandelt ist,
und bringt diesen auf die Salzfilter, um die Rotlauge, welche alle Verunreinigungen und mehr Ätznatron als S. enthält, von
dem Salze zu trennen. Letzteres wird wohl mit etwas Wasser oder reiner Sodalösung gewaschen, die Rotlauge
aber in die Pfannen zurückgepumpt oder auf Ätznatron verarbeitet. Bei Pfannen mit Unterfeuerung soggt man das sich ausscheidende
kohlensaure Natron aus, solange es noch rein genug erscheint, und verdampft die Mutterlauge zur Trockne, um ein Gemenge von kohlensaurem
Natron und Ätznatron (kaustisches Sodasalz) zu erhalten, oder man verarbeitet sie auf Ätznatron oder karbonisiert
die Rohlauge, indem man sie mit Sägespänen versetzt, welche später beim Kalcinieren zu Kohlensäure verbrennen und das Ätznatron
in kohlensaures Natron, das Schwefelnatrium in schwefelsaures Natron verwandeln. Vollständiger wird das Schwefelnatrium oxydiert
(u. infolgedessen das Schwefeleisen ausgeschieden), wenn man die erwärmte Lauge in einem Koksturm einem
Luftstrom entgegenführt oder ein Gemisch von Kohlensäure u. Luft mittels des Injektors in die Lauge bläst.
Das Rohsalz, welches sich aus der verdampften Lauge ausgeschieden hat, wird im Flammofen kalciniert und bei Anwendung von
Sägespänen am besten in einem Ofen mit kreisförmigem, rotierendem Herd und mechanischem Rührapparat
bis zu vollständiger Verbrennung der Sägespäne erhitzt. Bisweilen bläut man auch die S. durch Zusatz von etwas Ultramarin
oder regeneriertem Braunstein, welcher blaues mangansaures Natron bildet. Das kalcinierte Sodasalz (Sekundasoda) ist weiß,
soll weniger als 2 Proz. Ätznatron und weniger als 1,5 Proz. unlösliche Substanzen enthalten.
Sie wird in raffiniertes Sodasalz (Primasoda) verwandelt, indem man sie in heißem Wasser löst, die Lösung
absetzen läßt, verdampft, das ausgeschiedene Salz
[* 80] aussoggt, im Flammofen trocknet und glüht. Es ist ganz weiß, in Wasser
vollständig löslich, frei vonEisen
[* 81] und Schwefelnatrium, fast frei vonÄtznatron, aber von nicht höherer Gradigkeit als die
Sekundasoda. Zur Darstellung der kristallisierten S. löst man möglichst reine Sekundasoda in heißem
Wasser und bringt die geklärte Lösung in flache eiserne Kristallisiergefäße, welche bis an den Rand gefüllt und mit Bandeisen
bedeckt werden. Die Kristallisation beginnt an letzterm, und man erhält im Winter in 6-8, im Sommer in 14 Tagen große
Kristalle,
[* 82] welche nach oberflächlichem Abtrocknen in Fässer verpackt werden. Sie enthalten nur 0,5-1 Proz. schwefelsaures
Natron und 0,3-0,4 Proz. Chlornatrium. Die Mutterlauge liefert beim Verdampfen und Kalcinieren eine besonders für die Glasfabrikation
[* 83] benutzte S. Die Zusammensetzung von kalcinierter S. des Handels zeigt folgende Tabelle:
Von
sehr zahlreichen andern Methoden zur Darstellung von S. hat nur noch der Ammoniaksodaprozeß größere Bedeutung gewonnen.
Derselbe beruht darauf, daß eine gesättigte Lösung von Kochsalz (Chlornatrium) mit doppeltkohlensaurem Ammoniak einen Niederschlag
von doppeltkohlensaurem Natron und eine Lösung von Chlorammonium (Salmiak) gibt. Die filtrierte Kochsalzlösung
von 24° B. fließt in ein hohes, cylindrisches Gefäß,
[* 84] welches tiefer steht als das Lösungsbassin und mit demselben durch
ein vom Boden des einen zum Boden des andern führendes Rohr kommuniziert.
Die Niveaus der Flüssigkeiten müssen sich also in beiden Gefäßen nach dem Gesetz der kommunizierenden
Röhren richten. In dem zweiten Gefäß liegt ein durchlöcherter Boden, und wenn man unter diesen Ammoniak leitet, so durchströmt
dasselbe die Salzlösung in feiner Verteilung und wird leicht absorbiert. Dabei vergrößert sich aber das Volumen der Flüssigkeit,
während ihre Dichte auf 13-16° sinkt. Infolgedessen steigt das Niveau nach dem Gesetz der kommunizierenden
Röhren, und man kann den Gang des
[* 85] Apparats leicht derartig regeln, daß aus einem Seitenrohr des zweiten Gefäßes eine mit
Ammoniak gesättigte Flüssigkeit abfließt.
Der Apparat wird mit Flüssigkeit beinahe gefüllt erhalten, doch fließt letztere durch ein Rohr in etwa der halben Höhe desselben
zu, so daß sie nur in der obern Hälfte des Apparats erneuert wird. Sie sinkt sehr langsam nieder und
sättigt sich sehr bald mit Kohlensäure. Man zieht sie alle 30 Minuten portionenweise ab und bringt sie auf Vakuumfilter,
um das abgeschiedene doppeltkohlensaure Natron von der Salmiaklösung zu trennen. Nachdem das Salz mit wenig Wasser gewaschen
ist, wird es in Apparaten von eigentümlicher Konstruktion getrocknet und erhitzt, wobei es die Hälfte
seiner Kohlensäure verliert.
Diese wird durch Waschen von Ammoniak befreit und dann von neuem benutzt. Aus der Salmiaklösung wird das Ammoniak durch Destillation
[* 86] mit Kalk wieder gewonnen. Der gesamte Verlust an Ammoniak bei der Fabrikation beträgt 5 Proz. Man zersetzt die Salmiaklösung
auch mit Magnesia, verdampft die erhaltene Chlormagnesiumlösung und erhitzt den Rückstand in Wasserdampf,
wobei Salzsäure entweicht und Magnesia zurückbleibt. Auf diese oder eine ähnliche Weise wird das Chlor des Chlornatriums in
Form von Salzsäure gewonnen. Die Ammoniaksoda ist sehr rein, frei vonÄtznatron, Schwefelnatrium und Eisen und unschwer 98-99gradig
zu erhalten.