Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft
Hohenmauth, an der Eisenbahnlinie
Deutschbrod-Pardubitz, mit Bezirksgericht,
Dechanteikirche,
Steinbrüchen, Schuhwarenerzeugung, Weißstickerei und (1880) 3085 Einw.
(spr. skei), die größte
Insel der innern
Hebriden (s. d.), vom
Festland durch den Sleatsund,
Loch Alsh und Applecroßsund getrennt, hat 1447 qkm (26,3 QM.)
Flächeninhalt und (1881) 16,889 Einw. Die
Küste ist steil und felsig und, namentlich im
Süden und W., von zahlreichen
Buchten
eingeschnitten, das
Innere gebirgig (in den Cuchullin
Hills 981 mhoch) und teilweise
Heideland, mit vielen
kleinen
Seen und
Sümpfen und wildromantischen
Thälern.
Basalt und
Porphyr herrschen vor, und nur der dem
Festland zunächst liegende
Teil besteht aus kambrischem und silurischem Schiefergebirge. Das
Klima,
[* 6] im allgemeinen mild, ist sehr veränderlich. Hauptnahrungszweige
sind:
Viehzucht und
[* 7]
Fischerei.
[* 8] Hauptort ist Portree, mit 893 Einw.
griech. Geograph, aus Karyanda in
Karien, unternahm um 508
v. Chr. im Auftrag des
Dareios Hystaspis eine Entdeckungsreise
von der Mündung des
Indus bis zum
ArabischenMeerbusen und faßte deren Ergebnisse in einem
Periplus zusammen. Jedoch rührt
der unter S.'
Namen erhaltene
Periplus des
Mittelmeers
[* 9] nicht von ihm, sondern erst aus der Zeit zwischen 400 und 360 her;
letzterer wurde herausgegeben von K.
Müller in den
»Geographi graeci minores« (Par. 1855),
(Scylla), 1) in der griech.
MythologiePersonifikation eines gefährlichen Meeresstrudels, war nach
Homer eine
Tochter der Kratais, ein schreckliches Ungeheuer mit grell bellender
Stimme, 12 Vorderbeinen und 6 langen
Hälsen, deren jeder
ein gräßliches
Haupt mit 3
Reihen scharfer
Zähne
[* 11] trug, und hauste am tosenden
Meer, der furchtbaren
Charybdis
(s. d.) gegenüber, in einer dunkeln
Höhle, von wo aus sie auf
Beute jagte und unter anderm auch dem
Odysseus, als er vorbeisegelte,
sechs von seinen
Gefährten verschlang.
Homer läßt die
Lage beider
Strudel unbestimmt; erst später verlegte man sie in die
SizilischeMeerenge, obwohl die
Gefahren der dortigen Durchfahrt jetzt wenigstens jener
Beschreibung nicht
entsprechen. Übrigens wird die
Sage verschieden erzählt. In bildlichen
Darstellungen ragen aus dem Leib der S. Hundeköpfe
heraus und geht dieser in einen Fischschwanz aus.
griech. Geograph aus
Chios, verfaßte um 90
v. Chr. ein Gedicht geographischen
Inhalts, betitelt:
»Periegesis«, in iambischen
Versen, welches zum Teil erhalten und in den
»Geographi graeci minores« von K.
Müller (Par. 1861),
speziell mit
Dionysios von A.
Meineke (Berl. 1846) und von
Fabricius (Leipz. 1846) herausgegeben ist.
eine der nördlichen
Sporaden im Ägeischen
Meer, östlich von
Euböa, 204 qkm (3,70 QM.) groß, in den
Mythen
des
Achilleus und
Theseus viel erwähnt, mit gleichnamiger Stadt, galt im
Altertum für arm, steinig und unfruchtbar, hatte
aber schönen bunten
Marmor und Chromeisenerz und eine berühmte Ziegenrasse. Ursprünglich von
Pelasgern
und Kariern, dann von seeräuberischen
Dolopern bewohnt, wurde S. 469
v. Chr. von den Athenern unter
Kimon, welche des
Theseus
Gebeine von dort holten, erobert und dauernd besetzt. Heute gehört S. zum
NomosEuböa und zählt in der einzigen gleichnamigen
Stadt auf der Ostküste (1879) 3247 Einw.
in
Sparta ein Briefstab, dessen man sich zu geheimen Mitteilungen nach auswärts bediente; dann auch das Schreiben
selbst. Jeder nach auswärts gehende Staatsbeamte (besonders
Feldherren) nahm einen solchen
Stab
[* 14] mit sich, während die
Ephoren
zu
Hause einen ganz gleichen hatten. EineBotschaft an jenen Beamten wurde nun so erlassen, daß
man um
diesen
Stab einen schmalen, weißen, eng anliegenden
Riemen wand, diesen querüber beschrieb und dann, vom
Stab wieder losgelöst,
fortschickte. Der Beamte wickelte ihn nun um seinen
Stab, und auf diese
Weise traten die Schriftzüge wieder in die gleiche
Ordnung wie früher und wurden lesbar.
Ihre ehrenvollste Beschäftigung war der
Krieg, sie kämpften als
Bogenschützen zu
Pferd. Als höchste
Gottheiten verehrten
sie den
Himmelsgott (Papäos), das Herdfeuer und den
Kriegsgott und zwar ohne Götterbilder undAltäre, aber mit
blutigen, auch
Menschenopfern. Sie waren tapfer, gutartig, sorglos und gesellig, neigten aber zu Unmäßigkeit und wüstem
Genuß und lebten, da sie sich nie wuschen, in größter Unreinlichkeit. Ob die
S. und Sarmaten arischen
Stammes
(Slawen) oder
Mongolen¶
mehr
waren, ist eine noch streitige Frage. Für die mongolische Abstammung entscheidet sich Neumann (»Die Hellenen im Skythenlande«,
Berl. 1855),
Diese zogen sich, eine Schlacht vermeidend, zurück, worauf die Perser über den Tanais vordrangen, aber
dann, des nutzlosen, aufreibenden Verfolgens müde, wieder auf demselben Weg unter großen Verlusten nach dem Istros und
von da durch Thrakien nach Asien zurückkehrten. Seitdem erfährt man von den S. mehrere Jahrhunderte lang fast gar nichts.
Erst der König Mithridates d. Gr. geriet wieder in Kampf mit ihnen, nachdem die Dynasten der griechischen Städte am Pontus,
des lästigen Druckes der skythischen Grenznachbarn überdrüssig, ihre Städte in die Hände jenes pontischen Königs geliefert
hatten, worauf dieser die S. aus der ganzen Taurischen Halbinsel verdrängte.
Als nach Besiegung des Mithridates die Römer
[* 21] die bosporanischen Könige von sich abhängig gemacht und
mit den Völkern am Pontus und an der Mäotis Handelsverbindungen angeknüpft hatten, besonders aber seit der Unterwerfung
Daciens durch Trajanus, wurden auch sie mit Skythia genauer bekannt. Doch verschwand nun der Name S., um dem der Sarmaten, die
jene seit 300 v. Chr. überwältigt hatten, Platz zu machen. Der Name Skythia aber wurde auf asiatische
Landstriche übertragen. Dieses von Ptolemäos beschriebene asiatische Skythia umfaßt die Gegenden zwischen dem asiatischen
Sarmatien im W., dem unbekannten Land im N., Serika im O. und Indien im Süden und wird in zwei Hauptteile geschieden:
Skythia innerhalb und Skythia außerhalb des Imaos (eines großen Gebirges). Als Flüsse
[* 22] werden hier erwähnt: der Paropamisos,
Rhymnos (jetzt Gasuri), Daix (jetzt Jaik), Oxos und Jaxartes.
(spr. släng), in EnglandName für die aus dem Gewerbs-, Sport-, Studenten-, Straßenleben etc. sich bildenden
vulgären Ausdrücke und Redensarten, von denen einzelne wohl auch von der Gasse in den Salon übergehen.
Ein besonderes Slangwörterbuch (»The S. dictionary«, Lond.
1864, neue Ausg. 1875) verzeichnet über 10,000 solcher Ausdrücke, von denen ziemlich viele aus der Sprache der Zigeuner stammen,
die früher einen starken Prozentsatz des LondonerGauner- und Vagabundentums bildeten.
Vgl. Baumann, Londinismen,
S. und Cant (Berl. 1886);
Alt-S. ist Dampfschiffstation am rechten Donauufer, gegenüber von
Titel und der Theißmündung, hat (1881) 717 serb. Einwohner,
hieß bei den Römern Ritium und war im Mittelalter als Sovar oder Dragisevcze eine starke Festung.
[* 29]
Kreisstadt im russ. GouvernementUfa, am schiffbaren Ai, hat berühmte Eisenhämmer, Gußeisenfabriken,
Gewehr- und Geschützfabriken, Gerbereien, Lichte- und Seifefabriken, einen bedeutenden Jahrmarkt und (1885) 19,014 Einw. S.
ist Sitz der Verwaltung des der Krone gehörigen Slatoustschen Bergdistrikts.
Kreisstadt im russ. GouvernementJekaterinoslaw, am Donez, hat bedeutende Maschinenfabriken und Talgsiedereien,
Handel mit Vieh und (1885) 5049 Einw. Es wurde 1753 von ausgewanderten
österreichischen Serben gegründet.
(ursprünglich Slawene oder Slowene, d. h. die Redenden, Verständlichen), neben den Germanen und Romanen eins
der Hauptglieder des indogermanischen (indoeuropäischen) oder arischen Stammes in Europa, welches vornehmlich
den östlichen Teil unsers Kontinents innehat. Bei Betrachtung der arischen Sprachen ergibt es sich, daß die nordeuropäische
(slawodeutsche) Abteilung des indogermanischen Gesamtvolks sich zuerst aus dem Verband
[* 36] loslöste und ihre Wanderung aus Asien
nach W. antrat.
Diese Abteilung spaltete sich dann später wieder in eine slawolitauische und eine deutsche, und aus
der erstern entstanden durch weitere Trennung das Litauische und das Slawische, letzteres die Mutter aller übrigen slawischen
Sprachen (s. d.). Die abgesonderten S. okkupierten nach und nach das europäische
Flachland zwischen dem obern Don und Dnjepr und über diesen Fluß hin gegen den Osten des Baltischen Meers
und der mittlern Weichsel, südlich wohl nicht über den Pripetfluß.
Von da erfolgten Ausbreitungen gegen N. und SW. Wann die S. von den genannten Landstrichen Besitz ergriffen, ist genauer schwer
zu bestimmen. Nach Wocel war dies in der sogen. Bronzeperiode noch nicht der Fall, da zwischen Don und Weichsel
antike Bronzeobjekte bis jetzt nicht aufgefunden worden sind. Dagegen finden sich auf dem urslawischen Territorium vorherrschend
Eisengeräte; es scheint danach, als ob die S. eine sogen. Bronzeperiode nicht besessen haben. Keinenfalls aber besetzten,
wie aus sprachlichen Folgerungen hervorgeht, die S. nach dem 5. Jahrh. die oben erwähnten Territorien.
Sprachliche Gründe zwingen uns, die S. in ihren europäischen Stammsitzen als Ackerbauer und Viehzüchter
anzuerkennen; über die Stufe der nomadisierenden Hirten waren sie bereits hinausgekommen. Von Natur kein kriegerisches Volk,
richteten die S. ihr Bestreben lediglich auf Erhaltung des Besitzes, und zum Schutz desselben dienten hölzerne Befestigungen
(grád). Die Familienverfassung war eine patriarchalische. Die Einwohner eines Ortes bildeten eine durch
Blutsverwandtschaft verknüpfte Sippe (obschtina, rod), deren Mitglieder einen gemeinsamen Namen trugen, gemeinschaftliches
Gut besaßen und unter einem gewählten Ältesten standen.
Aus mehreren solcher Sippen bildete sich der Stamm (pljeme), an dessen Spitze das Stammesoberhaupt, der Anführer im Krieg,
stand. Die Stämme ihrerseits vereinigten sich wieder zu einem größern Ganzen, zu Einzelvölkern (narod).
Da die Ältesten stets nur die Ersten unter den Gleichen waren, so erhellt hieraus die demokratische Grundverfassung der S.
Die Ehe ward heilig gehalten; es herrschte ursprünglich Monogamie. Nochvor der Abtrennung in einzelne Zweige hatten die S. durch
uraltes Herkommen befestigte Rechtsnormen (pravo, zakon); der Begriff »erben« fehlte jedoch, da die Familienverfassung
Erbschaften ausschloß. Die Religion war, wie bei den übrigen Ariern, ein Naturkultus. In den
Naturerscheinungen, besonders
den Phänomenen des Himmels, sah der Slawe wirkliche Wesen, die er sich mit Denken und Empfinden ausgestattet dachte, einige
wohlthätig, andre zerstörend wirkend. Die erstern nannte er Bog, die letztern Bjes, und das Christentum
übernahm diese Wörter für Gott und Teufel.
Als geschichtliches Volk erscheinen die S. zuerst unter dem Namen der Serben (oder Sporen) und der Veneter; sie saßen unter diesem
Namen bis ins 5. Jahrh. in den Ländern zwischen der Ostsee und dem SchwarzenMeer, zwischen den Karpathen
und dem Don, an der obern Wolga bis nach Nowgorod und von da bis zur Scheide der Weichsel und der Oder. Etwa mit dem 6. Jahrh.
treten die NamenAnten (für die Ostslawen) und Slowenen (für die Westslawen) auf. Beide erhielten sich
aber als Bezeichnungen der Gesamtheit nicht lange, und die NamenSerben und Slowenen verengten sich bis zur Benennung einzelner
slawischer Stämme.
Aus der Bezeichnung Veneter aber wurde Wenden, die Bezeichnung der S. bei den Deutschen. Die Ausbreitung der S. erfolgte nach
Süden und Westen. Im 6. Jahrh. rückten sie an die untere (von den Westgoten
verlassene) Donau nach Mösien, Thrakien, Makedonien, ja bis nach dem Peloponnes. Das von den Wolgabulgaren in Mösien gegründete
Reich verfiel vollständig der Slawisierung, während weit früher schon (Ende des 5. Jahrh.)
die slawischen Vorposten nach W. zu bis an die Elbe und Saale vordrangen sowie Böhmen und Mähren von ihnen
stammweise besetzt wurden.
Der vornehmste unter den slawischen Stämmen, welche Böhmen besiedelten, jener der Tschechen, vereinigte im 9. Jahrh. die Einzelstämme
dieses Landes zu einem Gesamtvolk. Von Mähren aus, dessen vom FlußMarch entlehnter Name zuerst 822 geschichtlich erscheint,
breiteten sich die S. nach den Westkarpathen hin und nach Pannonien zu aus, hier als Slowaken auftretend,
die mundartlich von den Tschechen und Mähren geschieden sind. Im N. der Tschechen, zwischen der Saale und dem Bober, siedelten
sich zu beiden Seiten der Elbe die Sorben (Wenden) an. Dieselben bestanden aus zwei großen (Lusitzer in der Nieder-,
Milzener in der Oberlausitz) und mehreren kleinern Stämmen.
Die nördlichen Nachbarn der Sorben hießen im 8. Jahrh. Wilzen oder Welataben, später Liutizen und hatten das Land zwischen
Oder und Elbe bis in die Nähe der Ostsee inne. Sie zerfielen in mehrere Stämme (Chiziner, Circipaner, Tollensaner, Redarier,
Ukraner), unter denen die Heveller (Hevelder) an der Havel am bekanntesten sind. Westlich von den Liutizen,
im östlichen Holstein und Mecklenburg,
[* 37] hatten die Obotriten (Abodriten, Bodrizer) ihre Sitze, zu denen die Wagren in Holstein
und die Drewaner im Lüneburgischen gehörten.
In der zweiten Hälfte des 6. Jahrh. begannen die Slowenen nach dem Abzug der Langobarden (568) von der
Donau aus über Pannonien, Noricum und Karnien sich auszubreiten und drangen allmählich in das Gebiet des heutigen Oberösterreich,
Steiermark,
[* 38] Kärnten und Krain,
[* 39] ja bis Tirol
[* 40] vor. Eine politische Selbständigkeit genossen auch in dieser Zeit nur einzelne
slawische Völker; auf andern lastete das Joch der Avaren, bis es Samo, einem Franken von Geburt, 624 gelang,
ihre Macht zu brechen und ein großslawisches Reich, mit Böhmen als Mittelpunkt, zu errichten, das allerdings nur 35 Jahre
bestand. In der ersten Hälfte des 7. Jahrh. drangen die Kroaten (Chorbaten) aus ihren hinterkarpathischen
Ländern (Weißchorbatien) sowie die Serben siegreich über die Donau und siedelten sich nach Vertreibung
der Avaren¶
mehr
in Pannonien, in Dalmatien und im übrigen Illyricum an. Mit dem Ende des 7. Jahrh. dürfen wir die großen
westlichen und südlichen Wanderungen der S. als abgeschlossen ansehen. Im 8. und 9. Jahrh. treten dann die S. als
voneinander sprachlich und politisch scharf abgeschiedene Einzelvölker in die Geschichte und nehmen
einen Landstrich ein, der sich fast ohne Unterbrechung vom Schwarzen und Ägeischen Meer bis zur Ostsee und dem Ilmensee sowie
von der Elbe, Saale, dem Böhmerwald, dem Inn, den Alpen
[* 42] und der Adria bis zum obern Don und untern Dnjepr erstreckt. Das Land zu
beiden Seiten der Weichsel bis an die Oder hin bewohnte der Stamm der Lechen oder Polen; östlich von ihnen
waren im weiten osteuropäischen Tiefland zahlreiche kleinere slawische Stämme ansässig, welche später der allgemeine NameRussen vereinigte.
Nach diesem Überblick der slawischen Vorgeschichte betrachten wir die Kultur- und Sittengeschichte des Gesamtvolks. Nach
den griechischen und deutschen Schriftstellern waren die alten S. ein friedliebendes und fleißiges Volk,
fest am Althergebrachten hängend, leidenschaftlich dem Ackerbau ergeben und auch, wie aus der Sprache hervorgeht, Handel treibend.
Gerühmt wird ihre Gastfreundschaft, die noch heute einen hervorragenden Charakterzug der S. bildet.
Kranke und Arme fanden sorgfältige Pflege; nur der Böse wurde ausgestoßen, und chud bedeutet in slawischer
Sprache zugleich arm und böse. Vielweiberei war gestattet, wurde aber fast nur von den Vornehmen geübt. Der Grundzug der
Zivil- und Staatsverfassung war demokratisch; man kannte ursprünglich keine Stände, keine erbliche Fürstenwürde. Das Band
[* 43] der Sippeneinheit hielt alle umschlungen, und der Starosta (Älteste) war nur Verwalter des Gesamtvermögens
der Sippe.
Die Einheit der Sippe schloß die Erbfolge aus. Hierdurch unterschieden sich die S. wesentlich von den Germanen und Romanen.
Ständeunterschiede, erbliche Fürstenmacht, Leibeigenschaft und Sklaverei bildeten sich infolge fremder Einflüsse erst später
bei den S. aus. Die Bezeichnungen für die Fürstenmacht (knes, kral, cjesar) und den Adel (szlachta,
»Geschlecht«) sind fremden Ursprungs. An der alten Sippenverfassung, Geschlechtsgenossenschaft oder Hauskommunion (zadruga)
wird heute noch bei den Südslawen zäh festgehalten.
So inStämme, Sippen, Genossenschaften zersplittert, nach allen Schriftstellern notorisch sehr uneiniger Natur, konnten die
S. auch nicht annähernd in der Geschichte jenen Platz einnehmen, der den urverwandten Völkern der Germanen
und Romanen zukam. In ethischer Beziehung ist es erwähnenswert, daß die S. als sehr gesangliebend geschildert werden, und
noch jetzt offenbaren sich bei ihnen Seele und Gemüt in anmutigen Liedern und Gesängen. Von den mythologischen Vorstellungen
und der darin sich kundgebenden Weltanschauung der alten S. läßt sich bei dem Mangel einer zusammenhängenden
Überlieferung kein deutliches Bild entwerfen.
Sie verehrten einen höchsten Gott, den Urheber des Himmels und der Erde, des Lichts und des Gewitters; diesem waren die andern
Götter unterthan. Der Name dieses Gottes war Swarog (der »Glänzende«),
Ein eigentlicher Dualismus bestand aber nicht, und was bei einigen Schriftstellern von einem Kampf zwischen den Göttern des
Lichts und der Finsternis (dem Bjelbog und Tschernebog der Nordslawen) berichtet wird, scheint bereits auf
christlichen Einfluß hinzuweisen. Als mythische Wesen niedern Grades wurden verehrt: die Vilen und Rusalken, die Herrscherinnen
über Flüsse, Wälder und Berge, welche in der Volkspoesie der S. bis auf den heutigen Tag eine große Rolle spielen;
ferner
die Rojenitze oder Schicksalsgöttinnen sowie zahlreiche Haus- u. Feldgeister und die finstern Mächte
Jagbaba, Bjes und Vjed, welch letzterm die Sonnen- und Mondfinsternisse zugeschrieben wurden.
Die Gunst der Götter und deren
Schutz suchten die S. durch Gebet und Opfer zu erlangen. Letztere bestanden im Verbrennen von Rindern und Schafen auf Bergen
[* 45] und
in Hainen, wo sich auch Götterbilder befanden. Menschenopfer kamen nur vereinzelt vor. Vollstrecker der
Opfer waren die Stammesältesten; einen Priesterstand kannten die alten S. ebensowenig wie besondere Tempel.
[* 46] Von Festen sind
jene zu erwähnen, die sich an den Wechsel derJahreszeiten
[* 47] anknüpfen: die Wintersonnenwende (koleda, ovsen, kratschun), der
Frühlingsanfang mit Austragung des Winters und die Sommersonnenwende (kapalo, jarilo).
Mit dem leiblichen Tod hörte nach slawischer Auffassung das Leben nicht auf, vielmehr war die Seele (duscha) unsterblich; sie
gelangte in das Paradies (nav, raj), das als schöne Wiese gedacht wurde. Die Leichen wurden entweder verbrannt oder begraben;
beide Bestattungsweisen kommen nebeneinander vor. Schätzenswerte Untersuchungen über die alte Kultur und
mythologische Vorstellungen der S., soweit sie sich im Aberglauben, in Sagen und Märchen des Volkes erhalten haben, enthält
Afanasjews Werk »Die poetischen Naturanschauungen der S.« (russ.,
Mosk. 1865-69, 3 Bde.). Wie alle übrigen
europäischen Völker, gelangten auch die alten S. erst durch semitischen Einfluß zu einer Lautschrift, während das frühere
Vorhandensein einer Zeichenschrift anzunehmen ist. Als Reformator der alten Runenschrift trat dann viel später Cyrillus auf,
der bereits jene in Pannonien vorfand und dem slawischen Lautsystem anpaßte (vgl. Slawische Sprachen).
Im europäischen Völkerkonzert nehmen die S. eine von den Romanen und Germanen abgesonderte, darum aber nicht weniger bedeutende
Stellung ein. Da sie kein Bürgertum, kein Städtewesen aus sich heraus entwickelten, blieben sie
auch neben den andern beiden indoeuropäischen Hauptstämmen in Bezug auf Gewerbe und Handel, Künste und Wissenschaften bis
in die neueste Zeit zurück; sie waren, da ihnen die Vermittelung zwischen Herr und Bauer fehlte, einseitig, und lange Zeit
konnten die S. ohne fremde Hilfe, ohne Anregung von außen (Byzantiner, Deutsche)
[* 48] auf dem Gebiet der Kulturentwickelung
nichts leisten.
Während sie vielfache Fertigkeiten, große Gewandtheit, Anstelligkeit zeigen, vermissen wir bei ihnen bis jetzt große und
originale Kulturleistungen, welche auf die Westeuropäer eingewirkt hätten, in der Wissenschaft, in der Kunst wie in
den Gewerben. Die S., von denen heute noch acht Zehntel Bauern (zumeist bis vor zwei Jahrzehnten Leibeigne) sind, traten als
die letzten in die europäische Kulturentwickelung ein. Politisch gelangen sie gegenwärtig durch Rußland mehr zur Geltung,
neben dem nur Serbien
[* 49] und
¶
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Oppeln,
[* 57] KreisKosel,
[* 58] an der Klodnitz. am Klodnitzkanal und an der LinieKosel-Oswiecim
der Preußischen Staatsbahn, Standesherrschaft des Herzogs von Ujest, hat eine kath. Kirche, ein Schloß
mit schönen Garten- und Parkanlagen und Treibhäusern, große Waldungen und (1885) 1190 Einw.
Miklosich, Radices linguae slovenicae veteris dialecti (Leipz. 1845) und Lexicon
palaeo-slovenico-graeco-latinum (Wien 1862-65);
Leskien, Handbuch der altbulgarischen Sprache (Weim. 1871).
Die lebenden slawischen
Sprachen sind: Die russische Sprache, die verbreitetste von allen, nebst den Dialekten Weißrussisch in
Witebsk, Minsk etc. und Ruthenisch (Russinisch oder Kleinrussisch) in Südrußland und dem größten Teil von Galizien. Sie wird
von etwa 58 Mill. Menschen gesprochen. Die polnische Sprache ist besonders durch ihre reiche, schon im 10. Jahrh. beginnende
Litteratur ausgezeichnet; sie wird gegenwärtig noch von ca. 9-10 Mill. Menschen gesprochen, von denen
aber sehr viele daneben noch Deutsch oder Russisch sprechen, das in Russisch-Polen dem Gesetz nach die alleinige offizielle und
Schulsprache ist.
Auch in den angrenzenden ProvinzenDeutschlands
[* 59] bis an die Elbe hin wurden im frühern Mittelalters. S. gesprochen, von denen
sich außer zahlreichen Ortsnamen (z. B. Rostock,
[* 60] Berlin,
[* 61] überhaupt die Namen auf -in) ein vereinzelter
Überrest in dem erst neuerdings abgestorbenem Polabischen (Elbslawisch) erhalten hat, das mit dem Polnischen nahe verwandt
ist. Die böhmische oder tschechische Sprache zeichnete sich namentlich im Mittelalter bis zur Zeit der Hussitenkriege durch
eine reiche und wichtige Litteratur aus.
Nahe verwandt damit ist das Wendische oder Sorbenwendische, genauer das Ober- und Untersorbische der Wenden in den beiden Lausitzen,
an der Spree hin, das heutzutage nur noch von ca. 130,000 Individuen gesprochen wird, von denen ein Drittel sächsische, zwei
Drittel preußische Unterthanen sind. In sehr nahen Beziehungen zum Tschechischen steht auch das Slowakische,
das sich durch Mähren bis nach den Karpathen hin ausdehnt, übrigens fast ohne alle Litteratur ist. Das Tschechische u. Slowakische
wird von etwa 6½ Mill. Menschen gesprochen. Zu welcher Gruppe die einst in Niederösterreich, Steiermark und andern österreichischen
Provinzen, vereinzelt auch in Bayern (Baireuth
[* 62] und Oberfranken) angesiedeltem Slawen gehörten, ist schwer
zu entscheiden, da eine beträchtliche Anzahl von Ortsnamen die einzigen von ihnen zurückgelassenen Spuren sind. Jedenfalls
gehört
¶
Die Serben bedienen sich des russischen, die Bewohner von Kroatien, Dalmatien, Slawonien etc. dagegen des lateinischen Alphabets
mit einigen, jedoch verschiedenen Modifikationen. Daneben kommt in der Kirchensprache bei letztern auch das aus dem Cyrillischen
verschnörkelte glagolitische Alphabet zur Anwendung. In Bosnien ist jetzt von der österreichischen Regierung das lateinische
Alphabet eingeführt worden an Stelle des unter der türkischen Herrschaft gebrauchten Cyrillischen.
Während das Serbokroatische sich durch hohe Altertümlichkeit auszeichnet, ist die bulgarische Sprache die modernste und
abgeschliffenste der slawischen Sprachen. Sie erstreckt sich durch den größten Teil der Türkei über eine Bevölkerung
[* 64] von
ca. 6 Mill., ist aber erst in den letzten Jahrzehnten zu litterarischer Kultur gelangt. Die Verwandtschaftsverhältnisse
der slawischen Sprachen unter sich veranschaulicht der nachstehende Stammbaum:
Ein gemeinsamer Charakterzug aller slawischen Sprachen, den sie nur mit den lettischen, teilweise auch mit den iranischen
teilen, ist eine entschiedene Vorliebe für Zischlaute; mit den lettischen und germanischen Sprachen haben sie, wenigstens
bis zu einem gewissen Grade, die Lautverschiebung (s. d.) und die Unterscheidung zwischen bestimmtem und
unbestimmtem Adjektivum (vgl. unser »der Mann ist gut«
neben »guter Mann«) gemein.
Die Hauptwerke über die Geschichte der slawischen Litteraturen, worüber die betreffenden Artikel zu vergleichen, sind:
Safarik, Geschichte der slawischen Sprache und Litteratur nach allen Mundarten (Ofen 1826; 2. Abdr., Prag
1869);
Derselbe, Geschichte der südslawischen Litteratur (Prag 1865, 3 Bde.);
Stadt im russ. GouvernementCharkow, KreisIsjum, am Torez und an der EisenbahnKursk-Charkow-Rostow,
hat ein Krankenhaus
[* 66] mit einer Mineralwasseranstalt, Talgsiedereien, Seife- und Lichtefabriken und (1885) 16,183 Einw. Die Salzsiederei,
die in der ersten Hälfte des 17. Jahrh. eingerichtet wurde, lieferte 1886: 982,000 Doppelztr.
Seit 1881 sind auch sehr ergiebige Steinsalzbergwerke in Betrieb.
Sein berühmtes Werk »De statu religionis et reipublicae Carolo V. Caesare commentarii« (Straßb. 1555; beste Ausg. von
Am Ende, Frankf. 1785-86, 3 Bde.; deutsch, Halle
[* 75] 1771, 3 Bde.) zeichnet sich durch Unparteilichkeit
und schöne Darstellung aus. Seine »Opuscula« gab Putschius heraus (Hannov.
1608), seinen Briefwechsel H. Baumgarten (Straßb. 1881).
Vgl. Paur, Joh. S.' Kommentare über die Regierungszeit Karls V. (Leipz.
1843);
Weltz, Étude sur S. (Straßb. 1862);
Baumgarten, Über Sleidans Leben und Briefwechsel (das. 1878).
(slaw.), ein aus Pflaumen bereiteter Branntwein, wird dargestellt, indem man die entstielten Früchte derartig
zwischen Walzen zerquetscht, daß auch etwa 1/6 der Kerne zerkleinert wird.
Nach Beendigung der Gärung wird der Branntwein abdestilliert, welcher,
alt geworden und mit dem ausgegornen Safte der Weichselkirschen versetzt, sehr angenehm schmeckt.