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An seinen Ufern wird der Seudreswein, weißer und roter Wein, gebaut.
An seinen Ufern wird der Seudreswein, weißer und roter Wein, gebaut.
Johann Adam von, hervorragender bayr. Jurist, geb. zu Würzburg, [* 2] studierte daselbst 1809-14, worauf er den Feldzug gegen Frankreich als Leutnant der freiwilligen Jäger mitmachte, und habilitierte sich 1815 in Göttingen [* 3] als Privatdozent für Geschichte und Staatswissenschaften. 1816 an die Universität Würzburg übergesiedelt, wurde er hier in rascher Folge 1817 außerordentlicher, 1819 ordentlicher Professor des römischen Rechts und bayrischen Zivilrechts. 1831 wählte ihn die Universität zu ihrem Vertreter für die Ständeversammlung, deren zweiter Präsident er ward. 1834 ging er als Appellationsgerichtsrat nach Ansbach, [* 4] schied jedoch 1839 aus dem Staatsdienst und lebte seitdem in München, [* 5] wo er starb. Er hat sich um die bayrische und deutsche Rechtspflege große Verdienste erworben durch seinen »Kommentar über die bayrische Gerichtsordnung« (Erlang. 1836 bis 1842, 4 Bde.; 2. Aufl. 1853-58) und durch Begründung der »Blätter für Rechtsanwendung zunächst in Bayern« [* 6] (1836) sowie des »Archivs für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten« (Münch. 1847-57, 11 Bde.; fortgesetzt von seinem Sohn E. A. S., Bd. 12-15, 1859-62; dann von A. F. W. Preusser, Bd. 16-34, 1863-1879, und von H. F. Schütt, Bd. 35 ff., 1880 ff.; neuer Abdruck 1866 ff.). Unter seinen sonstigen Schriften ist ausgezeichnet das »Lehrbuch des praktischen Pandektenrechts« (Würzb. 1823-25, 3 Bde.; 4. Aufl., besorgt von seinem Sohn E. A. S., das. 1860-70). - Sein ältester Sohn, Ernst August S., geb. zu Würzburg, seit 1857 außerordentlicher, seit 1864 ordentlicher Professor der Rechte zu München, schrieb: »Das gesetzliche Veräußerungsverbot bei Singular- und Universalvermächtnissen« (Münch. 1854).
unwillkürliche Modifikation der Respiration, wobei zwischen dem gewöhnlichen Atmen ein Atemzug mit tiefer Inspiration und Exspiration erscheint, der von einem eignen Ton (Seufzer) begleitet ist, indem der Luftzug mehr oder weniger rasch durch die Stimmritze geht.
(Sillingswald), niedriges Sandsteingebirge zwischen Werra und Fulda [* 7] im preuß. Regierungsbezirk Kassel, [* 8] nördlich von dem Flecken Friedewald, zieht sich von O. nach W., ist schön bewaldet und erreicht im Nadelöhr 483 m Höhe.
Johann Gottfried, Schriftsteller, ward als der Sohn eines Landmanns zu Poserna bei Weißenfels [* 9] geboren. Sein Vater übernahm 1770 die Pachtung eines Gutes in Knautkleeberg bei Leipzig, [* 10] starb aber schon 1775, die Familie in Armut zurücklassend. Ein Graf von Hohenthal-Knauthain nahm sich Seumes an, schickte ihn zum Rektor Korbinsky in Borna, später auf die Nikolaischule und dann auf die Universität in Leipzig. Das theologische Studium Seumes wurde hier durch dessen besonders von der Lektüre Shaftesburys und Bolingbrokes angeregten Skeptizismus gekreuzt, und der Jüngling beschloß, um mit seinem Gewissen nicht in Zwiespalt zu geraten, in das Weite zu ziehen und zwar nach Paris. [* 11]
Auf der Wanderung dahin von hessischen Werbern ergriffen und den vom Landgrafen Friedrich II. an England verkauften Truppen eingereiht, mußte S. die Fahrt nach Amerika [* 12] mitmachen, wo er bis zum Frieden, ohne daß sein Regiment eigentlich am Krieg teilnahm, in Kanada die Mühsale des Lagerlebens überstand. Nach der Rückkehr desertierte er von Bremen [* 13] aus, ward aber von preußischen Werbern eingefangen und nach Emden [* 14] gebracht. Ein zweimaliger Fluchtversuch von hier aus mißlang, und nur durch die Gunst des Generals Courbière entging S. der Strafe des Spießrutenlaufens.
Bald darauf erlangte er, nachdem ein Bürger von Emden 80 Thlr. Kaution für ihn hinterlegt hatte, Urlaub zum Besuch seiner Heimat. Er kehrte, wie er jenem gleich von vornherein angekündigt hatte, nicht in den Dienst zurück, bezahlte seine Schuld mit dem Honorar für die Übersetzung des englischen Romans »Honorie Warren« (1788), welche der Dichter Chr. Felix Weiße ihm angetragen hatte, und lebte dann in Leipzig vom Unterricht in neuern Sprachen. Bald darauf Erzieher eines jungen Grafen Igelström, ging er 1792 mit seinem Zögling nach Warschau, [* 15] wurde dort Sekretär [* 16] des Generals v. Igelström und russischer Offizier und durchlebte 1794 die Schrecknisse der polnischen Erhebung und der Belagerung Warschaus.
Nachdem er auf Befehl der Kaiserin 1796 sich zur Begleitung des jungen Majors Muromzow nach Leipzig begeben hatte, verschloß der bald darauf erfolgte Tod Katharinas ihm die Aussicht, in russischen Diensten befördert zu werden. Der Buchhändler Göschen berief ihn nach Grimma [* 17] zur Übernahme der Redaktionen bei seinen Verlagsunternehmungen. Diese Thätigkeit unterbrach S. durch seine berühmte Fußreise nach Sizilien, [* 18] die er im Dezember 1801 antrat, binnen neun Monaten durch Österreich, [* 19] Italien, [* 20] die Schweiz, [* 21] über Paris nach Leipzig zurück ausführte und in seinem allbekannten »Spaziergang nach Syrakus« [* 22] (Leipz. 1803) beschrieb. Einige Jahre später machte S. eine abermalige große Reise zum Teil als Begleiter eines jungen Edelmanns nach Rußland, Finnland und Schweden, [* 23] von der er in »Mein Sommer im Jahr 1805« (Leipz. 1807) berichtete.
Seitdem körperlich leidend, starb er während einer in Gesellschaft Tiedges und Elisas von der Recke unternommenen Badekur in Teplitz. S. gehört zu den Schriftstellern, deren litterarische Bedeutung zumeist in dem persönlichen Charakter des Autors ruht. Er war ein grundehrlicher Mensch, von stolzer Unabhängigkeit, ja bäurischer Rauheit im Denken und Schreiben; er sagte in unerschütterlicher Wahrheitsliebe, was er über Menschen und Dinge dachte, und seine spartanische Genügsamkeit spiegelte sich auch in seiner herben und derben Lyrik, die aller weichern Töne ermangelte. Auch mit seinem Trauerspiel »Miltiades« (Leipz. 1808) wollte er mehr als freisinniger Patriot denn als Poet gelten.
Eine interessante Autobiographie begann er in dem Buch »Mein Leben« (Leipz. 1813, fortgesetzt von C. A. H. Clodius),
eine andre wichtige Episode seines stürmischen Daseins schilderten die »Nachrichten über die Vorfälle in Polen« (das. 1796). Seumes »Gedichte« erschienen zuerst 1801 in Riga; [* 24] seine »Sämtlichen Werke« gab A. Wagner heraus (Leipz. 1835, 8 Bde.; 7. Aufl. 1868); eine neue Ausgabe enthält Hempels »Nationalbibliothek« (Berl. 1879, 10 Bde.).
Heinrich, Mystiker, s. Suso. ^[= Heinrich, Mystiker, geb. 1295 zu Überlingen, nannte sich nach der Mutter (der Vater ...]
s. v. w. Juniperus ^[= L., s. Wacholder.] Sabina, s. Wacholder.
Gebirge, s. Cevennen. ^[= (Cévennes, im Altertum Cebenna, Gebenna oder Cemmenus Mons), große Gebirgskette im südlichen ...]
(spr. sséwwen-ohks, »Siebeneichen«),
Stadt in der engl. Grafschaft Kent, südöstlich von London, [* 25] im fruchtbaren Holmesdale, mit (1881) 6296 Einw. Dabei Knole Park, 400 Hektar groß, mit Schloß und berühmter Gemäldesammlung, und nordwestlich davon der Park von Chevening, der sich bis zu den Knockholt Beeches, 235 m ü. M., hinanzieht.
davon Severität. ¶
Heiliger, Apostel der Noriker, ein Römer [* 27] von ungewisser Herkunft, suchte im 5. Jahrh. die Länder an der Donau vor den Verheerungen durch die Germanen zu schützen, gewann auf deren Fürsten großen Einfluß und starb 8. Jan. 482. Seine vortreffliche Lebensbeschreibung durch den Abt Eugippius (hrsg. von Sauppe in den »Monumenta Germaniae historica«, Berl. 1877, und von Knöll, Wien [* 28] 1885; deutsch von Brunner, das. 1879; von Rodenberg, Leipz. 1884) ist sehr wertvoll durch die einfache, aber treue Schilderung jener Zeit.
(spr. sséwwern), 1) nächst der Themse der wichtigste Fluß Englands, entspringt am Ostabhang des Plynlimmon in Wales, bildet in seinem gegen NO. gerichteten Oberlauf mehrere Wasserfälle und wird bei Welshpool, 244 km oberhalb seiner Mündung, für Barken schiffbar. Weiterhin sich nach O. wendend, fließt er durch ein 1½ km breites Thal, [* 29] durchschneidet sodann die fruchtbare Alluvialebene von Shrewsbury und wird in seinem südöstliche, zuletzt südwestliche Richtung verfolgenden Unterlauf von schön bewaldeten Bergen [* 30] eingeschlossen.
Unterhalb Worcester tritt er in die fruchtbare Thalebene (des Vale) von Gloucester ein, verbreitert sich schließlich zu einem großen Mündungsbusen und mündet zwischen den Kaps von Brean Down und Lavernock nach einem Laufe von 300 km in den Kanal [* 31] von Bristol. Die Flut steigt an der Mündung zuweilen 18 m. Eindeichungen schützen hier das Land gegen Überschwemmungen. Vermittelst eines Kanals gelangen Seeschiffe von 300 Ton. bis nach Gloucester. Bei den Sharpneß Docks, an der Mündung dieses Kanals gelegen, überspannt den S. seit 1879 eine großartige Eisenbahnbrücke (1269 m lang, mit zwei Öffnungen in der Mitte, je 99,6 m breit und 21,3 m hoch), und weiter unterhalb, bei New Passage, führt ein 7200 m langer Eisenbahntunnel unter ihm weg. Einschließlich seiner Nebenflüsse Avon, Usk und Wye (s. d.) hat der S. ein Flußgebiet von 21,027 qkm. Durch Kanäle ist er mit der Themse, dem Trent, Humber und Mersey verbunden. - 2) Fluß im brit. Nordamerika, [* 32] entspringt aus dem Favourable Lake, auf der Wasserscheide zwischen den Winnipegsee und der Hudsonbai, und ergießt sich nach einem Laufe von 480 km bei der Severn Factory in die Hudsonbai. Da seinem Quellsee auch der dem Winnipeg zufließende Berens entströmt, so vermittelt er einen ununterbrochenen Bootsverkehr mit dem Westen.
1) Lucius Septimius, röm. Kaiser, geb. 146 n. Chr. zu Leptis in Afrika, [* 33] ward vom Kaiser Marcus Aurelius in den Senat aufgenommen und war, nachdem er mehrere bedeutende Ämter bekleidet hatte, 193 Oberbefehlshaber der römischen Heere in Illyrien, als er nach der Ermordung des Pertinax von seinen Legionen zum Kaiser ausgerufen ward. Nachdem er seinen Nebenbuhler Pescennius Niger bei Kyzikos (195) und einen zweiten, D. Clodius Albinus, 196 bei Lugdunum (Lyon) [* 34] geschlagen hatte, unternahm er einen Feldzug gegen die Parther und eroberte und verwüstete Seleukia in Babylonien und Ktesiphon (198). Den letzten Feldzug unternahm er 208, von seinen Söhnen M. Antonius Bassianus (Caracalla) und Septimius Geta und von seiner Gemahlin Julia Domna begleitet, nach Britannien, welches von den Kaledoniern bedroht wurde. Er trieb die Feinde zurück, erweiterte die Grenzen [* 35] des römischen Reichs und errichtete gegen die Einfälle der Pikten den nach ihm benannten Wall (Severi murus). Er starb noch während dieses Feldzugs 4. Febr. 211 zu Eboracum (York). Er war ein tüchtiger Kriegsfürst und stützte seine Herrschaft hauptsächlich auf das Heer, insbesondere auf die Prätorianer, deren Zahl er bis zu 50,000 vermehrte, während er den Senat vernachlässigte und herabsetzte.
Vgl. Höfner, Untersuchungen zur Geschichte des Kaisers L. S. S. (Gießen [* 36] 1872 bis 1875);
de Ceuleneer, Essai sur la vie et le règne de S. S. (Brüssel [* 37] 1880);
Fuchs, [* 38] Geschichte des Kaisers S. S. (Wien 1884).
2) Sulpicius, christl. Geschichtschreiber, geboren um 363 in Aquitanien, studierte die Rechte und war zuerst als Sachwalter thätig, ging aber nach dem Tod seiner Gemahlin in ein Kloster in Aquitanien und trat später auch in den geistlichen Stand über, in dem er die Würde eines Presbyters erlangte; er starb um 410 in Massilia. S. schrieb einen Abriß der Geschichte von Erschaffung der Welt bis auf seine Zeit (»Chronica oder Historia sacra« genannt) und eine »Vita S. Martini Turonensis«. Die beste Ausgabe besorgte Halm (Wien 1867).
Vgl. J. ^[Jacob] Bernays, Über die Chronik des S. S. (Berl. 1861);
Holder-Egger, Die Weltchronik des S. (Götting. 1875).
Salzsee im nordamerikan. Territorium Utah, enthält (nach Löw) 8,6 Proz. fester Bestandteile, wovon 72 Proz. Chlornatrium.
(spr. ssewinje), Marie de Rabutin-Chantal, Marquise de, bekannt durch ihre hinterlassenen Briefe, geb. zu Paris, erhielt durch den Abbé de Coulanges eine gelehrte Bildung und glänzte sodann am Hof [* 39] Ludwigs XIII., weniger durch Schönheit als durch Geist und Anmut. Ihre Ehe mit dem Marquis Henri de S., dem sie einen Sohn, Charles, und eine Tochter, Françoise Marguerite, gebar, war keine glückliche, und sie lebte daher von ihrem Gemahl getrennt, sich ausschließlich der Erziehung ihrer Kinder widmend.
Alle Bewerbungen um ihre Hand [* 40] nach ihres Gatten Tod (1651), z. B. eines Conti, Turenne, ihres Cousins Bussy, Fouquets, schlug sie aus. Als ihre Tochter 1671 ihrem Gemahl, dem Grafen von Grignan, Gouverneur der Provence, dahin folgte, begann zwischen Mutter und Tochter jener (nicht für die Öffentlichkeit bestimmte) 25jährige Briefwechsel, welcher in der litterarischen Welt nachmals großes Aufsehen erregt hat. Es offenbaren sich darin ein reines weibliches Gemüt, ein feiner, gebildeter Geist und eine leicht erregbare Phantasie, und ihre Formvollendung erhebt sie zum Muster des Briefstils.
Die Briefe der Tochter bilden durch ihre ernste Kälte einen schroffen Kontrast zu denen der Mutter. S. starb auf dem Schloß Grignan in der Provence. Die Hauptausgabe der »Lettres« ist die von A. Régnier (Par. 1862-67, 14 Bde.; neue Ausg. 1887 ff.) mit Biographie von Mesnard und einem Lexikon, zu welchem die Ausgabe von Monmerqué (1818-19, 10 Bde.) die Grundlage bildet. Capmas veröffentlichte: »Lettres inédites de Madame de S.« (1876, 2 Bde.). Übersetzungen ausgewählter Briefe erschienen Brandenburg [* 41] 1818, 3 Bde., und (von Lotheißen) Stuttgart [* 42] 1884.
Vgl. Walckenaer, Mémoires touchants la vie et les écrits de Madame de S. etc. (Par. 1842-1852, 5 Bde.; Bd. 6 von Aubenas, 1865);
Aubenas, Histoire de Madame de S. (das. 1842);
Combes, Madame de S. historien (1885);
Boissier, Madame de S. (1887);
Vallery-Radot, Madame de S. (1888);
[* 43] (spr. ssewillja), span. Provinz in der Landschaft Andalusien, grenzt im N. an die Provinz Badajoz, im NO. an Cordova, im SO. an Malaga, [* 44] im Süden an Cadiz, [* 45] im W. an Huelva und hat einen ¶
Flächenraum von 14,062 qkm (255,4 QM.). Im N. wird die Provinz von der Sierra Morena, im Süden von Ausläufern des bätischen Gebirgssystems darunter Sierra Terril (1130 m), durchzogen. Im übrigen ist sie ebenes Land, welches vom Guadalquivir durchflossen wird und an dessen Unterlauf Sumpfland (las Marismas) enthält. Außerdem wird die Provinz von den Nebenflüssen des erwähnten Stroms, darunter Jenil, Corbones, Viar, Cala, Guadaira, Guadiamar, bewässert.
Die Bevölkerung [* 47] belief sich 1878 auf 506,812 Seelen (36 pro QKilometer) und wurde 1886 auf 527,000 Seelen geschätzt. Der Boden ist wenig kultiviert, erzeugt aber dennoch Getreide, [* 48] Öl, Wein und Südfrüchte im Überfluß. Der nördliche Teil ist auch reich an Erzgängen (Silber, Kupfer, [* 49] Blei, [* 50] Eisen) [* 51] wie an Steinkohlen und Salz; [* 52] Mineralquellen gibt es wenig. Haupterwerbszweige der Bevölkerung, die großenteils in zerstreuten Gehöften und Weilern wohnt, sind Ackerbau und Viehzucht [* 53] (Pferde, [* 54] Schafe, [* 55] Maultiere) sowie Bergbau [* 56] und Hüttenproduktion, Industrie und Handel.
Die Industrie umfaßt hauptsächlich Baumwoll-, Leinen-, Seidenweberei und Thonwarenerzeugung und ist, wie der Handel, vornehmlich in der Hauptstadt und deren Umgebung konzentriert. Der wichtigste Kommunikationsweg ist der schiffbare Guadalquivir, dann die Eisenbahnlinie von Madrid [* 57] über S. nach Cadiz mit den Abzweigungen nach Merida, Huelva, Osuna und Moron. Die Provinz zerfällt in 14 Gerichtsbezirke (darunter Carmona, Cazalla de la Sierra, Ecija, Estepa, Marchena, Moron, Osuna und Utrera).
Die gleichnamige Hauptstadt, ein Industrie- und Handelsplatz ersten Ranges, liegt zu beiden Seiten des bis hierher für Seefahrzeuge schiffbaren Guadalquivir, in einer weiten, fruchtbaren und wohlangebauten Ebene, mit Cordova, Cadiz und Huelva durch Eisenbahn verbunden, und bietet mit ihren zahlreichen Türmen von allen Seiten einen imposanten Anblick dar. Die eigentliche Stadt nimmt das linke Ufer des Guadalquivir ein und ist von den Vorstädten Los Humeros (der Sitz der Zigeuner, Zincali genannt, der Schmuggler, Stierkämpfer etc.), Cesteria, Baratillo, Carreteria, Resolana mit dem großen Hospital La Caridad, San Bernardo (Sitz des Proletariats), San Roque y la Calzada und Macarena mit dem Hospital de la Sangre umgeben.
Von der alten mit 66 Türmen versehenen Ringmauer, welche die innere Stadt umgab, sind nur noch Reste vorhanden. Am rechten Ufer des Flusses breitet sich noch die große Vorstadt Triana aus. Die innere Stadt bildet ein Labyrinth von engen Gassen, ist jedoch gut und solid gebaut. In den letzten Jahren hat sich S. bedeutend verändert, sowohl in den äußern Vierteln gegen den Bahnhof zu als auch im Innern, wo neue Plätze und Straßen durch Niederreißung vieler Häuser angelegt worden sind.
Als größere, regelmäßige Plätze sind die Plaza de San Francisco oder der Konstitutionsplatz, der hinter demselben neuangelegte Platz mit modernen Prachtbauten, die Plaza del Duque mit schöner Promenade, die Plaza de la Encarnacion (der Fleisch- und Gemüsemarkt), der Museumsplatz mit Bronzestatue Murillos und der Quemadero, wo die Autodafees stattfanden, hervorzuheben. Die belebteste Straße ist die schlangenartig gewundene Calle de Sierpes. Unter den Häusern sind zahlreiche palastartige, meist im altrömischen Stil erbaute mit schönen marmorgetäfelten Höfen; im übrigen herrscht die orientalische Bauart vor, insofern die Häuser durchgängig platte Dächer und selten mehr als zwei Stockwerke haben.
Die Vorstadt Triana, der Tummelplatz der »Majos«, ist seit 1848 durch eine eiserne Brücke [* 58] mit der eigentlichen Stadt verbunden. S. hat zahlreiche öffentliche Brunnen, [* 59] welche meist durch den unter dem Namen Caños de Carmona bekannten, aus 410 Bogen [* 60] bestehenden antiken Aquädukt (von. J. Cäsar erbaut) mit Wasser versehen werden, und 74 Kirchen. Unter den Gebäuden ist zunächst hervorzuheben: die Kathedrale Maria de la Sede, eine der größten und schönsten gotischen Kirchen (1401-1519 an der Stelle einer ehemaligen Moschee erbaut), mit fünf Schiffen, zahlreichen, mit Kunstschätzen (Gemälden von Murillo, Velazquez, Zurbaran etc.) geschmückten Seitenkapellen, herrlichen Glasmalereien, einer Riesenorgel u. vielen Grabmälern gekrönter u. historischer Persönlichkeiten.
Daneben steht die sogen. Giralda, ein 114 m hoher viereckiger Glockenturm mit reichen, in gebrannten Steinen ausgeführten Ornamentmustern und 22 harmonisch gestimmten Glocken, nebst dem sogen. Orangenhof die einzigen Überbleibsel der ehemaligen Moschee. Die Giralda wurde 1196 von Abu Jussuf Jakub in der Höhe von 82 m erbaut; der weitere, 32 m hohe Aufsatz in durchbrochener Arbeit kam 1568 hinzu. Ferner verdienen Erwähnung: der Alkazar oder maurische Palast mit prächtigen Sälen und Hallen und großen Gärten;
die Börse, von Herrera erbaut, mit dem berühmten amerikanischen Archiv;
das von Kolumbus' Sohn gegründete Colegio de San Telmo (ehemals Marineschule, jetzt Wohnung des Herzogs von Montpensier, mit vielen Kunstschätzen);
die Casa de Pilatos;
der Torre del Oro (»Goldturm«),
ein zwölfeckiger Turm [* 61] am Guadalquivir (Sitz der Hafenkapitänschaft);
das oben erwähnte Hospital de la Sangre, mit schöner Fronte, und das von Murillo gestiftete, mit seinen Meisterwerken geschmückte Hospital de Caridad;
das Teatro de San Francisco, der erzbischöfliche Palast u. a. Der Stierkampfplatz ist ein ovales Amphitheater, welches 18,000 Menschen faßt, nächst dem Madrider der größte in Spanien. [* 62]
Die industrielle Thätigkeit der Einwohner, deren Zahl sich 1878 auf 133,938 belief, erstreckt sich auf Eisengießerei, [* 63] Fabrikation von Maschinen, Porzellan und Fayencen, Bronzewaren, Zement, Baumwoll- und Seidengeweben, Leinwand, Seilerwaren, Salpeter, Schokolade, Pianofortes, Lakritzen, Schnupftabak (»Spaniol von S.«) und Zigarren (große staatliche Fabrik mit über 4000 Arbeitern), Korkstöpseln etc. In der Vorstadt Triana befindet sich eine Kanonengießerei.
Als Handelsplatz hat sich S. in den letzten Jahrzehnten mächtig emporgeschwungen. Die Zahl der eingelaufenen Schiffe [* 64] betrug 1886: 1554 mit 439,000 Ton., die der ausgelaufenen Schiffe 1254 mit 424,500 T. Die Einfuhr hatte einen Wert von 68,8 Mill. Pesetas, darunter hauptsächlich Webwaren, Tabak, [* 65] Spiritus, [* 66] Holz, [* 67] Maschinen, Stockfische, Kohle, Petroleum, Zucker, [* 68] Kaffee; die Ausfuhr belief sich auf 55,7 Mill. Pesetas, darunter insbesondere Blei, Silber- und Kupfererz, Öl, Getreide, Kork, [* 69] Wein, Orangen, Lakritzen, Seife u. a. Bei den vielen Umgestaltungen der neuern Zeit und dem kommerziellen und industriellen Aufschwung, welchen die Stadt genommen hat, ist freilich ihr früheres bunt malerisches Volksleben, welches namentlich bei dem jährlichen Volksfest der Ferias zu Tage trat, fast ganz verloren gegangen. An Bildungsanstalten besitzt S. eine Akademie der schönen Künste nebst vier andern Akademien, eine 1504 gestiftete Universität mit vier Fakultäten, ein Lyceum, eine Industrieschule, eine Kunstschule und verschiedene Kollegien, eine große. Bibliothek, mehrere gelehrte Gesellschaften, 2 ¶
Theater, [* 71] das Kunstmuseum mit Meisterwerken Murillos, dessen Geburtsort S. ist, und dem vor dem Museum ein Denkmal errichtet wurde, endlich mehrere bemerkenswerte Privatkunstsammlungen. S. ist Sitz des Gouverneurs, eines Erzbischofs und eines Appellationsgerichts sowie eines deutschen Konsuls. Die schönsten Promenaden ziehen sich am Fluß hin vom Thor von Triana an; es sind: die Alameda, El Salon de Cristina, Las Delicias und der neue Kai. Bemerkenswerte Punkte in der Umgebung der Stadt sind: die Kartause de la Concepcion, am Guadalquivir, mit prächtiger Kirche;
San Juan de Azualfarache, Villa mit schönen Landsitzen reicher Sevillaner, und Santiponce, an der Straße nach Badajoz, mit Resten der altrömischen Stadt Italica, des Geburtsorts der Kaiser Trajan und Hadrian.
S. hieß im Altertum Hispalis und als römische Kolonie Colonia Romulensis. Hadrian erbaute in der Nähe auf dem andern Ufer des Guadalquivir die Stadt Italica (s. oben). In S. wurden 590 und 619 zwei Konzile (concilia Hispalensia) gehalten. Die Araber eroberten die Stadt 712 und machten sie zur Hauptstadt eines Königreichs S., womit ihre erste Glanzperiode begann. 844 wurde die Stadt von den Normannen zerstört. Seit 1026 war sie Sitz der maurischen Dynastie der Abaditen; 1091 kam sie in den Besitz der Almorawiden und 1147 in den der Almohaden. Am ward sie nach 18monatlicher Belagerung von Ferdinand III. von Kastilien erobert und blieb seitdem im Besitz der Christen.
Ihre zweite Glanzperiode fällt in das 16. und 17. Jahrh., wo sie Hauptstapelplatz des spanischen Seehandels und Sitz der spanischen Kunst, namentlich der Malerei, war. Doch sank der Gewerbfleiß, indem an 300,000 Mauren nach Granada [* 72] und Afrika auswanderten, u. den Handel mit Amerika verlor es durch das Emporkommen des von den Bourbonen begünstigten Cadiz. 1729 wurde hier ein Friedens- und Freundschaftstraktat zwischen Spanien, Frankreich und England abgeschlossen, welchem später auch Holland beitrat. Hier bildete sich die spanische Zentraljunta, die sich nach Cadiz zurückzog. Auch die Cortes flüchteten sich, als sie 1823 Madrid verließen, hierher und entführten den König von hier nach Cadiz.
Vgl. W. Wackernagel, S. (2. Ausg., Basel [* 73] 1870);
Parlow, Vom Guadalquivir.
Wanderungen in S. (Wien 1886).
(spr. ssähwr), Name von zwei Flüssen im westlichen Frankreich. Die S. Nantaise entspringt auf dem Plateau von Gâtine im Departement Deux-Sèvres, unweit Secondigny, fließt nordwestlich in das Departement Vendée, tritt darauf in das Departement Niederloire über, nimmt hier die Moine und Maine auf und mündet Nantes [* 74] gegenüber in die Loire. Sie ist 138 km lang und von Monnières ab schiffbar. Die S. Niortaise entspringt in demselben Departement, unweit Chenay, fließt westlich, berührt Niort, bildet dann die Grenze zwischen den Departements Niedercharente und Vendée, nimmt das Flüßchen Vendée auf und mündet nördlich von La Rochelle in die Bucht von Aiguillon des Atlantischen Ozeans. Sie ist 165 km lang und von Niort an schiffbar, von Marans bis zur Mündung auch für Seeschiffe zugänglich.
Nach beiden Flüssen ist das Departement Deux-Sèvres (»beide Sèvres«) benannt. Es besteht aus Teilen der ehemaligen Landschaften Poitou, Aunis und Saintonge, grenzt nördlich an das Departement Maine-et-Loire, östlich an Vienne, südlich an Charente und Niedercharente und westlich an Vendée und hat einen Flächenraum von 6000 qkm (108,96 QM.). Den nördlichen Teil des Departements nimmt das mit dem Gebirge von Limousin zusammenhängende waldige Plateau der Gâtine ein.
Das übrige Land ist kahle Ebene, im SW. auch Sumpfland. Es wird außer den beiden Sèvres noch vom Thouet mit Argenton und Dive, von der Boutonne und kleinern Flüssen bewässert und hat ein im allgemeinen feuchtes Klima. [* 75] Die Bevölkerung belief sich 1886 auf 353,766 Einw. (darunter ca. 37,000 Protestanten, größtenteils Reformierte). Von der Oberfläche kamen 1882 auf Äcker 429,610 Hektar, Wiesen 59,836, Weinberge 21,754, Waldungen 44,087, Heiden und Weiden 10,794 Hektar.
Der Ackerbau ergibt Getreide (durchschnittlich 3,75 Mill. hl), besonders Weizen (1882: 2,1 Mill. hl), Hafer [* 76] (1,4 Mill. hl) und Gerste, [* 77] viel Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Zucker- und Futterrüben, Hanf und Flachs, Raps, Wein (133,000 hl), Obst und Holz. Gut entwickelt ist auch die Viehzucht, welche vorzügliche Maultiere (1882: 10,973 Stück) wie auch gutes Rindvieh (224,434), Schafe (157,184), Schweine [* 78] (103,815), Ziegen und Geflügel liefert. Andre Produkte sind: Kohlen (ca. 20,000 Ton.) sowie die Erzeugnisse der im ganzen nicht bedeutenden Industrie, darunter Gewebe, [* 79] Leder, Zucker, Branntwein und Essig. Das Departement wird von den Eisenbahnen von Tours [* 80] einerseits nach Rochefort und La Rochelle, anderseits nach Sables d'Olonne durchzogen, mit welchen sich in den Knotenpunkten Niort und Bressuire einige Nebenlinien kreuzen. Es zerfällt in vier Arrondissements: Bressuire, Melle, Niort und Parthenay. Hauptstadt ist Niort.
(spr. ssähwr), Stadt im franz. Departement Seine-et-Oise, Arrondissement Versailles, [* 81] an der Seine und der Bahnlinie Paris-Versailles, hat eine berühmte staatliche Porzellanfabrik mit reichhaltigem keramischen Museum, außerdem Fabrikation von Chemikalien, Stoffdruckerei, Leinenbleicherei, eine Lehrerinnenbildungsanstalt (im alten Schloß) u. (1886) 7620 Einw. Die Porzellanfabrik besteht seit 1756, in welchem Jahr sie dorthin von Vincennes übersiedelte, wo um 1743 ein Arbeiter, Gravaut, ein Frittenporzellan (pâte tendre) dargestellt hatte, das den Anlaß zur Begründung des Fabrikbetriebs gab.
Die ersten Erzeugnisse waren in Meißener Art gehalten. 1753 übernahm der König den dritten Teil der Unkosten, und die Fabrik erhielt den Namen Manufacture royale de France. Die Fabrikate wurden mit zwei gekreuzten L gekennzeichnet. Im J. 1759 wurde der König alleiniger Besitzer der Manufaktur. Außer Servicen, Lüstern, Pendulen und ähnlichen Geräten wurden vornehmlich Prachtvasen, welche zu Geschenken an fremde Höfe benutzt wurden, und die noch heute eine Spezialität von S. bilden, und Biskuitfiguren und -Gruppen angefertigt, zu denen die berühmtesten Bildhauer die Modelle lieferten.
Die Chemiker der Fabrik stellten auch besondere Farben her, welche für das Sèvresporzellan charakteristisch, und unter denen das Königsblau (bleu du roi, auch bleu de S. genannt, oft von feinen goldenen Adern durchzogen), das türkische Blau, das Pompadourrot (auch rose Dubarry genannt) und das Apfelgrün (vert pomme) hervorzuheben sind. Die Fabrikation von Frittenporzellan hörte um 1805 auf, wurde aber 1847 wieder begonnen. Erzeugnisse in Hartporzellan (pâte dure) gingen seit 1765 aus der Fabrik hervor. Aber erst seit 1800 trat die Fabrikation von Hartporzellan durch Brongniart, der bis 1847 Direktor war, in ¶
den Vordergrund und verdrängte schließlich das Frittenporzellan gänzlich. Auch in der neuern Zeit war die Fabrikation von Prachtvasen und Servicen, zu der sich noch Porzellangemälde gesellten, Hauptbeschäftigung der Manufaktur, welche seit der ersten Revolution in die Verwaltung des Staats überging. Nachdem dieselbe eine Zeitlang in ihren Leistungen stark zurückgeblieben war, hat sie seit dem Anfang der 60er Jahre einen neuen Aufschwung genommen und namentlich in Vasen [* 83] und andern Gefäßen und Geräten mit Pâte-sur-pâte-Dekorationen Vorzügliches geleistet (s. Keramik, [* 84] S. 686).
Vgl. Havard und Vachon, Les manufactures nationales (Par. 1889).
(Sebum, lat.), Talg. ^[= # (Unschlitt, Inselt), das Fett der Rinder, Schafe, Ziegen, Hirsche, ist farblos, riecht schwach ...]
See, s. Göktscha. ^[= (Goktschai, der Haosrawagha der altpersischen Schriften), der größte Landsee in Kaukasien, ...]
(spr. ssjuh-erd), William Henry, nordamerikan. Staatsmann, geb. zu Florida im Staat New York, studierte die Rechte und ließ sich 1823 zu Auburn als Rechtsanwalt nieder. Er ward 1830 als Senator in die Legislatur und 1838 zum Gouverneur des Staats New York gewählt und führte eine Reform des Volksschul- und des wissenschaftlichen Unterrichtswesens ein. Seine Wiederwahl 1843 ablehnend, kehrte er zu der juristischen Praxis zurück. 1849 wie auch wieder 1855 als Senator in den Kongreß gewählt, galt er dort als der Führer der Freiboden- oder Antisklavereipartei und als einer der ausgezeichnetsten Redner und tüchtigsten Politiker; 1860 war er einer der republikanischen Kandidaten für die Präsidentenwahl, ward aber, obwohl er im ersten Wahlgang der Konvention siegreich war, durch Greeleys Einfluß zurückgedrängt und vom Präsidenten Lincoln zum Staatssekretär ernannt, in welcher Stellung er während des Bürgerkriegs eine ungemeine Thätigkeit und Energie entwickelte.
Gleichzeitig mit der Ermordung Lincolns durch Booth im Theater zu Washington [* 85] ward S., welcher gerade krank daniederlag, samt seinem Sohn durch Lewis Payne schwer verwundet. Letzterer starb einige Tage nachher, S. der Vater aber genas bald wieder und führte auch unter Johnson sein Amt weiter, machte sich indessen durch die Unterstützung der Politik desselben höchst unpopulär. Am legte er sein Amt nieder und machte eine zweijährige Reise nach Südamerika, [* 86] Asien [* 87] und Europa, [* 88] deren Beschreibung in dem von seiner Adoptivtochter Olive Risley S. herausgegebenen Buch »S.'s travels around the world« (New York 1873) enthalten ist. Er starb in Auburn. Er schrieb: »Life of John Quincy Adams« (Auburn 1849). Veröffentlicht wurden auch seine »Speeches, state papers and miscellaneous works« (New York 1853-62, 4 Bde.) und sein Kriegstagebuch (»Diplomatie history of war for the Union 1861-65«, Boston [* 89] 1883). Gesammelt wurden seine Werke von Baker herausgegeben (Boston 1883, 5 Bde.). Seine »Autobiography« (bis 1834 reichend, bis 1846 fortgeführt von seinem Sohn Frederick W. S.) erschien New York 1877.
Vgl. Ch. F. Adams, The life, character and services of William Henry S. (Albany 1873).
[* 90] Stadt, s. Sebastopol. ^[= (Ssewastópol), Handels- und Kriegshafen im russ. Gouvernement Taurien, an der Südwestspitze ...] [* 91]
(spr. ssjuh'll), Elizabeth Missing, engl. Schriftstellerin, geb. 1815 auf der Insel Wight, lebte in London; starb Sie huldigte in ihren vielgelesenen, auch ins Deutsche [* 92] übersetzten Erzählungen (»Amy Herbert«, »Cleve [* 93] Hall«, [* 94] »Experience of life«, »Gertrude«, »Ivors«, »Catherine Ashton«, »Margaret Percival«, »Ursula« u. a.) bei dem Vorzug volkstümlicher Darstellung einer ausgesprochenen kirchlichen Richtung, die auch ihre übrigen zahlreichen Schriften, meist pädagogischen Inhalts, verfolgen. Ihre »Poems and ballads« gab Miß Bayly heraus (1886, 2 Bde.),
welche auch »Life and letters of Mrs. S.« (1889) veröffentlichte.
(Ssewersche Lande), Landschaft im südlichen Rußland, benannt nach den Sewerianen, einem slawischen Stamm, der in ältester Zeit an den Flüssen Desna, Semj und Sula wohnte. Seit dem Ende des 11. Jahrh. ein Teilfürstentum, wurde das Land 1238 von den Tataren furchtbar heimgesucht, kam in der zweiten Hälfte des 14. Jahrh. an Litauen und bildete zur Blütezeit des polnischen Staats einen Teil der Ukraine, gelangte 1667 mit dieser an Rußland, wurde 1782 in das Gouvernement Nowgorod Sewerski umgewandelt, aber 1802 dem Gouvernement Tschernigow einverleibt.
Nikolai Alexejewitsch, russ. Zoolog und Reisender, studierte in Moskau [* 95] Naturwissenschaften und unternahm 1857 und 1858 im Auftrag der kaiserlich russischen Akademie der Wissenschaften eine Expedition in das aralokaspische Tiefland, auf welcher er beinahe ermordet worden wäre, als er vom Fort Perowski aus am Sir Darja aufwärts vordringen wollte. 1864 wurde er vom Kriegsministerium zur Erforschung des Landes jenseit der Flüsse [* 96] Ili und Tschu ausgeschickt, nahm in diesem Jahr an den Feldzügen General Tschernajews zwischen Tschu und Sir Darja teil und erforschte zwei Jahre lang den damals noch ganz unbekannten Westen des Thianschan, vom See Issi-kul an bis zum Ende des Gebirges in der aralokaspischen Niederung.
Der russisch abgefaßte Bericht über diese Reise ist ins Englische [* 97] übersetzt worden (s. »Journal of the R. Geogr. Society« 1870). 1867 und 1868 drang er, von der kaiserlich Russischen Geographischen Gesellschaft unterstützt, in das Innere des Thianschansystems bis zu den Quellen des Sir Darja vor. Er schrieb darüber: »Reisen in Turkistan und Forschungen am obern Thianschan« (1873, 2 Bde.; zum Teil übersetzt in »Petermanns Mitteilungen«, Ergänzungsheft 42 u. 43, Gotha [* 98] 1875). Dann nahm S. 1874 an der großen russischen Amu Darja-Expedition teil, machte Exkursionen am Ostufer des Aralsees und leitete 1877 und 1878 eine große wissenschaftliche Reise nach dem Pamirplateau, an welcher sich die Spezialisten Schwarz, Skasi, Rudnew und Kuschakewitsch beteiligten.
Diese Expedition drang südwärts bis zum See Rankul und der Alitschur-Pamir (38° nördl. Br.) auf völlig unbekanntes Gebiet vor und hat reiche Ergebnisse für die Karte, für die geologische, botanische und zoologische Kenntnis der Pamir, [* 99] welche bisher in diesen Beziehungen fast so gut wie unerforscht war, geliefert. Er veröffentlichte seitdem noch: »Über die meridionalen Erhebungen der Pamir und über deren Verhältnis zum Humboldtschen Bolor« (»Russische [* 100] Revue«, Petersb. 1880). S. starb Ende Februar 1885 infolge eines Unfalls bei einer Fahrt über den Don.
s. Stör. ^[= # (Acipenser L.), Gattung aus der Ordnung der Schmelzschupper und der Familie der Störe (Acipenserini ...]
(lat.), sechs.
(lat.),
ein Sechzigjähriger.
(lat.),
der achte Sonntag vor Ostern, ungefähr der »sechzigste« Tag vor Ostern.
im Altertum und Mittelalter übliche Brüche mit den Nennern 60, 60² = 3600, 60³ = 216,000 etc.
Einteilung in 60 gleiche Teile;
gebräuchlich bei der Zeit, wo die Stunde 60 Minuten zu 60 Sekunden hat, sowie beim Kreis, [* 101] der in 360 Grade zu 60 Minuten zu 60 Sekunden ¶
zerfällt, desgleichen beim Winkel. [* 103]
Bis zum Ausgang des Mittelalters wandten die Astronomen nach dem Vorgang des Ptolemäos allgemein 60teilige (Sexagesimal-) Brüche an, welche später durch Dezimalbrüche ersetzt wurden.
(lat.), sechzig.
(Sexangulum), Sechseck;
sexangular, sechseckig.
(lat.), Zeit von sechs Jahren. ^[= schlechtweg s. v. w. Sonnenjahr, d. h. die Zeit eines Umlaufs der Erde um die Sonne. Je nach ...]
(lat.), »sechste« Klasse einer Schule;
Sextaner, deren Schüler.
An den höhern Schulen in Preußen, [* 104] deren Klassen von oben nach unten gezählt werden, bildet S. die unterste Stufe der Hauptanstalten, der aber dreijähriger Volksschulbesuch oder der Besuch der Vorschule bereits vorangeht.
nach gemeinüblicher Terminologie die erste Umkehrung des Dreiklanges, bestehend aus Terz und Sexte, z. B. egc. Vgl. Akkord.
(lat.), röm. Kupfermünze, = 1/6 As. ^[= # (lat.), bei den Römern die Einheit im Gewichts- und Münzwesen. Als Gewicht (hier Libra genannt ...]
[* 105] (lat.), ein einen »Sechstelkreis«, d. h. 60 Grad, umfassendes astronomisches Instrument (s. Spiegelsextant);
danach Name eines Sternbildes unter den Vorderfüßen des Löwen [* 106] auf der Wasserschlange, das nach Heis 48 dem bloßen Auge [* 107] sichtbare Sterne, sämtlich 5. und 6. Größe enthält.
(lat.), bei den alten Römern gebräuchliches Maß für flüssige Dinge = 1/6 Congius, als Maß trockner Waren = 1/16 Modius, in beiden Fällen = 0,547 Lit. Er wurde eingeteilt in 12 Cyathi.
(lat.), in der Musik die sechste diatonische Stufe;
dieselbe ist groß (a), klein (b) oder übermäßig (c).
S. Intervall. Die kleine S. ist die Umkehrung der großen Terz, die große S. die Umkehrung der kleinen Terz.
(Sextuor, ital. Sestetto), eine Komposition für sechs obligate Stimmen.
Ein Gesangsstück heißt S., wenn sechs Singstimmen beschäftigt sind (im Opernfinale nicht selten);
die Instrumente kommen dabei nicht in Betracht.
(lat.-franz.), im franz. Revolutionskalender der sechste Tag einer Dekade.
der sechste Monat im altrömischen Jahr, erhielt später zu Ehren des Kaisers Augustus, welcher in diesem Monat zum erstenmal Konsul geworden war, den Namen Augustus (s. August).
die sechste Potenz einer Million, geschrieben 1 mit 36 Nullen (vgl. Zahlensystem).
(Sestius), röm. Geschlecht, aus welchem Lucius S. Lateranus, nachdem er zehn Jahre hintereinander das Tribunat bekleidet, 366 v. Chr. als der erste Plebejer das Konsulat erlangte. Gajus S. Calvinus focht im südlichen transalpinischen Gallien mit Glück gegen die Arverner und Salluvier und gründete 122 die Stadt Aquae Sextiae, das heutige Aix. Publius S. (gewöhnlich Sestius genannt) wirkte als Volkstribun 57 mit Milo für Ciceros Zurückberufung aus dem Exil und ward auf Anstiften des Clodius 56 der Bestechung bei den Wahlen und der Gewaltthätigkeit angeklagt, aber von Cicero in einer noch erhaltenen Rede mit Erfolg verteidigt. 53 verwaltete er als Prätor Kilikien. Im Bürgerkrieg zwischen Pompejus und Cäsar stand er erst auf des erstern Seite, ging aber dann zu Cäsar über.
eine [* 102] Figur von sechs gleichen Noten, welche so viel gelten sollen als sonst vier derselben Art. Die Bedeutung der S. kann eine zweifache sein, nämlich entweder die der untergeteilten Triole oder die der Doppeltriole. Da die Triole wie die S. in der Regel eine Steigerung gegenüber der zu Grunde liegenden Bewegungsart ist, so wird die Wahl der einen oder der andern Auffassung von der Bewegungsart abhängen, d. h. bei Achtelbewegung wird die Sechzehntelsextole als untergeteilte Triole (a), die Achtelsextole als Doppeltriole (b) verstanden werden:
(lat.), das sechste, besonders (sc. praeceptum) das sechste Gebot;
daher contra s. oder in puncto sexti sündigen, unkeusch leben.
s. Sextett. ^[= (ital. Sestetto), eine Komposition für sechs obligate Stimmen. Ein Gesangsstück heißt ...]
Empiricus, griech. Philosoph und Arzt, lebte 200-250 n. Chr. zu Alexandria und Athen, [* 108] gehörte als Philosoph der skeptischen Richtung an, wurde aber als Arzt den Empirikern beigezählt. Wir haben von ihm noch zwei Schriften: »Pyrrhoniae hypotyposes«, in 3 Büchern von dem Wesen, dem Zweck und der Methode des Skeptizismus handelnd, und »Adversus mathematicos«, in 11 Büchern den Dogmatismus in jedem Fach der wissenschaftlichen Forschung bekämpfend. Herausgegeben wurden beide Schriften unter andern von Bekker (Berl. 1842).
Vgl. Jourdain, S. E. et la philosophie scolastique (Par. 1858);
Pappenheim, Lebensverhältnisse des S. E. (Berl. 1875).
(sexuell, lat.), geschlechtlich, aufs Geschlecht bezüglich, besonders der Pflanzen;
Sexualität, Geschlechtlichkeit.
s. v. w. Geschlechtsorgane (s. d.). ^[= (Genitalien, Fortpflanzungsorgane, Organa genitalia), diejenigen Teile eines Organismu ...]
das Linnésche Pflanzensystem, welches sich auf die Verschiedenheiten in der Ausbildung der Sexualorgane der Pflanzen gründet (s. Pflanzensystem).
(lat.), natürliches Geschlecht;
S. potior, das stärkere, S. sequior, das schwächere Geschlecht.
(spr. ssähbuhs'), Fluß, s. Sebuse. ^[= (im Altertum Ubus oder Rubricatus), Fluß in Algerien, entsteht aus dem Wad Zenati ...]
Inselgruppe, s. Seschellen. ^[= (Sechellen), brit. Inselgruppe im Indischen Ozean, zwischen 3 u. 5° südl. Br., ...]
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Merseburg, [* 109] Kreis Schweinitz, hat eine evang. Kirche, eine Arbeiterkolonie und (1885) 1794 Einw.
Max, Staatsrechtslehrer und Statistiker, geb. 1846 zu Germersheim, studierte in München und Würzburg, wurde 1878 Regierungsassessor, 1879 Vorstand des Statistischen Büreaus und 1882 zum Professor des bayrischen Verfassungs- und Verwaltungsrechts an der Universität München ernannt. Außer einer Arbeit über den »Bundesstaatsbegriff« (»Zeitschr. für die gesamte Staatswissenschaft« 1872) schrieb er: »Kommentar zur Verfassungsurkunde für das Deutsche Reich« (Würzb. 1873);
»Grundzüge einer allgemeinen Staatslehre« (das. 1873);
»Grundriß zu Vorlesungen über bayrisches Staatsrecht« (Münch. 1883);
»Grundriß zu Vorlesungen über bayrisches Verwaltungsrecht« (das. 1883);
»Bayrisches Staatsrecht« (das., dann Freiburg [* 110] i. Br. 1884-87, Bd. 1-3);
»Das Staatsrecht des Königreichs Bayern« (in Marquardsens »Handbuch des öffentlichen Rechts«, das. 1888).
Seit 1881 ist S. Mitredakteur von Hirths »Annalen des Deutschen Reichs« und der »Kritischen Vierteljahrsschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft«. Unter dem Namen Max Schlierbach veröffentlichte er: »Gedichte« (Berl. 1872);
»Neue Gedichte« (das. 1880) und eine Übersetzung des Lucretius (Münch. 1881). ¶