1)
Fluß im span.
KönigreichMurcia,
[* 2] entspringt am Ostabhang der
Sierra de S., strömt in mehrfachen Windungen
nach O. und mündet, nachdem er das prächtig angebaute
Thal
[* 3] von Ricote und die
Vegas von
Murcia und
Orihuela bewässert hat,
nach einem
Laufe von 250 km nördlich von Guardamar in das
Mittelländische Meer. Seine bedeutendern Nebenflüsse
sind: Mundo, Quipar und Sangonera. - 2) S. de la
Sierra, Stadt in der span.
ProvinzJaen, mit Holzhandel und (1878) 2775 Einw. -
Elias, schwed. Dichter, geb. 1808, begann seine schriftstellerische
Laufbahn 1832 und entwickelte vier Jahrzehnte hindurch eine reiche Produktivität, deren Erzeugnisse mehrere
Bände füllen,
welche sämtlich neue
Auflagen erlebten. Als Dichter pflegte S. vorzugsweise das humoristische Naturidyll und steht daher
wohl K. I. ^[richtig: K. F.
(Karl Fredrik)]
Dahlgren am nächsten. Er verbrachte als Zollbeamter den größten Teil seines
Lebens in den
SchärenStockholms, und die herrliche Umgebung gab ihm stets neue Anregungen. Er starb 1874. Durch Nationalsubskription
wurde ihm 1875 auf seinem
Grab ein Denkmal errichtet. Seine »Samlade sånger och visor« erschienen
in 5
Bänden (Stockh. 1873-78).
(Flechse,
Tendo), das bindegewebige Ende, mittels dessen sich die
Muskeln
[* 7] ansetzen, und das, selbst nicht kontraktil,
bei der Zusammenziehung derselben ihre
Kraft
[* 8] auf die Ansatzpunkte überträgt. Sie besteht aus nebeneinander verlaufenden
und fest unter sich verkitteten Bindegewebsfasern, die zu Bündeln vereinigt sind.
Nerven
[* 9] und
Blutgefäße
sind nur sehr wenig in den Sehnen vorhanden. Man unterscheidet zweierlei
ArtenSehnen: flache, dünne, breite, mehr hautähnliche,
welche sich meist an flachen
Muskeln vorfinden, die sogen. Sehnenhäute oder Aponeurosen, und rundliche, strangförmige,
die eigentlichen Sehnen. Am menschlichenKörper sind die stärksten Sehnen das sogen. Kniescheibenband
und die
Achillessehne (s. d.).
(Tenotomie),
Operation zur Beseitigung von
Verkrümmungen und Schiefstellungen von
Gliedern, die
durch die
Verkürzung eines Muskels oder einer
Sehne bedingt waren (z. B. beim
Klumpfuß).
[* 10] Nach erfolgter S. bringt man den
frei und locker gewordenen Körperteil in seine natürliche
Lage und erhält ihn in dieser durch einen
festen
Verband,
[* 11] bis durch Zwischenlagerung von neuer Sehnenmasse zwischen die
Enden der durchschnittenen
SehneHeilung und damit
Verlängerung
[* 12] dieser
Sehne eingetreten ist. Die
Operationen zur
Heilung des
Schiefhalses, des
Klumpfußes, die Schieloperationen
etc. sind nichts andres als Sehnendurchschneidungen.
(Sehnenphänomen), die
Erscheinung, daß beim Beklopfen gewisser
Sehnen, wie der
Achillessehne, des Kniescheibenbandes
etc., eine plötzliche Zuckung des betreffenden Muskels erfolgt.
(Sehrot), ein purpurrotes
Pigment, welches die Außenglieder der Stäbchen der
Netzhaut (s.
Gesicht, S. 237 f.)
bei den meisten
Wirbeltieren
(Hühner,
[* 14]
Tauben
[* 15] und eine Fledermausart sind ausgenommen) überzieht und ungemein
lichtempfindlich ist. Der S. schwindet, sobald man die
Tiere einige Zeit dem
Licht
[* 16] aussetzt, bildet sich aber beim Aufenthalt
im
Dunkeln aufs neue. Durch partielle Belichtung der
Netzhaut kann man photographische
Bilder,
Optogramme, erhalten, indem die
Netzhaut des frisch getöteten
Tiers nur so weit gebleicht wird, wie das
Licht sie trifft, und mit einer
so vollkommenen Abgrenzung der
Wirkung, daß die von den brechenden
Medien auf den Augenhintergrund entworfenen
Bilder scharfe,
helle
Zeichnungen in der purpurnen
Fläche der Stäbchenschicht hinterlassen, die sich durch 24stündiges Einbetten in eine
4proz.
Lösung von
Kalialaun dauernd fixieren lassen.
Bald nach der
Entdeckung des Sehpurpurs faßte man denselben
als wirkliche Sehsubstanz auf; da aber nur die Stäbchen und nicht auch die
Zapfen
[* 17] mit S. versehen sind, da ferner dieser
dem sogen. gelben
Fleck, d. h. derjenigen
Stelle der
Netzhaut, welche gerade als die
Stelle des deutlichsten
Sehens angesprochen
werden muß, völlig fehlt, auch bei verschiedenen
Tieren, die unzweifelhaft sehr gut zu sehen vermögen,
vermißt wird, und da endlich
Tiere, welche, wie der
Frosch,
[* 18] von
Haus aus S. besitzen, auch dann noch gut sehen, wenn dieser
durch grelles
Licht völlig zerstört ist, so scheint der S. beim
Sehen selbst nicht notwendig eineRolle
zu spielen. Immerhin gewinnt durch das Verhalten des Sehpurpurs die
Annahme vom Vorkommen photochemischer
Prozesse in der
Netzhaut
eine thatsächliche Grundlage.
das
Vermögen, auf der
Netzhaut entstandene, scharf begrenzte
Bilder von einer gewissen
Größe zu erkennen.
Je kleiner diese sind, um so größer ist die S. Zur
Prüfung des
Auges auf seine S. benutzt man die von
Snellen angegebenen quadratischen
Buchstaben und Zeichen, deren einzelne Teile eine
Dicke von ⅓ ihrer
Höhe haben. Die S. eines
Auges wird im
Mittel als eine normale angesehen, wenn es diese unterscheiden kann, sobald sie unter einem
Gesichtswinkel von 5
Minuten
erscheinen. Die über jedem Schriftzeichen befindliche Zahl zeigt die
Entfernung in
Metern an, in welcher
sie gesehen werden soll. Wird z. B. Nr. 6 in 6 m
Entfernung erkannt, so ist die S. = 6/6 = 1. Sieht der Untersuchte in dieser
Entfernung jedoch nur Nr. 12, so ist die S. =6/12 = ½.
Bei verschieden großen und entfernten Gegenständen stehen
die Tangenten der S. im direkten Verhältnis der wahren Größen und im umgekehrten der Entfernungen.
Titel der Abkömmlinge des Propheten (bei den TürkenEmir genannt), denen allein es zusteht, einen
grünen Turban und ein grünes Oberkleid zu tragen. Die Seids stehen bei ihren Glaubensgenossen in großem
Ansehen, und eine Beleidigung derselben wird streng geahndet. In Persien
[* 30] gibt es deren mehrere Zweige (Aliden, Fatimiden, Dschafariden
etc.), doch auch viele Pseudo-Seids. Nach dem Tod werden der Turban und die Kuppel auf dem Grabmal des S. grün angestrichen.
Die Seids heißen auch Scherif (»Edler«),
[* 31] der von der Seidenraupe aus dem Sekret ihrer Spinndrüse gefertigte Faden,
[* 32] aus welchem sie behufs der Verpuppung
einen Kokon spinnt. Das aus zwei feinen Öffnungen unter dem Munde der Raupe austretende honigdicke Sekret vereinigt sich zu
einem einzigen massiven Faden, der an der Luft sofort erhärtet. Die Raupe erzeugt zuerst ein lockeres,
grobes, durchsichtiges Gespinst (Flockseide) und innerhalb desselben den dichten, eiförmigen, 33-36 mm langen Kokon (Galette)
von 20-25 mmDurchmesser, dessen innerste Schicht von pergamentartiger Beschaffenheit ist. Da nun weder die letztere Schicht noch
das äußere lose Fädengewirr technisch nutzbar ist, so erhält man von den ca. 3700
m, aus welchen der
ganze Kokon besteht, nur etwa 300-600, seltener 900 m brauchbare S. Von frischen Kokons wiegen durchschnittlich 540 (von den
größten 360, von den kleinsten 1200) 1 kg. Die rohe S. ist weiß, blaß- oder hochgelb, zuweilen
auch rötlichgelb; von dem einfachen Kokonfaden wiegen 2570-3650 m 1 g; er ist bemerkbar abgeplattet,
von 0,013-0,026 mmDicke, läßt sich um 15-20 Proz. seiner Länge ausdehnen und reißt bei einer Belastung mit 43,62 kg pro
QMillimeter (ein Drittel der Festigkeit
[* 33] besten Eisendrahts). Er ist völlig strukturlos und besteht aus etwa 66 Proz. stickstoffhaltiger
Seidensubstanz (Fibroin), welche mit oberflächlich anhängenden Stoffen verunreinigt ist.
Da der auskriechende Schmetterling
[* 35] mittels eines durch den Mund abgesonderten Saftes den Kokon befeuchtet,
erweicht und durchbohrt, so muß die Puppe vor dem Auskriechen getötet werden. Dies geschieht in einem Backofen oder in einer
geheizten Kammer bei einer Temperatur von 57-75° C., auch durch Wasserdampf, indem man die Kokons nach dem Abpflücken der
Flockseide in locker geflochtenen Körben etwa 10 Minuten auf einen Kessel mit kochendem Wasser setzt. Nachdem
die Kokons alsdann sorgfältig sortiert sind, werden sie abgehaspelt (Spinnen).
[* 36]
Man legt sie in heißes Wasser und schlägt sie mit einem kleinen Besen oder mechanisch bewegten Bürsten oder tränkt sie in
Netzbeuteln mit warmem Wasser und schüttelt sie dann, um auf die eine oder die andre Weise den Anfang
des Kokonfadens, der sich an die Reiser oder Netzmaschen anhängt, zu finden. Die Kokons werden dann in warmes Wasser (25-27°)
gebracht und die Fäden von 3-8, selbst 15-20 Kokons, je nach der Stärke
[* 37] der darzustellenden S., bereinigt, indem man sie durch
gläserne Ringe leitet. Mittels des vom Wasser erweichten Seidenleims kleben die Kokonfäden zusammen und
bilden, ohne eine Drehung erhalten zu haben, einen starken Seidenfaden, der sofort auf einen Haspel gewickelt wird. 10-16
kg frische, grüne Kokons oder 7-9 kg gebackene geben 1 kg gehaspelte S., was auf 1 Kokon 150-180 (bis 240)
mg oder 1/8 vom Gewicht des ganzen Kokons (mit der Puppe) beträgt.
Die gehaspelte S. (rohe S., Grège-, Rohseide, Grezseide) wird meist gezwirnt, indem man zwei und mehr Fäden durch Zusammendrehen
vereinigt. Aber auch wenn dies nicht geschieht, muß der Faden der Rohseide eine Drehung erhalten; er wird dadurch runder,
dichter und verliert die Eigenschaft, beim spätern Entschälen in einzelne Kokonfäden zu zerfallen. Das Zwirnen (Filieren,
Moulinieren) ist eine sehr einfache Operation, die auf Spulmaschinen, Dubliermaschinen und Zwirnmaschinen (Spinnmühlen, Filatorien)
ausgeführt wird. Nach den Verschiedenheiten in der Zusammensetzung und Drehung der Fäden unterscheidet man: Organsin (Orsoyseide,
Kettenseide), aus den schönsten Kokons, aus 2, seltener 3 Fäden gezwirnt, deren jeder aus 3-8
¶
mehr
Kokonfäden besteht und vor dem Zusammenzwirnen einzeln sehr stark gedreht ist; dient zur Kette der meisten seidenen Stoffe.
Tramseide (Trama, Einschlagseide), aus geringern Kokons, besteht entweder aus nur einem mäßig gedrehten oder aus 2-3 nicht
gedrehten, schwach zusammengezwirnten Rohseidefäden, deren jeder aus 3-12 Kokonfäden gebildet ist; dient zum Einschlag,
zu Schnüren etc. Marabutseide besteht aus drei (selten zwei) Fäden weißer Rohseide, die nach Art der
Trama gezwirnt, dann ohne vorhergehendes Kochen oder Entschälen gefärbt und schließlich sehr scharf gezwirnt sind, hat peitschenschnurartige
Härte, wird in der Weberei
[* 39] benutzt.
Soie ondée, aus einem groben und einem feinen Rohseidefaden gezwirnt, von welchen der erstere in Schraubenwindungen
um den letztern sich herumlegt; dient zu leichten Modestoffen. Pelseide (Pelo), aus den geringsten Kokons gewonnen, ist ein
einziger grober, gedrehter Rohseidefaden aus 8, 10 oder mehr Kokonfäden, dient als Grundlage zu Gold- und Silbergespinsten
und wird mit geplättetem Draht
[* 40] umwickelt. Nähseide (Cusir) ist aus 2, 4, auch 6 gedrehten oder ungedrehten
Rohseidefäden (à 3-42 Kokonfäden) zusammengezwirnt.
Strickseide, der vorigen ähnlich, aber dicker und schwächer gezwirnt, weil sie weich sein muß, enthält 3 bis etwa 18 Rohseidefäden.
Kordonnierte S., bestehend aus schönen Rohseidefäden, die man zunächst rechts dreht, worauf 4-8 Fäden links zusammengezwirnt
und 3 gezwirnte Fäden durch eine Zwirnung rechts vereinigt werden, ist drall und derb, sehr rund und
glatt, schnurähnlich, dient zu gestrickten, gehäkelten Arbeiten etc. Stickseide (flache S., Plattseide) ist ein schwach gedrehter
einfacher Rohseidefaden oder aus 2-10 und mehr nicht gedrehten Rohseidefäden durch eine sehr schwache Drehung gebildet.
Der ganze Faden breitet sich flach aus, und man kann nach dem Kochen und Färben die einzelnen Kokonfäden
unterscheiden. Die aus den Seidenfilatorien (Seidenmühlen) hervorgehende S. heißt filierte oder moulinierte S. im Gegensatz
zur Rohseide.
Zur Bestimmung der Feinheit der filierten S. (Titrierung) gibt man das Gewicht einer bestimmten Fadenlänge an und zwar das
Gewicht einer Strähne von 9600 PariserAunes (11,400 m) in Deniers (à 24 Gran).
[* 41] Ein Denier ist beim französischen Seidengewicht
= 1,275, beim piemontesischen = 1,281, beim mailändischen = 1,224 Gran. Man haspelt ein Gebind von 400 Aunes (475 m) ab und
bestimmt dessen Gewicht in Gran. So viel Gran die Probe wiegt, so viel Deniers wiegen 9600 Aunes. In Frankreich
setzt man die 400 Aunes rund = 480-500 m. Der einfache Kokonfaden wiegt 2-3,5 Deniers, feinste ungezwirnte Rohseide 7-10, feinste
Organsin 21-24, gröbste 50-85, feinste Trama 12-24, gröbste 60-80 Deniers.
Auf den internationalen Kongressen von 1873 und 1874 wurde beschlossen, die Feinheitsnummer der Seidengespinste
durch den zehnfachen Wert der Zahl auszudrücken, welche das absolute Gewicht eines Fadenstücks von 1 m Länge in Milligrammen
darstellt; als Einheitslänge soll hierbei 500 m, als Einheitsgewicht 0,05 g angenommen werden. Die S. ist ungemein hygroskopisch;
sie nimmt in Kellern 30 Proz. Feuchtigkeit auf, ohne eigentlich Nässe zu zeigen, und je nach der Beschaffenheit
des Aufbewahrungsorts und der Luft schwankt ihr Gewicht leicht um mehrere Prozent. Um nun dem Seidenhandel mehr Sicherheit zu
geben, wird die S. in besondern Anstalten (Konditionieranstalten) probeweise bei 20-30° getrocknet und danach ihr Wert bestimmt.
Richtig
konditionierte S. enthält 9-10 Proz. Feuchtigkeit; man trocknet aber auch eine Probe bei 110°,
wägt sie und schlägt zu dem Gewicht dieser absolut trocknen S. 10 Proz. hinzu.
Rohe S. ist hart, rauh, steif und ohne Glanz (ungekochte, unentschälte S., écru) und wird zu Gaze und Blonden verarbeitet;
meist aber wird sie entschält, d. h. von dem Seidenleim und Farbstoff befreit, wodurch sie glänzend und
weich wird (gekochte, entschälte, linde S.) und sich leichter und besser färbt. Man behandelt sie zu dem Zweck mit starker
Seifenlösung bei 90° (Degummieren), windet die Strähnen aus, bringt je 20-30 kg in einen leinenen Sack, kocht sie in
schwächerer Seifenlösung, spült und trocknet.
Gute S. erleidet hierbei einen Gewichtsverlust von 27 Proz.; die Kokonfäden sind wieder vollständig
voneinander getrennt, und die S. erscheint daher lockerer, gleichsam aufgequollen. Gelbe S. ist nun weiß und kann auch mit
hellen Farben gefärbt werden; die weiß zu verarbeitende wird mit schwefliger Säure vollständig gebleicht
und dann mit Indigolösung gebläut oder mit Orlean schwach rötlich gefärbt (Chinesischweiß). Rohe S. kann ohne Entschälung
gebleicht werden, indem man sie 48 Stunden mit einem Gemisch aus 1 Teil Salzsäure und 23 Teilen Weingeist digeriert.
Florettseide (Fleurett, Filoselle, Florett) wird aus den Seidenabfällen (Galettseide) bereitet und besteht
nicht, gleich der gehaspelten S., aus ununterbrochenen langen Fäden, sondern aus mehr oder weniger kurzen, durch einen wirklichen
Spinnprozeß zu Fäden vereinigten Fasern. Die Abfälle bestehen aus der Flockseide und den pergamentartigen innern Häutchen
der Kokons (beide Sorten werden als Strusi bezeichnet) sowie aus beschädigten oder durchgebissenen Kokons. 8-10 kg
Kokons liefern etwa 1 kg gehaspelte S. und 1-2 kg Abfälle.
Die Strusi werden 8-10 Tage in Wasser maceriert und dann gewaschen; die Kokons kocht man mit Seifenwasser und wäscht sie dann
ebenfalls; das so gewonnene Material wird nun wie Baumwolle
[* 42] gekrempelt und gesponnen. Bisweilen zerschneidet man auch das Material
zunächst in Längen von 40-70 mm, oder man hechelt oder kämmt die langen Sorten, wie Flachs oder lange Wolle, auf der Dressingmaschine
und erhält als Abfall Stumpen- oder Seidenwerg. Zum Spinnen dient das Handrad oder Maschinen, wie sie bei der Baumwoll-, Flachs-
oder Kammwollspinnerei benutzt werden. Die Gespinste (Seidengarn) kommen als Chappe, Crescentin, Galettam,
Galette in den Handel; auch die Abfälle bei der Florettseidenfabrikation (Strazza) werden ebenfalls noch versponnen. Man benutzt
die Gespinste zu Geweben, Hutfelbel, groben Bändern und Schnüren, als Stickseide, auch zum Stricken und in der Strumpfwirkerei.
Für gewisse Waren wird Florettseide auch mit Baumwolle oder Wolle versponnen.
Seidenbau und Seidenmanufaktur wurden zuerst in China
[* 43] betrieben; schon 4000 Jahre v. Chr. war die S. den Chinesen bekannt, doch
geschieht der Seidenzucht erst 2602 Erwähnung. Eine chinesische Kaiserstochter verpflanzte die Seidenzucht 140 v. Chr. nach
Japan und eine andre im 6. Jahrh. nach Tibet. Nach Ritter wanderte die Zucht wohl in der Sassanidenperiode
nach Sogdiana, Baktriana und Iran und kam von dort nach Serinda. Bei den Griechen spricht zuerst Aristoteles von der S. und der
Seidenraupe, und zwar scheint Alexander durch seinen Feldzug diese Kenntnis vermittelt zu haben. Ward nun schon hier die S. ein
beliebter Gegenstand des Luxus,
¶
mehr
so spielte sie bei den Römern eine noch viel größere Rolle, und trotz wiederholter Verbote gegen das Tragen seidener Kleider
nahm der Luxus immer mehr überhand. Vielleicht schon unter Tiberius, sicher aber 220 wurde Rohseide nach Italien gebracht und
dort zu halb- und ganzseidenen Stoffen verarbeitet. Unter Justinianus (555) brachten persische Mönche Seideneier
und Maulbeersamen aus Serinda nach Konstantinopel,
[* 45] und nun erblühte bald in jeder griechischen Stadt Seidenbau.
Die ersten Raupen zur Zucht scheinen 1599 nach Deutschland gekommen zu sein; 1670 bildete sich in Bayern
[* 59] die erste Seidenbaugesellschaft, und unter Friedrich II. erblühte das Seidengewerbe in der Mark, bei Halberstadt,
[* 60] Magdeburg
[* 61] und in Pommern,
[* 62] gewann indes keinen festen Boden und verfiel wieder während der Napoleonischen Kriege. Erst in neuester Zeit
ward dieser Industriezweig von neuem angeregt, kam indes zu keiner rechten Entwickelung, da die Raupenkrankheit
in den 50er Jahren die europäische Produktion um mehr als die Hälfte verminderte und von weitern Bemühungen abhielt.
an Händen und Füßen gelblichbraun. Der Pelz ist rötlichgelb, die Mähne dunkelbraun. Es bewohnt die Waldungen der Ostküste
Brasiliens zwischen dem 22. und 23.° südl. Br., lebt familienweise, zeigt sich ängstlich, mißtrauisch, leicht erregbar,
wird aber in der Gefangenschaft einigermaßen zahm. Der Uistiti (Marmoset, Saguin, H. JacchusL.), 22-27 cm
lang, mit 30-35 cm langem, geringeltem Schwanz, rostgelb, mit schmalen, schwarzen und weißen Querbinden, unterseits weißlichgrau,
mit dunkelbraunem Kopf, dunkelfleischfarbenem Gesicht und weißem Ohrpinsel; er bewohnt die Umgegend von Bahia
[* 86] und die Waldungen
der Ostküste zwischen dem 14. und 17.° südl. Br., kommt nicht selten nach Europa und hat sich hier auch
fortgepflanzt.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Liegnitz,
[* 87] Kreis
[* 88] Lauban, Knotenpunkt der Linie Nikrisch-S. der Preußischen
Staats- und der Österreichschen Südnord-Verbindungsbahn, 252 m ü. M., hat
eine evang. Kirche, ein Amtsgericht, Tuchmanufaktur, Schirmstock- und Ofenfabriken und (1885) 2022 meist evang.
Einwohner.
[* 90] (Ampelis L., BombycillaVieill.), Gattung aus der Ordnung der Sperlingsvögel
[* 91] und der
Familie der Seidenschwänze (Ampelidae), welche den Fliegenfängern am nächsten steht. Die Seidenschwänze sind gedrungen
gebaut, mit kurzem Hals, ziemlich großem Kopf, mittellangen und spitzigen Flügeln, in denen die erste und zweite Schwinge am
längsten sind, kurzem, an der Wurzel
[* 92] etwas breitem, an der Spitze sanft herabgebogenem und vor derselben
mit einem kleinen Ausschnitt versehenem Schwanz, kurzem, geradem Schnabel, ziemlich kurzen, starken Füßen, reichhaltigem, seidenweichem
Gefieder, auf dem Kopf mit einer Holle und mit roten, hornigen Spitzen an den Armschwingen und Steuerfedern.
20 cm lang, 35 cm breit, rötlichgrau, unterseits heller, am Kinn und an der Kehle schwarz, mit schwarzem Zügel und Augenstreifen,
außen gelb gefleckten, innen weiß gekanteten Handschwingen und schwärzlichen, an der Spitze gelben Schwanzfedern, bewohnt
als Strichvogel im N. Europas, Asiens und Amerikas Fichtenwälder, wandert, durch Nahrungsmangel gezwungen,
südwärts und weilt bisweilen in größern Gesellschaften bei uns von November bis März. Er ist träge, friedfertig, gesellig,
einfältig und dreist, er singt leise und unbedeutend, klettert geschickt, fliegt leicht und schnell, nährt sich von Beeren
und
Insekten und ist ungemein gefräßig. Er nistet nicht hoch über dem Boden, aber sehr versteckt auf
Fichten und legt im Juni 5-7 bläuliche, dunkel gefleckte und punktierte Eier.
[* 93] Man fängt den S. sehr leicht in Dohnen oder
auf dem Vogelherd. Er wird in der Gefangenschaft bald zahm, wird aber durch seine Gefräßigkeit lästig. Das Fleisch ist schmackhaft.
Ehemals galt der S. wegen seines unregelmäßigen Erscheinens als Vorbote von allerlei Landplagen.
Schmetterling aus der Familie der Spinner (Bombycidae), 32-38
mm breit, mehlweiß oder perlgrau, mit blaß gelbbraunen Querstreifen auf den Flügeln und schwärzlich gekämmten Fühlern,
ist wahrscheinlich in China heimisch und wird behufs der Gewinnung von Seide in China, Japan, Indien und in
Südeuropa gezüchtet. Das Ei
[* 94] des Seidenspinners (s. Tafel,
[* 85]
Fig. 1) ist oval, flach gedrückt,
1-1,5 mm lang, schiefergrau, ins Bläuliche, Violette oder Grünliche spielend und überwintert.
Die ausschlüpfende Raupe ist schwarzbraun, wird aber nach der ersten Häutung perlgrau, ins Bräunliche
oder Gelbliche neigend. Einige Rassen sind schwärzlichgrau oder samtschwarz oder am ganzen Körper dunkel quer gestreift.
Der elfte Körperring besitzt auf der Rückenseite einen Hautzapfen (Sporn), und vom Kopf bis zu diesem Zapfen verläuft ein
bläulichgraues Band,
[* 95] dem Rückengefäß oder Herzen entsprechend. Auf der Rückenseite des dritten und achten Ringes
finden sich zwei halbmondförmige Flecke, welche aber bei einigen Rassen fehlen. Die Spinndrüsen der Raupe (Textfig. 1) bestehen
aus einem vielfach gewundenen Schlauch, dessen hinterer Teil die Seidenmaterie absondert, welche durch dünne Ausführungsgänge
zu der im Kopf gelegenen Spinnwarze und von da aus dem Körper geleitet wird.
Die Raupe häutet sich viermal, und 30-35 Tage nach dem Ausschlüpfen ist sie spinnreif (s. Tafel). Indem
sie die an der Luft sofort zu einem Faden erhärtende Spinnmaterie austreten läßt und dabei mit dem KopfeBewegungen ähnlich
einem ∞ macht, legt sie um sich herum Fadenwindung an Fadenwindung, und in kurzer Zeit ist sie von
einem dichten Seidengespinst (Kokon), bestehend aus einem einzigen langen Faden, eingeschlossen. Der Kokon (s. Tafel) ist länglich-oval,
bei den einheimischen Rassen strohgelb, bei den japanischen Rassen grünlich, bei den Weißspinnern weiß.
Durch Kreuzungen erhält man goldgelbe und andre Nüancen. AchtTage nach dem Einspinnen verpuppt sich die Raupe
[* 85]
(Fig. 2 u. 3), und nach weitern acht Tagen schlüpft der Schmetterling aus, indem er denKokon durchbohrt. Sehr bald darauf beginnt
die Paarung, welche 6-8 Stunden dauert, und nach derselben legt das Weibchen in wenigen Tagenca. 400 Eier, worauf die Schmetterlinge
[* 96] sterben. Die gelben Eier werden bald dunkler und schließlich grau, unbefruchtete Eier bleiben gelb und
trocknen aus. Bei den sogen. Zweispinnern kriechen die Räupchen noch in demselben Sommer aus u. machen eine zweite Generation
durch. Man kann solches außerzeitige Ausschlüpfen künstlich
durch den elektrischen Funken, Reibung
[* 98] mit vegetabilischen Fasern, andauernde Abkühlung, momentane Erwärmung auf 40° R. oder
durch kurze Einwirkung von Schwefel-, Salpeter- oder Salzsäure hervorrufen.
Seidenraupenzucht.
Bei der Seidenraupenzucht werden im Frühjahr wenige Tage vor dem Grünwerden der Maulbeerbäume die Eier (Grains, Samen)
[* 99] zur
Ausbrütung ausgelegt. KleinereQuantitäten trägt man wohl zu dem Zweck am Leib oder legt sie unter die
Bettmatratze; größere werden in Zimmern ausgebreitet, in welchen man die Temperatur von 0°, täglich um ½-1°, auf 18-20°
R. steigert. Man benutzt auch Brutöfen, wie den von Haberlandt-Bolle, welcher aus einem an der einen Seite offenen Kasten
aus Zinkblech, der von einem hölzernen Kasten umgeben ist, besteht.
Der Zwischenraum zwischen beiden Kasten dient zur Zirkulation eines warmen Luftstroms, der aus einer Petroleumlampe aufsteigt
und durch ein Rohr entweicht. Durch ein Glasthürchen schiebt man die Rahmen mit den Eiern, Thermometer
[* 100] und Wassergefäß ein;
die Lufterneuerung im Brütraum geschieht durch besondere Röhren.
[* 101] In 10-15 Tagen schlüpfen die Raupen
aus und werden mittels junger Maulbeerblätter abgehoben und im Aufzuchtslokal auf Hürden gelegt. Dies Lokal und alle Geräte
müssen vorher gut gereinigt und womöglich mit Chlor geräuchert werden.
Zur Aufzucht der Raupen aus 25 g Samen (35-40,000 Eier) bedarf man 70 cbmRaum. In demselben werden eine Temperatur
von 17° und beständiger Luftwechsel unterhalten. Jede zweite oder dritte Stunde, mit Ausnahme der Häutungsperioden, wird
gefüttert. Das Laub nimmt man vom weißen Maulbeerbaum; es muß frisch und nicht von Regen oder Tau naß sein. Zweckmäßig
reicht man bis zur vierten Häutung mit der Laubschneidemaschine zerschnittenes Laub. Man verbraucht auf 25 g
Samen bis zum Einspinnen 780 kg und erhält von 1000 kg Laub 60 kg Kokons.
Mit dem Wachsen der Raupen (die angewachsene übertrifft die ausgeschlüpfte an Volumen um das 2250fache, an Gewicht um das 6000fache)
muß man sie auf immer größere Flächen ausbreiten; die Raupen aus 25 g Samen erfordern beim Ausschlüpfen
0,3, bei der ersten Häutung 1, bei der zweiten 3, bei der dritten 9, bei der vierten 20, bei der Spinnreife 70 qm.
Nach der ersten Häutung muß man die Lager
[* 102] mit den Exkrementen und Blattresten täglich entfernen (Wechseln derBetten);
man
legt zu dem ZweckNetze oder durchlöchertes Papier (Textfig. 4 u. 5) auf die Raupen und darüber frisches Laub.
Sehr bald kriechen dann die Raupen hervor und können leicht auf neue Hürdenübertragen werden. Das alte Lager wird aufgerollt
und hinausgeschafft. Nach 30-35 Tagen hören die Raupen auf, zu fressen, und man stellt nun die Spinnhütten
auf, welche aus losen, zwischen zwei Hürden aufgerichteten Bündeln von trocknem Stroh oder Reisig bestehen. AchtTage, nachdem
die letzte Raupe in die Spinnhütte übertragen wurde, kann man letztere zerlegen und die Kokons sammeln. Bevor man diese zu
Markte bringt oder in eignen Öfen
[* 103] mit Dampf
[* 104] oder heißer Luft tötet, muß man sorgfältig die schwachen
oder fleckigen und die sogen. Doppelkokons auslesen.
Die Schlaffsucht (Flacherie) befällt die Raupen meist unmittelbar vor der Spinnreife
[* 97]
(Fig. 8); sie werden schlaff, sterben bald
ab, verbreiten nach wenigen Stunden einen widerwärtigen Geruch und werden schwarz und breiig. GroßeZuchten
können dadurch in 2-3 Tagen dahingerafft werden. Im Mageninhalt treten bei dieser Krankheit zahlreiche Bakterien und Mikrokokken
(Cordyceps) auf
[* 97]
(Fig. 9). Die wahre Ursache der Schlaffsucht ist nicht bekannt, doch wird sie durch irrationelle Aufzucht begünstigt.
Die Kalksucht (Muscardine) wird durch einen Pilz, Botrytis BassianaBal.
[* 97]
(Fig. 10), herbeigeführt. Das Mycelium
desselben durchwuchert in mehreren Tagen die innern Organe, tötet die Raupe, durchbricht die Haut
[* 106] und fruktifiziert, worauf
die weißen Sporen ausgestreut werden. Die abgestorbene Raupe ist wachsartig, später