3)
Franz,
Komponist, geb. zu
Wien,
[* 2] wo sein
Vater an der Pfarrschule der Vorstadt
Lichtenthal als
Lehrer angestellt war,
erhielt den ersten Musikunterricht im väterlichen
Haus und wurde 1808 wegen seiner schönen
Stimme als Singknabe in das kaiserliche
Konvikt aufgenommen. Neben dem Kompositionsunterricht von Ruczizka undSalieri genoß er hier musikalische
Anregung verschiedenster Art,
denn er wirkte nicht bloß als
Solist im
Gesang, sondern lernte auch die Instrumentalwerke J.
Haydns und
Mozarts kennen, da er bei dem aus den Konviktknaben gebildeten
Orchester als erster Violinist verwendet wurde und
in gleicher
Eigenschaft bei dem
Lichtenthaler Kirchenchor und bei den Quartettabenden im väterlichen
Haus
beschäftigt war.
Nach erfolgtem
Stimmwechsel aus der Anstalt entlassen, kehrte er im
Oktober 1813 in das elterliche
Haus zurück und lebte hier
ausschließlich den musikalischen
Studien, bis er, um der
Konskription zu entgehen, gegen Ende 1814 Schulgehilfe seines
Vaters
wurde, welches
Amt er drei Jahre hindurch versah. Mittlerweile hatten aber schon mehrere seiner
Kompositionen
in
Wien die
Aufmerksamkeit der Musikfreunde auf sich gezogen, und so kam es, daß S. 1818 als
Sing- und Klaviermeister von dem
Grafen J.
^[Johann]
Esterházy engagiert wurde und diesem nun nach
Ungarn
[* 3] auf sein
Gut Zelécz folgte. Im Spätherbst d. J.
kehrte er wieder nach
Wien zurück und lebte nun hier (einige vorübergehende Ausflüge nach
Steiermark
[* 4] und
Oberösterreich
mit seinem
Freunde, dem Hofopernsänger
Vogl, sowie einen zweiten Sommeraufenthalt in Zelécz abgerechnet) bis zu seinem am erfolgten
Tod. Er wurde auf dem
WähringerFriedhof in der
Nähe vonBeethovensGrabe bestattet; 1872 errichtete man
ihm im
Wiener Stadtpark ein Denkmal (von
Kundmann).
Ein
Amt hatte S. niemals inne: die ihm angetragene Hoforganistenstelle schlug er aus, und die
Stelle des Vizekapellmeisters
an der kaiserlichen Hofkapelle, um die er sich 1826 bewarb, ward nicht ihm, sondern
Weigl verliehen, so daß er,
trotz der Opferbereitwilligkeit seiner zahlreichen
Freunde, sein
Leben in nahezu dürftigen Verhältnissen verbracht hat. S.
war einer der genialsten und fruchtbarsten
Komponisten aller
Zeiten. Seine musikalische Hinterlassenschaft umfaßt 4 vollendete, 5 unvollendete
Opern, 5
Operetten, 2
Singspiele, ein Melodram, 9
Ouvertüren (darunter die zu
»Rosamunde«,
»Fierabras« und »Alfonso undEstrella«),
ferner das berühmte sogen. Forellen-Klavierquintett, 2
Trios, 2 große
Duos
und 3 kleinere
Duos für
Klavier und
Violine.
Diesen Meisterwerken stehen ebenbürtig zur Seite die zahlreichen zwei- und vierhändigen
Klavierkompositionen Schuberts, die
Sonaten,
Impromptus,
Polonäsen,
Märsche, von welch letztern
Liszt mehrere meisterhaft instrumentiert
hat. In allen diesen Werken offenbart sich eine überströmende
Phantasie, blühendste
Frische des
Ausdrucks
und unerschöpflicher
Reichtum melodischer und harmonischer
Erfindung. Obwohl vorwiegend für die
Lyrik beanlagt und demgemäß
in den kleinern Musikformen am meisten heimisch, wußte doch S. auch die größern
Gattungen der
Vokal- und Instrumentalkomposition
stets
mit dem ihnen entsprechenden
Inhalt zu erfüllen, und selbst als Symphoniekomponist
ist er seinem
großen Vorbild
Beethoven näher gekommen als einer seiner Zeitgenossen und Nachfolger.
Die unmittelbare Nachbarschaft des größern
Meisters und seine eigne kurze
Lebensdauer erklärt es, daß mit Ausnahme seines
Es dur-Trios nicht ein einziges seiner großen Instrumentalwerke bei seinen Lebzeiten die gebührende Beachtung finden
konnte. Nur seine
Lieder, in denen er die von seinen Vorgängern auf diesem Gebiet (J. H. ^[richtig:
JohannFriedrich]
Reichardt,
Zelter u. a.) gemachten
Versuche einer künstlerischen
Veredelung des deutschen
Volksliedes in mustergültiger
Weise zum
Abschluß
brachte, wurden schon von den Zeitgenossen ihrem vollen Wert nach erkannt, doch auch dies erst, nachdem
sie in dem
SängerVogl einen liebe- und verständnisvollen
Interpreten gefunden hatten. So bedurfte es z. B. voller fünf Jahre,
bis der 1816 geschriebene
»Erlkönig« ins
Publikum drang, und wenn nach dem Erfolg dieses
Liedes Schuberts
Name in ganz
Deutschland
[* 5] bekannt wurde, so blieb doch die
Nachfrage nach seinen Werken auch jetzt noch weit hinter seiner
Produktion
zurück.
Kaum der sechste Teil seiner gegenwärtig bekannten
Lieder ist bei seinen Lebzeiten veröffentlicht worden, obwohl er kaum
eins geschrieben hat, welches nicht den
Stempel des
Genius trüge und in der Gesamtwirkung wie in allen Einzelheiten von der
wunderbaren musikalischen Gestaltungskraft ihresAutorsZeugnis ablegte. Eine Gesamtausgabe seiner Werke
haben
Breitkopf u.
Härtel in
Leipzig
[* 6] unternommen. Seine
Biographie schrieben Kreißle v. Hellborn
(Wien 1865) und
Reißmann (Berl.
1873).
4)
FriedrichWilhelm, Geschichtschreiber und
Statistiker, geb. zu
Königsberg
[* 7] i. Pr., war seit 1823 bis zu seinem erfolgten
TodProfessor daselbst. Seine Hauptwerke sind: »Handbuch der allgemeinen Staatskunde von
Europa«
[* 8] (Königsb.
1835-48, 2 Bde.);
Karl, Violoncellist und
Komponist, geb. zu
Magdeburg,
[* 9]
Schüler von
Dotzauer, machte 1828-35 große
Kunstreisen, wurde sodann Universitätsmusikdirektor und Hofkapellmeister in
Petersburg,
[* 10] wo er sich als tüchtiger Orchesterdirigent
besonders um Einführung der Werke von
Beethoven,
Schumann,
Liszt,
Wagner etc. verdient machte;
Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk
Bromberg,
[* 12] an der Gonsawka, hat eine evangelische und eine kath.
Kirche,
ein
Amtsgericht und (1885) 3127 meist kath.
Einwohner.
(Pièce à tiroirs, Verkleidungstück), kleines, meist einaktiges dramatisches
Stück, das seinem
Wesen
nach zum
Lustspiel gehört und darauf hinausgeht, mehrereCharaktere in schneller Aufeinanderfolge durch
einen und denselben Darsteller
¶
mehr
vorzuführen. Es heißt S., weil die verschiedenen Figuren mit den bereit liegenden Kostümen gleichsam aus Schubladen gezogen
werden. Kotzebue hat sich auch um diese virtuose Richtung der Schauspielkunst ein zweifelhaftes Verdienst erworben. Die Gattung
lebt in Stücken wie: »Die Drillinge«, »Die Unglücklichen«, »Die
Familie Fliedermüller« noch in dem Repertoire der Gegenwart fort. Bekannte Schubladenstücke sind ferner:
»Garrick in Bristol«, »Die Leibrente«, »Das Landhaus an der Heerstraße«, »Die Zwillingsbrüder«, »Die
Proberollen« u. a.
(eigentlich Procházka), Klementine, Koloratursängerin, geb. zu Wien, besuchte das WienerKonservatorium,
auf dem sie sich erste Preise errang, und ist seit 1873 Mitglied des Hoftheaters zu Dresden,
[* 33] wo sie sich 1875 mit
dem Hofkapellmeister ErnstSchuch verheiratete.
als Eigenschaft im Umgang mit (wirklich oder vermeintlich) Höherstehenden, hat mit der Blödigkeit
(s. d.) den Wunsch, zu gefallen, aber auch die Unfähigkeit, sich geltend zu machen, gemein, unterscheidet sich aber von letzterer
dadurch, daß jene Unfähigkeit bei der Blödigkeit einen physischen (z. B. Mangel an Mut), bei der S.
dagegen einen moralischen Grund (z. B. Mangel an Selbstvertrauen) hat.
Daher wird der Blöde leicht durch andre eingeschüchtert,
der Schüchterne dagegen schüchtert sich selbst ein.
Levin, Romanschriftsteller, geb. zu Klemenswerth im Münsterschen,
besuchte die Gymnasien zu Münster
[* 34] und Osnabrück,
[* 35] studierte dann zu München, Heidelberg
[* 36] und Göttingen
[* 37] die Rechte, gab aber 1837 die
juristische Karriere auf
und ließ sich, der freien litterarischen Thätigkeit sich zuwendend, in Münster nieder. Einige Jahre
später (1842) übernahm er die Erziehung der beiden Söhne des FürstenWrede und lernte in dessen Hause
seine spätere Gattin, Luise v. Gall (s. unten), kennen, mit der er sich 1843 vermählte.
Die Komposition ist in der Regel vortrefflich, die Durchführung spannend,
die Charakteristik lebendig und psychologisch wahr, wenn auch selten tief, die Darstellung glatt, zumeist
leicht, aber anmutig. Einer Sammlung »Ausgewählte Romane« (Leipz. 1864, 12 Bde.)
ward eine »zweite Folge« (das. 1874-76, 12 Bde.)
angereiht. Auch seine Novellen erschienen gesammelt (Hannov. 1859 bis 1866, 6 Bde.).
Vgl. Schückings
¶
mehr
»Lebenserinnerungen« (Bresl. 1885, 2 Bde.).
- Seine GattinLuise, geborne v. Gall, geb. zu Darmstadt,
[* 50] gest. hat sich durch »Frauennovellen«
(Darmst. 1845, 2 Bde.) u.
»Frauenleben«, Novellen (posthum, Leipz. 1856, 2 Bde.),
die Romane: »Gegen den Strom« (Brem. 1851, 2 Bde.) und »Der
neue Kreuzritter« (Berl. 1853) sowie das Lustspiel »Ein schlechtes Gewissen« (das. 1842) bekannt gemacht.
Mit ihrem Gatten gemeinsam gab sie »Familienbilder« (Prag 1854, 2 Bde.) und »Familiengeschichten«
(das. 1854, 2 Bde.) heraus.
Einzelne Fabrikanten entnehmen von ihren Lieferanten die fertige Ware, andre überweisen ihnen das Leder
oder Halbfabrikate zur Vollendung, während noch andre die Gesamtarbeit durch Lohnarbeiter in besondern Fabrikräumen vornehmen
lassen. Zum Vorbereiten des gegerbten Leders dienen Walzen und Hämmermaschinen, welche das Leder dichter und geschmeidiger
machen solle, während zur Erzielung gleichmäßiger Dicke Lederspaltmaschinen in Anwendung kommen. In diesen letztern wird
das Leder der ganzen Breite
[* 63] nach so gegen ein Messer
[* 64] geführt, daß der zu benutzende stärkere Teil über
demselben und unter einer verstellbaren Anschlagleiste, d. h. durch einen auf die Lederdicke
eingestellten Spalt, hindurchgeht, während die zu dicken Stellen an der Fleischseite des Leders als zusammenhängendes Fell
unter dem Messer herausfallen.
Das Hindurchziehen des Leders durch diese Maschine
[* 65] erfolgt durch eine Walze, an welcher es befestigt wird.
Zum Ausschneiden der Sohlen und der Absatzstücke dienen Stanzmaschinen, welche mit einem nach der Form der Sohle etc.
gebogenen
Messer dieselbe durch einen einzigen Druck erzeugen; da diese Maschinen jedoch ebensoviel Messer wie Sohlenformen erfordern,
so hat man Maschinen konstruiert, die nach Art der Bandsägen wirken, aber statt der Säge
[* 66] ein scharfes
Bandmesser besitzen.
Zum Zusammenstellen der einzelnen Flecke zu einem Absatz dient eine Absatzpresse und zum Beschneiden desselben eine Fräsmaschine,
[* 67] die zur Wirkung gelangt, nachdem die Absätze an die Fußbekleidung angeheftet sind, was auch auf besondern
Maschinen sehr vollkommen gemacht werden kann. Zur Bearbeitung des Oberleders dienen ebenfalls Ausschneidemaschinen,
welche jedoch der Handzuschneiderei gegenüber von geringerer Verbreitung sind, sodann aber die sehr wichtigen Walkmaschinen,
welche dem Leder die eigentümliche knieförmige Gestalt im Fußgelenk geben, die Pappmaschinen zum Aufkleben des Futters und
der sogen. Oberlederkleinigkeiten, Abschärfmaschinen zum Abschärfen der
Lederkanten zu einem Keil und endlich Maschinen zum Aufzwicken des Oberleders auf den Leisten, um das Oberleder mit der Brandsohle
richtig zu verbinden.
Durch eine Anzahl Zangen wird das Oberleder an verschiedenen Punkten gefaßt und über den Leisten gespannt, worauf es durch
schwache Stiftchen festgezwickt wird. Zum Nähen und Steppen der Schäfte und des Oberleders dienen Steppmaschinen,
welche nur mit einem Faden
[* 68] arbeiten, der gepicht und während der Arbeit leicht erwärmt wird. Nach dem Aufzwicken wird die
Sohle aufgelegt und durch Stifte in der Mitte aufgezwickt. Die Sohle ist bereits vorher auf der Rißmaschine mit einem die
ringsum gehende Naht verzeichnenden Riß in 6 mmEntfernung vom Rand versehen worden, welcher zur Aufnahme der Naht bestimmt ist.
Der Zwicker öffnet nun den Riß und schlägt in kürzern Abständen Rißnägel in die Kante, damit beim Nähen die Sohle nicht
verschoben werden kann. Hierauf wird der Leisten aus dem Stiefel gezogen, dieser aber an die Sohlennähmaschine
(Besohlmaschine) abgeliefert. Bei dieser wird der zu nähende S. oder Stiefel auf ein um seine senkrechte Achse bewegliches
Horn gesteckt, in welchem Apparate und Maschinenteile von unten thätig sind, während von oben die Nadel gerade durch den Riß
hindurch durch die Sohle, den Rand des Oberleders und die Brandsohle einen gepichten Faden zieht.
Der Faden wird hierbei so fest angezogen, daß sich der auf der Brandsohle, also im Innern, bildende Kettenstich ganz in das
Leder hineinzieht, also nicht drücken kann. Dadurch entsteht eine ganz vollkommen wasserdichte Verbindung, da auch die Löcher
vollkommen dicht durch den gepichten Faden ausgefüllt werden, welcher sich so fest mit dem Leder verbindet,
daß er auch noch hält, wenn die Sohle abgelaufen ist und die Schlingen geöffnet sind. Bei aller Vollkommenheit des Produkts
arbeitet die Maschine so schnell, daß in 1½ Minute ein PaarSohlen aufgenäht sind, während man hierzu
mit der Hand wenigstens eine halbe Stunde braucht.
Dieser Arbeit schließen sich nun diejenigen zur Befestigung des Absatzes an, von denen bereits die Rede war, sowie kleine Vollendungsarbeiten,
z. B. das Zudrücken des Risses über der Naht, das Abputzen der Sohlen etc. Zur Befestigung der Sohlen benutzt man auch vielfach
die Holznagel- oder Pflockmaschine, welche das Holzpflockschlagen so schnell und vollkommen ausführt, daß das Produkt hinter
den genähten Schuhwaren nicht zurücksteht. Bei dieser Maschine wird der Holzstift zunächst in ein nach unten verjüngtes
Rohr gebracht, durch welches vorher eine Ahle gegangen
¶
mehr
war, die in das darunter befindliche Leder ein Loch gestochen hatte. Wird nun der Holzstift durch einen in das Rohr hineinragenden
Hammer
[* 70] getroffen, so wird er in dem Rohr zunächst zusammengepreßt und tritt sodann mit Leichtigkeit in das etwas dünner
gebohrte Loch in dem Leder ein, welches er, indem er sich wieder ausdehnt, sehr vollkommen ausfüllt. Die
Holzpflöcke werden bei dieser Maschine von langen, aufgerollten Holzbändern von der Dicke der Pflöcke und einer Breite gleich
der Länge der Pflöcke abgeschlagen.
Alle hier vorkommenden Einzeloperationen, zu denen auch die selbstthätige Fortschiebung der Sohle und die gewünschte Distanz
zweier Löcher gehören, werden von der Maschine selbstthätig und mit großer Geschwindigkeit vollzogen.
Neuerdings werden die Sohlen auch oft mittels besonderer Maschinen durch Schrauben
[* 71] befestigt. Das Glätten der Sohlen besorgt
die Glätt- oder Glaspapiermaschine. Die Maschinen-Schuhmacherei liefert ein gleichmäßigeres und besseres Produkt zu billigerm
Preis als die Handschuhmacherei und wird sich daher trotz alles Widerstrebens der letztern immer
mehr Bahn brechen.
Vgl. Schneider, Die moderne Schuhfabrikation (Weim. 1877, mit Atlas);
[* 72]
Knöfel, Lehrbuch der Fußbekleidungskunst
(2. Aufl., Leipz. 1879);
Rodegast, Die Fußbekleidungskunst (Weim. 1888);
Franke, Die Schuhmacherei (3. Aufl., Artern 1887).
[Hygienisches.]
Das Schuhwerk soll sich naturgemäß dem Bau des Fußes anpassen, unsre moderne Fußbekleidung
aber ist so unnatürlich gestaltet, daß man selbst bei heranwachsenden jungen Leuten schwerlich noch einen normal gebildeten
Fuß findet, da das Schuhwerk sehr frühzeitig zur Verkrüppelung der Zehen und zu Mißbildungen des Fußskeletts führt. Da
sich der Fuß beim Aufsetzen auf den Boden um 1/10 verlängert und um mehr als 1/30 verbreitert, so sollte
das Maß nicht im Sitzen genommen werden.
BeimGehen löst sich der Fuß derartig vom Boden los, daß schließlich die Spitze der großen Zehe gegen den Boden abdrückt.
Hierzu bedarf sie freien Spielraums, aber auch alle übrigen Zehen, die behufs seitlicher Stützung des Fußes sich krümmen
und fest an den Boden andrücken sollen, müssen im Schuhwerk frei beweglich bleiben. Letzteres muß daher, anstatt in eine
Spitze auszulaufen, berücksichtigen, daß die Zehenränder mit der durch die Köpfchen der Mittelfußknochen gezogenen geraden
Linie ein unregelmäßiges Viereck
[* 73] bilden.
Die Sohle ist richtig geformt, wenn eine Linie, die um die halbe Breite der großen Zehe entfernt von dem
vordern Teil des innern Sohlenrandes parallel mit diesem gezogen wird, in ihrer Fortsetzung durch den Mittelpunkt des Absatzes
geht. Letzterer muß groß, breit und höchstens 15-20 mm hoch sein, weil bei zu hohem Absatz der Unterstützungspunkt des Körpers
zu weit von seinem Schwerpunkt
[* 74] entfernt ist und das Körpergewicht auf die Zehen drückt, so daß die Wadenmuskeln
nur unvollkommen fungieren können und das Gehen und Stehen sehr unsicher wird.
Der Fußrücken ist wegen der hier verlaufenden Gefäße und Nerven
[* 75] ganz besonders vor Druck zu schützen. Das Oberleder soll
weich und geschmeidig erhalten werden. Der Fuß wird am besten durch wollene Strümpfe vor Erkältung geschützt,
doch ist notwendig, daß das Schuhwerk die Ausdünstung nicht behindere, um das Feuchtwerden zu vermeiden. Deshalb ist dauerndes
Tragen von Gummischuhen ungesund, und besser als die über dem Fuß fest anschließenden Stiefeletten sind Stiefel mit halbhohem,
weitem Schaft oder Schuhe.
Vgl. Meyer, Die richtige Gestalt der Schuhe (Zürich
1858);
Derselbe, Die richtige Gestalt
des menschlichen Körpers in ihrer Erhaltung und Ausbildung (Stuttg. 1874);
Günther, Über den Bau des menschlichen Fußes und
dessen zweckmäßigste Bekleidung (Leipz. 1863);
Starcke, Der Militärstiefel etc. (»Deutsche militärische
Zeitschrift« 1880).
Peter, Graf von Griffenfeldt (Greifenfeld), dän. Staatsmann, geb. zu
Kopenhagen
[* 77] als Sohn eines Weinhändlers, bezog schon im 13. Jahr die Universität, ward von König Friedrich III. zum Kanzleisekretär,
Archivar und Bibliothekar ernannt und 1660 mit dem Entwurf des Königsgesetzes beauftragt. Nach der Durchführung desselben
zum leitenden Minister ernannt, bildete er nach dem BeispielRichelieus die absolute Monarchie durch zweckmäßige
Einrichtungen vollends aus, behielt auch unter Friedrichs Nachfolger Christian V. seinen maßgebenden Einfluß, suchte nach
außen den Frieden zu erhalten und 1671 durch Schaffung eines neuen Hofadels die alte Adelsmacht in Vergessenheit zu bringen. 1671 selbst
zum Grafen von Griffenfeldt, 1673 zum Großkanzler und Ritter des Elefantenordens erhoben, wurde er, da er
als Emporkömmling verhaßt war, durch Stolz den Adel, durch selbständiges Auftreten den König verletzte, endlich aus Friedensliebe
den Krieg an Schweden
[* 78] zu erklären zögerte, von seinen zahlreichen Feinden der Bestechung, des Unterschleifs und Verrats angeklagt,
im März 1676 verhaftet und trotz würdiger, überzeugender Verteidigung zum Tod und Verlust seines Vermögens
verurteilt. Erst auf dem Schafott wurde ihm das Leben geschenkt, aber 22 Jahre schmachtete er in strenger Kerkerhaft in Frederikshavn,
dann auf Munkholm bei Drontheim. Er starb wenige Wochen nach seiner Freilassung.
(schwäbischer Langaus), besonders in den oberbayrischen Gebirgsorten beliebter Tanz, wird von einem
Paar getanzt: die Tänzerin dreht sich ruhig fort, indes der Tänzer um sie herumtanzt, mit den Füßen stampft, mit den Händen
im Takt auf Schenkel, Kniee und Absätze schlägt, auch wohl die Tänzerin unter seinen Armen hinwegtanzen
läßt, sie in die Höhe hebt etc.
russ. Fürstenfamilie aus dem GeschlechtRuriks, deren namhaftestes Glied
[* 80] Wasilij Iwanowitsch S. ist. Derselbe
veranlaßte einen Aufstand gegen den ersten der falschen Dimitris (s. Demetrius 5) worauf er
selbst nach der Ermordung des letztern unter dem Namen Wasilij den Thron
[* 81] der Zaren bestieg. Er hatte schwere Kämpfe gegen einen
zweiten falschen Dimitri, Iwan Bolotnikow, sowie gegen andre Abenteurer und gegen die Polen zu bestehen,
ohne dieser Aufgabe gewachsen zu sein. Seine Macht war durch die Bojaren beschränkt. Noch während seiner Regierung wurde Wladislaw
von Polen zum Zaren gewählt. S., welcher von der öffentlichen Meinung der Mitschuld an dem Tod seines Verwandten, des ausgezeichneten
Feldherrn¶
mehr
Michail Skopin-Schuiskij, beschuldigt wurde, verlor infolge eines Aufstandes 17. (27.) Juli 1610 den Thron und wurde gezwungen,Mönch zu werden. Gleich darauf besetzten die PolenMoskau,
[* 83] und S. mußte dem polnischen Heerführer Zolkjemskij nach Polen folgen,
wo er 12. (22.) Sept. 1612 starb.
(Debitum), die aus einem Rechtsgrund zu entrichtende Leistung, besonders an Geld und Geldeswert (Passivum, Passivschuld),
welcher die Forderung des Gläubigers (Aktivum, Aktivschuld, Schuldforderung) entspricht (s. Obligation). In denHandelsbüchern
führt man die S. unter »Debet« oder »Sollen«, die Forderungen unter »Credit« oder »Haben« auf. Die Vergleichung
beider bildet die Bilanz. Man unterscheidet Kapital- und hypothekarische Schulden, Wechsel-, chirographarische oder Buchschulden
(die bloß in den Handelsbüchern des Gläubigers notierten Schulden) etc. Sodann bezeichnet S. den Zusammenhang zwischen der
Handlung eines Menschen und einer Verletzung der Rechtsordnung, vermöge dessen diese Störung auf jene Handlung
als auf ihre Ursache zurückgeführt, zur S. zugerechnet wird; s. Culpa. In moralischer Beziehung bezeichnet S. den sittlichen
Unwert, welcher durch die Nichtachtung des moralischen Gesetzes bewirkt wird, also das dem Menschen als mit freiem Willen begabtem
Wesen sittlich anzurechnende Böse.
Die
S. wurde in Rom durch die Lex Poetelia (325 v. Chr.) in eine milde Schuldhaft umgewandelt;
dieselbe Umwandlung vollzog sich auch
in den germanischen Staaten des Mittelalters, bis endlich auch die Schuldhaft (s. d.) als Zwangsvollstreckungsmittel gänzlich
beseitigt ward.
eine besondere Abart dramatischer Dichtungen, deren charakteristische Eigentümlichkeit
es ist, daß sie entweder ausschließlich oder doch in erster Linie für die theatralische Darstellung in Schulen und durch
Schüler bestimmt waren. Zu besonderer Bedeutung gelangten die S. in Deutschland, wo sie namentlich im Reformationsjahrhundert
emporblühten und neben den Bürgerspielen, mit denen sie sich gelegentlich mischten, ganz entscheidend im reformatorischen
Sinn wirkten.
Eine zur Zeit noch fehlende, einigermaßen vollständige Geschichte der S. würde bezüglich der ältesten Anfänge bis auf
die mittelalterlichen Spiele und die Beteiligung der ältern Kloster- und Lateinschulen an diesen Spielen zurückgreifen müssen
und würde anderseits die mit dem Emporblühen des Humanismus entstehenden lateinischen Dramen und Komödien ins
Auge
[* 86] zu fassen haben, welche die Bestrebungen und Wanderzüge der Humanisten durch halb Europa begleiteten.
Nicht ausschließlich, aber meist an Universitäten und Schulen dargestellt, auf eine Hörerschaft berechnet, welche nicht
nur der lateinischen Sprache
[* 87] mächtig, sondern auch den geistigen Bestrebungen der Humanisten überhaupt günstig war, beeinflußten
diese Schulkomödien die Entwickelung der gesamten dramatischen Dichtung. Vom Ende des 15. Jahrh. an schrieben
an vielen neuentstehenden Gymnasien u. Lateinschulen die Schulordnungen die jährlich oder
öfter wiederholte Aufführung eines Dramas vor, und eine Reihe der hervorragendsten Schulmänner versuchten sich in eignen
Schöpfungen dieser Art, in Neubearbeitung und Lokalisierung vorhandener S. Unter den Schuldramatikern
ragten die Niederländer Guilielmus Gnaphäus mit »Acolastus« (der Komödie vom verlornen Sohn),
Georg Macropedius mit dem »Hekastus«,
ferner JohannesSapidus zu Schlettstadt
[* 88] mit dem »Lazarus« hervor, alle drei Vorbilder für lange Reihen von Nachahmungen gebend.
Vom Anfang der Reformation an begannen sich Schuldrama und Volksdrama einander stark zu nähern. Um im
reformatorischen Sinn wirken zu können, wurden einesteils zahlreiche S. deutsch geschrieben oder aus dem Lateinischen übersetzt,
andernteils nahmen die dichtenden Geistlichen und Schulmeister für die Aufführung nicht mehr bloß Schüler und Studenten,
sondern auch bürgerliche Kreise
[* 89] zu Hilfe. Um die Mitte des 16. Jahrh. standen das auf die lateinischen
Dramatiker gestützte Schuldrama und das aus den mittelalterlichen Spielen und Fastnachtsschwänken hervorgewachsene Volksdrama
überall in Blüte
[* 90] und Wechselwirkung.
»Schuldrama und Volksdrama waren wohl in keiner Landschaft völlig getrennt. Aber die Mischungsverhältnisse, die überwiegenden
Kompositionsformen und Stoffe zeigten sich dem Ort und der Zeit nach verschieden. Die Schauspiele, die um Luther
her entstanden, gehören dem Typus des Schuldramas auf Terentianischer Grundlage an, der sich von hier aus allmählich über
ganz Norddeutschland verbreitete.« (Scherer.) Unter den lateinisch dichtenden Schuldramatikern dieser Zeit zeichnen sich Xystus
Betulius (SixtBirk) von Augsburg mit seiner »Susanna«, Thomas Naogeorgus (Kirchmair) mit »Pammachius«, »Mercator« und »Hamanus«,
Christophorus Stymmelius mit seiner weitverbreiteten »Studentenkomödie«
aus. Gegen den Ausgang des 16. Jahrh. beherrschten NikodemusFrischlin und Kaspar Schonäus mit ihren lateinischen Komödien das
Schuldrama. Daneben entstanden fortgesetzt deutsche S.; in Magdeburg z. B. war es Gesetz, daß die Schüler des Gymnasiums¶
mehr
alljährlich ein lateinisches Drama vor den Schulherren, ein deutsches vor Rat und Bürgerschaft aufführten, und beinahe überall,
wo ein Gymnasium gedieh, herrschte ein ähnlicher Brauch. Namhafte Dichter, wie Rollenhagen, Barthol. Krüger, Martin Rinkhardt
u. a., bethätigten sich als Verfasser deutscher S. Mit den theatralischen Darstellungen, welche vom Ausgang des 16. Jahrh.
an die Jesuiten in den von ihnen geleiteten Schulen bewußt pflegten, nahm die neulateinische Dramendichtung
einen neuen Aufschwung: zu den alten, überwiegend rhetorischen Elementen gesellten sich neue, die aus der italienischen Pastoral-
und Opernpoesie stammten.
Die Schuldramatiker der Gesellschaft Jesu steigerten, ihrer ganzen Richtung gemäß, auch den äußerlichen Prunk solcher
Darstellungen. Die Rückwirkung davon auf das Schuldrama der Protestanten zeigte sich hauptsächlich in den an der Akademie zu
Straßburg,
[* 92] die ein eignes Theater
[* 93] besaß, veranstalteten Aufführungen. Neben den ältern S. wurden klassische lateinische,
ja griechische Dichtungen in Szene gesetzt, für die der klassischen Sprachen Unkundigen durch deutsche Inhaltsangaben und Übersetzungen
gesorgt, auch eine bedeutende Zahl von Dramen hier zuerst aufgeführt.
Namentlich die Dichtungen von PaulCrusius, Kaspar Brülovius, Heinr. Hirzwigius erregten in den beiden ersten Jahrzehnten des 17. Jahrh.
große Teilnahme. Der Dreißigjährige Krieg wirkte, wie auf alle Kulturverhältnisse, so auch auf die Schulen und ihre Pflege
des Dramas zerstörend ein; nach dem Dreißigjährigen Krieg trat das gelehrte Buchdrama in den Vordergrund.
Nur wenige Dramatiker dichteten noch unmittelbar für die Schulaufführungen, denen ohnehin jetzt durch die Darstellungen der
umherziehenden Berufsschauspieler eine bedenkliche Konkurrenz bereitet wurde.
Als Schuldrama darf sicher Nicholas Udalls »Ralph Royster-Doyster« betrachtet
werden. Eingehende Untersuchung und Darstellung verdienen jedenfalls noch die lange Rivalität zwischen den Berufsschauspielern
und den Choristen von St. Paul u. a., sowie die Versuche, lateinische und der Antike nachgebildete Dramen
gegenüber dem Volksdrama der Shakespeareschen Zeit zu behaupten.
(Schuldbrief, Schuldverschreibung, Obligation, Verpflichtungsschein), das schriftliche Bekenntnis einer Schuldverbindlichkeit,
z. B. die Bescheinigung über den Empfang eines Darlehens und die Verbindlichkeit zur Verzinsung und Zurückzahlung
durch den Schuldner. Der S. ist nicht der Grund der Verpflichtung, wohl aber ein wirksames Beweismittel für die Existenz derselben.
Doch wird nach gemeinem Recht, abgesehen von der Angabe des Gläubigers und des Schuldbetrags und abgesehen von der Unterschrift
des Schuldners, auch die Angabe des Verpflichtungsgrundes zur vollen Beweiskraft des Schuldscheins erfordert.
LetzteresPrinzip erleidet jedoch eine Ausnahme bei dem eignen Wechsel (s. d.); auch ist nach dem deutschen Handelsgesetzbuch
(Art. 301) für kaufmännische Anweisungen und Schuldverschreibungen bestimmt, daß zu deren Gültigkeit ebensowenig die Angabe
des Verpflichtungsgrundes als das Empfangsbekenntnis der Valuta erforderlich ist.
Überhaupt neigt sich die Praxis der Gerichte dahin, von dem Erfordernis der Angabe des Verpflichtungsgrundes
zur Gültigkeit der Schuldscheine mehr und mehr abzugehen; eine Ansicht, welcher auch der Entwurf eines deutschen bürgerlichen
Gesetzbuchs Rechnung trägt. Doch verlangt derselbe (§ 683) schriftliche Form, wenn ein Schuldversprechen ohne Angabe
des Verpflichtungsgrundes gültig und klagbar sein soll. Eine weitere Einschränkung des gemeinen Rechts,
wonach die volle Beweiskraft eines Schuldscheins an den Ablauf
[* 101] einer zweijährigen Frist von der Ausstellung an gebunden war,
ist durch das allgemeine deutsche Handelsgesetzbuch (Art. 295) für das Gebiet der Handelsgeschäfte, durch das Einführungsgesetz
zur deutschen Zivilprozeßordnung (Art. 17) aber überhaupt beseitigt worden.
Besondere Rechtsvorschriften bestehen in betreff der Schuldscheine auch auf den Inhaber (s. Inhaberpapier).
Bezüglich derselben enthält der Entwurf eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 685 ff.) unter andern die Bestimmung,
daß bei solchen Schuldverschreibungen an Stelle der eigenhändigen Unterschrift eine im Weg der mechanischen Vervielfältigung
hergestellte Vollziehung genügt. Hat der Schuldner sich in einem S., welcher von ihm über einen Anspruch
ausgestellt ist, der die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Quantität andrer vertretbarer
Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen, so kann das Vollstreckungsverfahren
auf Grund dieses Schuldscheins alsbald eingeleitet werden, wofern die Urkunde von einem deutschen Gericht
oder von einem deutschen Notar vorschriftsmäßig aufgenommen ist.
(v. griech. scholé, lat.
schola), dem Wortlaut nach »Muße«, dann besonders gelehrte Muße, Studium der Künste und Wissenschaften. Zur feststehenden
Bezeichnung für Unterrichtsanstalten in seinem heutigen Sinn ward das Wort namentlich später in Rom, wo
man jedoch mit scholae mehr die Hörsäle der Rhetoren und Philosophen im Unterschied von den ludi (»Spiele«) der Knabenlehrer
verstand.
Mit diesem alten Gebrauch des Wortes hängt es eng zusammen, daß man noch jetzt in der
Geschichte der Wissenschaften und der Künste jede Gemeinschaft von gleichstrebenden Gelehrten oder Künstlern
eine S. nennt, die sich um einen bestimmten Meister schart oder in gewissen leitenden Grundsätzen das einigende Band
[* 102] erkennt.
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