Wie unter den
Dänen es anfangs mehrere
Könige gab, so war auch einer in Hethaby, dem anglischen Sliaswic (Schleswig), der
über Südjütland, d. h. S., gebot. Von jeher bildete die
Eider die Südgrenze gegen die nordalbingischen
Sachsen. Als diese von
Karl d. Gr. unterworfen waren, erbaute der Dänenkönig
Gottfried 808 im
Norden jenes
Flusses von
Meer zu
MeereinenWall.
Sein Sohn
Hemming trat 810 das Land nördlich von der
Eider bis in die
Nähe der
Schlei an den
Kaiser ab. Unter
König
Gorm im 10. Jahrh. wurde
Jütland nebst S. mit dem dänischen Inselreich vereinigt, und schon vorher
war die Herrschaft der
Dänen bis zur
Eider wieder ausgedehnt worden.
Unter dem König
Niels erhielt
Knut Lavard, Sohn des vorigen
KönigsErich, 1115
S. und regierte es als erster
Herzog in engem Anschluß an
Deutschland. 1131 wurde
Knut von seinem
Vetter, dem Dänenkönig
Magnus, ermordet, und es folgte
nun eine Zeit blutiger Gewaltthaten; um 1150 endlich ward
Waldemar I.,
Knuts Sohn, vom Dänenkönig Svend zum
Herzog von S.
erhoben, erkannte 1152 die Lehnshoheit des deutschen
Kaisers an und gewann 1157 durch den
Sieg auf der
Gratheheide den dänischen
Thron.
[* 23] So ward S. mit
Dänemark vereinigt.
Das Land wurde zunächst von einem
Statthalter regiert, 1182 aber von
Knut VI. seinem jüngsten
Bruder,
Waldemar II., als besonderes
Herzogtum verliehen. Dieser nannte sich
Herzog von
Jütland, obgleich
er denNorden der
Halbinsel nicht besaß.
Nachdem
Waldemar 1202 den dänischen
Thron bestiegen, erhielt 1218 sein dritter Sohn,
Erich, das Herzogtum und nach dessen
Erhebung
zum Thronerben von
Dänemark 1232
Waldemars jüngerer Sohn,
Abel.
Waldemar II. verlieh dem
Gesetzbuch, das er 1241 für seinKönigreich
einführte, dem Jütschen Lov, auch für S. Geltung.
Als 1330 Waldemar den dänischen Thron wieder verlor, gab Gerhard das Herzogtum an Waldemar zurück, ließ
sich aber die Constitutio Waldemariana und die Nachfolge seines Hauses im Herzogtum bestätigen. HerzogWaldemar nahm 1360 seinen
Sohn Heinrich zum Mitregenten an. Dieser, seit 1364 alleiniger Herzog, trat dem großen Bund gegen Dänemark 1368 bei, doch nur,
weil er völlig unter holsteinischem Einfluß stand, wie ja auch sein Land zum Teil von Holstein besetzt
war.
2) Ehemals ein Bistum im Herzogtum S., wurde 948 von König Otto d. Gr. errichtet und gehörte zunächst zur
Erzdiözese Hamburg-Bremen, seit 1104 zum Erzbistum Lund in Schweden.
[* 28] Nach dem Tode des letzten katholischen BischofsGottfried
(1541) folgten noch fünf evangelische Bischöfe. 1643 wurde das Bistum aufgehoben, sein Gebiet war schon früher von Dänemark
eingezogen.
S. liegt im Norddeutschen Tiefland, ist aber nicht vollständig eben, da
es von dem Norddeutschen Landrücken in der Nähe der Ostsee durchzogen wird, auf dem in Holstein der Bungsberg (158 m) und der
Pielsberg (127 m), in Schleswig die HüttenerBerge (109 m), südöstlich von Schleswig, die höchsten Punkte sind.
Von älterm Gestein ist nur Gips
[* 40] der Zechsteinformation bekannt, unter dem in neuester Zeit das Steinsalzlager bei Segeberg
und Stipsdorf in einer Tiefe von 148 und 97 m erbohrt worden ist.
Kreide
[* 41] ist an einigen Punkten in der Tiefe nachgewiesen, und die Tertiärformation
[* 42] ist als Unterlage vielfach verbreitet (Morsumer
Kliff auf Sylt). An der Oberfläche erscheinen aber fast nur diluviale und alluviale Ablagerungen. Das
Diluvium
[* 43] zerfällt hier in den Geschiebethon, Geschiebesand und die Ahlformation. Der Geschiebethon umfaßt die fruchtbare
Landschaft an der Ostsee sowie die Ostseeinseln Alsen und Fehmarn, der Geschiebesand, weniger fruchtbar, aber doch noch guten
Roggenboden aufweisend, den Kern des Landrückens, die Ahlformation oder Geest die weite, ebene und größere
westliche Hälfte des Landes. Die letztere, in Holstein 30-45, in Schleswig 15-22 (in Jütland bis 90) km breit, besteht aus
einem braunen, losen Sandstein (Sandahl) oder aus einer Mischung von Sand und kleinen Steinen (Steinahl), welche Massen
auf einer guten Erdschicht liegen, aber von einer unfruchtbaren, weißen Sandschicht von 0,3-0,6
m Dicke bedeckt sind. Sand und Ahl tragen meist nur Heidekraut, während die tiefer liegenden Landstriche mit Mooren ausgefüllt
sind, die besonders ausgedehnt längs der Marschen liegen. Diese, dem Alluvium angehörig, enthalten einen überaus fruchtbaren,
aus dem Schlamm der Nordsee gebildeten Boden, erstrecken sich längs der Westseite von der schönen Hügelkette
von Blankenese (Süllberg 91 m) bis Hoyer in Nordschleswig in einer Breite
[* 45] von 7-22 km, haben nirgends mehr als 5 m Meereshöhe,
liegen zuweilen noch unter dem Meeresspiegel (Wilstermarsch) und werden gegen die Wasserfluten durch 8 m
hohe Deiche geschützt, die oftmals auch landeinwärts Distrikte umschließen (Köge).
Nur zweimal weichen die Deiche einem Steilufer: bei St. Peter auf Eiderstedt (Hitzbank) und bei Schobüll im N. von Husum.
[* 46] Die
Marsch erweitert sich seewärts noch beständig durch Absetzung des fetten Schlammes, und neue Eindeichungen stehen bevor;
die letzte größere Eindeichung fand 1857 statt (Friedrichskog). Der Flugsand, diese große Plage Jütlands,
gehört ebenfalls dem Alluvium an und bildet Dünen auf den äußern Inseln derNordsee, namentlich auf Sylt.
Innerhalb des Wattenmeers befinden sich zwischen den Inseln und Watten eine Anzahl von Tiefen, welche kleinern oder größern
Schiffen die Einfahrt gestatten: Süder- und Norder-Piep, in der Richtung auf Meldorf, die Eider, nach dem Hafen von Tönning,
der Heverstrom, nach Husum hinauf, die Süder- und Norderaue, zwischen den nördlichen Halligen und Föhr,
das Fahrtrapptief, zwischen Föhr und Sylt, dasLister Tief, zwischen SyltundRöm. Elbe und Eider sind die Hauptflüsse.
Zahlreiche Landseen finden sich in der fruchtbaren Hügellandschaft des nordöstlichen
Holstein: der Plöner und der Selenter See die größten, der Weseker See unweit Oldenburg,
[* 52] der WarderSee an der obern Trave, der
Bothkamper, Westen- und Flemhuder See an der obern Eider. Im Lauenburgischen liegen der Ratzeburger und der
Schallsee, im Schleswigschen der Wittensee, unweit der Eider, und der Bottschlotter und Gotteskogsee in den westlichen Marschen.
Das Klima
[* 53] ist durch die Einwirkung der Meere gemäßigt; die jährliche Durchschnittswärme beträgt in Kiel 8,1, Altona
[* 54] 9,1,
Husum 8,21° C., die jährliche Regenmenge 63-77 cm.
Die Bevölkerung belief sich 1885 auf 1,150,306 (61 auf 1 qkm), worunter 1,131,899 Evangelische,
12,217 Katholiken, 2215 sonstige Christen, 3544 Juden etc. Die Einwohner sind größtenteils Deutsche,
[* 55] die sich meist der plattdeutschen
Mundart bedienen, und zu denen auch die Friesen an der westlichen Küste und auf den Inseln des Wattenmeers
zu rechnen sind. Im N. von Flensburg und Tondern sind die Dänen, etwa 140,000 in der ganzen Provinz, vorherrschend. Es gibt 54 Städte, 1804 Landgemeinden
und 358 Gutsbezirke.
zahlreicher als in irgend einer andern preußischen Provinz; in großer Menge wird dasselbe von Tönning, Husum, Altona und über
Hamburg nach England ausgeführt. Der Wildstand ist nicht bedeutend; Geflügel wird zahlreich gezogen, wilde Enten
[* 65] werden in
großer Zahl auf Föhr und Sylt gefangen. Die Fischerei ist in der Ostsee (KielerSprotten) ergiebiger als
in der Nordsee; im Schleswigschen Wattenmeer aber wird eine ansehnliche Austernzucht betrieben (etwa 50 Bänke).
Der Hafenplätze an beiden Meeren und den zahlreichen schiffbaren Flüssen gibt es sehr viele; jedoch treten
unter denselben nur Kiel, Flensburg, Altona, Tönning und Rendsburg
[* 67] besonders hervor. Die Anlage eines neuen, großen Hafens an der
Westküste von S. bei Emerleff, in der Nähe von Hoyer, besonders zur Hebung der Nordseefischerei sowie des Handels mit England,
steht in Aussicht. Ein großer Teil des Schiffahrtsverkehrs wird auch durch die im Bereich der Provinz
liegenden StädteHamburg und Lübeck besorgt.
Die Geschichte des vereinigten S. beginnt mit dem Jahr 1386, in
welchem Gerhard VI. die GrafschaftHolstein (s. d.) mit dem Herzogtum Schleswig (s. d.) unter seiner Herrschaft dauernd vereinigte.
Nach dem Aussterben der KielerLinie (1390) erwarb Gerhard 1403 ganz Holstein (mit Ausnahme des geringfügigen schauenburgischen
Anteils), fiel aber 1404 im Kampf gegen die Dithmarschen. Sein Sohn Adolf VIII. erhielt die
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die Mönchsklöster wurden aufgehoben, die begüterten Nonnenklöster
auch evangelisch gemacht, aber als Zufluchtsstätten für die unversorgten Töchter des Adels bestehen
gelassen.
Andre von Johann vonS.-Sonderburg abstammende Linien, wie S.-Franzhagen, S.-Glücksburg, S.-Plön, S.-Norburg, erloschen schon
im 18. Jahrh. Holstein blieb deutsches Lehen, Schleswig dänisches; in der gemeinschaftlichen Regierung von S., welche fortan
zwischen dem König und dem Gottorper Herzog wechselte, blieb ein Rest der alten Einheit erhalten, und
das Recht auf dieselbe wurde bei jeder Thronbesteigung formell gewahrt. Im übrigen aber war der die Landtage beherrschende
Adel nur auf seine Standesprivilegien und persönliche Vorteile bedacht.
In der Linie S.-Gottorp folgten auf Adolf I. (gest. 1586) erst zwei ältere Söhne und nach deren frühem
Tod sein Sohn JohannAdolf (1590-1616). Dessen Sohn Friedrich III. (1616-59) hielt sich zwar während des Dreißigjährigen Kriegs
neutral, konnte aber nach Christians IV. von DänemarkNiederlage bei Lutter (1626) den Einmarsch der Kaiserlichen in sein Land
und dessen Verwüstung nicht hindern. Schon bei seinem Regierungsantritt hatte er die Stände zum Verzicht
auf ihr Wahlrecht bewogen und mit Zustimmung Dänemarks und des Kaisers die Primogenitur bei seiner Linie eingeführt.
Nun verschaffte ihm auch sein Schwiegersohn, König Karl X. Gustav von Schweden, 1658 im Frieden von Roeskilde die Souveränität
seiner schleswigschen Besitzungen, welche im Frieden von Oliva 1660 seinem Sohn ChristianAlbrecht (1659-94)
bestätigt wurde. Doch suchte Dänemark ihn zum Verzicht auf die Selbständigkeit Schleswigs zu zwingen, überzog ihn zu diesem
Zweck mit Krieg und vertrieb ihn zweimal (1675 und 1683) aus dem Land; erst im Vertrag von Altona 1689 erhielt er es wieder.
Dänemark war also seit 1773 im Besitz von ganz S., dessen Adel am Hof
[* 81] zu Kopenhagen und im dänischen Beamtentum stark vertreten
war und eine einflußreiche Rolle spielte und daher einer weitern Verschmelzung der Herzogtümer mit Dänemark zunächst keinen
Widerstand entgegensetzte. Als das Deutsche Reich sich 1806 auflöste, wurde Holstein »als ungetrennter
Teil« mit der dänischen Monarchie verbunden, wenngleich den Nebenlinien die Eventualerbfolge von neuem bestätigt wurde, ein
dänisches Gesetzbuch und das dänische Münzsystem in Holstein eingeführt, die dänische Sprache zur offiziellen für den
Verkehr mit Kopenhagen erklärt.
Das Gesuch der Holsteiner wurde daher abgelehnt, und als sie sich 1822 an den DeutschenBund wandten, wurde zwar von
diesem ihr Recht anerkannt, aber bloß eine beruhigende Erklärung abgegeben. Als U. Lornsen 1830 in der Flugschrift »Das Verfassungswerk
in S.« für die Rechte der Herzogtümer eintrat, wurde er verhaftet und eine Kommission zur Untersuchung dieser Umtriebe eingesetzt.
Doch führte König Friedrich VI. 1831 beratende Provinzialstände für jedes Herzogtum ein.
Dagegen wurden die Herzogtümer in finanzieller Beziehung geschädigt, mit vier Neunteln der Steuern der Gesamtmonarchie belastet,
und die 5 Mill. Thlr., die sie für die dänische Reichsbank beigesteuert hatten, als dieselbe 1838 in eine dänische Privatbank
umgewandelt wurde, derselben gelassen. Unter Christian VIII. wurden 1842 die alten schleswig-holsteinischen Regimenter aufgehoben,
neue mit dänischen Fahnen gebildet und diese zum Teil in die dänischen Lande verlegt; die Offiziere avancierten durch die
ganze Armee.
Der Minister v. Örsted trat diesem Antrag im wesentlichen bei, und Christian VIII. erließ den »offenen Brief«, welcher
verkündete, daß auf Grund genauer Untersuchung der Erbfolgefrage Schleswig u. Lauenburg unzweifelhaft
als der KroneDänemark gehörig zu betrachten und nach den allgemeinen dänischen Erbgesetzen zu vererben seien, und daß
der König dies Recht seiner Krone mit aller Macht durchsetzen wolle. Gegen diese Erklärung, welche also das eventuelle Erbrecht
der augustenburgischen Linienur fürHolstein anerkannte und den Herzogtümern nur die Wahl zwischen Trennung
oder gemeinsamer Unterwerfung unter das dänische Gesetz ließ, erhob sich in S. ein Sturm der Entrüstung. Sowohl die Stände
beider Herzogtümer als Volksversammlungen wahrten energisch das Recht auf gemeinschaftliche Verfassung und die Erbfolge im Mannesstamm.
In ganz Deutschland wurde das Vorgehen der Schleswig-Holsteiner mit Begeisterung begrüßt.