welches Werk dem Verfasser einen
Angriff auf seine amtliche
Stellung zuzog,
dem er in seinen
Schriften: »Zur Orientierung
über meine
Schrift 'Das Charakterbild Jesu'« (das. 1864) und »Die
protestantische
Freiheit in ihrem gegenwärtigen
Kampf mit der kirchlichen
Reaktion« (das. 1865) begegnete.
Er selbst stand damals persönlich an der
Spitze des
Protestantenvereins, für dessen
Zwecke auch seine zu
Elberfeld
[* 8] erscheinende
»Allgemeine kirchliche
Zeitschrift« (1860 bis 1872) sowie seine
Schrift »Der Deutsche
[* 9]
Protestantenverein und seine Bedeutung«
(Wiesb. 1868) wirkten.
Gleichzeitig redigierte er das »Bibellexikon, Realwörterbuch
zum Handgebrauch für
Geistliche und Gemeindeglieder« (Leipz. 1869-75, 5 Bde.).
Später veröffentlichte er: »FriedrichSchleiermacher.
Lebens- u. Charakterbild« (Elberf. 1818);
Max Gottlob
Ferdinand von, Dichter, geb. zu
Tilsit,
[* 12] studierte in
Königsberg
[* 13] Kameralwissenschaften und wurde hierauf als
Referendar bei der
Regierung zu
Königsberg angestellt. Der frühe
Umgang mit einigen
Familien, in welchen ein religiöses Gemütsleben vorherrschte, blieb nicht ohne Einfluß auf seinen
Geist, der dadurch die
Richtung auf das Sittlich-Religiöse erhielt, worin er durch die Einwirkungen der romantischen Dichterschule, besonders
der
Schriften von
Novalis und
Jung-Stilling, mehr und mehr befestigt wurde. 1811 bis 1812 nahm
S. an
Delbrücks Vorlesungen über
Ästhetik teil und ging dann nach
Karlsruhe,
[* 14] wo er sich verheiratete, jedoch durch den Aufruf des
Königs von
Preußen
[* 15] seinem
häuslichen
Stillleben bald entrissen ward. Er machte die
Feldzüge von 1813-15 mit und erhielt nach dem
Frieden eine
Anstellung als
Regierungsrat in
Koblenz,
[* 16] wo
er an einem Brustleiden starb. In
Koblenz und in seiner Vaterstadt
wurden ihm
Denkmäler errichtet. In seinen »Gedichten« (Berl.
1837; 5. Aufl., Stuttg. 1878) und seinem
»PoetischenNachlaß« (das. 1832) zeichnete sich S. durch innige,
ja religiöse
Begeisterung, namentlich für die große deutsche
Erhebung, durch Reinheit der
Empfindung und der Form aus, verband
aber damit die romantische Sehnsucht nach dem
Mittelalter und eine mystisch-sentimentale Weichheit, die seine
Poesie den nachfolgenden
Generationen rasch wieder entfremdete.
(Donatio), im weitern
Sinn jeder
Akt der Liberalität, d. h. jede
Handlung, vermöge deren man jemand aus freier
Gunst irgend welchen Vorteil zuwendet; im engern und eigentlichen
Sinn derVertrag, vermöge dessen jemand
(Schenker, Schenkgeber,
Donator) einen andern (Schenknehmer,
Donatar) durch
Veräußerung eines Vermögensgegenstandes an denselben bereichert,
ohne eine Gegenleistung dafür zu empfangen. Zur Gültigkeit einer S. ist auf seiten des Beschenkten
Willens- und Erwerbsfähigkeit,
auf seiten des Schenkers
Willens- und Veräußerungsfähigkeit erforderlich, daher der Vormund aus dem Mündelvermögen keine
Schenkungen machen kann, wofern es sich nicht um kleinere, herkömmliche und übliche
Geschenke handelt.
Wie jeder andre
Vertrag, ist auch der Schenkungsvertrag klagbar (Schenkungsklage); doch soll der
Vertrag,
durch welchen jemand sich verpflichtet, einem andern etwas schenkungsweise zu leisten, nach dem
Entwurf eines deutschen bürgerlichen
Gesetzbuchs überhaupt nur dann gültig sein, wenn das
Versprechen in gerichtlicher oder in notarieller Form erklärt ist.
Die durch
Veräußerung alsbald vollzogene S. aber soll auch ohne
Beobachtung einer besondern Form gültig
sein.
Früher waren bloß große Schenkungen, d. h. nach römischem
Recht Schenkungen im Betrag von über 500 Solidi, gemeinrechtlich 500
Dukaten
= 4666 Mk. 67
Pf., nach königlich sächsischem
Recht über 3000 Mk., nur dann klagbar, wenn sie gerichtlich insinuiert, d. h.
vor
Gericht verlautbart, worden. Das preußische
Landrecht fordert für die Klagbarkeit der S. überhaupt gerichtliche, das
österreichische
Zivilgesetzbuch schriftliche und der
Code Napoléon notarielle Form.
Widerruf einer S. kann wegen Undanks erfolgen,
und zwar wird solcher bei thätlicher oder sonstiger grober Ehrverletzung,
Versetzen in Lebensgefahr, Zufügung eines bedeutenden
¶
mehr
Vermögensnachteils und Nichterfüllung einer bei der S. vom Schenker gemachten Nebenauflage als vorliegend angenommen. Wird
nämlich einer S. eine Auflage für den Schenknehmer beigefügt (donatio sub modo), so liegt in der Annahme der S. zugleich
die Übernahme der Verpflichtung, jener Auflage nachzukommen, und der Beschenkte kann dazu im Weg der
Klage angehalten werden, wenn der Schenker nicht von dem Widerrufsrecht Gebrauch machen will. Eine S. des ganzen Vermögens (donatio
omnium bonorum) wird im Zweifel nur von dem gegenwärtigen, nach Abzug aller Schulden verbleibenden, nicht auch von dem zukünftigen
Vermögen verstanden. In Sachsen
[* 27] sind Schenkungen des ganzen oder eines ideellen Teils des Vermögens nichtig.
Eine S. ist ferner entweder S. unter Lebenden (donatio inter vivos) oder S. auf den Todesfall (donatio mortis causa), d. h.
eine S., deren Vollendung von dem Tode des Schenkgebers insofern abhängig gemacht ist, als sie nicht zu stande kommt, wenn
der Beschenkte vor dem Schenker stirbt, und als sie von dem Schenker bei Lebzeiten regelmäßig willkürlich
widerrufen werden kann. Das römisch-rechtliche Verbot der Schenkungen unter Ehegatten ist von der modernen Gesetzgebung zumeist
beseitigt; doch soll nach dem Entwurf eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 1453) nach erfolgter Ehescheidung der unschuldige
Ehegatte dem schuldigen gegenüber das Recht haben, diejenigen Schenkungen zu widerrufen, welche er jenem
während des Brautstandes oder während der Ehe gemacht hat. Remuneratorische Schenkungen sind solche, welche von dem Schenkgeber
aus Dankbarkeit gegeben werden, ohne daß jedoch allein durch dies Motiv die S. den Charakter einer solchen verliert. Schenkungen,
durch welche der Pflichtteil (s. d.) des Noterben verletzt wird, sind insoweit anfechtbar.
Vgl. Meyerfeld,
Lehre
[* 28] von den Schenkungen (Marb. 1835-37, 2 Bde.);
chines. Provinz, an der Grenze gegen die Mongolei, 210,340 qkm (3820 QM.) groß mit (1879) 8,276,967
Einw., wird im Süden vom Tsingtingschangebirge durchzogen, das ⅔ der Provinz dem Becken des Huangho (Hauptzufluß
Wei), ⅓ dem Jantsekiang (Hauptabfluß Han) zuweist. Der Verkehr über das Gebirge ist sehr schwierig; Bodenbeschaffenheit und
Produkte sind im N. gleich jenen der nördlichen ProvinzenChinas, im Süden des Gebirges gleich denen von Setschuan. Das nördliche
S. ist eine der ergiebigsten Ackerbaugegenden Chinas, zugleich reich an Steinkohlen und stellenweise dicht
bevölkert. Die Bewohner treiben lebhaften Handel, kamen aber im Wohlstand zurück, da das offene Land zwischen 1862 und 1870 von
den Dunganen (s. d.) verwüstet wurde und sieben Jahre später eine entsetzliche
Hungersnot über das Land hereinbrach. Die Hauptstadt ist Singanfu. S. Karte »China«.
[* 29]
die Hölle der Hebräer, wird dichterisch für Verderben, Untergang, Straf- und Läuterungsstätte
der Frevler gebraucht, aber fälschlich als »Totenreich« (dem Hades der Griechen entsprechend) oder als Übergangsland der
Toten in das Reich des ewigen Lebens bezeichnet.
Der talmudische Ausdruck für S. (Gehinnom, Gehenna) ist
dem bei Jerusalem
[* 30] gelegenen Ge-hinnom (Thal
[* 31] Hinnoms), das dem Molochdienst geweiht war, entlehnt.
alter bergmännischer Name für gediegenes Arsen (s. d.). ^[= (Arsenik) As, chem. Element, welches früher zu den Metallen, gegenwärtig aber zu den Nichtmetallen ...]
[* 41] (Scheeren), Schneidwerkzeuge, aus zwei einander gegenüberstehenden Schneiden (Blättern) bestehend, die sich
derart aneinander vorbeibewegen, daß ein zwischen sie gebrachter Körper durch Überwindung seiner sogen.
Scherfestigkeit zerteilt wird. S. für weiche Stoffe bestehen ganz aus Stahl oder Eisen,
[* 42] mit welchem der zur Schneide erforderliche
Stahl durch Schweißung verbunden ist. Das Blatt,
[* 43] das Schild,
[* 44] durch welches der Niet oder die Schraube geht, die Stange sowie der
Ring oder Griff werden durch Schmieden gebildet.
Kleine S. werden bisweilen aus starkem Stahlblech gefertigt, indem man jedes Blatt samt seinem Griff durch einen einzigen Druck
eines Durchschnitts darstellt. Die roh geformten Teile der Schere
[* 45] werden einzeln ausgefeilt, dann wird den Blättern durch
Biegen im Schraubstock
[* 46] eine einwärts hohle Krümmung gegeben, damit beim Schließen der Schere in jedem
Augenblick die vollkommenste Berührung zwischen den Schneiden an jeder Stelle vorhanden ist, wo sie sich eben kreuzen, ohne
daß auf den übrigen Punkten eine unnötige Reibung
[* 47] der Blätter stattfindet. Bei kleinen S. erreicht man dasselbe durch bloßes
Schleifen. Die durch einen vorläufigen Niet bereits verbundenen Blätter werden rotglühend gemacht und
gleichzeitig in Wasser getaucht, damit sie vollkommen einerlei Härte erhalten. Ebenso gleichmäßig muß man beim
¶
mehr
Anlassen verfahren, welches man bis zum Stroh- oder Goldgelben, oft auch bis zum Purpurroten oder Violetten treibt. Nach dem
Härten werden die S. geschliffen, poliert etc. Gußeiserne S., die nach dem Guß nur geschliffen
und poliert werden, kommen den stählernen nie an Güte gleich; besser sind sie, wenn sie nachträglich
adouciert u. eingesetzt sind. Metallscheren unterscheiden sich von den vorigen namentlich durch
größere Stärke.
[* 49] Für Flacheisen und Kesselbleche sind sehr starke Maschinen zur Bewegung der S. nötig.
Die kleinern Metallscheren führt man mit der Hand
[* 50] (Handschere,
[* 41]
Fig. 1), größere werden beim Gebrauch im Schraubstock befestigt
oder sind in einem Gestell bleibend festgemacht (Stockschere, Bockschere). Der Griff bildet dann zweckmäßig
die unmittelbare Fortsetzung des beweglichen obern Blattes, folglich einen einarmigen Hebel.
[* 51] Um Stockscheren zum Schneiden dicker
Bleche mit der Hand zu befähigen, gibt man ihnen eine doppelte Hebelübersetzung in der Weise, wie
[* 41]
Fig. 2 zeigt. An dem bügelartigen
Gußeisengestell AAA befindet sich das untere feste Scherblatt b. Das bewegliche obere Scherblatt c dreht
sich um einen BolzenB und wird niedergedrückt durch den Hebel g, der sich um f dreht und durch ein Bogengelenk ed auf das
Ende des Scherblattes d mit sehr großer (zehnfacher) Kraftübersetzung wirkt.
Man kann daher mit dieser SchereEisenblech bis 5 mmDicke schneiden. An der Schere ist ferner noch ein auf
l verstellbarer Anschlag m zum Abschneiden von Streifen von vorgeschriebener Breite.
[* 52] Um die S. zum Schneiden von
verschieden
profilierten Stäben geeignet zu machen, erhalten dieselben Ausschnitte, welche diesen Profilen entsprechen (Façonscheren),
weil nur auf solche Weise ein Zerquetschen des Arbeitsstücks vermieden werden kann. Zu solchen S. gehören
die Drahtscheren
[* 41]
(Fig. 3 u. 4), welche aus zwei runden Scheiben a und b bestehen, die an den Rändern mit Einschnitten versehen
sind, in welche man den Draht
[* 53] legt. Indem dann die Scheiben durch die vermittelst der Feder d auseinander
gedrückten Griffea' u. b' um den Bolzen c gedreht werden, scheren sie denDraht ab. An der Bockschere
[* 41]
(Fig. 2) befindet sich
ebenfalls bei n zum Abschneiden von Rundeisen eine solche Rundschere aus runden Löchern gebildet, mit einem Anschlag oo. Für
die Verarbeitung von Weißblech, dünnem Messing-, Neusilber- etc. Blech ist die Kreisschere die wichtigste,
weil sie schnell und sicher nicht nur beliebig lange Streifen, sondern insbesondere auch auf das genaueste kreisrunde Blechscheiben
und Blechringe schneidet. In
[* 41]
Fig. 5 ist eine solche Kreisschere dargestellt.
Zwei stählerne Kreisscheiben a1 und a2, welche ein wenig übereinander greifen, sitzen auf zwei
Wellen
[* 54] b1, b2, die durch die Kurbel
[* 55] c und die Zahnräder I, II, III, IV Drehung und in c1d sowie e1g Lagerung erhalten.
Um die Schneidscheiben richtig zu stellen, sind die Lager
[* 56] von b1 um den Bolzen d drehbar und zwar mittels der Schraube s1,
während s2 die Grenze für die Bewegung nach oben feststellt. Die Schraube z veranlaßt eine kleine
Längenverschiebung der Welle b2, um a1 und a2 in Berührung zu halten. In demAusschnitt S des Gestells AAA befindet
sich ein Führungslineal für gerade Blechstreifen. Zum Schneiden runder Scheiben zentriert man das Blech durch die Spitze an
dem Bügel BB, welche mit dem Handrad h auf die Blechtafel gepreßt wird und diese während des Schneidens
im Mittelpunkt festhält. Für verschiedene Halbmesser ist der Bügel B durch Verschiebung auf dem Prisma
[* 58] PP vermittelst des Handrades
h1 eines Triebes und der Zahnstange r einzustellen sowie durch die Klemmschraube y festzuhalten. Um eines saubern Schnittes
wegen die Zentrierspitze etwas seitwärts stellen zu können, ist das Prisma P in den Lagern beweglich,
aber durch eine Klemmscheibe x zu fixieren.
Der Zeiger i gibt die Stellung von P an. Die größten S., welche mit Elementarkraft bewegt werden (Elementar-, Wasser-, Dampfscheren)
teilt man ein in Hebel- und Rahmenscheren. Die Hebelscheren haben ebenfalls ein unbewegliches Blatt, und
der Arm, welcher die Verlängerung
[* 59] des beweglichen Blattes bildet, wird durch Welldaumen, durch eine exzentrische Scheibe oder
durch einen Krummzapfen getrieben. Dabei kann derselbe entweder in horizontaler Richtung, wie das Blatt, liegen, oder er steht
in rechtem Winkel
[* 60] gegen dasselbe abwärts (Winkelhebelschere).
Gibt man dem Hebel dann die Gestalt eines T, läßt die bewegende Kraft
[* 61] am vertikalen Arm wirken und an den
entgegengesetzt auslaufenden Armen zwei Scherblätter sich befinden, welche bei der Oszillation um den zwischen ihnen liegenden
Drehpunkt wechselweise gegen entsprechende festliegende Schneiden niedergehen, so hat man eine Doppelschere. Beim Schließen
einer Hebelschere verändert sich der Winkel, welchen die Blätter miteinander machen, fortwährend, obwohl
derselbe eigentlich stets gleichbleiben und eine Größe von etwa 20° haben soll.
Diese konstante Größe des Öffnungswinkels wird entweder dadurch erreicht, daß man zwar die Schneide des einen Blattes geradlinig
macht, der Schneide des andern aber eine angemessene konvexe Krümmung nach einer logarithmischen Spirale
gibt, oder wenn man dem beweglichen Blatt statt der Drehbewegung eine gerade Schiebung erteilt, indem man es unter passendem
Winkel zwischen Vertikalleitungen auf- und niedergehen läßt. Dadurch entstehen die Rahmenscheren (Parallelscheren),
welche besonders zum Schneiden dicker Bleche in Kesselfabriken u. dgl. dienen, mit
Elementarkraft betrieben und gewöhnlich mit Lochmaschinen verbunden werden.
Diese kombinierte Loch- und Schermaschine gehört zu den wichtigsten Blechverarbeitungsmaschinen und hat gewöhnlich die durch
[* 57]
Fig. 6 dargestellte Anordnung. Auf einer Seite S sitzt die Schere, auf der andern L der Lochstempel mit Matrize. Das obere Scherblatt
und der Lochstempel sitzen an Schlitten ii, welche in Führungen auf und nieder bewegt werden, und zwar
durch Schubstangen
aa, welche bei cc durch Bolzen mit den Schlitten verbunden sind. In dem gußeisernen, aus zwei Teilen A und
B zusammengefügten Gestell ist die punktiert gezeichnete Welle bb gelagert, welche mit zwei an den Enden exzentrisch angebrachten
Zapfen
[* 62] in die Schubstangen aa eingreift und von der Riemscheibe f aus mittels Zahnräder z1z gedreht
wird, wodurch die Schlittenbewegung in der Weise erfolgt, daß der eine Schlitten aufwärts geht, während der andre sich senkt.
Mitunter wendet man zur Bewegung hydraulische Pressen an (hydraulische Schere).
Später rühmte man auch, daß es günstigen Einfluß ausübe auf Wohlbefinden, Gedeihen, Leistungsfähigkeit und Verhütung
von Krankheiten. Richtig ist zunächst, daß bei dem geschornen Pferde
[* 69] das Putzen erleichtert, die Ausdünstungen
geregelt und das Nachschwitzen gemindert werden. Bekanntlich besteht die Thätigkeit der Schweißdrüsen in einer Aushauchung
von Wasserdampf. Bei anstrengender, schneller Bewegung, wobei mehr Wärme
[* 70] gebildet wird, steigert sich diese zur tropfbarflüssigen
Schweißbildung.
Der Schweiß konsumiert dann durch seine Verdunstung eine bestimmte MengeWärme, welche hauptsächlich dem
Körper des schwitzenden Tiers entnommen wird. Sieht man nun bei dem geschornen Pferd nach starker Bewegung wenig oder gar keinen
Schweiß, so darf man daraus noch nicht schließen, dasselbe produziere weniger Wärme und verliere weniger Wasser, vielmehr
entweicht bei ihm die wässerige Ausscheidung in Dunstform. Bei dem nicht geschornen schlägt sich dagegen
die Ausscheidung zwischen den Haaren, die eine Luftschicht führen und niedrigern Temperaturgrad besitzen, tropfbarflüssig
nieder. Aber es fällt bei dem letztern sehr ins Gewicht, daß es nach der Bewegung eine höhere Wärmeausgabe hat, weil nun
die Feuchtigkeit verdunsten soll. Infolge des Scherens werden die Pferde von diesem sogen. Nachschwitzen
im Stall nicht belästigt. Dies hat eine
¶
mehr
günstige Wirkung auf die gleichmäßige Verteilung des Bluts und die geregelte Funktion der blutbildenden Organe. Hierdurch
ist es bedingt, daß manche Pferde, welche schlecht fressen, nach dem Scheren mehr Futter aufnehmen. Zu beachten ist, daß das
Scheren bei kalter Witterung die Gesundheit momentan stört. Zittern, Zusammenstellen der Füße, rauhe Haut,
[* 72] Faltenbildung am Hals und Bauch,
[* 73] Traurigkeit, geringer Appetit, Steifheit treten ein, selbst in wärmern Ställen.
Erst nach Wochen gleicht sich das aus. Auch Durchfälle, Katarrhe und Brustentzündungen werden zuweilen beobachtet. Das Scheren der
Pferde ist im ganzen eine Luxusoperation, aus der man unter Umständen wegen der Steigerung der Leistungsfähigkeit u.
der Minderung des Nachschwitzens Nutzen ziehen kann. Bedeutung hat sie nur fürJagd- und Rennpferde und für sonstige Luxuspferde;
für gewöhnliche Arbeits- und Militärpferde ist sie überflüssig. - Bei dem Rind nimmt man das Scheren hauptsächlich vor
zur Förderung der Mast.
In der großen Mehrzahl der Versuche wurden nur Vorteile für die Futterverwertung durch dasselbe gewonnen,
jedenfalls wohl, weil das Putzen erleichtert, die Hautthätigkeit angeregt und der Appetit gesteigert wurde. Bei einem in Belgien
[* 74] mit besonderer Sorgfalt durchgeführten Versuch zeigten die geschornen Ochsen unter sonst ganz gleichen Verhältnissen gegenüber
den ungeschornen (je 6 Stück) in fünf Monaten 42 kg Mehransatz von Fleisch; das entspricht auch der durch
die Erfahrung längst konstatierten Thatsache, daß im April zur Mästung aufgestellte Hämmel geschoren ihr Futter viel besser
verwerten, sich leichter, rascher und vollkommener mästen lassen und nach dem Schlachten ein wertvolleres, dichteres und
schwereres Fell liefern als ungeschorne. - Schweine
[* 75] werden nur geschoren, um sie leichter vom Ungeziefer
befreien zu können.
Zur Ausführung der Schur benutzte man zuerst einen Kamm zum Aufrichten der Haare
[* 76] und eine auf die Fläche gebogene Schere. Die
Langwierigkeit und der teure Preis der Arbeit veranlaßten weiterhin dazu, Sengapparate für Weingeist oder Gas einzurichten,
mit denen über einem kurz gezahnten Kamm die Haare abgebrannt wurden. Da hierbei aber Brandwunden auf der
Haut und Feuersgefahr nicht sicher vermieden werden können, so verwendet man sie höchstens noch zur Entfernung ganz kurzer
Haare und benutzt jetzt allgemein Pferde- und Rinderscheren, bei welchen Kamm und Schere zu Einem Instrument vereinigt sind (s.
Figur).
Auch benutzt man vielfach eine maschinelle Vorrichtung, bei welcher die eigentliche Schere eine runde Form besitzt. Die Verschiebung
der beiden Blätter, deren kurze Klingen passend übereinander gelegt sind, wird durch einen Treibriemen bewirkt. Ein Gehilfe
setzt den Apparat in Bewegung, und das Instrument selbst wird kunstgerecht gegen die Haare gehalten. So kann
ohne besondere Mühwaltung in einer Stunde das Deckhaar eines Pferdes oder eines Rindes abrasiert werden.
1) ChristianFriedrich, Dichter, geb. zu Stettin,
[* 77] war erst zum Kaufmann bestimmt,
kam
dann, 15 Jahre alt, auf das Gymnasium seiner Vaterstadt, verließ aber 1817 heimlich das elterliche Haus und lebte zwei
Jahre in Berlin,
[* 78] um sich auf eine künstlerische Laufbahn vorbereiten, über deren Ziel und Richtung er sich selbst noch wenig
klar war. Der berühmte SchauspielerWolff, in dessen Haus er Zutritt hatte, erkannte zuerst seine ungewöhnliche
dramatische Begabung und bestimmte ihn, sich zunächst praktisch dem Schauspiel zu widmen. S. schloß sich der Truppe zu Magdeburg
[* 79] an, widmete sich aber, durch den Tod seines Vaters in den Besitz eines kleinen Vermögens gelangt, zugleich kaufmännischen Geschäften.
Durch unglückliche Spekulationen verarmt, kehrte er 1837 nach Berlin zurück, erhielt eine Beamtenstellung
im preußischen Kriegsministerium, nahm seine dichterischen Arbeiten wieder auf und ward bald eins der gefeiertsten Glieder
[* 80] der Dichtergesellschaft, welche sich selbst den Namen »Tunnel«
[* 81] beigelegt hatte. Neben lyrischen Dichtungen (»Gedichte«, Berl.
1845, 4. Aufl. 1869) veröffentlichte er die Schlachtengemälde: »Waterloo«
[* 82] (das. 1849, 6. Aufl. 1869),
»Abukir, die Schlacht am Nil« (das. 1854, 2. Aufl. 1855)
und »Hohenfriedberg« (das. 1869). Durch patriotische
Glut, durch Mark und Kraft in der Schilderung, durch wirkliche Freude am großen und kleinen Leben des Kriegs
ausgezeichnet, dabei aber von einem knorrigen Realismus, der im Ringen nach eigentümlichem Ausdruck oft aller Form spottet,
gehören Scherenbergs Dichtungen zu jenen Schöpfungen, die von Haus aus ein beschränktes Publikum haben. Eine Reihe andrer epischer
und dramatischer Werke des Dichters ist noch nicht veröffentlicht. S. starb in Zehlendorf bei
Berlin.
2) Ernst, Dichter und Publizist, Neffe des vorigen, geb. zu Swinemünde, besuchte das Gymnasium in Stettin, sollte sich
auf väterlichen Wunsch dann einem technischen Beruf widmen und begann die Berliner
[* 84] Gewerbeakademie zu besuchen, vertauschte
dieselbe 1858 mit der Kunstakademie, widmete sich endlich aber ausschließlich der Litteratur. Er redigierte
1864-69 das »Braunschweiger Tageblatt« und ließ sich dann in Elberfeld nieder, wo er bis 1883 die Chefredaktion der »ElberfelderZeitung« führte und noch jetzt das Sekretariat der Handelskammer versieht. Als sinniger und fein empfindender Lyriker bewährte
er sich zuerst in der Gedichtsammlung »Aus tiefstem Herzen« (Berl. 1860, 2. Aufl. 1862),
welcher der Cyklus
»Verbannt« (das. 1861, 2. Aufl.
1865),
»Stürme des Frühlings« (neue Gedichte, das. 1865, 2. Aufl. 1870),
»Gedichte« (Leipz. 1874, 2. Aufl.
1879) und »Neue Gedichte« (das. 1882) folgten. Weiter veröffentlichte er die
Charakterbilder: »FürstBismarck« (Elberf. 1885) und »KaiserWilhelm« (Leipz. 1888) sowie die dramatische Dichtung »Germania«
[* 85] (das. 1886). Auch gab er eine Anthologie: »Gegen Rom, Zeitstimmen deutscher Dichter« (1.-10. Aufl., Elberf.
1874), heraus.
worin er den schlichten und innigen Ton des Volksliedes glücklich traf, machte sich aber besonders
bekannt durch seine anmutigen Kinderbücher und Liedersammlungen: »Illustriertes deutsches Kinderbuch« (5. Aufl.,
das. 1873; Bd. 2, 2. Aufl.
1876);
»Die Jahreszeiten«,
[* 92] Kinderbuch
in Liedern und Bildern (Wandsbeck 1883).
2) Wilhelm, Sprachforscher und hervorragender Litterarhistoriker, geb. zu
Schönborn in Niederösterreich, begann 1858 auf der Universität zu Wien seine sprachwissenschaftlichen Studien, welche er seit 1860 in
Berlin fortsetzte, habilitierte sich 1864 an der WienerHochschule und wurde nach Fr. PfeiffersTod zum ordentlichen Professor für
deutsche Sprache und Litteratur ernannt. 1872 in gleicher Eigenschaft nach Straßburg
[* 93] berufen, entfaltete
er hier eine äußerst fruchtbare Lehrthätigkeit, bis er im Herbst 1877 einem Ruf als Professor der neuern deutschen Litteraturgeschichte
an die UniversitätBerlin folgte. Er starb daselbst, seit 1884 zum Mitglied der Akademie ernannt, Von Scherers litterarischen
Publikationen, die im wesentlichen deutsche Sprachwissenschaft und Litteraturgeschichte (letztere
von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart) behandeln, sind hervorzuheben: »Denkmäler deutscher Poesie und Prosa« (mit Müllenhoff,
Berl. 1864, 2. Aufl. 1873);
seine Untersuchungen über die Litteratur des 11. und 12. Jahrh.: »Deutsche Studien« (Wien 1870-78, 3 Tle.),
»Die Anfänge des deutschen Prosaromans« (Straßb.
1877);
»Aus Goethes Frühzeit, Bruchstücke eines Kommentars zum jungen Goethe« (das. 1879) und seine »Geschichte
der deutschen Litteratur« (Berl. 1883, 5. Aufl. 1889), welche
sich als ein hochbedeutender Versuch zeigt, unter Berücksichtigung aller gewonnenen wissenschaftlichen Resultate, gleichsam
aus der Mitte der Forschung heraus, eine allen Kreisen zugängliche, durch anmutig lebendige Darstellung ausgezeichnete Geschichte
der Entwickelung der deutschen Nationallitteratur zu geben.
Für O. Lorenz' »Geschichte des Elsasses« (3.
Aufl., Berl. 1884) behandelte er die Litteratur des Elsaß und veröffentlichte
außerdem »NotkersPsalmen« (mit Heinzel, Straßb. 1876) und »Aufsätze über Goethe« (Berl. 1886) sowie zahlreiche Abhandlungen
litterarhistorischen und kritischen Inhalts in verschiedenen Zeitschriften. Mit ten Brink begründete er 1874 in
Straßburg die »Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der
germanischen Völker«; auch war er Mitherausgeber
der »Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Litteratur«. Aus seinem Nachlaß erschien: »Poetik« (Berl. 1888).
(spr. -rär), 1) BarthélemyLouisJoseph, franz. General, geb. zu Delle bei Belfort,
[* 95] trat
in österreichische, dann in holländische Kriegsdienste und wurde 1791, nach Frankreich zurückgekehrt, Kapitän in einem Linienregiment. 1793 machte
er als Generaladjutant des GeneralsBeauharnais den Feldzug am Rhein mit, ward 1794 zum Divisionsgeneral befördert und erhielt
den Oberbefehl über eine Division der Sambre- und Maasarmee. Da er mehrere belgische Städte eroberte und
einige Vorteile über die Österreicher erfocht, ward er 1795 mit dem Oberkommando der Alpenarmee betraut, vertauschte es
bald darauf mit dem der Ostpyrenäenarmee.
2) Edmond, franz. Theolog der kritischen Schule, geb. zu Paris,
[* 98] studierte in England und zuletzt in StraßburgTheologie
und wurde 1845 in Genf
[* 99] Professor der Exegese. Als sich aber seine inzwischen anders gewordenen religiösen Überzeugungen
mit dieser Stellung nicht mehr vertrugen, trat er (1850) zurück und wurde ein Haupt der liberalen Bewegung innerhalb der französisch-protestantischen
Kirche, unter der Republik auch lebenslängliches Mitglied des Senats.
Neben einer ausgebreiteten journalistischen Thätigkeit an der »Bibliothèque
universelle« in Genf
und am »Temps« in Paris schrieb er: »Mélanges de critique religieuse« (Par. 1860);