Die von ihm erlassenen
Gesetze unterliegen der Volksabstimmung, sofern 6000
Bürger es verlangen. Die oberste Exekutivbehörde
ist ein
Regierungsrat von 7 Mitgliedern, welche vom
GroßenRat auf eine Amtsdauer von drei
Jahren gewählt
werden; der
Präsident führt den
TitelLandammann. Die oberste richterliche Behörde ist ein ebenfalls vom
GroßenRat, aber
auf sechs Jahre gewähltes Kantongericht von 9 Mitgliedern.
In denBezirken bestehen je ein Bezirksammann (für die
Exekutive)
und ein Bezirksgericht, in den
Gemeinden ein
Gemeinderat, dessen
Präsident den
Titel Gemeindeammann führt,
und ein Vermittler.
Die Staatsrechnung von 1886 zeigt an
Einnahmen 2,741,356
Frank, an
Ausgaben 2,560,323
Fr., also einen Überschuß von 181,033
Fr. Unter den
Einnahmen erscheinen als größter
Posten die direkten
Abgaben (1,082,913
Fr.), unter den
Ausgaben das Bauwesen
(740,443
Fr.),
Erziehung (333,658
Fr.) und
Militär (298,767
Fr.). Ende 1886
Aktiva: 30,304,824
Fr., Passiva: 23,045,473, also das
Staatsvermögen: 7,259,351
Fr. Zu diesem unmittelbaren
Staatsgut kommen noch 28 Separatfonds mit 7,978,219
Fr., so daß der
gesamte Vermögensbestand sich auf 15,237,570
Fr. beläuft.
Die Hauptstadt Sankt Gallen,
an der
Steinach, 676 m ü. M., am Eingang in die Bergregion gelegen,
hat alpenartige Umgebung. Die ehemaligen Klostergebäude sind in Regierungslokale,
Schulen,
Wohnungen etc. umgewandelt. Zusammen
mit der doppelt getürmten, gewaltigen
Kathedrale (Stiftskirche, 1756 bis 1766 im italienischen
Stil erbaut), dem
Zeughaus,
der Kinderkapelle etc. umstehen dieselben den umfangreichen viereckigen Klosterhof.
Noch immer beherbergen sie
die berühmte Stiftsbibliothek, welche 1500
Handschriften (darunter viele sehr alte und ausgezeichnete, zum Teil aus dem 6.
Jahrhundert)
nebst
Münzsammlung und
Inkunabeln enthält.
In der
Nähe des
Klosters erhebt die geschmackvoll restaurierte reformierte Hauptkirche St. Laurenz (1851-53 restauriert) ihren
schlanken gotischen
Turm.
[* 3]
Andre sehenswürdige Gebäude sind: das
Rathaus, das Bürgerspital, das Kantonsspital,
das Kantonsschulgebäude auf dem
Brühl, das
Museum mit naturhistorischen Sammlungen, den Sammlungen des
HistorischenVereins
und der Gemäldesammlung des Kunstvereins, die
Strafanstalt St.
Jakob, das Postgebäude bei dem
Bahnhof.
In der
Nähe des letztern und selbst auf den steilen Anhöhen des engen
Thals, in dem die Stadt liegt,
haben sich neue
Viertel erhoben. Die Zahl der Einwohner beträgt (1888) 27,910. S. hat sich nicht bloß zum
Viktualienmarkt aufgeschwungen, wo
Ober-Thurgau und Fürstenland ihre Bodenerzeugnisse zum Verkauf ausstellen und das
Appenzeller
Land einen Teil seines
Bedarfs kauft; auch die umliegenden Industriebezirke bringen ihre Manufakturen dahin, damit die St.
Galler Kaufleute den
Export derselben übernehmen.
Gegen Ende des 11. Jahrh. verblich dieser litterarische
Glanz; aber die
Äbte von S. thaten sich durch kriegerischen
Eifer für
die
Sache des
Kaisers hervor, wofür sie 1206 zu
Reichsfürsten erhoben wurden.
Ihre Besitzungen reichten
vom
ZüricherSee bis
Ulm;
[* 7] aber zwiespältige Abtswahlen und unglückliche
Fehden mit König
Rudolf vonHabsburg brachen gegen
Ende des
Jahrhunderts ihre Macht. In diese Zeit fällt auch die
Emanzipation der allmählich um das
Kloster entstandenen, im 10. Jahrh.
mit
Mauern umgebenen und durch das Leinwandgewerbe blühenden Stadt S. von der geistlichen Herrschaft.
Nachdem ihr
Rudolf vonHabsburg 1291 die Unveräußerlichkeit der Reichsvogtei zugestanden, beseitigte sie durch Einführung
einer Zunftverfassung 1353 den Einfluß des
Abtes auf die städtische
Regierung fast gänzlich, erwarb 1415 mit dem
Blutbann
und
Münzrecht die völlige Souveränität und wurde als zugewandter
Ort in den ewigen
Bund der
Eidgenossen aufgenommen, unter deren Vermittelung sie sich 1457 durch Bezahlung von 7000
Gulden von allen Ansprüchen des
Abtes für immer befreite.
Die mannigfachen Verletzungen derselben sowie andrer verbriefter Rechte reizten die Toggenburger 1705 zu einem Aufstand, welcher
sich durch die Parteinahme Zürichs und Berns gegen und der katholischen Orte für den Abt 1712 zu dem als
Toggenburger oder zweiten Vilmerger Krieg bekannten schweizerischen Religionskampf erweiterte. Die Züricher und Berner besetzten
die St. GallischeLandschaft und plünderten das Kloster. Im Frieden von Aarau
[* 14] (11. Aug.) mußten die Katholiken ihnen die Ordnung
der toggenburgischen Verhältnisse überlassen, worauf der Abt im Vertrag zu Baden
[* 15] 1718 die Verwaltung seiner
Lande zurückerhielt, aber unter Anerkennung voller Glaubensfreiheit und eines Mitregierungsrechts der Toggenburger. Nachdem
die Gotteshausleute schon 1795 die Aufhebung der Leibeigenschaft und 1797 Anteil am Regiment erzwungen hatten, machte das Einrücken
der Franzosen in die Schweiz
[* 16] 1798 der äbtlichen Herrschaft selbst ein Ende. Die helvetische Verfassung verschmolz
die Stadt und das Gebiet des Abtes mit Appenzell
und Rheinthal zu einem KantonSäntis; am wurde das Kloster selbst aufgehoben.
Die Mediationsakte schuf 1803 den heutigen Kanton S., indem sie mit der Stadt und dem Gebiet des Abtes die ehemaligen gemeinen
Herrschaften Rheinthal, Sargans, Rapperswyl, Gaster und Uznach sowie das glarnerische Unterthanenland Werdenberg
vereinigte. 1805 hob der GroßeRat des Kantons das Kloster in aller Form auf und teilte sein Vermögen in ein »souveränes« Gut,
welches zu dem Staatsvermögen geschlagen wurde, und ein »katholisches«
Gut, welches teils zur Dotierung der Stiftskirche, des Seminars, zur Pensionierung der Mönche und zur Errichtung
eines katholischen Gymnasiums verwendet, teils als eine Art katholischen Staatsvermögens von einem katholischen Administrationsrat
verwaltet wurde. Der Wiener Kongreß erkannte den neuen Kanton an; zugleich wurde die Verfassung in oligarchischem Sinn geändert
und für Kirchen-, Ehe- und Schulsachen eine völlige Trennung nach Konfessionen
[* 17] durchgeführt, so daß
neben dem allgemeinen GroßenRat ein katholischer und ein evangelischer bestand. 1830-31 wurde unter der Führung G. J. ^[GallusJakob] Baumgartners (s. d.) die Verfassung in demokratisch-liberalem Sinn revidiert und das Veto eingeführt; zugleich wurde der
Kanton der Ausgangspunkt der liberal-katholischen Bewegung, welche 1834 zu den Badener Konferenzartikeln führte (s. Schweiz);
aber gerade in S. wurden diese in der Volksabstimmung verworfen (Januar 1835), womit die Kraft
[* 18] der Bewegung gebrochen war. 1836 wurde
St. Gallen Sitz eines eignen Bischofs.
Seit 1847, als die Liberalen die Mehrheit im GroßenRat erlangt hatten, strebten die Führer derselben, Weder, Hungerbühler
u. a., vor allem nach Beseitigung der konfessionellen Trennung; eine liberale
Mehrheit im katholischen Administrationsrat ermöglichte 1856 die Verschmelzung der katholischen Kantonsschule mit der höhern
Lehranstalt der Stadt in eine gemeinsame Kantonsschule, und 1861 kam nach heftigen Stürmen eine 17. Nov. vom Volk angenommene
Revision der Verfassung zu stande, welche das Erziehungswesen ganz dem Staat übergab, dagegen in kirchlichen
Dingen den Konfessionen volle Freiheit ließ.
Durch eine genehmigte Partialrevision wurde, der demokratischen Strömung in der Schweiz entsprechend, das schon 1831 eingeführte
Veto erleichtert. An den kirchlichen Kämpfen der jüngsten Zeit beteiligte sich S. nur insofern, als 1876 die katholische
Kirchengemeinde der Stadt S. durch Mehrheitsbeschluß zum Altkatholizismus übertrat. Seit 1861 befinden
sich die Liberalen beständig in der Mehrheit; aber die Macht der Ultramontanen zeigte sich sowohl in den eidgenössischen
als kantonalen Volksabstimmungen, in welchen die Gesetzesvorlagen der Räte häufig verworfen wurden.
Anderseits wurde eine von klerikaler Seite angeregte Verfassungsrevision vom Volk mit großem
Mehr abgelehnt.
Vgl. v. Arx, Geschichte des Kantons S. (St. Gallen 1810-13, 3 Bde.; Berichtigungen und Zusätze dazu
1830);
eine kath. Kirche, ein neues Rathaus, ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, Leder-, Leim- und Laubsägenfabrikation, einen Hafen
mit schwimmender Werkstätte, Weinhandel, Schiffahrt, Lachsfischerei und (1885) 1453 meist evang. Einwohner.
Über der Stadt auf einer steilen Anhöhe die 1797 von den Franzosen zerstörte FesteRheinfels, die großartigste Ruine am Rhein.
Oberhalb S. wird durch eine im Fluß verborgene Klippenreihe (St. Goarbank) ein Strudel, das sogen. Wilde
Gefährt, gebildet. Der Grund zu S. wurde von dem Eremiten gleiches Namens gelegt, der hier 575 starb. Das Stift S. wurde dann
der AbteiPrüm verliehen, welche mit der Vogtei die Grafen von Katzenelnbogen belehnte. Diese kamen um die
Mitte des 13. Jahrh. auch in den Besitz der Stadt mit dem dortigen Rheinzoll. Nach dem Aussterben des HausesKatzenelnbogen
fiel S. an Hessen-Kassel, später an Preußen.
[* 27]
[* 1] Goarshausen, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Wiesbaden,
[* 28] am Rhein, St. Goar gegenüber, und an der LinieFrankfurt
[* 29] a. M.-Niederlahnstein-Lollar der Preußischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath.
Kirche, ein neues Rathaus, ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, eine Privaterziehungsanstalt, Gerberei, Kunstschlosserei, eine
Kunstmühle, Bierbrauerei,
[* 30] Weinbau, Weinhandel, Fruchtmärkte, Lachsfang und (1885) 1456 meist
evang. Einwohner.
Über der Stadt die Ruinen der 1806 gesprengten BurgKatz (Neukatzenelnbogen).
Die Zentralmasse dieser innern Umwallung ist durch die Schneehäupter des PizBasodine (3276 m) und des Pizzo Forno (2909 m)
flankiert, und die Flügel, welche von diesen Stöcken südwärts auslaufen, nähern sich gegenseitig am
Oberende des Lago Maggiore und lassen hier zwei beträchtliche Gewässer, die Maggia und Verzasca, austreten; denn die umwallte
Fläche wird, zunächst durch den Zug
des Monte Zucchero (2257 m), in zwei Thalgebiete geschieden, welche durch sekundäre Gebirgszweige
sich in zahlreiche Seitenthäler zergliedern. Zuerst wurde die höchste Spitze des MonteLeone bestiegen
von J. J. ^[JohannJacob] Weilenmann im August 1859, der PizBasodine (deutsch Gigelenhorn) von Eingebornen das Ofenhorn
(ital. Piz d'Arbela) von G. Studer
Nehmen wir die
Gotthardmasse nach der engern Fassung des Namens, so ist sie in ihrer Mitte von einer tiefen
Einsattelung quer durchzogen, auf deren Höhe sich die Gebiete des Tessin
und der Reuß, des Po und des Rheins oder des Mittelmeers
[* 34] und
der Nordsee berühren: eine europäische Wasserscheide, der Gotthardpaß (2114 m), den im W. das Winterhorn
oder Piz Orsino (2666 m), Pizzo Vinei oder Lucendro (2959 m) und Fibbia (2742 m), im O. der MonteProsa oder Sasso di San Gottardo
(2738 m) und das Tritthorn oder Pizzo Centrale (3002 m) einfassen.
Letzterer, der zentralste und höchste Gipfel (bei Dufour irrtümlich Blauberg genannt), ist für die Gotthardtouristen
ein Lieblingsberg geworden, weil er eine ausgezeichnete Zentralansicht der Alpen gewährt (Panorama von Heim). Als Fundort für
Mineralien,
[* 35] namentlich Silikate und Bergkristalle, Eisenglanz etc., ist der S. seit längerer Zeit berühmt; ebenso ist er für
den Geologen von höchstem Interesse. Die Gesteinsmasse, aus der das ganze Gebirge besteht, ist Gneis, außerdem
Hornblendeschiefer und Granatschiefer.
Gipse, Dolomite, Kalke und andre Sedimentgesteine kommen nur an den Grenzen
[* 36] des Gebirges vor. Die Paßhöhe ist eine Hochebene von
rundlichen, geglätteten Gneisgranitfelsen, die an geschützten Stellen sogar spiegelglänzend sind und feine parallele Ritzung
zeigen, Zeugnis dafür, daß in vorgeschichtlicher Zeit das Paßthal und seine Seitenthäler hoch mit
Gletschern erfüllt waren. In den Vertiefungen des Gebirges liegen eine Menge kleiner Seen (im ganzen etwa 50, davon 7 auf der
Paßhöhe); mehrere derselben haben über 1 km Umfang.
Dem Lucendrosee, etwas abseits westlich von der Paßhöhe, entströmt der Hauptarm der Reuß. Zwei nicht minder große Seen
liegen etwa 5 km weiter nach O. im ValSella;
[* 37] ihnen entspringt der Tessin,
der dann überdies die Abflüsse der Seen der Paßhöhe in sich
aufnimmt. Diese Hochseen beherbergen keine Fische,
[* 38] nur einige Lurche,
[* 39] und kaum zwei Monate bleibt ihr Wasser eisfrei. Auf der
Paßhöhe steht ein aus milden Gaben unterhaltenes Hospiz, wo ein Tessiner »Spitler« den Wirt macht und
ein Kaplan den Gottesdienst versieht, und in welchem arme Reisende, meist 10-12,000 jährlich, unentgeltlich Unterkunft und
Erquickung erhalten.
Für die Bedürfnisse der übrigen Passanten, namentlich der Touristen, bestehen noch zwei Gasthäuser (darunter seit 1867 das
komfortable Hotel della Prosa). Bei schlechtem Wetter
[* 40] gehen mutige Männer nach beiden Seiten thalwärts,
um Verirrte aufzusuchen. Wenn bei starkem, tagelang anhaltendem Schneefall erst noch die grausigen Guxeten (Schneewirbelstürme)
eintreten, dann bleibt eine Zeitlang alle Verbindung mit den Thalbewohnern abgeschnitten. Die Geschichte des Gotthardpasses
beginnt erst mit dem Mittelalter, denn die Römer
[* 41] haben ihn nicht benutzt; als 569 die Langobarden von Süden
her über den S. eindrangen, bauten sie über den Reußschlund eine in Ketten hängende Brücke,
[* 42] »die stäubende«, die man
1198, nachdem zu Karls d. Gr. Zeit der Weg für Saumtiere hergerichtet worden, durch die sicherere
(alte) Teufelsbrücke ersetzte. Im 14. Jahrh. entstand zunächst das Hospiz am Nordfuß des Bergs, jetzt
Dorf Hospenthal, 1629 durch F. Borromeo eine Herberge auf der Paßhöhe, von Kapuzinern besorgt seit 1683. Im J. 1707 wurde der
Tunnel
[* 43] des UrnerLoches gesprengt und dadurch die Zugänglichkeit des Bergs wesentlich erleichtert. Noch aber blieb die Straße
bloß ein 3-4 m breiter, mit großen Rollsteinen gepflasterter Saumpfad, und bei
¶
Von den Subventionen im Betrag von 85 Mill. Fr. übernahm die Schweiz 20, Italien 45 und das Deutsche Reich 20 Mill.
Nach Ordnung der internationalen und finanziellen Angelegenheiten fand die Konstituierung der Gotthardbahngesellschaft statt.
Ihr Sitz ist Luzern.
Zum Oberingenieur wurde Baudirektor R. Gerwig in Karlsruhe
[* 49] ernannt, der indessen im April 1875 von seiner Stelle
zurücktrat und durch W. Hellwag von Eutin, Baudirektor der Österreichischen Nordwestbahn, und 1879 durch
Bridel, den Erbauer der Berner Jurabahnen, ersetzt ward. Am nachdem in Göschenen schon 4. Juni, in Airolo1. Juli d. J.
die Vorarbeiten begonnen, kam der Vertrag betreffs der Tunnelbohrung mitL.Favre, einem Bauunternehmer von Genf,
[* 50] zum Abschluß.
Vertragsgemäß fand im Dezember 1874 die Eröffnung der tessinischen Thalbahnen statt: Biasca-Bellinzona,
Lugano-Chiasso und Bellinzona-Locarno. Die Arbeiten im Gotthardtunnel nahmen inzwischen ihren energischen Fortgang sowohl an der
nördlichen Pforte (Göschenen) als an der südlichen (Airolo). Auf letzterer Seite war lange der Wasserzudrang (zeitweise bis 270 Lit.
in der Sekunde) sehr störend. Später, als die Maschinenbohrung eingeführt war, stieg der tägliche Fortschritt,
der zur Zeit der Handbohrung 0,65 m betragen hatte, immerhin auf 2,05
m, während auf der Göschener Seite durchschnittlich 2,56 m erbohrt wurden.
Eine ernstliche Gefährdung erfuhr das Bahnunternehmen, als sich in dem erneuten Kostenvoranschlag vom Februar 1876 ein erschreckendes
Defizit herausstellte, das von Hellwag auf 102,4 Mill. Fr. veranschlagt, später auf 73,8 Mill. Fr. beschränkt
wurde. Auf Einladung des SchweizerBundesrats traten darauf die Subventionsmächte zu einer neuen Konferenz zusammen, die 4.-13.
Jan.
1877 in Luzern
beriet. Sie stellte sich auf den Standpunkt, an der (vorläufigen) Ausführung des Bahnnetzes nach Möglichkeit
zu reduzieren, und berechnete (gegenüber den früher angenommenen 187 Mill.) einen neuen Kostenvoranschlag von 227, d. h.
ein schließliches Defizit von 40 Mill. Fr. Behufs Beschaffung dieser Mittel lehnte das Deutsche Reich jede Garantie ab, und die
Konferenz einigte sich schließlich dahin, 28 Mill. Fr. als Subvention zu gewähren und die Beschaffung
der restierenden 12 Mill. der Gesellschaft zu überlassen.
An der Subvention sollten sich Deutschland
[* 51] und Italien je mit 10, die Schweiz mit 8 Mill. Fr. beteiligen. Mehrere SchweizerKantone
lehnten die verlangte Subvention ab, doch genehmigte 1878 der Bund, daß den Subventionskantonen 4½ Mill. Fr. bewilligt werden
sollten, sofern dieselben 2 Mill. Fr. übernehmen würden. Trotz des Todes des IngenieursFavre
wurden die Arbeiten im Gotthardtunnel unter der Leitung des IngenieursBossi so gefördert, daß der Durchbruch erfolgte.
Nachdem der große Tunnel im Dezember 1881 vollendet war, wurde die Bahn 22.-25. Mai 1882 dem Betrieb übergeben.
Während die mittlere Linie den Lago Maggiore bei Magadino erreicht und bei Pino, wo sie endet, an die nach
Genua
[* 53] führende italienische Bahnlinie anschließt, zweigt sich südlich von Bellinzona bei Gubiasco eine Seitenlinie ab, die
den Monte Ceneri in einem Tunnel durchschneidet und über Lugano nach Chiasso führt, wo über Como Anschluß nach Mailand
[* 54] stattfindet.
Von der mittlern Linie trennt sich südlich von Cadenazzo eine zweite, die sich am Westufer des Lago Maggiore
nach Locarno hinzieht.
Der Tunnel endlich durch den Monte Ceneri mißt 1673 m. Die Steigung der Bahn beträgt auf der Nordseite des Gotthardtunnels
mehrfach 26 pro Mille und erreicht auf der Südseite einmal (zwischen Giornico und Bodio) sogar 27 pro Mille.
Deshalb werden für den Betrieb besonders konstruierte Lokomotiven verwendet. S. Karte »Schweiz«.
[* 1] Helena, brit. Insel im südlichen Atlantischen Ozean, 1490 km von der KüsteAfrikas und 2230 km von der Südamerikas
entfernt, umfaßt 122 qkm (2,2 QM.) und erhebt sich mit 180-300
m hohen senkrechten und buchtenarmen Ufern aus dem Meer, im Innern im Dianenpik bis zu 823 m ansteigend. Diese Bergreihe scheidet
das Eiland in zwei gleiche Hälften und fällt südlich steil, nördlich dagegen allmählich ab. Sie besteht aus
Thon, Lava, Basalt, Tuffstein etc. und hat tiefe Höhlungen, zerklüftete Küstenfelsen.
Das Klima
[* 62] ist mild (9-22° R.) und gesund, die Vegetation stellenweise üppig; doch wird wenig Ackerbau oder
Viehzucht
[* 63] getrieben. Früher, als die Ostindienfahrer hier regelmäßig anlegten, und namentlich während der Gefangenschaft
Napoleons war hier ein reges Leben. Jetzt ist die Insel verarmt, die hier anlegenden Schiffe
[* 64] versorgen sich mit Wasser, Kohl, süßen
Kartoffeln, Geflügel, den einzigen Erzeugnissen der Insel. Die Bevölkerung
[* 65] (1883: 5085) besteht zumeist aus Negern,
von denen jährlich viele in die Kapkolonie auswandern. Die Einfuhr betrug 1885: 52,000, die Ausfuhr 12,000, die Kolonialeinnahmen
9000, die Ausgaben 13,000 Pfd. Sterl., der Schiffsverkehr 111,000 Ton. Der einzige Landungsplatz ist die Bai St. James an der
Nordküste, daran die Stadt Jamestown, Residenz des Gouverneurs und Sitz eines deutschen Konsuls, mit 2250 Einw.
und einer Besatzung von 162 Mann Artillerie und Genie in der Citadelle und einigen Batterien. - S. wurde von den Portugiesen
entdeckt; dieselben machten daselbst Anpflanzungen und erbauten eine
kleine Kirche, die aber gegen 1600 von den Holländern
zerstört ward. 1650 erhielt die Englisch-OstindischeKompanie diese Insel von den Holländern gegen Abtretung
des Vorgebirges der Guten Hoffnung, legte daselbst 1660 eine Niederlassung an und baute das Fort St. James. Am übernahm
die britische Regierung die Verwaltung der Insel. Weltbekannt ward dieselbe als Verbannungsort Napoleons, der hier 1821 starb
und begraben wurde; 1840 ward seine Leiche nach Paris übergeführt.
Vgl. Melliss, St. Helena, a physical,
historical and topographical description (Lond. 1875).
(lat.), im weitern Sinn die Bestätigung eines jeden Beschlusses, Vertrags oder Gesetzes;
im engern derjenige Akt der gesetzgebenden Gewalt, durch welchen der Souverän den von den beratenden oder gesetzgebenden Körpern
beratenen und genehmigten Gesetzentwürfen seine Zustimmung gibt und ihnen dadurch die Gesetzeskraft verleiht.
Sanktionieren,
bestätigen, als Gesetz verkündigen.
[* 1] Jakoban derBirs, Häusergruppe mit Kirche 1 km südöstlich von Basel,
[* 68] bekannt durch den heldenmütigen
Kampf der 1300 Schweizer gegen die Armagnaken (s. d.) welcher seit 1872 durch ein großes Denkmal
(von Schlöth) verherrlicht ist.
[* 1] Johann, 1) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Trier,
[* 70] KreisSaarbrücken,
[* 71] an der Saar, Saarbrücken
gegenüber, Knotenpunkt der Linien S.-Konz, Wellesweiler-S., S.-Malstatt, S.-Saargemünd, S.-Scheidt und S.-Neunkirchen der
Preußischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Synagoge, Maschinenfabrikation, Drahtzieherei, Seilerei,
Thonwarenfabrikation,
[* 72] Bierbrauerei, ein großes Eisenhüttenwerk (am Hallberg), starke Verschiffung von Steinkohlen und (1885)
13,598 Einw. (darunter 7165 Evangelische und 295 Juden). Der Ort ward 1046 als Hof
[* 73] der BurgSaarbrücken gegründet
und 1321 zur Stadt erhoben. Seit Eröffnung der Eisenbahnen ist S. ein Hauptverkehrsort des Saarbrücker Bergbaureviers geworden.
- 2) (S. im Pongau) Marktflecken im österreich. Herzogtum Salzburg,
[* 74] über der Salzach gelegen, Station der Staatsbahnlinie Salzburg-Wörgl,
ist seit dem Brand von 1855 neu erbaut, hat eine schöne gotische Kirche, (1880) 1208 Einw. und ist Sitz
einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts. Südlich von S. liegt die großartige Lichtensteinklamm mit prächtigem
Wasserfall der Großarler Ache.
[* 1] Leonhard, 1) Stadt im österreich. Herzogtum Kärnten, Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg, an der Lavant, mit alter
gotischer Kirche, Bezirksgericht, Eisenwerken und (1880) 1020 Einw. Unfern
der Preblauer Sauerbrunnen.
Von Three Rivers an, welches am Fuß dieses Sees 544 km oberhalb der Mündung liegt, und bis wohin die Flut reicht, sind die
Ufer steil und bilden oft malerische Felswände, wie den Diamond Point, auf dem die Stadt Quebec liegt.
An seiner Mündung, beim Point des Monts, ist der S. 45 km breit. Schiffe von 7,9 m Tiefgang können infolge der großartigen
Flußkorrektionen bis Montreal hinaufgehen, und von dort an vermitteln Kanäle und die Kanadischen Seen den Verkehr
bis in das Herz des Kontinents, so daß kleine Seeschiffe schon bis nach Duluth, dem höchsten Punkt am Obern See, gelangt sind.
Oberhalb Quebec ist der Fluß gewöhnlich vom Dezember bis April (durchschnittlich 141 Tage) mit Eis
[* 82] bedeckt. Der untere Teil
friert zwar nie zu, doch wird auch hier im Frühling die Schiffahrt infolge des Eisganges fast gänzlich
unterbrochen. Die wichtigsten Nebenflüsse des St. Lorenzstroms sind: der Ottawa und Saguenay auf dem linken und der Richelieu
auf dem rechten Ufer. Rechnen wir die Kanadischen Seen zum Gebiet des St. Lorenzstroms und betrachten den St. Louis, einen Zufluß
des Obern Sees, als Quellfluß, dann hat derselbe ein Areal von 1,378,000 qkm (25,000 QM.).
[* 1] Michel,Gouvernement im südöstlichen Teil des Großfürstentums Finnland, von den GouvernementsKuopio, Wasa, Tawastehus
und Wiborg
[* 85] umschlossen, ist 22,840 qkm (464,8 QM.) groß, ganz
von Seen erfüllt (darunter der große Saimasee) und zählt (1886) 173,186
Einw. Hauptort (seit 1843) ist die erst 1838 gegründete Stadt S., an einem Busen des Saimasees, mit (1884) 1792 Einw.
[* 1] Moriz, 1) (rätorom. St. Mouretzan) Dorf im schweizer. Kanton Graubünden,
im Oberengadin, auf einer Uferhöhe des St. Morizer Sees gelegen, 1856 m ü. M., mit (1880) 402 Einw.,
ein Thalort höher als Rigikulm. Die Bedeutung des Ortes begründeten die trefflichen Heilquellen; in neuerer
Zeit nahm er teil an dem erstaunlichen Aufschwung, den ganz Oberengadin als Touristenstation und Luftkurort genommen hat.
Zwei herrliche Sauer- und Stahlquellen sprudeln im Thalgrund hervor, übertreffen die Schwalbacher und PyrmonterQuellen an kohlen-
und schwefelsauren Natronsalzen und verdanken ihren außerordentlichen Gasreichtum zum Teil der niedrigen
Temperatur von weniger als 6° C. Die alte Quelle
[* 86] wird vorzugsweise zu Bädern benutzt; die neue dient mehr zu Trinkkuren. Das
Wasser hat sich besonders hilfreich erwiesen bei Verschleimungen, Blennorrhöen, Leiden
[* 87] der Digestion und Assimilation und andern
Krankheiten von atonischer Schwäche. In der Nähe liegt Pontresina (s. d.).