Sachsen (das jüngere Herzogtum, die Pfalzgrafschaft; Ernestinische Linie)
mehr
Schlacht am
Welfesholz 1115 den
Sieg über das kaiserliche
Heer davontrug. Als dann
Lothar nach dem Erlöschen des salischen
Hauses 1125 selbst
auf den Kaiserthron erhoben wurde, hatte er mit den staufischen
Brüdern um die
Krone zu kämpfen und mußte gegen sie eine
Stütze beim welfischen
Herzog von
Bayern,
[* 2]HeinrichdemStolzen, suchen, der von seiner
Mutter Wulfhild, der
Tochter des
HerzogsMagnus, die Billungschen
Hausgüter geerbt hatte. Er vermählte demselben seine Tochter
Gertrud und übertrug
ihm auch auf seinem Sterbebett 1137 das Herzogtum S. Als der neue König,
Konrad III., diese
Übertragung nicht anerkennen
wollte, kam es zwischen ihm und
Heinrich zum
Kampf; letzterer wurde geächtet und seine Herzogtümer ihm
abgesprochen, von denen S. dem
MarkgrafenAlbrechtdemBärenübertragen wurde.
Das neue Herzogtum S., dem alten Volksherzogtum weder an
Umfang noch an Macht vergleichbar, spielte demgemäß in der Geschichte
des
DeutschenReichs nur eine untergeordnete
Rolle. Dazu kam, daß die Askanier nach dem
Tode des zweiten
Herzogs aus ihrem
Geschlecht,
AlbrechtsI. (1212-60), S. teilten, so daß der ältere Sohn,
Johann, das Gebiet an der untern, der jüngere,
AlbrechtII. (1260 bis 1298), das an der mittlern
Elbe erhielt; beide
Linien, die sich nach ihren Hauptstädten Sachsen-Lauenburg
und Sachsen-Wittenberg nannten, führten den
Titel eines
Herzogs von S.,
Engern und
Westfalen und einesReichsmarschalls
und erhoben beide auf das
Recht, den König zu wählen, Anspruch.
Nach langem Streit wurde dies
Recht durch die
Goldene Bulle 1356 der wittenbergischen
Linie zugesprochen, welche zugleich mit
dem Erzmarschallamt das Reichsvikariat in den
Ländern des sächsischen
Rechts erhielt und sich durch die Unteilbarkeit der
Kurlande vor weiterer Zersplitterung bewahrte.
HerzogRudolfII. (1356-70),
Rudolfs I. (1298-1356) Sohn,
nannte sich zuerst
KurfürstvonS., sein
BruderWenzel (1370-88) führte zuerst die
Kurschwerter im sächsischen
Wappen.
[* 12]
Wenzels
Sohn
RudolfIII. starb kinderlos 1419, und mit seinem
BruderAlbrechtIII. erlosch 1422 die wittenbergische
Linie des askanisch-sächsischen
Hauses.
deutsches Königreich, hinsichtlich des Flächeninhalts
der fünfte, hinsichtlich der Bevölkerung
[* 37] der dritte Staat des DeutschenReichs, erstreckt sich von 50° 10'-51° 29' nördl.
Br. und von 11° 53'-15° 4' östl. L. v. Gr. Mit
Ausnahme der kleinen Parzellen Ziegelheim und Liebschwitz mit Traubenpreskeln bildet das Königreich ein geschlossenes Ganze,
das im O. und N. von den preußischen ProvinzenSchlesien
[* 38] und S., im W. von der Provinz S., S.-Altenburg,
S.-Weimar und Reuß,
[* 39] im SW. von Bayern und Böhmen,
[* 40] im Süden und SO. von Böhmen begrenzt wird. Die ganze Grenzlinie hat eine Länge
von 1226 km. Die größte Längenausdehnung von W. nach O. beträgt 210, die größte Breitenausdehnung
von N. nach Süden 150 km. Nach allen übrigen Seiten offen, hat es nur gegen Böhmen eine natürliche Grenze.
Seiner Bodenbeschaffenheit nach gehört S. fast ganz dem norddeutschenBerg- und Hügelland an und greift nur in seinem nördlichen
Teil in die Norddeutsche Tiefebene hinüber. Nur 0,5 Proz. der
Gesamtfläche liegt tiefer als 100 m über der Ostsee, 58,5 Proz. erheben sich mehr als 250 m über dieselbe,
wovon 18,1 Proz. bis 550 m, 9,1 Proz.
550-700 m und 0,3 Proz. über 700 m. S. wird durch die Elbe, deren enges Thal
[* 41] sich nur zwischen Pirna
[* 42] und Meißen erweitert,
in zwei orographisch verschiedene Teile geschieden.
Das Gebiet östlich von der Elbe wird von den nordwestlichen Gliedern der Sudeten und deren Vorhöhen erfüllt. Im äußersten
Südosten, um Zittau,
[* 43] reicht ein Teil des sächsisch-böhmischen Sandsteingebirges herein mit den höchsten Erhebungen des
ganzen Gebirgszugs, den Phonolithkuppen der Lausche (796 m) und des Hochwaldes (729 m) sowie dem Sandsteinkegel
des Oybins (565 m). Von da an zieht sich längs der böhmischen Grenze das Lausitzer Gebirge (s. d.) hin als eine größtenteils
aus Granit bestehende, wellige Hochfläche von 310-330 m Höhe mit zahlreichen schroff aufsteigenden Kegelbergen, z. B. dem
Kottmar bei Herrnhut (583 m), dem LöbauerBerg (446 m) u. a.
¶
Gegen N. geht dieselbe allmählich in die sandige Tiefebene über, an deren Grenze noch als bedeutendere Berge der Rothstein
bei Sohland, das PulsnitzerGebirge mit dem Sibyllenstein (428 m), der isolierte Keulen- oder Augustusberg (409 m) und die KamenzerBerge hervortreten. Nach W. hin bildet dieses flache Terrain einen steil abfallenden Rand gegen das Elbthal
von Pillnitz abwärts (Porsberg 362 m) bis Niederau und tritt dann von Meißen abwärts mit immer niedriger werdendem Rand hart
an die Elbe heran, bis es nordwestlich von Großenhain
[* 47] ganz in die Ebene übergeht.
Die höchste, aber flachere Erhebung dieses Gebiets ist in S. der GroßeWinterberg (558 m) auf dem rechten Elbufer. Westlich
von der Elbe erstreckt sich das Hauptgebirge Sachsens, das Erzgebirge (s. d.), in einer Länge von 151 km
von den Quellen der Gottleuba in westsüdwestlicher Richtung bis über die Quellen der ZwickauerMulde und Zwota hinaus. Der Kamm
desselben ist eine einförmige, oft stundenbreite öde Sumpf- und Waldfläche ohne Paßeinschnitte von 700-850 m durchschnittlicher
Erhebung, über welche die höchsten auf sächsischem Gebiet liegenden Berge, der vordere (1217 m) und hintere
Fichtelberg (1213 m), emporragen.
Die bedeutendsten Höhen des Gebirges liegen auf böhmischem Gebiet; auf der sächsischen Nordabdachung zwischen Elb- und Zschopauthal
erheben sich nur der basaltische Geising (822 m) und der Kahlenberg (894 m). Eine Linie von Mittweida über
Nossen, Wilsdruff, Wesenstein, Berggießhübel begrenzt das über 325 m hohe Terrain, welches nur selten einen scharfen Abfall,
wie im Windberg (364 m) zum Plauenschen Grund, zeigt. Aus der Tiefebene erheben sich das kleine Oschatzer Grauwackengebirge
mit dem weithin sichtbaren Kolmberg (314 m) sowie die Hügelgruppen von Lübschütz bei Strehla und von
Hohburg, letztere mit dem Löbenberg (241 m) und dem Spitzberg (204 m). Eine etwas mannigfaltigere Gestaltung als der östliche
Gebirgsflügel zeigt der von dem Pöhlbach und der Zschopau im O. bis gegen Schöneck und Auerbach
[* 48] im W., von der böhmischen
Grenze im Süden bis Stein, Stollberg,
[* 49] Thum im N. reichende westliche.
Hier erreicht der Granulit des Schneckensteins 874 m, der Großaffenstein 746 m. An letztern schließt sich der
Höhenzug an, welcher, von 600 m mittlerer Höhe, die ZwickauerMulde im W. begleitet. Das Zentrum des Erzgebirges bietet infolge
der weitern Verbreitung des Granits und des Auftretens tafelförmiger Basaltberge abwechselnde Formen dar.
Hier erheben sich auf sächsischem Gebiet zwischen Muldequelle und Schwarzwasser nach SO.: der Rammelsberg (965 m), der Hirschkopf
(1006 m), der Brückenberg (964 m), der Auersberg (1019 m) und der Eselsberg (886 m), wegen ihrer ähnlichen Gestalt mit dem
gemeinsamen Namen der Auersberge bezeichnet.
S. ist reich bewässert, und zwar liegt es fast ausschließlich im Stromgebiet der Elbe (s. d.). Sie nimmt in S. auf: rechts
die Kirnitzsch, den aus der Sebnitz und Polenz gebildeten Lachsbach, die Wesenitz und die Priesnitz;
Der bedeutendste Nebenfluß der Elbe ist die Mulde, die mit ihren zwei bei
Klein-Sermuth sich vereinigenden Hauptarmen, der Zwickauer und der Freiberger Mulde, ein Gebiet von fast 5500 qkm (99,,6 QM.)
umfaßt und als bedeutendsten Zufluß die Zschopau mit der Sehma, Pöhla, Preßnitz und Flöha aufnimmt. Die WeißeElster (s. d.)
verläßt bald nach der Vereinigung ihrer Quellen und nach Aufnahme der Trieb und der Göltzsch S., betritt
es aber oberhalb Pegau wieder, um dann, verstärkt durch die Schnauder und die Pleiße mit Wihra und Parthe, jenseit der Grenze
in die Saale zu münden.
bei Stolpen, die Thermalbäder Wolkenstein (das wärmste von allen, 30° C.) und Wiesenbad, das Vitriolwasser zu Lausigk (Hermannsbad)
und das Schwefelbad Grünthal.
Der Flächenraum des Königreichs S. beträgt 14,992,94 qkm (272,29 QM.).
Es hat unter allen europäischen Staaten die dichteste Bevölkerung, im J. 1885: 3,182,003 Einw. in 707,088 Haushaltungen und
284,524 Hausgrundstücken, und trotzdem auch die stärkste jährliche Bevölkerungszunahme. Es zählte
1815: 1,178,802, 1830: 1,402,066, 1840: 1,706,276, 1864: 2,344,094, 1875: 2,760,786 Seelen. Männliche Einwohner sind 1,542,405,
weibliche 1,639,598. Es kommen auf 1 qkm 212,2 Einw., auf die Kreishauptmannschaft:
Am dichtesten bevölkert ist, abgesehen von den Bezirken der Großstädte, die industriereiche Amtshauptmannschaft Glauchau
mit 396,3 Einw. auf 1 qkm, am dünnsten das rein landwirtschaftliche
sandige Niederland rechts der Elbe und das unwirtliche Oberland. Die Zahl der Gebornen überragt die der Gestorbenen jährlich
um ca. 40,000 = 3 überschießende Geburten auf 1 qkm. Die Zahl der Auswanderer betrug 1887: 2434, der durchschnittliche
AnteilSachsens an der deutschen Auswanderung 3,3 Proz., dagegen die der in S. aufgenommenen Fremden 3694 gegen 236 aus dem sächsischen
Staatsverband Entlassene. S. hat 143 Städte und 3118 Landgemeinden (920 Rittergüter). In Städten wohnen
1,340,881 (= 42,1 Proz.), auf dem Land 1,841,122 Menschen.
Unter den Städten hat eine (Dresden) mehr als 200,000 Einw., eine zwischen 150-200,000, eine über 90,000, eine über
30,000, vier zwischen 20,000 und 30,000, vier zwischen 15,000 und 20,000, acht zwischen 10,000 und 15,000, aber auch sechs
weniger als 500 Einw. Fünf Landgemeinden hatten mehr als 10,000 Einw.; die volkreichste der letztern war Reudnitz (18,824
Einw.), welches aber nebst andern Vorstadtdörfern 1889 in die Stadt Leipzig einverleibt wurde. Der Abstammung nach sind die
Bewohner teils germanisierte Slawen, teils aus Thüringen und Franken eingewanderte Deutsche.
[* 73] In der Lausitz
wohnen noch 49,916 Wenden. Dem religiösen Bekenntnis nach zählte man 1885: 3,064,564 (96,31 Proz.) Lutheraner, 86,952 (2,79
Proz.) Römisch-Katholische, 2539 Apostolisch-Katholische, 10,193 Reformierte, 2155 Deutschkatholiken, 7755 (1834: 850)
Israeliten
etc. Bodenbenutzung, Land- und Forstwirtschaft.
Den wenigsten Wald hat die Amtshauptmannschaft Borna: 9,49 Proz., den meisten die Amtshauptmannschaft Schwarzenberg: 64,61 Proz.;
das meiste Acker- und Gartenland hat die Amtshauptmannschaft Leipzig: 75,30 Proz., das wenigste die Amtshauptmannschaft Auerbach:
23,66 Proz. Der Boden wird in allen Höhenstufen in nahezu gleichem Verhältnis zu landwirtschaftlicher
Kultur benutzt, indem von der dazu benutzten Fläche noch 8,5 Proz. auf die Höhenlage von 550-700 m und 0,9 Proz. auf die über 700 m
entfallen;
denn die Dichtigkeit der Bevölkerung drängt auch dort zu intensiver Bodenbenutzung, wo die klimatischen Verhältnisse
derselben nicht günstig sind. Im Vergleich zu andern Ländern des Reichs nimmt S. insofern eine sehr abweichende
Stellung ein, als nur Berlin
[* 74] und die Hansestädte einen geringern, alle andern Länder und Provinzen aber einen erheblich größern
Prozentsatz an landwirtschaftlicher Bevölkerung haben. Im J. 1882 gehörten der Land- und Forstwirtschaft an 19,8 Proz. der
Gesamtbevölkerung, der Industrie, demBerg-, Hütten- und Bauwesen 58,21, dem Handel und Verkehr 10, den
persönliche Dienste
[* 75] Leistenden 0,82, sonstigen Hand- und Tagelöhnern 0,96, dem Heer 1,06, allen sonstigen Berufsarten 3,86;
ohne Beruf waren 5,11 Proz. Von der gesamten landwirtschaftlich benutzten
Fläche kommen 25,7 Proz. auf die kleinen Betriebe von 1-10 HektarGröße, 57,2 Proz. auf die mittlern
von 10-100 Hektar; nur einer hat mehr als 1000 Hektar. Die Regel ist also der mittlere bäuerliche Betrieb; Zwergwirtschaft
und Großbetrieb treten daneben wesentlich zurück. Die meisten großen Güter liegen im LeipzigerKreis,
[* 76] die meisten mittlern
im Dresdener, die meisten kleinen im Zwickauer. Der Ernteertrag war im J. 1886 an:
Die Schafzucht, deren Produkt, die sogen. Elektoralwolle, ehemals großen Ruf genoß, ist zwar sehr zurückgegangen, doch befinden
sich ausgezeichnete Zuchtschäfereien zu Leutewitz und Löthain bei Meißen, zu Machern, Lützschena, Klipphausen, Thal bei
Oschatz, Rochsburg etc. Wollmärkte finden in Leipzig, Dresden und Bautzen statt. Gänsezucht wird besonders in der Lausitz,
auch um Leipzig betrieben, Bienenzucht
[* 84] noch am meisten in den Heiden des rechten Elbufers.
Trotz der intensiven Landwirtschaft vermag S. nicht den Bedarf seiner dichten Bevölkerung an Nahrungsmitteln selbst zu erzeugen.
Im J. 1884 waren von den Körnerfrüchten für die menschliche Nahrung verfügbar 2 ⅓ Mill. Doppelzentner, der Verbrauch
betrug 7,177,600, so daß 4,651,800 Doppelzentner durch Einfuhr zu decken waren. Nur an Kartoffeln wurden 8,260,800 Doppelzentner
mehr erbaut als der Bedarf. Ebensowenig wird der Fleischbedarf durch die einheimische Viehzucht gedeckt; jener betrug 1884:
1,123,450 Doppelzentner, von denen 342,500 durch Einfuhr zu decken waren.
Der gesamte Mehrbedarf an Körnerfrüchten, Fleisch und Butter stellte einen Wert von 65,,92 Mill. Mk.
dar. Als beratendes Organ für landwirtschaftliche Angelegenheiten steht dem Ministerium des Innern der aus den Vorständen
und Abgeordneten der fünf Kreisvereine zu Dresden, Leipzig, Chemnitz, Reichenbach
[* 85] und Bautzen (mit 507 Zweigvereinen) und andern
Sachverständigen zusammengesetzte Landeskulturrat zur Seite. An der UniversitätLeipzig besteht ein landwirtschaftliches
Institut; Versuchsstationen ebendaselbst, zu Möckern und Pommritz, eine chemisch-physiologische bei der Tierarzneischule zu
Dresden, eine pflanzenphysiologische und Samenkontrollanstalt zu Tharandt.
Eines europäischen Rufs erfreut sich die Forstkultur Sachsens. Es lassen sich drei Waldregionen unterscheiden:
die der Fichten und Tannen im
Süden, die der Laubhölzer im NW. und die der Kiefern im NO. Die Summe aller Forsten beträgt 408,798,35
Hektar = 27,4 Proz. der Gesamtfläche; davon waren 1886 Staatswaldungen
173,981 Hektar, in welchen die Gesamtverschlagung 817,895 Festmeter betrug. Bei seiner großen industriellen
Thätigkeit bedarf jedoch S. noch viel Holz
[* 87] aus den Nachbarländern, das besonders durch Flöße auf der Elbe bezogen wird.
Einen Hauptzweig der physischen Kultur bildet der Bergbau, der auf Metalle schon seit dem 12. Jahrh. in S.
betrieben wird. Das Gesetz unterscheidet den Regalbergbau und den Kohlenbergbau. Zu ersterm gehören nach dem Gesetz vom alle
wegen ihres Metallgehalts nutzbaren Mineralien;
[* 90] ihre Gewinnung ist unter gewissen Bedingungen, namentlich der Erlaubnis von
seiten des Staats, jedermann gestattet. Am bedeutendsten ist die Gewinnung von silberhaltigen Blei-, demnächst
von Zinn-, Eisen- und Kobalterzen.
Doch ist die Zahl der gangbaren Gruben von 1858 bis 1886 von 526 auf 137, die der Beamten und Arbeiter von 11,464 auf 8053,
der Wert derProdukte von 5,461,797 auf 5,326,828 Mk. zurückgegangen. 158 Erzgruben erforderten im J. 1886 eine
Zubuße von 1,702,509 Mk. Es bestehen vier Bergamtsreviere: das Freiberger, auf welches fast ausschließlich
die Silberproduktion kommt, das Altenberger, wo das meiste Zinn, das Schwarzenberger, wo das meiste Eisen
[* 91] gegraben wird, und
das Marienberger.
Der Steinkohlenbergbau wird in zwei Becken, in dem größern erzgebirgischen um Zwickau und Lugau und in dem des Plauenschen
Grundes, betrieben. Von den im J. 1886 noch vorhandenen 45 Steinkohlengruben arbeiteten 15 mit einem jährlichen
Reinertrag von 3 ⅓ Mill. Mk. Braunkohlen kommen vornehmlich in den Einbuchtungen des Tieflandes um Grimma, Oschatz, Bautzen
und Zittau vor. Die Ausbeute der 114 Braunkohlenwerke betrug 733,917 Ton. im Wert von 2 1/7 Mill. Mk. Der
gesamte Bergbau
[* 92] auf Erz, Stein- und Braunkohlen beschäftigte 1886: 29,648 Personen und lieferte Produkte im Wert von 39¾ Mill.
Mk. Torf hat besonders das Erzgebirge.
Seit 1710 kommen sämtliche silber-, blei- und kupferhaltige Erze des Inlandes, außerdem eine bedeutende Anzahl ausländischer
auf den fiskalischen Hüttenwerken bei Freiberg
[* 96] zur Verarbeitung; nur fürZinn besteht im AltenbergerRevier eine besondere Schmelzhütte.
Von den FreibergerHütten
[* 97] wurden im J. 1886: 384,740 metr. Ztr. Erze undGekrätze für 12,032,438 Mk. eingekauft
und daraus gewonnen:
zusammen im Wert von 15 Mill. Mk. Die Seigerhütte Grünthal (mit Kupferhammer) verfeinert
das von den Silberhütten ausgebrachte Rohkupfer. Die kobalt- und nickelhaltigen Erze der Annaberger und Schneeberger Gegend
werden auf dem gewerkschaftlichen Blaufarbenwerk zu Pfannenstiel und dem fiskalischen zu Oberschlema verarbeitet. Das Ausbringen
des letztern betrug 1886: 3866 kg im Wert von 1,996,834 Mk. Was die Eisenproduktion betrifft, so
produzierte 1886 ein Hochofen an Roheisen in Masseln und Gußwaren erster Schmelzung 9967,5 Ton. im Wert
von 528,122 Mk.;
118 Eisengießereien mit 5432 Arbeitern Gußwaren zweiter Schmelzung 971,937 T. im Wert von 13,3 Mill. Mk.;
4 Schweißeisenwerke
mit 1049 Arbeitern 24,432 T. Fabrikate im Wert von 3 Mill. Mk.;
2 Flußeisenwerke mit 349 Arbeitern 19,101
T. im Wert von 3 Mill. Mk.
S. ist eins der Hauptindustrieländer der Erde. Die größere Hälfte der Bevölkerung gehört dem Industriebetrieb, Bergbau
und Bauwesen eingerechnet, an; der industriereichste Bezirk ist die Kreishauptmannschaft Zwickau. Das Land ist in 5 Handels- undGewerbekammer- (Dresden, Leipzig, Chemnitz, Plauen,
[* 98] Zittau) sowie in 7 Gewerbeinspektionsbezirke eingeteilt.
Die Zahl der 1882 in S. ermittelten, in 20 Gewerbegruppen unterschiedenen Hauptbetriebe beträgt 313,140. Davon gehörten
34,9 Proz. zur Textilindustrie, 22,9 Proz.
zur Gruppe Bekleidung und Reinigung, 11,3 Proz. zum Handelsgewerbe, 6 Proz. zur Gruppe der Nahrungs- und Genußmittel, 2,7 Proz.
zum Baugewerbe.
Die Zahl der in allen Hauptbetrieben beschäftigten Personen betrug 793,760. Von diesen arbeiteten 235,690
(29,7 Proz.) in der Textilindustrie, 114,157 (14,1
Proz.) in den zur Bekleidung und Reinigung gehörenden Gewerben, 68,641 (8,6 Proz.) im Handelsgewerbe, 54,094 (6,8 Proz.) in der
Nahrungs- und Genußmittelindustrie, 51,675 (6,5 Proz.) im Baugewerbe. Die Beteiligung des weiblichen Geschlechts
an der Gewerbthätigkeit ist in S. beträchtlich stärker als im DeutschenReich überhaupt: hier 20,56, dort 27,78 Proz.
Die Zahl der in der Industrie verwendeten feststehenden Dampfmaschinen
[* 99] belief sich 1887 auf 6542 mit 103,773 Pferdekräften.
Die wichtigste aller sächsischen Industrien ist die Textilindustrie. Ihren Hauptsitz hat diese in der Kreishauptmannschaft
Zwickau, wo Chemnitz und Umgegend sowie die Schönburgschen Rezeßherrschaften mit den StädtenGlauchau, Meerane
[* 101] und HohensteinMittelpunkte derselben sind. Hinsichtlich der Zahl der Betriebe und der in denselben beschäftigten
Personen nimmt die Weberei
[* 102] die erste Stelle ein; alsdann folgen die Strickerei und Wirkerei,
[* 103] die Häkelei, die Stickerei und Spitzenfabrikation
einschließlich der im südwestlichen Erzgebirge noch immer betriebenen, aber wenig lohnenden Klöppelei und die Posamentenfabrikation
der Annaberger Gegend.
Hauptsitz der Leinenindustrie ist die Lausitz, doch ist dieselbe infolge der erdrückenden englischen
Konkurrenz sehr zurückgegangen. Berühmt ist die Damastweberei von Groß- und Neuschönau. Die Fabrikation baumwollener
Musseline und die Weißstickerei haben im Vogtland ihren Sitz, die Strumpfwirkerei in und um Chemnitz, die Bandfabrikation in
Pulsnitz und Umgegend. Hauptpunkte für die Tuch- und Buckskinfabrikation sind: Kamenz,
[* 104] Bischofswerda und Großenhain, nächst
diesen Oschatz, Öderan, Werdau
[* 105] und Kirchberg;
SachsensHandel nimmt teil am Welthandel; seine wichtigsten Ausfuhrartikel sind die Erzeugnisse der heimischen Industrie. Der
Mittelpunkt desselben und zugleich der des gesamten deutschen Buchhandels ist Leipzig. Sehr lebhaft ist der Verkehr auf der Elbe,
deren Schiffbarkeit sorgfältig unterhalten und verbessert wird. 1887 belief sich der Bestand der Elbfahrzeuge
in S. auf 25 Personen- und 5 Güterdampfschiffe, 12 Rad- und 8 Kettenschleppschiffe, eine Dampffähre, 526 Segel- und Schleppschiffe,
zusammen mit 2,743,330 Ztr. Tragfähigkeit. Die 1836 gegründete Sächsisch-Böhmische Dampfschiffahrtsgesellschaft befördert
jährlich über 2 Mill. Personen. Außerdem
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