Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Breslau,
[* 5]
Kreis
[* 6]
Namslau, an der Studnitza, hat eine evangelische und eine
kath.
Kirche, ein schönes, neues
Rathaus, Bierbrauerei
[* 7] und (1885) 1364 Einw.
ein relativer
Begriff, welcher ein gegenüber den eignen Bedürfnissen und dem
Besitz andrer verhältnismäßig
großes
Vermögen bezeichnet.
Derselbe ist demnach zeitlich und örtlich wandelbar.
Der Nationalreichtum
begreift alle
Güterin sich, über welche ein
Volk in seiner Gesamtheit verfügt.
Die Bedeutung desselben für Volkswohl und
Kultur hängt nicht allein von seiner
Größe, sondern auch ganz vorzüglich davon ab, in welchem
Maß er den einzelnen
Gliedern
des
Volkes zu gute kommt.
Letztere, von
Locke ausgegangen und von
Berkeley fortgesetzt, führe, wie
HumesBeispiel lehre, zum
Skeptizismus
und könne nur durch die Überzeugung, von welcher der gesunde Menschenverstand durchdrungen sei, daß die
Natur uns sowohl
von unserm eignen als von dem Dasein der sinnlichen
Dinge außer uns eine unmittelbare
Gewißheit gewähre, überwunden werden.
Dieselbe bildet mit einer Anzahl andrer (theoretischer und praktischer) »Grundwahrheiten«
den unverlierbaren
Besitz des »gesunden Menschenverstandes«, welcher durch keine wissenschaftliche
Überlegung erschüttert, von welchem aus aber alle dem
Geist wahrhaft fruchtbringende (theoretische und praktische)
Wissenschaft
abgeleitet werden kann.
Die
Ausbildung derselben hat die sogen. schottische
Schule
(Beattie,
Oswald,
ThomasBrown, Dugald
Stewart) und ihre Anhängerschaft
in
England, wo später
JamesMackintosh und besonders W.
Hamilton diese
Lehre mit andern
Lehren
[* 11] zu verschmelzen
suchten, u. in
Frankreich
(Maine deBiron,
Jouffroy,
Royer-Collard) übernommen. Reids Hauptwerk
ist: »An inquiry into the human
mind on the principle of common sense« (Edinb. 1765; deutsch, Leipz.
1782). Den
Inhalt desselben wiederholte er in weitläufiger Ausführung in den beiden Werken: »Essays on
the intellectual powers of man« (Edinb. 1785, neue Ausg. 1884)
und
»Essays on the active powers of man« (das. 1788),
welche später als
»Essays on the powers of the human mind« (Lond. 1803, 3 Bde.)
zusammen erschienen. Gesamtausgaben seiner
Schriften besorgten D.Stewart (Edinb. 1804, 4 Bde.)
und
Sir W.
Hamilton (6. Aufl. 1863, 2 Bde.).
Vgl.
Ferrier, Reid and the philosophy of common sense (in dessen »Lectures«,
Bd. 2, Edingb. ^[richtig: Edinb.
für Edinburgh] 1866).
2)
SirWilliam, Meteorolog, geb. 1791 in Fifeshire, wurde in der
Militärakademie zu
Woolwich erzogen, trat 1809 als
Leutnant in das
Geniekorps, diente bis 1814 unter
Wellington in
Spanien,
[* 12] kämpfte 1815 bei
Waterloo
[* 13] und begleitete 1816
LordExmouth
nach
Algier. 1831 ging er zur Wiederherstellung der durch einen
Sturm zerstörten Regierungsgebäude nach
Barbados, und 1838 wurde
er zum
Gouverneur der Bermudasinseln, 1846 von
Barbados ernannt. Nach rühmlicher, sehr erfolgreicher
Verwaltung
dieser
Kolonien kehrte er nach
England zurück und wurde 1848
Kommandant von
Woolwich, 1851 Vorsitzender des Exekutivkomitees
der
Weltausstellung und, nachdem er zum
Ritter geschlagen,
Gouverneur von
Malta, wo er besonders während des
Krimkriegs durch
seine musterhafte
Verwaltung glänzte. 1856 kehrte er zurück und starb in
London.
[* 14] Auf
Barbados
begann er meteorologische
Studien, deren sehr bedeutsame
Resultate er in dem Werk »An attempt to develop the law of storms,
by means of facts arranged according to place and time« (1838, 3. Aufl. 1850) veröffentlichte.
Die Fortsetzung dieser
Studien auf den
Bermudas und aufBarbados verarbeitete er in dem Werk
»Progress of
the development of the law of storms« (1849).
Seine ersten Werke waren die
Romane: »Rifle rangers« (1850) und »The
scalp hunters« (1850),
Schilderungen des
Lebens in den Wäldern und
Prärien des
Westens, denen nun eine
lange
Reihe ähnlicher
Erzählungen nachfolgte. Wir nennen nur: »The boy hunters« (1853);
»The Quadroon« (1856);
»The young voyageurs« (1857);
»The hunter's feast« (1860);
»The Maroon« (1862);
»The white gauntlet«
(1865);
»The headless horseman« (1866);
»The child wife« (1868);
»The yellow chief« (1870);
»The finger of fate«
(1872);
»The death shot« (1873);
»Flag of distress« (1876);
»Gwen
Wynn« (1877) u. a. In diesen
Romanen, die meist auch in deutschen
Übersetzungen und Bearbeitungen für die
Jugend erschienen, ist von künstlerischer Verarbeitung des überreichen
Stoffes
wenig zu finden;
aber die anziehenden Schilderungen, der
Reflex des Selbsterlebten, die mit lebhaftenFarben
entworfenen
¶
gefrorner Tau, bildet sich nach denselben Gesetzen wie dieser (s. Tau) und besteht aus kleinen Eiskristallen, die
um so feiner sind, je niedriger die Temperatur und je geringer die Menge des in der Atmosphäre vorhandenen
Wasserdampfes ist. Ebenso wie sich der Tau bildet, wenn die Temperatur der auf der Erdoberfläche befindlichen Körper unter
den Taupunkt der umgebenden Luft herabsinkt, entsteht eine Reifbildung, wenn dieser Taupunkt unter 0° liegt und die kondensierten
Wasserdämpfe nicht mehr in Form von kleinen Wassertropfen, sondern in Form von Eiskristallen abgeschieden
werden.
August, namhafter Philolog, geb. zu Bonn,
[* 20] besuchte die dortige Universität, habilitierte sich 1860 daselbst,
war, durch das archäologische Reisestipendium ausgezeichnet, 1861-63 in Italien,
[* 21] dann wieder 1864-66 im Auftrag der WienerAkademie, um für das von derselben vorbereitete »Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum« die Handschriftenschätze
der Bibliotheken zu untersuchen, wurde 1867 außerordentlicher Professor in Bonn, 1868 Professor der klassischen Philologie und
Mitdirektor des philologischen Seminars in Breslau, 1885 in Straßburg,
[* 22] wo er starb.
Seit 1868 war er ordentliches Mitglied des ArchäologischenInstituts. Er veröffentlichte: »Suetoni praeter
Caesarum libros reliquiae« (Leipz. 1860);
»Arnobii adversus
nationes libri VII« (das. 1875);
den zweiten Teil der von Schopen begonnenen Ausgabe der »Alexias« der Anna Komnena (Bonn 1878);
eine kritische Textausgabe der »Alexias« (Leipz.
1884, 2 Bde.) und eine große Anzahl kritischer,
litterarhistorischer, mythologischer und archäologischer Abhandlungen in Zeitschriften und Universitätsprogrammen. - SeinBruderAlexander, geb. zu Bonn, Professor der germanischen Philologie an der UniversitätGreifswald,
[* 24] gab unter anderm
»Heinr. Rückerts kleine Schriften« (Weim. 1877),
»Freundesbriefe von Wilh. und JakobGrimm« (Heilbr. 1878),
der seit der Mitte des 16. Jahrh. gesteifte, durch Fischbein oder Rohrstäbe glockenförmig, fast faltenlos
ausgespannte Unterrock der Frauen. Er kam zwar schon vor der Mitte des 17. Jahrh. wieder aus der Mode, tauchte
aber in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. in größerm Umfang wieder auf, nahm auch ovale oder Trichterform an, wurde gegen
das Ende des Jahrhunderts sehr ermäßigt und erschien unter dem NamenKrinoline (s. d.) in den 50er und
60er Jahren des 19. Jahrh. wieder.
Berg im westlichen Teil des Riesengebirges in Schlesien,
[* 25] aus mächtigen, übereinander gelagerten Granitwänden
bestehend, mit einer höhern westlichen Seite, deren kahler Scheitel 1350 m ü. M. liegt, und einer etwas niedrigere östlichen
Kuppe.
Westlich von dem Reifträger breitet sich auf der Höhe die Kranichswiese aus, auf der in zahlreichen Quellen
das Zackerle entspringt, das nördlich vom Reifträger, unterhalb der NeuenSchlesischenBaude, den
bekannten, 26 m hohen Zackenfall
bildet.
(spr. raigēt), Stadt in der engl. GrafschaftSurrey, im fruchtbaren Holmesdale, nahe einer »Pforte« durch die
nördlichen Downs, hat eine alte Lateinschule, schöne Anlagen im Schloßhof und (1881) 18,656 Einw. In der
Vorstadt RedHill Anstalten für Blödsinnige und für jugendliche Verbrecher.
(Reihen), alte deutsche, von einer größern Anzahl gemeinsam kettenförmig geschrittene oder gehüpfte, meist
mit Gesang begleitete Tanzart, besonders bei den Frühlings- oder Sommertänzen im Freien beliebt. In die
Turnkunst hat Spieß reigenartige Übungen als eine Kunstform der Ordnungsübungen (s. d.) eingeführt, wo sie, oft mit Gesang
oder Musikbegleitung, besonders im Mädchenturnen ausgeführt werden.
in den turnerischen Ordnungsübungen die Benennung der in einer Linie Geordneten, und zwar Stirnreihe bei
der Aufstellung neben-, Flankenreihe bei der hintereinander genannt.
Durch ⅛-Drehung der Einzelnen in diesen Reihen entstehen
Schrägreihen;
auch Kreisreihen u. a. unterscheidet man.
Durch Zusammenstellung mehrerer Reihen entsteht der Reihenkörper
und aus solchen das Reihenkörpergefüge. Vgl. Rotte, Glied.
[* 27]
in der MathematikFolgen von Größen, die nach demselben Gesetz gebildet sind. Diese Größen
selbst heißen die Glieder
[* 28] der Reihe. Die bekanntesten Reihen sind die Progressionen; dies sind in denen je zwei aufeinander folgende
Glieder entweder dieselbe Differenz oder dasselbe Verhältnis haben. Im ersten Fall heißt die Progression eine arithmetische,
im letzten eine geometrische. Ist a das erste oder Anfangsglied, d die beständige Differenz von je zwei
aufeinander folgenden Gliedern der arithmetischen Progression, t das letzte oder Endglied, so ist das Schema der arithmetischen
Progressiona, a + d, a + 2d, ..., t - 2d, t - d, t.
Eine arithmetische Progression bilden unter andern die natürlichen Zahlen 1, 2, 3, ..., deren Differenz = 1 ist. Der zweiten
Formel zufolge ist also z. B. die Summe der n = 100 ersten Zahlen s = 100 / 2 (1 + 100) = 50 . 101 = 5050.
In der bekannten Aufgabe: »Wieviel Weizenkörner erhält man, wenn man für das
erste Feld des Schachbretts 1 Korn, für das zweite 2, für das dritte 4 u. s. f. für jedes folgende
Feld doppelt soviel Körner als für das vorhergehende verlangt?« erhält man für das letzte Feld t = 263, d. h. 9,223372,036854,775808
Körner, und die Gesamtzahl aller Körner ist s = 264 - 1 oder 18,446744,073709,551615 Körner. Beispiele für Anwendung geometrische
Progressionen bietet besonders die sogen. Rentenrechnung. Z. B. wie
groß ist der bare Wert w einer Rente von jährlich r Mk., die nmal am Ende eines jeden Jahrs zahlbar ist? Bezeichnet q den
Zinsfaktor (vgl. Zinsrechnung), so beträgt der Barwert w samt Zinsen und
¶
Sind bei einer Reihe erst die dritten Differenzen, d. h. die Differenzen der zweiten Differenzen, gleich
groß, so ist dieselbe eine arithmetische Reihe dritter Ordnung, wie z. B. die Reihe der Kubikzahlen 1, 8, 27, 64, 125, 216 etc.
Überhaupt bilden die nten Potenzen der natürlichen Zahlen 1, 2, 3,... eine arithmetische Reihe nter Ordnung, d. h. es sind
erst die nten Differenzen derselben gleich groß. Außer den erwähnten Reihen gibt es noch zahlreiche andre; namentlich spielen
die unendlichen in der Analysis eine wichtige Rolle zur Darstellung derFunktionen. Man kann dieselben aber nur dann benutzen,
wenn sie konvergent sind (s. Konvergenz).
(Ardea L.), Gattung aus der Ordnung der Storch- oder Reihervögel und der Familie der Reiher (Ardeidae), große Vögel
[* 31] mit auffallend schwachem, seitlich stark zusammengedrücktem Leib, sehr langem, dünnem Hals, kleinem, schmalem, flachem Kopf,
ziemlich starkem, geradem, seitlich zusammengedrücktem, auf Firste und Kiel
[* 32] schmalem, mit schneidend scharfen Rändern versehenem,
nächst der Spitze gezähneltem und mit Ausnahme der Nasengegend mit glatter, harter Hornmasse bekleidetem
Schnabel von mindestens Kopfeslänge, mittelhohen Läufen, langen, dünnen Zehen und kammartig gezahntem Innenrand der Mittelkralle.
Die Flügel sind lang und breit, vorn stumpf, die zweite, dritte und vierte Schwinge am längsten; der Schwanz ist kurz und
abgerundet, das Kleingefieder sehr reich, weich und locker, am Kopf und Hals oft verlängert, auch zerschlissen.
An den Seiten finden sich zwei mit seidigen, flockigen oder zottigen Flaumen bekleidete Stellen. Die Reiher sind sehr weit verbreitet,
fehlen nur im hohen Norden und bilden innerhalb der Wendekreise den Hauptbestandteil der Bevölkerung
[* 33] aller
Gewässer; sie treten in großen Gesellschaften auf, ohne gesellig genannt werden zu können, sind ziemlich bewegungsfähig,
nehmen die sonderbarsten Stellungen an, stehen aber gegen die verwandten Störche und Ibisse in jeder Beziehung zurück.
Die größern leben hauptsächlich von Fischen, die kleinern von Insekten,
[* 34] und sie gewinnen ihre Beute durch vorsichtiges
Beschleichen. Sie nisten gern in Gesellschaft, selbst mit fremden Vögeln, bauen große Nester auf Bäumen oder im Röhricht
und legen 3-6 weiß- oder blaugrünliche Eier,
[* 35] welche nur das Weibchen bebrütet. Der Fischzucht sind sie sehr schädlich.
Der Fischreiher (Reigel, ArdeacinereaL.), 1,1 m lang, 1,8 m breit, an der Stirn und am Oberkopf weiß,
am Hals grauweiß, auf dem Rücken aschgrau, bandartig weiß gezeichnet, an den
Seiten des Unterkörpers schwarz; Nacken und
Unterhalsfedern sind schopfartig verlängert, ein von den Augen nach dem Hinterhals verlaufender Streifen, drei lange Schopffedern,
eine dreifache Fleckenreihe am Vorderhals und die großen Schwingen sind schwarz, die Oberarmschwingen
und Steuerfedern grau; das Auge
[* 36] ist goldgelb, eine nackte Stelle im Gesicht
[* 37] ist grüngelb, der Schnabel strohgelb, der Fuß bräunlichschwarz.
Früher (in Indien und Nordafrika noch jetzt) wurde der Reiher mit Falken gejagt (Reiherbeize); dem erbeuteten Vogel zog man die
Schmuckfedern aus, legte ihm auch wohl einen Metallring mit dem Namen des Jägers und dem Datum des Fanges um die Ständer und
ließ ihn wieder fliegen. Man will hierbei einen und denselben Reiher wiederholt gebeizt und bei
solcher Gelegenheit erfahren haben, daß der Vogel älter als 50 Jahre werden kann. Die Eier und Jungen werden gegessen. Der
Silberreiher (Edel-, Schnee-, Buschreiher, A. [Herodias] egrettaBoie, s. Tafel »Watvögel
[* 44] II«),
1 m lang, 1,9
m breit, sehr schlank gebaut, mit langem Hals, verhältnismäßig schwachem Schnabel, rein weiß, mit weitstrahligen, langen
Rückenfedern im Hochzeitskleid, gelben Augen und Schnabel, grünlichgelbe nackter Wangenhaut und dunkelgrauen Füßen, bewohnt
Südosteuropa, Mittel- und Südasien, Afrika und Australien,
[* 45] ist besonders häufig in den Ländern um das Kaspische Meer und in
Nordafrika und erscheint in Deutschland sehr selten; er lebt in ausgedehnten Sümpfen, nährt sich wie
der vorige, brütet im Röhricht oder auf Bäumen und legt 3-4 bläulichgrüne Eier.
Seiner Schmuckfedern wegen, aus welchen die Reiherbüsche zusammengesetzt werden, wird er eifrig gejagt. Der Seidenreiher
(Silberreiher, A. [H.] garzettaL.), 62 cm lang, 1,1 m breit, rein weiß, mit gelbem Auge, schwarzem Schnabel
und schwarzen Füßen, findet sich überall neben dem vorigen, ist aber häufiger, nährt sich hauptsächlich von kleinen
Fischen und legt 4-5 hellgrüne Eier. Der Rallenreiher (Schopf-, Mähnenreiher, A. [Buphus] comataL.), 50 cm lang, mit ziemlich
kräftigem Schnabel und rostgelbem Schopf, weiß, an Kopf, Hals, Mantel- und Schulterdecken gelblichweiß,
in Südeuropa, Westasien, Afrika, gelegentlich in Deutschland, Holland, England, lebt mehr oder weniger versteckt, gern in der
Nähe größerer Säugetiere, wie z. B. der Schweineherden Ungarns, nährt sich von kleinen Fischen, Fröschen und Insekten, nistet
auf Bäumen und legt 4-5 Eier (s. Tafel »Eier II«,
[* 29]
Fig. 25). Der Nachtreiher (Quak-, Schildreiher, Nachtrabe,
Focke, A.NycticoraxL.,Nycticoraxeuropaeus Steph.), 60 cm lang, 1,1 m breit, von gedrungener Gestalt, mit kurzem, dickem,
hinten sehr breitem, auf der Firste gebogenem Schnabel, mittelhohen, starken Füßen, sehr breiten Schwingen und drei fadenförmigen,
meist ganz weißen Schmuckfedern am Hinterkopf, ist oberseits aschgrau, am Oberkopf, Nacken, Oberrücken
und an den Schultern grünlichschwarz, unterseits blaßgelb, mit purpurroten Augen, schwarzen
¶
mehr
Schnabel, nacktem, grünem Fleck im Gesicht und grüngelben Füßen. Er bewohnt Mittel- und Südeuropa, Asien, Afrika und Amerika
[* 47] und findet sich ziemlich zahlreich in Holland, einzeln in Deutschland vom April bis Oktober, massenhaft in den Donautiefländern,
am Schwarzen und KaspischenMeer. Er liebt Sümpfe, in deren Nähe sich Waldungen oder wenigstens viele Bäume
finden; den Tag verbringt er in träger Ruhe und tritt erst in der Dämmerung in regellosen Haufen seine Streifereien an. Er
nährt sich hauptsächlich von Fischen; sein Nest baut er in Reiherständen oder in eignen Ansiedelungen, und auf den ungarischen
Reiherständenist er stets das häufigste Mitglied. Er legt im Mai 4-5 grünliche Eier. Früher wurde der
Nachtreiher zur hohen Jagd gerechnet und seines Fleisches halber hoch geschätzt, gegenwärtig stellt man ihm nur seiner Schmuckfedern
wegen nach.
der volle Gleichklang von Silben und Wörtern bei verschiedenen Anfangsbuchstaben, tritt in der modernen Poesie
gewöhnlich am Ende der Verse auf und bildet so
gewissermaßen den musikalischen Schlußstein des Rhythmus. Man teilt die Reime
in Bezug auf die Silbenzahl in männliche oder stumpfe (einsilbige), z. B.
Baum, Saum; weibliche (zweisilbige), z. B. Waffen,
[* 56] schaffen; gleitende (dreisilbige, aus Daktylen bestehend), z. B. wonnige,
sonnige, und klingende (viersilbige), z. B. unermessen, unvergessen, wozu noch der sogen.
schwebende Reim (zweisilbig, aus Spondeen bestehend), z. B. ehrlos, wehrlos, kommt.
Eins der wesentlichen Erfordernisse gereimter Dichtung ist die Reinheit des Reims,
[* 57] welche durch die möglichst
vollkommene Gleichartigkeit der Vokale und Konsonanten bedingt ist. Namentlich bei den weiblichen und gleitenden Reimen müssen
die Konsonanten vollkommen übereinstimmend sein (»schlafen« z. B.
reimt sich nicht auf »schaffen«); der männliche Reim gestattet
zwar eher eine Lizenz, doch klingt dem feinern Ohr
[* 58] schon »Bad«
[* 59] und »Rat« fehlerhaft. Auch die Quantität der
Vokale muß überall in beiden Reimwörtern gleich sein (»Ruhm« reimt sich z. B. nicht aus »stumm«).
Gleichklingende Vokale und Diphthonge sind jedoch gestattet, z. B. »Hände« und »Ende«, während »Höhlen« und »fehlen« ein fehlerhafter
ist. Werden gleiche Wörter oder Silben aufeinander gereimt (z. B. Liebe und Liebe), so entsteht der sogen.
identische Reim, der aber für fehlerhaft gilt. Er wird ein reicher Reim genannt, wenn ihm (also den gleichen
Wörtern) ein wirklicher Reim unmittelbar vorangeht oder folgt, z. B.:
Zwei aufeinander reimende Verse heißen ein Reimpaar. Wenn immer nur zwei Reimpaare miteinander verbunden werden, so nennt
man diese Form (aabb) Berührung, z. B.:
Über den Kehrreim s. Refrain. - Der Reim entstand in der Poesie wie von selbst aus einem fast instinktartigen Bestreben, den
innern Trieb nach Begrenzung auch äußerlich und zwar zunächst für das Ohr darzustellen, wie man denn
schon bei Kindern die Neigung findet, gleichklingende Wörter miteinander zu verbinden. Er findet sich bereits bei den alten
Indern, vereinzelt bei Griechen und Römern und bot den romanischen Völkern im Anfang des Mittelalters gewissermaßen einen
Ersatz für das immer mehr absterbende Gefühl der sprachlichen Quantität.
Die römische Geistlichkeit pflegte ihn als ein auf christlichem Boden erwachsenes Element im Gegensatz zu der reimlosen Poesie
des Altertums und verschaffte ihm in allen christlichen Litteraturen Eingang. So findet er sich bei den Angelsachsen schon im 6. Jahrh.,
in der Edda der nordischen Germanen im 8. Jahrh. und in Deutschland zuerst in Otfrids »Krist« (868), wo er
seitdem den altheidnischen Stabreim oder die Allitteration verdrängte. Überall aber erscheint der Reim zuerst als unmittelbar
gebunden (rimes plates) und als stumpfer oder männlicher, und erst mit der Ausbildung der Kunstpoesie wurden auch die weiblichen
und gleitenden Reime sowie die verschiedenen Gattungen der verschränkten Reime (rimes croisées) eingeführt.
Durch die höfische Kunstlyrik, namentlich durch die der Troubadoure, und später die deutschen Meistersänger kamen neben
den einreimigen Tiraden und den Reimpaaren der Volkslieder die künstlich verschlungenen, genau gebundenen Reimsysteme in die
Poesie, und je mehr die Poesie selbst in Verfall kam, um so größern Wert legte man auf die gesucht schweren
Reime; es entstanden die Binnen- und Mittelreime (versus leonini), die reichen Reime etc. und die Reimspiele. Zur
Erleichterung des Aufsuchens von Reimen entstanden Reimlexika, Zusammenstellungen aller in einem Sprachschatz enthaltenen
Reimendungen, von denen wir, von ältern Versuchen absehend, nur das »Allgemeine deutsche Reimlexikon«
von PeregrinusSyntax (Ferd. Hempel, Leipz. 1826, 2 Bde.)
anführen.
Freimund,
Pseudonym des Dichters FriedrichRückert (s. d.). ^[= 1) Friedrich, hervorragender deutscher Dichter, wurde 16. Mai 1788 zu Schweinfurt geboren, von ...]
HermannSamuel, Popularphilosoph, geb. zu Hamburg,
[* 66] studierte in JenaTheologie,
ward 1723 als Rektor nach Wismar
[* 67] und 1728 als Lehrer der orientalischen Sprachen an das Gymnasium illustre seiner Vaterstadt berufen,
wo er starb. ein Anhänger der Wolfschen Schule, ist durch seine Verdienste um die natürliche Theologie, die er als
Physikoteleologie behandelte, sowie durch seine »Schutzschrift
für die vernünftigen Verehrer Gottes«, die berühmten (Wolfenbütteler) »Fragmente eines Ungenannten«, welche Lessings klassische
Streitschriften gegen Goeze hervorgerufen haben und die bis heute noch nicht vollständig gedruckt sind, bedeutend geworden.
Das Original des ganzen Werkes findet sich in der Hamburger Stadtbibliothek; das Wesentlichste des Inhalts hat DavidFr.
Strauß
[* 68] in seinem Buch »HermannSamuel Reimarus und seine Schutzschrift etc.« (2. Aufl.,
Bonn 1878) herausgegeben. Von den sonstigen Schriften des Reimarus sind auszuzeichnen die »Abhandlungen von den
vornehmsten Wahrheiten der natürlichen Religion« (Hamb. 1755) und die »Allgemeinen
Betrachtungen über die Triebe der Tiere« (das. 1760).
eine Art historischer Gedichte, welche gewöhnlich einen längern Zeitraum der
Geschichte darstellen. Sie haben weniger poetischen als historischen Wert, da die Verfasser derselben oft Quellen zu benutzen
vermochten, die nicht mehr zugänglich sind, auch vieles, was ihre Zeit betrifft, aus lebendiger persönlicher Erfahrung geben
konnten. Zu den ältesten dieser Werke, soweit sie bekannt sind, gehören die gegen Ende des 13. Jahrh.
verfaßte »Livländische Reimchronik« (hrsg.
von Fr. Pfeifer, Stuttg. 1844; von LeoMeyer, Paderb. 1876; vgl. Wachsmuth, Über die Quellen und den Verfasser der livländischen
Reimchronik, Mitau
[* 69] 1878); die »Reimchronik der Stadt Köln«
[* 70] von Gottfr. Hagen
[* 71] (13. Jahrh., hrsg. von Groote, Köln 1834);
die »Österreichische Reimchronik« von Ottokar vonSteier (früher Ottokar vonHorneck genannt),
die Jahre 1250-1309 umfassend
(hrsg. von Pez in »Scriptores rerum austriacarum«, Bd. 3). Andre sind: die »Deutschordenschronik« des Nikolaus vonJeroschin
(Mitte des 14. Jahrh. nach der lateinischen Chronik des Peter von Dusburg verfaßt; im Auszug hrsg. von
Fr. Pfeifer, Stuttg. 1854; vollständig von Strehlke in »Scriptores rerum prussicarum«, Bd. 1, Leipz.
1861);
GeorgAndreas, Buchhändler, geb. zu Greifswald, übernahm 1800 die 1750 gegründete Realschulbuchhandlung
zu Berlin, die er durch zahlreiche wichtige Unternehmungen, sowohl auf dem Gebiet der schönen als der
wissenschaftlichen Litteratur, zu einer der ersten Buchhandlungen Deutschlands
[* 76] erhob. In denJahren 1805-13 bethätigte er sich
hervorragend als warmherziger Patriot und folgte im letztern Jahr dem Aufruf des Königs in den Befreiungskampf gegen Frankreich.
SeinHaus war ein Verkehrsmittelpunkt von Männern wie Fichte,
[* 77] Arndt, Schleiermacher, Niebuhr und PeterCornelius. 1819 begann
er sein Berliner
[* 78] Geschäft, das er auch durch eine Druckerei erweiterte, nach seinem Namen zu firmieren und erwarb 1822 die
berühmte Weidmannsche Buchhandlung in Leipzig,
[* 79] deren Leitung er 1830 seinem ältesten Sohn, KarlAugust Reimer, und seinem Schwiegersohn
SalomonHirzel (s. d. 2) übergab. Er starb ¶
mehr
die Geschäfte seinen drei Söhnen hinterlassend. Der älteste, KarlAugust Reimer, geb. führte mit SalomonHirzel die
Weidmannsche Buchhandlung fort, verlegte dieselbe aber 1853, nachdem letzterer unter eigner Firma eine Verlagshandlung in
Leipzig gegründet, nach Berlin, wo er starb. Sein Sohn Hans, seit 1865 Besitzer der Weidmannschen
Buchhandlung, starb KarlAugustsBruderGeorgErnst Reimer, geb. übernahm nach des VatersTode die Buchhandlung
G. Reimer und die damit verbundene Druckerei (von 1876 an in Gemeinschaft mit seinem Sohn Ernst Reimer) und starb Der
dritte Bruder, Dietrich Reimer, geb. gründete 1845 eine Sortimentsbuchhandlung unter
eigner Firma in Berlin und übernahm 1848 allen Kunst- und Landkartenverlag seines Vaters, den er durch die Kartenwerke von H.
Kiepert, die Globen von Adami, Kiepert etc. erheblich erweiterte. Seit 1867 ist H. Höfer Teilhaber des Geschäfts.
Von seinen litterargeschichtlichen Werken, die in Frage und
Antwort abgefaßt sind, ist der »Versuch einer Einleitung in die Historia literaria« (Halle 1708-13, 6 Bde.)
hervorzuheben.
Die Lage der Stadt auf halbem Weg zwischen der deutschen Grenze und Paris war die Veranlassung, daß sie in neuester Zeit durch
fünf starke Forts in einen Waffenplatz verwandelt wurde. Die Straßen sind breit und regelmäßig; größere
Plätze sind der Platz Godinot mit einer Fontäne und der Königsplatz mit dem bronzenen Standbild Ludwigs XV., außer welchem
noch dem MarschallDrouet, dann dem 1619 hier gebornen J. B. ColbertDenkmäler errichtet sind. Das vorzüglichste Architekturwerk
von Reims und überhaupt eins der herrlichsten gotischen Bauwerke ist die Kathedrale, welche 1212 unter dem
ErzbischofAlberichHumbert nach den PlänenRoberts v. Coucy begonnen und im 14. Jahrh. bis auf die Türme, welche nur zwei Drittel
der projektierten Höhe von 120 m erhalten haben, vollendet ward (s. Tafel »Baukunst
[* 83] X«,
[* 84] Fig. 5). Die westliche Fassade mit
ihren drei Portalen, einer Fensterrose,
[* 85] Arkaden und zahlreichen Statuen und Reliefs ist ein glänzendes Beispiel
vollendet durchgeführter Frühgotik.
Das Innere besteht aus einem dreischiffigen, sehr langen Langhaus und einem wenig ausladenden, dreischiffigen Querhaus, das
zu dem kurzen, von fünf Kapellen umgebenen Chor hinzugezogen ist. Die Kirche enthält wertvolle Gemälde, alte Glasfenster,
kostbare Gobelins und Tapisserien, Goldarbeiten, einen byzantinischen Kelch, Grabmäler etc. Seit 1179 wurden
hier alle französischen Könige (mit Ausnahme Heinrichs IV. und Ludwigs XVIII.) gekrönt. Bis zur französischen Revolution
enthielt die Kirche das mit Goldblech überzogene und mit Edelsteinen verzierte sogen. Reimser Evangelienbuch (s. d.), auf
welches
die Könige den Eid ablegten, und die berühmte Ampulla (sainte ampoule), mit deren Inhalt die französischen
Könige gesalbt wurden (s. Ampulla).
Ein alter, sehenswerter Bau ist die im 11. und 12. Jahrh. im romanischen Stil begonnene, gotisch vollendete Kirche St.-Remi
mit alten Glasfenstern und dem Grabmal des heil. Remigius. Bemerkenswerte Gebäude sind außerdem: das erst 1825 vollendete
Stadthaus mit säulengeschmückter Fassade, zierlichem Glockenturm und einer Reiterstatue Ludwigs XIII.,
der erzbischöfliche Palast (von 1500) mit großem Festsaal in gotischem Stil, der Justizpalast, das Theater,
[* 86] das Musikgebäude
(aus dem 14. Jahrh.) und zahlreiche andre Gebäude aus dem 13.-16. Jahrh.
mit Skulpturen, Reliefs etc. Von Altertümern sind besonders hervorzuheben die Porte deMars
[* 87] (ein römischer
Triumphbogen), ein 1861 aufgefundenes römisches Mosaik von 90 qm Fläche und das im Antiquitätenmuseum befindliche herrlich
skulptierte Kenotaphion des Präfekten von Gallien, Jovinus (um 370). Reims zählt (1886) 91,130 (als Gemeinde 97,903) Einw. Von
hoher Bedeutung ist die Schafwollindustrie von Reims, welche vornehmlich Merinos, Shawls, Flanelle, feine Tuchsorten
und Nouveautees in Kleiderstoffen liefert. In ihrem Dienste
[* 88] stehen ca. 300,000 Spindeln, 8500 mechanische und 2000 Handstühle,
wobei 12,600 Fabrikarbeiter (ohne die zu Hause beschäftigten Personen) thätig sind.