(lat.), Gegenwirkung, im
Gegensatz zu
Aktion, durch welche beide
Worte die
Wechselwirkung alles Körperlichen
aufeinander bezeichnet wird. Die
Gleichheit von
Wirkung und Gegenwirkung
(Aktion und ist eins der
Grundgesetze der
Mechanik. Über
chemische s.
Analyse. Unter Reaktion im politischen
Sinn versteht man den Gegendruck gegen irgend eine ausschreitende
Kraft,
[* 2] insbesondere das Bestreben, veraltete öffentliche Zustände an die
Stelle der bessern neuen wiederherzustellen und
den gesunden Fortschritt einzudämmen. - In der
Technologie bezeichnet Reaktion insbesondere den
Rückstoß ausströmender
Flüssigkeiten
oder
Gase.
[* 3]
Befindet sich in der Seitenwand eines mit
Flüssigkeit gefüllten
Gefäßes eine Ausflußöffnung, so vermindert sich derDruck
der
Flüssigkeit auf diese Wand um denjenigen
Anteil, welcher auf den
Querschnitt der Öffnung treffen würde, während die
gegenüberliegende Wand noch dem vollen
Druck ausgesetzt ist. Es bleibt also ein Überschuß von
Druck auf letztere Wand übrig,
welcher dem
Druck, der die
Flüssigkeit ausströmen macht, als Gegenwirkung (Reaktion) gleichkommt und das
Gefäß,
[* 4] wenn dasselbe beweglich, z. B. an einer
Schnur, aufgehängt ist, in einer der Ausströmung entgegengesetzten
Richtung zurücktreibt.
Hierauf beruht das Segnersche
Reaktionsrad (s. Figur); an einem um eine lotrechte
Achse drehbaren
Gefäß (A) sind unten wagerechte
Ansatzröhren mit seitlichen Öffnungen angebracht; gießt man
Wasser in das
Gefäß, so dreht sich dieses
in der den ausfließenden Wasserstrahlen entgegengesetzten
Richtung um seine
Achse. In seiner einfachsten Form dient es noch
als
schottisches Drehkreuz zur gleichmäßigen Verteilung einer
Flüssigkeit über eine
Fläche, z. B. des Essigguts in den
Essigbildnern etc., in verbesserter Form bildet es die sogen. schottische
Turbine (s.
Wasserräder).
[* 5]
hydraulischer Propeller, s.
Dampfschiff, ^[= (Dampfboot, Dampfer), jedes Schiff, welches durch eine oder mehrere an Bord eingebaute Dampfmaschine ...]
[* 6] S. 487.
(v. lat. res,
»Sache«) bezeichnet im gewöhnlichen
Leben das Sachliche im
Gegensatz zum Sprachlichen;
dann das Wirkliche oder wirklich Vorliegende, Seiende gegenüber dem bloß Gedachten, Vorgestellten, Eingebildeten. So spricht
man in Bezug auf den erstern Unterschied von Real- und Sprachwissenschaften, Real- und
Verbalinjurien, wie
man in der zweiten
Bedeutung z. B. den
Realwert vom Idealwert, die
Realpolitik von der
Idealpolitik unterscheidet. Vgl.
Realismus.
bisherige span.
Rechnungsmünze, eine Silbermünze, 1/20 des
Duro oder spanischen Silberpiasters, im Wert von
0,216 Mk., früher in mehreren
Stücken vorhanden und zuerst 1497 geprägt. Der Silberreal (reál de plata antiguo) war 1 15/17
des gewöhnlichen Kupferreals (reál de
vellon) - 0,407 Mk. 1 Reál hatte 34
Maravedis. DieAbkürzung für den
Silberreal ist
»Rpta.«, für den Kupferreal
»Rvn.«;
10 5/8Rpta. = 20
Rvn. = 1
Piaster. In mehreren ehemals spanischen
LändernNordamerikas
(Mexiko)
[* 7] wird im Privatverkehr der
Piaster in 8 Realen à 4
Cuartillos à 12
Granos geteilt.
Ferner ist eine portugiesische
Rechnungsmünze zu 40
Reis (s.
Reis).
Endlich ist in
Batavia
[* 8] ein
Gold- und Silbergewicht, = 1/9 alte holländische
Troy-Mark = 27,343 g.
solche
Gewerbe, bei denen die
Berechtigung zum Betrieb eine private, verkäufliche und vererblicheGerechtsame
bildet, heute in den meisten
Ländern nicht mehr vorkommend.
(lat., Realregister,Sachregister), alphabetisches Verzeichnis der
in einem
Buch vorkommenden
Sachen, im
Gegensatz zum Verbalregister, dem Wörterverzeichnis, und dem Personalregister, Personenverzeichnis.
(lat.), im allgemeinen diejenige
Welt- und Lebensauffassung, welche, von der äußern
¶
mehr
sinnlichen Wahrnehmung ausgehend, bei dieser und den sich in ihr offenbarenden Gesetzen des ursachlichen Zusammenhangs, als
dem allein Seienden, weil Wirkenden und daher Wirklichen, beharrt, im Gegensatz zum Idealismus (s. d.) oder derjenigen Welt-
und Lebensauffassung, die sich der Geist aus Ideen, d. h. ihm selbst vor und unabhängig von aller Erfahrung
eignen Begriffen, entwickelt. Jener schätzt die Dinge nach der Bedeutung, die sie im ursachlichen Zusammenhang, also ihren
Wirkungen nach haben, dieser nach dem Grad, in welchem sie seinen Ideen entsprechen, oder nach der Bedeutung, die er ihnen durch
diese verleiht.
Jener wählt seine Zwecke aus der wirklichen Welt, dieser schreibt sie der letztern vor nach dem Vorbild
seiner Ideen. In so entschiedenen Gegensatz beide zu einander im Leben, in der Kunst und Wissenschaft stehen, sind sie doch innerlich
verbunden und aufeinander angewiesen. Den Bestrebungen des Realismus würde es ohne Antriebe von seiten der Ideen an Schwungkraft
[* 15] und Tragweite, dem Idealismus ohne Kenntnis des ursachlichen Zusammenhangs der Dinge an der Möglichkeit
fehlen, seine Ziele zu erreichen. Daß beide getrennt sich in Extreme verirren können, hat den WortenRealist und Idealist eine
üble Nebenbedeutung gegeben. - Unter in der Kunst versteht man im allgemeinen diejenige Darstellungsweise, welche vorzugsweise
auf Naturnachahmung ausgeht und in der Naturwahrheit ihr vornehmstes Ziel erkennt, daher auch vorzugsweise
die künstlerische Technik begünstigt.
Der Realismus muß daher bei denjenigen Künsten am stärksten hervortreten, welche auf Naturnachahmung angewiesen und an diese gebunden
sind, wie die Plastik, die Malerei, die Poesie und die mimischen Künste, am meisten die Schauspielkunst. Derselbe
sinkt zum Naturalismus (s. d.) herab, wenn er die Naturwahrheit in einseitiger Weise verfolgt und die der Kunst eigentümlichen
(ästhetischen) Wirkungen dabei aus den Augen verliert, um mit dem Schein der bloßen Natürlichkeit zu täuschen.
Im engern Gebiet der Philosophie ist der Realismus die Verneinung derjenigen metaphysischen Systeme, welche die verschiedenen
Gattungen des theoretischen Idealismus vertreten. In diesem Gegensatz handelt es sich nicht sowohl um die reine Entgegenstellung
von Sein und Nichtsein, von Wirklichkeit und Nichtwirklichkeit, von Realität und Nichtrealität als um die Bestimmung der
Art von Wirklichkeit, die gewissen Existenzen zuzuschreiben ist. Der Traum hat eine andre Art von Realität
als der wache Zustand.
Wer derWelt und dem Leben, wie die indische Philosophie, nur eine dem Traum verwandte Wirklichkeit zugesteht, ist Idealist (s.
Indische Philosophie). Das kritische Verhalten Kants, welches er selbst kritischen Idealismus nannte und dem träumenden Idealismus
entgegenstellte, beruht auf der Voraussetzung, daß Raum und Zeit nicht diejenige Art von Wirklichkeit
haben, die ihnen in der gemeinen Auffassung zugeschrieben wird. Der metaphysische Realismus behauptet im Gegensatz zu Kant, daß Erscheinungen,
d. h. Existenzen in Raum und Zeit, den höchsten Grad aller nur möglichen Realität repräsentieren.
Die nachkantische deutsche Philosophie, insofern sie, wie Fichte,
[* 16] an das Subjekt (als Träger
[* 17] der Erfahrung)
anknüpft, ist idealistisch, insofern sie, wie Herbart, an das Objekt (als Substrat der Erfahrung: KantsDing an sich) anknüpft,
realistisch; Schopenhauer ist im ersten Buch seines Hauptwerkes, welches die Welt »als Vorstellung« enthält, Idealist, im zweiten,
welches die Welt »als Wille« darstellt, Realist. Der metaphysische Realismus, welcher vom empirischen, erfahrungsmäßigen,
Schein
der Erscheinungswelt auf das Sein einer denselben notwendig voraussetzenden intelligibeln (als der wahrhaft wirklichen)
Welt schließt, ist transcendentaler, dergleichen der Kantsche Kritizismus, derjenige dagegen, der das Sein der empirisch gegebenen
(sogen. wirklichen) Welt für das wahre Sein hält, gemeiner (empirischer) Realismus, dergleichen der (ordinäre) Materialismus und
(Comtesche) Positivismus ist. Im Mittelalter bezeichnete der Gegensatz von Nominalismus und Realismus die Anerkennung,
resp. Leugnung der Realität der Universalien, d. h. der allgemeinen Begriffe (s. Nominalismus).
Vgl. v. Kirchmann, Über das
Prinzip des Realismus (Leipz. 1875).
(Grundlasten), die dem Besitzer eines Grundstücks als solchem obliegenden Verbindlichkeiten zu regelmäßig
wiederkehrende Leistungen an einen bestimmten Berechtigten. Die Berechtigung des letztern, welche oft eine Realgerechtigkeit,
d. h. ebenfalls mit einem Grundstück verbunden ist, z. B. mit einem Rittergut, kann dem Staate, der Kirche, einer Gemeinde
oder auch einer Privatperson zustehen; im engern Sinn versteht man aber unter Reallasten nur diejenigen, welche privatrechtlicher Natur
sind.
Der Verpflichtete ist entweder zu einem Thun, wie z. B. bei den Fronen (s. d.), oder, wie z. B. bei den Zehnten (s. Zehnte) od.
den sogen. Grundzinsen (s. d.), zu einem Geben, immer aber zu einer
positiven Leistung verbunden, und eben dadurch unterscheiden sich die Reallasten von den Realservituten, welche den Eigentümer des
dienenden Grundstücks zu einem Dulden oder zu einem Unterlassen, nie aber zu positivem Handeln verpflichten (s. Servitut).
Ihrer Entstehung nach sind die Reallasten zumeist auf die Grundherrlichkeit zurückzuführen, indem schon im
frühsten Mittelalter größere Grundbesitzer ihren Grund und Boden teilweise in kleinere Feldwirtschaften zerlegten und diese
an leibeigne oder freie Leute gegen die Verpflichtung zu gewissen Abgaben und Leistungen hingaben, welche auf jene Grundstücke
gelegt wurden.
Auch die Vogtei, d. h. der Schutz größerer Grundherren, unter welchen kleinere Grundbesitzer sich und ihre
Grundstücke zu begeben pflegten, trug zur Vermehrung der Reallasten mit bei, nicht minder aber auch der von der Kirche erhobene Anspruch
auf den Zehnten. Die moderne Gesetzgebung ist bemüht, die Befreiung des Grundeigentums von dem lästigen Druck der Reallasten herbeizuführen,
indem sie dieselben, wie die Fronen, teils geradezu aufgehoben, teils die Ablösbarkeit der Reallasten statuiert
hat (s. Ablösung). Viel erörtert und viel bestritten ist endlich die Frage von der juristischen Natur der Reallasten, ob diese nämlich
als dingliche oder als Forderungsrechte aufzufassen seien. Richtiger wird man das Wesen der Reallasten wohl aus einer Verschmelzung
des dinglichen Elements mit dem persönlichen erklären, indem die Gesamtverpflichtung zu den schuldigen
Leistungen und das Recht hierauf
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mehr
dinglicher Natur, während das Recht auf die jeweilig fällige einzelne Leistung ein persönlicher Anspruch, ein Forderungsrecht
ist.
Vgl. außer den Lehrbüchern des deutschen Privatrechts: Duncker, Die Lehre
[* 19] von den Reallasten (Marb. 1837).
(spr. -móng), Stadt im franz. DepartementTarn, ArrondissementAlbi, unweit des Dadou, hat eine katholische
und eine protest. Kirche, Silber- und Kohlengruben, Wollindustrie u. (1881) 2532 Einw.
Die ist eine jüngere Schwester des schon dem Mittelalter entstammenden und wesentlich durch die Humanisten des 16. Jahrh.
ausgebildeten Gymnasiums. Der lateinischen Buchgelehrsamkeit der Humanisten gegenüber forderten seit dem Ende des 16. Jahrh.
Männer wie Rabelais, Namus, Montaigne, Bacon, Ratich, Comenius, Schuppius, Locke, Leibniz u. a. beim Unterricht
der Jugend eine sorgfältige Berücksichtigung der wirklichen gegenwärtigen Welt (Realien) und des in ihr demnächst auszuübenden
Berufs.
Derart waren besonders die aus dem Kreis
[* 21] der sogen. Pietisten auf Anregung A. H. Franckes (s. d.) hervorgehenden Lehranstalten.
In diesem Kreis fand man sich auch zuerst bewogen, neben den ältern Gymnasien ganz neue Anstalten für
die Zwecke der Realbildung zu errichten. Die erste derartige Anstalt, welche auch den Namen Realschule trug, war, soweit bekannt ist,
die von ChristophSemler in Halle
[* 22] 1706 gegründete. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Semler und Francke ist nicht nachgewiesen,
wohl aber jenes Abhängigkeit von dem Jenenser Mathematiker und pädagogischen Neuerer ErhardWeigel.
Mehr Erfolg als dieser Versuch hatte die 1747 von Joh. Jul. Hecker in Berlin
[* 23] gestiftete Realschule, und gleichzeitig taucht der Gedanke
der Einrichtung besonderer Nebenklassen an den gelehrten Schulen »für die, so unlateinisch und ungriechisch bleiben wollen«,
mehrfach auf. Günstiger den Realschulen als
den Gymnasien und Lateinschulen des alten Stils war die philanthropisch-pädagogische
Strömung, die im letzten Drittel des Jahrhunderts im Anschluß an Rousseaus »Emil«, in Deutschland
[* 24] namentlich durch Basedow,
Oberwasser erhielt.
Des KopenhagenerPredigersFr. Gabr. ResewitzSchrift über »Die Erziehung des Bürgers« (1773) weckte hundertfachen Widerhall und
führte ihren Verfasser als Abt von Klosterberge an die Spitze einer der berühmtesten damaligen höhern
Lehranstalten Deutschlands,
[* 25] wo er aber nur dürftige praktische Erfolge erzielte. Überhaupt ging wenig Haltbares unmittelbar
aus den pomphaft angekündigten Neuerungen hervor. Meist suchte man das Alte mit dem Neuen an denselben Anstalten zu vereinigen.
Nur in einzelnen großen Städten waren neben den Gymnasien voll ausgestattete Realschulen zu ermöglichen.
Die meisten Gymnasien erhielten sogen. Bürgerklassen oder Realabteilungen, in welchen gegen
Wegfall des Unterrichts im Griechischen und Beschränkung des Lateinischen Naturkunde, Mathematik, neuere Sprachen eine ausgedehntere
Pflege fanden. Der erste namhafte Versuch, in die bunte Mannigfaltigkeit einheitliche Gliederung zu bringen, war die »Vorläufige
Instruktion über die an den höhern Bürger- und Realschulen anzuordnenden Entlassungsprüfungen vom 8. März 1832«,
welche vom Geheimrat Kortüm ausgearbeitet war und vom preußischen Unterrichtsministerium erlassen wurde.
Die Vorschriften dieser Instruktive verallgemeinern im wesentlichen nur das, was unter der umsichtigen Leitung des Direktors
A. G. Spilleke an der Berliner
[* 26] königlichen Realschule seit 1822 praktisch geworden war. Nur wurde gegen
Spillekes ursprünglichen Plan das Latein obligatorisch für die berechtigten Anstalten. Neuen Aufschwung erhielt das Realschulwesen
durch die besonders vom Bürgerstand ausgehenden freiheitliche Bewegungen der 40er Jahre und durch den gleichzeitig wachsenden
Einfluß der Naturforschung auf das gewerbliche Leben.
Auch arbeiteten in jener Zeit begabte und begeisterte Vertreter der Realschule, wie Klumpp, Mager, Langbein u. a.,
für deren Anerkennung und Vervollkommnung mit großem Glück. In Österreich
[* 27] erfolgte 1851 eine gesetzliche Regelung des Realschulwesens,
nach welcher Ober- und Unterrealschulen unterschieden werden. Dort, wie in Bayern,
[* 28] wo statt der Real- meist Spezialschulen für
Landwirtschaft, Gewerbe etc. bestehen, wird das Hauptgewicht auf technische Vorbildung
(Zeichnen etc.) und Naturkunde (Chemie) gelegt; die sprachliche Bildung tritt mehr zurück. In andrer Weise wurde die vielverhandelte
Frage in Preußen
[* 29] zum vorläufigen Abschluß gebracht durch die »Unterrichts- und Prüfungsordnung der Realschulen und höhern
Bürgerschulen vom 6. Okt. 1859«. Diese Ordnung unterschied Realschulen erster, Realschulen zweiter Ordnung
und Bürgerschulen.
Die Realschulen erster Ordnung standen in Bezug auf Zahl der Klassen, Dauer des Besuchs (in den drei untern Klassen je ein Jahr,
in den drei obern je zwei), wissenschaftliche Vorbildung der Lehrkräfte etc. ganz den Gymnasien
gleich. Von den alten Sprachen war die lateinische als pflichtmäßiges Unterrichtsfach beibehalten. Die
Realschulen zweiter Ordnung hatten keinen so bestimmt vorgezeichneten Lehrplan, sondern konnten sich hierin wie in der Zahl
und Auswahl der Lehrkräfte freier den örtlichen Verhältnissen anschließen. Sie durften, wenn sie auf die entsprechenden
Berechtigungen verzichteten, das Latein ausschließen oder in die Wahl der Schüler stellen und die Besuchsdauer
sämtlicher Klassen auf
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mehr
je ein Jahr einschränken. HöhereBürgerschulen endlich hießen diejenigen Realschulen, welche nach obenhin nicht abgeschlossen
waren, sondern der ersten Klasse ermangelten. Insofern sie bis zur zweiten Klasse einschließlich entwickelt und nach dem Lehrplan
der Realschulen erster Ordnung angelegt waren, konnten sie das Recht der Abgangsprüfungen erhalten. Innerhalb dieses Rahmens
haben sich die Realschulen von 1859 bis 1882 zahlreich und mannigfaltig entwickelt.
Die kleinern deutschen Länder folgten mit geringen Modifikationen Preußen nach, zumal seit 1866 wegen der Rücksicht auf
den einjährig-freiwilligen Militärdienst. Indessen wachte die schon 1848 und 1849 vielfach erhobene Forderung wieder auf,
den Realschulen in Bezug auf den Universitätsbesuch gleiche Rechte mit den Gymnasien einzuräumen, während
anderseits völliger Verzicht auf den lateinischen Unterricht von allen Realschulen verlangt wurde. Der Minister v. Mühler forderte
daher über die Zulässigkeit einer erweiterten Kompetenz der Realschulen an den UniversitätenGutachten von sämtlichen
Fakultäten der Landesuniversitäten ein, welche überwiegend ablehnend ausfielen.
Doch ward verfügt, daß die Reifezeugnisse der Realschulen erster Ordnung in Bezug auf die Immatrikulation bei der
Universität und die Inskription bei der philosophischen Fakultät dieselbe Gültigkeit haben sollten wie die der Gymnasien,
und daß künftig Schulamtskandidaten, die eine Realschule erster Ordnung besucht und nach Erlangung eines von
derselben erteilten Zeugnisses der Reife ein akademisches Triennium absolviert hätten, zum Examen pro facultate docendi in
den Fächern der Mathematik, der Naturwissenschaften u. der neuern Sprachen, jedoch mit Beschränkung der Anstellungsfähigkeit
auf Real- u. höhere Bürgerschulen, zugelassen würden. Im Oktober 1873 berief der MinisterFalk eine Versammlung sachverständige
Männer nach Berlin, um über Fragen des höhern Schulwesens, besonders die Realschulfrage, ihren Rat zu hören.
Obwohl die Versammlung im allgemeinen sich zu den Forderungen der Realschulmänner günstig stellte, blieb zunächst alles
beim alten. Dagegen hat seitdem die Kreise
[* 31] der Reallehrer eine lebhafte Bewegung ergriffen, die, teilweise anknüpfend an die
patriotische Erhebung seit 1870, der Realschule, als der eigentlich »deutschen Schule«, völlige Gleichberechtigung
mit dem Gymnasium, ja hier und da allgemeine Verbreitung an Stelle desselben zu erstreiten suchte. Versammlungen zu Eisenach,
[* 32] Gera,
[* 33] Braunschweig
[* 34] u. a. O. haben in dieser Richtung mehr oder minder weit greifende Beschlüsse gefaßt und Forderungen aufgestellt.
Eine festere Gestalt erhielt diese Bewegung in dem am begründeten Verein der deutschen Realschulmänner,
der seitdem seine Forderung nach unbedingter Gleichberechtigung der voll organisierten Realschulen mit den Gymnasien rührig
vertreten und durch gründliche statistische Nachweise manches unbegründete Vorurteil gegen die Realschulbildung, das ungeprüft
der eine dem andern nachspricht, siegreich bekämpft hat. Verwickelter noch wurde die Realschulfrage,
als 1879 das technische Schulwesen an das Kultusministerium überging und gleichzeitig die frühern Gewerbeschulen nach dem
Muster einer vom Direktor Gallenkamp in Berlin geleiteten lateinlosen Realschule erster Ordnung zu Anstalten dieser Art umgewandelt wurden.
Im Kultusministerium war man nicht abgeneigt, diese neue Form der Realschule im Sinn Spillekes als deren reinste
Ausgestaltung anzuerkennen und gegenüber den bisherigen Realschulen erster Ordnung, deren Leistungen im Lateinischen durchschnittlich
gering waren, zu begünstigen, was freilich an dem Vorurteil, das in allen andern Ministerien, bei der Post etc., gegen diese
lateinlosen Schulen herrschte, völlig gescheitert ist.
Die neuen Lehrpläne,
welche der Minister v. Goßler für alle höhern Schulen in Preußen erließ,
haben die sonach vorhandene Mannigfaltigkeit auf dem Gebiet des Realschulwesens nicht vereinfachen können. Die Anstalten
haben fast nur die Namen gewechselt, indem die Realschulen erster Ordnung nach dem Lehrplan von 1859 nun Realgymnasien, die
höhern Bürgerschulen Realprogymnasien, die lateinlosen Realschulen erster Ordnung (Gewerbeschulen) Oberrealschulen
und, wenn ihnen die oberste Klasse mit zwei Jahrgängen
fehlt, Realschulen heißen. Der Name der höhern Bürgerschulen ist, im Anschluß an ein Vorbild lateinloser höherer Bürgerschule
in Kassel,
[* 35] auf diejenigen lateinlosen Realanstalten übergegangen, deren Lehrplan sechs Jahrgänge umfaßt,
und die bis auf geringfügige Abweichungen einer unvollständigen Oberrealschule gleicht, welcher die obersten drei Jahrgänge
(Prima, Obersekunda) fehlen. Während die höhere Bürgerschule mit der Erlangung des Rechts auf den einjährig-freiwilligen
Heerdienst abschließt, führen Realschulen und Realprogymnasien um ein Jahr, Realgymnasien und Oberrealschulen um drei Jahre
darüber hinaus.
Als gelöst kann durch den gegenwärtigen Zustand die Realschulfrage noch nicht angesehen werden. Solange die Hauptform der
Realschule dem Gymnasium so nahe steht wie jetzt, werden die Vertreter der Realschule stets versucht sein,
wenn nicht völlige Gleichberechtigung mit jenem, doch
¶
mehr
eine wesentlich erweiterte Berechtigung hinsichtlich des Universitätsstudiums zu fordern. Es ist nicht zu bezweifeln, daß
namentlich für den ärztlichen Beruf die Vorbildung auf dem Realgymnasium der auf dem Gymnasium gleichwertig ist. Leider sind
aber schon jetzt die sogen. gelehrten Berufsfächer, für welche die Universitäten vorbereiten, und unter ihnen auch der
ärztliche Stand überfüllt, so daß eher an eine Verengerung als an eine Erweiterung des Zuganges zu den akademischen Studien
gedacht werden muß.
Auch die lateinlose Oberrealschule, die vor einem Jahrzehnt so nachdrücklich vom höhern Handels- und Gewerbestand gefordert
ward, wird wieder mehr in den Vorgrund treten, sobald das wirtschaftliche Leben in Deutschland in erwünschter
Weise erstarkt. Mit einem neuen Programm ist seit 1886 der Verein für die deutsche höhere Einheitsschule zwischen die Gegensätze
getreten, der ein Gymnasium schaffen zu können meint, das vom Griechischen und Lateinischen nichts Wesentliches aufzugeben
braucht und doch vom Realgymnasium das Englische
[* 37] und eine vermehrte Pflege der Mathematik und Naturkunde
annehmen kann. Am gab es in Preußen gegenüber 262 Gymnasien und 40 Progymnasien 90 Realgymnasien, 12 Oberrealschulen, 86 Realprogymnasien, 16 Realschulen
und 20 höhere Bürgerschulen; im DeutschenReiche gegenüber 411 Gymnasien und 54 Progymnasien 135 Realgymnasien, 17 Oberrealschulen, 109 Realprogymnasien, 63 Realschulen
und 89 höhere Bürgerschulen; im ganzen 413 Realanstalten (davon 169 ohne und 244 mit Latein) gegenüber 465 humanistischen
Schulen.
Dies Verhältnis ändert sich jedoch thatsächlich noch bedeutend zu gunsten der Realanstalten, wenn man hinzunimmt, daß
eine größere Anzahl von Fachschulen, namentlich 22 für den einjährig-freiwilligen Heerdienst berechtigte Landwirtschaftsschulen
(davon 16 in Preußen), in ihren Lehrplänen die wesentlichen Merkmale der höhern Bürgerschule aufweist,
und daß sämtliche Kadettenanstalten im DeutschenReich (Preußen: 6 Voranstalten mit den Klassen VI-III, die Hauptanstalt mit
II, I u. Selekta) dem Lehrplan des Realgymnasiums folgen.
diejenige Regierungsweise, bei welcher die zu einem Staatsganzen vereinigten Länder und deren Bewohner
in gleichförmiger Weise behandelt werden, im Gegensatz zum sogen. Personalitätsprinzip (Personalitätssystem), welches mehr
die Stammesverschiedenheiten und die persönlichen Eigentümlichkeiten der Bewohner berücksichtigt.
Silvia (auch Ilia genannt), nach der SageMutter des Romulus und Remus, Tochter des albanischen KönigsNumitor, ward
von ihrem Oheim Amulius, welcher seinen Bruder vom Thron
[* 43] verdrängt hatte, zur Vestalin geweiht, damit ihm
kein Nachkomme des rechtmäßige Königs gefährlich werden könne, gebar aber vom Mars
[* 44] die berühmten Zwillingsbrüder, worauf
sie entweder getötet, oder gefangen gehalten, oder, nachdem sie sich in den Tiber gestürzt, von dem Flußgott zu seiner
Gemahlin erhoben wurde.
Rochelle, studierte die Rechte, wandte sich aber bald naturwissenschaftlichen Studien zu und ging 1703 nach Paris.
[* 46] In seiner
Arbeit »De la formation et de l'accroissement des coquilles des animaux« (1709) zeigte er, daß sich die Schalen der Schaltiere
aus dem Saft bilden, welcher von diesen Tieren abgesondert wird. Er machte manche nützliche Entdeckung
bezüglich der Stahlbereitung, erfand das nach ihm benannte Réaumursche Porzellan und ein Weingeistthermometer, welchem er
eine ganz neue Skala beifügte, die man auch beibehielt, als das Quecksilber an die Stelle des Weingeistes im Thermometer
[* 47] trat.
Er starb auf seinem Landgut Bermondière in der LandschaftMaine. Réaumur schrieb: »Mémoires pour
servir à l'histoire naturelle des insectes« (Par. 1734-42, 6 Bde.).
(Rebeca, Ribeca, Rubeba, Ribeba, Rubella; span. Rabé, Rabel; arab. Rebab, Erbeb), wohl das älteste Streichinstrument,
mit 1-2 Saiten bezogen, nach der gewöhnlichen Annahme orientalischen Ursprungs und durch die Araber im 8. Jahrh.
nach Spanien
[* 49] gebracht, eine Ansicht, die indes nichts weniger als zweifellos begründet ist.
Erst nach 20jähriger Ehe gebar sie die Zwillingsbrüder Esau und
Jakob, welch letzterm, ihrem Liebling, sie durch List den dem Erstgebornen bestimmten väterlichen Segen zuwendete.
Bezeichnung aufständischer Bauern in Wales, die sich seit 1839 der Erhebung derWegegelder widersetzte und
in Weiberkleidern nachts zur Zerstörung der Wegegeldhäuser und Schlagbäume auszogen.
daSilva,Luis Augusto, portug. Geschichtschreiber, geb.
Sohn eines angesehenen Politikers, ward Journalist und bald Redakteur der offiziellen Zeitung »Diario do
Governo«. Seit 1848 Mitglied des Parlaments, zeichnete er sich hier als Redner aus und wurde 1849 zum Sekretär
[* 50] des Staatsrats
ernannt. 1853 ward er Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Lissabon,
[* 51] 1859 des Generalunterrichtsrats, 1862 Mitglied der
Ersten Kammer und 1869 Staatsrat und Marineminister. Er starb Außer mehreren beliebten geschichtlichen
Romanen (»Odio velho não cança«, 1849, 2 Bde.;
»A mocidade de D. João V«, 1852, 4 Bde., u. a.)
und einigen Dramen hat er die große PublikationSantarems über die diplomatischen Beziehungen Portugals zu dem Ausland fortgesetzt
und 3 Bände (Bd. 17-19, Lissab.
1858-60) herausgegeben; ferner schrieb er eine »Geschichte Portugals im 17. und 18. Jahrhundert« (»Historia de Portugal nos seculos
XVII e XVIII«, das. 1860-71, 5 Bde.).
der Kopf ist bräunlich mit gelblichen Längsstrichen, der Rücken grau mit rostroten Querbändern,
lichten Schaftstrichen und schwarzen Linien;
auf der grauen Brust verläuft ein schwarz gewelltes Band,
[* 59] die Seiten des Unterleibs
haben rostrote, weiß eingefaßte Querbinden, der Bauch
[* 60] ist weiß mit braunem Fleck;
die Schwanzfedern sind rostrot, die mittlern
braun und braunrot quergestreift, die Handschwingen braunschwarz, bräunlichgelb gebändert und gefleckt;
Das Rebhuhn bewohnt Europa
[* 62] und Kleinasien und ist in Neuseeland
eingebürgert. Es bevorzugt die Ebene, besonders angebaute Gegenden mit Buschholz und Dickicht, auch Waldränder, findet sich
auch an sumpfigen Stellen und hält im allgemeinen an dem einmal gewählten Revier sehr fest. Bis zur Ernte
[* 63] findet es sich besonders auf Getreidefeldern, dann auf Kartoffel- und Krautäckern, im Herbst auf Stoppeln und Sturzäckern,
nachts stets auf freiem Feld. In jedem Herbst erscheinen aber auch wandernde Rebhühner, vielleicht die etwas kleinern, angeblich
artlich verschiedenen Bewohner der Sümpfe.
Das hat ein anmutiges Wesen, ist scheu, gesellig, friedliebend und sehr zärtlich gegen den Gatten und
die Jungen; es fliegt wenig und schwerfällig, bäumt nie, schwimmt gut und weiß sich sehr geschickt zu verbergen. Es lebt
vom Frühjahr an paarweise, nistet in einer einfachen Vertiefung auf dem flachen Boden, oft im Getreide
[* 64] oder
Wiesengras und legt 12-20 birnförmige, blaßgrünlich braungraue Eier,
[* 65] welche das Weibchen in 26 Tagen mit unglaublicher Hingebung
unter dem Schutz des Männchens ausbrütet.
Wird das erste Gelege zerstört, so legt die Henne oft zum zweitenmal, dann aber meist nur 6-8 Eier. Den ganzen Winter über
bleiben die Völker (Ketten) zusammen. Das Rebhuhn nährt sich von Pflanzenstoffen, in der Jugend von Insekten,
[* 66] leidet im Winter bei hohem und hart gefrornem Schnee
[* 67] große Not, sucht dann oft in Gärten und Dörfern Schutz undNahrung und
kommt selbst in die Gehöfte. Wegen des wohlschmeckenden Fleisches wird es eifrig gejagt. In der Gefangenschaft wird
es ungemein zahm und pflanzt sich auch fort. Die interessanteste und beliebteste Jagd auf das ist die Suche mit dem Vorstehhund,
sie hat seit
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