1817 am
LeopoldstädterTheater
[* 2] engagiert und widmete sich nun ausschließlich und mit
Glück dem
Fach der Lokalkomik, für welches
als Dichter Aloys
Gleich, Meisl und
Bäuerle schrieben. 1823 trat er selbst als Volksdichter auf mit dem Zauberspiel »Der
Barometermacher auf der Zauberinsel«, welchem der
»Diamant
[* 3] des Geisterkönigs«, das Märchenspiel »Der
Bauer als Millionär« (1826),
das tragikomische Zauberspiel »Die unheilbringende Zauberkrone« (1829)
und »Der Verschwender« (1833) folgten. Nach
Lösung seines Verhältnisses zur
LeopoldstädterBühne, deren technische Leitung
er in den zwei letzten
Jahren gehabt hatte
(Herbst 1830), gastierte er mit seinen
Stücken auf andern deutschen
Bühnen, dazwischen auf seinem
Landgut bei Guttenstein zurückgezogen lebend. Er starb in Guttenstein durch
Selbstmord,
wozu ihn die Besorgnis, von einem tollen
Hund verwundet zu sein, trieb.
Von der selbständig erwachsenen
Wiener Volksposse ausgehend, gelang es Raimund, dieselbe nach Form und
Inhalt
zu erweitern, seinen phantasievollen, ja phantastischen Märchendramen eine ganz volkstümliche Färbung und eine poetische
Bedeutung zu geben, ohne daß darunter die
Frische und
Fülle des
Lebens im mindesten litt. Namentlich in seinen Hauptwerken:
»Der
Bauer als Millionär«, »Der Alpenkönig und der Menschenfeind«
und »Der Verschwender«, verstand
er den frischesten
Humor zum
Träger
[* 4] eines tiefen, fast wehmütigen
Ernstes
zu machen und die widerstrebenden
Elemente märchenhafter Idealdichtung und eines lokalen
Realismus völlig zu verschmelzen
und zu einheitlicher
Wirkung zu bringen. Als
Schauspieler zeichnete er sich namentlich durch meisterhafte Charakterisierung
aus. Seine »Gesammelten Werke« wurden herausgegeben von
Vogl
(Wien
[* 5] 1837, 4 Bde.; 3. Aufl.
1882) und von Glossy und
Sauer (das. 1881, 3 Bde.).
vonPennaforte, berühmter
Kanonist, geboren nach 1180 auf dem
Schloß Pennaforte in
Katalonien, widmete sich
von 1204 bis 1219 zu
Bologna dem
Studium des
Rechts, ward 1219
Kanonikus zu
Barcelona und 1222
Dominikaner. Durch
eifriges Wirken für die
Inquisition und Kreuzzugpredigen gegen die
Mauren empfahl er sich dem päpstlichen
Hof.
[* 8]
PapstGregor
IX. ernannte ihn 1230 zum
Beichtvater und Großpönitentiarius und beauftragte ihn mit der Redaktion eines systematischen,
meist aus den frühern
Dekretalen zusammengesetzten
Gesetzbuchs, welches unter dem
Titel: »Decretalium Gregorii P. IX.
libri V« bekannt ist.
Auch brachte er die kirchliche
Jurisprudenz in eine scholastisch-wissenschaftliche Form in seiner »Summa
de poenitentia« (zuerst gedruckt
Rom
[* 9] 1603, mit dem
Apparat des
Wilhelm vonRennes unter dem
NamenJohanns vonFreiburg).
[* 10] Nach
Spanien
[* 11] zurückgekehrt,
ward er 1235
Erzbischof von
Tarragona, 1238 zum Ordensgeneral ernannt, trat aber schon 1240 von diesem
Posten zurück, um sich fortan dem beschaulichen
Leben zu widmen; starb Er ward 1601 heilig gesprochen; sein
Tag
ist der 23. Januar.
Doch eroberte Raimund von St.-Gilles mit
Hilfe seines
SohnsToulouse wieder, wo er im
August 1222 im
Bann starb. Ihm folgte sein Sohn
Raimund VII., geb. 1197, der bis 1224 fast alle Besitzungen seines
Hauses wiedererobert hatte, als der König
Ludwig VIII. von
Frankreich, welchem Amauri von
Montfort seine
Rechteübertragen, gegen ihn auftrat und den
PapstHonorius bewog, die Unterwerfung
Raimunds unter die rechtgläubige
Kirche zurückzuweisen. 1229 mußte um
Frieden zu erlangen, nicht bloß
Kirchenbuße thun, sondern auch die Oberlehnshoheit
Frankreichs anerkennen und diesem einen Teil seiner Besitzungen abtreten.
Er führte nun die
Inquisition ein und verfolgte die
Ketzer aufs grausamste, wurde aber dennoch wiederholt mit dem
Bann belegt
und starb nach einer ohnmächtigen, unruhigen
Regierung in Milhaud. Mit ihm erlosch das Grafengeschlecht
von
Toulouse, dessen Besitzungen nun an die französische
Krone fielen.
vonDassel,Erzbischof von Köln,
[* 22] gebürtig aus dem sächsischen Grafengeschlecht von Dassel,
das am rechten Weserufer reich begütert war, wurde in Hildesheim
[* 23] gebildet, 1149 Propst daselbst und 1156 von KaiserFriedrich
I. zu dem wichtigen Amt seines Kanzlers berufen. Gebildet, aufgeklärt und patriotisch, leistete er dem Kaiser die wichtigsten
Dienste
[* 24] und stand ihm namentlich in seinem Widerstand gegen die herrschsüchtigen Anmaßungen der Kurie
treu und tapfer zur Seite. Er verfaßte 1157 das Rundschreiben, in welchem der Kaiser nach dem Reichstag von Besançon
[* 25] gegen
den Anspruch des Papstes auf Oberlehnshoheit über das Kaisertum protestierte und den göttlichen Ursprung seiner Krone behauptete.
In einem Brief, dessen Echtheit allerdings angezweifelt wird, regte Rainald von Dassel den Gedanken wieder an, einen deutschen
Primat in Trier
[* 26] zu begründen.
Name der griechisch-oriental. Serben in Ungarn,
[* 39] wo sie etwa 1 MillionSeelen ausmachen, im Gegensatz zu den griechisch-katholischen
Schokazen und Bunjevazen, welche gleichfalls Serben sind. Die Raizen brachten ihren Namen aus dem serbischen Binnenland mit, das
altserbisch Rasi (wo jetzt Novipasar), mittellateinisch Rascia hieß, daher das magyarische Rácz, mit
dem die Serben in Ungarn bezeichnet werden. Diese Raizen stammen größtenteils von Serben ab, welche als Christen nach der Niederlage
der österreichischen Heere im J. 1690 auf ungarischen Boden flüchteten, und blieben kirchlich wie politisch von den übrigen
Bewohnern geschieden. Nach dem gleichfalls unglücklichen Türkenkrieg von 1739 erhielten sie Nachschübe,
und erst 1791 wurden sie den übrigen Unterthanen gleich- und eingeordnet, nachdem sie bisher einen besondern Staat im Staat
gebildet. Zu Ansehen gelangt, stehen sie denMagyaren feindlich gegenüber und bezeigen ihren Stammesgenossen in Serbien
[* 40] vielfache
Sympathien.
[* 44] (vom ital. rocchetta, Kriegsraketen), den gleichnamigen, in der Kunstfeuerwerkerei angewandten Erzeugnissen
(s. Feuerwerkerei) ähnliche Körper, bestehen aus einer cylindrischen Hülse
[* 45] von Eisenblech, welche mit dem Treibsatz entweder
über einem konischen Dorn (Congrevesche Raketen) oder massiv (Augustinsche Raketen) vollgepreßt wird; letztere erhalten durch
Ausbohrung eine durchweg gleiche (Preußen)
[* 46] oder eine stufenförmige cylindrische (Österreich) Seele.
Über der Seele bleibt eine massive Satzschicht, die Zehrung, stehen. Durch die Reaktion der bei der Verbrennung des Treibsatzes
mit Heftigkeit ausströmenden Gase
[* 47] wird die Rakete mit um so größerer Geschwindigkeit fortgetrieben, je größer die Brandfläche,
also auch die Gasmenge ist, der die Triebkraft entspricht. Auf der Größe der letztern beruht die Möglichkeit,
die Raketen als Träger von Körpern zu benutzen, die an entfernten Punkten zur Wirkung kommen sollen, und die Verwendbarkeit der
Raketen zu militärischen Zwecken, indem man dieselben vorn mit einer Granate oder Kartätsche, deren Sprengladung, oder mit einer
mit Brandsatz gefüllten Blechbüchse, deren Satz durch den Treibsatz der Rakete entzündet wurde, versah.
Um der bedeutenden Vorderbeschwerung das Gleichgewicht
[* 48] zu halten, versieht man die Raketen seitlich (Seitenstabraketen) oder axial
(Achsenstabraketen) mit einem hölzernen Stab.
[* 49] 1846 trat der Nordamerikaner Hale mit Raketen hervor, die statt des Stabes mit einem
eisernen Kegel geschlossen sind, durch welchen spiralförmig mehrere Löcher gehen.
Die durch diese ausströmenden Gase geben der Rakete eine Drehung um die Längenachse, daher Rotationsrakete; sie wurde 1867 in
England eingeführt. Um den eine bestimmte Richtung und Erhöhung für verschiedene Flugweiten zu geben, wurden sie aus Leitrinnen
abgefeuert, die auf dreibeinigen oder lafettenartigen Gestellen ruhten. Diese Kriegsraketen, welche in
Österreich, England, Rußland, Griechenland
[* 50] und Frankreich als Waffe geführt wurden, konnten sich bei ihrer geringern Flugweite
und großen Treffunsicherheit, die namentlich beim Wind hervortrat, den gezogenen Feuerwaffen gegenüber nicht mehr behaupten,
und gegenwärtig benutzen sie nur noch die Engländer in außereuropäischen Kriegen.
Dagegen sind Leuchtraketen mit Leuchtsternen (Sternfeuer) oder einem Fallschirm, der ein mit Leuchtsatz
gefülltes Gefäß
[* 51] trägt, noch in Gebrauch; aber auch sie werden den elektrischen Erleuchtungsvorrichtungen weichen müssen.
Eine wichtige Verwendung finden die Raketen gegenwärtig im Rettungswesen (s. d.) an der See als Träger eines Seils zu dem gestrandeten
Schiff.
[* 52] Die Raketen sind seit 969 n. Chr. in
China,
[* 53] in Europa
[* 54] seit der letzten Hälfte des 13. Jahrh. im Gebrauch,
waren aber in Europa seit Anfang des 18. Jahrh. in Vergessenheit geraten, bis sie die Engländer 1799 im Feldzug gegen Tippu Sahib
vor Seringapatam wieder kennen lernten. Congreve (s. d. 2) brachte sie dann mit nach Europa und wandte sie 1806 gegen
Boulogne und 1807 beim Bombardement von Kopenhagen
[* 55] an; sie wurden vom dänischen Artilleriehauptmann Schuhmacher vervollkommt,
welcher sie mit Kugeln, Granaten
[* 56] und Kartätschen versah und somit die Raketenartillerie begründete. Mit dieser erzielten die
Franzosen 1859 in Algerien,
[* 57] die Engländer in China und die Russen 1860 und 1861 an der chinesisch-sibirischen
Grenze größere Erfolge.
(im Altertum Nikephorion oder Kallinikon), Stadt im asiatisch-türk. WilajetAleppo, an der Mündung des Belik
in den Euphrat, hat Ruinen eines Palastes des Harun al Raschid, der dort lange residierte, und 8000 Einw.
Es war in früherer Zeit ein Hauptmittelpunkt des Karawanenverkehrs.
(spr. rakozi), berühmtes, in Ostungarn und Siebenbürgen ansässiges, jetzt erloschenes Geschlecht, mit dem
PrädikatFelsö-Vadász und folgenden hervorragenden Sprößlingen:
2) Georg I., Sohn des vorigen, geb. 1591, ward nach dem Tod Gabr. Báthoris und Bethlen Gabors 1630 zum Fürsten von Siebenbürgen
ernannt und benutzte die damaligen Bedrängnisse Österreichs, um oft wiederholte, jedoch planlose Einfälle in Ungarn zu unternehmen.
Nachdem er 1643 mit Schweden und kurz darauf auch mit Frankreich ein Bündnis gegen Österreich geschlossen, insurgierte er fast
ganz Ungarn und stand bereits in der Nähe von Preßburg,
[* 59] als er sich von der Pforte zu einem Waffenstillstand
bewegen ließ, auf welchen bald der Friede von Linz
[* 60] (September 1645) folgte, der den Ungarn freie Religionsübung sowie Zurückgabe
aller den Protestanten genommenen Kirchen, Rákóczy für seine Person sieben ungarische Komitate auf Lebenszeit und große Besitzungen
zusprach. Auch erhielt er für sich und seine Nachkommen die Reichsfürstenwürde. Er starb
3) Georg II., Sohn und Nachfolger des vorigen, geb. 1615, heiratete 1643 die Erbin der Báthorischen
Güter, gelangte durch den SultanMohammed IV. auch zur Oberherrlichkeit in der Moldau und Walachei, ward aber,
da er gegen den Willen der Pforte für Schweden gegen PolenPartei nahm, 1657 auf Drängen der Türken dieser neuen Würde sowie
des siebenbürgischen Throns verlustig erklärt und erhielt in Barcsay einen Gegenfürsten aufgestellt. Er starb in
Großwardein
[* 61] an den in der Schlacht bei Szamosfalva 22. Mai d. J. erhaltenen Wunden. Sein noch unmündiger
Sohn Franz I. gelangte, bei dem Tod seines Vaters erst 15 Jahre alt, nicht zur Herrschaft in Siebenbürgen, ließ sich (1665-71)
in die von seinem Schwiegervater Peter Zrinyi und dem PalatinWesselényi geleitete Verschwörung ein,
¶
mehr
ward aber vom Kaiser begnadigt und lebte dann zurückgezogen in Munkács, wo er starb.
4) Franz II., Sohn des eben genannten Franz I., geb. ward von seinem Stiefvater, dem GrafenTököly, erzogen und
1688, als derselbe als Verbündeter der Türken nach Konstantinopel flüchten mußte, nach Wien gebracht
und in einem böhmischen Kollegium in der katholischen Religion erzogen. 1690 erhielt er jedoch die Freiheit und sodann durch
die Fürsprache seines Schwiegervaters, des Landgrafen von Hessen-Rheinfels, auch einen Teil seiner Güter zurück.
Nach Ungarn zurückgekehrt, schloß er sich andern Mißvergnügten, insbesondere dem Grafen Bercsényi, seinem Verwandten,
an; doch ward die Verschwörung entdeckt und Rákóczy im April 1701 verhaftet und nach Wiener-Neustadt gebracht. Durch die Entschlossenheit
seiner Gemahlin 7. Nov. befreit, entfloh er nach Warschau,
[* 63] ward jedoch zum Verlust seiner Güter und zum Tod verurteilt. 1703 von
den aufständischen Ungarn an ihre Spitze gerufen, proklamierte er die Unabhängigkeit Ungarns,
worauf ihm die ganze Nation zufiel.
der Nationalmarsch der Ungarn, von einem unbekannten Komponisten, angeblich Lieblingsmarsch FranzRákóczys
II. (der ihn, wie erzählt wird, auf der Rückkehr aus der unglücklichen Schlacht bei Zsibo 1705 von
dem ZigeunerMichael Barna zuerst spielen hörte), ward von Wenzel Ruziczkat (gest. 1823 in Wien) nach dem Originalsatz, den
derselbe als Militärkapellmeister in Veszprim hatte kennen lernen, in die heutige Fassung gebracht und hat
in dieser seine Verbreitung gefunden. Den Originalsatz gab G. Mátray (Wien 1825)
heraus. Orchestrale Bearbeitungen des ergreifenden
Musikstücks in größten Dimensionen lieferten Berlioz (in der »Damnation de Faust«) und Fr. Liszt. In der Revolution von 1848 und 1849 übte
der eine ähnliche Wirkung aus wie die Marseillaise in Frankreich und war deshalb längere Zeit streng verpönt.
(tschech. Rakovník), Stadt in Böhmen,
[* 67] am Rakonitzer Bach gelegen, Ausgangspunkt der Staatsbahnlinie Rakonitz-Protiwin,
mit der BuschtiehraderBahn durch die Zweigbahn nach Luzna-Lischan verbunden, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines
Bezirksgerichts, hat eine schöne Dekanatskirche, 2 alte Thortürme, eine Kommunaloberrealschule mit landwirtschaftlichem
Kursus, Fabrikation von Zucker und Rüböl, Bierbrauerei,
[* 68] Dampfbrettsäge, Töpferei, Steinkohlenbergbau,
Hopfenbau, eine Hopfenbörse und (1880) 5245 Einw.
Nach ihm
benannt ist das Rákosfeld, eine große, meilenweite Ebene östlich von Budapest, auf der bis zum 16. Jahrh.
unter freiem Himmel
[* 70] viele ungarische Reichstage abgehalten und oft auch die Könige gekrönt wurden.
Vom 8.-24. April 1849 lagerte
hier ein Teil der ungarischen Armee unter Aulich, und es fielen hier zwischen dieser und der kaiserlichen Armee bedeutende Gefechte
vor.
Flecken im russisch-poln. GouvernementRadom, Kreis
[* 71] Opatow, mit (1885) 2109 Einw., war im 16. Jahrh.
eine stark bevölkerte Fabrikstadt und ein Hauptsitz der Socinianer, deren Katechismus hier 1605 gedruckt wurde, und die hier
ein Gymnasium hatten, bis sie 1643 verjagt wurden.
(spr. rähli oder rálli), Hauptstadt des nordamerikan.
StaatsNordcarolina (seit 1788), hoch und gesund gelegen, 10 km westlich vom Neusefluß, hat ein schönes Staatenhaus (nach
dem Parthenon in Athen
[* 72] gebaut), ein Zuchthaus, Anstalten für Taubstumme, Blinde und Irre und (1880) 9625 Einw.
Seit 1600 Gouverneur von Jersey, gehörte er zu den Gegnern Jakobs I. und ward nach dessen Thronbesteigung,
wahrscheinlich mit Unrecht, der Teilnahme an einer zu gunsten der Arabella Stuart angezettelten Verschwörung verdächtigt.
Zum Tod verurteilt, wurde Raleigh vom König begnadigt, aber in den Tower eingeschlossen, wo er vom Dezember 1603 bis März 1616 in
Gesellschaft seiner edlen Gattin gefangen gehalten wurde. Während dieser Zeit schrieb er die ihrer Zeit
geschätzte »History of the world« (Lond. 1730, 2 Bde.;
Edinb. 1813, 5 Bde.). 1616 nach
dem Tod Arabellas wieder in Freiheit gesetzt, unternahm er 1617 als königlicher Generalleutnant an der Spitze von sieben Kriegsschiffen
eine neue Fahrt nach Guayana.
Vom König hatte er den Befehl erhalten, mit den Spaniern keine Feindseligkeiten zu eröffnen; trotzdem geriet die Expedition
bei St. Thomas inKampf mit den Spaniern und verbrannte die Stadt, wobei Raleighs Sohn den Tod fand. Nach England ohne den geringsten
Erfolg zurückgekehrt, ward er, da der spanische GesandteGenugthuung verlangte, verhaftet und politischen
Rücksichten geopfert. Der König verfügte, daß das 1603 gegen ihn ausgesprochene Todesurteil nunmehr vollzogen werden
solle, und Raleigh mußte das Schafott besteigen. Seine kleinern Schriften, politischen, poetischen und historischen
Inhalts, erschienen unter dem Titel: »Miscellaneous works« (Lond. 1784, 2 Bde.);
(RallusBechst.), Gattung aus der Ordnung der Stelzvögel, der Familie der Rallen (Rallidae) und der Unterfamilie
der eigentlichen Rallen (Rallinae), Vögel
[* 82] mit hohem, stark seitlich komprimiertem Körper, mittellangem Hals, kleinem Kopf,
mäßig langem, starkem, geradem oder sanft gebogenem, komprimiertem, vorn fast hornigem, hinten häutigem Schnabel, kurzen,
abgerundeten Flügeln, sehr kurzem, schmalem, weichem Schwanz, hohen, langzehigen Füßen und stets entwickelter
Hinterzehe.
Die Wasserralle (Aschhuhn, Riedhuhn, Tauschnarre, RallusaquaticusL.), 30 cm lang, 40 cm breit, oberseits gelb, schwarz gefleckt,
an den Kopfseiten und dem Unterkörper aschgraublau, an den Weichen schwarz und weiß gebändert, am Bauch
[* 83] und Steiß rostgraugelb;
die Schwingen sind braunschwarz, braun gerändert, die Steuerfedern schwarz, braun gesäumt, Augen und
Schnabel rot, letzterer auf der Firste braungrau, die Füße bräunlichgrün. Sie bewohnt Nord- und Mitteleuropa und Mittelasien,
geht im Winter meist wohl zu Fuß, dem Lauf der Flüsse
[* 84] folgend, bis Südeuropa, Nordafrika und Indien, weilt bei uns
von März
bis Oktober, überwintert aber auch vereinzelt in Deutschland.
[* 85]
Sie liebt einsame Sümpfe, Moräste, Erlenbrücher und ähnelt in ihrem Wesen den kleinen Sumpf- oder Rohrhühnern; sie ist in der
Dämmerung am muntersten, läuft ungemein schnell und gewandt, schlüpft durch das dichteste Röhricht, schwimmt trefflich,
fliegt aber sehr schlecht, hält sich meist verborgen und verliert alle Fassung, wenn sie an einem freien
Platz überrascht wird. Sie ist sehr ungesellig und bleibt auch auf der Wanderung vereinzelt, nährt sich von Insekten,
[* 86] Schnecken
[* 87] und Sämereien, nistet im Gras oder Schilf, unter Gesträuch am Wasser und legt 6-10 und mehr rostgelbe oder grünliche, grau
und braun gefleckte Eier,
[* 88] welche von beiden Eltern bebrütet werden. In der Gefangenschaft wird sie sehr
zahm. In Italien fängt man sie für den Markt.
Gesundheitsstation im Tributärstaat Sandur, in der britisch-ind. PräsidentschaftMadras,
[* 90] welche dort von der
englischen Regierung 1846 mit Bewilligung des Fürsten auf einer Hochebene angelegt wurde, die 1000 m über
dem Meeresspiegel liegt.
Die Station kann 60 Männer und 10 Familien aufnehmen, die Bewohner des nahen Bellary haben sich hier 15 Sommerwohnungen
erbaut.
(Ramadan, türk.), der neunte Monat des mohammedanischen Jahrs, in welchem alle Mohammedaner aufs strengste
fasten, indem sie bei Tage gar nichts, des Abends nur das zur Erhaltung des Körpers Notwendige genießen.
Sogar Klystiere nehmen, baden, Wohlgerüche einatmen, den Speichel schlucken, ein Weib küssen ist unerlaubt. Wer Arznei nimmt,
muß zur Sühne einen Armen speisen und nach erlangter Gesundheit das Versäumte wieder nachholen. Dasselbe ist auch bei Unterlassung
des Fastens während des Kriegs oder auf Reisen der Fall. Da während dieses Monats in der mohammedanischen
Welt der Tag zur Nacht und die Nacht zum Tag wird, so gerät Handel und Wandel, ja sogar die Staatsmaschine in Stockung, und selbst
die wichtigsten diplomatischen Geschäfte werden auf den nächsten Monat verschoben. Von der Pflicht des
Fastens hat die Religion nur die Wöchnerin, den auf Reisen Befindlichen oder am Glaubenskrieg (Shura) Teilnehmenden provisorisch
befreit.
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(Paketeisen), aus altem Schmiedeeisen durch Umarbeiten hergestellte Eisensorte.
Man ordnet die Stücke zu
Paketen, umwindet diese mit Draht,
[* 92] erweicht sie im Schweißfeuer und reckt sie unter Hämmern oder auf Walzwerken zu Stäben
aus.
Das sehr zähe Produkt wird zu Radreifen, Hemmschuhen, Ackerwerkzeugen etc. benutzt.
ind. Epos, angeblich von Wâlmîki verfaßt, jedenfalls das Werk eines
Kunstdichters, dem spätere Redaktion wohl nur weniges hinzugefügt hat, und das darum in der Anreihung der Hauptbegebenheiten
und der Einfügung der Episoden von viel höherm künstlerischen Wert als das Mahâbhârata (s. d.) ist.
Es ist in mindestens drei Rezensionen auf uns gekommen, von denen die gangbarste, die bengalische, 24,000 Strophen (Sloka) in
sieben Büchern zählt; alle drei sind wahrscheinlich Erweiterungen einer unbekannten, kürzern Fassung.
Inhalt ist die allegorische Darstellung des Vordringens der arischen Inder nach Südindien und Ceylon,
[* 93] dessen feindliche Bewohner
als Dämonen dargestellt werden, während die der arischen Kultur sich geneigt zeigenden Ureinwohner des
Dekhan als Affen
[* 94] erscheinen. Die abweichende Ansicht von A.Weber, daß vielmehr der Kampf zwischen Brahmanismus und Buddhismus
dargestellt werde, sowie seine Behauptung, daß Bekanntschaft mit den Homerischen Gedichten wesentlichen Einfluß auf die
Gestaltung des Sagenstoffs gehabt habe, hat sich keiner weitgehende Billigung erfreut.
Entstanden ist das Râmâyana wohl in den letzten Jahrhunderten vor Christo. Das öffentliche Leben des indischen Volkes dieser Zeit
kommt darin zu vollem Ausdruck; es ist ein echtes Heldengedicht, voll von packenden Schilderungen der Thaten der einzelnen
Heroen. Der Inhalt ist kurz folgender: Erstes Buch: König Dasaratha von Ayodhya (Audh) ist ohne männlichen
Nachkommen und veranstaltet zur Erlangung eines solchen nach alter Sitte ein kostbares Opfer. In der That werden ihm von vier
Frauen vier Söhne geboren, darunter Râma, in welchem sich Gott Wischnu (s. d.) zur Erde herabläßt, um den Dämon Râwana, der
auf Ceylon gegen die frommen Einsiedler wütet, zu vernichten.
Als Jüngling schon erweist sich Râma als Held; durch Spannen eines vom Gott Siwa (s. d.) herrührenden Bogens, den 5000 Menschen
herbeifahren mußten, gewinnt er Sîtâ, die schöne Tochter des Königs von Mithila (Tirhut in Bengalen), und kehrt mit ihr
als seiner Gemahlin in die Heimat zurück. ZweitesBuch: Obschon Râma zum Thronerben ausersehen ist, erwirkt
doch die Mutter seines Halbbruders Bharata diesem die Thronfolge auf Grund eines unbedacht gemachten Versprechens des Vaters.
Râma wird mit Sîtâ verbannt, zieht sich willig in die Waldgebirge zurück und lebt hier umgeben von einer ScharEinsiedler,
die er durch die Kraft
[* 95] seines Arms vor den Angriffen der Dämonen beschützt. Bharata erfährt erst nach dem Tode des Vaters seine
Bevorzugung vor Râma, weigert sich, den Thron
[* 96] einzunehmen, kann aber den Bruder nicht zur Übernahme der Regierung bestimmen;
der edel gehaltene Wettstreit der beiden Brüder schließt mit Bharatas Erklärung, das Reichnur fürRâma
verwalten zu wollen.
Drittes Buch: Schilderung von RâmasWanderungen im mittlern Indien, und wie die Schwester Râwanas in Liebe zu Râma entbrennt,
von diesem aber zurückgestoßen wird, wofür sie sich dadurch rächt, daß sie ihrem Bruder Râwana, den das Gedicht als
ein erschreckliches
Ungeheuer darstellt, Liebe zu Sîtâ einflößt; Râwana lockt mit Hilfe einer goldenen
GazelleRâma in das Walddickicht und entführt dann Sîtâ durch die Luft in seinen Palast auf Lankâ (Ceylon).
Sîtâ weist alle Anträge ihres Räubers von sich, und dieser überantwortet sie dafür Rachegeistern zur Peinigung. Durch
einen Göttervogel erfährt Râma den Namen des Räubers und die Richtung seiner Flucht, nicht aber seinen
Wohnsitz. ViertesBuch: Auf seinen Rat setzt Râma den vertriebenen Affenkönig wieder auf seinen Thron, und aus Dankbarkeit sendet
dieser seine ganze Affenarmee aus zur Aufsuchung der entführten Sîtâ. Der unter dem Affen Hanumân südwärts gesandten
Abteilung gibt Râma seinen Ring mit als Erkennungszeichen für Sîtâ; wirklich erhält Hanumân sichere
Kunde von Sîtâs Aufenthalt auf Ceylon.
Fünftes Buch: Schwimmend setzt Hanumân über die Indien von Ceylon trennende Meerenge, überwindet alle Schwierigkeiten und
händigt Sîtâ den Ring ein. Sein Anerbieten, sie auf seinem Rücken durch die Luft zurückzubringen, weist
Sîtâ zurück, »weil sie keines andern Leib berühren könne als den ihres Mannes«. Nach mannigfachen Schicksalen gelangt
Hanumân glücklich wieder zu Râma, und dieser setzt sich sofort an die Spitze einer Armee von Menschen und Affen gegen Ceylon
in Bewegung.
Râwana wird von den Seinigen zur Auslieferung Sîtâs gedrängt, schlägt jedoch seine Ratgeber nieder,
worauf Râma den Meergott zwingt, ihm eine Brücke
[* 97] bauen zu helfen, was durch Auftürmen der Adamsbrücke (s. d.) geschieht.
Râma setzt nach Lankâ (Ceylon) über. Sechstes Buch: Schilderung des Kampfes Râwanas und seiner dämonischen Spießgesellen
mit Râma und seinen Helden von göttlicher Kraft;
der Kampf dreht sich um die Einnahme der Hauptstadt Lankâ
und spielt sich vorwiegend in massenhaftem Hinschlachten durch die beiderseitigen Helden ab.
Râma wird mehrmals tödlich verwundet,
aber jedesmal bringen seine Affenfreunde aus dem Himalaja heilkräftige Kräuter herbei. Endlich kommt es zur Hauptschlacht,
die sieben Tage undNächte dauert und hin- und herschwankt, bis Râma, der immer vergeblich auf Râwana
eindringt, von einem Gotte die Stelle verraten wird, an welcher allein der Dämon tödlich verwundbar ist. Râwana fällt, damit
auch die Stadt, und Sîtâ wird befreit. Vom Verdacht, von Râwana berührt worden zu sein, reinigt sie sich durch ein Gottesurteil,
indem sie unversehrt über einen brennenden Holzstoß dahinschreitet, worauf Râma erklärt, nur der Welt
wegen habe er solche öffentliche Probe für nötig erachtet.
Das Heer zieht ab, die getöteten Affen und Bären werden vom Gott Indra (s. d.) wieder ins Leben zurückgerufen, Hanumân mit
ewiger Jugend belohnt; Râma und Sîtâ kehren auf dem Götterwagen nach Audh zurück, und Râma, feierlich
gekrönt, übernimmt nun die Regierung. Der indischen Anschauung von der Unmöglichkeit, auf Erden zur Ruhe zu kommen, entsprach
ein so befriedigender Abschluß nicht. Ein siebentes Buch führt deshalb aus, daß Râma sich wieder Zweifel an Sîtâs Unschuld
einredete und sie verbannte; diese will von der Erde verschlungen werden, und da die Erde sich spaltet und
Sîtâ aufnimmt, so ist sie zum zweitenmal gerechtfertigt, für Râma aber verloren. Nun wird der trauernde Râma vom Gott Wischnu
an seinen Ursprung aus ihm erinnert; er steigt unter großen Feierlichkeiten in den Fluß Sarayu (Gogra) und kehrt wieder in
den Götterhimmel zurück. Ausgaben der ersten zwei Bücher von Carey und Marshman (Serampur 1806-10, 3 Bde.)
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