(franz. portrait, Bildnis, griech. eikón),
Abbildung eines
Menschen, entweder in einem plastischen Werk (Porträtstatue,
-Büste,
-Relief) oder in einem Gemälde. Je nach
der
Größe des
Bildes unterscheidet
man in der
MalereiKopfstück, Brustbild, Hüftbild (halbe
[* 1]
Figur),
Kniestück (Porträt vom
Kopf
bis zum
Knie) und ganzes Porträt. Nach derHaltung oder Wendung der
[* 1]
Figur, besonders des
Kopfes, bezeichnet man
das Bildnis als von vorn
(en face) oder von der Seite genommen
(en profil) oder als
Halb- (Dreiviertel-)
Profil.
Studienköpfe nennt man die skizzenhaft, mehr zur Übung ausgeführten Bildnisse. Die Porträtkunst war bereits im höchsten
Altertum, bei den Ägyptern, sehr entwickelt (s. unten), wie die hölzernen
Gräberfiguren der Verstorbenen beweisen. Bei den Griechen gelangte sie erst in der alexandrinischen Zeit zur höchsten Vollendung.
Die
Republiken verboten sogar die Porträtstatuen, um die Regungen der
Eitelkeit zu unterdrücken. Vollendete Leistungen der
jüngern Zeit sind z. B. die Sophoklesstatue des
LateinischenMuseums und einige Alexanderköpfe.
Auch Idealporträte, frei nach dem
Wesen des betreffenden, dem
Künstler nicht persönlich bekannten
Individuums erfundene Charaktertypen,
wußte die
griechische Kunst meisterhaft zu gestalten
(Statuen und
Köpfe des
Homer, Äsop etc.). Mit
Lysippos und seinem
BruderLysistratos, der zuerst Gesichtsmasken nach dem
Leben abformte, drang die realistische Auffassung in die Porträtkunst
ein, welche von den
Römern in virtuoser
Weise ausgebildet wurde (Augustusstatue des Vatikanischen
Museums,
Köpfe des
Caracalla,
Hadrian).
Jetzt wurde neben der altgriechischen Porträtherme auch die in alexandrinischer Zeit erfundene Porträtbüste (s.
Büste) weiter ausgebildet. In der Renaissancezeit wurde das Porträt zuerst durch die Bildhauer
(Mino da Fiesole,
Desiderio da Settignano,
Rossellino,
Lucadella Robbia u. a.) zu höchster, naturalistischer Virtuosität ausgebildet. Die
Maler kamen
später, und erst der
Blütezeit der italienischen
Malerei gelang es, dem Porträt die Bedeutung eines Charakterbildes zu geben,
in welchem das ganze
Wesen des Dargestellten im
Moment der höchsten
Steigerung zum
Ausdruck gelangt.
Sammlungen von
Porträten berühmter
Personen des griechischen u. römischen
Altertums, namentlich von
Büsten und geschnittene
Steinen, sind schon im Anfang der Renaissancezeit in
Italien
[* 4] angelegt worden. Von da verbreitete sich diese
Liebhaberei nach dem
Norden,
[* 5] und im 16. Jahrh. fertigten Kupferstecher und Holzschneider bereits ganze
Reihen von Bildnissen
geschichtliche
Personen der Vergangenheit und
hervorragender Zeitgenossen an. Die künstlerisch bedeutendste Sammlung dieser
Art ist die
»Ikonographie des
vanDyck« (s. d.), um 1630-40 entstanden und etwa 100 Bildnisse
von
Fürsten,
Feldherren, Staatsmännern, Künstlern,
Gelehrten etc. umfassend. In neuerer Zeit ist das Sammeln von
Porträten
und die wissenschaftliche Bearbeitung derselben wieder sehr in
Aufnahme gekommen.
Royal, 1) (spr. port reu-el)Stadt auf der englisch-westind.
InselJamaica, liegt auf der Westspitze einer 15 km
langen
Nehrung, welche den
Hafen von
Kingston im S. begrenzt, ist Hauptmarinestation der
Engländer im
Antillenmeer, ziemlich
stark befestigt und zählt 7000 Einw. -
In dasMeer hinaus ragen 2 riesige
Molen aus Betonblöcken, von denen der östliche 1600, der westliche 2250 m
lang ist. Das
Fahrwasser zwischen ihnen bis hinaus ins
Meer wird durch
Leuchtschiffe sichtbar gemacht. Port Said ist namentlich im
Transitverkehr bereits ein bedeutender Konkurrent für
Alexandria geworden, in dessen
Interesse der
Bau einer
Bahn von
Ismailia
bis Port Said stets verweigert worden ist. Etwa 4000 Fahrzeuge mit
ca. 170,000
Passagieren besuchen jährlich
den Platz,
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mehr
welcher 1886 für 28 Mill. FrankGüter importierte und solche für 1,4 Mill. Fr. exportierte. Trinkwasser muß die Stadt in
Röhren
[* 14] aus dem Süßwasserkanal bei Ismailia beziehen. Sie ist Sitz eines deutschen Konsuls.
(spr. pórtsmöth), 1) Seestadt in Hampshire (England), auf der InselPortsea und an der Einfahrt zum Hafen
von Portsmouth (Magnus portus der Römer).
[* 19] Portsmouth besteht aus dem eigentlichen Portsmouth im S., Portsea nördlich davon, und den Vorstädten Southsea,
Landport und Hilsea, die insgesamt (1881) 127,989 Einw. zählen.
Ihm gegenüber liegt Gosport (12,343 Einw.), mit dem Dampffähren es in Verbindung setzen. Der Hafen, bei der Einfahrt nur 350 m
breit, erstreckt sich 6 km tief ins Land und erweitert sich innerhalb auf 5 km. Er ist selbst
für die größten Kriegsschiffe zugänglich.
Außerdem aber bietet die Reede von Spithead, welche zwischen Portsmouth und der InselWight liegt, sichere Ankergründe für ganze
Kriegsflotten.
Portsmouth ist entschieden Kriegshafen und bietet mit Ausnahme seiner Vorstadt Southsea, die viel als Seebad besucht
wird und einen schönen Wintergarten besitzt, gewöhnlichen Besuchern nur wenig. Im eigentlichen Portsmouth verdienen Beachtung das
Schloß des Gouverneurs, die St. Thomaskirche und die Garnisonkirche, ferner die Kasernen und ein Museum des Philosophischen
Vereins.
Portsea enthält die königlichen Schiffswerfte (dockyards), die ein Areal von 116 Hektar bedecken und neben
einem Flutbecken von 4 Hektar Oberfläche ein 4060 m langes Bassin für Reparatur von Schiffen, Anker- und Kettenschmieden, Werkstätten,
Zeughaus etc. umfassen. Außerdem befindet sich hier ein großes Zuchthaus. In Gosport endlich befinden sich der Lebensmittelspeicher
(Victualling yard) mit Bäckerei, das Haslar-Militärkrankenhaus und eine Seeschule.
Diese Anlagen stehen unter dem Schutz großartiger seit 1865 bedeutend erweiterter Festungswerke, die mit 1115 Geschützen besteckt
sind und zu ihrer Verteidigung einer Garnison von 20,000 Mann bedürfen. Sowohl Portsmouth als Portsea und Gosport sind aus früherer
Zeit mit Wällen und Gräben umgeben, aber die Hauptstärke der Festung
[* 20] beruht jetzt auf ihren vorgeschobenen
Forts. Den Hafeneingang verteidigen Fort Monckton, SouthseaCastle, FortCumberland u. a. nebst
drei mitten im Meer auf Sandbänken erbauten Panzertürmen. Fünf vorgeschobene Forts decken Gosport auf der Landseite in einer
Entfernung von 2,8 km von seinen Wällen; 10 erstrecken sich von Fareham (s. d.) aus in östlicher Richtung längs der Portsdownhügel
in einer Entfernung von ca. 7 km von der Stadt. Die Ostseite ist durch den seichten Langstonhafen genügend
gedeckt. Als Handelshafen ist Portsmouth von ganz untergeordneter Bedeutung; doch besaß es 1887: 261 Seeschiffe von
15,991 Ton. und betreibt neben geringem Handel mit dem Ausland einen ziemlich lebhaften Küstenverkehr. Portsmouth ist Sitz eines deutschen
Konsuls. - 2) Hafenstadt im nordamerikan. StaatNew Hampshire, auf einer Halbinsel nahe der Mündung des
Piscataqua in den Atlantischen Ozean gelegen, hat einen stets eisfreien Hafen, einige Fabriken, Fischerei,
[* 22] lebhaften Küstenhandel
und (1880) 9690 Einw. Dabei auf der kleinen InselKitteryNavyYard eine durch Forts verteidigte Werfte der Vereinigten Staaten.
[* 23] - 3) Hauptstadt der GrafschaftScioto im nordamerikan. StaatOhio, an der Mündung des Scioto in den Ohio,
hat Eisenindustrie, Maschinenwerkstätten und (1880) 11,321 Einw.
In der Umgegend Eisen- und Steinkohlenminen. - 4) Stadt im nordamerikan. StaatVirginia, gegenüber Norfolk (s. d. 2).
Townsend (spr. port tauns-end),Ort im nordamerikan. Gebiet Washington,
[* 24] am Pugetsund (s. d.), hat einen vorzüglichen
Hafen, ein Zollamt, Marinehospital und ist in raschem Aufblühen begriffen.
erstreckt sich im W. der Pyrenäischen Halbinsel
zwischen 36° 59'-42° 8' nördl. Br. und 6° 10'-9° 31' westl. L. v. Gr. und bildet
ein längliches Viereck,
[* 26] dessen größte Länge 558 km und dessen Breite
[* 27] 107-220 km beträgt (die Diagonale von der Mündung
des Minho bis zu der des Guadiana mißt 535 km). Das Königreich wird im N. und O. von Spanien, im W. und
S. vom Atlantischen Ozean begrenzt. Außer dem kontinentalen Gebiet gehören zum europäischen Mutterland noch mehrere Inseln im
Atlantischen Ozean, nämlich die Azoren und Madeira
[* 28] (s. die betreffenden Artikel).
Alle diese Bergzüge bilden gewissermaßen Fortsetzungen des galicischen Berglandes, hängen durch die Serra de San Mamede mit
dem Kantabrischen Gebirge zusammen und enden teils westlich in der Küstenebene, teils südlich im Dourothal. Das Bergsystem
von Beira umfaßt die Gebirgszüge zwischen Douro und Tejo, welche sich im wesentlichen als Fortsetzung
des kastilischen Scheidegebirges (Sierra de Guadarrama und Sierra de Gata) darstellen. Der Zug
beginnt an der spanischen Grenze mit
der Serra de las Mezas (1200 m). Von dieser zweigt südwestlich die Serra Gardunha (1224 m) ab, deren Fortsetzung, die Serra de
Muradal, zwischen Zezere und Tejo ausläuft.
Nordwestlich von der Serra de las Mezas beginnt der Hauptgebirgszug Portugals, die Serra da
Estrella (s. d.), 1993 m, ein breiter,
in südwestlicher Richtung streichender Kamm, dessen Fortsetzung die Serras Açor (1330 m) und Louzã (1202 m) bilden, und welcher
schließlich in der Hochebene von Aire und in einem 500-600 m hohen, parallel mit dem Lauf desTejo streichenden
Bergrücken im Cabo da Roca endigt. Im nördlichen Teil von Beira, zwischen Mondego und Douro, liegt noch eine größere Zahl
von Gebirgszügen, wie Serra da Senhora da Lapa (940 m), Montemuro (1380 m), Serra Gralheira (1122 m), Serra do Caramullo
(1070 m), Bussaco (630 m) u. a. Das transtejanische Bergsystem besteht aus vereinzelten, untereinander
nur durch Hügel und Ebenen zusammenhängenden Bergzügen und steht mit den spanischen Gebirgen durch die Serra de San Mamede
(1025 m) in Verbindung.
1) Minho, der, die Grenze bildend, oberhalb Melgaço in Portugal eintritt und 40 km schiffbar ist (Nebenfluß Coura);
2) Lima,
[* 30] oberhalb Lindoso in Portugal eintretend, 37 km weit schiffbar (Nebenfluß Vez);
3) Cávado, auf der Serra de Larouco entspringend, 12 km weit schiffbar (Nebenflüsse Rabagão und Homem);
4) Ave, von der Serra da Cabreira (Nebenflüsse Vizella und Deste);
5) Douro, bildet von oberhalb Miranda do Douro die Grenze gegen Spanien, tritt bei Barca da Alva ganz in Portugal ein,
schiffbar für kleine Fahrzeuge gleich beim Eintritt (Nebenflüsse links: Cõa, Teja, Torto, Tavora, Paiva; rechts: Sabor, Tua,
Tamega);
6) Vouga, von der Serra da Senhora da Lapa, 42 km weit schiffbar (Nebenflüsse Agueda und Caima);
7) Mondego, von der Serra da Estrella, 84 km schiffbar (Nebenflüsse links: Alva, Ceira, Arunca; rechts:
Dão);
8) Tejo, aus Spanien (Tajo) kommend, bildet erst die Grenze zwischen Portugal und Spanien, tritt, vor Villa Velha bereits schiffbar,
in Portugal ein, bildet bei Lissabon einen großartigen Hafen (Nebenflüsse links: Sever, Niza, Sorraia; rechts: Erjes, Ponsul, Ocreza,
Zezere);
9) Sado, von der Serra de Caldeirão, 61 km weit schiffbar (Nebenflüsse Roxo, Xarrama, Diege);
11) Guadiana, aus Spanien kommend, bildet unterhalb Badajoz bis Monsaraz die Grenze zwischen Portugal und Spanien, durchfließt den
östlichen Teil von Alemtejo bis Pomarão, von wo an er wieder die Grenze bildet bis zu seiner Mündung
(Nebenflüsse links: Ardilla, Chança; rechts: Degebe, Vascão, Foupana). Portugal hat großen Reichtum an Mineralquellen. Dieselben
sind vorwiegend schwefelhaltig; doch gibt es auch kohlensäure-, salz-, kupfer-, arsenikhaltige. Man kennt deren 108, und
ihre Temperatur variiert zwischen 20-69° C. Zu Heilzwecken sind jedoch nur sieben Quellen mit den erforderlichen
Einrichtungen versehen.
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Das Klima
[* 32] ist gemäßigt, im Sommer oft heiß. An den Küsten mildert die Seeluft die Hitze. Selbstverständlich ist die Bodenhöhe
von großem Einfluß. Auf den Höhen der Serra da Estrella liegt die Hälfte des Jahrs über Schnee,
[* 33] am AltoDouro dagegen ist es
warm genug für das Gedeihen herrlicher Weine. In Algarve herrscht oft nordafrikanisches Klima. Gewitter
sind im ganzen selten und kommen nur um die Zeit der Äquinoktien und im Winter vor. Die angestellten meteorologischen Beobachtungen
ergaben:
Für
das Jahr 1881 ergab eine offizielle Berechnung eine Einwohnerzahl von 4,708,178 Seelen. Die Zunahme
der Bevölkerung
[* 39] von Portugal ist eine stetige und ziemlich ansehnliche. 1835 zählte man im kontinentalen Portugal (ohne
die Inseln) 3,076,000, 1851: 3,487,000, 1864: 3,986,558 und 1874: 4,160,315 Einw., wonach sich
eine durchschnittliche jährliche Bevölkerungszunahme um ca. 0,8 Proz. ergibt. Dabei spielt aber die Auswanderung eine große
Rolle. Im Dezennium 1872-81 sind im ganzen 133,008 Personen ausgewandert, welche sich hauptsächlich auf die ProvinzMinho (51,531)
und Beira alta (30,766) verteilten. Am geringsten ist hieran Alemtejo (42) und Algarve (225) beteiligt.
Das gewöhnliche Reiseziel ist Amerika
[* 40] (129,549 Auswanderer), speziell Brasilien,
[* 41] wo die Emigranten ihre Muttersprache und bisher
auch günstige Erwerbsgelegenheit fanden. Auch in den Jahren 1882-84 blieb die jährliche Auswanderung
ziemlich gleich (durchschnittlich 12,000 Emigranten). Die Bevölkerung von Portugal verteilte sich 1878 mit 2,175,829 auf das männliche
und mit 2,374,870 auf das weibliche Geschlecht. Das Übergewicht des weiblichen über das männliche Geschlecht ist hiernach
in Portugal auffallend stark, indem auf 1000 männliche Personen 1091 weibliche kommen (die höchste Verhältniszahl
unter den europäischen Staaten).
Was die Bevölkerungsbewegung betrifft, so kommen auf 10,000 Bewohner im Jahresdurchschnitt 65 Trauungen, 310 Geburten und 230 Sterbefälle.
Der Überschuß der Geburten über die Sterbefälle ist daher ein sehr beträchtlicher und erklärt die regelmäßige Zunahme
der portugiesischen Bevölkerung trotz der großen Auswanderung. An größern Wohnorten besitzt das Land außer der Hauptstadt
Lissabon (243,010 Einw.) und Porto (105,838 Einw.) 13 Städte mit einer Bevölkerung von 10,000 bis 20,000 Einw. Der Nationalität
nach gehören die Bewohner fast durchweg dem portugiesischen Stamm an. Derselbe ist aus der Verschmelzung
suevischer und romanischer Elemente entstanden; auch Araber und Israeliten haben sich damit vermischt. Zu bemerken ist trotz
der nahen Verwandtschaft der beiden Nationen die geringe Sympathie zwischen Portugiesen und Spaniern.
Die Charakterschilderungen des portugiesischen Volkes gehen sehr auseinander; darin dürften aber alle übereinstimmen, daß
der Portugiese höflich (namentlich gegen Fremde), gelehrig, mäßig, voll Vaterlandsliebe und Anhänglichkeit
an die römisch-katholischeReligion ist. In Portugal gibt es auch Zigeuner, und aus den überseeischen Provinzen kommen Farbige aller
Art nach dem Festland. Die römisch-katholischeReligion ist Staatsreligion; doch ist die Ausübung andrer Kulte in besondern
Gebäuden, die aber nicht das Äußere von Kirchen haben dürfen, gestattet.
Die Geistlichkeit teilt sich in die hohe und niedere; zu ersterer gehören der Patriarch von Lissabon, dessen Großvikar, die 2 Erzbischöfe
von Braga und Evora und 16 Bischöfe. Die hohe Geistlichkeit empfängt Subsidien vom Staat, während die niedere aus den kirchlichen
Einkünften besoldet wird. Die Ausbildung von Geistlichen geschieht in Priesterseminaren (12 auf dem Kontinent),
die höhere Ausbildung durch die theologische Fakultät in Coimbra. 1833 wurden die 380 Mönchsklöster aufgehoben; die Nonnenklöster
erlöschen allmählich. Das Klostergut ist Staatseigentum geworden.
In den beiden letztgenannte Orten sind auch naturwissenschaftliche Museen. Anzuführen sind noch das archäologische Museum und
das Museum der Akademie der Wissenschaften mit einer reichen numismatischen Sammlung in Lissabon, die königliche und mehrere
andre Bibliotheken in Lissabon, die Universitätsbibliothek und die vom KlosterSanta Cruz in Coimbra. In Portugal herrscht jetzt vollständige
Preßfreiheit, doch ist die Tageslitteratur noch nicht von großer Bedeutung.
Für Hebung
[* 44] der Landwirtschaft ist in Portugal in diesem Jahrhundert manches geschehen. Insbesondere ging das Bestreben dahin, die
Zahl der Grundbesitzer zu vermehren, so durch Veräußerung von Nationalgütern, Erleichterung des Übergangs
von der Pachtung zum Eigentum von Kirchengütern etc. Doch befindet sich der größte Teil des Bodens in den Händen des höhern
Adels, während die Bauern meist Pachter sind. Auch steht die landwirtschaftliche Kultur trotz der natürlichen Fruchtbarkeit
des Bodens noch auf niederer Stufe.
Beinahe die Hälfte des gesamten Areals (48,2 Proz.) ist unproduktiver Boden. Auf Ackerland und Gärten kommen 22,6, auf Weinland
2,2, auf Olivenpflanzungen 2,3, auf Grasland 16,7,
auf Wald 8 Proz. der Gesamtfläche. Die Cerealienproduktion reicht für den Bedarf nicht aus; sie liefert bei einer Mittelernte
3,4 Mill. hlWeizen, 2,5 Mill. hlRoggen, 1,2 Mill. hlGerste
[* 45] und Hafer,
[* 46] 7,8 Mill. hlMais, 3,2 Mill. hlKartoffeln, 65,000 metr. Ztr.
Reis und 600,000 metr. Ztr. Hülsenfrüchte.
Die Pferdezucht
[* 48] zeigt
zwei Typen, das kleine und kräftige galicische Pferd
[* 49] und das allgemein verbreitete bätisch-lusitanische
Pferd. BeimRindvieh werden acht Rassen unterschieden, die von den Gegenden, in denen sie gezogen werden,
ihre Benennung erhalten. Von Ribatejo kommen zumeist die zu den noch üblichen, aber in Portugal durchaus ungefährlichen
Stiergefechten verwandten Ochsen. Auf die Schafzucht wird wegen der Wolle großer Wert gelegt. Die Produktion an letzterer beläuft
sich auf jährlich 50,000 metr. Ztr. Bedeutend ist auch die Seidenraupenzucht,
welche jährlich ca. 15,000 kg Rohseide liefert, und die Seefischerei (auf Sardinen, Thunfische etc.), welche 4000 Fahrzeuge
beschäftigt. Neuerdings ist man auch auf die zahlreichen Austernbänke
[* 50] aufmerksam geworden. Der Waldstand ist in Portugal sehr
klein; Forstkultur wird wenig betrieben. Erwähnenswert ist der Staatsforst von Leiria, der ca. 9000 Hektar Waldung (vorherrschend
Strandkiefern) hat. Die übrigen Forsten gehören meist zu alten Klostergütern; der hauptsächlichste
davon ist der prächtige Wald von Bussaco.
Die Industrie ist in mehreren Zweigen entwickelt, doch deckt sie bisher nur einen Teil des einheimischen Bedarfs und steht hinsichtlich
der Güte der Erzeugnisse der ausländischen Produktion nach. Ihre Hauptsitze sind Lissabon und Porto. Bemerkenswert
ist die Webindustrie, insbesondere die Schafwollweberei (zu Covilhão, Portalegre etc.), die Leinweberei (zu Guimaraes), die
Baumwollmanufaktur (zu Porto, Lissabon, Penafiel, Vizella) und die Seidenfabrikation.
Die früher noch bedeutendere Lederfabrikation ragt auch gegenwärtig durch die Erzeugung von Saffian und Korduan hervor und
liefert ebenso wie die Schuhwaren- und Hutfabrikation Exportartikel. Sehr anerkennenswert sind die Gold-
und Silberarbeiten, von Silber namentlich Filigranarbeiten. In der keramischen Industrie verdienen die Fabriken in Marinha grande
(für Glaswaren), in Vista Alegre (für Porzellan), in Lissabon und Porto (für Steingut und Schmelztiegel) genannt zu werden.
Für Buchdruckerei ist namentlich die Imprenta nacional in Lissabon wichtig. Papierfabriken gibt es ohne
die kleinen Papiermühlen 18. Endlich ist noch die Eisenwaren- und Maschinenindustrie, die Branntweinbrennerei, Zuckerraffinerie
und Schokoladefabrikation, die Fabrikation von Seife, Kerzen, Tabak,
[* 54] die Verfertigung von Spitzen (zu Peniche) und Korkwaren sowie
der Schiffbau zu erwähnen. Im J. 1884 wurde durch eine Erhebung bei der gesamten Industrie die Zahl der
Etablissements mit 1299, die der Arbeiter mit 90,144 und der Wert derFabrikate mit 27 Mill. Milreis festgestellt. Auf die Wollindustrie
allein kamen 97 Etablissements mit 39,597 Arbeitern.
Im Welthandel nimmt Portugal nicht die Stelle ein, die ihm nach seiner Lage u. seiner Einwohnerzahl
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zukommt; es wird von den weniger bevölkerten Niederlanden, Dänemark
[* 56] und Norwegen
[* 57] überflügelt. Im J. 1886 belief sich der
Wert des auswärtigen Warenverkehrs von Portugal in der Einfuhr auf 37,362,000, in der Ausfuhr auf 25,327,000
Milreis. Davon kamen auf die einzelnen Warengruppen (in TausendenMilreis):
Die Staatsverfassung Portugals
ist die repräsentativ-monarchische und beruht auf der Carta constitucional Pedros IV. von Portugal vom
dem Acto addicional der KöniginMaria II. vom dem Wahlgesetz vom und dem Gesetz vom Hiernach
ist die königliche Würde in der männlichen und weiblichen Linie des HausesBraganza erblich; der König wird mit zurückgelegtem 18. Lebensjahr
volljährig; während seiner Minderjährigkeit regiert eine von den Cortes eingesetzt Regentschaft.
Die gesetzgebende Gewalt üben die Cortes, die Sanktion der Gesetze ist der Krone vorbehalten. Die Cortes sind
zusammengesetzt aus der Pairskammer und aus der Deputiertenkammer. Die Pairskammer besteht aus dem Kronprinzen und seinen
Brüdern, den Erzbischöfen und Bischöfen, aus 100 vom König auf Lebenszeit ernannten und aus 50 durch Delegierte der Distrikte,
der Universität und andrer wissenschaftlicher Institute gewählten Mitgliedern. Die Pairs der beiden letztern
Kategorien müssen mindestens 35 Jahre alt sein und bestimmte andre Qualifikationen besitzen, teilweise auch den Höchstbesteuerten
angehören.
Die Deputiertenkammer besteht aus 173 Abgeordneten, welche in direkterWeise auf vier Jahre gewählt werden. Die Ausübung
des aktiven und passiven Wahlrechts ist von der Staatsbürgerschaft, dem Genuß der bürgerlichen und politischen
Rechte, der Großjährigkeit und dem Besitz eines Jahreseinkommens abhängig, welches für die Wähler mindestens 100 und für
die Abgeordneten mindestens 400 Milreis beträgt. Offiziere, Priester, Doktoren und jene, welche höhere Studien zurückgelegt
haben, sind jedoch von diesem Zensus ausgenommen.
Die Cortes werden jährlich einberufen. Die Deputiertenkammer ist berechtigt, die Minister und Staatsräte
in Anklagestand zu versetzen; für dieselben sowie für die Mitglieder des königlichen Hauses, die Pairs und Abgeordneten fungiert
die Pairskammer als Staatsgerichtshof. Für die Selbstverwaltung sind errichtet: die Generaljunta im Distrikt, die Munizipalkammer
in der Gemeinde und die Parochialjunta in jedem Kirchspiel. Die Mitglieder der erstgenannten werden von
den Munizipalkammern gewählt.
Der Staatshaushalt bot in Portugal immer ein ungünstiges Bild und zeigt auch gegenwärtig trotz eingetretener
Besserung ein jährliches Defizit und infolgedessen ein stetiges Anschwellen der Staatsschuld. Das Budget für das Finanzjahr
1887/88 bezifferte die