(spr. púhlenbörch),Cornelius van, holländ.
Maler, geb. 1586 zu
Utrecht,
[* 7] warSchüler
A.
Bloemaerts, besuchte
Italien
[* 8] und hielt sich 1617 in
Rom
[* 9] auf, wo er sich unter dem Einfluß
Elsheimers weiterbildete, wurde
von König
Karl I. 1637 nach
London
[* 10] berufen, kehrte aber bald in seine Vaterstadt zurück, wo er starb. Er malte
meist kleinere landschaftliche
Darstellungen aus der Gegend von
Rom, mit nackten
Figuren aus der antiken
Mythologie
(Satyrn,
[* 11]
Nymphen etc.), mit biblischen
Szenen und mit
Staffage nach italienischen Dichtern. Eine glatte, saubere Behandlung
zeichnet seine Werke aus, welche wegen dieses Vorzugs im vorigen
Jahrhundert sehr gesucht waren und deshalb in allen
Galerien
zahlreich vorhanden sind.
ital. Nationalgericht, ein dicker Brei aus Maismehl und
Salz,
[* 12] welcher nach dem Erkalten in fingerdicke
Schnitten zerschnitten und gewöhnlich mit einem Zusatz von
Käse gebacken wird.
Man ißt die Polénta allein oder mit gebratener
Leber und gedämpftem
Fleisch mit
Sauce.
Fluß in der
Sächsischen Schweiz, durchfließt ein romantisches vielbesuchtes
Thal,
[* 14] vereinigt sich oberhalb
Porschdorf (links) mit der
Sebnitz und bildet den Lachsbach, der rechts unterhalb
Schandau in die
Elbe mündet.
Alexander
Iwanowitsch, bemerkenswerter russ. Dichter, geb. 1807 zu
Petersburg,
[* 16] studierte in
Moskau,
[* 17] ohne jedoch den Universitätskursus zu vollenden, wurde für ein satirisches,
die
Regierung mit beißendem
Spott verhöhnendes Gedicht: »Ssáschka«, im Juli 1826 unter die
Soldaten gesteckt und drei Jahre
später wegen eines Fluchtversuchs nach dem
Kaukasus geschickt. 1832 nach
Moskau übergeführt, starb er 1838 daselbst.
Seine
gesammelten Gedichte sind in
Moskau 1859 zuletzt erschienen.
Ihr Hauptcharakterzug ist ungewöhnliche
Gefühlstiefe, virtuose Form, begeisterter Schwung bei gedrängtem, kräftigem
Ausdruck.
Nikolai Alexejewitsch, russ. Schriftsteller, geb. 22. Juni (alten
Stils) 1796 zu
Irkutsk, widmete sich seit 1811 in
Moskau wissenschaftlichen
Studien, redigierte hier 1825-34 den
»MoskauerTelegraph«,
[* 18] eins der namhaftesten neuern russischen
Journale, dann seit 1838 zu
Petersburg die
Zeitschrift»Der Sohn
des Vaterlandes« und starb hier 22. Febr. (alten
Stils) 1846. Polewois Bedeutung liegt in seinem
Kampf gegen die Anhänger des
französischen und russischen Pseudoklassizismus; er entwickelte dabei eine außerordentliche Vielseitigkeit,
denn er war
zugleich
Kritiker,
Novellist,
Dramatiker,
Historiker und Übersetzer.
Von seinen dramatischen
Stücken (gesammelt Petersb. 1842-43, 4 Bde.)
haben sich einige, wie: »Ugolino«,
»Parascha«, »Großväterchen der russischen
Flotte«, auf dem
Repertoire
erhalten. Von seinen historischen
Arbeiten ist die unvollendete »Geschichte des russischen
Volkes« (Mosk. 1829-33, 6 Bde.),
welche er der »Geschichte des russischen
Staats« von
Karamsin entgegenstellte, hervorzuheben. Auch verfaßte er eine
BiographieSuworows (deutsch,
Riga
[* 19] 1850) und
»Lebensbeschreibungen der russischen
Feldherren« (Petersb. 1845) sowie
»Umrisse russischer Litteratur« (1839), die für jene Zeit nicht unbedeutend
waren. -
Sein Sohn
Peter Polewoi, ebenfalls Schriftsteller,
schrieb unter anderm die
BiographieShakespeares für die von
Nekrassow und Gerbel besorgte Übersetzung der Werke desselben
(Petersb. 1866-67, 4 Bde.)
und eine »Geschichte der russischen Litteratur in
Umrissen und
Biographien« (1872, 3. Aufl. 1877).
L.
(Tuberose),
Gattung aus der
Familie der
Liliaceen,
Zwiebelgewächse mit linien- bis lanzettförmigen Blättern,
langem Blütenschaft und zahlreichen endständigen, trichterförmigen, gekrümmten
Blüten. Polianthes tuberosaL.
(Nachthyazinthe),
in
Ostindien,
[* 24] auf
Java,
Ceylon,
[* 25] mit linienförmigen, spitzen, 5-7
cm langen, glatten, schlaffen Blättern und 1-1,25 m hohem
Stengel,
[* 26] welcher in eine lange
Ähre von 10-30 und mehr weißen, betäubend wohlriechenden
Blumen endigt,
sowie Polianthes gracilisLink, in
Brasilien,
[* 27] mit dünnerer und längerer Kronröhre und von schlankern Wuchs, werden bei uns als
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mehr
Zierpflanzen kultiviert. Die Blüten der erstern, welche in Südfrankreich im großen angebaut wird, geben eins der geschätztesten
Parfüme.
(franz., spr. -iße, ital.
Polizza, Versicherungsschein), die Urkunde, welche der Versicherer (die Versicherungsanstalt) dem Versicherungsnehmer über
die genommene Versicherung ausstellt.
Sie muß alle Bedingungen enthalten, unter welchen die Versicherungssumme ausgezahlt
wird, insbesondere: den Namen des Versicherten, den Gegenstand der Versicherung nach denjenigen Kennzeichen,
welche ihn von andern hinlänglich unterscheiden, die Versicherungssumme, die bedungene Prämie, die Art und die Dauer der
übernommenen Gefahr nach Anfang und Ende, die Unterschrift des Versicherers und das Datum. Vgl. Versicherungswesen.
(Palier, Polierer), bei Maurern, Zimmerleuten und andern ehedem zünftigen Handwerkern der
die Arbeit anordnende und die Aufsicht führende Werkgeselle (Werkmeister), des Meisters stellvertretender Obergeselle, der
Kunstverständige, der zugleich bei öffentlichen Gelegenheiten, z. B. bei der Richtung eines neuen Baues, die Festrede zu
halten hatte (s. Parlierer).
(lat.), Gegenständen aus Metall, Holz,
[* 30] Stein etc. Glätte und Glanz erteilen. Da es sich hierbei
nur um Beseitigung der Oberflächenrauhigkeiten handelt, so ergeben sich zwei Methoden zur Erzeugung des Glanzes:
Bei der zweiten Poliermethode wird die Glätte durch Niederdrücken der kleinen Erhöhungen oder Ausfüllen der Vertiefungen
mit gewissen Substanzen hervorgebracht. Im ersten Fall, der nur bei Metallen vorkommen kann, wendet man
Werkzeuge
[* 33] aus glashartem Stahl (Polierstahl), Blutstein, Feuerstein, Achat,
[* 34] Jaspis an, die trocken oder mit Seifenwasser, Olein,
Bier, Essig befeuchtet unter starkem Druck über dasselbe hin- und hergeführt werden. Bürsten aus Draht
[* 35] oder Glasfäden dienen
zum Polieren solcher Gegenstände, die keinen
starken Druck aushalten können, z. B. Gold- und Silberschmucksachen.
Im zweiten Fall, der hauptsächlich bei Holz angewendet wird, bedient man sich gewisser Harzlösungen (Politur), mit welchen
man die Poren füllt und die Oberfläche so überzieht, daß eine ununterbrochen glänzende Fläche entsteht.
Die Schellackpolitur besteht aus einem weingeistigen Schellackfirnis, welcher bisweilen noch Mastix und Sandarach enthält,
und wird auf das Holz aufgerieben. Je poröser das Holz ist, um so konzentrierter muß der Firnis sein;
Ahornholz erfordert gebleichten Schellack, zu dunkeln Hölzern wird aber der Firnis bisweilen noch gefärbt. Das zu polierende
Holz muß fein geschliffen und dann wieder von Öl gereinigt sein; man gießt den Firnis auf einen mehrfach
zusammengelegten wollenen Lappen, schlägt feine, reine, weiche Leinwand herum, benetzt diese mit einigen TropfenBaum- oder
Leinöl und fährt nun mit dem elastischen Ballen in geraden und kreisförmigen Zügen über die Holzfläche hin.
Der Firnis wird dadurch gleichmäßig ausgebreitet. Das Öl macht den Ballen schlüpfrig und muß daher von Zeit
zu Zeit erneuert werden, bis der Ballen und die Holzfläche trocken geworden sind. Nötigen Falls muß das Verfahren wiederholt
werden, damit die Harzschicht auf dem Holz genügende Stärke
[* 36] erhält. War beim Schleifen sehr viel Öl in das Holz gekommen,
so schlägt dies nach dem Polieren aus und macht ein erneutes Polieren notwendig. Auf matt
gewordenes poliertes Holz reibt man eine zusammengeschmolzene Mischung aus 2 Teilen Stearinsäure und 3 Teilen Terpentinöl
nebst etwas passender Farbe mittels eines seidenen Läppchens so lange ein, bis der Glanz wiederhergestellt ist.
Eisenoxyd, welches seiner Härte und Feinheit wegen als Poliermittel auf Metall, Glas etc.
benutzt wird.
Ein vorzügliches Polierrot erhält man durch Glühen von kleesaurem Eisenoxydul, das durch Fällung von schwefelsaurem
Eisenoxydul mit Kleesäure gewonnen wird und, gut gewaschen und geglüht, je nach dem Grade der Glühhitze verschiedene Nüancen
(Hellrot, Braunrot, Rotbraun ins Dunkelviolette) und ebenso viele Härten erhält.
Das dunkelviolette heißt auch wegen
seiner besondern Verwendung Stahlrouge, das hellrote Goldrouge.
faseriger Roteisenstein (Blutstein) zum Polieren der Metalle. ^[= (griech.), diejenigen chemischen Elemente, welche gute Leiter der Wärme und Elektrizität sind, ...]
(spr. -linjack), alte Adelsfamilie Frankreichs, nach dem Schloß (dem alten Apolliniacum) im DepartementOberloire
benannt, beherrschte seit dem 9. Jahrh. mit dem Vikomtetitel die Landschaft Velay und hinterließ 1385 bei ihrem
Aussterben Namen und Güter der verwandten Familie Chalançon. Die namhaftesten Glieder
[* 37] dieser sind:
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1) Melchior de, geb. zu Puy en Velay, ward Geistlicher und begleitete den Kardinal von Bouillon 1689 und 1692 zum
Konklave nach Rom. 1695 ward er nach Polen gesandt, um die Wahl des Prinzen von Conti zum König zu betreiben; er bewirkte sie
auch, doch kam August von Sachsen
[* 39] dem Prinzen in der Besitznahme des Throns zuvor. Polignac ward darauf nach seiner
Abtei Bonpart verwiesen. Mit mehr Glück beteiligte er sich 1712-13 an den Friedensunterhandlungen zu Utrecht, worauf er zum
Kardinal erhoben und mit mehreren Pfründen beschenkt wurde.
4) Auguste Jules ArmandMarie, zuerst Graf, hernach Fürst von Polignac, Bruder des vorigen, geb. zu Versailles,
[* 45] teilte bis 1814 dessen
Schicksale und ward von Ludwig XVIII. als Gesandter nach Rom geschickt, wo er sich als Anhänger des äußersten Absolutismus
zeigte. 1816 zum Pair von Frankreich erhoben, wollte er wegen Gewissensskrupel die Konstitution nicht beschwören,
bis der Papst seine religiösen Bedenken beseitigte. 1820 erhob ihn letzterer zum RömischenFürsten. 1823 wurde Polignac Gesandter
in London. Am zum Minister des Auswärtigen und
zum Ministerpräsidenten ernannt, ward er der eigentliche Urheber der
berüchtigten Ordonnanzen vom welche den SturzKarls X. zur Folge hatten. Polignac ging zwar als Begleiter
desselben mit nach Cherbourg,
[* 46] verließ ihn jedoch wieder, wurde zu St.-Lô erkannt und verhaftet, 21. Dez. aller seiner
bürgerlichen Rechte verlustig erklärt und zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Er trat dieselbe in Ham an
und benutzte sie zur Abfassung seiner »Considérations politiques« (Par.
1832). Im November 1836 wieder freigegeben, ging er nach England und starb in Paris. Sein ältester Sohn und gegenwärtiger
Chef derFamilie, Jules ArmandJean Melchior, Herzog von Polignac und römischer Prinz, geb. stand in
bayrischen Militärdiensten und lebt in Paris.
aMare (spr. -linjano), Stadt in der ital. ProvinzBari, auf einer 24 m hohen höhlenreichen Felswand über
dem Adriatischen Meer und an der EisenbahnAncona-Brindisi, hat eine leidlich geschützte Reede, Seehandel, Fischfang, trefflichen
Obstbau und (1881) 6976 Einw. Nordwestlich davon
das malerische ehemalige KlosterSan Vito.
russ. Bezeichnung für die offenen Stellen des SibirischenEismeers bei den Neusibirischen Inseln und östlich
von denselben. Die Existenz der Polinjen wurde von Petermann auf die Wirkung des Golfstroms zurückgeführt, dessen äußerste
Verzweigung er anNowaja Semlja und Neusibiren ^[richtig: Neusibirien] vorüberführte; doch hat diese Vermutung keine Bestätigung
gefunden, und neuerdings wird infolge der Erfahrungen der amerikanischen Jeannette-Expedition sogar das thatsächliche Vorhandensein
der Polinjen bestritten. Wenn sich indessen annehmen läßt, daß diese Waken nur zeitweilig bestehen, so sprechen
doch alle sonstigen bisherigen Beobachtungen in Verbindung mit den natürlichen Verhältnissen dafür,
daß das ostsibirische Eismeer einen großen Teil des Jahrs hindurch offene Stellen aufweist.
(griech.), bei den Griechen Bezeichnung für die »Lehre
[* 49] vom Staat« überhaupt, d. h. für
die gesamte Staatswissenschaft. Die engere Begrenzung des Begriffs hängt mit der Unterscheidung zwischen Politik und Staatsrecht
zusammen. Beide beschäftigen sich nämlich mit dem Staat; während ihn aber das Staatsrecht nach seinen historischen Grundlagen
und in seinen feststehenden Formen darzustellen sucht,
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mehr
betrachtet ihn die Politik in der flüssigen Bewegung. Diese beschäftigt sich mit dem Leben, jenes mit der Gestalt des Staats; es
sucht die Frage zu beantworten, wie der Staat ist, während die Politik die Frage zu lösen hat, wie der Staat sein soll. Die rechtliche
Untersuchung und Prüfung einer Frage, z. B. der, ob ein Straffall vor das Schwurgericht gehöre oder nicht,
beschäftigt sich mit der Rechtmäßigkeit; die rechtspolitische Untersuchung, also z. B.
die Prüfung der Frage, ob gewisse Verbrechen vom gesetzgeberischen Standpunkt aus den Schwurgerichten zu überweisen seien oder
nicht, hat die Zweckmäßigkeit zu erwägen.
Hiernach ist also die Politik als Wissenschaft die Lehre vom Staatsleben. Die Anwendung ihrer Grundsätze auf
gegebene staatliche Verhältnisse führt zur praktischen Politik (Staatspraxis); jene, die theoretische Politik, ist Staatswissenschaft,
diese Staatskunst. Derjenige, welcher sich nach einer von beiden oder nach beiden Richtungen hin mit dem Staatsleben beschäftigt,
wird Politiker und, wer sich auf diesem Gebiet, namentlich aber auf dem der praktischen Politik, zu
besonderer Bedeutung emporschwingt, Staatsmann genannt.
Dabei stehen aber die theoretische und die praktische Politik im innigsten Zusammenhang; denn der theoretische Politiker darf sich
ebensowenig über die thatsächlichen Verhältnisse des Lebens der Staaten und der Individuen hinwegsetzen, wie der praktische
Politiker der wissenschaftlichen Prinzipien der Politik entraten kann. Mit dieser Unterscheidung
fällt der Gegensatz zwischen Real- und Idealpolitik nicht zusammen, letzterer tritt vielmehr sowohl in der praktischen als
auch in der theoretischen Politik hervor.
Man bezeichnet nämlich mit Realpolitik diejenige Politik, welche sich streng an das praktische Bedürfnis hält, und stellt ihr
die Idealpolitik gegenüber, die sich lediglich durch die Macht der Idee beherrschen läßt. Beide sind
in ihrer Einseitigkeit verwerflich. Denn die Realpolitik wird sich, wenn sie des idealen Zugs völlig entbehrt, in kleinlicher
Weise lediglich auf die Förderung materieller Interessen (Interessenpolitik) beschränken, während die Idealpolitik, welche
den Boden der Wirklichkeit unter den Füßen verliert (Phantasiepolitik, Gefühlspolitik), unfruchtbar,
wenn nicht verderblich sein wird, wie es z. B. stets die Idee eines Weltreichs für den danach Strebenden gewesen ist.
Dagegen kann man die Politik weiter in innere und äußere Politik einteilen. Jene beschäftigt sich mit den
Verhältnissen, in welchen der Staat zu seinen eignen Angehörigen steht, während die letztere die Beziehungen
des Staats zu andern Staaten und die Stellung desselben im Staatensystem überhaupt behandelt. Den Gegenstand der innern Politik bilden
hiernach vor allem die Verfassung und die organische Einrichtung des Staatswesens selbst (Verfassungspolitik), dann die Vorbereitung
der Gesetze, welche die öffentlichen und privaten Lebensverhältnisse der Staatsangehörigen normieren
sollen (Gesetzgebungs-, Rechtspolitik).
Die Politik als Wissenschaft hat sich aber außerdem mit der Feststellung des Begriffs der Politik, mit der Einwirkung
der äußern Natur auf das politische Leben, insbesondere mit der Größe, Gestaltung und Produktionskraft des Staatsgebiets,
der Dichtigkeit der Kultur, dem Reichtum und dem Charakter seiner Bevölkerung,
[* 51] zu beschäftigen, wobei ihr die Statistik als wichtigste
Hilfswissenschaft zur Seite steht. Ferner ist der Einfluß der Menschennatur auf die Politik und im Zusammenhang
damit das Wesen der politischen Parteien zu erörtern, und endlich bildet die Lehre vom Staatszweck überhaupt und von den Mitteln
zur Erreichung desselben den Gegenstand der theoretischen Politik. Was die wissenschaftliche Behandlung der Politik anlangt,
so sind aus dem Altertum die philosophischen Werke des Aristoteles, namentlich die »Politik« desselben, von
größter Bedeutung, während sich die »Politik« des Platon zu sehr in idealen Sphären bewegt.
Vers (Stichos politikos), eine Versart der Neugriechen, bestehend aus einem katalektischen iambischen Tetrameter
oder aus 15 Silben, in welcher statt der frühern Quantität der Accent als Maß dient, und worin die meisten ältern Dichtungen
der Neugriechen abgefaßt sind (nicht von Politik, sondern von polis, »Stadt«, d. h.
Konstantinopolis, abzuleiten, wo diese Versart zuerst aufkam).
Gleichgewicht,
[* 54] ein derartiges Machtverhältnis nebeneinander bestehender Staaten, vermöge dessen kein einzelner
von ihnen die Selbständigkeit oder die wesentlichen Rechte des andern, ohne wirksamen Widerstand zu finden und mithin Gefahr
für sich selbst befürchten zu müssen, auf die Dauer zu beeinträchtigen im stande ist. Der Gedanke
eines politischen Gleichgewichts im Gegensatz zu der Idee¶
mehr
eines Weltreichs kam in den italienischen Händeln am Ende des 15. Jahrh. auf. Namentlich in der ersten Hälfte des 17. Jahrh.
bildeten sich Koalitionen der europäischen Mächte gegen die Übermacht des HausesHabsburg, wie in der zweiten Hälfte gegen
die Frankreichs unter Ludwig XIV. Frankreichs Kriegsstärke nach der französischen Revolution warf zwar
die bisherigen Kombinationen über den Haufen; Napoleons I. Sturz aber gab die Leitung der Angelegenheiten Europas in die Hände
der damaligen fünf Großmächte zurück, und das Prinzip des Gleichgewichts wurde auf dem Wiener Kongreß von neuem die Grundlage
der politischen Verhältnisse.
(tschech. Polička), »königliche
Leibgedingstadt« im östlichen Böhmen, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat zwei Vorstädte, 2 Kirchen
(darunter die nach dem großen Brand 1845 neuerbaute gotische St. Jakobskirche), eine Webschule, Bierbrauerei,
[* 68] Zündhölzchen- und Teerproduktenfabrik, ansehnliche Leinweberei und (1880) 4632 Einw.
Südöstlich von Politschka Bad
[* 69] Goldbrunn mit kohlensäurehaltiger Quelle
[* 70] (7,5° C.).
Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Braunau, in einem malerischen Thalkessel der
Sudeten, an der Chotzen-BraunauerEisenbahn gelegen, hat ein ehemaliges Benediktinerkloster aus dem 13. Jahrh., eine dazu
gehörige Kirche mit schönem Portal, ein Bezirksgericht, Leinen- und Baumwollweberei und (1880) 2436 Einw. Östlich von
Politz der vielbesuchte schöne Aussichtspunkt Stern mit Kapelle.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Stettin,
[* 71] KreisRandow, an der Larpe, welche sich nicht
weit von hier mit einem Oderarm, der PölitzerFahrt, vereinigt, hat eine evang. Pfarrkirche, ein Schullehrerseminar, ein Amtsgericht,
Töpferei, Bierbrauerei, Hopfenbau, Schiffahrt und (1885) 3905 fast nur evang. Einwohner. Pölitz erhielt 1260 Stadtrecht.
Polizeiwissenschaft, die wissenschaftliche Lehre und Kenntnis
von den Grundsätzen, nach welchen sich jene Thätigkeit richten soll;
Polizeirecht, der Inbegriff der
Normen des positiven Rechts, welche hierfür die maßgebenden sind.
Regelmäßig werden zwar diese Begriffe enger gefaßt, doch
besteht in dieser Hinsicht keine Übereinstimmung. Manche stellen den staatlichen Zwang in den Vordergrund und verstehen unter
Polizei die zwangsweise Förderung der öffentlichen Sicherheit und Wohlfahrt. Andre wollen die Thätigkeit
der Polizei auf die Verhütung drohender Rechtsverletzungen (Sicherheitspolizei) beschränkt wissen, weshalb z. B.
Mohl die Polizei Präventivjustiz nennt. Diejenigen dagegen, welche den Begriff Polizei in jenem weiten Umfang nehmen, pflegen dieselbe
in Sicherheitspolizei und Wohlfahrtspolizei einzuteilen.
Andre, wie z. B. Bluntschli, wollen diese letztere Regierungsthätigkeit nur teilweise dem Gebiet der Polizei zugeteilt
wissen, indem sie neben die eine sogen. Pflege (Kultur- und Wirtschaftspflege) stellen. Eine zu weit gehende Wohlfahrtspolizei
führt zu einem Zuvielregieren, zu einem polizeilichen Bevormundungssystem, welches man als Polizeistaat zu charakterisieren
pflegt. Ihm steht gegenüber das Streben nach der Verwirklichung des Rechtsstaats, welches freilich zu weit geht, wenn die
gesamte Thätigkeit
¶
mehr
des Staats und seiner Organe ausschließlich auf den Rechtsschutz beschränkt werden soll, aber insofern ein berechtigtes ist,
als das Recht die Grundlage des Staats sein und das gesamte staatliche Leben in den Angeln des Rechts sich bewegen soll.
Was die Ausübung der Polizeigewalt im einzelnen anlangt, so heben wir zunächst diejenige Thätigkeit
hervor, welche dem innern Schutz des Staatsganzen, der Erhaltung der Staatseinheit und der Staatsordnung, gewidmet ist (Staatspolizei,
hohe, politische Polizei). Dahin gehören namentlich Vorkehrungen gegen politische Umtriebe, ferner die Kontrolle des Vereins- und
Versammlungswesens, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der öffentlichen Rechtssicherheit.
Dieser Staatspolizei steht die sogen. Individualpolizei gegenüber, welche
sich mit der Wohlfahrt der einzelnen Staatsbürger beschäftigt und zwar mit deren persönlichem Wohlergehen in sittlicher
wie in physischer Beziehung. Zu der polizeilichen Thätigkeit der erstern Art (Kulturpolizei) gehört insbesondere die Sittlichkeitspolizei,
welche sich bemüht, die für Sittlichkeit und öffentlichen Anstand schädlichen Einflüsse einzudämmen und fern zu
halten, z. B. durch die Überwachung öffentlicher Schaustellungen und Aufführungen, öffentlicher
Vergnügungen, Aufzüge
[* 80] und Festlichkeiten (Theater-, Gesellschaftspolizei), durch die Kontrolle über öffentliche Badeanstalten
u. dgl. Auch die Beaufsichtigung öffentlicher
Leihbibliotheken gehört hierher, dann das Verbot gewisser Hasardspiele, die Handhabung der Sonntags- und der Schulpolizei (Schulzwang),
der Polizeistunde sowie der Gesinde-, Fabrik- und Gewerbepolizei und der Preßpolizei.
Außerdem ist die Gesundheitspolizei (Medizinal-, Sanitätspolizei) hervorzuheben, die besonders durch die Beaufsichtigung
der Ärzte, Hebammen, öffentlichen und privaten Heil- und Irrenanstalten, der Spitäler, des Apothekerwesens und des Handels mit
Giften und Geheimmitteln thätig wird. Aber auch der polizeilichen Vorkehrungen gegen den Verkauf verfälschter und verdorbener
Nahrungsmittel
[* 81] und der polizeilichen Untersuchung gewisser Nahrungsmittel vor deren Verkauf ist zu gedenken; dann der Beaufsichtigung
des Begräbniswesens, der polizeilichen Leichenschau und der Vorkehrungen gegen die Verbreitung ansteckender Krankheiten, der
Durchführung und Beaufsichtigung des Kloakensystems, der Reinigung der Straßen etc. Ferner ist die eigentliche Nahrungspolizei
anzuführen, die namentlich in Zeiten der Teurung (Teurungspolizei) geeignete Vorkehrungen für den Transport
und Verkauf von Lebensmitteln zu treffen hat, wohin auch die Marktpolizei und die Maß- und Gewichtspolizei gehören.
Dazu kommt das weite Feld derArmenpolizei mit den Vorkehrungen gegen das Bettelwesen und gegen die Landstreicherei, mit der
Beaufsichtigung der öffentlichen Entbindungsanstalten, der Findelhäuser u. dgl. Für den Schutz der Person
sorgt endlich auch die eigentliche Sicherheitspolizei, namentlich durch den öffentlichen Wachtdienst, durch Überwachung
verdächtiger Individuen und Lokalitäten, durch das Institut der Polizeiaufsicht (s. d.), kurz, durch alle Maßregeln, welche
die Verhütung verbrecherischer Handlungen bezwecken; aber auch diejenige polizeiliche Thätigkeit, welche der Entdeckung verübter
Verbrechen (Entdeckungspolizei, gerichtliche Polizei) gewidmet ist, gehört hierher.
Wie für den Schutz der Person, so tritt die Sicherheitspolizei auch für den des Eigentums und des Vermögens überhaupt in
Wirksamkeit. Wir heben
hier insbesondere die Fürsorge für die Herstellung, Erhaltung und Überwachung der öffentlichen Verkehrsanstalten,
der Land- und Wasserstraßen (Wege- und Straßen-, Wasserpolizei), die Hafen- und Schiffahrtspolizei hervor.
Ferner ist der Feuer- und der Baupolizei zu gedenken, dann der Vorkehrungen gegen die Verbreitung von Viehseuchen (Veterinärpolizei),
derBerg-, Feld-, Forst-, Jagd- und Fischereipolizei und der landwirtschaftlichen Polizei überhaupt.
Mit Rücksicht auf die mit der Ausübung der Polizei betrauten Behörden pflegt man zwischen Landes- (Staats-)
Polizei und Kommunal- (Gemeinde-, Orts-, Lokal-) Polizei zu unterscheiden, indem der Ausdruck Polizei alsdann nicht selten auch zur Bezeichnung
des mit polizeilichen Funktionen beauftragte Beamtenkörpers gebraucht wird. In den meisten Staaten ist nämlich die Ausübung
der niedern Polizei den Gemeindebehörden übertragen, welchen dann das nötige Vollzugspersonal beigegeben ist
(Polizeiagenten, -Inspektoren, -Kommissare, -Offizianten, -Diener, Gendarmerie, Schutzleute; in Frankreichagents de police, sergents
de ville, gardiens de la paix, gardes de ville; in England police-men). In Preußen hat sich die Staatsregierung für die Städte,
namentlich für die Residenzen und größern Städte, das Recht vorbehalten, die Polizei unmittelbar durch Staatsbehörden (Polizeipräsidium,
Polizeidirektion) auszuüben.
Mit besonderer Vorsicht hat sich die Polizeiverwaltung der wenigstens in großen Städten nicht entbehrlichen geheimen Polizei zu
bedienen. In Frankreich ist damit wiederholt das System der Agents provocateurs, der zur Begehung verbrecherischer Handlungen
aufreizenden Polizeispione, in Verbindung getreten, und die Regierung, welche sich mit solchen verdächtigen Individuen eingelassen,
sah sich alsdann wiederum zu deren Beaufsichtigung durch die Einrichtung von einer Art »Gegenpolizei«
(contre-police) genötigt.
Selbstverständlich können die Polizeibehörden die durch ihre gesetzlichen Befugnisse gerechtfertigten Anordnungen mittels
Anwendung der gesetzlichen Zwangsmittel durchführen. Um jedoch Willkürlichkeiten vorzubeugen, ist auch in Polizeisachen
für einen gehörigen Beschwerde- und Instanzenzug gesorgt; z. B. in Preußen kann gegen Verfügungen des
Amtsvorstehers an den Kreisausschuß, gegen die Verfügungen des letztern und diejenigen des Landrats an das VerwaltungsgerichtBerufung stattfinden.
Die Oberaufsicht über das gesamte Polizeiwesen steht dem Ministerium des Innern zu; früher fungierten in manchen Staaten
besondere Polizeiminister. In vielen Staaten ist aber den Polizeibehörden auch eine eigentliche Strafgewalt
(Polizeigerichtsbarkeit) übertragen, indem sie bei sogen. Polizeivergehen (richtiger »Polizeiübertretungen«),
d. h. beim
Zuwiderhandeln gegen polizeiliche Strafvorschriften (Polizeistrafrecht), die Jurisdiktion an Stelle der Gerichte ausüben. Die
deutsche Strafprozeßordnung (§ 453-458) statuiert eine solche aber nur für eigentliche Übertretungen und gesteht der Polizeibehörde
nur das Recht zu, auf Haft bis zu 14 Tagen oder entsprechende Geldstrafe sowie auf eine etwa verwirkte Einziehung
zu erkennen. Abgesehen von der nach der Landesgesetzgebung etwa zulässigen Beschwerde an die höhere Polizeibehörde, kann
der Beschuldigte unter allen Umständen gegen die Strafverfügung binnen einer Woche nach der Bekanntmachung bei der Polizeibehörde,
welche diese Verfügung erlassen hat, oder bei dem zuständigen Amtsgericht auf gerichtliche Entscheidung
antragen. Die nähern
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