oder von Pieros, dem Makedonier, der denselben in
Thespiä eingeführt haben
soll. -
2) Benennung der neun Tochter des Pieros,
Königs von
Emathia, die sich mit den
Musen
[* 2] in einen Wettstreit im
Gesang einließen,
aber von diesen besiegt und in
Vögel
[* 3] verwandelt wurden;
(Pieria), Küstenlandschaft im alten
Makedonien, zwischen dem
Peneios und
Haliakmon, dem Ostabhang des
Olympos
und dem Thermäischen
Meerbusen, der
Mittelpunkt des thrakischen
Musen- und Dionysosdienstes. Als
PerdikkasI. das makedonische
Reich um 700
v. Chr. in
Emathia gründete, fiel ihm das benachbarte Piërien als erste
Eroberung zu. In strategischer
Hinsicht war die
Landschaft als der
Schlüssel zu
Thessalien und
Hellas von großer Bedeutung, da von ihr aus drei
Pässe nach
S. führten. Den
Namen Piërien führten noch zwei andre
Landschaften, eine in
Makedonien, östlich der Strymonmündung (Neu-Piërien),
wohin die thrakischen Pierier um 700 auswanderten, mit den
Städten Phagres und Pergamos, und eine andre
in
Syrien, nördlich der Orontesmündung, mit der Hauptstadt
Seleukia.
Nicolas, peruan.
Diktator, geb. 1839, ward 1860
Advokat in
Lima,
[* 4] widmete sich aber außerdem der
Politik und
gab konservativ-klerikale
Zeitungen heraus. 1869 ernannte ihn der
PräsidentBalta zum Finanzminister. In dieser
Stellung unternahm
er die kühnsten, aber auch schwindelhaftesten
Operationen, welche die
FinanzenPerus unheilbar zerrütteten,
und mußte noch
vor der Ermordung seines
GönnersBalta 1872, der
Veruntreuung angeklagt, flüchten. 1876 machte er, unterstützt
von der klerikalen
Partei, im südlichen
Peru
[* 5] einen erfolglosen Aufstandsversuch. Nach der
FluchtPrados im
Dezember 1879 bemächtigte
er sich 22. Dez. durch einen Militäraufstand der
Diktatur, verhalf den
Klerikalen zur Herrschaft und setzte
den
Krieg gegen
Chile
[* 6] unter pomphaften
Phrasen fort. Nach der Besetzung
Limas flüchtete er in das
Innere und suchte
von
Ayacucho aus den
Kampf fortzusetzen. Jedoch wurde er 7. Okt. durch eine Militärrevolte vertrieben und
ging nach
Europa.
[* 7]
Pertuis, La (spr. pjähr pertüih), ein Jurapaß (792 m), der das
Val St.-Imier mit dem Birsthal, die Westschweiz
mit Basel
[* 9] verbindet und darum von jeher ein wichtiger Übergangspunkt gewesen ist. In der Einsenkung, welche die Sonnenbergkette
und den
Montoz verknüpft, hat der
Felsberg eine große Gewölbeöffnung, ursprünglich von der
Natur gebildet
und durch die
Kunst nur erweitert, 9 m
hoch und 7 m breit. Zur Römerzeit führte durch dieselbe die
Straße in das Rauraker-
und Sequanerland. Die heutige
Straße hat ihre Bedeutung verloren, denn
die
Eisenbahn durchbohrt den
Berg tiefer in einem 1,27
km langen
Tunnel,
[* 10] der in einer
Seehöhe von 770 m erbaut wurde (1871-74).
(spr. pjärräh),Paul, franz.
Ägyptolog, geb. 1836 zu
Rambouillet (Seine-et-Oise), besuchte das
Lycée zu
Versailles,
[* 11] übernahm dann eine
Stelle in der
Verwaltung und beschäftigte sich in seinen Mußestunden mit der Entzifferung von
Hieroglyphen.
Seine Leistungen auf diesem Gebiet waren bald so hervorragend, daß man ihm 1867 einen
Posten am ägyptischen
Museum im
Louvre übertrug. Seit 1873
ist erKonservator der Sammlung. Seine Hauptschriften sind: »Études égyptologiques« (1873-78, 3 Bde.);
komischeMaske der italienischen
Bühne, aus dem
Harlekin und dem Polichinell zusammengeschmolzen, ein dummpfiffiger
und tölpelhafter Bedienter, der immer Prügel bekommt.
Nach längerm Studienaufenthalt in
Deutschland
[* 18] und
Italien
[* 19] übernahm er 1844 eine Professur der
Musik an der
UniversitätEdinburg,
[* 20] gab dieselbe jedoch schon im folgenden Jahr wieder auf, um ungeändert seinem Komponistenberuf leben zu können. 1846 siedelte
er nach
Hamburg
[* 21] über, woselbst seine ersten größern Werke: die
Oper »Leila« und die
Musik zur Wollheimschen
Bearbeitung des zweiten Teils von
Goethes
»Faust«, zur Aufführung gelangten. Auch sein mit großem Beifall in
London und beim
Musikfest in
Norwich
[* 22] (1852) aufgeführtes
Oratorium
»Jerusalem«
[* 23] entstand um diese Zeit.
Später lebte er zeitweilig auf einem
Landgut bei
Würzburg,
[* 24] siedelte 1863 nach
Stuttgart
[* 25] und 1872 nachLeipzig
[* 26] über, wo er starb. Von seinen weitern
Kompositionen, die sich sämtlich durch Originalität, hohen künstlerischen
Ernst und gediegene
Arbeit auszeichnen, sind noch zu nennen: das
Oratorium »Hesekias« (1869 in
Norwich aufgeführt) und die
Oper
»Contarini« (1871 in
Hamburg aufgeführt). Pierson hat auch eine englische Übersetzung von
»BeethovensStudien«
(Hamb. 1853) veröffentlicht. Seit 1844 war er mit der Dichterin
KarolineLeonhardt, geb. 1814 zu
Zittau,
[* 27] verheiratet, die sich
zu Anfang der 40er Jahre besonders als Improvisatorin einen
Namen gemacht hatte.
Dorf in der sächs. Kreishauptmannschaft
Dresden,
[* 28] Amtshauptmannschaft
Dresden-Neustadt, nördlich bei
Dresden,
an derElbe, hat
Malz-, Flußstahl- und Nähmaschinenfabrikation, Möbeltischlerei,
Gärtnerei, Weinbau
und (1885) 7951 Einw.
¶
Personifiziert als Göttin, erhielt die Pietas 191 v. Chr. in Rom einen eignen Tempel
[* 37] und zwar zum Andenken an die Hingebung einer jungen Frau, welche ihrem zum Hungertod im Gefängnis verurteilten Vater mit der
eignen Brust das Leben fristete.
(neulat.), eine krankhafte Form der Frömmigkeit (pietas), die, nach Umständen und Persönlichkeiten zu
verschiedenen Zeiten verschieden gestaltet, bald in einseitigem Betonen einzelner Glaubenslehren, bald in überspannten und
exzentrischen Gefühlen, bald in skrupulöser Ängstlichkeit, bald endlich in einem separatistischen Treiben ohne Maß und Ziel,
immer in unruhigem und ungesundem Streben nach Heil und Gnade sich kundgibt. Eine epochemachende historische Bedeutung hat der
Pietismus erst in der evangelischen Kirche erhalten, während in der römisch-katholischen Kirche die Jansenisten,
die Quietisten u. a. nur Analogien dazu bieten.
Protestantischerseits machte sich der Pietismus zunächst als wohlthätiges Gegengift gegen die totale Stockung und Lähmung des religiösen
Bewußtseins geltend, welche unter der Herrschaft der Orthodoxie Platz gegriffen hatten. Anderseits zog der
Pietismus allenthalben einen des kirchlichen Gemeingefühls entbehrenden Subjektivismus groß. Der Separatismus, welcher ihm sonach
unausrottbar im Blut sitzt, kündigt sich zuerst nur schüchtern an in der Konventikelbildung, welche aus der reformierten
KircheHollands, dort bereits unter Labadies (s. d.) Leitung den Weg der Separation beschreitend, in die reformierten Kirchen
des Niederrheins eingedrungen ist; hier fand sie ihren eifrigsten Förderer an Tersteegen.
Der Name Pietismus aber ist erst auf dem Gebiet der lutherischen KircheDeutschlands
[* 39] entstanden. Was hier Spener (s. d.) mit dem redlichsten
Eifer und noch mit hoher Mäßigung einleitete, das
führten zahlreiche Schüler mit Leidenschaft und Parteieifer fort. Zunächst
fanden die von Spener in seinem Haus veranstalteten Versammlungen (collegia pietatis), deren Hauptinhalt
Gebet und Schrifterklärung bildeten, in andrer Form auch anderwärts Eingang, so z. B.
zu Leipzig, wo mehrere junge Dozenten, PaulAnton, J. K. Schade und Aug.Herm. Francke (s. d.), seit 1689 sogen. Collegia philobiblica
veranstalteten, d. h. exegetisch-praktische Vorlesungen über das Neue Testament für Bürger und Studierende.
Hier kam auch der Parteiname der Pietisten auf, zunächst für die Besucher der Collegia philobiblica, welche sich durch eine
besonders eingezogene Lebensweise hervorthaten. Die orthodoxe Leipziger theologische Fakultät, besonders Joh. Bened. Carpzov
(s. d.), brachte es alsbald dahin, daß nach Speners Weggang von Dresden auch die oben genannten DozentenLeipzig verlassen mußten. Francke ging später nach Halle,
[* 40] und dies ward nun der Hauptsitz der Pietisten (daher auch Hallenser
genannt); hier wirkten neben FranckeJoachimJust.
Breithaupt (s. d.) und JoachimLange (s. d.). Hatte Spener zur Umgestaltung der damaligen Theologie eingehendes Bibelstudium empfohlen,
so wollten manche seiner Anhänger das ganze theologische Studium auf die Heilige Schrift beschränkt wissen,
und Löscher, der gelehrteste und der objektivste unter den Gegnern des Pietismus, konnte als ersten Charakterzug
des Pietismus den fromm scheinenden Indifferentismus in Sachen der Dogmatik erklären. Dagegen legte der Pietismus das größte Gewicht auf
ein asketisches Leben; er erklärte namentlich den Tanz, das Spiel, den Besuch des Theaters, das Tragen kostbarer
Kleider, mitunter sogar das Lachen, den Scherz, das Spazierengehen etc. für unerlaubt.
Mit dieser Selbstkasteiung hing eine gewisse Verschiebung und Verdrängung des protestantischen Begriffs der Rechtfertigung
durch den Glauben zu gunsten der Lehre
[* 41] von der Buße, Bekehrung und Wiedergeburt zusammen. Wo letztere nicht
vorhanden, da ist nach pietistischer Lehre weder richtige theologische Erkenntnis noch gesegnete Amtsführung möglich. Mit
gleichem Eifer wurde die von den Pietisten aus der Apokalypse entnommene Lehre von dem Tausendjährigen Reich orthodoxerseits
verworfen. Übrigens hielten die Pietisten grundsätzlich an dem kirchlichen Lehrbegriff fest, bildeten
darum auch keine besondere Sekte, sondern nur eine Art Parallele
[* 42] zu dem englischen Methodismus, indem sie auf einen pedantischen
Schematismus des Heilsgangs drangen. Ehe »die Gnade in der Seele zum Durchbruch kommen« könne, sollte erst das Gefühl von seiner
gänzlichen Untüchtigkeit zum Guten den Menschen zu einer »heilsamen Verzweiflung« treiben.
Mission; ein Zögling Franckes, Ziegenbalg (s. Mission), ging 1706 nach Ostindien.
[* 46] In die Fußstapfen Speners und seiner nächsten
Schüler traten später als Häupter des Pietismus: Ch. B. Michaelis, der jüngere Francke, Freylinghausen (s. d.), Rambach u. a. Aber
die Einseitigkeit und das Schiefe
[* 47] der ganzen Richtung traten doch trotz persönlicher Ehrenhaftigkeit ihrer
Anhänger immer mehr hervor, und bald war der Pietismus wirklich das, was die Gegner schon lange ihm schuld gegeben,
eine krankhaft überspannte, in Bekehrungsunternehmungen und Bußkrämpfen schwebende, nicht selten auch zum hochmütigen
Absprechen über die »Welt«, ja zur schnöden Heuchelei herabsinkende Richtung.
Während der Herrschaft des Nationalismus und des Indifferentismus zog er sich in engere Kreise
[* 48] zurück
und schien ganz erstorben zu sein, bis er in unserm Jahrhundert, durch die gewaltigen Zeitbewegungen gefördert, sich nochmals
als moderner Pietismus erhob. Eine begeisterte Vertreterin und Verbreiterin fand derselbe an der Frau v. Krüdener. Es entstanden
die frommen Konventikel, Kassen zur Verbreitung von Traktätchen und Vereine für Belebung der innern und
äußern Mission, welche in Opferfreudigkeit, aber auch in Vielgeschäftigkeit wetteiferten, sich hin und wieder, wie in Königsberg
[* 49] 1835 (s.
Ebel 2), mit schwärmerischer Mystik verbinden oder, wie im Elberfelder Waisenhaus 1861, in eine Erweckungsepidemie ausarteten.
Berlin, Halle, das Mulde- und Wupperthal, dann Württemberg
[* 50] waren die Plätze, wo dieser moderne Pietismus die zahlreichsten
Anhänger fand. Durch seine Vorliebe für die alten Formen des Kirchenglaubens und seine Opposition gegen den Rationalismus wurde
der Pietismus ein natürlicher Verbündeter der wieder auflebenden Rechtgläubigkeit, und beide Richtungen, die sich früher bekämpft
hatten, söhnten sich nunmehr aus, um infolge der politischen und sozialen Stürme der Jahre 1848 und 1849 das
Übergewicht in der evangelischen KircheDeutschlands zu erringen.
Stadt in der ital. ProvinzLucca,
[* 58] an der Bahnlinie Pisa-Spezia, unweit des Golfs von Genua,
[* 59] liegt teils auf
einem Hügel, mit Mauern umgeben, teils in der mit Oliven und
Wein bebauten Strandfläche, hat eine schöne Hauptkirche, San Martino,
aus dem 14. Jahrh., mit bemerkenswerten Chorstühlen, einem Tabernakel vonL. Stagi sowie einer Taufkapelle
mit Bronzen von Donatello, einen alten Glockenturm, ein Rathaus (von 1346) und (1881) 3951 Einw. Dabei Marmorbrüche.
Joachim, franz. Polizeipräfekt, geb. 1820 zu Sartène in Corsica,
[* 60] machte seine Studien in der Rechtsschule zu
Paris, ließ sich dann in seiner Vaterstadt als Advokat nieder und ward 1848 Präfekt, 1866 Polizeipräfekt
von Paris. In dieser Stellung entwickelte er eine große Thätigkeit und brachte namentlich das geheime Polizeiwesen in großen
Aufschwung. 1879-85 war er Senator.
Ludwig, Schriftsteller und Zeichner, geb. zu Danzig,
[* 61] bezog 1841 die Berliner
[* 62] Kunstakademie, trat 1843 in das Atelier des Porträtmalers Otto ein und verschaffte sich bald als einer der fruchtbarsten und
talentvollsten Illustrationszeichner allgemeine Anerkennung. In der Folge widmete er sich mehr der litterarischen Thätigkeit,
besonders seit seinem Engagement als Feuilletonist der »Vossischen Zeitung« (1864). Aus der Menge seiner Reisefeuilletons sammelte
er das Beste in den Bänden: »Aus Welt und Kunst« (Jena
[* 63] 1866, 2 Bde.);
Nach Pieve di Cadore werden auch die das Thal
[* 64] des Piave und des Tagliamento
umgebenden FriaulerAlpen
[* 65] Cadorische Alpen genannt (Antelao 3253 m, Cridola 2583 m, Premaggiore 2471 m).
(Örstedscher Kompressionsapparat, auch Sympiëzometer, griech., »Druckmesser«),
physikal. Apparat, mit welchem man die Zusammendrückbarkeit der Flüssigkeiten prüfen kann. Ein birnförmiges Gefäß
[* 66] a (s.
Figur), welches in eine feine Thermometerröhre ausläuft, wird mit der zu untersuchenden Flüssigkeit, z. B. mit reinem ausgekochtem
Wasser, gefüllt. Man stellt das Gefäß mit der Röhre nach unten und läßt durch Erwärmen und Abkühlen
etwas Quecksilber in die Röhre treten. Nun hat man in dem Gefäß ein bestimmtes VolumenWasser, dessen Verhalten an einer auf
dem Thermometerrohr angebrachten Skala abgelesen wird.
Vorher war genau festgestellt worden, wie sich der Rauminhalt eines zwischen zwei Teilstrichen der Skala
befindlichen Röhrenstückes zum Rauminhalt des ganzen Gefäßes verhält. Das Gefäß stellt man nun nebst einem ebenfalls
in das Quecksilber b eintauchenden Luftmanometer in einen starken Glascylinder ce, füllt diesen mit Wasser, welches gleiche
Temperatur mit dem im kleinen Gefäß enthaltenen haben muß, und komprimiert es mittels einer auf dem
fest schließenden Deckel befindlichen Druckpumpe d. Hierbei steigt das Quecksilber im Ther-
mometerrohr und gibt so die Volumverminderung der eingeschlossenen Flüssigkeit an. Am Manometer
[* 68] liest man den Druck ab. Hebt
man letztern wieder auf, so sinkt auch das Quecksilber wieder auf seinen ursprünglichen Stand und beweist so, daß das Wasser
gegen Kompression vollkommen elastisch ist. Genaue Untersuchungen ergaben, daß auch bei gleichem Druck
von außen und innen das Volumen des kleinen Gefäßes nicht ganz unveränderlich ist; Regnault hat das Piëzometer verbessert und diese
Fehlerquelle zu eliminieren gesucht.
(ital.), Hirten aus dem Volskergebirge und den Abruzzen, welche in der Adventszeit ehedem nach Rom kamen,
um hier vor den Marienbildern an den Straßenecken mit ihrer wunderlichen Schalmei (piffero), mit Dudelsack (zampogna) und monotonem
Gesang täglich dreimal zu musizieren. IhreLieder und Weisen sind uralt; nach jedem Vers folgt ein Adagio,
an dessen Schluß der Piffero mit schrillem Triller einfällt. Die Pifferari, gewöhnlich ein Alter mit Kragenmantel, Spitzhut und
dem Dudelsack und ein schwarzlockiger, in ein Fell gehüllter Junge mit der Schalmei, beide Sandalen
[* 69] tragend, gehörten zu den
malerischten Gestalten Roms; in neuester Zeit wurde der alte Brauch polizeilich unterdrückt.
Von seinen Statuen rühmte man noch jene eines Kindes, welchem der Vogel aus dem Käfig entwischt. Von seinen
Reliefbildnissen stehen jene Ludwigs XV., Diderots, Voltaires und Raynals obenan. Doch ist er in einer StatueVoltaires in die Karikatur
geraten. Sein letztes, durch Schönheit und Zartheit ausgezeichnetes Werk war ein Mädchen, welches sich einen
Dorn aus dem Fuße zieht. Das Hauptwerk des Künstlers ist das Monument des MarschallsMoritz von Sachsen
[* 74] in der St. Thomaskirche
zu Straßburg,
[* 75] 1776 aufgestellt. Demselben fehlt zwar das Studium der Natur und der Antike, und die Gestalten sind mit unsicherer
Weichheit behandelt, die Gewänder in einer willkürlichen Fülle und mit gesuchten Falten angebracht,
doch ist die dekorative Wirkung groß und die Komposition schwungvoll. Pigalle starb in Paris.
Vgl. Tarbé, La vie et
les œuvres de J. B. Pigalle (Reims 1859).
(spr. pigo-löbröng), eigentlich CharlesAntoineGuillaume Pigault-Lebrun de L'Epinoy, franz. Romanschriftsteller
und Dramatiker, geb. zu Calais,
[* 76] hatte eine äußerst bewegte Jugend, wurde Schauspieler und Soldat,
bekleidete von 1806 bis 1824 ein Unteramt bei der Mautverwaltung und starb Von seinen Romanen (im ganzen über 70 Bde.)
hatten den meisten Ruf: »L'enfant du carnaval« (1792);
»Les barons de Felsheim« (1798);
»La folie espagnole«
(1799) und »M. Botte« (1802);
von seinen Lustspielen verdienen »Le pessimiste« (1789),
»L'amour de la raison« (1791) und »Les
rivaux d'eux-mêmes« (1798) Hervorhebung.
Lebhafte Phantasie, Wahrheit in der Schilderung der Charaktere, gelungene Anlegung
und Ausführung des Plans sind Pigault-Lebrun im hohen Grad eigen; dagegen ist sein Witz oft plump und frivol. Seine
Romane und Dramen nebst den »Mélanges littéraires et critiques« (1816, 2 Bde.)
sind in seinen »Œuvres complètes« (1822-1824, 20 Bde.) vereinigt.
Noch sind zu erwähnen: »Le citateur« (1803, 2 Bde.;
neue Ausg., Brüssel
[* 77] 1878),
Bruno, Maler, geb. 1848 zu Hamburg, widmete sich anfangs bei Lippelt daselbst und seit 1864 bei Schilling in
Dresden der Bildhauerkunst, ging aber 1870 zur Malerei über, die er anfangs in Weimar
[* 80] und dann in München
bei W. Diez studierte. Nachdem er eine Reihe dekorative Arbeiten und mythologischer Genrebilder gemalt, die von Böcklin und
Makart beeinflußt waren, trat er 1879 mit einer religiösen Komposition: Moritur in Deo (der sterbende Christus von einem Engel
getröstet), auf, welche seinen Namen zuerst bekannt machte. Aber er gab diese Richtung bald wieder auf
und lieferte eine Reihe von Pastellzeichnungen, Brustbildern, Köpfen und Halbfiguren von Modedamen, Gecken, Roués, Dirnen
und Kindern, von denen eine Auswahl unter dem Titel: »Douze pastels« (Münch. 1884) erschien. Daneben entstanden Genrebilder
aus dem Kinderleben, von denen das Idyll (Kind mit Hund) durch Reproduktionen am bekanntesten geworden ist.
Von 1885 bis 1886 machte er eine Reise nach Palästina,
[* 81] deren Frucht das im Verein mit K. Frosch
[* 82] und J. Krieger für München gemalte
Panorama der KreuzigungChristi (hrsg. von Trost, Stuttg. 1887) war. Von seinen
übrigen Werken sind zu nennen: Brustbild eines sterbenden Christus, Maria unter dem Kreuz,
[* 83] Beatrice, Grablegung Christi.
Piglhein ist königlicher Professor.
besonders in der Anatomie, bez. Physiologie gebraucht. Einige Körperteile haben eine durch bestimmte Farbstoffe bewirkte Färbung,
welche von der der übrigen Körperteile abweicht. So hat die Regenbogenhaut des Auges bald eine blaue, bald eine graue, bald
eine braune Färbung; die Aderhaut des Auges sowie die Haut
[* 85] der Neger ist schwarz gefärbt, Sommersprossen
und gewisse Hautflecke haben eine bräunliche Farbe etc. Diese Färbungen sind abhängig von einem Pigmént, welches in feinkörniger
Gestalt in den Zellen der betreffenden Organe (bei der äußern Haut in den Zellen der MalpighischenSchleimschicht) abgelagert
ist.
Auch unter krankhaften Verhältnissen findet sich in vielen Geweben des menschlichen Körpers eine Pigmentierung,
die von dem lichtesten Gelb durch alle Schattierungen des Orange, Braun und Grün bis zu dem tiefsten Schwarz variieren kann, und
zwar entweder in Form einer mehr gleichmäßigen Färbung oder einer herdweisen Ablagerung. Nur in Ausnahmefällen stammt
das Pigmént von außen; so sind es bei der allgemein verbreiteten Pigmentierung der Lungen wesentlich die aus
der atmosphärischen Luft eingeatmeten Kohlenpartikelchen, bei den Tättowierflecken der äußerlich angewandte Farbstoff.
In der Regel aber rührt das Pigmént direkt oder indirekt von dem Blutfarbstoff her. Es ist in die Gewebe
[* 86] eingelagert entweder in der
Art einer gleichmäßigen Durchtränkung oder als körnige oder kristallinische Masse (Hämatoidin-, Bilirubinkristalle).
Von den pathologischen Geweben sind regelmäßig gewisse Krebse und Sarkome stark mit Pigmént durchsetzt (Pigmentkrebse, Melanosarkome).
Speer, Spieß, im Gegensatz zur Lanze (Gleve) der Ritter die 3,5-4 m lange Stoßwaffe mit dünner
Eisenspitze, Hauptwaffe des Fußvolkes vor allgemeiner Einführung der Bajonettgewehre,
wurde mit dem Schuh rückwärts gegen
den Fuß in die Erde gestemmt und mit der Spitze in Höhe der Pferdebrust gehalten. Die Pike der altgriechischen Phalangiten war
3, später 4 m, bei den Makedoniern (sarisa) sogar 5 m lang. Zu Anfang des 16. Jahrh.
erreichte die eine Länge von 6 m, wurde dann nach und nach auf 4 m verkürzt und allmählich durch das Bajonettgewehr verdrängt,
blieb jedoch bei den Offizieren als Sponton
[* 90] (s. d.) im Gebrauch.
(franz. piqué), dichter Stoff, gewöhnlich aus Baumwolle,
[* 91] auf dessen Oberfläche erhöhte
und vertiefte Stellen miteinander abwechseln, so daß er wie gesteppt (piqué) erscheint. Pikee wird mit doppelter Kette dargestellt,
wovon die obere aus feinerm Garn als die untere besteht. Die Vereinigung beider erfolgt an den gehörigen Punkten dadurch,
daß einzelne Fäden der untern Kette in die obere hinaufgehoben und in dieselbe eingewebt werden. Das
Muster wird dann sichtbar, indem die von der
[* 84]
Figur oder Bindungslinie eingeschlossenen Felder, weil hier die beiden Gewebe getrennt
liegen, dicker und hervorragender erscheinen, während die Bindungslinien, in welchen beide Ketten zusammen nur ein Gewebe
ausmachen, vertieft sich darstellen. Mit Hilfe der Jacquardvorrichtung erzielt man auch kompliziertere
Muster. Bei sehr feinen Geweben nimmt man zur obern Kette vielfach Seide.
[* 92] Pikee benutzt man besonders zu Westenstoffen, Vorhemdchen,
Kragen, Manschetten, Unterröcken, Bettdecken etc. Die letztern werden häufig auf der Rückseite
aufgekratzt und geben dann rauhen Pikee (Pikeebarchent).
(franz. piquet), Truppenabteilung, welche in Lagern, Biwaks, Kantonnements oder Festungen zur Unterstützung einzelner
Feldwachen oder der ganzen Vorpostenlinie nahe hinter den Feldwachen aufgestellt oder in Garnisonstädten für einen bestimmten
Zweck (vgl. Feuerpikett) bereit gehalten wird.
(franz. piquet, Rummelpikett), beliebtes Kartenspiel zwischen zwei Personen, dessen Erfindung den Franzosen zugeschrieben
und auf 1390 angesetzt wird. Es wird mit der deutschen oder der auf das deutsche Maß von 32 Karten reduzierten
französischen Karte (Pikettkarte) gespielt. Das As gilt 11, die drei Bilder gelten 10, die andern Karten nach der Benennung.
Gestochen wird nach der natürlichen Ordnung. Jeder Spieler erhält 12 Karten. Die übrigen 8, der Talon genannt, werden, die 5 obern
von den 3 untern gesondert, auf den Tisch gelegt.
Jeder der Spieler legt hierauf solche Karten, die ihm am wenigsten zu nützen scheinen, weg. Die Vorhand, welche durchs Los
bestimmt ward, nimmt (kauft) für die weggelegten Karten vom Talon, darf aber nicht mehr als die 5 ersten und nicht weniger
als 3 nehmen. Hat der Erste von den 5 Karten eine oder beide liegen lassen, so muß der Zweite zunächst
diese kaufen. Auch er braucht nur 3 zu nehmen. Hiernach werden die Karten gezählt, d. h. es wird ihr Wert nach besondern
Zusammenstellungen, die sie ergeben angesagt. Man unterscheidet: den Rummel (oder das Blatt),
[* 93] die Sequenzen
(oder Folgen) und die Kunststücke. Rummel nennt man die Farbe, von welcher der Spieler die meisten Blätter in der Hand
[* 94] hat; jede
Karte davon zählt so viel Points wie der Rummel¶
Nach geschehener Zählung spielt die Vorhand aus. Es muß stets Farbe bekannt werden. Jedes einzelne Ausspielen
und jeder gemachte Stich zählen 1; doch wird, wenn der Ausspieler auch den Stich macht, ihm für beides zusammen nur 1 gerechnet.
Für den letzten Stich, der beim Ausspielen der 12 Karten gemacht wird, zählt man meistenteils 3. Wer die größere Zahl von
Stichen gemacht hat, rechnet dafür 10. Hat jeder 6 Stiche, so bleiben sie stehen und werden je nach Übereinkunft
demjenigen zugeschrieben, der im nächsten Spiel die meisten Stiche macht.
Ist der Gegner nicht im stande, etwas Gültiges anzusagen, und kann er keinen einzigen Stich machen, so zählt die Vorhand,
wenn sie eine Anzahl von Augen angesagt hat und mit diesen durch das ununterbrochene Ausspielen bis auf 30 gekommen
ist, statt 30 nun 60 (macht einen »Sechziger«) und weiterhin 61, 62 etc.
Wenn einer von den Spielenden nichts Gültiges anzumelden hat, der andre aber durch fortgesetztes Anmelden bis auf 30 kommt,
so macht er einen »Neunziger«. Macht einer alle Stiche (capot oder Vole), so zählt er dafür 30 extra.
Hat einer der Spieler nach beendigtem Kauf lauter Bilder (Figuren, cartes blanches), so trägt ihm dies 10 ein. Gewöhnlich wird
hierbei auch die Zehn als Bild betrachtet. Das Pikett wird entweder nach Partien oder nach Augen gespielt. Beim
Partiespiel wird nicht weiter als bis zu 100 Augen gespielt. Bekommt der Verlierende nicht 50 Augen, so muß er das Doppelte
des ausgemachten Preises zahlen.
sich auf etwas pikieren, seine Ehre in etwas setzen, etwas eifrigst
treiben;
pikiert, gereizt, empfindlich. - Als technischer Ausdruck der Violinspieler bezeichnet Pikieren das non legato (Halbstakkato),
d. h. das nicht eigentlich abgestoßene, sondern nur nicht gebundene Spiel eines schnellen Ganges mit einem Bogenstrich, gefordert
durch Stakkatopunkte unter den Legatobogen, eins der schwierigsten Probleme des virtuosen Spiels, das ein ungemein leichtes
Handgelenk und lose Bogenführung erfordert. - In der Gärtnerei heißt Pikieren das Weiterpflanzen junger Sämlinge,
die in Samenschale, Beet u. dgl. gewöhnlich zu dicht stehen, zum
Zweck der Erstarkung vor dem Aussetzen an den Ort ihrer Bestimmung (ins Treibbeet, freie Land oder in Töpfe).
Das Pikieren geschieht
oft mehrere Male, zuerst bei kleinsten Pflanzen mit größter Vorsicht vermittelst eines Griffels, später,
indem man die Pflanzen immer weiter auseinander stellt. Nach dem Angießen müssen die pikierten Pflanzen beschattet, auch
wohl kurze Zeit in geschlossene Luft gebracht werden.
Vorteilhafter verwendet man statt des Phenols phenolsulfosaures Natron, oder man behandelt Botanybaiharz mit Salpetersäure.
Die gereinigte Pikrinsäure bildet hellgelbe, geruchlose, glänzende Kristalle,
[* 98] schmeckt intensiv bitter, ist giftig, löst sich ziemlich
schwer in kaltem, leicht in heißem Wasser, in Alkohol, Äther und Benzol, schmilzt bei 122,5,° sublimiert bei vorsichtigem,
verpufft bei schnellem Erhitzen, färbt Wolle und Seide, nicht aber vegetabilische Faser intensiv gelb, reagiert sauer und bildet
mit Basen im allgemeinen lösliche, kristallisierbare, rote oder gelbe Salze (Pikrate), welche zum Teil
beim Erhitzen und durch Schlag sehr heftig explodieren.
Man hat bisweilen statt reiner Pikrinsäure das Natronsalz (als Anilingelb) in den Handel gebracht, welches infolge seiner explosiven
Eigenschaft zu großen Unglücksfällen Veranlassung gegeben hat. Mit Cyankalium bildet Pikrinsäure Isopurpursäure (s. d.). Pikrinsäure dient
besonders zum Gelbfärben und in Verbindung mit Anilingrün, Indigo oder Berliner Blau zum Grünfärben von
Wolle und Seide. Man kann sie auch benutzen zur Unterscheidung animalischer und vegetabilischer Fasern. Bisweilen soll sie als
Hopfensurrogat benutzt worden sein; ihre Salze dienen zur Bereitung des sogen. Pikrin- oder Pikratpulvers.
(auch Peghten, lat. Picti), die kelt. Bewohner von
Kaledonien (s. d.), werden meist in Verbindung mit den aus Irland eingewanderten Skoten genannt, mit denen sie häufige Einfälle
in das römische Britannien, namentlich nach dem Abzug der Römer,
[* 99] unternahmen, wurden aber um 450 von den Angelsachsen zurückgetrieben
und nach langen Kämpfen auch aus dem südlichen Schottland verdrängt, worauf ihr Name verschwindet.