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derselben in Kunst und Wissenschaft einen außerordentlichen Aufschwung gegeben. Der Kollodiumprozeß tritt dem gegenüber mehr und mehr zurück. Die Photographie wird zu einer Universalkunst.
Ein sehr großer Übelstand der Photographie bestand darin, daß die photographischen Platten sich wesentlich nur für blaue Strahlen empfindlich zeigten, für grüne, gelbe und rote aber wenig oder nicht. Daher wurden blaue und violette Kleider in der Photographie oft weiß, gelbe und rote dagegen schwarz. Die Photographie nach farbigen Gegenständen (Gemälden) begegnete dadurch den allergrößten Schwierigkeiten. Leuchtende Wolken in Sonnenuntergangsbildern erschienen z. B. in der Photographie schwarz, der dunkelblaue Himmel [* 2] dagegen hell etc., und nur durch Negativretouche konnte man diese Mängel verdecken.
Die Ursache dieser Empfindlichkeit photographischer Platten für Blau und Violett wurde darin erkannt, daß die Platten wesentlich nur das blaue und violette Licht [* 3] verschluckten (absorbieren), und daß nur diese absorbieren Strahlen auf die Platte wirkten, die übrigen nicht. H. W. Vogel versuchte nun bereits 1873, dem Bromsilber Stoffe beizumischen, welche das grüne, gelbe und rote Licht absorbierten, um die photographische Platte dadurch auch für jene Strahlen empfindlich zu machen.
Der Versuch war von Erfolg gekrönt und wurde die Basis zur Entwickelung der farbenempfindlichen (isochromatischen, resp. orthochromatischen) Verfahren. Vogel benutzte als optische Sensibilisatoren, d. h. als Stoffe, welche das Bromsilber gelb-, resp. rotempfindlich machen, im Licht leicht verschießende Farbstoffe, wie Fuchsin, Cyanin, Eosin etc. Zuerst versuchte Ducos de Hauron dieses Prinzip praktisch anzuwenden. Die nachteilige Wirkung der Sensibilisatoren auf die photographischen Chemikalien stellte aber der Praxis Hindernisse in den Weg, die hauptsächlich durch Einführung der Gelatinetrockenplatten beseitigt wurden.
Attout Tailfer brachte 1883 mit Eosin gefärbte isochromatische Gelatineplatten in den Handel; 1884 entdeckte Vogel die optisch sensibilisierende Kraft [* 4] des Jacobsenschen Chinolinrots und präparierte mit diesem unter Zusatz von Chinolinblau die farbenempfindlichen Azalinplatten. Alle diese isochromen Platten bedurften aber zur Abschwächung des zu stark wirkenden blauen Lichts noch der Einschaltung einer Gelbscheibe bei der Aufnahme. Diese Mängel überwand H. W. Vogel durch Einführung des Eosinsilbers als optischen Sensibilisators.
Durch seine und Obernetters Bemühungen entstanden die Eosinsilberplatten, welche sich von den herkömmlichen farbenempfindlichen Trockenplatten durch bedeutend größere Empfindlichkeit auszeichnen. Nur für Aufnahmen von Gemälden bedürfen dieselben noch zuweilen (bei leuchtend blauen Tönen) einer Gelbscheibe, bei Landschaften, Porträten etc. nicht. Neuerdings hat man nach E. Alberts Vorgang Kollodiumemulsionen (Kollodium, in welchem Bromsilber fein verteilt ist) mit Vorteil zur farbenempfindlichen Photographie verwendet.
Zu dem Fortschritt der Photographie haben aber auch die zahlreichen Vervollkommnungen der Objektive, d. h. der photographischen Linsen, beigetragen. Früher benutzte man einfache achromatische Linsen, welche behufs Erzielung scharfer Bilder stark »abgeblendet« werden mußten. Infolgedessen gaben sie sehr lichtschwache Bilder, die eine lange Expositionszeit nötig machten. Ein großer Fortschritt war die Erfindung des Porträtobjektivs von Petzval, einer Doppellinse, die bedeutend hellere Bilder lieferte und die Aufnahme von Porträten in kurzer Expositionszeit ermöglichte.
Zur Aufnahme von Landschaften, Architekturen etc. ist weniger Lichtstärke, aber ein großer Gesichtswinkel notwendig. Die gewöhnlichen Landschaftsobjekte umfassen nur einen Winkel [* 5] von 30 bis 45°, der meist zu klein ist. Man benutzte dazu früher ausschließlich einfache Linsen, später aber die Tripletobjektive, seit 20 Jahren jedoch sehr allgemein die von Steinheil eingeführten Aplanate. Zu diesem System gehören auch die Euriskope, rapid rectilinear lenses etc. Diese geben bei einem Gesichtsfeld von ca. 60° eine hinreichende Lichtstärke, um in heiterm Sommerwetter selbst Momentaufnahmen zu gestatten.
Ist ein noch größeres Gesichtsfeld als 60° nötig, so nimmt man Weitwinkellinsen, wie Buschs Pantoskop, Dallmeyers Wide angle lens, Steinheils Weitwinkelaplanat, Voigtländers Weitwinkeleuriskop, die ein Gesichtsfeld von 75 bis 100° besitzen. Die Größe des Bildes hängt von der Brennweite der Linse [* 6] ab. Je größer diese, desto größer ist das Bild. Um die Camera [* 7] für Linsen verschiedener Brennweite benutzen zu können, ist sie mit einem Auszug versehen, der gestattet, sie zu verlängern, resp. zu verkürzen. Ist bei Landschafts- oder Architekturaufnahmen ganz nahe liegender Vordergrund mit weit entfernten Gegenständen im Bild enthalten, so muß man, um alle gleich scharf zu gewinnen, eine Blende anwenden. Dadurch werden aber die Bilder der Camera lichtschwächer, und dieses macht Aufnahmen von dunkeln Innenräumen (Interieurs) meistens in hohem Grad langwierig.
Das Atelier des Photographen erfordert, besonders zur Aufnahme von Porträten, gardinenähnliche Vorrichtungen, um das Licht passend zu regulieren. Wie dieselben anzuwenden sind, muß von dem Photographen für jeden einzelnen Fall mit künstlerische Verständnis bestimmt werden. Der Erkenntnis der künstlerischen Grundsätze, worauf die Photographie beruht (z. B. Stellung des Aufzunehmenden, Beleuchtung [* 8] desselben), verdankt man die wichtigsten Fortschritte im Felde der Porträtphotographie. Zu diesen Elementen tritt noch die Negativretouche, durch welche man diejenigen Teile, die zu hell, d. h. zu durchsichtig, erscheinen, durch Bearbeiten mit Bleistift [* 9] oder Tusche weniger durchsichtig macht und dadurch verhindert, daß sie beim Kopieren zu schwarz werden. Die Negativretouche wird jetzt in der Porträtphotographie ganz allgemein vorgenommen, ehe man zum Kopieren des Bildes schreitet.
Der chemische Prozeß, auf welchem das photographische Verfahren beruht, ist in manchen Stücken noch rätselhaft. Chlor-, Brom- und Jodsilber erleiden im Licht eine Farbenveränderung, die bei Chlorsilber am stärksten, bei Jodsilber am schwächsten ist. Bei der Belichtung von Chlor- und Bromsilber werden Chlor und Brom frei, und es entsteht ein Silbersubchlorid, resp. Silbersubbromid. Beim Belichten des Jodsilbers bemerkt man kein Freiwerden von Jod, aber alle Körper, welche Jod chemisch binden, erhöhen die Lichtempfindlichkeit des Jodsilbers beträchtlich.
Jodsilber gehört also zu den lichtempfindlichen Körpern, die sich nur bei Gegenwart eines Körpers kräftig zersetzen, der sich mit einem der frei werdenden Bestandteile verbindet. Dahin gehören: Höllensteinlösung, Tannin, Gallussäure, Pyrogallussäure etc. Solche Körper nennt man Erreger oder chemische Sensibilisatoren. Bei der Beachtung der Jodsilberplatte in der Camera findet demnach eine Reduktion statt. Über die Entwickelung und Verstärkung [* 10] des Bildes beim Kollodiumprozeß wurde schon gesprochen. Bei der Entwickelung der Trockenplatten benutzt man eine stark reduzierend wirkende Flüssigkeit, entweder Pyrogallussäure mit Ammoniak ¶
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oder kohlensaurem Alkali, oder aber oxalsaures Eisenoxydul, gelöst in neutralem oxalsauren Kali. Diese Flüssigkeiten reduzieren das vom Licht getroffene Bromsilber zu metallischem, grauschwarzem, pulverigem Silber. Das so entstehende Negativ ist in den meisten Fällen kräftig genug, um eine Verstärkung überflüssig zu machen, und bedarf nur noch der Fixierung (Entfernung des Bromsilbers) durch unterschwefligsaures Natron. Nachher ist aber ein sehr langes Waschen erforderlich, um die der Gelatineschicht hartnäckig anhaftenden Fixiersalze zu entfernen.
Die hohe Empfindlichkeit der Gelatinetrockenplatten beruht in der Bildung einer hochempfindlichen Bromsilbermodifikation durch Kochen der Emulsion; erstere wurde bereits 1874 von Stas entdeckt. Der positive Prozeß besteht in einer durch das Licht bewirkten und durch Gegenwart der organischen Papierfaser beförderten Reduktion des Höllensteins und Chlorsilbers zu metallischem Silber von brauner Farbe, welches die Konturen des Bildes bildet. Die im Papier enthaltenen Silbersalze werden nur zum kleinsten Teil reduziert; der Überschuß derselben muß durch Waschen, resp. durch Baden [* 12] in der unterschwefligsauren Natronlösung entfernt werden.
Beim Tonen der Bilder in Goldlösung wird ein Teil des Goldchlorids in der Lösung durch das metallische Silber reduziert, und es schlägt sich dann metallisches Gold [* 13] an Stelle der Bildkonturen nieder, welches die Farbe des Bildes angenehmer macht. Somit besteht das fertige Papierbild teils aus Silber, teils aus Gold. Auf 4 Teile Silber kommt etwa 1 Teil Gold. Das Quantum edler Metalle ist aber sehr gering, es beträgt in einem Visitenkartenbild etwa 1/500 g.
Vgl. Vogel, Die chemischen Wirkungen des Lichts und die Photographie (2. Aufl., Leipz. 1884).
Verschiedene Kopierverfahren.
Zum Kopieren der Negative können mit gleichem Vorteil auch andre lichtempfindliche Metallsalze verwendet werden, zunächst Eisensalze. Tränkt man das Papier mit einer Mischung von zitronsaurem Eisenoxyd und rotem Blutlaugensalz und exponiert noch feucht, so erhält man ein blaues Bild, welches durch Waschen in Wasser fixiert wird. Dieser schon 1840 von Herschel entdeckte sogen. Blauprozeß hat zum Kopieren von Zeichnungen im Lichtpausprozeß Verwendung gefunden.
Uranoxydsalze werden auf damit getränkten Papieren im Licht zu Uranoxydulsalzen reduziert, die dann in Silberlösung sich kräftig dunkel färben. Die Anwendung derselben für die Praxis hat sich jedoch nicht bewährt. Das Kohleverfahren oder Pigmentdruckverfahren gründet sich darauf, daß Gelatine, wenn man sie mit einem chromsauren Salz [* 14] dem Licht aussetzt, in Wasser unlöslich wird. Ist ihr ein Farbstoff (Pigment) beigemischt, so halten die unlöslich gewordenen Stellen diesen mechanisch zurück.
Überzieht man Papier mit solcher Mischung und exponiert es unter einem Negativ, so kann man durch Auswaschen mit heißem Wasser ein Bild erhalten. Da aber die Wirkung des Lichts an der Oberfläche beginnt und sich mehr oder weniger tief durch die Dicke der lichtempfindlichen Schicht erstreckt, so werden unter den im Licht unlöslich gewordenen Stellen noch einzelne unmittelbar auf dem Papier liegende Gelatineteilchen löslich bleiben, welche in heißem Wasser sich lösen und den darüberliegenden »Halbtönen« ihren Halt rauben. Um dieses zu vermeiden, hebt man das auf der Oberfläche der belichteten Schicht liegende, anfangs unsichtbare Bild ab. Für diesen Zweck preßt man ein Stück mit gegerbter Gelatine überzogenen Papiers auf das sogen. Übertragspapier.
Dieses klebt dann auf der Oberfläche fest. Behandelt man jetzt die zusammengepreßten Papiere mit heißem Wasser, so werden alle nicht vom Licht getroffenen Stellen gelöst; das erste Papier, welches nur als Träger [* 15] der lichtempfindlichen Gelatineschicht diente, löst sich ab, und die Bildstellen, aus unlöslich gewordener farbiger Gelatine bestehend, haften am Übertragspapier. Ist dieses mit einer feinen Harzschicht eingerieben, so ist die Haftung nur locker.
Preßt man alsdann ein zweites Stück Gelatinepapier auf, so haftet das Bild auf der zweiten Fläche stärker als auf der ersten und kann demnach in dieser Weise zum zweitenmal übertragen werden. Das beim ersten Übertrag erhaltene »Pigmentbild« ist verkehrt, d. h. es erscheint als Spiegelbild des Gegenstandes; das zweimal übertragene Bild ist dagegen in richtiger Stellung. Man kann diese Pigmentbilder auch auf Glas [* 16] übertragen und erhält dadurch schöne transparente Fensterbilder. Die Bilder vergilben nicht wie die Silberbilder (s. oben), sind aber mechanisch leicht verletzbar. - Das Anilindruckverfahren von Willis dient zur Darstellung von positiven Bildern nach Positiven.
Man läßt Papier auf einer Lösung von doppeltchromsaurem Kali u. Schwefelsäure, [* 17] resp. Phosphorsäure schwimmen und im Dunkeln trocknen. Dann exponiert man unter einem positiven Bild, z. B. einer Zeichnung, bis die Zeichnung gelb auf grünem Grund sichtbar wird, und entwickelt das Bild, indem man es an dem Deckel einer Kiste befestigt, auf deren Boden ein Blatt [* 18] Löschpapier liegt, welches mit einer Lösung von Anilin in Benzol getränkt ist. Das Bild entwickelt sich rasch und wird nach dem Waschen in Wasser blauschwarz. Dies Verfahren eignet sich vortrefflich zum Kopieren von Karten, Plänen und Zeichnungen. Es beruht darauf, daß an den durch die schwarzen Striche der Zeichnung geschützen Stellen sich unveränderte Chromsäure befindet, welche in Berührung mit den Anilindämpfen eine intensive Anilinfarbe erzeugt. In allen übrigen Stellen ist die Chromsäure durch das Licht zerstört, und hier bleibt das Papier farblos. - Bei dem Staubverfahren mischt man chromsaures Salz mit Gummilösung und Traubenzucker und läßt diese Lösung auf Glas eintrocknen.
Die Schicht verliert im Licht ihre Klebrigkeit. Belichtet man sie unter einem positiven Bild, so bleibt sie unter den schwarzen Bildkonturen klebrig, und wenn man dann trocknes Farbenpulver aufstäubt, so haftet dieses an den klebrig gebliebenes Stellen, und in dieser Weise kommt das Bild in Staubfarbe zum Vorschein. Dieses Verfahren ist von Pizzighelli (»Anthrakotypie und Cyanotypie«, Wien [* 19] 1881) mit einigen Abänderungen unter dem Namen Anthrakotypie zur Herstellung von Lichtpausen auf Papier benutzt worden.
Hat man ein negatives Bild als Orginal ^[richtig: Original] benutzt, so erhält man wiederum ein negatives Bild. In dieser Form bildet das Staubverfahren auf Glas ein wichtiges Hilfsmittel zur Reproduktion der zerbrechlichen photographischen Negative. Stäubt man mit Porzellanfarbe ein, so erhält man ein einbrennbares Bild, welches nach dem Überziehen der Schicht mit Kollodium sich unter Wasser leicht vom Glas ablösen und auf andre Flächen (Porzellan- und Glasgeschirr) übertragen und einbrennen läßt. So erhält man die eingebrannten Bilder auf Glas und Porzellan. Nach Grüne fertigt man nach einem Negativ mit Hilfe der Camera obscura ein positives Kollodiumbild an. Dieses wird in eine Platinlösung getaucht, und hier reduziert das ¶
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Silber der Bildkonturen das Platin. Dieses schlägt sich an den Bildstellen nieder, und so entsteht ein Platinbild, welches sich vom Glas abziehen, auf Porzellan übertragen und einbrennen läßt. - Hierher gehört auch der Platindruck von Willis. Zur Ausführung desselben wird ein mit Eisenchlorid und Platinchlorür getränktes Papier benutzt, welches im Handel zu haben ist. Dasselbe liefert, unter einem Negativ belichtet, ein schwach sichtbares Bild, welches durch Eintauchen in eine heiße Lösung von neutralen oxalsauren Kali kräftig schwarz hervortritt.
Die Bilder sind chemisch fast unveränderlich (vgl. Pizzighelli u. Hübl, Die Platinotypie, Wien 1882). Neuerdings hat das Bromsilbergelatinepapier im Positivprozeß Boden gewonnen; es dient hauptsächlich zum Kopieren von Papierbildern mittels Lampenlicht (s. S. 21: Vergrößerungen). Auch das Chlorsilbergelatinepapier (zuerst empfohlen von Eder) findet jetzt für diesen Zweck Verwendung.
Vgl. Eder, Photographie auf Bromsilber und Chlorsilbergelatine (Halle [* 21] 1885).
Porträt-, Landschafts-Photographie, Stereoskopen etc.
Das Problem, Photographien in natürlichen Farben herzustellen (Heliochromie, Photochromatie), ist streng genommen noch ungelöst, trotz interessante und folgenreicher Versuche in dieser Richtung. Man erhält farbige Bilder nach der Natur, wenn man nach Niepce Silberplatten in eine Lösung von Kupferchlorid und Eisenchlorid taucht. Sie laufen dann dunkel an unter Bildung von Silberchlorür. Wenn man die Platten unter farbigen Bildern kopiert, so bekommt man in der That farbige Bilder, welche annähernd die Naturfarbe zeigen, aber leider nicht fixiert werden können.
Poitevin erzeugte ähnliche Bilder auf Papier. Nach seinem Verfahren wird Salzpapier auf Silberlösung sensibilisiert, ähnlich dem photographischen Positivpapier, dann behufs Entfernung der Silberlösung gewaschen, nachher in einer Lösung von Zinnchlorür dem Licht ausgesetzt. Hierbei bildet sich aus dem weißen Chlorsilber violettes Silberchlorür. Das Zinnchlorür wirkt nur als Reduktionsmittel. Dieses Papier ist für sich allein wenig farbenempfindlich; behandelt man es aber mit einer Lösung von chromsaurem Kali und Kupfervitriol, so nimmt seine Empfindlichkeit bedeutend zu, so daß man transparente farbige Bilder mit Leichtigkeit damit kopieren kann.
Die Farben sind jedoch niemals so lebhaft als die des Originals; am deutlichsten reproduzieren sich noch die rötlichen Töne. Nach dem Kopieren wäscht man die Bilder mit Wasser aus, um sie weniger lichtempfindlich zu machen. In diesem Zustand halten sie sich im Halbdunkel ziemlich lange; aber ein Mittel, sie absolut haltbar zu machen, ist noch nicht gefunden. Das Fixiernatron der Photographen zerstört die Farben sofort. Die französischen Photochromien sind gewöhnliche Photographien mit eingedickten Farben.
Das populärste Feld der Photographie ist das Porträtfach. Die Erzielung eines gefälligen Porträts hängt nicht nur von der sorgfältigen Beobachtung der technischen Regeln der Photographie ab, sondern auch von der Erfüllung künstlerischer Bedingungen in Stellung des Aufzunehmenden, richtiger Lichtverteilung, Arrangement der Umgebung, zugleich aber auch von der glücklichen Disposition des Originals, der Stimmung desselben und der Fähigkeit, ruhig zu sitzen. Zur Sicherung der Unbeweglichkeit während der Aufnahme war früher bei Anwendung des weniger empfindlichen Kollodiumverfahrens der Kopfhalter ganz unbedingt notwendig, damit wenigstens der wichtigste Teil des Porträts, das Gesicht, [* 22] scharf werde.
Neuerdings, bei Anwendung hochempfindlicher Gelatineplatten, welche kurze Expositionen erlauben, kann man ihn bei gutem Licht eher entbehren. Dunkle Kleider eignen sich, namentlich für Herren, besser als helle. Das Arrangement kann nur vom Photographen, nicht vom Aufzunehmenden beurteilt werden. Das bei der Aufnahme gewonnene Negativ bedarf noch der Retouche. Nachher wird es auf gewöhnlichem Weg kopiert und die kleinen Fehler, die dann noch im Bild übrig sind, durch Positivretouche hinweggeschafft.
Die Bildgröße richtet sich nach der Brennweite des Objektivs; man benutzt daher zu größern Aufnahmen Objektive mit längerer Brennweite. Je länger dieselbe, desto schwieriger ist es, alle Punkte des Aufzunehmenden in den Fokus zu bringen, d. h. scharf darzustellen. Gewöhnlich werden nur die in einer Ebene liegenden Teile vollkommen scharf, die vor oder hinter derselben liegenden Partien aber mehr oder weniger »unscharf«. Aus diesem Grund sind direkte lebensgroße Aufnahmen mit Schwierigkeiten verknüpft, und man pflegt lebensgroße Bilder lieber dadurch herzustellen, daß man Bilder nach kleinen Negativen vergrößert (s. unten).
Bei photographischen Aufnahmen spielen die perspektivischen Eigentümlichkeiten der Linsenbilder eine einflußreiche Rolle; so werden z. B. zu weit vorgesteckte Hände oder Füße leicht zu groß. Sonnenlicht gibt häßliche Schlaglichter und Schlagschatten in Gesichtern; deshalb vermeidet man es bei Porträtaufnahmen gänzlich, indem man das Atelier nach Norden [* 23] hin anlegt. Aufnahmen in sehr kurzer Expositionszeit, sogen. Momentbilder, lassen sich mit Hilfe der modernen hochempfindlichen Gelatineplatten und guter Objektive bei gutem Licht unschwer erzielen, am besten im Freien im Sommer.
Man hat zum schnellen Öffnen und Schließen sogen. Momentverschlüsse der mannigfachsten Konstruktion erdacht. Die einfachsten sind diejenigen, bei welchen mittels auszulösender Sprungfeder ein Brett oder Blech mit einem Schlitz am Objektiv vorbeigezogen wird. Je nach der Kraft der Feder sind Expositionen von 1/40 bis 1/300 Sekunde leicht zu erzielen. Hat man eine Anzahl solcher Apparate nebeneinander gestellt auf einen vorüberlaufenden oder springenden Menschen oder ein laufendes Pferd [* 24] gerichtet und sorgt mittels elektrischer oder mechanischer Auslösung dafür, daß sie sich kurz hintereinander öffnen und schließen, so gelingt es, in einer Sekunde 15-30 solcher Aufnahmen zu erhalten, welche die einzelnen Bewegungsphasen in Intervallen von 1/15 oder 1/30 Sekunde zeigen; in dieser Weise sind von Muybridge in San Francisco und Anschütz in Lissa [* 25] Serien-Momentaufnahmen gefertigt worden.
Die ursprünglichen Bilder sind nur klein (ca. 10-13 mm), sie können aber leicht bis auf Kabinettgröße vergrößert werden. Um Aufnahmen von Volksszenen unbeobachtet zu ermöglichen, hat man kleine Apparate mit Momentverschluß konstruiert, die entweder unter dem Rock zu tragen (Geheim-Camera), oder in eine unscheinbare Form gebracht sind, die den Zweck verbirgt (Detektiv-Camera).
Vgl. Eder, Die Momentphotographie (2. Aufl., Halle 1886-88, 2 Tle.);
Derselbe, Anleitung zur Herstellung von Momentphotographien (2. Aufl., das. 1887).
Das Architektur- und Landschaftsfach liefert die Bilder interessante Denkmäler der Baukunst, [* 26] Veduten, Ansichten fremder Erdregionen und ist somit ein wichtiges Hilfsmittel der Forschung und Belehrung. Bei Ausübung desselben befolgt man das gewöhnliche photographische Verfahren. Lichtstarke Instrumente, wie im Porträtfach, hat man nur nötig, ¶
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wenn es gilt, Augenblicksbilder aufzunehmen; in allen übrigen Fällen begnügt man sich mit Linsen von kleinerm Durchmesser, die zwar lichtschwächer, vermöge ihrer eigentümlichen Konstruktion aber im stande sind, ein größeres Gesichtsfeld zu überschauen. Dahin gehören die sogen. einfachen Landschaftslinsen, die jetzt veralteten Triplets, die von Steinheil eingeführten Aplanate und Antiplanate, Voigtländers Euriskope und die Weitwinkellinsen (s. oben).
Letztere sind zur Aufnahme breiter Ansichten ganz unschätzbar, namentlich bei kurzen Distanzen. Ein ganz eigentümliche Apparat zur Landschaftsaufnahme ist die Panoramen-Camera. Dieselbe dreht sich während der Aufnahme, so daß nach und nach alle Gegenstände des Horizonts in das Gesichtsfeld des Apparats treten. Die Platte folgt in sinnreicher Weise der Drehung des Apparats, so daß man ein vollständiges Panoramenbild erhält. Dergleichen Bilder sind vielfach von Braun zu Dornach in den Alpen [* 28] aufgenommen worden.
Die Landschaftsapparate müssen leicht transportabel sein. Der Landschaftsphotograph hat oft schwierige Punkte zu begeben, wo die Mitnahme schweren Gepäcks zu den größten Schwierigkeiten gehört. Durch Einführung der empfindlichen Trockenplatten ist die Landschaftsphotographie sehr erheblich erleichtert worden. Man kann diese Platten fertig präpariert mit auf die Reise nehmen und sie nach der Beachtung beliebig lange verwahren, ehe man zur Entwickelung schreitet.
Beachtung künstlerischer Grundsätze ist auch im Landschaftsfach eine wichtige Regel zur Erzielung gefälliger Bilder. Wahl des Standpunktes und der günstigsten Beleuchtung sind die Hauptmomente, worauf der Landschaftsphotograph zu achten hat. Namentlich empfehlen sich für diesen die sogen. Eosinsilberplatten, weil sie keiner gelben Scheibe (s. oben) bedürfen; sie geben eine erheblich bessere Zeichnung des grünen Laubwerkes sowie der Wolken und der in Dunst gehüllten Ferne als die gewöhnlichen Platten.
Vgl. Remelé u. Vogel, Landschaftsphotographie (3. Aufl., Berl. 1883).
Stereoskopenbilder sind mit Hilfe der Photographie leicht herzustellen. Es genügt, zwei Aufnahmen desselben Gegenstandes von zwei verschiedenen Punkten aus zu machen. Befindet sich jener in der Nähe, so liegen auch die beiden Aufnahmepunkte nahe bei einander, nur um 8 cm voneinander entfernt. Man nimmt dann beide Bilder mit einemmal auf, indem man eine Camera mit zwei Objektiven benutzt (Stereoskopen-Camera). Das rechte Objektiv liefert alsdann das Bild für das rechte Auge, [* 29] das linke Objektiv das für das linke Auge.
Sind die Gegenstände sehr weit entfernt, so macht man die beiden Aufnahmen nacheinander, indem man dabei die Camera um 30-60 cm verrückt. Aufnahmen vom Luftballon aus sind seit Einführung der Gelatinetrockenplatten wiederholt mit Erfolg gemacht worden und zwar mittels momentaner Exposition durch das königlich preußische Ballondetachement (Leutnant v. Hagen). [* 30] Mondscheinbilder sind oft nichts weiter als bei hellem Tage gemachte Aufnahmen, die so dunkel kopiert werden, daß sie einen mondscheinartigen Effekt machen. Um denselben zu erhöhen, drückt man besonders aufgenommene Wolkenplatten ein, d. h. Negative, nach Wolken aufgenommen, in denen der Mond [* 31] durch Einkleben einer schwarzen Scheibe hergestellt ist. Dennoch ist es seit Einführung der hochempfindlichen Gelatineplatten möglich, bei wirklichem Mondschein photographische Aufnahmen zu machen, freilich mit einer Expositionszeit, die 144,000mal länger ist als die bei Tageslicht bei denselben Instrumenten und Platten nötige. So erhielt E. Vogel in zwei Stunden Belichtungszeit eine Aufnahme der königlichen technischen Hochschule zu Berlin-Charlottenburg.
Vergrößerungen, mikroskopische u. astronom. Photographie.
Vergrößerungen stellte man früher ausschließlich mittels der sogen. Solar-Camera her. Dies ist ein dem Sonnenmikroskop [* 32] oder der Laterna [* 33] magika ähnliches Instrument, welches einen nach zwei Richtungen hin beweglichen Spiegel [* 34] enthält, der die Sonnenstrahlen auf eine plankonvexe große Linse wirft. Diese konzentriert die Strahlen auf das Negativ und beleuchtet es blendend hell. Das Negativ steht nahe dem Brennpunkt einer Porträtlinse, die genau in derselben Weise wie die Linse einer Laterna magika ein vergrößertes Bild von dem Negativ entwirft.
Der Spiegel wird, um dem Lauf der Sonne [* 35] folgen zu können, durch einen Heliostaten oder durch Drehung mit der Hand [* 36] bewegt. Man stellt den Spiegel vor dem Fenster eines verfinsterten Zimmers auf, läßt die Lichtstrahlen in den im Zimmer befindlichen Apparat fallen, stellt das Bild auf einem Rahmen scharf ein und spannt alsdann lichtempfindliches Papier an Stelle des Bildes auf. Auf diesem erscheint alsdann das Bild durch Wirkung der Sonnenstrahlen. Die Vollendung des Bildes geschieht wie beim gewöhnlichen Kopierprozeß.
Statt des Sonnenlichts wird auch elektrisches Licht und Magnesiumlicht mit Erfolg angewendet. Neuerdings ist die Herstellung von Vergrößerungen sehr erleichtert worden durch Anwendung des hochempfindlichen Bromsilberemulsion-Papiers. Auf diesem Papier erscheint das Bild nicht direkt, sondern erst bei Anwendung eines Entwickelungsprozesses (s. oben). Das Papier ist so empfindlich, daß selbst Petroleumlicht zur Herstellung solcher Vergrößerungen hinreicht.
Einfache Apparate der Art für Amateurzwecke sind im Handel. Mikroskopische Bilder, die nur unter starker Vergrößerung sichtbar sind, werden nach einem gewöhnlichen Negativ in einer eigentümlichen kleinen Camera aufgenommen. Man stellt mit Hilfe eines Mikroskops ein. Dagron stellt auf einer und derselben Glasplatte 24 Bilder nach einem gewöhnlichen Negativ nebeneinander dar, zerschneidet die Platte nach dem Fixieren und kittet jedes Stückchen, welches ein Bild enthält, auf ein Glasstäbchen von Kronglas, welches 5-6 mm lang, 2 mm dick, an einem Ende flach, am andern konvex geschliffen ist, so daß es eine Linse bildet.
Das Bild befindet sich im Brennpunkt dieser plankonvexen Linse und wird mittels dieser vergrößert gesehen. Große Wichtigkeit erlangten diese mikroskopischen Bildchen zur Zeit der Belagerung von Paris [* 37] zur Reduktion der Taubenpostdepeschen auf einen denkbar kleinsten Raum. Man setzte die Depeschen (oft mehrere Hunderte gleichzeitig) in gewöhnlicher Schrift, photographiert diese mikroskopisch auf Kollodium, löste das dünne Häutchen mit dem Bild ab und steckte eine Anzahl solcher Häutchen in eine Federpose, die der Brieftaube angebunden wurde.
Die Häutchen wurden am Bestimmungsort mittels einer Laterna magika vergrößert und dann von Schreibern kopiert. Ebenso wichtig wie die mikroskopische Photographie ist die Mikrophotographie, d. h. die photographische Fixierung der durch ein Mikroskop [* 38] hervorgebrachten vergrößerten Bilder. Diese Mikrophotographie wird besonders zu wissenschaftlichen und Unterrichtszwecken benutzt. Man verwendet dazu meist ein gewöhnliches Mikroskop, dessen Objekt sehr hell beleuchtet werden muß. Das Okular wird meist herausgenommen und mit Hilfe des Objektivs ein vergrößertes Bild des Objekts auf der Visierscheibe ¶
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einer dem Mikroskop angefügten Camera entworfen. Die Aufnahme geschieht wie gewöhnlich. Von großer Bedeutung für die Wissenschaft ist ferner die astronomische Photographie. Bei dieser dient das Fernrohr [* 40] als Camera. Die Linse desselben entwirft in ihrem Brennpunkt ein objektives Bild des zu photographierenden Gestirns, welches entweder direkt mit Hilfe einer lichtempfindlichen Platte aufgefangen, oder mit Hilfe einer zweiten Linse vergrößert wird. Letzteres ist nur möglich bei sehr hellen Objekten, wie die Sonne.
Die astronomische Photographie fertigt Sonnenbilder in verschiedenen Zeiten, die ein treues Bild der »Fackeln« und »Flecke« und ihrer Veränderungen liefern, ferner Mondbilder. Warren de la Rue hat mit Hilfe eines zehnfüßigen Teleskops Mondbilder aufgenommen und die Negative, welche reichlich 2,5 cm Durchmesser besitzen, 8-, auch 16mal vergrößert. Er wandte das gewöhnliche nasse Kollodiumverfahren an und exponierte bei Vollmond 1-5 Sekunden, bei zu- oder abnehmendem Mond 20-30 Sekunden.
Endlich ist es auch gelungen, vom Mond Stereoskopbilder zu gewinnen, indem die Schwankungen des Mondes (Librationen) in seiner Stellung zur Erde benutzt wurden, um zwei verschiedene Bilder zu erhalten. Die trefflichen Mondbilder hat Rutherford in New York geliefert, wobei ihm die besonders klare Atmosphäre von New York zu statten kam. Eine besondere Wichtigkeit spielt die Photographie bei der Aufnahme der Erscheinungen während einer Sonnenfinsternis, [* 41] die gewöhnlich so rasch vorübergehen, daß zur Zeichnung nicht Zeit ist.
Hier handelt es sich hauptsächlich um Fixierung der Gestalt und Lage der Protuberanzen und der viel lichtschwächern, ihrer Natur nach rätselhaften Corona [* 42] (vgl. Sonne). Zur Aufnahme der Protuberanzen auf Gelatinetrockenplatten genügt bei günstigen atmosphärischen Verhältnissen der Bruchteil einer Sekunde, zur Aufnahme der Corona die achtfache Zeit. Schwieriger ist die Aufnahme der Fixsterne. [* 43] Doch hat man seit Einführung der Gelatinetrockenplatte damit die außerordentlichsten Resultate erzielt.
Epochemachend sind in dieser Hinsicht die Arbeiten der Gebrüder Henry in Paris; sie wendeten ein Fernrohr von 34 cm Öffnung und 343 cm Fokus an und erhielten damit selbst bei Beachtung von nur ½ Sekunde Sterne 6. Größe (die kleinsten mit bloßem Auge sichtbaren), bei einer Belichtung von 20 Sekunden Sterne 10. Größe und bei einer 1½ stündigen Belichtung sogar Sterne 16. Größe. Bei so lange dauernden Belichtungen bilden sich die hellen Sterne infolge der Scintillation als runde Scheiben ab, deren Durchmesser mit ihrer Helligkeit wächst. Es ist sogar den Gebrüdern Henry gelungen, an dem Stern Maja in den Plejaden durch Photographie einen Nebel zu entdecken, der bis dahin nicht bekannt war.
Ihre Erfolge haben den astronomischen Kongreß, welcher 1887 in Paris abgehalten wurde, veranlaßt, die photographische Mappierung des gesamten Himmels zu beschließen, und werden demzufolge von verschiedenen Staaten astronomisch-photographische Fernrohre aufgestellt (in Deutschland [* 44] drei), welche den Himmel in einzelnen Sektionen aufnehmen sollen. Es werden dazu 10,000 Aufnahmen (Doubletten nicht gerechnet) erforderlich sein. Die Gebrüder Henry haben auch Planetenaufnahmen (Jupiter und Saturn) mit bestem Erfolg gefertigt.
Vortreffliche Aufnahmen von Kometen [* 45] lieferte Jannsen in Paris, Aufnahmen des Orionnebels Common in London. [* 46] Ebenso wichtig wie Sonnenaufnahmen sind Aufnahmen des Sonnenspektrums. Diese sind insofern von Interesse, als die Photographie auch Bilder liefert von dem dem Auge kaum sichtbaren ultravioletten Teil des Spektrums, indem gerade für diese wenig sichtbaren Strahlen die photographische Platte ganz besonders empfindlich ist. Durch Einführung von H. W. Vogels farbenempfindlichen Platten (s. oben) ist es aber auch gelungen, die roten, gelben und grünen Teile des Spektrums, die auf gewöhnlichen Platten wenig oder nicht wirksam sind, photographisch zu fixieren, und neuerdings hat Rowland in Baltimore [* 47] mit seinen konkaven Beugungsgittern auf Spiegelmetall ein Sonnenspektrum aufgenommen, welches von D bis H 9 m Länge zeigt.
Aber auch die Spektren von Fixsternen hat man mit Erfolg aufgezeichnet. Die ersten Spektren der Art erhielt Huggins. Seine Photographie des Siriusspektrums enthielt verschiedene neue Linien im Ultraviolett. Gleichzeitig photographierte H. W. Vogel das Spektrum des Wasserstoffs und erhielt dieselben Linien, so daß der Ursprung der Siriuslinien durch die Photographie erkannt war. Jetzt fertigt Pickering in Boston [* 48] Spektralphotographien der Sterne in einfachster Weise, indem er ein großes Prisma [* 49] vor das Objektiv des Fernrohrs setzt. Zur Aufnahme des Siriusspektrums genügen 5 Minuten.
Vgl. v. Konkoly, Anleitung zur Himmelsphotographie (Halle 1887).
Photographien des Blitzes sind neuerdings mit großem Erfolg aufgenommen worden. Die merkwürdigste Blitzaufnahme erzielte Kayser. Photographien des Nordlichts gelangen Tromholt mit Hilfe von farbenempfindlichen Azalinplatten (s. oben) im Winter 1886.
Künstliches Licht hat man wiederholt mit Erfolg in der Photographie verwendet. Das gewöhnliche Lampenlicht weist nur eine schwache photographische Wirksamkeit auf, die jedoch zum Kopieren auf Bromsilberplatten oder Bromsilber-Gelatinepapier hinreichte (s. oben). Besser ist das mit Sauerstoff angeblasene Kohlenwasserstofflicht, noch reicher an chemisch wirksamen Strahlen aber das Magnesiumlicht und das elektrische Licht. Letzteres erregte allgemeine Aufmerksamkeit, als durch Einführung der Dynamomaschine die Herstellung starker elektrischer Ströme bedeutend erleichtert wurde.
Van der Weyde (London) und Kurtz (New York) führten das elektrische Licht in das Porträtfach ein, indem sie dasselbe im Brennpunkt eines großen parabolischen Reflektors aus weißem Papier anbrachten und die direkten Strahlen vom Modell abhielten. Zur Entwickelung des Magnesiumlichts benutzte man bisher Magnesiumdraht. Neuerdings führten aber Gädicke und Miethe eine explosible Mischung von Magnesiumpulver mit salpetersauren Salzen ein, die in 1/30-1/40 Sekunde abbrennt und dadurch sogar die Aufnahme von Momentbildern (Blitzphotographien) gestattet. Da dieses Blitzpulver sehr billig u. seine Anwendung sehr leicht ist, so ist es jetzt als das bequemste künstliche Licht in der Photographie zu betrachten.
Vgl. Gädicke u. Miethe, Die Photographie mit Magnesiumlicht (Berl. 1887).
Photomechanische Druckverfahren.
Seit Erfindung der Photographie hat man sich bemüht, sie in Verbindung mit den graphischen Künsten zu setzen, um auf solche Weise eine leichte und billige Vervielfältigung photographische Bilder zu ermöglichen. Die erste Methode der Art ist die Heliographie von Nicéphore Niepce, bei welcher eine Lösung von Asphalt in Lavendelöl auf eine Stahlplatte ausgebreitet und getrocknet, dann mit einem positiven Bild bedeckt wird. Das Licht scheint durch alle hellen Stellen des Bildes hindurch und macht die darunter befindliche Asphaltschicht unlöslich, die durch die schwarzen Striche vor der Wirkung des ¶
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Lichts geschützten Asphaltteile bleiben aber löslich. Behandelt man demnach die Platte nach der Belichtung mit einem Lösungsmittel, z. B. Lavendelöl, so löst dieses nur die Teile auf, die sich unter den Strichen der Zeichnung befanden; an diesen Stellen wird die Platte freigelegt, an den übrigen bleibt sie bedeckt und ähnelt so einer Zeichnung, die durch Radieren in dem Asphaltüberzug hergestellt ist. Übergießt man solche Platten mit einer Säure, so ätzt diese das Metall an den bloßgelegten Stellen an, und so entsteht eine vertiefte Zeichnung im Metall (Tiefätzung), die auf das vollkommenste einem Kupfer- oder Stahlstich gleicht und, wie dieser, abgedruckt werden kann.
Dieses Verfahren eignet sich nur für Reproduktion von Zeichnungen in Strichmanier. Die homogenen Halbtöne gewöhnlicher Photographien werden dadurch nur mangelhaft wiedergegeben. Wendet man statt des positiven Bildes ein negatives Glasbild als Original an, so werden die unter den im Negativ durchsichtigen Strichen liegenden Partien unlöslich, und beim Ätzen solcher Platten bleiben die Striche der Zeichnung erhaben stehen und stellen so einen Block für die Buchdruckpresse dar (Hochätzung).
Das Verfahren verlangt aber ein viel tieferes Ätzen als das oben genannte photographische Kupferdruckverfahren. Der Asphaltprozeß auf Kupfer [* 51] und Zink ist bis in die neueste Zeit angewendet worden; auf Zink wurden hauptsächlich Hochdruckblöcke für die Buchdruckpresse gefertigt. Führt man das Asphaltverfahren auf lithographische Stein aus, so erhält man einen in lithographische Manier abdruckbaren Stein, indem die im Licht unlöslich gewordenen Asphaltteile die Fähigkeit haben, die fette Schwärze anzuziehen und festzuhalten und beim Druck wieder abzugeben (photolithographisches Verfahren von Lemercier, Bareswil ^[richtig: Barreswil bzw. Barreswill (= Charles-Louis Barreswil, 1817-1870)] und Davanne).
Größern Beifall errangen sich die Methoden, welche auf Anwendung von chromsaurem Kali und Leim basieren. Bedeckt man die Chromleimschicht mit einem positiven Bild, so werden die unter den durchsichtigen Partien liegenden Stellen unlöslich, die übrigen nicht. Ist die Schicht auf Stahl oder Kupfer ausgebreitet, und behandelt man sie nach der Belichtung mit heißem Wasser, so wird das Metall an allen nicht vom Licht getroffenen Stellen freigelegt und kann alsdann durch eine Ätzflüssigkeit vertieft werden. So erhält man eine Platte für den photographischen Stahldruck oder Kupferdruck.
Führt man die Beachtung aber unter einem negativen Bild aus, so erhält man durch Ätzung einen Hochdruck für die Buchdruckpresse. Auch hier hat die Erzeugung von Halbtönen Schwierigkeiten. Diese überwand man dadurch, daß man die Halbtöne des photographien Bildes durch ein Netz brach, d. h. in lauter einzelne Punkte auflöste. Solches erreichte Meisenbach, indem er ein feines, auf einer Glasplatte befindliches Liniennetz auf die zu reproduzierende Photographie legte und danach ein Negativ aufnahm; in diesem zeigten sich alle Halbtöne durch das Netz zerteilt und reproduzierten sich in gleicher Weise beim Kopieren auf asphaltiertem (s. oben) oder leimchromiertem Zink.
Die Ätzflüssigkeit wirkt durch die Unterbrechungsstellen der Halbtöne, und diese stellen sich beim Abdruck durch mehr oder weniger dicht stehende Punkte dar. So entstanden die sogen. Autotypien, die jetzt im Buchillustrationswesen massenhaft Verwendung finden. Aber auch für den Kupferdruck lernte man Halbtöne reproduzieren. Man stäubte eine Kupferplatte mit feinem Asphaltpulver ein, schmolz dieses durch Erhitzen an und übertrug darauf ein nach einem photographischen Positiv kopiertes negatives Pigmentbild (s. oben), in welchem die Lichter hohe, die Schatten [* 52] tiefe Lagen bilden.
Durch solches Bild ließ man eine Ätze von Eisenchlorid wirken, welche um so tiefer in die Kupferplatte einfraß, je weniger hoch die schützende Pigmentlage war. Die durch Asphaltpulver geschützten Stellen blieben dabei als einzelne Punkte stehen und bildeten ein Korn, welches in den Schattenstellen dichter, in den Lichtstellen weniger dicht war. Dieses Korn ermöglichte ähnlich wie in der Schwarzkunst den Abdruck der Halbtöne. Das Verfahren rührt von Klic in Wien her und wird jetzt in umfangreicher Weise von den Ölbildreproduktions-Ateliers Deutschlands [* 53] zur Herstellung der sogen. Photogravüren verwendet.
Eine andre Art der Photogravüre beruht auf Anwendung der Galvanoplastik [* 54] oder der Photogalvanographie. Bei dieser wird ein nach einer linearen Zeichnung gefertigtes Pigmentbild, welches ein Relief bildet, auf Kupfer übertragen und dann galvanisch abgeklatscht. So erhält man eine vertiefte Kupferplatte, die zum Kupferdruck sich eignet. Halbtonbilder lassen sich jedoch in dieser Weise nur reproduzieren, wenn man den Halbton körnt. Dieses geschieht durch Zusatz fein gepulverten Glases zur Pigmentschicht. In dieser Weise fertigt Goupil in Paris seine Photogravüren (vgl. Photogalvanographie).
Führt man den Chromgelatineprozeß auf Stein aus, so erhalten die durch das Licht unlöslich gewordenen Teile die Fähigkeit, fette Schwärze anzuziehen und beim Druck wieder abzugeben; so entsteht eine Photolithographie, die wegen leichterer Ausführbarkeit größere Beachtung fand als der photographische Stahldruckprozeß. Osborne und Asser führten dieses Verfahren auf Papier aus und erhielten ein Bild, das eingeschwärzt zum sogen. Übertragsprozeß verwendbar war, d. h. sich auf einen lithographischen Stein abdrucken ließ und diesen dadurch druckfähig machte. In ganz analoger Weise wie auf Stein läßt sich das Verfahren auch auf Zink ausführen und liefert dann eine sogen. Photozinkographie.
Photolithographie und Photozinkographie spielen bei der Reproduktion geographischer Karten eine große Rolle. Für Wiedergabe von Bildern in Halbtönen sind sie weniger geeignet. In dieser Hinsicht werden sie weit von dem sogen. Lichtdruckverfahren in den Schatten gestellt, welches zuerst von Tessié de Mothay ausgeübt, von Albert in München [* 55] (daher auch Albertotypie) erheblich verbessert und dadurch erst lebensfähig wurde. In diesem Prozeß dient die Gelatineschicht selbst als Druckfläche.
Man trägt eine Mischung derselben mit chromsaurem Kali auf Glas, belichtet unter einem negativen Bild und wäscht mit Wasser. Dieses entfernt nur das Chromsalz, läßt aber die Gelatineschicht intakt. Die vom Licht nicht getroffenen Stellen nehmen leicht Wasser an, die übrigen nicht; dagegen nehmen die vom Licht veränderten leicht fette Schwärze an, welche auf den andern Stellen nicht haftet. Walzt man demnach die Platte mit fetter Schwärze in lithographischer Manier ein und druckt sie dann auf Papier, so gibt sie ein Bild in fetter Schwärze mit allen Halbtönen. Das Einschwärzen und Abdrucken läßt sich beliebig oft wiederholen, obgleich die leicht verletzbare Gelatineschicht nicht so viele Abdrücke aushält wie der lithographische Stein. Das Verfahren ist durch die Bemühungen Alberts, Obernetters u. a. zu einem hohen Grade der Vollkommenheit ausgebildet worden und liefert Bilder, die von Photographien kaum unterschieden werden können, mit allen Halbtönen, die in den ¶