Pasch
(niederländ.), im Würfelspiel Wurf von gleich viel Augen auf zwei oder drei Würfeln;
im Dominospiel Stein mit Doppelzahl.
(niederländ.), im Würfelspiel Wurf von gleich viel Augen auf zwei oder drei Würfeln;
im Dominospiel Stein mit Doppelzahl.
Titel für hohe türkische Militärs und Beamte. Ursprünglich wurde dieser Titel in jedem einzelnen Fall vom Großherrn besonders verliehen und zwar ohne Unterschied des Standes an Männer, die sich um den Staat verdient gemacht hatten. Später wurde der Titel rein militärisch. Man unterschied damals drei Rangstufen der Paschas: von drei, zwei und einem Roßschweif, nach dem Feldzeichen, welches den betreffenden Paschas vorausgetragen wurde. Pascha von drei Roßschweifen war der Muschir (General der Infanterie, s. Muschir), von zwei der Divisionsgeneral (Ferik), von einem Roßschweif der Brigadegeneral (Liwa).
Die Roßschweife sind vom Sultan Mahmud II. abgeschafft worden, die drei Rangstufen bestehen jedoch zur Zeit noch. Gegenwärtig ist der Paschatitel ebenfalls noch mit der Generalswürde verbunden, nicht minder obligatorisch mit einigen bestimmten Zivilämtern, z. B. den Gouverneuren der Provinzen (Walis). Mit dem Amt eines Ministers, Botschafters, Gesandten etc. ist er nicht notwendig verbunden. Auch der Scheich ul Islam ist niemals Pascha, sondern führt trotz seines Ranges als Hoheit den Titel Efendi: Dagegen kann der Sultan die Paschawürde auch selbständig und allein verleihen. Keineswegs entspricht der Ehrentitel Pascha unsrer Exzellenz. Die offizielle Exzellenz erstreckt sich bis auf die erste Klasse der Ulas.
Páscha, flößbarer Fluß in Rußland, entspringt im Gouvernement Nowgorod und ergießt sich nach einem 212 km langen Laufe, von denen 45 km schiffbar, im Gouvernement St. Petersburg [* 2] in den Ladogasee.
jüd. Fest, s. Passah. ^[= (richtiger Pessach, vollständiger: Chag happessach, hebr., d. h. Verschonungsfest, ...]
(türk.), die einem Pascha untergeordnet Provinz oder Gegend.
Name mehrerer Päpste: a) Paschalis I., ein Römer, [* 3] war Abt im Benediktinerkloster bei St. Peter in Rom, [* 4] dann Kardinalpriester und bestieg 25. Jan. 817 den päpstlichen Stuhl. Als Ludwigs des Frommen Sohn Lothar 823 nach Italien [* 5] kam, empfing er denselben in Rom mit allen Ehren und krönte ihn zum Kaiser. Da aber einige Anhänger der fränkischen Partei mit Vorwissen des Papstes im Lateran enthauptet wurden, so mußte sich Paschalis einer Untersuchung unterwerfen und sich durch einen Eid von der Anklage reinigen. Er starb im Mai 824. -
b) Paschalis II., eigentlich Rainieri, geboren zu Biedo bei Viterbo, ward Mönch zu Clugny, unter Gregor VII. Kardinalpriester und gegen seinen Willen auf den päpstlichen Stuhl gehoben. Er besaß zwar dieselben Grundsätze, aber nicht die gleiche Energie wie sein Vorgänger und zeigte sich äußerst nachgiebig gegen Frankreich und England. Fester trat er gegen Deutschland [* 6] auf; auf dem Laterankonzil bestätigte er den Bann gegen Heinrich IV. und reizte dessen zweiten Sohn, Heinrich, zur Empörung auf.
Sobald aber Heinrich V. den Kaiserthron bestiegen hatte, nahm dieser die alten Rechte über die Kirche wieder in Anspruch, zog 1110 nach Italien, wo Paschalis in einem Vertrag, um die weltliche Investitur nicht zugesehen zu müssen, auf alle weltlichen Güter und Rechte der Kirche verzichtete, und nahm den Papst, als er wegen des Widerstandes der Geistlichkeit den Vertrag nicht halten konnte, in der Peterskirche zu Rom nebst 22 Kardinälen 1111 gefangen. Auf einem Schloß bei Rom zwei Monate in Haft gehalten, mußte Paschalis endlich die weltliche Investitur zugestehen und Heinrich V. krönen.
Auf einer Lateransynode 1112 ward jedoch dieser Vergleich für erpreßt und daher für ungültig erklärt. Seinem Versprechen gemäß that zwar Paschalis den Kaiser nicht selbst in den Bann, ließ es aber durch seinen Legaten Guido von Vienne thun. Überdies brach nach dem Tode der Markgräfin Mathilde von Tuscien 1115 über deren Güter ein neuer Streit zwischen Kaiser und Papst aus. Als Heinrich 1117 wiederum nach Rom zog, entwich Paschalis nach Unteritalien, kehrte aber nach Heinrichs Abzug mit Hilfe der Normannen nach Rom zurück. Er starb
Vgl. Schmitz, Der englische Investiturstreit (Innsbr. 1884). -
c) Paschalis III., eigentlich Guido, Sprößling einer vornehmen Familie zu Cremona, wurde nach Viktors II. Tod 1164 von der kaiserlichen Partei als Gegenpapst gegen Alexander III. gewählt, krönte 1166 den Kaiser nebst seiner Gemahlin und blieb bis zu seinem Tod, im Besitz des päpstlichen Stuhls.
Radbertus, Abt des Klosters Korvei 844-851, starb um 865;
lehrte zuerst in der Schrift »De corpore et sanguine Domini« die Brotverwandlung beim Abendmahl (s. d.) und verteidigte in seinem Buch »De partu virginis« eine wunderbare, schmerzlose Entbindung der Maria.
Seine Werke wurden herausgegeben in der »Bibliotheca patrum« (Bd. 14).
Vgl. Hauscher, Paschasius Radbertus (Mainz [* 7] 1862);
Sardemann, Der theologische Lehrgehalt der Schriften des (Marb. 1877).
in der Gaunersprache s. v. w. schmuggeln, Schleichhandel treiben;
Pascher, Schmuggler.
Karl, deutscher Admiral, geb. zu Schwerin, [* 8] besuchte die Marineschule zu Triest, [* 9] trat 1853 als Kadett in die österreichische Marine, wurde 1854 Offizier, machte 1864 das Gefecht bei Helgoland [* 10] und 1866 die Schlacht von Lissa [* 11] mit, ging 1867 als Kapitänleutnant in die deutsche Marine über, befehligte 1868-70 die Korvette Leipzig [* 12] auf einer zweijährigen Reise nach Ostasien, ward 1880 Dezernent in der Admiralität, dann Kommandeur der Werftdivision in Kiel [* 13] und erhielt 1884 mit dem Titel Kommodore den Oberbefehl über das ostasiatische, 1885 über das ostafrikanische Geschwader, mit dem er den Sultan von Sansibar [* 14] zur Anerkennung der deutschen Schutzherrschaft in Ostafrika zwang. Er ist jetzt Konteradmiral und Vorstand des hydrographischen Amtes der Admiralität.
(richtiger Baschmaklik, v. türk. baschmak, Pantoffel), »Pantoffelgeld«, eigentlich Nadelgeld der Frauen in der Türkei. [* 15]
Dasselbe beläuft sich bei höhern Familien auf bedeutende Summen;
im Harem des Sultans haben einzelne Frauen zu diesem Behuf die Steuern gewisser Ländereien oder die Zolleinnahmen von Handelsstädten erhalten.
(Puschtu), einheimischer Name für die Sprache [* 16] der Afghanen (s. Afghanistan, [* 17] S. 144).
s. Cerro de Pasco. ^[= (spr. sserro), Hauptstadt des Departements Junin in der Republik Peru und wichtiger Bergwerksort, ...]
de Calais [* 18] (spr. pa d'kaläh, engl. Strait of Dover), [* 19] die nach der Stadt Calais benannte Meerenge, welche als engster Teil des Kanals La Manche die östliche Südküste Englands von dem östlichen Teil der Nordküste Frankreichs trennt und den Atlantischen Ozean mit der Nordsee verbindet. Sie reicht auf der englischen Küste von Folkestone bis Dover, auf der französischen vom Kap Grisnez bis zum Hafen von Calais; ihre Breite [* 20] zwischen Calais und Dover beträgt 42 km, an welcher Stelle auch ein submariner Telegraph [* 21] England mit dem Kontinent verbindet.
Das von der Meerenge bespülte und nach ihr benannte französische Departement, gebildet aus der ¶
ehemaligen Grafschaft Artois und Teilen der Picardie (den Landschaften Boulonnais, Calaisis und Ponthieu), grenzt nördlich und östlich an das Departement Nord, südlich an Somme, westlich an den Kanal [* 23] (La Manche) und umfaßt 6606 qkm (119,97 QM.). Das Land ist im allgemeinen eben und wird von einer durch die Arrondissements Boulogne, Montreuil und St.-Pol verzweigten Hügelkette (200 bis 212 m hoch) in zwei gleich fruchtbare Hälften geteilt. Die Küste ist sandig, und die Seehäfen sind der Versandung ziemlich ausgesetzt.
Das Departement ist sehr reich bewässert; die bedeutendsten Flüsse [* 24] sind: Authie, Canche, Aa, Lys und Scarpe, welche sämtlich im Land selbst entspringen, meist schiffbar sind und teils in das Departement Nord übergehen, teils in den Kanal La Manche münden. Die Niederungen, die sich in historische Zeit auf Kosten des Meers ausgedehnt haben und noch ausdehnen, enthalten neben Sümpfen, die jedoch durch Kanäle immer mehr entwässert werden, und Torfmooren schöne Wiesen und fruchtbare Ebenen, letztere namentlich im N. des Departements.
Das Klima [* 25] ist veränderlich und stürmisch. Die Bevölkerung [* 26] belief sich 1886 auf 853,526 Einw. und weist eine stetige Vermehrung auf, seit 1861 um 129,188 Einw.; das Departement gehört zugleich mit 129 Einw. auf das QKilometer zu den am dichtesten bevölkerten Gebieten Frankreichs. Von dem Gesamtareal kommen auf Äcker 498,035, Wiesen 41,862, Wälder 42,072, Heiden und Weiden 16,802 Hektar. Große und zusammenhängende Waldungen findet man nirgends; es gibt nur kleinere, meist aus Eichen und Birken bestehende Forsten.
Der Ackerbau steht in hoher Blüte [* 27] und produziert Getreide [* 28] weit über den Bedarf (im Jahresdurchschnitt 7,5 Mill. hl, meist Weizen und Hafer), [* 29] ferner Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Zuckerrüben (12 Mill. metr. Ztr., darin das dritte Departement Frankreichs), Flachs (44,000 metr. Ztr., darin das zweite Departement), Ölpflanzen und Tabak. [* 30] Von großer Wichtigkeit ist auch die Viehzucht; [* 31] man zieht treffliches Rindvieh (192,400 Stück), vorzüglich gute Milchkühe, kräftige Zugpferde (77,200 Stück), Esel, veredelte Schafe, [* 32] Ziegen, sehr viel Schweine [* 33] (137,500 Stück) und namentlich zahlreiches Geflügel.
Auch die Fischerei [* 34] ist einträglich. Das Mineralreich ist nicht minder reich; seit Mitte des Jahrhunderts werden bedeutende Steinkohlenlager ausgebeutet (jährliche Produktion über 6 Mill. metr. Ton., d. h. ungefähr ein Drittel der Gesamtproduktion Frankreichs) und außerdem Torf und Eisenerz gewonnen. Dies hat nun auch eine lebhafte Industrie ins Leben gerufen, welche 270,000 Personen (gegen 350,000 bei der Landwirtschaft thätige) beschäftigt. Hauptzweige derselben sind: die Verhüttung und Verarbeitung von Eisen [* 35] (1885: 92,000 Ton. Roheisen und 73,330 T. Bessemerstahlschienen), Blei, [* 36] Kupfer [* 37] und Zink, der Maschinenbau, die Fabrikation von Fayence, [* 38] Thonpfeifen, Glas, [* 39] Papier (30 Fabriken mit 1900 Arbeitern), Kerzen und Seifen, die Ziegelbrennerei, Gerberei, Brauerei, Branntweinbrennerei, Rübenzuckerfabrikation (89 Fabriken mit ca. 10,000 Arbeitern), die Korbmacherei, der Betrieb von Getreide- und Ölmühlen, die Baumwollspinnerei und -Weberei, Wollspinnerei, Flachsspinnerei und -Weberei und die Fabrikation gemischter Gewebe. [* 40]
Die hauptsächlichsten Artikel der produzierten Manufakturwaren sind: Leinwand, Spitzen, Baumwollsamt, Batist, Tüll, Kleiderstoffe, dann Posamentier- und Wirkwaren. Der Handel ist ebenfalls sehr lebhaft und wird durch die rege Schiffahrt; welche sich in den Häfen Calais und Boulogne konzentriert, zahlreiche Kanäle und ein reichverzweigtes Eisenbahnnetz unterstützt. Die bedeutendsten Kanäle sind: der von Calais nach St.-Omer, der von St.-Omer nach Aire (Neuffosséekanal), welcher die Lys mit der Aa verbindet, der von Aire nach La Bassée (42 km), der Kanal der Aa und jener der obern Deule.
Der südöstliche Teil des Departements wird von der Nordbahn (Linie Paris-Brüssel) durchschnitten, welche Arras [* 41] berührt und sich außerdem im Departement mit den in Calais zusammenlaufenden Hauptlinien über Etaples und Boulogne und über Béthune und St.-Omer sowie mit mehreren Nebenlinien verzweigt. An höhern Lehranstalten bestehen ein Lyceum und 6 Kommunalcollèges. Das Departement zerfällt in die sechs Arrondissements: Arras, Béthune Boulogne, Montreuil, St.-Omer und St.-Pol und hat Arras zur Hauptstadt.
Vgl. Vuillemin, Le [* 42] bassin houiller du Pas de Calais (Lille [* 43] 1880-85, 3 Bde.).
de Feuquières, s. Feuquières. ^[= (spr. fökjähr), 1) Manassès de Pas, Marquis von, franz. Feldherr unter Ludwig XIII., geb. ...]
(spr. pād'luh), Jules Etienne, Orchesterdirigent, geb. zu Paris, [* 44] machte seine Studien am dortigen Konservatorium, wurde nach der Revolution von 1848 zum Gouverneur des Schlosses St.-Cloud ernannt, gab jedoch diese Stelle auf, um 1851 in Paris eine Konzertgesellschaft zu gründen, welche unter dem Namen Société des jeunes artistes du Conservatoire regelmäßige Orchesteraufführungen veranstaltete. Der geringe Erfolg dieser Konzerte hielt Pasdeloup nicht ab, dieselben zehn Jahre später in den großartigsten Dimensionen zu erweitern.
Gestützt auf die Protektion der Prinzessin Mathilde und des Oberintendanten der schönen Künste, de Nieuwekerke ^[richtig: Nieuwerkerke (= Alfred Émilien de Nieuwerkerke, 1811-1892)], deren musikalische Soireen er seit Jahren geleitet hatte, eröffnete er in dem 5000 Menschen fassenden Cirque Napoléon (nach 1870 Cirque d'hiver genannt) seine Concerts populaires, und der sofortige glänzende Erfolg des Unternehmens rechtfertigte die Kühnheit seines Versuchs in vollem Maß.
Der Ruf dieser Konzerte, welche während der sechs Wintermonate an jedem Sonntagnachmittag stattfinden und ihr Publikum vorwiegend aus dem Mittelstand rekrutieren, hat sich bis zur Gegenwart ungeschwächt erhalten, und die öffentliche Anerkennung der Verdienste ihres Begründers durch Gewährung einer staatlichen Subvention von 25,000 Frank jährlich und Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion fand allgemeine Zustimmung. Während der Jahre 1868-70 führte Pasdeloup gleichzeitig die Direktion des Théâtre lyrique und erwarb sich hier ein neues Verdienst durch Aufführung klassischer Opern sowie des »Rienzi« von R. Wagner, dessen Kompositionen er auch in seinen Volkskonzerten, unbeirrt durch den heftigen Widerstand eines Teils des Publikums, mit anerkennenswerter Konsequenz Bahn gebrochen hat. Er starb 1887 in Fontainebleau.
s. Ziege. ^[= (Capra L.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Paarzeher, der Unterordnung der Wiederkäuer ...]
(span.), Name der öffentlichen Promenaden in spanischen Städten.
[* 45] Stadt im preuß. Regierungsbezirk Stettin, [* 46] Kreis [* 47] Uckermünde, an der Ucker, Knotenpunkt der Linien Stettin-Strasburg und Angermünde-Stralsund der Preußischen Staatsbahn, 10 m ü. M., hat 2 evang. Kirchen, eine kath. Kapelle, 5 Hospitäler, eine höhere Bürgerschule, ein Amtsgericht, Eisengießerei, [* 48] Stärke-, Zigarren-, Tabaks- und Mühlsteinfabrikation, Bierbrauerei, [* 49] Mahl- und Schneidemühlen, Lumpenhandel, bedeutende Landwirtschaft und (1885) mit der Garnison (1 Kürassierreg. Nr. 2) 9514 meist evang. Einwohner. Hier 1760 siegreiches Gefecht der ¶
Preußen [* 51] gegen die Schweden. [* 52] - Pasewalk (in alten Urkunden Podizwolk, Pozwalk oder Potswalk genannt) erhielt gegen Ende des 12. Jahrh. Stadtrechte, zu welchen zwischen 1235 und 1240 noch das magdeburgische Recht hinzugefügt ward, und trat frühzeitig zum Hansabund. 1213 kam es durch Eroberung an Brandenburg, [* 53] wurde aber 1359 wieder an die Herzöge von Pommern [* 54] verpfändet, in deren völligen Besitz es sodann 1448 durch Abtretung gelangte. Im Dreißigjährigen Krieg wurde es 1630, 1636 und 1637 von den Kaiserlichen geplündert und angezündet; ein gleiches Schicksal bereiteten ihm 1657 der polnische General Czarnecki und 1713 die Russen. Im Westfälischen Frieden an Schweden gekommen, wurde Pasewalk schon 1676 von den Brandenburgern erobert, kam aber erst 1720 im Stockholmer Frieden endgültig an Preußen. Am ergab sich hier ein preußisches Korps von 4200 Mann an die Franzosen.
Vgl. Hückstädt, Geschichte der Stadt Pasewalk (Pasew. 1883).
(griech., »Allgemeinschrift«),
die Kunst, sich durch eine allgemeine Schrift- und Zeichensprache allen Völkern der Erde verständlich zu machen, die jedoch, wie die Pasilalie (s. d.),
noch zu erfinden ist. Die ersten Andeutungen dazu gab J. ^[John] Wilkins (gest. 1672) in einem geistreichen, neuerdings von Max Müller in Bd. 2 seiner »Vorlesungen über Wissenschaft der Sprache« näher gewürdigten »Essay towards a real character and philosophical language« (Lond. 1668). Anderweitige, jedoch unausführbare Vorschläge machten Berger (»Plan zu einer allgemeinen Rede- und Schriftsprache für alle Nationen«, Berl. 1779),
Wolke (»Erklärung, wie die Pasigraphie möglich und ausüblich sei«, Dessau [* 55] 1797),
Sicard ( Pasigraphie«, Par. 1798),
Fry (»Pantographia«, Lond. 1799),
J. M. ^[Johann Michael] Schmidt (»Versuche«, Wien [* 56] 1818) u. a.
Vgl. Damm, Praktische Pasigraphie (Leipz. 1876).
Mit diesen ganz aussichtslosen Bestrebungen nicht zu verwechseln sind die Versuche, ein allgemeines, natürliches Alphabet zu begründen, durch das sich alle in irgend einer Sprache vorkommenden Laute ausdrücken lassen. Man hat dafür gewöhnlich die lateinische Schrift gewählt, mit Beifügung verschiedener Accente und anderer Zeichen oder mit Anwendung der Kursivschrift zur Bezeichnung der bei der üblichen Aussprache der lateinischen Buchstaben nicht vorkommenden Laute.
Vgl. Lepsius, Das allgemeine linguistische Alphabet (Berl. 1855), wo sich auch eine Anzahl von Alphabeten von Sprachen aller Weltteile in das Lepsiussche System umgeschrieben finden.
Einfacher ist das von Max Müller in »Proposals for a missionary alphabet« (1854) und dann im 2. Band [* 57] seiner »Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache« vorgeschlagene Alphabet.
(Pasilogie, griech., »All- oder Weltsprache«),
die Kunst, mittels allgemein verständlicher Laute allen Menschen des Erdkreises seine Gedanken mitteilen zu können, bis jetzt sowenig wie die Pasigraphie (s. d.) erfunden. Die erste Idee dazu gab Leibniz in der Schrift »De arte combinatoria« (Leipz. 1666). Weiter ausgebildet wurde dieselbe von Condorcet in »Esquisse d'un tableau historique des progrès de l'esprit humain« (Par. 1794),
von Bürja in seiner »Pasilalie« (Berl. 1818),
Stethy in der »Lingua universalis« (Wien 1825),
in neuerer Zeit durch Steiner (»Pasilingua«, Neuwied 1886, u. a.) und besonders durch den Pfarrer Schleyer (s. Volapük).
Dorf im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, Bezirksamt München, [* 58] an der Würm, Knotenpunkt der Linien Ulm-München-Simbach, München-Lindau und München-Peißenberg der Bayrischen Staatsbahn, 528 m ü. M., hat ein Engl. Fräuleininstitut, Papier-, Spiritus- und Malzfabrikation, eine chemische Fabrik, Wachsbleicherei, Gerberei, künstliche Geflügelzucht, Wollspinnerei, Bierbrauerei und (1885) 1900 Einw.
1) in der griech. Mythologie Tochter des Helios [* 59] und der Perseis, Gemahlin des Minos, Schwester der Kirke und des Äetes, Mutter des Minotauros (s. d.), eigentlich eine Lichtgöttin. -
2) Lakonische Orakelgöttin zu Thalamä, in deren Tempel [* 60] Traumorakel erteilt wurden, galt für eine Tochter des Atlas [* 61] oder für identisch mit Kassandra oder Daphne.
(griech.), s. v. w. Pasilalie. ^[= (Pasilogie, griech., "All- oder Weltsprache"), die Kunst, mittels allgemein verständliche ...]
zur niederländ. Regentschaft Süd- und Ostküste von Borneo gehöriger Malaienstaat mit der Hauptstadt Pasir am gleichnamigen Fluß und lebhaftem Handel.
griech. Bildhauer und Kunstschriftsteller, ein Zeitgenosse des Pompejus, aus Großgriechenland (Unteritalien) gebürtig, doch meist in Rom thätig, merkwürdig durch seine stilistische Richtung, welche die Strenge der altertümlichen Kunst mit der Formeneleganz der römischen Plastik zu vereinigen suchte, ein Eklektizismus, den ein Werk seines Schülern Stephanos, eine Knabenfigur in Villa Albani, deutlich ausprägt, während des letztern Schüler Menelaos [* 62] in der berühmten Ludovisischen Gruppe (Orest und Elektra) wieder zu einfachern Formen zurückkehrt. Pasiteles war von großer Vielseitigkeit; er arbeitete in Marmor, Elfenbein, Silber und Erz. Sein Werk über ausgezeichnete Schöpfungen der ältern Kunst (in fünf Büchern griechisch geschrieben) ist nicht erhalten, aber von Plinius benutzt worden.
Vgl. Kekulé, Die Gruppe des Künstlers Menelaos in Villa Ludovisi (Leipz. 1870).
Iwan Fedorowitsch, Graf von Eriwan, Fürst von Warschau, [* 63] russ. Feldherr, geb. zu Poltawa als Sohn eines Kollegienrats, ward von Katharina II. in das Pageninstitut zu Petersburg aufgenommen und von Paul I. zu seinem Leibpagen ernannt. Seit 1800 Leutnant und Adjutant des Kaisers im preobraschenskischen Regiment, erwarb er sich im Feldzug in der Moldau (1806) unter General Michelson den Ehrendegen der Tapferkeit und ward, nachdem er beim Sturm auf Braila (1809) schwer verwundet worden, zum Obersten und 1810 zum Generalmajor ernannt. 1812 nahm er als Divisionsgeneral bei der Westarmee unter dem Fürsten Bagration an den Schlachten [* 64] von Smolensk, Borodino, Wjasma und Krasnoi Anteil.
In der Schlacht bei Leipzig eroberte er 19. Okt. 29 Geschütze [* 65] und ward unmittelbar nachher als Generalleutnant mit seiner Division entsendet, um Magdeburg [* 66] und Hamburg [* 67] zu blockieren. An der Einnahme von Paris hatte er bedeutenden Anteil. 1817-20 begleitete er den Großfürsten Michael auf seinen Reisen und ward 1824 Generaladjutant des Kaisers. Im Krieg Rußlands gegen Persien [* 68] schlug er den Feind unter Abbas Mirza bei Jelissawetpol aufs Haupt. Zum kommandierenden General an Jermolows Stelle ernannt, eroberte er 1827 das persische Armenien, erstürmte 13. Okt. Eriwan (wofür er den Beinamen Eriwanski erhielt) und schloß den Frieden von Turkmantschai ab. Neuen Ruhm erntete er 1828 in dem Kriege gegen die Türkei, indem er vom Kaukasus aus in die asiatische Türkei eindrang, neun Festungen erstürmte und trotz der numerischen Überlegenheit des Feindes die Paschaliks Achalzych, Kars und Bajesid eroberte. 1829 ¶
eroberte er Erzerum und beendete damit den asiatischen Feldzug. Hierfür ward er zum Feldmarschall ernannt. 1830 unterwarf er Daghestan. 1831 übernahm er in dem polnischen Krieg nach dem Tode des Feldmarschalls Diebitsch 26. Juni zu Pultusk den Oberbefehl über die russische Armee und beendete durch die Erstürmung Warschaus 6. und diesen Krieg, dessen günstiger Ausgang ihm die Fürstenwürde und die Statthalterschaft von Polen verschaffte. Paskewitsch suchte in dem zerrütteten Staat Ordnung und Ruhe wiederherstellen und den Haß der Polen gegen die Russen zu mildern. Am vollzog er das organische Statut, durch welches Polen mit Rußland vereinigt und die Verwaltung des Landes festgestellt ward. 1849 befehligte er das russische Korps in Ungarn [* 70] und zwang 10. Aug. Görgei zur Kapitulation von Világos.
Bei Gelegenheit der Feier seines 50jährigen Dienstjubiläums im Oktober 1850 ward er vom Kaiser von Österreich [* 71] sowie vom König von Preußen zum Feldmarschall ernannt. Im April 1854 übernahm er auf den ausdrückliche Wunsch des Kaisers Nikolaus den Oberbefehl an der Donau, erhielt aber bei Silistria eine Kontusion, welche ihn nötigte, die Armee zu verlassen. Er übernahm wieder die Statthalterschaft von Polen und starb in Warschau, wo ihm 1869 ein Denkmal errichtet wurde. Einen Teil von Paskewitsch' Leben beschrieb Tolstoi (Par. 1835).
Vgl. Schterbatow, Le Feld-Maréchal Prince Paskewitsch (Petersb. 1888, Bd. 1).
österreich. Insel an der Küste Dalmatiens, vom Festland durch den Kanal von Zara [* 72] getrennt, 21 km lang, steigt bis 280 m an und enthält in mehreren kleinen Ortschaften (1880) 2161 Einw.
(span., »Ereignis«),
bei den Spaniern Bezeichnung für kleine dramatische (Zwischen-) Spiele burlesken, dem Volksleben entnommenen Inhalts.
del Norte, El, 1) Ort im nordamerikan. Staat Texas, am Rio Grande, [* 73] den hier die nach Mexiko [* 74] führende Eisenbahn überschreiten, und der gleichnamigen Stadt in Mexiko gegenüber, mit (1882) 3500 Einw. Die Einfuhr des Zollbezirks betrug 1886-87: 3,531,664 Dollar an Waren und für 10,598,215 Doll. Edelmetalle, die Ausfuhr nur 40,909 Doll.-
2) Stadt im mexikan. Staat Chihuahua, in einer fruchtbaren Niederung des Rio Grande, 1140 m ü. M., dem Ort El Paso in Texas gegenüber, hat 6000 Einw., ist schlecht gebaut, aber mit lebhaftem Verkehr. Der Schmuggel blüht. In der Gegend wächst ein geschätzter Wein. Die Mexikanische [* 75] Zentralbahn verbindet den 1680 gegründeten Ort mit Mexiko.
Ernst, Schriftsteller, geb. zu Köln, [* 76] bildete sich in Paris zum Opernsänger, war an verschiedenen Theatern, in Mainz, Darmstadt, [* 77] Wien, Leipzig, Amsterdam [* 78] (wo er die Deutsche [* 79] Oper leitete), engagiert, war 1856-59 Opernregisseur in Weimar, [* 80] von 1859 bis 1875 bei der Leitung des Darmstädter Hoftheaters angestellt und lebt seitdem seinen litterarischen Arbeiten in Alsbach an der Bergstraße. Außer theatergeschichtlichen Arbeiten, wie die »Geschichte der Musik und des Theaters am Hof [* 81] zu Darmstadt« (Darmst. 1854),
»Frankfurter Musik- und Theatergeschichte« (2. Aufl., Frankf. 1872),
»Goethes Theaterleitung in Weimar« (Leipz. 1863, 2 Bde.), und zahlreichen Operntexten (für Kreutzer, Ferd. David, Lassen, Hiller, Marpurg, Rubinstein u. a.) schrieb Pasqué Romane und Novellen, deren Stoffe er zum Teil gleichfalls aus der Geschichte der Bühne schöpfte. Aus vielen seien hier nur genannt: »Die Komödiantenhexe« (Berl. 1866, 3 Bde.);
»Drei Gesellen« (2. Aufl. 1872);
»In Paris« (Berl. 1872, 2 Bde.);
»Sieben Tage aus dem Leben eines Sängers« (das. 1875);
»Der Grenadier von Pirmasens« [* 82] (Brem. 1875);
»Virginie Déjazet« (Berl. 1879);
»Aus der Welt der Töne« (2. Ausg., Leipz. 1882);
»Die Primadonna« (Berl. 1879);
»Prinzessin Ilse« (das. 1881);
»Das Glück des Drei-Königen-Hauses« (das. 1884);
»Die Vagabunden« (das. 1886, 3 Bde.);
»Musikantengeschichten« (Dresd. 1887).
(spr. paskjeh), Etienne Denis, Herzog von, Kanzler von Frankreich, geb. zu Paris als Sohn des 1794 guillotinierten Parlamentsrats Etienne Pasquier, studierte die Rechte, wurde während der Revolution ebenfalls verhaftet, erhielt aber durch Robespierres Sturz die Freiheit wieder, ward 1806 Maître des requêtes beim Staatsrat, 1810 Staatsrat und bald darauf Polizeipräfekt von Paris. Beim Einzug der Verbündeten in Paris 1814 sorgte er für die Ruhe und Sicherheit der Hauptstadt und wurde von Ludwig XVIII. zum Generaldirektor des Brücken- und Wegebaues ernannt.
Während der Hundert Tage blieb er ohne Anstellung, ward dagegen bei der zweiten Rückkehr der Bourbonen Großsiegelbewahrer im Kabinett Talleyrand und 1816 Präsident der Kammer. 1817-18 war er zum zweitenmal Großsiegelbewahrer. 1819 erhielt er im Ministerium Decazes das Portefeuille des Auswärtigen, mußte dies jedoch 1821 an den Herzog von Montmorency abtreten, da er in der Adreßdebatte unterlag. Inzwischen hatte ihm der König die Pairswürde verliehen, und er übte von nun an bei seinem ausgezeichneten Rednertalent großen Einfluß auf die Erste Kammer aus, unterstützte viele willkürliche Maßregeln und besonders die Beschränkung der Presse. [* 83]
Anderseits aber trat er 1824 gegen die Rentenreduktion und das Sakrilegiengesetz auf, und trug viel zum Sturz Villèles bei. Ludwig Philipp ernannte ihn 1830 zum Präsidenten der Pairskammer, in welcher Stellung er namentlich für Herstellung der Ruhe und Befestigung der Dynastie Orléans [* 84] wirkte. Der Lohn für die bewiesene Anhänglichkeit und die Dienste, [* 85] die er dem Hof als geheimer Ratgeber leistete, war 1837 seine Ernennung zum Kanzler von Frankreich und 1844 seine Erhebung zur herzoglichen Würde. Mit der Februarrevolution von 1848 trat er vom öffentlichen Schauplatz zurück; er starb Seit 1842 war er Mitglied der französischen Akademie. Er schrieb unter anderm: »Discours et opinions de M. Pasquier« (Par. 1842, 4 Bde.).
Vgl. Favre, Étienne Denis Pasquier, chancelier de France (Par. 1870).
Sein Herzogstitel ging auf seinen von ihm adoptierten Großneffen Edme Armand Gaston, Herzog d'Audiffret-Pasquier (s. d.), über.
(ital. Pasquillo, Schmähschrift, Schandschrift, lat. Libellus famosus, franz. Pasquinade), eine Beleidigung, welche schriftlich oder durch sonstige bleibende Zeichen, z. B. durch Bilder, öffentlich verbreitet wird; Pasquillant, der Verfasser und Verbreiter eines Pasquills. Der Ausdruck Pasquill, ursprünglich mehr eine beißende Satire als eine wirkliche Ehrverletzung bezeichnend, rührt von Pasquino (s. d.), dem Namen einer verstümmelten antiken Statue in Rom, her, an welche man, ebenso wie an den sogen. Marforio (s. d.), satirische Schriften anzuheften pflegte. Pasquino und Marforio wurden dadurch in dem römischen Volksleben zu komischen Figuren, welche sich in satirischer Weise miteinander unterhalten, und so wurde der Ausdruck Pasquill (wahrscheinlich aus pasquinolo) oder Pasquinade für derartige Veröffentlichungen überhaupt, ¶
namentlich aber für schriftliche und öffentliche Verleumdungen, gebräuchlich. Die peinliche Gerichtsordnung Karls V. (die sogen. Carolina) bedrohte die gegen jemand erhobene öffentliche Anschuldigung, ein peinliches Verbrechen begangen zu haben, für den Fall der Unerweislichkeit des letztern mit schwerer Strafe, nämlich mit ebenderjenigen, mit welcher das angeschuldigte Verbrechen nach dem Gesetz zu bestrafen gewesen sein würde. Die moderne Strafgesetzgebung dagegen hebt das Pasquill lediglich als einen besonders strafbaren Fall der Injurie hervor, und das deutsche Strafgesetzbuch erwähnt dasselbe gar nicht ausdrücklich, so daß es hiernach lediglich nach den für die Beleidigung (s. d.) überhaupt geltenden Grundsätzen zu bestrafen ist. Eine Sammlung von »Satiren und Pasquillen aus der Reformationszeit« lieferte Schade (Hannov. 1856-58, 3 Bde.).
s. Fenster. ^[= (lat. Fenestra), Öffnungen in den Umfangswänden der Gebäude, durch welche den innern Räumen ...]
(franz., spr. paski-), s. Pasquill. ^[= (ital. Pasquillo, Schmähschrift, Schandschrift, lat. Libellus famosus, franz. ), ...]
volkstümliche Benennung einer sehr verstümmelten antiken Statue in Rom, an der Ecke des Palastes Braschi, nahe der Piazza Navona, die im Volksleben der Römer seit Jahrhunderten eine Rolle spielt (s. Pasquill und Marforio). Das Werk, von dem besser erhaltene Nachbildungen sich in Florenz [* 87] etc. befinden, stellte ursprünglich Aias mit dem Leichnam des Achilleus (nach andern Menelaos mit dem toten Patroklos) dar und gehört der Komposition nach zu den schönsten Kunstschöpfungen des Altertums.
Vgl. Mary Lafon, Pasquino et Marforio, les bouches de marbre de Rome (2. Aufl., Par. 1877).
[* 88] (franz. Passeport), amtliche Legitimationsurkunde für Reisende mit Personalbeschreibung derselben. Die Fälschung eines Passes wird an und für sich nach den für die Urkundenfälschung (s. d.) geordneten Strafsätzen geahndet, während die fälschliche Anfertigung oder Verfälschung oder der wissentliche Gebrauch eines falschen Passes lediglich zum Zweck des bessern Fortkommens nach dem deutschen Reichsstrafgesetzbuch (§ 363) mit Haft bis zu 6 Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 150 Mark bestraft wird.
Die sogen. Paßpflicht oder das früher bestehende System des Paßzwanges erwies sich mit dem steigenden Fremdenverkehr und mit der Verbesserung und Vermehrung der Verkehrsmittel, namentlich mit der Entwickelung des Eisenbahnwesens, als ungenügend zur Kontrolle des Fremdenverkehrs. Dazu war dasselbe für das reisende Publikum mit den mannigfachsten Belästigungen verbunden. Einige Abhilfe schaffte hier allerdings die Dresdener Konvention vom wodurch die sogen. Paßkarten eingeführt wurden, als kurze und handliche Legitimationen, welche, auf ein volles Kalenderjahr lautend, nirgends zum Visieren vorgelegt zu werden brauchten.
Eine gänzliche Beseitigung des Paßzwanges und die Einführung des Systems der Paßfreiheit erfolgte in Deutschland erst mit der Gründung des Norddeutschen Bundes, nachdem bereits zuvor in mehreren außerdeutschen Staaten, namentlich in der Schweiz, [* 89] die Paßpolizei beseitigt worden war. Das norddeutsche Bundesgesetz vom über das Paßwesen ist inzwischen auch auf die süddeutschen Staaten ausgedehnt worden, wenn es auch noch nicht für Elsaß-Lothringen [* 90] in Kraft [* 91] getreten ist.
Natürlich schließt die Paßfreiheit jedoch nicht aus, daß Reichsangehörige und Fremde im öffentlichen Interesse, also z. B. wenn gegen sie der Verdacht einer strafbaren Handlung oder Lebensweise besteht, sich auf amtliches Erfordern über ihre Person ausweisen müssen, sei es nun durch Legitimationspapiere, sei es durch Zeugen, durch Briefe etc. Auch kann die Reichsregierung die Paßfreiheit suspendieren, wenn es die Sicherheit des Reichs oder eines einzelnen Bundesstaats, z. B. im Fall eines Kriegs oder innerer Unruhen, erheischt, und den Paßzwang überhaupt oder für einen bestimmten Bezirk oder zu Reisen aus und nach bestimmten Staaten des Auslandes vorübergehend einführen. So ist die Paßpflicht für die aus Rußland kommenden Reisenden, um nihilistischen und kommunistischen Umtrieben vorzubeugen, durch Verordnung vom angeordnet, so daß jeder Reisende, welcher aus Rußland kommt, verpflichtet ist, sich durch einen Paß auszuweisen, welcher von der deutschen Botschaft in St. Petersburg oder einer deutschen Konsularbehörde in Rußland visiert worden ist.
Auf der andern Seite ist den Reichsangehörigen das Recht eingeräumt, die Ausfertigung eines Passes, einer Paßkarte oder eines sonstigen Reisepapiers von der zuständigen Behörde und zwar im Ausland von den Gesandten und Konsuln verlangen zu können, wofern ihrer Befugnis zur Reise gesetzliche Hindernisse nicht entgegenstehen. Die sogen. Spezialpässe, wie Zwangspässe und Reiserouten, welche von den Polizeibehörden zuständigermaßen erteilt werden, und ebenso die Kontrolle von Neuanziehenden und von Fremden an ihrem Aufenthaltsort werden durch jenes Reichsgesetz nicht berührt, auch nicht die Vorschriften, welche über die sogen. Leichenpässe gelten, d. h. Anweisungen, eine Leiche unter Anwendung bestimmter Vorsichtsmaßregeln durch einen bestimmten Bezirk durchführen zu dürfen. Gesundheitspässe werden an Reisende verteilt, die in Zeiten, wo eine Epidemie in einem Land herrscht, aus diesem in einen Nachbarstaat übertreten wollen. Für die Legitimationsscheine der Hausierer ist jetzt der Ausdruck Wandergewerbeschein (s. d.) der übliche. Ein Handlungsreisender (s. d.) bedarf einer Legitimationskarte. Die sogen. Aufenthaltskarten (s. d.) sind abgeschafft.
Vgl. Kanngießer, Das Gesetz über das Paßwesen (Berl. 1867).
[* 88] (v. lat. passus, Schritt), Durchgang durch einen Ort, daher die Redensarten: seinen Paß haben, jemand den Paß abschneiden etc.;
dann besonders Bezeichnung für die Übergänge über einen Gebirgsrücken, die immer die niedrigsten Punkte desselben bezeichnen (daher Paßhöhe eines Gebirges, s. Gebirge);
militärisch (Engpaß) s. v. w. Defilee (s. d.);
im Jagdwesen der gewöhnliche Gang [* 92] der Raub- und niedern Jagdtiere;
in der Reitkunst ein dem Pferd [* 93] angelernter wiegender Gang, der darin besteht, daß es (wie das Kamel) beide Füße einer Seite zugleich hebt (Paß- oder Zeltergang).
[* 88] in der Architektur das Bogenstück zwischen zwei Nasen, die einen Kreis oder ein Viereck [* 94] tangieren;
(franz.), erträglich, leidlich.
(v. franz. passade), in der Reitkunst schulgerechtes Auf- und Absprengen im gefleckten Galopp [* 96] auf gerader Linie.
(ital., spr. -galljo), s. Passecaille. ^[= (franz., spr. pass'káj, ital. auch Passagallo), altes, der Chaconne nahe verwandtes ...]
(franz., spr. -ahsche), Durchgang, besonders jeder freie Durchgang durch ein größeres Gebäude, der oben meist mit Glas gedeckt und zu beiden Seiten mit Kaufläden etc. versehen ist. In der Musik ist Passage (ital. passaggio) eine aus der Durchführung eines Motivs gebildete schnelle [* 86] Figur von kürzerer Ausdehnung; [* 97] man unterscheidet zwei Hauptarten der Passage, die aus der Brechung [* 98] eines Akkordes gebildete Akkordpassage (Arpeggio) und die dem Wortsinn mehr entsprechende, die Stufen der Skala ¶
durchlaufende Tonleiterpassage (Lauf, Läuferpassage). In der Reitkunst bezeichnet Passage (auch spanischer Tritt) die Schule der Piaffe (s. d.) in der um einen Hufschlag vorschreitenden Bewegung, eine trabmäßige, in langsamem Tempo mit starker Hebung [* 100] der Beine ausgeführte Bewegung eines Schulpferdes.
(franz.-lat., spr. -ssahsche-, Mittagsrohr), von Olaus Römer erfundenes astronomisches Instrument zur Beobachtung des Durchganges der Sterne durch den Meridian, um mit Hilfe einer Uhr [* 101] die Kulminationszeiten und damit die Unterschiede der Rektaszensionen zu finden. Es besteht aus einem astronomischen, mit Fadenkreuz versehenen Fernrohr, [* 102] welches rechtwinkelig auf einer horizontalen, genau von Osten nach Westen gerichteten Drehungsachse befestigt ist und sich in der Ebene des Meridians drehen läßt.
Die durch Schrauben [* 103] regulierbaren Lager [* 104] der Drehungsachse sind an zwei steinernen Pfeilern angebracht. An dem einen Ende der Achse befindet sich ein Kreis mit Alhidade, welcher es ermöglicht, das Fernrohr so zu stellen, daß ein Stern, dessen Meridianhöhe bekannt sein muß, bei der Kulmination in das Gesichtsfeld tritt. Hierzu genügt schon eine Einteilung des Kreises, welche ganze Minuten abzulesen gestattet. Soll aber das Instrument zur genauen Beobachtung der Kulminationshöhen dienen, so muß die Teilung des Kreises so fein wie möglich sein; es heißt dann ein Meridiankreis [* 105] (s. d.).
s. Überfahrtsvertrag. ^[= der von dem Verfrachter mit einem Reisenden zum Zweck der Personenbeförderung ...]
s. v. w. Durchfuhrzoll (s. Zölle). ^[= (Mauten, v. mittellat. muta; griech. telos, engl. toll) nannte man ursprünglich jede Abgabe, ...]
(ital., spr. -addscho), s. Passage. ^[= (franz., spr. -ahsche), Durchgang, besonders jeder freie Durchgang durch ein größeres Gebäude, ...]
(spr. -schihr, v. franz. passager), Reisender, besonders ein solcher, welcher in einem Postwagen oder in einem Dampfboot etc. reist.
(Pasagini), s. v. w. Pasagier. ^[= Sekte in Oberitalien während des 12. und 13. Jahrh., welche auf buchstäbliche ...]
(spr. -állja), Carlo, ital. Theolog, geb. zu Lucca, [* 106] trat 1827 in den Jesuitenorden und ward 1844 Professor am Collegium Romanum. Nachdem er »Über die unbefleckte Empfängnis« (Rom 1855, 3. Bde.) geschrieben und an den vorbereitenden Arbeiten zur Verkündigung des neuen Marien-Dogmas teilgenommen, mußte eine 1860 anonym erschienene Flugschrift: »Pro causa italica ad episcopos catholicos«, in welcher er die weltliche Macht des Papstes als für die Kirche gefährlich erklärte, um so größeres Aufsehen erregen. Da ihm, der aus dem Jesuitenorden ausgestoßen war und seine Schrift auf den Index gesetzt sah, in Rom Verhaftung drohte, flüchtete er nach Turin, [* 107] wo er seit 1861 an der Universität als Professor der Moral wirkte. In dem 1862-66 von ihm herausgegebenen »Mediatore« führte er einen heftigen Kampf wider die weltliche Gewalt der Kurie, bis er öffentlich widerrief. Er starb in Turin. Von seinen Schriften sind noch zu nennen: »La questione dell' indipendenza ed unità d'Italia dinanzi al clero« (Flor. 1861);
eine Widerlegung von Renans »Leben Jesu« (Tur. 1864, 2 Bde.);
»La causa del cardinale Girolamo d'Andrea« (das. 1867).
(Paschah, richtiger Pessach, vollständiger: Chag happessach, hebr., d. h. Verschonungsfest, auch Chag Hammazzoth, d. h. Fest der ungesäuerten Brote), das erste der drei jüdischen Wallfahrtsfeste, erinnert an die Erlösung der Israeliten aus Ägypten [* 108] und damit an die Verschonung der israelitischen Erstgebornen, an den Auszug und die mit ihm zusammenhängenden Ereignisse. Es ist sozusagen das Geburtsfest des israelitischen Volkes, das nun, politisch frei geworden, seine weltgeschichtliche Aufgabe, die Lehren [* 109] des Monotheismus zu verbreiten, beginnen kann.
Ob dem Passah ein älteres Frühlingsfest zu Grunde liegt, ist fraglich. Der Pentateuch befiehlt, es im ersten Vollmond des Frühlings sieben Tage lang vom Abend des 14. bis zum Abend des 21. Abib (nach dem Babylonischen Exil Nissan genannt) zu feiern, und bestimmt als eigentliche Festtage den 1. und 7. Tag. Durch Unsicherheit in der Zeitrechnung veranlaßt, gesellte man später dem 1. noch den 2. und dem 7. noch einen 8. Tag zu, der dann für immer beibehalten wurde. Während dieses siebentägigen Festes durfte nur ungesäuertes Brot [* 110] (Mazzoth), auch Trübsalsbrot (Lechem Oni) genannt, gegessen werden, weil bei dem eiligen Auszug aus Ägypten der Teig ungesäuert hatte mitgenommen werden müssen. Am Vorabend des 1. Tags (Passahabend) verzehrte jeder Hausvater, wie es beim ersten Passah am Auszugsabend in Ägypten geschehen, mit seiner Familie ein vom Priester im Vorhof des Tempels geschlachtetes, dann ganz und ohne Zerbrechung der Knochen [* 111] gebraten aufgetragenes einjähriges, fehlerfreies männliches Lamm (Passahlamm), von welchem nichts bis auf den folgenden Tag übrigbleiben durfte.
Als Zukost genoß man bittere Kräuter und ungesäuertes Brot. Neben dieser Familienfeier fand im Tempel am 1. und 7. Tag die heilige Festverkündigung und das Darbringen der vorgeschriebenen Opfer statt. Zur feierlichen Eröffnung der Ernte [* 112] wurde am 2. Tag eine Erstlingsgarbe der neuen Gerste, [* 113] die unter bestimmten Feierlichkeiten von Abgeordneten des Hohen Rats auf einem Acker bei Jerusalem [* 114] in der Nacht zum 16. Nissan geschnitten worden war, dargebracht. Diese Garbe mußte ein bestimmtes Maß (Omer) Gerste enthalten.
Sie wurde entkörnt, die Körner gemahlen, das Mehl [* 115] gesiebt, mit Öl und Weihrauch gemischt, eine Handvoll auf dem Altar [* 116] verbrannt und das übrige den Priestern gegeben. Diejenigen Israeliten, welche zu spät kamen oder als unrein das Passahopfer am 14. Nissan nicht schlachten konnten, sollten ihr Passahlamm am 14. des folgenden Monats (Ijar) darbringen, und dieser Tag hieß Kleinpassah oder das zweite Passah. Während der vierzigjährigen Wüstenwanderung ward das Passah nicht gefeiert. An die Stelle des Passahopfers trat nach der Zerstörung des Tempels an den ersten zwei Passahabenden ein feierlicher Gottesdienst (Seder) in der Familie. Vor und nach der Abendmahlzeit liest der Hausvater den Seinigen die Geschichte der Befreiung aus Ägypten vor, welche in einem Büchlein, »Haggada« (vulgär Gode) genannt, aufgezeichnet ist. Vgl. Ostern.
Stadt im nordamerikan. Staat New Jersey, am Fluß Passaic, unterhalb Paterson, mit Irrenhaus und (1885) 8329 Einw. Bei Paterson (s. d.) bildet der Fluß einen 27 m hohen Wasserfall.
inselreiche Bucht am südwestlichen Ende der Fundybai des Atlantischen Ozeans, in welche der die Grenze zwischen Maine und Neubraunschweig bildende St. Croix-Fluß mündet. An seinen Ufern wohnte sonst der jetzt untergegangene Stamm der Passamaquoddy-Indianer.
Einfuhr des gleichnamigen Zollbezirks der Vereinigten Staaten [* 117] 1886-87: 590,102 Dollar, Ausfuhr 429,281 Doll.;
766 Schiffe [* 118] mit 214,198 Ton. Gehalt liefen vom Ausland ein.
s. Antilopen, ^[= (Antilopīna Laird, hierzu Tafel "Antilopen"), Unterfamilie der Horntiere (Cavicornia ...] S. 640.
(franz.), Durchreisender.
Fluß im preuß. Regierungsbezirk Königsberg, [* 119] entspringt nordöstlich von Hohenstein [* 120] beim Dorf Grieslienen und mündet, nachdem er sich mit ¶