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(Arber 1458 m); er geht in ein hohes Flachland über, das als Böhmisch-Mährische Höhe bis zu den Sudeten reicht (die höchsten Punkte übersteigen 700 m). Alle diese Mittelgebirge (überhaupt der ganze südliche Teil von Böhmen) [* 2] sind aus Granit, Gneis und Glimmerschiefer aufgebaut, der die kuppenförmige Erhebungsform charakterisiert. Das zweite Hauptgebirge der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, die Karpathen, liegt größtenteils auf ungarischem Boden und gehört der österreichischen Reichshälfte nur als Grenzgebirge Mährens, Schlesiens, Galiziens und der Bukowina gegen Ungarn [* 3] an.
Die Ebenen nehmen kaum ein Viertel der Oberfläche des Kaiserstaats ein. Die größte ist die galizische Ebene, welche sich mit dem von mäßigen Hügeln durchzogenen, welligen, aus Sand, Sandstein und Grobkalk bestehenden Tertiärland am Nordabhang der Karpathen ausdehnt. Mit dem weiten ungarischen Tiefland (und zwar der kleinen ungarischen Tiefebene) hängt die Ebene des Wiener Beckens mit dem Marchfeld und Steinfeld und weiter donauaufwärts das Tullner Feld zusammen. An der venezianischen Tiefebene partizipiert der Kaiserstaat nur mit einem kleinen Teil am Isonzo. [* 4] Alle übrigen Ebenen an der Donau, Elbe, Mur etc. sind klein, zählen aber häufig zu den fruchtbarsten Gegenden.
Bewässerung.
Das Adriatische Meer bespült auf eine Länge von 1550 km die vielfach gegliederte österreichische Küste. Die lagunenreiche Küste Venedigs endigt am Isonzo, dann beginnen die Steilküsten des Karstes, die Istrien [* 5] umsäumen, steil, zum Teil felsig, mit vielen Buchten, welche sichere Häfen bilden. Die dalmatische Küste, über 1100 km lang, ist teils sehr steil und zerrissen, teils durchaus unzugänglich; dagegen haben die vorgelagerten Inseln viele vortreffliche Ankerplätze.
Die größten Golfe sind die von Triest, [* 6] Fiume [* 7] (Quarnero) und die Bocche di Cattaro. Die wichtigsten Häfen sind an der illyrischen Küste die Bucht von Triest, Capo d'Istria, Pirano, Rovigno, der ausgezeichnete Kriegshafen Pola. [* 8] Unter den 30 Quarnerischen Inseln haben Veglia, Cherso und Lussin Piccolo tiefe und geräumige Häfen. In Dalmatien sind wichtigere Häfen die von Zara, [* 9] Sebenico, Spalato, Lesina, Curzola, Macarsca, Ragusa [* 10] (Gravosa) und Cattaro. Der nördliche, kleinere Teil des Kaiserstaats gehört zum Gebiet der Nord- und Ostsee, der südliche und östliche, größere zu den Gebieten des Adriatischen und Schwarzen Meers.
Mit Ausnahme von Istrien, welches selbst an Küstenflüssen arm ist, und einiger andrer Distrikte in den Karstgegenden erfreuen sich alle Kronländer einer entsprechenden Anzahl von fließenden Gewässern, welche der Binnenschiffahrt eine Ausdehnung [* 11] von etwa 3900 km schiffbarer Wasserstraßen bieten. Die Hauptflüsse sind: Donau, Dnjestr (Schwarzes Meer), Weichsel, Oder (Ostsee), Elbe, Rhein (Nordsee), Etsch (Adriatisches Meer). Das größte Flußgebiet innerhalb Österreichs und in noch höherm Maß in Ungarn hat die Donau, 43 Proz. des Gesamtflächeninhalts von Österreich,, [* 12] das kleinste der Rhein und der Po (beide unter 1 Proz.), während auf die Elbe 17, auf die Weichsel 14, auf den Dnjestr 10, auf die Etsch 4, auf die Oder 2 Proz. entfallen.
Der Rhein bespült nur auf 41 km die Reichsgrenze (Vorarlberg); die Elbe führt die böhmischen Gewässer der Nordsee zu. Dem Südabhang des Riesengebirges entspringend, ist sie von Melnik an mit Schiffen (auch Dampfern) befahrbar. Ihre Länge in O. beträgt 370 km. Ihre Nebenflüsse sind in Österreich, rechts die Iser, links die vereinigte Adler, [* 13] die Moldau (von Budweis ab schiffbar) mit den Zuflüssen Luschniz, Sazawa, Wottawa und Beraun, außerdem die Eger [* 14] und die Biela. Die Oder entspringt in den Sudeten in Mähren, nimmt rechts die Ostrawiza und Olsa, links die Oppa auf, welche zum Teil die Grenze gegen Preußen [* 15] bildet, und tritt nach 93 km langem Lauf in Österreich, nach Preußen über.
Die Weichsel entspringt ebenfalls in Mähren, in den schlesischen Bieskiden, ist Grenzfluß gegen Preußen und Rußland, nimmt in Österreich, rechts den Dunajec (mit dem Poprad), die Wisloka und den San auf, links die Przemza. Ihr Lauf in Österreich, beträgt 386 km, wovon 303 km schiffbar sind. Sie tritt nach Rußland über, wo sie aus Österreich, noch den Bug empfängt. Der Dnjestr, am Nordabhang der Karpathen in Galizien entspringend, tritt nach 468 km langem (wovon 406 km schiffbar), vielfach gekrümmtem Lauf durch dies Kronland ebenfalls nach Rußland über, nachdem er rechts den Stryj, die Swica, Lomnica und Bistrica, links den Sered und Zbrucz (Podhorce) aufgenommen und auf eine Strecke die Grenze gegen Rußland gebildet.
Die Etsch, aus dem Ötzthaler Fernerstock entspringend, ist von Bozen [* 16] ab schiffbar und hat eine Länge von 223 km bis zum Ausfluß [* 17] aus Tirol. [* 18] Ihre Nebenflüsse sind: Passer, Eisack, Avisio, Noce. Unter den Küstenflüssen, welche in den nordwestlichen Teil des Adriatischen Meers fallen, ist nur der Isonzo von Bedeutung. Von den dalmatischen Küstenflüssen sind bemerkenswert: die Zermagna, Kerka, Cettina und Narenta. Die Donau bildet die wichtigste Wasserstraße für den Verkehr Österreichs, welches sie bei Passau [* 19] betritt und nach einem 373 km langen, durchaus mit Dampfschiffen befahrbaren Lauf zwischen Hainburg und Theben verläßt.
Von Passau bis Wien [* 20] treten häufige Verengerungen des Flußbettes ein, und auf jede Verengerung folgt ein Becken, welche im weitern Lauf in Ungarn an Größe noch zunehmen. Engen sind bei Passau, bei Grein (Strudel, nicht mehr gefährlich), bei Aggsbach und beim Leopoldsberg, endlich beim Austritt aus Österreich, vor Preßburg; [* 21] Becken bei Linz, [* 22] Tulln und Wien. In Österreich, hat die Donau meist starkes Gefälle. Bei Passau hat sie 274 m, bei Hainburg nur 131 m Seehöhe. Ihr Gefälle beträgt demnach im Lauf durch Österreich, 143 m, auf der viel längern Strecke in Ungarn dagegen nur 93 m. In Österreich, und bis zur Mündung wird sie von Dampfschiffen befahren.
Ihre schiffbaren Nebenflüsse in O. sind links: die March (mit der Thaya und deren Zuflüssen), der Sereth und Pruth, letztere beide außerhalb Österreichs in die Donau mündend;
rechts: der Inn, die Traun, Enns, Leitha, Raab, [* 23] Drau (mit der Mur) und Save (mit Kulpa), letztere drei gleichfalls nur mit ihrem Oberlauf Österreich, angehörend.
Die Seen liegen größtenteils im Alpengebiet, die meisten im Salzkammergut [* 24] und in Kärnten (der Hallstätter, Traun-, St. Wolfgang-, Mond- und Attersee in Österreich ob der Enns, der Waller und Zeller See in Salzburg, [* 25] der Achen- und Plansee in Tirol, der Millstädter, Ossiacher und Wörther See in Kärnten, der Veldes- und Zirknitzer See in Krain). Die Länder des böhmisch-mährischen Gebirgssystems haben keine nennenswerte Seen. Mit Ausnahme des Gardasees und des Bodensees, an welchen Tirol und Vorarlberg kleine Anteile haben, gehören alle dem Donaugebiet an. Merkwürdig sind die Karstseen (namentlich der Zirknitzer See) wegen ihres periodisch wechselnden Wasserstandes. In Böhmen sind zahlreiche Teiche (der Rosenberger, Wittingauer u. a.). Die einst sehr ausgedehnten Sümpfe (jetzt noch zumeist in Dalmatien und ¶
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Galizien) sind durch stellenweise Regulierung der Flußläufe und Kanalisierung sehr geschmälert worden. Die Torfgründe (bei Laibach [* 27] u. a. O.) liefern ein stets mehr benutztes Brennmaterial.
Sehr reich ist Österreich, an Mineralquellen. Hiervon sind als Heilquellen am bekanntesten: die alkalischen Mineralwässer oder Säuerlinge von Bilin, Liebwerda und Gießhübel in Böhmen, Luhatschowitz in Mähren, Gleichenberg in Steiermark; [* 28]
die Glaubersalzwässer von Karlsbad und Marienbad in Böhmen, Rohitsch in Steiermark, Krynica in Galizien;
die Eisenquellen von Franzensbad in Böhmen, Pyrawarth in Niederösterreich;
die Kochsalzwasser oder Solen von Ischl [* 29] und Hall [* 30] (jodhaltig) in Oberösterreich, Aussee in Steiermark, Hall in Tirol;
die Bitterwässer von Püllna, Saidschütz und Sedlitz in Böhmen;
die Schwefelquelle von Baden [* 31] bei Wien.
Indifferente Heilquellen sind die Thermen von Gastein in Salzburg, Römerbad und Dobelbad in Steiermark, Teplitz-Schönau und Johannisbad in Böhmen.
Klima.
Was die klimatischen Verhältnisse Österreichs anlangt, so liegt das Land in der gemäßigten Zone und hat im allgemeinen ein mildes, dem Pflanzen- und Tierleben zuträgliches Klima, [* 32] wovon nur die Hochgebirgsgegenden eine Ausnahme machen. Die kontinentale Lage, die Ausbreitung gegen O., vorzüglich aber der Wechsel in der Bodenerhebung bewirken eine große Verschiedenheit in der mittlern Jahrestemperatur. In der wärmern Zone (Südtirol, Küstenland, Dalmatien), wo der Herbstregen vorherrscht, stellt sich dieselbe auf +11° C.;
im Hochgebirge (Alpen, [* 33] Karpathen) sinkt sie je nach der Höhe auf +7½ bis +5° C., und die Regenmenge steigt von 79 bis 158 cm;
im hercynisch-sudetischen Gebiet haben die Randgebirge feuchtes, kühles und gleichmäßiges Klima, das Binnenland dagegen vielfachen, aber mäßigen Wechsel der Temperatur (Durchschnitt 8° C.) und Feuchtigkeit;
im Donauthal findet man von W. nach O. +8 und +9° C., je mehr gegen O., desto spärlicher der Regen und desto schneller der Temperaturwechsel.
Die Amplitude (d. h. der Unterschied zwischen dem höchsten und tiefsten Stande des Thermometers) wächst mit dem Vorrücken in das kontinentale Klima (in Graz [* 34] 53°, in Lemberg [* 35] 66° C.). Im allgemeinen betrachtet, läuft die Isotherme von 15° durch den Norden [* 36] von Dalmatien;
jene von 13° über Meran [* 37] in Tirol und Laibach;
die von 11° über Kremsmünster in Oberösterreich und den Semmering;
die von 10° geht von Karlsbad über Olmütz [* 38] nach dem Südabhang der Karpathen;
die von 9° durchschneidet das Stufenland der Sudeten und geht mitten durch Galizien.
Die Küstenstriche sind mit Ausnahme der periodischen kalten Stürme aus NO. (Bora) geringern Temperaturschwankungen ausgesetzt als die Binnenländer. Für jeden Grad wechselnder Polhöhe vermindert sich im allgemeinen die mittlere Jahreswärme um 0,44°; der Wärmeunterschied zwischen dem äußersten Westen und Osten beträgt durchschnittlich 1°. In vertikaler Richtung mindert sich im O. die Jahreswärme um 1°, wenn man sich um etwa 220 m über die Meeresfläche erhebt.
Die Schneegrenze findet sich in den Alpen durchschnittlich bei 2800 m, in den Karpathen schon bei 2600 m. Zwischen 42 und 46° nördl. Br. herrscht kurzer Winter mit wenig Schnee [* 39] und Eis; [* 40] es gedeihen neben allen Getreidearten auch der Maulbeer- und der Ölbaum, Reis, Mais, Wein, Feigen, hier und da auch andre Südfrüchte. Von 46-50° nördl. Br. herrscht längerer, strengerer Winter; noch gedeihen alle Getreidegattungen und Mais in Fülle, in einigen Gegenden sehr gute Wein- und Obstsorten.
Über den 50.° nördl. Br. hinaus, wohin Nordböhmen, ein Teil von Schlesien [* 41] und Galizien reichen, ist der Getreidebau minder ergiebig, stärker der Anbau von Flachs und Hanf, dagegen kein Mais- und kein Weinbau (letzterer nur vereinzelt im Elbethal). Die Regenmenge ist am größten in den Alpenländern und im Böhmerwald, am geringsten im Donauthal, in Böhmen, Mähren und Galizien. Gewitter gibt es am wenigsten in Schlesien (11-15), ihre Zahl und Heftigkeit nimmt gegen S. zu; die häufigsten sind in den Alpengegenden.
Hagel ist am häufigsten in Tirol, Südsteiermark und Unterkrain. Unter den Winden [* 42] ist der feuchte Westwind vorherrschend; häufig im Bereich einiger Alpenthäler und überhaupt im SW. der Monarchie ist der ermattende Scirocco (in Tirol »warmer Wind«, wohl auch »Föhn« genannt), der im Frühling den Schnee auf den Alpen rasch schmelzt und dadurch häufige Lawinenstürze und Überschwemmungen verursacht. Auf dem Karstplateau wütet der furchtbar tobende Nordostwind (Bora).
Mittlere Jahreswärme einiger der bedeutendern Städte Österreichs in Graden nach Celsius:
Ragusa | +16.8 | Prag | +9.4 | Lemberg | +8.0 |
Pola | +15.0 | Graz | +9.2 | Krakau | +7.9 |
Zara | +14.8 | Brünn | +8.9 | Klagenfurt | +7.5 |
Triest | +14.2 | Troppau | +8.8 | Gastein | +6.1 |
Trient | +12.6 | Linz | +8.5 | Heiligenblut | +5.3 |
Wien | +9.7 | Czernowitz | +8.1 | ||
Laibach | +9.4 | Salzburg | +8.0 |
Areal und Bevölkerung.
Die nachstehende Tabelle enthält die Bestandteile (Kronländer) von Österreich,, deren Größe und Bevölkerung [* 43] (nach der Zählung vom
Kronländer | QKilom. | QMeil. | Bevölkerung | auf 1 QKil. |
---|---|---|---|---|
Niederösterreich | 19768 | 359.02 | 2330621 | 118 |
Oberösterreich | 11982 | 217.61 | 759620 | 63 |
Salzburg | 7154 | 129.93 | 163570 | 23 |
Steiermark | 22355 | 405.99 | 1213597 | 54 |
Kärnten | 10328 | 187.56 | 348730 | 34 |
Krain | 10033 | 182.20 | 481243 | 48 |
Küstenland (Görz u. Gradisca, Triest mit Gebiet, Istrien) | 7967 | 144.69 | 647934 | 81 |
Tirol u. Vorarlberg | 29293 | 531.99 | 912549 | 31 |
Böhmen | 51942 | 943.32 | 5560819 | 107 |
Mähren | 22224 | 403.61 | 2153407 | 97 |
Schlesien | 5147 | 93.48 | 565475 | 110 |
Galizien | 78508 | 1425.79 | 5958907 | 76 |
Bukowina | 10452 | 189.81 | 571671 | 55 |
Dalmatien | 12831 | 233.03 | 476101 | 37 |
Österr. im ganzen: | 299984 | 5448.03 | 22144244 | 74 |
Das Territorium Österreichs erfuhr in den letzten Jahren eine Veränderung durch die im J. 1878 auf Grund des Berliner [* 44] Vertrags erfolgte Einverleibung des Gebiets von Spizza, 35,9 qkm, welches mit dem Königreich Dalmatien vereinigt wurde. Nach den Ergebnissen der Grundsteuerregulierung umfaßte Österreich, 1884: 300,024 qkm, und seine Bevölkerung wurde Ende 1886 auf 23,233,111 Seelen berechnet.
Die Zunahme der Bevölkerung Österreichs, welche sich aus der jüngsten Zählung gegen die vorhergehende vom ergibt, beträgt im ganzen 1,734,054 Seelen oder 8,5 Proz.; sie ist geringer als die Zunahme in dem vorhergegangenen Zählungsintervall 1857-69, da sich selbige für diesen Zeitraum auf 2,172,128 Seelen oder 11,9 Proz. belief. Im jährlichen Durchschnitt beziffert sich nämlich der Zuwachs 1857-69 mit 0,94, 1869-80 ¶
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dagegen nur mit 0,74 Proz. Was die einzelnen Länder und ihre Bevölkerungsvermehrung von 1869 bis 1880 betrifft, so steht Niederösterreich in erster Reihe (Zunahme 17 Proz.), dessen Hauptstadt mit den umliegenden ganz ungewöhnlich rasch sich entwickelten Vororten eine starke Anziehungskraft auf die Bewohner andrer Kronländer ausübt und hauptsächlich durch Zuzug, weniger durch Propagation der Bevölkerung an Volkszahl gewinnt. Im österreichisch-illyrischen Küstenland macht sich ein ähnlicher Einfluß der großen Handelsstadt Triest geltend.
Die wirtschaftlich hoch entwickelten Sudetenländer Böhmen, Mähren, Schlesien zeigen im ganzen gegen die Periode 1857-69 eine Verlangsamung der Volksvermehrung, wenn auch einzelne geographische Rayons, wie die Umgebung von Prag, [* 46] das Kohlen- und Industrierevier von Aussig, Teplitz, Brüx, die Marchebene Mährens, ein ungewöhnlich rasches Anwachsen der Bevölkerung gerade in jüngster Zeit aufweisen. Dagegen fehlt es auch nicht an Gegenden mit abnehmender Volkszahl, so einzelne Ackerbaudistrikte im SO. Böhmens, das böhmisch-mährische Grenzplateau, einzelne Alpengegenden (infolge des Niederganges der kleinen Eisengewerke, des Rückganges der Südtiroler Seidenzucht und des Weinbaues daselbst).
Durch Auswanderung verlor Österreich, in dem Zeitraum 1875-84 nach den Ausweisen der politischen Behörden 82,624 Personen (in Wirklichkeit wegen der heimlichen Auswanderung noch mehr); am stärksten war die Emigration in den Jahren 1875 mit 10,012, dann wieder 1880 mit 10,145 und 1881 mit 13,341 Personen, seit dem letztern Jahr beträgt sie wieder jährlich ca. 7000. Der Hauptanteil fällt auf Böhmen mit 43,871 und auf Tirol mit 15,871 Personen (im ganzen Zeitraum). Im erstern Kronland sind es hauptsächlich die tschechischen Ackerbaudistrikte, im letztern Kronland die italienischen Bezirke, welche das Hauptkontingent zur Auswanderung stellen.
Die böhmischen Auswanderer gehen meist über Bremen [* 47] und Hamburg [* 48] nach Nordamerika, [* 49] die welsche Emigration wendet sich im Anschluß an die auch in Norditalien in großen Proportionen auftretende Auswanderung über italienische und französische Häfen nach Mittel- und Südamerika. [* 50] Die Volksdichtigkeit beziffert sich nach der letzten Volkszählung mit 74 Einw. auf 1 qkm (1869 war sie 67). Die Kronländer reihen sich in dieser Beziehung folgendermaßen aneinander:
Niederösterreich | 118 | Einw. | Bukowina | 55 | Einw. |
Schlesien | 110 | " | Steiermark | 54 | " |
Böhmen | 107 | " | Krain | 48 | " |
Mähren | 97 | " | Dalmatien | 37 | " |
Küstenland | 81 | " | Kärnten | 34 | " |
Galizien | 76 | " | Tirol u. Vorarlberg | 31 | " |
Oberösterreich | 63 | " | Salzburg | 23 | " |
Noch auffallender werden die Unterschiede, wenn man die Bezirke vergleicht. Hiernach kommt die dichteste Bevölkerung (von den Stadtgebieten abgesehen) auf die Bezirkshauptmannschaften des nördlichen Böhmen (Rumburg 366, Gablonz 272, Schluckenau 256 Einw. auf 1 qkm), die dünnste im Alpengebiet auf die Bezirkshauptmannschaften Zell (12), Tamsweg und Landeck (13 Einw. auf 1 qkm).
Dem Geschlecht nach wurden beim letzten Zensus 10,819,737 männliche und 11,324,507 weibliche Personen gezählt, was einen weiblichen Überschuß von 504,770 ergibt, so daß auf 1000 männliche Individuen 1047 weibliche kommen. Bei der vorhergehenden Zählung (1869) war dieses Verhältnis 1000:1041; es hat sich demnach in der Periode 1869-80 die weibliche Bevölkerung stärker vermehrt als die männliche. Unter den einzelnen Kronländern zeigen die Sudetenländer (Schlesien, Mähren, Böhmen) und Krain den höchsten Überschuß weiblicher Bevölkerung (1077-1109 weibliche Einwohner auf 1000 männliche), wogegen in Dalmatien und dem Küstenland sogar das männliche Geschlecht überwiegt. Hinsichtlich des Zivilstandes setzt sich die anwesende Bevölkerung Österreichs im J. 1880 in Prozenten folgendermaßen zusammen:
Zivilstand | männlich | weiblich |
---|---|---|
Ledige | 61.51 | 57.71 |
Verheiratete | 35.54 | 34.16 |
Verwitwete | 2.91 | 8.08 |
Geschiedene | 0.04 | 0.05 |
Die Bewegung der Bevölkerung, welche sich aus den Daten über die jährlichen Trauungen, Geburten und Sterbefälle ergibt, ist in Österreich, hinsichtlich der Trauungsziffer und des allgemeinen Geburtenverhältnisses eine sehr günstige zu nennen. Schattenseiten in der Bevölkerungsbewegung Österreichs bilden dagegen die zahlreichen unehelichen Geburten und die hohe Sterblichkeitsziffer, insbesondere die sehr bedeutende Kindersterblichkeit. Es kommen nämlich im Jahresdurchschnitt auf 1000 Einwohner 8 Trauungen (nur Serbien, [* 51] Ungarn, das Deutsche Reich [* 52] und Rußland weisen noch günstigere Ziffern auf), 39 Lebendgeborne und gegen 31 Sterbefälle.
Unter 1000 Geburten sind durchschnittlich 136 uneheliche, eine Ziffer, die nur von wenigen Ländern Europas, wie Bayern, [* 53] Mecklenburg, [* 54] Portugal, [* 55] noch überboten wird, in einigen österreichischen Kronländern aber noch viel höher ist, so in Salzburg, Steiermark und Niederösterreich mit 300, in Kärnten sogar mit 440 unehelichen Geburten unter 1000. Die bis zum fünften Lebensjahr Gestorbenen betragen die Hälfte aller Gestorbenen. Die Zahl der Wohnorte in Österreich, wurde bei der Zählung im J. 1880 mit 55,341 festgestellt, welche 2,995,577 bewohnte Häuser umfaßten.
Hiernach kamen ein Wohnort auf 5,4 qkm, auf einen Ort kamen 54 Häuser und 400 Einw., und je ein Haus war von mehr als 7 Personen bewohnt. Die angeführten Ortschaften bilden zusammen 27,434 Ortsgemeinden. Von diesen hatten mehr als 10,000 Einw. 110 Gemeinden, 5-10,000 Einw. 197 und 2-5000 Einw. 1431 Gemeinden; zusammen daher über 2000 Einw. 1738 Gemeinden, welche insgesamt 8,507,259 Einw. oder 38,4 Proz. der Bevölkerung Österreichs zahlten. Die in größern Ortschaften konzentrierte städtische Bevölkerung macht demnach in Österreich, keinen verhältnismäßig großen Teil der Gesamtbevölkerung aus. Die volkreichsten Städte waren nach der letzten Volkszählung: Wien, Prag, Triest, Lemberg, Graz, Brünn, [* 56] Krakau, [* 57] Czernowitz, [* 58] Linz und Pilsen. [* 59] Zwischen 20,000 und 30,000 Einw. hatten 29 Gemeinden.
Nationalität.
(Hierzu die »Ethnographische Karte von Österreich-Ungarn«.)
Unter allen Staaten Europas (Rußland ausgenommen) hat keiner eine Bevölkerung, welche aus mehr Nationalitäten bestände als die Österreich-Ungarns. Die drei Hauptvölker Europas, Deutsche, Slawen und Romanen, bilden auch die Hauptstämme Österreichs, während jenseit der Leitha als vierter und dort auch herrschender Stamm die Magyaren hinzukommen. Der Zahl nach überwiegt in Österreich, allerdings die slawische Nation. Dieselbe zerfällt aber in sechs nicht bloß mundartlich, sondern auch kulturell und historisch unterschieden Stämme, welche der gemeinsamen Schriftsprache entbehren und daher als ebenso viele Völker angesehen werden müssen. Derjenige Stamm, welchem der erste Platz in Österreich, gebührt, kann nur der deutsche sein und zwar wegen seiner relativen Majorität über alle andern Stämme, ¶
Maßstab [* 61] 1:5.000.000
Die Hauptstädte der Kronländer und Provinzen sind unterstrichen.
Deutsche
Slovaken
Süd-Slaven.
Slovenen
Kroaten
Zum Artikel »Österreich, Kaisertum«. ¶
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wegen seiner historischen Bedeutung für die Heranbildung und Entwickelung des Reichs, wegen seiner alle andern Nationen Österreichs überragenden Kulturentwickelung und endlich auch deshalb, weil die deutsche Bevölkerung die einzige ist, welche sich über sämtliche Länder Österreichs verbreitet. In Hauptmassen zusammengenommen, gehören die Nordabhänge der Alpen, das Donauland, dann die Gebirgsstrecken des Böhmerwaldes, des Erz-, Riesen- und Sudetengebirges den Deutschen an, welche auch in vielen Sprachinseln in das slawische Gebiet hinübergreifen.
Die Deutschen zählen 7,2 (mit Hinzurechnung der Israeliten sogar über 8) Mill. Von den slawischen Völkerschaften bewohnen die Tschechen den mittlern und südöstlichen Teil Böhmens, den größern Teil Mährens (mit Ausnahme des deutschen Anteils im S. und N.) und einen Teil Schlesiens (südöstlich von Troppau [* 63] und westlich von Teschen);
die Polen den ehemaligen Kreis [* 64] Teschen in Schlesien und Westgalizien;
die Ruthenen Ostgalizien und einen Teil der Bukowina;
die Slowenen Krain und die angrenzenden Teile von Kärnten, Görz, [* 65] Istrien, das Territorium von Triest und Südsteiermark;
die Kroaten und Serben Istrien, die Quarnerischen Inseln und Dalmatien.
Von den romanischen Volksstämmen sind die Westromanen (Italiener nebst Ladinern und Friaulern) in Südtirol, Görz-Gradisca, Triest und an den Küsten von Istrien sowie in den meisten Städten Dalmatiens seßhaft; die Rumänen wohnen in der Bukowina. Die Verbreitung der Israeliten ist sehr ungleich. In den Alpenländern, wo bis in die jüngste Zeit Anordnungen gegen ihr Seßhaftwerden bestanden, ist ihre Zahl höchst unbedeutend. Sehr zahlreich und in fortwährender Vermehrung durch Zuzug aus allen Ländern ist das israelitische Element in Wien und Umgebung, wo es eine große soziale Bedeutung erlangt hat.
Ähnliches gilt von Triest. Auch in Böhmen, Mähren und Schlesien befreite das Jahr 1848 die Israeliten von vielen Hemmnissen der Verbreitung und Niederlassung, so daß ihre Zahl in Schlesien 1,5, in Böhmen 1,7, in Mähren sogar 2,05 Proz. der Bevölkerung erreicht hat. Prag war von jeher ein Hauptsitz des böhmischen Judentums. Sehr stark sind die Juden in Galizien und der Bukowina verbreitet, wo sie in den meisten Bezirken über 5, in vielen über 10 (in Krakau und Czernowitz über 30) Proz. ausmachen. Übrigens haben sich die Juden meist, ausgenommen etwa einen Teil der galizischen Juden, Einer Sprache [* 66] und Nationalität und zwar meist der deutschen angeschlossen. Folgende Tabelle zeigt das ungefähre Verhältnis der Nationalitäten Österreichs in Prozenten:
Deutsche | 35.0 | Proz. | Kroaten u. Serben | 2.6 | Proz. |
Tschechen | 23.5 | " | Italiener | 3.1 | " |
Ruthenen | 12.8 | " | Rumänen | 0.9 | " |
Polen | 12.3 | " | Israeliten | 4.5 | " |
Slowenen | 5.2 | " | übrige Nationen | 0.1 | " |
Die »übrigen Nationen« sind die an einzelnen Orten lebenden Magyaren (in der Bukowina), Albanesen (Borgo Erizzo in Dalmatien), Armenier (in Galizien und der Bukowina), Zigeuner u. a.
Religion.
Hinsichtlich der Religionsbekenntnisse überwiegen in Österreich, weitaus die Katholiken. Sie betragen nach der letzten Zählung 91,35 Proz. der Gesamtbevölkerung, darunter 79,90 des lateinischen, 11,44 des griechischen und 0,01 Proz. des armenischen Ritus. Noch größer ist der Prozentsatz der Katholiken in den Alpenländern, namentlich in Salzburg, Tirol und Krain. Die Griechisch-Katholischen erheben sich in Galizien bis zu 42 Proz. Auf die griechisch-nichtunierte (griechisch-orientalische) Kirche kommen 2,22 Proz. der Bevölkerung, welche sich hauptsächlich in der Bukowina und in Dalmatien befinden. Im erstern Land machen sie über 70 Proz. der Einwohnerzahl aus.
Die Evangelischen Augsburger Konfession betragen 1,31, Helvetischer Konfession 0,50 Proz.; in Schlesien steigen die Evangelischen auf 14, in Kärnten betragen sie 5 Proz. der Bevölkerung. Die Bekenner der Helvetischen Konfession finden sich meist in Böhmen und Mähren. Die Israeliten machen im ganzen 4,54 Proz. der Bevölkerung aus. Von ihrer Verteilung auf die einzelnen Länder war schon oben bei den Nationalitäten die Rede. Alle andern Bekenntnisse zählen nur 0,08 Proz. der österreichischen Bevölkerung zu ihren Anhängern.
Die Veränderungen, welche sich durch Übertritt von einem Religionsbekenntnis zu einem andern ergeben, sind im Vergleich zu den Gesamtziffern höchst unbedeutend; eine Änderung der relativen Zahlen wird daher hauptsächlich durch die verschiedene Propagation der Anhänger der einzelnen Religionsbekenntnisse hervorgerufen. In dieser Hinsicht läßt sich beim Rückblick auf etwa 50 Jahre bei den Israeliten und bei den Evangelischen eine stärkere Tendenz zur Zunahme als bei den übrigen Konfessionen, [* 67] namentlich den Katholiken beider Riten, konstatieren.
Was das Kirchenwesen betrifft, so gibt es für die katholische Kirche 9 Erzbistümer: Wien, Salzburg, Görz, Prag, Olmütz, Lemberg (hier 3, vom lateinischen, griechischen und armenischen Ritus) und Zara, nebst 25 Bistümern. Außerdem üben bischöfliche Jurisdiktion aus: die Generalvikare zu Feldkirch und Teschen, für Heer und Flotte der apostolische Feldvikar in Wien. Die katholische Kirche zählt in Österreich, 17,150 mit der Seelsorge beschäftigte Geistliche, dann (in 890 Ordenshäusern) 6896 Mönche und 8727 Nonnen.
Der altkatholischen Kirche gehören zur Zeit 3 Gemeinden (Wien, Warnsdorf und Ried) mit 3 Pfarrern an. Für die griechisch-orientalische Kirche besteht eine Metropolie (Czernowitz), unter welcher 2 Bischöfe stehen. Die Kirche zählt außerdem 412 Seelsorger und 131 Mönche. Die evangelische Kirche hat in Österreich, die Presbyterial- und Synodalverfassung. Nach der Kirchenverfassung vom Jahr 1866 sind als Organe des Kirchenregiments eingeführt: für die Pfarrgemeinde das Presbyterium und die Gemeindevertretung, für das Seniorat der Senior mit dem Senioratsausschuß und die Senioratsversammlung, für die Superintendenz oder Diözese der Superintendent mit dem zugehörigen Ausschuß und der Versammlung, für die Gesamtheit der Superintendenzen der evangelische Oberkirchenrat in Wien (die oberste verwaltende Kirchenbehörde für beide Konfessionen) und die Generalsynode (die Vertretung der Gesamtgemeinde einer jeden Konfession, welche regelmäßig in jedem sechsten Jahr in Wien zusammentreten soll und namentlich die kirchliche Gesetzgebung behandelt). Die Augsburgische Konfession zählt 6 Superintendenzen mit 15 Senioraten, die Helvetische 4 Superintendenzen mit 7 Senioraten. Die Zahl der evangelischen Geistlichen beträgt 221.
Bildung und Unterricht; Wohlthätigkeit.
Die Bildung des Volkes in Österreich, ist bei der bunten Zusammensetzung desselben und bei den Rasseneigentümlichkeiten der einzelnen Stämme eine sehr verschiedene. Auf höchster Stufe stehen die Deutschen, welchen sich unter den slawischen Völkerschaften zunächst die Tschechen, von den andern Nationen aber die Italiener anreihen. Auf dem tiefsten Stande der ¶
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Kultur und Vorbildung befinden sich die Ruthenen und Rumänen in Ostgalizien und der Bukowina, dann die slawischen Bewohner der Küstenländer Istrien und Dalmatien. Bei der letzten Zahlung vom Jahr 1880 ergab sich, daß 9,868,364 oder 44,56 Proz. des Lesens und Schreibens und 1,345,781 oder 6,08 Proz. bloß des Schreibens unkundig sind. Über die Durchschnittsziffer erhebt sich der Prozentsatz der Analphabeten in Dalmatien, Bukowina, Galizien, Küstenland, Krain und Kärnten; dagegen sinkt die Zahl der Analphabeten unter die Ziffer für ganz Österreich, in Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Böhmen, Mähren und Schlesien.
Die Unterrichtsanstalten Österreichs zerfallen in niedere, Mittel- und Hochschulen, dann in Fach- und Speziallehranstalten. Das Volksschulwesen wurde durch das Gesetz vom (teilweise abgeändert 1883) neu organisiert. Hiernach liegt die Errichtung von Volksschulen den Ortsgemeinden ob. Die Schulpflicht beginnt mit dem vollendeten 6. und dauert im allgemeinen bis zum vollendeten 14. (in einigen Ländern nur bis zum 12.) Lebensjahr. Die Kategorien der in Rede stehenden Lehranstalten sind: allgemeine Volksschulen und Bürgerschulen, welch letztere einen höhern Rang einnehmen und in vollem Umfang acht Klassen zählen. 1885 bestanden 16,440 öffentliche Volks- und Bürgerschulen mit 54,467 Lehrern und Lehrerinnen und 2,679,638 Schülern.
Auf 1000 schulpflichtige Kinder entfallen 868 schulbesuchende. Am geringsten ist der Schulbesuch in der Bukowina (338 Schulbesuchende auf 1000 Schulpflichtige), in Galizien (595), während im Küstenland (692), in Dalmatien (737) und in den übrigen Ländern der Schulbesuch ein befriedigender ist und in Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg sogar alle schulpflichtigen Kinder die Schule wirklich besuchen. Anstalten zur Heranbildung von Volksschullehrern bestehen 43, von Lehrerinnen 26. Zu den Mittelschulen gehören die Gymnasien, bestehend aus Ober- und Untergymnasien, jedes mit 4 einjährigen Klassen, die Realschulen, in Ober- und Unterrealschulen zerfallend, wovon die erstern aus 3, die letztern aus 4 Jahrgängen bestehen, und die Realgymnasien, welche die Stelle des Untergymnasiums oder der Unterrealschule vertreten und einen vierjährigen Kursus haben, öfters aber auch mit Obergymnasial- und Oberrealklassen versehen sind. Der Bestand solcher Lehranstalten ist:
Zahl | Lehrer | Schüler | |
---|---|---|---|
Gymnasien | 139 | 2781 | 43775 |
Realgymnasien | 33 | 656 | 9459 |
Realschulen | 80 | 1370 | 16327 |
An Hochschulen besitzt die Monarchie 8 vom Staat erhaltene Universitäten, nämlich zu Wien, Prag (2, eine deutsche und eine tschechischen Graz, Innsbruck, [* 69] Krakau, Lemberg und Czernowitz. Jede Universität begreift in der Regel 4 Fakultäten: die theologische (katholisch, in Czernowitz griechisch-orientalisch), die rechts- und staatswissenschaftliche, die medizinische und die philosophische Fakultät. Ausnahmsweise fehlen den Universitäten in Lemberg und Czernowitz die medizinische, der tschechischen Universität in Prag die theologische Fakultät.
Dem Alter nach sind die ältesten Universitäten die zu Prag (1348), Krakau (1364) und Wien (1365), die jüngsten Czernowitz (1875) und die tschechische Universität zu Prag (1882). Insgesamt zählten die österreichischen Universitäten 1885: 1029 Lehrende (davon in Wien 326, Prag 264) und 12,069 Studierende (Wien 5122, Prag 3050). Technische Hochschulen gibt es 6, nämlich in Wien, Prag (2, eine deutsche und eine tschechische), Graz, Brünn und Lemberg, welche sich in 4 (die Wiener und Prager in 5) Abteilungen gliedern und zusammen 1885: 330 Lehrende und 2125 Studierende zählten, wovon der größte Anteil auf die Wiener Hochschule (95 Lehrer und 903 Studierende) entfällt.
Außerdem besitzt die Monarchie eine große Zahl von Fach- und Speziallehranstalten. Als solche bestehen für Theologie: das höhere Weltpriesterbildungsinstitut in Wien, die katholisch-theologischen Fakultäten in Salzburg und Olmütz, die 44 bischöflichen Lehranstalten und Klosterstudien;
die Klerikalschule in Zara für die griechisch-orientalische Theologie;
die evangelisch-theologische Fakultät in Wien.
Für die Rechts- und Staatswissenschaften besteht die orientalische Akademie in Wien. Zur Gruppe der Spezialschulen für Medizin und Chirurgie gehören die 14 Hebammenlehranstalten und die 5 Lehranstalten für Tierheilkunde und Hufbeschlag. Für Handel, Gewerbe und Schiffahrt bestehen: die Handelsakademien in Wien, Linz, Graz, Triest (für Handel und Nautik), Prag (2, eine deutsche und eine tschechische), Chrudim und 60 andre Handelslehranstalten, 17 Fachschulen für gewerbliche Hauptgruppen (die Kunstgewerbeschulen zu Wien und Lemberg, 9 Staatsgewerbeschulen und 6 verschiedene Lehranstalten), ferner 354 Zeichenschule, allgemeine und fachliche Fortbildungsschulen und 104 Fachschulen für einzelne gewerbliche Zweige, dann 3 nautische Schulen (Frequenz der Handelsschule 8390, der Gewerbeschulen 45,773, der nautischen Schulen 79 Schüler); für Land- und Forstwirtschaft bestehen: die Hochschule für Bodenkultur in Wien, an mittlern Lehranstalten 11 für Landwirtschaft, 3 für Forstwirtschaft und eine önologisch-pomologische Lehranstalt, dann 66 niedere Lehranstalten (Gesamtfrequenz der landwirtschaftlichen Lehranstalten 2510 Schüler).
Für Bergbau [* 70] und Hüttenwesen bestehen: die Bergakademien zu Leoben und Přibram und 5 Bergschulen (Frequenz 286 Schüler);
für Künste die Akademie der bildenden Künste in Wien, die Kunstschule in Krakau, dann 217 Gesang- und Musikschulen etc.;
für militärische Ausbildung und zwar für Offiziere die Kriegsschule (als Vorschule für den Generalstab), der höhere Artillerie- und Geniekurs, der Stabsoffiziers-, der Intendanz- und der militärärztliche Kurs, alle in Wien;
zur Heranbildung von Offizieren die Militärakademie in Wiener-Neustadt, die technische Militärakademie in Wien;
zur Vorbereitung für die Akademien die Militäroberrealschule in Weißkirchen und die Militärunterrealschule zu St. Pölten.
Lehranstalten für Mädchen gibt es außer den Lehrerinnenbildungsanstalten noch wenige; hierher gehören die privaten und klösterlichen Lehr- und Erziehungsanstalten und Pensionate, dann die 312 weiblichen Arbeitsschulen.
Unter den gelehrten Gesellschaften nimmt den ersten Rang die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien ein, welcher sich die Gesellschaften der Wissenschaften in Prag und Krakau anreihen. Daran schließen sich die verschiedenen Vereine für Fachwissenschaften, für Landeskunde etc. Hervorragende wissenschaftliche Institute sind: die Zentralanstalt für Meteorologie und Erdmagnetismus, die geologische Reichsanstalt, das militärgeographische Institut, sämtlich zu Wien, dann die Sternwarten, [* 71] unter welchen die der Wiener Universität den ersten Rang einnimmt. An wissenschaftlichen und Kunstsammlungen ist Österreich, sehr reich, die hauptsächlichsten befinden sich in Wien. Unter den ¶
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Bibliotheken, welche sich in Hofbibliotheken, Studienbibliotheken, Bibliotheken der Stifter und Klöster, von Anstalten und Behörden, Vereinen und Korporationen, endlich Bibliotheken von Privatpersonen gliedern, ist die reichste die Hofbibliothek in Wien mit 420,000 Bänden; über 50,000 Bände haben außerdem noch 21 Bibliotheken. Naturwissenschaftliche Sammlungen in größerm oder geringerm Umfang haben alle Hoch- und Mittelschulen; die größten Institute dieser Art sind das naturhistorische Hofmuseum, die anatomischen Sammlungen der Universität und der ehemaligen Josephsakademie in Wien, die geognostische Sammlung der geologischen Reichsanstalt u. a. Mit archäologischen und Kunstsammlungen ist Wien reich versehen; auch in mehreren Provinzstädten befinden sich Landesmuseen.
Größere, dem Publikum zugängliche Gemäldegalerien besitzt Österreich, 12, unter welchen die des kunsthistorischen Hofmuseums (ehemalige Belvederegalerie) die hervorragendste ist. In Wien befindet sich auch die große Kupferstichsammlung Albertina. Von bedeutendem Einfluß ist die periodische Presse, [* 73] welche (1885) durch 1641 Zeitungen vertreten ist. Hiervon erscheinen 744 in Niederösterreich, nächstdem 328 in Böhmen. Nach Sprachen erscheinen in der ganzen Monarchie 1071 in deutscher, 225 in tschechischer, 108 in polnischer, 95 in italienischer die übrigen in slowenischer, ruthenischer, hebräischer und andern Sprachen. Politische Blätter sind 494, Tagesblätter 108 periodische Druckschriften.
An Wohlthätigkeitsanstalten besitzt Österreich, 10,702 Armeninstitute, welche jährlich 270,000 Arme unterstützen, ferner 1538 Versorgungsanstalten mit 36,800 Verpflegten, 137 Waisenhäuser mit 7880 Kindern, 23 Krippen, 371 Kindergärten und 329 Kinderbewahranstalten mit zusammen 86,000 Kindern, 171 öffentliche Krankenhäuser, welche eigne Fonds besitzen, deren Abgänge jedoch aus dem Staatsschatz gedeckt werden, und 366 private Krankenhäuser, zusammen mit jährlich 278,000 verpflegten Kranken, 21 öffentliche Irrenhäuser (außerdem 5 private, insgesamt mit 11,500 Pfleglingen).
Das Vermögen dieser Institute besteht meist aus wohlthätigen Stiftungen; reichen deren Zinsen nicht aus, so erhalten sie Zuschüsse von den Gemeinden. Außerdem bestehen in Österreich, 18 Gebäranstalten mit über 16,000 verpflegten Müttern und 15,000 Kindern, 14 Findelanstalten mit 12,000 in der Anstalt, 36,000 auswärts verpflegten Kindern, 16 Taubstummenanstalten mit 1300 Taubstummen, 10 Blindeninstitute mit 600 Blinden. Doch reichen die letzterwähnten Humanitätsanstalten für die große Zahl der Pflegebedürftigen bei weitem nicht aus. Zu den Wohlthätigkeitsanstalten lassen sich noch rechnen die zahlreichen Versorgungsanstalten gegen Einzahlung (Witwen- und Waisenkassen, Pensionsfonds u. a.), die Volksküchen, Suppenanstalten, Asyle etc.
Land- und Forstwirtschaft. Bergbau.
Der landwirtschaftliche Betrieb bildet in Österreich,, wenn auch die gewerbliche Thätigkeit sich in den letzten Jahrzehnten ansehnlich entwickelt hat, doch in überwiegende Maß die Hauptbeschäftigung der Bewohner. Nach der letzten Volkszählung vom kamen auf die Berufsgruppe der Land- und Forstwirtschaft 13,025,099, dagegen auf jene der Industrie nebst Bergbau, Handel und Transportwesen nur 7,083,739 Personen. Was die österreichische Agrarverfassung betrifft, so besaßen Tirol, Dalmatien und ein Teil des österreichisch-illyrischen Küstenlandes bereits seit alter Zeit die Freiheit des Grundeigentums.
Teilweise ist in diesen Ländern das italienische Kolonensystem verbreitet. In den übrigen Ländern wurde die Leibeigenschaft unter der Regierung des Kaisers Joseph II. aufgehoben und an ihre Stelle ein gemäßigtes Unterthanenverhältnis gesetzt, welches jedoch nebst allen aus demselben entspringende gutsherrlichen Rechten und bäuerlichen Lasten im Jahr 1848 beseitigt wurde (teilweise gegen Entschädigung aus den Grundentlastungsfonds). Die sonstigen frühern Beschränkungen, welche in Bezug auf den Erwerb unbeweglicher Güter bestanden, fielen durch die in demselben Jahr sowie durch das Staatsgrundgesetz vom ausgesprochene Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.
Die verschiedenartige den Landwirtschaftsbetrieb belästigenden Dienstbarkeiten, als Holzungsrechte, Weiderechte auf fremdem Grund, Feldservitute etc., wurden infolge des Patents vom reguliert und großenteils abgelöst. Rücksichtlich der Größe des Grundbesitzes herrscht im allgemeinen eine ziemlich weit gehende Zerstückelung des Bodens, indem auf einen Grundbesitzer nur 5,8 Hektar Grundfläche kommen. Am weitesten ist die Zerstückelung im Küstenland (3,5 Hektar auf einen Grundbesitzer), Galizien (3,9) und Mähren (4,1) geführt; Niederösterreich, Böhmen, Schlesien, Krain, Bukowina und Dalmatien stehen in der Mitte, wogegen Oberösterreich, Steiermark, Tirol und Vorarlberg, endlich Kärnten (13 Hektar) und Salzburg (20,6 Hektar) verhältnismäßig den größten Grundbesitz aufweisen.
Förderungsmittel der Landwirtschaft sind die landwirtschaftlichen Vereine, welche in den letzten Jahren in lebhafterm Aufschwung sind und (1884) in der Zahl von 704 (328 in Böhmen, mit dem Landeskulturrat als Zentralorgan, 115 in Niederösterreich etc.) bestehen, die landwirtschaftlichen Lehranstalten, von welchen bereits die Rede war, die Anstalten für den landwirtschaftlichen und Bodenkredit und die Versicherungsanstalten gegen Feuer- und Hagelgefahr sowie gegen Viehunfälle.
Der Boden ist im allgemeinen fruchtbar, obwohl hierin vielfache Abstufungen unter den einzelnen Kronländern vorkommen, welche von der geographischen Lage, der vertikalen Erhebung, der Temperatur, der Menge des Niederschlag etc. abhängen. Von je 100 Hektar der Oberfläche Österreichs sind 94,29 produktiv. Zwischen dem unproduktiven Boden der westlichen Länder und jenem des Ostens herrscht übrigens ein wesentlicher Unterschied. Im W. ist durch Fleiß und Anstrengung der ganze anbaufähige Boden wirklich auch angebaut, die noch vorhandenen unproduktiven Flächen können somit thatsächlich nicht in produktive verwandelt werden; im O. können bei genügenden wohlfeilern Arbeitskräften und durch eine rationelle Bewirtschaftung noch viele Strecken in produktive verwandelt werden, welche zur Zeit ihren Platz unter den unproduktiven einnehmen. Nach Kulturarten verteilt sich der landwirtschaftlich benutzte Boden folgendermaßen:
Hektar | Proz. vom Gesamtareal | |
---|---|---|
Ackerland | 10636872 | 35.45 |
Wiesen | 3078172 | 10.26 |
Gärten | 372060 | 1.23 |
Weingärten | 248326 | 0.83 |
Hutweiden | 2663908 | 8.88 |
Alpen | 1399780 | 4.67 |
Waldungen | 9777414 | 32.59 |
Seen, Sümpfe und Teiche | 114124 | 0.38 |
Produktive Fläche: | 28290656 | 94.29 |
Unproduktive Fläche | 1711782 | 5.71 |
Zusammen: | 30002438 | 100.00 |
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