der Voralpen mit ausgedehnten Wäldern (600-1200 m hoch); das Gebiet zwischen Traun und Enns, sanftes Hügelland mit Hochebenen
abwechselnd, mit dem fruchtbarsten Boden des ganzen Landes, und das Gebiet zwischen Traun und Inn mit großen Waldflächen u.
namhaften Gebirgskämmen (Hausruck 802 m). Das Land ist im ganzen sehr wasserreich und gehört, mit
Ausnahme eines kleinen Landstrichs an der böhmischen Grenze, zu dem Gebiet der Donau, die unterhalb Passau
[* 5] aus Bayern
[* 6] eintritt
und rechts den Inn mit der Salzach, die Traun, die Enns mit der Steyer aufnimmt.
Das Klima
[* 12] kommt dem in Niederösterreich fast gleich, ist im ganzen aber um einen Grad kälter, so daß kein Weinbau möglich
ist. Die Bewohner des Landes (1869: 756,537, 1880: 759,620, auf 1 qkm 63) sind mit Ausnahme der Fremden
durchaus Deutsche,
[* 13] bekennen sich, abgesehen von 16,400 Evangelischen und 1000 Juden, zur römisch-katholischen Religion und
widmen sich in der Mehrzahl (56 Proz.) der Land- und Forstwirtschaft, ein Fünftel derselben den Gewerben und der Industrie.
Am dichtesten wohnen sie in der Umgebung von Linz
[* 14] und Wels, am dünnsten in dem Hochthal der Steyer.
Von der Gesamtfläche des Landes sind 7 Proz. unproduktiv. Von dem produktiven Boden entfallen 38 Proz. auf Ackerland, 22 auf
Wiesen und Gärten, 3 auf Weiden (Almen) und 37 Proz. auf Waldungen. Der Ackerbau wird sehr schwunghaft betrieben und liefert
Getreide
[* 15] (durchschnittlich 4½ Mill. hl) über den Bedarf. Die gut arrondierten, nicht zerstückelten oberösterreichischen
Bauernwirtschaften können vielfach als Muster dienen. Bedeutend ist auch der Ertrag an Kartoffeln, Gemüse, Klee, Flachs, Hopfen
[* 16] und Obst.
Von letzterm werden jährlich an 300,000 metr. Ztr. gewonnen und meist
zur Bereitung von Obstwein (Cider) verwendet. Auch Weberkarden werden im untern Mühlviertel gepflanzt (jährlich
ca. 50 Mill. Stück). Die Viehzucht
[* 17] steht wie der Ackerbau auf sehr hoher Stufe. Besonders wird die Rindviehzucht durch den sorgsamen
Wiesenbau gefördert (555,155 Rinder
[* 18] im Jahr 1880, verhältnismäßig der größte Rindviehstand in ganz Österreich). Bedeutend
ist auch die Schweine-, dann die Bienen- und in neuerer Zeit die künstliche Fischzucht.
Aus dem Mineralreich gewinnt man nur Kochsalz, und zwar in den großen Salzwerken zu Ebensee, Ischl und Hallstatt im Salzkammergut,
[* 19] welche über 600,000 metr. Ztr. Sudsalz liefern, dann Braunkohlen (2,7 Mill. metr. Ztr.,
bei Wolfsegg) und Steine. Erwähnenswert sind die Gipsbrüche bei Ischl und Goisern, die Mühlsteinbrüche
zu Perg, die Schleifsteinbrüche in der Gosau, die Granitbrüche bei Mauthausen, welche Wien
[* 20] mit Pflastersteinen versehen. Hüttenwerke
existieren im Land nicht.
Die Industrie steht nicht auf gleicher Höhe mit jener in Niederösterreich, zeigt aber einen sehr erfreulichen Fortschritt.
Ihre bedeutendsten Zweige sind die Eisenindustrie mit der Stadt Steyr als Mittelpunkt (Erzeugnisse: Kriegswaffen
in der dortigen großartig betriebenen Fabrik, Sensen und Strohmesser in Michldorf u. a. O., Messer
[* 21]
und Gabeln, Ahlen, Feilen,
Maultrommeln, Nägel
[* 22] etc.), die Maschinenfabrikation und der Schiffbau in Linz, die Baumwollindustrie in Kleinmünchen u. a. O.,
die Leinweberei im Mühlviertel, die Gummiwebwarenfabrikation bei Steyr, die Bierbrauerei,
[* 23] Müllerei,
Glas-, Papier- und Lederfabrikation u. a. Oberösterreich treibt sowohl mit Natur- als Industrieerzeugnissen einen einträglichen
Handel.
Die Bodenbeschaffenheit des Kaiserstaats ist größtenteils gebirgig, denn über 75 Proz. der
gesamten Oberfläche gehören dem Bergland an; doch gibt es auch weite Ebenen und Thäler, die dem Land eine große Mannigfaltigkeit
verleihen. Eigentliche Gebirgsländer sind: Tirol, der südliche Teil von Österreich, ob und unter der Enns, Salzburg, Obersteiermark,
Kärnten, Krain und das Küstenland;
in diesen Ländern sind auch die höchsten Berggipfel zu suchen.
Der AnteilÖsterreichs an den Alpen ist der bedeutendste unter allen in das Alpengebiet hineinreichenden Staaten. Von den drei
Hauptteilen der Alpen, den westlichen, mittlern und östlichen Alpen, erstreckt sich die östliche Zone
der mittlern Alpen nach O., wogegen die Ostalpen fast vollständig auf österreichischem Boden liegen. Drei Hauptzüge (der
mittlere der primogenen Formation, die äußern vorzugsweise der Kalkformation angehörig) ziehen in meist parallelen Reihen
bis an die ungarische Grenze.
Die Mittelalpen breiten sich aus (nach der Senke des Reschenscheidecks 1491 m) in den Massivs der Ötzthaler
und StubaierFerner (Kulminationspunkte: Wildspitz 3776 m, Zuckerhütel 3511 m), senken sich zum Brenner (1367 m), steigen wieder
auf zu dem Stock der Tuxer Ferner (Olperer 3489 m) und den ZillerthalerFernern (Hochfeiler 3506 m) und hängen
durch die Birnluke
(2672 m) mit den Stöcken der Hohen Tauern (Großglockner 3797 m) zusammen. Nächst der Arlscharte teilen
sie sich in zwei Äste, von denen der nördliche, die Niedern Tauern (Hochgolling 2863 m), am Paltenthal zur Mur abbricht, der
südliche (über den Hafnerspitz 3093 m), von tiefen Einschnitten durchbrochen, sich zu den Gruppen der Kärntnisch-Steirischen
Alpen fortsetzt, die in einem Bogen
[* 42] von der Drau (Königstuhl 2331 m) über die Mur hinweg bis nach Österreich, sich
erstrecken (Wechsel 1738 m). Ihnen liegt eine oft unterbrochene Gruppe von Voralpen vor (Schöckel 1437 m). Der Bacher (1546
m) an der Drau kann als eine Fortsetzung gelten.
Die Ebenen nehmen kaum ein Viertel der Oberfläche des Kaiserstaats ein. Die größte ist die galizische Ebene, welche sich
mit dem von mäßigen Hügeln durchzogenen, welligen, aus Sand, Sandstein und Grobkalk bestehenden Tertiärland
am Nordabhang der Karpathen ausdehnt. Mit dem weiten ungarischen Tiefland (und zwar der kleinen ungarischen Tiefebene) hängt
die Ebene des WienerBeckens mit dem Marchfeld und Steinfeld und weiter donauaufwärts das TullnerFeld zusammen. An der venezianischen
Tiefebene partizipiert der Kaiserstaat nur mit einem kleinen Teil am Isonzo.
[* 44] Alle übrigen Ebenen an der
Donau, Elbe, Mur etc. sind klein, zählen aber häufig zu den fruchtbarsten Gegenden.
Das Adriatische Meer bespült auf eine Länge von 1550 km die vielfach gegliederte österreichische Küste. Die lagunenreiche
KüsteVenedigs endigt am Isonzo, dann beginnen die Steilküsten des Karstes, die Istrien umsäumen, steil,
zum Teil felsig, mit vielen Buchten, welche sichere Häfen bilden. Die dalmatische Küste, über 1100 km lang, ist teils sehr
steil und zerrissen, teils durchaus unzugänglich; dagegen haben die vorgelagerten Inseln viele vortreffliche Ankerplätze.
Der Rhein bespült nur auf 41 km die Reichsgrenze (Vorarlberg); die Elbe führt die böhmischen Gewässer
der Nordsee zu. Dem Südabhang des Riesengebirges entspringend, ist sie von Melnik an mit Schiffen (auch Dampfern) befahrbar.
IhreLänge in O. beträgt 370 km. Ihre Nebenflüsse sind in Österreich, rechts die Iser, links die vereinigte
Adler,
[* 50] die Moldau
(von Budweis ab schiffbar) mit den Zuflüssen Luschniz, Sazawa, Wottawa und Beraun, außerdem die Eger
[* 51] und die Biela. Die Oder
entspringt in den Sudeten in Mähren, nimmt rechts die Ostrawiza und Olsa, links die Oppa auf, welche zum Teil die Grenze gegen
Preußen bildet, und tritt nach 93 km langem Lauf in Österreich, nach Preußen über.
Die Weichsel entspringt ebenfalls in Mähren, in den schlesischen Bieskiden, ist Grenzfluß gegen Preußen und Rußland, nimmt
in Österreich, rechts den Dunajec (mit dem Poprad), die Wisloka und den San auf, links die Przemza. Ihr Lauf in Österreich, beträgt 386 km,
wovon 303 km schiffbar sind. Sie tritt nach Rußland über, wo sie aus Österreich, noch den
Bug empfängt. Der Dnjestr, am Nordabhang der Karpathen in Galizien entspringend, tritt nach 468 km langem (wovon 406 km schiffbar),
vielfach gekrümmtem Lauf durch dies Kronland ebenfalls nach Rußland über, nachdem er rechts den Stryj, die Swica,
Lomnica und Bistrica, links den Sered und Zbrucz (Podhorce) aufgenommen und auf eine Strecke die Grenze gegen Rußland gebildet.
Die Etsch, aus dem Ötzthaler Fernerstock entspringend, ist von Bozen
[* 52] ab schiffbar und hat eine Länge von 223 km bis zum Ausfluß
[* 53] aus Tirol. Ihre Nebenflüsse sind: Passer, Eisack, Avisio, Noce. Unter den Küstenflüssen, welche in den
nordwestlichen Teil des Adriatischen Meers fallen, ist nur der Isonzo von Bedeutung. Von den dalmatischen Küstenflüssen sind
bemerkenswert: die Zermagna, Kerka, Cettina und Narenta. Die Donau bildet die wichtigste Wasserstraße für den VerkehrÖsterreichs,
welches sie bei Passau betritt und nach einem 373 km langen, durchaus mit Dampfschiffen befahrbaren Lauf
zwischen Hainburg und Theben verläßt.
Ihre schiffbaren Nebenflüsse in O. sind links: die March (mit der Thaya und deren Zuflüssen), der Sereth und Pruth, letztere
beide außerhalb Österreichs in die Donau mündend;
rechts: der Inn, die Traun, Enns, Leitha, Raab,
[* 55] Drau (mit
der Mur) und Save (mit Kulpa), letztere drei gleichfalls nur mit ihrem Oberlauf Österreich, angehörend.
Galizien) sind durch stellenweise Regulierung der Flußläufe und Kanalisierung sehr geschmälert worden. Die Torfgründe
(bei Laibach
[* 57] u. a. O.) liefern ein stets mehr benutztes Brennmaterial.
Was die klimatischen Verhältnisse Österreichs anlangt, so liegt das Land in der gemäßigten Zone und hat im allgemeinen
ein mildes, dem Pflanzen- und Tierleben zuträgliches Klima, wovon nur die Hochgebirgsgegenden eine Ausnahme
machen. Die kontinentale Lage, die Ausbreitung gegen O., vorzüglich aber der Wechsel in der Bodenerhebung bewirken eine große
Verschiedenheit in der mittlern Jahrestemperatur. In der wärmern Zone (Südtirol, Küstenland, Dalmatien), wo der Herbstregen
vorherrscht, stellt sich dieselbe auf +11° C.;
im Hochgebirge (Alpen, Karpathen) sinkt sie je nach der
Höhe auf +7½ bis +5° C., und die Regenmenge steigt von 79 bis 158 cm;
die von 9° durchschneidet das Stufenland der Sudeten und geht
mitten durch Galizien.
Die Küstenstriche sind mit Ausnahme der periodischen kalten Stürme aus NO. (Bora) geringern Temperaturschwankungen
ausgesetzt als die Binnenländer. Für jeden Grad wechselnder Polhöhe vermindert sich im allgemeinen die mittlere Jahreswärme
um 0,44°; der Wärmeunterschied zwischen dem äußersten Westen und Osten beträgt durchschnittlich 1°.
In vertikaler Richtung mindert sich im O. die Jahreswärme um 1°, wenn man sich um etwa 220 m über die Meeresfläche erhebt.
Die Schneegrenze findet sich in den Alpen durchschnittlich bei 2800 m, in den Karpathen schon bei 2600 m. Zwischen 42 und 46°
nördl. Br. herrscht kurzer Winter mit wenig Schnee
[* 64] und Eis;
[* 65] es gedeihen neben allen Getreidearten auch der
Maulbeer- und der Ölbaum, Reis, Mais, Wein, Feigen, hier und da auch andre Südfrüchte. Von 46-50° nördl. Br. herrscht längerer,
strengerer Winter; noch gedeihen alle Getreidegattungen und Mais in Fülle, in einigen Gegenden sehr gute Wein-
und Obstsorten.
Über den 50.° nördl. Br. hinaus, wohin Nordböhmen, ein Teil von Schlesien und Galizien reichen, ist der Getreidebau minder
ergiebig, stärker der Anbau von Flachs und Hanf, dagegen kein Mais- und
kein Weinbau (letzterer nur vereinzelt im Elbethal).
Die Regenmenge ist am größten in den Alpenländern und im Böhmerwald, am geringsten im Donauthal, in
Böhmen, Mähren und Galizien. Gewitter gibt es am wenigsten in Schlesien (11-15), ihre Zahl und Heftigkeit nimmt gegen S. zu;
die häufigsten sind in den Alpengegenden.
Hagel ist am häufigsten in Tirol, Südsteiermark und Unterkrain. Unter den Winden
[* 66] ist der feuchte Westwind vorherrschend; häufig
im Bereich einiger Alpenthäler und überhaupt im SW. der Monarchie ist der ermattende Scirocco (in Tirol »warmer Wind«, wohl
auch »Föhn« genannt), der im Frühling den Schnee auf den Alpen rasch schmelzt und dadurch häufige Lawinenstürze und Überschwemmungen
verursacht. Auf dem Karstplateau wütet der furchtbar tobende Nordostwind (Bora).
Das TerritoriumÖsterreichs erfuhr in den letzten Jahren eine Veränderung durch die im J. 1878 auf Grund des Berliner
[* 68] Vertrags
erfolgte Einverleibung des Gebiets von Spizza, 35,9 qkm, welches mit dem KönigreichDalmatien vereinigt
wurde. Nach den Ergebnissen der Grundsteuerregulierung umfaßte Österreich, 1884: 300,024 qkm, und seine Bevölkerung wurde Ende 1886 auf
23,233,111 Seelen berechnet.
Die Zunahme der BevölkerungÖsterreichs, welche sich aus der jüngsten Zählung gegen die vorhergehende vom ergibt,
beträgt im ganzen 1,734,054 Seelen oder 8,5 Proz.; sie ist geringer als
die Zunahme in dem vorhergegangenen Zählungsintervall 1857-69, da sich selbige für diesen Zeitraum auf 2,172,128 Seelen
oder 11,9 Proz. belief. Im jährlichen Durchschnitt beziffert sich nämlich der Zuwachs 1857-69 mit 0,94, 1869-80
¶
mehr
dagegen nur mit 0,74 Proz. Was die einzelnen Länder und ihre Bevölkerungsvermehrung von 1869 bis 1880 betrifft, so steht
Niederösterreich in erster Reihe (Zunahme 17 Proz.), dessen Hauptstadt mit den umliegenden ganz ungewöhnlich rasch sich
entwickelten Vororten eine starke Anziehungskraft auf die Bewohner andrer Kronländer ausübt und hauptsächlich durch Zuzug,
weniger durch Propagation der Bevölkerung an Volkszahl gewinnt. Im österreichisch-illyrischen Küstenland macht sich ein ähnlicher
Einfluß der großen Handelsstadt Triest geltend.
Die wirtschaftlich hoch entwickelten Sudetenländer Böhmen, Mähren, Schlesien zeigen im ganzen gegen die Periode 1857-69 eine
Verlangsamung der Volksvermehrung, wenn auch einzelne geographische Rayons, wie die Umgebung von Prag,
[* 70] das Kohlen- und Industrierevier von Aussig, Teplitz, Brüx, die Marchebene Mährens, ein ungewöhnlich rasches Anwachsen der Bevölkerung
gerade in jüngster Zeit aufweisen. Dagegen fehlt es auch nicht an Gegenden mit abnehmender Volkszahl, so einzelne Ackerbaudistrikte
im SO. Böhmens, das böhmisch-mährische Grenzplateau, einzelne Alpengegenden (infolge des Niederganges der kleinen Eisengewerke,
des Rückganges der Südtiroler Seidenzucht und des Weinbaues daselbst).
Durch Auswanderung verlor Österreich, in dem Zeitraum 1875-84 nach den Ausweisen der politischen Behörden 82,624
Personen (in Wirklichkeit wegen der heimlichen Auswanderung noch mehr); am stärksten war die Emigration in den Jahren 1875 mit
10,012, dann wieder 1880 mit 10,145 und 1881 mit 13,341 Personen, seit dem letztern Jahr beträgt sie
wieder jährlich ca. 7000. Der Hauptanteil fällt auf Böhmen mit 43,871 und auf Tirol mit 15,871 Personen (im ganzen Zeitraum).
Im erstern Kronland sind es hauptsächlich die tschechischen Ackerbaudistrikte, im letztern Kronland die italienischen Bezirke,
welche das Hauptkontingent zur Auswanderung stellen.
Die böhmischen Auswanderer gehen meist über Bremen
[* 71] und Hamburg
[* 72] nach Nordamerika,
[* 73] die welsche Emigration wendet sich im Anschluß
an die auch in Norditalien in großen Proportionen auftretende Auswanderung über italienische und französische Häfen nach
Mittel- und Südamerika.
[* 74] Die Volksdichtigkeit beziffert sich nach der letzten Volkszählung mit 74 Einw. auf 1 qkm
(1869 war sie 67). Die Kronländer reihen sich in dieser Beziehung folgendermaßen aneinander:
Noch auffallender werden die Unterschiede, wenn man die Bezirke vergleicht. Hiernach kommt die dichteste Bevölkerung (von den
Stadtgebieten abgesehen) auf die Bezirkshauptmannschaften des nördlichen Böhmen (Rumburg 366, Gablonz 272, Schluckenau 256 Einw.
auf 1 qkm), die dünnste im Alpengebiet auf die Bezirkshauptmannschaften Zell (12), Tamsweg und Landeck
(13 Einw. auf 1 qkm).
Dem Geschlecht nach wurden beim letzten Zensus 10,819,737 männliche und 11,324,507 weibliche Personen gezählt, was einen weiblichen
Überschuß von 504,770 ergibt, so daß auf 1000 männliche Individuen 1047 weibliche kommen. Bei der vorhergehenden Zählung
(1869) war dieses Verhältnis 1000:1041; es hat sich demnach in der Periode 1869-80 die weibliche Bevölkerung
stärker vermehrt als die männliche. Unter den einzelnen Kronländern zeigen die Sudetenländer (Schlesien, Mähren, Böhmen)
und Krain den höchsten Überschuß weiblicher Bevölkerung (1077-1109 weibliche Einwohner auf 1000 männliche), wogegen in
Dalmatien und dem Küstenland sogar das männliche Geschlecht überwiegt. Hinsichtlich des Zivilstandes setzt
sich die anwesende BevölkerungÖsterreichs im J. 1880 in Prozenten folgendermaßen zusammen:
Die Bewegung der Bevölkerung, welche sich aus den Daten über die jährlichen Trauungen, Geburten und Sterbefälle ergibt, ist
in Österreich, hinsichtlich der Trauungsziffer und des allgemeinen Geburtenverhältnisses eine
sehr günstige zu nennen. Schattenseiten in der Bevölkerungsbewegung Österreichs bilden dagegen die zahlreichen unehelichen
Geburten und die hohe Sterblichkeitsziffer, insbesondere die sehr bedeutende Kindersterblichkeit. Es kommen nämlich
im Jahresdurchschnitt auf 1000 Einwohner 8 Trauungen (nur Serbien, Ungarn, das Deutsche Reich und Rußland
weisen noch günstigere Ziffern auf), 39 Lebendgeborne und gegen 31 Sterbefälle.
Unter 1000 Geburten sind durchschnittlich 136 uneheliche, eine Ziffer, die nur von wenigen LändernEuropas, wie Bayern, Mecklenburg,
[* 75] Portugal,
[* 76] noch überboten wird, in einigen österreichischen Kronländern aber noch viel höher ist, so in Salzburg, Steiermark
und Niederösterreich mit 300, in Kärnten sogar mit 440 unehelichen Geburten unter 1000. Die bis zum fünften
Lebensjahr Gestorbenen betragen die Hälfte aller Gestorbenen. Die Zahl der Wohnorte in Österreich, wurde bei der
Zählung im J. 1880 mit 55,341 festgestellt, welche 2,995,577 bewohnte Häuser umfaßten.
Hiernach kamen ein Wohnort auf 5,4 qkm, auf einen Ort kamen 54 Häuser und 400 Einw., und je ein Haus war
von mehr als 7 Personen bewohnt. Die angeführten Ortschaften bilden zusammen 27,434 Ortsgemeinden. Von diesen hatten mehr
als 10,000 Einw. 110 Gemeinden, 5-10,000 Einw. 197 und 2-5000 Einw. 1431 Gemeinden; zusammen daher über 2000 Einw. 1738 Gemeinden,
welche insgesamt 8,507,259 Einw. oder 38,4 Proz.
der BevölkerungÖsterreichs zahlten. Die in größern Ortschaften konzentrierte städtische Bevölkerung macht demnach in
Österreich, keinen verhältnismäßig großen Teil der Gesamtbevölkerung aus. Die volkreichsten Städte waren nach der letzten Volkszählung:
Wien, Prag, Triest, Lemberg, Graz, Brünn,
[* 77] Krakau,
[* 78] Czernowitz,
[* 79] Linz und Pilsen.
[* 80] Zwischen 20,000 und 30,000 Einw.
hatten 29 Gemeinden.
Unter allen StaatenEuropas (Rußland ausgenommen) hat keiner eine Bevölkerung, welche aus mehr Nationalitäten bestände als
die Österreich-Ungarns. Die drei Hauptvölker Europas, Deutsche, Slawen und Romanen, bilden auch die Hauptstämme Österreichs,
während jenseit der Leitha als vierter und dort auch herrschender Stamm die Magyaren hinzukommen. Der Zahl
nach überwiegt in Österreich, allerdings die slawische Nation. Dieselbe zerfällt aber in sechs nicht bloß mundartlich, sondern
auch kulturell und historisch unterschieden Stämme, welche der gemeinsamen Schriftsprache entbehren und daher als ebenso
viele Völker angesehen werden müssen. Derjenige Stamm, welchem der erste Platz in Österreich, gebührt, kann nur
der deutsche sein und zwar wegen seiner relativen Majorität über alle andern Stämme,
¶