Ornamente
[* 14] und hierbei wieder die erhabenen (Hautreliefs), halberhabenen (Basreliefs) und Flachornamente. Die Ornamente sind entweder
der Geometrie oder der Pflanzen- und Tierwelt entlehnt und dann entweder rein geometrisch, vegetabilisch oder animalisch, oder
aber aus je zweien dieser Gebiete oder aus allen dreien kombiniert. Die vegetabilische und animalischen Gebilde lassen hierbei
eine mehr oder minder freie Verwendung zu, welche sich dem geometrischen Grundgedanken enger oder weniger eng anschließt.
Man unterscheidet hiernach stilisierte und naturalistisch behandelte Ornamente. Streng stilisiert sind besonders die Ornamente
der Bauwerke und Gerätschaften des klassischen Altertums, naturalistische Ornamente sind besonders der Spätgotik und Spätrenaissance
eigentümlich. Je nachdem die Ornamente durch die Form oder durch die Farbe zu wirken haben, sind sie plastische
oder farbige; doch werden nicht selten Plastik und Polychromie, wie bei der griechischen und gotischen Architektur, gleichzeitig
verwendet, um die Wirkung der Ornamente zu steigern.
Einen Überblick über die geschichtliche Entwickelung des Ornaments bei den Hauptkulturvölkern und in
den Hauptepochen geben beifolgende vier Farbentafeln »Ornamente«; weitere Beispiele von Ornamenten s. die Tafeln »Baukunst«,
[* 15] insbesondere Tafel II,
[* 13]
Fig. 3 u. 12, Tafel VII,
[* 13]
Fig.
13, Tafel VIII,
[* 13]
Fig. 7 u. 8, und Tafel IX,
[* 13]
Fig. 10. Die
Geschichte des Ornaments steht mit der allgemeinen Kunstgeschichte im engsten Zusammenhang. Die einfachsten
Ornamente finden sich auf Geräten der sogen. Bronzeperiode und an gewebten Stoffen wenig entwickelter Völker.
Auch die Ornamente der prähistorischen Zeit und die ältesten orientalischen, mit welchen auch diejenigen auf den Schliemannschen
Funden in Troja,
[* 16] Mykenä
[* 17] und Tiryns und auf den cyprischen Altertümern übereinstimmen (s. Tafel I,
[* 13]
Fig. 16-22), sind denjenigen der Naturvölker verwandt und vorwiegend geometrisch (Wellen- und Zickzacklinien, Spiralen). Erst
allmählich werden Versuche gemacht, Tiere durch steife Linien nachzubilden
[* 13]
(Fig. 18), woraus sich schließlich die Tierornamentik
an den ältesten griechischen Vasen
[* 18] entwickelte (s. Tafel »Vasen«,
[* 13]
Fig. 7). Bei den Assyrern treten neben linearen Ornamenten
(Bandverschlingungen) bereits vegetabilische (Rosetten, Blüten, Palmetten) auf (s. Tafel I,
[* 13]
Fig. 1-5).
Ein Gleiches gilt von der Ornamentik der Ägypter, welche ihren vegetabilische Ornamenten die Lotosblume
[* 13]
(Fig. 7) und andre
Wasserpflanzen
[* 19] zu Grunde legten.
Dazu kamen stilisierte Tiere, Skarabäen
[* 20] (Fig. 6), die Uräusschlange, der Sperber u. dgl.
[* 13]
(Fig.
6-15). Die Ornamente für die Weberei,
[* 21] für welche sich ein besonderes Verzierungssystem ausbildete (s.
Weberei nebst Tafel), sind meist geometrisch. Die hellenische Kunst, welche ihre vegetabilischen und linearen Ornamente von der
asiatischen übernahm, bildete die Ornamentik zu einem strengen System aus, wodurch der eigentliche Stil begründet wurde,
indem jedes Ornament sich dem Charakter des verzierenden Kunstgegenstandes anpaßte und unterordnete.
Die Figuren 23-39 geben Proben von Ornamenten an Architekturteilen, Wänden, Decken und Vasen. Das Charakteristische der griechischen
Ornamentik ist die strenge Stilisierung der vegetabilischen Elemente, d. h. die Umbildung der einzelnen Erscheinung zu einem
feststehenden Typus. Der Mäander
[* 22] (s. d.) und die Palmette
[* 23] (s. d.) sind die Hauptelemente der linearen
und der vegetabilischen Ornamentik. Die Ornamentik der Etrusker
[* 13]
(Fig. 40-43) fußt ebenso wie die der Römer
[* 24] (Fig. 44-54) auf
der griechischen, nur daß letztere von den Römern zu höchstem
Reichtum entwickelt wurde, namentlich unter Einführung figürlicher
Elemente, wofür besonders die Wandmalereien in Pompeji
[* 25] (Fig. 48, 50-54) und die römischen Grabkammern
(Kolumbarien) glänzende Beispiele bieten.
Aus diesen Ornamenten, die im 15. Jahrh. neu aufgefunden wurden, entwickelte sich die Ornamentik
der italienischen Renaissance (s. Tafel III; vgl. auch Grotesk). Durch Aufnahme orientalischer Elemente bildete die byzantinische
Kunst einen neuen Stil heraus, der sich wesentlich auf lineare und vegetabilische Formen beschränkte, und
für welche starke Farbenkontraste kennzeichnend sind (s. Tafel II,
[* 13]
Fig.
2-6, 38, 39). Auf spätgriechischen und byzantinischen Elementen beruhte auch die Dekoration der Araber, Mauren und Perser
[* 13]
(Fig.
7-13, 14 u. 15), die sich bei der beweglichen Phantasie und der Farbenlust dieser Völker um so glänzender entfaltete, als
ihnen die Nachbildung der menschlichen
[* 13]
Figur verboten war. Orientalische Einfluß zeigen auch die Buchmalereien in den irischen
und altrussischen Manuskripten
[* 13]
(Fig. 36 u. 37, 18 u.
19). Mit der orientalischen Ornamentik verwandt ist diejenige der Inder (s. Tafel IV,
[* 13]
Fig. 6-9), der Perser, die zu Ende des
Mittelalters von Indien und China
[* 26] abhängig wurde (s. Tafel IV,
[* 13]
Fig. 10-13), der Chinesen
[* 13]
(Fig. 1 u. 2) und
Japaner
[* 13]
(Fig. 3-5). Die Kunst der Ostasiaten, welche vorwiegend eine ornamentale ist, hat später einen eignen Weg eingeschlagen
(vgl. Japan, S. 160). Sie hat im 18. Jahrh. und in neuester Zeit auch die europäische
Dekoration stark beeinflußt.
Aus der griechisch-römischen Ornamentik ist die romanische abgeleitet worden, welche die Baukunst und die Dekoration der innern
Räume vom 10. bis zum 13. Jahrh. beherrschte. Sie zog neue Elemente aus direktem Naturstudium und gab besonders phantastische
Tierfiguren in ihrem System großen Raum (s. Tafel II,
[* 13]
Fig. 20-28, und Tafel »Weberei«). In der gotischen
Ornamentik tritt wieder mehr das vegetabilische Element in stark phantastischer, später naturalistischer Behandlung, die
schließlich zum wüsten Übermaß und zur leeren Spielerei ausartete, in den Vordergrund (s. Tafel II,
[* 13]
Fig. 29-35, 40-47).
Eine Rückkehr zum Einfachen und Stilgerechten führte im Anschluß an die römische Antike die italienische
Renaissance herbei (s. Tafel III,
[* 13]
Fig. 11-16, 18-20), deren System besonders nach Frankreich durch italienische Künstlerübertragen
und von einheimischen festgehalten wurde
[* 13]
(Fig. 17, 21 bis 28), während die deutsche Renaissance die antike Ornamentik mehr
in freierm, naturalistischem Sinn, auf Grund der gotischen Überlieferung verwertete
[* 13]
(Fig. 27-33). Eine
weitere Umbildung nach der naturalistischen Seite, aber zugleich eine Steigerung zu höherer Pracht erfuhr die Ornamentik
in der Zeit der Spätrenaissance, des Barock- und Rokokostils (s. Tafel IV,
[* 13]
Fig. 14-28). Die Ornamentik der
Barockzeit artet häufig in schwerfälligen Prunk und Überladung aus, während die der Rokokozeit durch Grazie und
spielende Leichtigkeit ausgezeichnet ist.
Das Grotten-, Muschel- und Rahmenwerk ist für letztere charakteristisch. Eine Reaktion gegen das Übermaß derselben wurde
durch den steifern und schmucklosern Zopfstil eingeleitet, aber erst durch die Nachahmung antiker Muster, zum Teil in mißverstandener
(Empirestil), zum Teil in reinerer Form (Schinkel, Klenze), durchgeführt. Die Ornamentik der Zeit von 1820 bis 1870 trägt
einen frostigen, zaghaften Charakter. Erst mit dem vollen Anschluß der Baukunst, des Kunstgewerbes und der Dekoration an die
Renaissance hat die moderne Ornamentik eine freie Bewegung gewonnen,
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welche der Farbe den weitesten Spielraum gewährt. Die Ornamente aller Stilperioden werden, je nach dem Zweck, nachgeahmt oder
für die modernen Bedürfnisse umgebildet; die Renaissance, der Barock-, der Rokokostil werden besonders bevorzugt.
Kupferstiche und Holzschnitte, welche Ornamente darstellen und dazu bestimmt sind, Künstlern sowie
Handwerkern bei ihren Arbeiten als Vorbilder zu dienen; im engern Sinn die ornamentalen Kupferstiche der ältern Meister, besonders
jener des 16. Jahrh., welche teils von Handwerkern, besonders Goldschmieden, selbst
herrühren, teils von Kupferstechern komponiert sind. In Deutschland
[* 32] haben namentlich die sogen. »Kleinmeister« (Aldegrever,
die beiden Beham u. a.) Ornaméntstiche geliefert; die Mehrzahl der noch vorhandenen ist jedoch nur mit (noch unerklärten) Monogrammen versehen
oder anonym. In Frankreich haben vornehmlich Androuetdu Cerceau und Jean le Pautre ausgezeichnete Ornaméntstiche ausgeführt. Eine
sehr große Sammlung solcher (jetzt meist sehr seltenen) Stiche besitzt das k. k. Museum für Kunst und Industrie zu Wien
[* 33] (»Illustrierter
Katalog« von Schestag, Wien 1872), die größte, von dem Franzosen Detailleur gesammelte das Kunstgewerbemuseum in Berlin.
Vgl.
Guilmard, Les maîtres ornemanistes (Par. 1881);
Die bedeutendsten Flüsse
[* 36] sind: Eure mit Iton und Rille, die in die Seine, Touques, Dives und Orne, die in
den Kanal, Sarthe mit Huisne und Mayenne mit Varenne, welche in die Loire münden. Einige kleine, rund geformte Seen sieht man
für Krater
[* 37] erloschener Vulkane
[* 38] an. Die Bevölkerung
[* 39] belief sich 1886 auf 367,248 Bewohner und weist seit Jahren eine stetige
Abnahme auf (seit 1861 um 56,102 Seelen). Der Boden ist im allgemeinen fruchtbar, der Landbau aber wenig
vervollkommt.
2) Linker Nebenfluß der Mosel, entspringt in Frankreich nördlich von Verdun,
[* 52] tritt bei Grand Moyeuvre nach Deutschland über
und mündet oberhalb Hückingen; 86 km lang. In ihrem Thal
[* 53] befinden sich (auf deutschem Boden) große Eisenwerke.
diplomatischen Dienst verlassen, 1873 vollendete. Die Übertragung des ersten Teils der Tragödie (Lissab. 1861) ist die beste,
jene des zweiten Teils (das. 1873) die einzige in Portugal
[* 59] existierende.
(griech.), fossile Reste ausgestorbener Vögel,
[* 60] s. Vögel. ^[= (Aves; hierzu Tafel "Körperteile der Vögel"), Klasse der Wirbeltiere, wird nach ...]
Ornithopus sativusBrot.
[* 62] (Serradelle),
mit 30-60 cm hohem Stengel,
[* 63] vielblütigen Blütenköpfchen, lilafarbigen Blüten und 2,5 cm langen, perlschnurartig gegliederten
Hülsen, als Futterpflanze auf Sandboden gebaut. Die Serradelle bedarf keines Kalkgehalts, fordert aber immerhin einen Boden,
in welchem noch weißer Klee gedeiht, oder wenigstens guten Roggenboden. Man kann sie auf gut hergerichtetem und von Quecken
gereinigtem Boden ohne Schutzfrucht säen oder bringt sie in gedüngten Roggen.
Ihr kräftiger Wuchs beginnt erst im August, man erntet vor oder nach Michaelis und trocknet wie Klee. Sie liefert pro
Hektar 800-1000 Ztr. Grünfutter oder 160-200 Ztr. Heu, das alle Haustiere gern fressen, und das dem Wiesenheu in Nährkraft
gleichkommt. Da die Serradelle einen großen Teil ihrer Nahrung aus dem Untergrund entnimmt, bei gutem Stand auch den Boden vorzüglich
beschattet, ihn in guter Gare hinterläßt, ist sie eine gute Vorfrucht, zumal für Getreide. Sie eignet
sich vortrefflich als Nachfrucht, indem man sie im Frühjahr in Wintergetreide säet und nach der Ernte
[* 64] desselben noch einen
sehr guten Futterschnitt, im schlimmsten Fall eine gute Weide
[* 65] erhält. In Deutschland kommt eine kleine Art, Ornithopus pusillusL.,
auf sandigen Anhöhen vor.
L. (Sommerwurz), Gattung aus der Familie der Gesneraceen, chlorophylllose Schmarotzergewächse mit angeschwollener
Stengelbase, fleischigem, schuppigem, blaßbraunem, rötlichem oder weißlichen und mit schuppigen Niederblättern spiralig
besetztem Stengel, in Ähren oder Trauben stehenden Blüten und einfächeriger, vielsamiger Kapsel. Sie leben auf den Wurzeln
sehr verschiedener Pflanzen, besonders von Papilionaceen, kommen in Deutschland seltener, in den Mittelmeerländern häufig
vor und richten auf Kulturpflanzen großen Schaden an, z. B.
(griech.), Beschreibung der Gebirge nach ihren äußern Formen und Gruppierungen, daher orographische
Karten, Landkarten,
[* 70] auf denen vorzugsweise die Gebirgs- und Höhenzüge berücksichtigt sind. Die Orographie ist ein Teil
der physikalischen Geographie (s. Erdkunde)
[* 71] und wesentliches Hilfsmittel für denjenigen Teil der Geologie, welcher den Bau und
die Entstehung der Gebirge behandelt; ebenso sind die orographischen Karten, jetzt gewöhnlich solche mit einfachen Angaben
von Horizontalen in gleichen (äquidistanten) Vertikalabständen, unerläßliche Grundlage der geognostischen
Karten.
Vgl. v. Sonklar, Allgemeine Orographie (Wien 1873).
(griech.), die Lehre
[* 73] von der Messung der Gebirge nach Gipfel-, Paß- und Kammhöhe, einer
der wichtigsten Bestandteile der Orographie (s. d.), besonders durch den Wiener Geographen v. Sonklar wissenschaftlich begründet.
1) der Hauptfluß Syriens, jetzt Nahr el Asi (»der Stürmische«) genannt, entspringt am
Antilibanon, nordöstlich von Baalbek, in 1140 m Höhe, verfolgt nördliche Hauptrichtung, bis er sich in seinem Unterlauf bei
Antiochia nach W. zum MittelländischenMeer wendet. SeinThal ist an vielen Stellen kultiviert und besonders in seinem untern
Teil durch malerische Szenerien und Vegetation ausgezeichnet. Seine Länge beträgt 237 km, seine Breite
[* 74] unterhalb Antiochiaca. 60 m. -
Paulus, röm. Geschichtschreiber des 5. Jahrh. n. Chr., aus Spanien gebürtig, geboren um 390, christlicher
Presbyter, schrieb auf Veranlassung des Augustinus, bei dem er sich längere Zeit in Hippo aufhielt, um die Behauptung der
Heiden zu widerlegen, daß der Verfall des römischen Reichs durch die Christen verschuldet sei, ein Geschichtswerk: »Historiarum
libri VII adversus paganos«, worin er mit Benutzung des Livius, Tacitus, Suetonius, Justinus, Eutropius und der lateinischen Übersetzung
der Chronik des Eusebios die Geschichte mit geringer Sachkenntnis und unter übergehender Hervorhebung des Elends
und der Verbrechen der heidnischen Zeit von Erschaffung der Welt bis 410 n. Chr. herabführte. Am besten ward es von Haverkamp
(Leid. 1738; neue Ausg., Thorn
[* 77] 1876) und Zangemeister (Wien 1882)
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herausgegeben.
Vgl. Mörner, De Orosii vita ejusque historiarum libris VII (Berl. 1844).
Außerdem besitzen wir von ihm noch eine durch die Pelagianischen Streitigkeiten veranlaßte Abhandlung über die Freiheit
des menschlichen Willens. Die Zeit seines Todes ist unbekannt.
(sonst Aurotopala), Stadt aus der Nordwestküste der KanarischenInselTeneriffa, am FußdesPico de Teyde, 5 km vom Meer, wo in der offenen Reede ein lebhafter Verkehr herrschte, als die Insel berühmte Weine und Seide
[* 79] ausführte, hat einen schönen botanischen Garten
[* 80] und (1877) 8293 Einw. Die Stadt ist im Sommer Lieblingsaufenthalt reicher
Kanaresen. In der Nähe das Landhaus La Paz, welches 1799 Humboldt bewohnte, der hier den berühmten »Drachenbaum
von Orotava« beschrieb, dessen Stamm 15 m Umfang hatte, der aber in einem Sturm zu Grunde ging.
(Orotschonen), Volk in Sibirien, tungusischen Stammes, dessen Wohngebiet an beiden Ufern des Amur im N. bis Jablonowoi
Krebet von den Quellen des Amazor bis zu denen des Oldoi reicht. In diesem ausgedehnten Gebiet ermittelte
man aber 1875 nur 260 Individuen. Im S. der russischen Küstenprovinz haben sie sich mit Mansen vermischt, und aus dieser
Vermengung ist ein in Lebensweise, Sitte, Charakter und physischer Beschaffenheit von den Orotschen abweichendes Volk entsprungen, das
unter dem Namen der Tasen oder Tadse aufgeführt wird. Die Orotschen sind meist umherstreifende Jäger und liegen nur nebenbei am Meer
und an den Flüssen dem Fischfang ob.
(spr. oroja), Ortschaft im DepartementJunin (Peru),
[* 81] am Jaujafluß, 3775 m ü. M., mit Lima
[* 82] durch eine Eisenbahn
verbunden, welche in 4769 m Höhe über die Küstenkordillere führt.
(spr. -ong), in Frankreich der allgemeine Name für Männergesangverein. Besondere Verdienste um die Einführung
des Gesangunterrichts an den Volksschulen in Paris hat Bocquillon-Wilhem (1818). Als dieser Gesangunterricht 1825 obligatorisch
wurde, eröffnete man gleichzeitig Gesangvereine für die Arbeiterklassen, und die Einrichtung fand begeisterte Aufnahme. Jetzt
hat Frankreich etwa 1500 Orphéons mit über 60,000 Mitgliedern (Orphéonistes); mehrere Musikzeitungen
vertreten speziell die Interessen dieser Vereine, welche auch in ihrer Gesamtheit als Orphéon (etwa s. v. w. Sängerbund) bezeichnet
werden. - Orphéon heißt auch wohl die Drehleier.
[* 78] griech. Sängerheros der mythischen Vorzeit, den man zugleich für den Repräsentant einer eignen,
nach Thrakien
eingewanderten Dichterschule hält, war nach der gewöhnlichen Sage ein Sohn des Apollon
[* 83] und der MuseKalliope
und wurde nebst Thamyris und Herakles
[* 84] von Linos im Gesang unterrichtet. Der ursprüngliche Sitz der Sagen über ihn war Pierien
mit den alten Musenquellen und das thrakische Hebronthal. Die Macht seines Gesanges zur siebensaitigen Leier war
so gewaltig, daß er selbst Bäume und Felsen bewegte und die wildesten Tiere zähmte.
Als er seine GattinEurydike durch den Biß einer Schlange
[* 85] verloren hatte, erfüllte er mit seinen KlagenBerge und Thäler, stieg
endlich in den Hades hinab, um die Geliebte zurückzuholen, und rührte durch seinen Gesang und sein Saitenspiel
das HerzPersephones so sehr, daß sie derEurydike gestattete, dem Gemahl zur Oberwelt zu folgen, unter der Bedingung, daß er
nicht eher nach ihr umblicke, als bis sie dieselbe erreicht hätten. Aber der Ungeduldige hielt diese Bedingung nicht, und
so mußte die Gattin in den Hades zurückkehren.
Eine vorzügliche antike Darstellung dieser erneuten Trennung der Liebenden durch den Seelenführer Hermes
[* 86] ist uns erhalten
in einer Reliefkomposition, die in verschiedenen Exemplaren (in der VillaAlbani zu Rom, s. Abbildung; im NeapelerMuseum, in Paris
etc.) auf uns gekommen ist. Ganz thrakisch gekleidet erscheint Orpheus mehrfach auf Vasenbildern,
die ihn leierspielend oder von den thrakischen Frauen verfolgt vorführen. Orpheus soll auch die Argonauten
begleitet haben.
SeinenTod fand er auf dem Hämos, wo er nächtlich während der Dionysosfeier von den rasenden Bacchantinnen zerrissen ward.
Das Haupt aber und die Leier des Sängers schwammen auf den Wellen
[* 87] des Hebros und durch das Meer nach der Sängerinsel
Lesbos, wo man beides in einem Grabe bei Antissa beisetzte. In späterer Zeit, besonders seit Peisistratos, bildete man Orpheus zueinemWeihe- und Sühnepriester um, der fortan von dem Sänger Orpheus ganz getrennt erscheint. Er galt als der Stifter und das Haupt
der Orphiker, einer seit etwa 600 v. Chr. entstandene mystischen Sekte, die in dem mystischen Kult des Dionysos
[* 88] Zagreus ihren Mittelpunkt hatte und eine eigentümliche spekulative Theologie mit pantheistischen Anschauungen sowie einer auf
asketischen Lehren
[* 89] beruhenden Lebensweise ausbildete.
Diese Sekte schrieb dem Orpheus allerlei Sühngebräuche, Weihungen, wie sie bei den Mysterien üblich waren,
sowie zahlreiche Dichtungen und Schriften zu, welche in ihrer Mitte, zum Teil erst ziemlich spät, entstanden waren. Die frühsten
Anfänge dieser Orphischen Litteratur lassen sich in dem Zeitalter der Peisistratiden nachweisen, in dem Onomakritos (s. d.)
die Orphischen Lieder und Sagen sammelte (zum Teil auch fälschte) und das Hauptwerk: »Orphische Theologie«,
schrieb. Letztere bearbeiteten außerdem die Peripatetiker Eudemos und Hieronymos sowie der Stoiker
Chrysippos, später der Neuplatoniker Proklos u. a.; am meisten aber blühte sie in Alexandria, wo sie sich mit ägyptischen
Elementen so verschmolz, daß Orpheus auch in Ägypten
[* 91] als Begründer der Mystik galt. Die noch jetzt erhaltene Orphische Litteratur
umfaßt drei (noch bis um die Mitte des 18. Jahrh. für echt gehaltene)
Werke: die »Argonautica«, ein episches Gedicht mythologischen Inhalts, vielleicht im 4. Jahrh. n. Chr. entstanden (hrsg. von
Schneider, Jena
[* 92] 1803; deutsch von Voß, Heidelb. 1806);
88 Weihungslieder oder Hymnen, aus der Zeit der Neuplatoniker (deutsch
von Dietsch, Erlang. 1822), und die »Lithica«, Gedicht über die magischen Kräfte der Steine, wahrscheinlich aus
dem 4. Jahrh. n. Chr. (hrsg. von Tyrwhitt, Lond. 1781; von Abel, Berl. 1880).
Die besten Ausgaben sämtlicher Werke besorgten
G. Hermann (»Orphica«, Leipz. 1805) und Abel (»Orphica«, Prag
[* 93] 1885); die sorgfältigste Sammlung der zerstreuten Fragmente der
Orphischen Dichter Lobeck im »Aglaophamus« (Königsb. 1829, 2 Bde.).
(spr. -mikele), ein am Orto San Micchiele in Florenz
[* 97] liegendes gotisches Bauwerk, welches
in der Zeit von 1336 bis 1367 erbaut wurde und bis 1558 als Kornmagazin diente. Es besteht aus einer Rundbogenhalle und zwei
Stockwerken darüber, welche in Nischen 14 Statuen von Ghiberti, Donatello, Verrocchio u. a. (von den Zünften gestiftet) enthalten.
Man fängt in einem Meßcylinder 100 ccm Rauchgase
über Glycerin auf und drängt das Gas durch das Glycerin nacheinander in mit Koksstückchen gefüllte Cylinder, in welchen durch
NatronlaugeKohlensäure, durch alkalische Pyrogallussäurelösung Sauerstoff und durch salzsäure Kupferchlorürlösung
Kohlenoxyd absorbiert wird.
Nachdem das Gas eine Minute in einem Kokscylinder verweilt hat, wird es in den Meßcylinder zurückgebracht
und die Volumverminderung gemessen.
Zur Darstellung der Orseille, welche ursprünglich von den Florentinern geheimgehalten wurde, wird das Flechtenpulver mit Harn oder
Ammoniak angerührt und der Gärung überlassen. Aus dem Harn entwickelt sich Ammoniak, und dies wirkt gemeinsam
mit dem Sauerstoff der Luft auf die in den Flechten enthaltenen eigentümlichen Säuren (Lecanorsäure, Orseillesäure, Erythrinsäure,
Gyrophorsäure, Evernsäure, Usninsäure etc.) in der Art ein, daß Orcin entsteht, welches dann weiter in Orcein übergeht.
Achille d', ital. Bildhauer, geb. 1845 zu Neapel,
[* 109] begann seine künstlerischen Studien im Reale Istituto seiner
Vaterstadt und gewann 1875 das für einen Aufenthalt in Rom ausgesetzte Stipendium. Nachdem er sich einige
Zeit in Rom aufgehalten, kehrte er nach Neapel zurück und modellierte daselbst die Statue des Salvator Rosa für das Reale Istituto.
Den ersten großen Erfolg errang er 1877 auf der nationalen Kunstausstellung in Neapel durch eine lebensgroße, in Gips
[* 110] modellierte
Gruppe: I parassiti, zwei römische Parasiten auf einer Bank.
(Ursini, franz. Ursins), berühmtes röm. Fürstengeschlecht,
Rival der FamilieColonna, Anhänger der guelfischen Partei und des Papsttums, das seinen Stammbaum auf den römischen Ritter Vipio
Ursinus zurückführt, teilte sich um 1200 durch die drei Söhne des Matthäus Rubeus Orsini in drei Linien,
von denen die jüngste, Orsini-Gravina, gestiftet
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