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ausmacht. Die vorherrschenden Holzarten sind im Herzogtum Oldenburg [* 2] die Eiche und Kiefer, in den beiden andern Landesteilen die Buche. Der Bergbau [* 3] kommt nur im Fürstentum Birkenfeld und zwar auf Schiefer, Blei [* 4] und Kupfer [* 5] vor, ist indessen mit Ausnahme des Schiefers von keiner erheblichen Bedeutung. Im Herzogtum wird auch Roheisenstein, namentlich an den Nebenflüssen der Ems, [* 6] in einiger Menge gefunden, eine Verhüttung hat sich jedoch nicht rentabel erwiesen. Torflager gewähren vielen Gegenden des Hauptlandes einen hervorragenden Nahrungszweig.
Die industrielle Thätigkeit, welche namentlich im Fürstentum Birkenfeld zu Hause und hier schon von alters her von Bedeutung ist, hat sich in den letzten Jahrzehnten, nachdem die Einführung der Gewerbefreiheit (1861) hierzu einen Anstoß gegeben und Eisenbahnlinien das Hauptland durchziehen (seit 1867), auch in diesem letztern beträchtlich gehoben und wird durch mehrere Gewerbevereine gefördert. Einen erfreulichen Fortschritt zeigt namentlich die Eisenindustrie wie die Torf- und Holzverwertung.
Als der Sitz verschiedener Industrien (Zigarrenfabrikation, Korkschneiderei als Fabrik- und Hausbetrieb) ist neuerlich die Stadt Delmenhorst zu Bedeutung gelangt; insbesondere findet sich hier eine großartige Wäscherei überseeischer Wollen. Wie dieses Unternehmen, sind viele der andern Delmenhorster Geschäfte von Bremer Häusern angelegt und (namentlich in der Tabaksbranche) auf der Zugehörigkeit zum Zollgebiet gegenüber dem bisher davon ausgeschlossenen Bremen [* 7] begründet.
Ähnliches findet in dem Fabrikdorf Lohne statt. Altberühmt ist die Achatschleiferei im Fürstentum Birkenfeld (s. d.). Im N. des Herzogtums gibt es viele Ziegeleien. Aus der Gegend von Wardenburg, südlich von Oldenburg, wandern jährlich viele Männer als Stuckaturarbeiter nach Holland, doch hat das gegen früher in letzter Zeit stark abgenommen. Von größerer Bedeutung als die Industrie ist die Schiffahrt. Dieselbe wirkt auf das gewerbliche Leben zurück im Schiffbau, der am Ufer der Weser, der Jade und der Nebenflüsse der Ems im allgemeinen ziemlich lebhaft betrieben wird, jedoch gegenwärtig arg daniederliegt.
Die Reederei des Herzogtums Oldenburg umfaßte 1886: 334 Seeschiffe von 88,880 Registertons (darunter 6 Dampfer von 3422 Registertons). Ganz besonders tragen die Hafenstädte Elsfleth, Brake (letzteres Freihafen), ferner Varel und Hooksiel zu diesen Zahlen bei. 1886 kamen in oldenburgischen Häfen an: 1915 Seeschiffe mit 179,632 Registertons Gehalt und 7459 Mann;
es gingen ab: 2153 Seeschiffe mit 160,019 Registertons Gehalt und 7601 Mann.
Die Deutsche [* 8] Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger hat 36 Zweigvereine und über 1900 Mitglieder im Herzogtum. Eisenbahnen bestanden noch bis 1866 im Großherzogtum nicht, abgesehen von der Rhein-Nahebahn, welche das Fürstentum Birkenfeld der Länge nach durchzieht. Gegenwärtig haben alle drei Landesteile Bahnen. Eutin liegt an der von Lübeck [* 9] nach Neumünster und Kiel [* 10] sowie nach dem Ostseehafen Neustadt [* 11] führenden Bahn. Das Herzogtum hat 381 km Staatsbahnen, [* 12] bez. durch den Staat verwaltete Bahnen, worunter 7 km schmalspurig sind.
Die Bahnen verbinden Osnabrück [* 13] mit Wilhelmshaven [* 14] und Jever, Bremen mit Neuschanz (holländische Grenze) und durch eine Zweigbahn von Hude nach Nordenhamm die genannten Orte mit der Wesermündung. Das Netz der Landstraßen ist in gutem Stand. Eigentümlich sind im N. des Landes, vorzüglich in der Marsch, die vortrefflichen, von Backsteinen hergestellten Klinkerstraßen. Von erheblicher Bedeutung für den allgemeinen Verkehr sind die öffentlichen Kreditanstalten und Vereine, unter denen besonders die Oldenburger Landesbank, die Spar- und Leihbank mit Filialen zu Brake und Wilhelmshaven und die Genossenschaftsbank hervorragen.
Für amortisierbare Darlehen zu gunsten des Grundbesitzes, insbesondere für landwirtschaftliche Meliorationen, ist neuerlich auch eine staatliche Bodenkreditanstalt begründet worden. Den Bankanstalten des Herzogtums ist es eigentümlich, daß sie in auffälliger Ausdehnung [* 15] den Depositenverkehr entwickelt haben. Mit Ausschluß von 5½ Mill. Staatsgeldern betrugen die Einlagen bei den öffentlichen Banken und Ersparungskassen 1886: 62 Mill. Mk., was 243 Mk. auf den Kopf eines Einwohners ergibt.
[Staatsverfassung und Verwaltung.]
Die Verfassung des Großherzogtums beruht auf dem revidierten Staatsgrundgesetz vom Danach vereinigt der Großherzog als Staatsoberhaupt die gesamten Rechte der Staatsgewalt in sich und ist nur in der Gesetzgebung und Besteuerung an die entsprechende Mitwirkung des Landtags gebunden. Die Regierung ist erblich im Mannesstamm des Hauses Holstein-Gottorp jüngere Linie nach dem Rechte der Erstgeburt und der Linealerbfolge.
Die weibliche Linie bleibt auch nach Erlöschen des Mannesstamms von der Erbfolge ausgeschlossen. Gegenwärtig regiert Großherzog Nikolaus Friedrich Peter (geb. seit Der Großherzog wird mit dem vollendeten 18. Lebensjahr volljährig. Im Fall der Minderjährigkeit oder dauernden Veränderung desselben an der Regierung übt, wenn nicht eine andre Anordnung getroffen ist, der nächste Agnat oder die Gemahlin des Großherzogs die Regentschaft aus.
Der Großherzog bekennt sich zur lutherischen Kirche und hat eine jährliche Zivilliste von 255,000 Mk. und den ebenso hoch angesehen Ertrag der Krondomänen. Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich; Geburts- und Standesvorrechte finden nicht statt. Es besteht volle Glaubens- und Gewissensfreiheit. Der Landtag bildet Eine Kammer und besteht aus 34 durch indirekte Wahlen berufenen Abgeordneten (26 für Oldenburg, 4 für Lübeck, 4 für Birkenfeld). Außerdem ist in jedem der beiden Fürstentümer Lübeck und Birkenfeld ein Provinzialrat, dort aus 15, hier aus 14 Mitgliedern bestehend, eingesetzt.
Auf je 500 Einw. wird ein Wahlmann und auf je 10,000 Einw. ein Abgeordneter gerechnet. Der gesamte Staatsbedarf wird für jede Finanzperiode (3 Jahre) mit Zustimmung des Landtags festgestellt. Der ordentliche Landtag wird alle 3 Jahre berufen und zwar durch den Großherzog, der ihn auch vertagt oder auflöst. Bei einer Auflösung muß der neue Landtag spätestens binnen 5 Monaten einberufen werden. Die Provinzialräte werden jährlich zweimal von den Provinzialregierungen einberufen.
Den Gemeinden ist durch das Staatsgrundgesetz das Recht der freien Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten gewährleistet. Was die kirchlichen Verhältnisse betrifft, so ordnet und verwaltet jede Religionsgenossenschaft ihre Angelegenheiten unter Oberaufsicht des Staats selbständig. Der evangelischen Kirche ist Presbyterial- und Synodalverfassung gewährleistet. Im Herzogtum Oldenburg ist die geistliche Oberbehörde der Oberkirchenrat. Die allgemeine Landessynode, welche aus geistlichen und weltlichen Vertretern besteht, wird alle 3 Jahre einberufen. In den Fürstentümern steht die Leitung der evangelischen Kirchenangelegenheiten der Regierung und dem Superintendenten zu. Die Katholiken des Herzogtums Oldenburg gehören zum Sprengel des Bischofs von Münster, [* 16] jene im Fürstentum Birkenfeld ¶
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zu dem des Bischofs von Trier. [* 18] Die katholische kirchliche Oberbehörde ist in Oldenburg das bischöfliche Offizialat in Vechta.
Die oberste Leitung der Regierung ist einem Staatsministerium übertragen, welches aus 3 Ministern, bez. Ministerialvorständen besteht. Unter diese sind die verschiedenen Departements des großherzoglichen Hauses, des Äußern, des Innern, der Justiz, der Kirchen und Schulen, der Finanzen, des Militärwesens verteilt. Das Staatsministerium leitet die Verwaltung im Herzogtum Oldenburg unmittelbar, während die Fürstentümer besondere Mittelbehörden für die Verwaltung, nämlich die Regierungen zu Eutin und Birkenfeld, haben.
Diesen ist auch die unmittelbare Leitung des Schulwesens in ihren Bezirken anvertraut, während für dieses im Herzogtum ein evangelisches Oberschulkollegium (zu Oldenburg) und ein katholisches (zu Vechta) besteht. Was die Rechtspflege anbelangt, so gilt im Herzogtum Oldenburg und im Fürstentum Lübeck das gemeine deutsche Zivilrecht, modifiziert durch Partikularrechte und einzelne Gesetze, im Fürstentum Birkenfeld der Code Napoléon, sofern nicht die gemeinsame Gesetzgebung des Deutschen Reichs dafür an die Stelle getreten ist.
Die Rechtssprechung erfolgt (nach Maßgabe der Justizverfassung für das Deutsche Reich) im Herzogtum durch das (mit Schaumburg-Lippe gemeinsam gehaltene) Oberlandesgericht sowie durch das Landgericht zu Oldenburg und durch 14 Amtsgerichte. Das Fürstentum Lübeck gehört zum Oberlandesgericht zu Hamburg [* 19] und zu dem mit der freien Hansestadt Lübeck gemeinschaftlich bestellten Landgericht zu Lübeck, das Fürstentum Birkenfeld zum Oberlandesgericht Köln [* 20] und zum Landgericht Saarbrücken. [* 21] In diesem Fürstentum bestehen 2, im andern 3 Amtsgerichte.
Die Finanzen der drei Landesteile werden getrennt verwaltet. Außerdem besteht eine Zentralkasse für das gesamte Großherzogtum, welche durch den Anteil an den Reichszöllen und Steuern, aus Zinsen des vorhandenen Kapitalvermögens und aus den Beiträgen der drei Landesteile gespeist wird. Letztere beliefen sich für die Finanzperiode 1885-87 auf durchschnittlich jährlich 129,000 Mk., wozu das Herzogtum 76, Lübeck 16 und Birkenfeld 8 Proz. beizutragen haben.
Die Reichszölle sind mit jährlich 65,000, die Kapitalzinsen mit 221,000 Mk. angesetzt. Die Gesamteinnahme macht 1,013,000 Mk. aus und ebensoviel die Ausgabe, welche für die gemeinsamen Behörden und Anstalten, für die Reichslasten (656,000 Mk. jährlich) und für die Pensionen und Wartegelder zur Verwendung kommt. Die besondere Einnahme im Herzogtum ist zu 5,664,000 Mk., die Ausgabe zu 5,633,000 Mk. jährlich im Durchschnitt veranschlagt; im Fürstentum Lübeck: Einnahme 658,000 Mk., Ausgabe 642,000 Mk. durchschnittlich;
im Fürstentum Birkenfeld: Einnahme 565,000 Mk., Ausgabe 530,000 Mk. Die Staatsschuld betrug Ende 1886 im Herzogtum 37⅗ Mill. Mk. (darunter 17⅔ Mill. Mk. Eisenbahnschuld und 14½ Mill. Mk. konsolidierte Staatsschuld), im Fürstentum Lübeck 41,700 Mk., im Fürstentum Birkenfeld 3677 Mk. Das Großherzogtum als solches ist schuldenfrei.
Das Verhältnis der bezifferten Einnahmen und Ausgaben wie der Staatsschulden zur Bevölkerung [* 22] ist folgendes. Es kommen auf je einen Bewohner Mark an:
Einnahmen | Ausgaben | Schulden | |
---|---|---|---|
Herzogtum Oldenburg | 21.2 | 21.1 | 140.0 |
Fürstentum Lübeck | 19.0 | 18.5 | 1.2 |
Fürstentum Birkenfeld | 14.2 | 13.4 | 0.1 |
Die oldenburgischen Truppen gehören seit 1867 dem preußischen Heer an als Infanterieregiment Nr. 91, Dragonerregiment Nr. 19 und 2 Batterien des 26. Feldartillerieregiments, deren Chef der Großherzog ist. Sie bilden Teile des 10. Armeekorps (Hannover). [* 23] Das Wappen [* 24] des Großherzogtums besteht aus einem Haupt- und einem Mittelschild; jener enthält die Embleme von Norwegen, [* 25] Schleswig, [* 26] Holstein, Stormarn, Dithmarschen und Kniphausen; der gekrönte Mittelschild (s. Tafel »Wappen«) die von Oldenburg (zwei rote Querbalken in Gold), [* 27] Delmenhorst (goldenes Kreuz [* 28] in Blau), Lübeck (goldenes Kreuz mit Bischofsmütze in Blau), Birkenfeld (von Weiß und Rot in vier Reihen geschacht) und Jever (goldener Löwe in aufrecht schreitender Haltung auf Blau). Das Ganze ist von einem Wappenzelt umgeben und mit einer Königskrone bedeckt. Die Landesfarben sind Blau und Rot; die Flagge (s. Tafel »Flaggen«) [* 29] ist blau mit einem roten, rechtwinkelig stehenden Kreuz. Der einzige Orden [* 30] (s. Tafel »Orden«) ist der Haus- und Verdienstorden des Herzogs Peter Friedrich Ludwig (gestiftet mit vier Klassen (Großkreuze, Großkomture, Komture, Ritter erster und zweiter Klasse) und dazu gehörigem Ehrenkreuz (drei Klassen); außerdem bestehen einige Ehrenzeichen für Rettung aus Gefahr, für Verdienste im J. 1870/71 etc. Landeshauptstadt und großherzogliche Residenz ist Oldenburg. Im Sommer hält sich der Hof [* 31] in dem Lustschloß Rastede, im Herbst auf den Hausgütern in Holstein und zu Eutin auf.
Vgl. »Statistische Nachrichten über das Großherzogtum Oldenburg« (hrsg. vom Statistischen Büreau, Oldenb. 1857-88);
Kollmann, Das Herzogtum Oldenburg in seiner wirtschaftlichen Entwickelung (das. 1878);
Böse, Das Großherzogtum Oldenburg (das. 1863);
Karten von Reymann (Glog. 1856), Böse (Oldenb. 1861) und vor allen die amtlichen Karten von Schrenck (das. 1856, nebst Nachträgen).
Geschichte.
In den ältesten Zeiten war Oldenburg von dem germanischen Volksstamm der Chauken bewohnt, welche später in den Friesen untergingen. In Ammergau und Lerigau geteilt, gehörte das Land zu den Besitzungen der Herzöge von Sachsen. [* 32] Als erste Grafen von Oldenburg werden in Urkunden (von 1088 bis 1108) Elimar I. und sein Sohn Elimar II. erwähnt. Elimars II. Sohn und Nachfolger Christian I., der Streitbare (seit 1148), zog mit seinem Lehnsherrn, dem Herzog Heinrich dem Löwen [* 33] von Sachsen, 1155 nach Italien, [* 34] empörte sich aber 1168 gegen denselben und fiel bei der Verteidigung seiner Feste Oldenburg, worauf sein Vetter, Graf Johann, mit der Grafschaft Oldenburg belehnt, Christians Söhne aber von der Nachfolge ausgeschlossen wurden.
Als jedoch Heinrich der Löwe 1180 selbst in die Reichsacht erklärt und verbannt worden war, erhielten Christians Söhne Christian II. und Moritz I. nicht nur ihre Grafschaft wieder, sondern erlangten auch die Reichsunmittelbarkeit. Moritz I. und seine beiden Söhne Otto II. und Christian III. suchten ihre Besitzungen durch Unterwerfung der freien Friesen zu erweitern, bauten Burgen [* 35] im Stedingerland und reizten durch Bedrückung die Bauern zu einem allgemeinen Aufstand.
Die Stedinger erlagen aber nach heldenmütiger Verteidigung in der Schlacht bei Altenesch der Übermacht und mußten die Hälfte ihres Landes an Oldenburg abtreten. Nach Ottos II. kinderlosem Tod folgte ihm seine Neffe Johann X. (1244-72). Seine Söhne Christian V. und Otto III. begründeten durch Teilung die Linien Oldenburg und Delmenhorst; nachdem erstere 1305 erloschen, fiel Oldenburg an Johann XI., Ottos III. Sohn, der Delmenhorst an seinen Bruder Christian IV. abtrat. Dietrich der Glückliche von Oldenburg erwarb durch ¶
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Verheiratung mit dem letzten Sprößling der Delmenhorster Linie, Adelheid, auch Delmenhorst. Er starb 1440 im Bann; von seiner zweiten Gemahlin, der Herzogin Hedwig von Holstein, hinterließ er drei Söhne, Moritz V., Christian VIII. und Gerhard. Christian ward 1448 von den Dänen zum König gewählt und übergab 1454 seine Grafschaft seinem jüngern Bruder, Gerhard, da Moritz Geistlicher geworden war. Dieser griff aber zu den Waffen [* 37] und errang nach hartnäckigen Kämpfen die Grafschaft Delmenhorst 1463. Als er 1464 starb, nahm Gerhard als Vormund seines unmündigen Sohns Jakob Delmenhorst wieder in Besitz.
Nach mehrfachen Kämpfen um Holstein mit dem König Christian I. von Dänemark, [* 38] der nach des Herzogs Adolf Tod 1460 als Herzog von Schleswig und Graf von Holstein von den Ständen dieser Länder anerkannt worden, schlug Gerhard 1475 die Bremer beim Dorf Paradies in einer blutigen Schlacht (die »Bremer Taufe« genannt). Im folgenden Jahr kam ein Vergleich zu stande, worin der Graf versprach, die Bremer Kaufleute ungefährdet ziehen zu lassen; da er aber dessenungeachtet seine Räubereien auf Land- und Wasserstraßen von neuem begann, zog der Erzbischof Heinrich von Bremen in Verbindung mit Lübeck, Hamburg und Buxtehude gegen ihn, eroberte Delmenhorst, vertrieb Gerhard aus Oldenburg und zwang ihn, zu gunsten seiner Kinder die Regierung niederzulegen (1483). Verdient hatte sich Gerhard um sein Land dadurch gemacht, daß er eine regelmäßige Eindeichung der Marschen veranstaltete.
Von Gerhards sechs Söhnen führte nur Johann XIV. das Geschlecht fort. Er schlug die Butjadinger 1499; diese fielen aber infolge des Siegs der Dithmarschen bei Hemmingstedt welcher den Brüdern des Grafen, Adolf und Otto, das Leben kostete, wieder ab und behaupteten sich im September siegreich gegen ein oldenburgisches Heer, das durch Braunschweiger und Bremer verstärkt war. Erst 1514 wurden sie von Johann und den Herzögen von Braunschweig [* 39] abermals angegriffen und 14. Febr. bei Hartwarden entscheidend geschlagen.
Graf Edzard von Ostfriesland wurde so hart bedrängt, daß er sich 1517 zur Abtretung des Stedinger- und Butjadingerlandes verstand, wogegen ihm der Besitz von Jever überlassen wurde. Johann hatte bei der Verteilung des eroberten Landes den vierten Teil erhalten; die übrigen drei Viertel erwarb er sich 1521 und 1523 von den Herzögen von Braunschweig durch Kauf. Er hinterließ 1526 vier Söhne: Johann XV., Georg, Christoph und Anton I., von denen letzterer vom Kaiser die Belehnung mit Oldenburg und Delmenhorst erlangte. Er beförderte die Reformation in seinem Land, hob die Klöster auf, zog die geistlichen Güter ein, schloß sich aber, als die Kaiserlichen 1547 in Niedersachsen eindrangen, an diese an und benutzte die Gelegenheit, um Delmenhorst zu erstürmen und zum bleibenden Besitztum seines Hauses zu machen.
Anton starb 1573. Die beiden Söhne Johanns XV., Johann XVI. und Anton II., gerieten in Streit über die Teilung des Erbbesitztums und erlebten beide das Ende des hierüber beim Reichshofrat geführten Prozesses nicht. Johann erhielt 1575 durch Erbschaft die Herrschaft Jever und zugleich die damit verbundenen Ansprüche auf Kniphausen. Vor seinem Tod 1603 hatte er das Recht der Erstgeburt für das Haus Oldenburg festgestellt. Dies galt aber, da sein Bruder Anton zu Delmenhorst Kinder hatte, zunächst nur für Oldenburg, wo dem Vater nunmehr Anton Günther folgte, der durch ein vom Kaiser Ferdinand II. 1623 ausgestelltes und 1653 feierlich erneuertes Zolldiplom die Erlaubnis zur Erhebung eines Weserzolls erhielt, der später so erträglich wurde, daß er den fünften Teil der gesamten Einkünfte Oldenburgs ausmachte. Während des Dreißigjährigen Kriegs wußte Anton Günther durch sein kluges und standhaftes Benehmen die Neutralität des Landes zu behaupten. Durch Vergleich gelangte er 1624 gegen Bezahlung von 50,000 Reichsthalern zum Besitz von Kniphausen, und durch den plötzlichen Tod des Grafen Christian IX. von Delmenhorst, des Sohns von Anton II., fiel auch Delmenhorst 1647 an ihn zurück.
Da Anton Günther kinderlos war, ging die Succession an die Linie des Hauses Oldenburg über, welche in Dänemark und Holstein regierte; diese Linie aber hatte sich nach dem Tod König Friedrichs I. in zwei Linien geteilt (1544), in die von Holstein-Gottorp, von welcher Christian Albrecht das Haupt war, und in die königlich dänische. In dem Rendsburger Erbvertrag vom wurden Dänemark und Holstein-Gottorp zu Lehnserben eingesetzt, in deren Namen Anton Günther die Regierung bis an seinen Tod fortführte.
Gegen den Vollzug des Rendsburger Erbvertrags protestierte jedoch der von der Succession ausgeschlossene Herzog von Holstein-Plön, verglich sich aber vor Ende des Prozesses mit König Christian V. von Dänemark dahin, daß er gegen eine Entschädigung seine Ansprüche auf Oldenburg an den König abtrat und demselben auch seine Ansprüche auf den gottorpschen Anteil überließ. Obschon er nun den Prozeß, der inzwischen beendigt war, wirklich gewann, trat doch Christian V. vermöge des Vergleichs in den alleinigen Besitz von Oldenburg (1676). Unter seinen Nachfolgern Friedrich IV., Christian VI., Friedrich V. und Christian VII. genoß das Land einer glücklichen Ruhe; selbst die Stürme des Siebenjährigen Kriegs gingen unschädlich an ihm vorüber.
Durch den Traktat vom überließ Christian VII. dem Großfürsten Paul von Rußland aus dem Haus Holstein-Gottorp, der dafür auf die gottorpschen Besitzungen und Ansprüche in Schleswig-Holstein [* 40] verzichtete. Paul nahm in der That Oldenburg in Besitz, trat es aber sofort an seinen Vetter, den Bischof von Lübeck, Friedrich August, von der jüngern gottorpschen Linie, und eventuell an die Nachkommen von dessen Bruder Georg Ludwig ab. Kaiser Joseph II. erhob Oldenburg zu einem Herzogtum.
Nach Friedrich Augusts Tod 1785 wurde seinem gemütskranken Sohn Peter Friedrich Wilhelm dessen Vetter, der Koadjutor und nachmalige Fürstbischof von Lübeck, Peter Friedrich Ludwig, als regierender Administrator beigeordnet. Dieser vortreffliche Fürst tilgte alle Staatsschulden und widmete überhaupt seine ganze Sorgfalt den Landesangelegenheiten. Zwar verlor er durch den Reichsdeputationshauptschluß 1803 den einträglichen Elsflether Zoll, den dann der Wiener Kongreß für immer beseitigte, und einige kleine Gebietsteile an Bremen und Lübeck, erhielt aber dafür das bisherige Bistum Lübeck als erbliches Fürstentum, das hannöversche Amt Wildeshausen und die münsterschen Ämter Vechta und Kloppenburg. 1806 wurde Oldenburg wegen der Verwandtschaft seines Fürstenhauses mit Rußland durch Holländer und Franzosen besetzt und die herzogliche Familie zur Flucht gezwungen; im Tilsiter Frieden ward zwar Oldenburg zurückgegeben, und es trat dem Rheinbund bei, aber schon 1810 schlug Napoleon I. dem Administrator vor, Oldenburg gegen Erfurt [* 41] zu vertauschen, und als er dies ablehnte, nahm Napoleon das Land in Besitz ¶
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und verband es mit den Departements der Wesermündungen und der Oberems. Durch den Wiener Kongreß erhielt Oldenburg außer einem Gebietsteil von Hannover, dem spätern Amt Damme an der Südgrenze des Herzogtums, einen Teil des bisherigen französischen Saardepartements mit 20,000 Einw., woraus das Fürstentum Birkenfeld (s. d.) hergestellt ward, und 1818 trat Kaiser Alexander I. auch die Herrschaft Jever an Oldenburg ab. Nach dem 1823 erfolgten Tode des blödsinnigen Herzogs Peter Friedrich Wilhelm erhielt Peter Friedrich Ludwig nun auch dem Namen nach die Regierung. Es folgte ihm 1829 sein Sohn Paul Friedrich August (s. August 3), der den schon vom Wiener Kongreß seinem Haus bestimmten großherzoglichen Titel annahm und statt der landständischen Verfassung dem Land eine tüchtige Kommunalverfassung gab.
Im ganzen ward der Staat im Geist eines aufgeklärten Absolutismus regiert. Endlich aber regte sich das Verlangen nach einer ständischen Verfassung, und der Großherzog kam demselben schon 1847 dadurch entgegen, daß er von einem Ausschuß der höchsten Staatsdiener einen Verfassungsentwurf abfassen ließ und zur Beratung desselben 34 Vertrauensmänner aus dem Großherzogtum nach Oldenburg berief. Als diese gleich in ihrer ersten Sitzung 27. April die Beratung des ministeriellen Entwurfs ablehnten, ernannte der Großherzog eine Kommission, die eine neue Verfassungsvorlage beraten sollte, und 15. Juli erschien der zweite, wesentlich umgearbeitete Entwurf des Staatsgrundgesetzes. Am 1. Sept. ward der konstituierende Landtag des Großherzogtums eröffnet.
Die erste Frage von Bedeutung war die über das Verhältnis Birkenfelds zum Gesamtstaat. Die Birkenfelder dachten alles Ernstes daran, sich von Oldenburg loszusagen, wurden aber nach einer stürmischen Debatte überstimmt und verließen den Ständesaal. Von noch größerer Bedeutung war die Beratung über die Einziehung des Domaniums und seine Verwendung für eine Zivilliste. Zwar verlangte anfangs die Regierung, daß außer einer Zivilliste von 180,000 Thlr. auch ferner ein bestimmter Teil des Domaniums zum Nießbrauch der großherzoglichen Familie abgeschieden werden solle, gab dann aber nach, indem sie das ganze Domanium für Staatsgut erklären ließ und die Zivilliste auch noch bedeutend herabsetzte. Am war das Verfassungswerk beendet und konnte 1. März im Gesetzblatt veröffentlicht werden. Am 17. Mai ward die deutsche Reichsverfassung in Oldenburg publiziert; nach Ablehnung der Kaiserkrone seitens des Königs von Preußen [* 43] trat aber der Großherzog durch Erklärung vom 13. Juli dem Dreikönigsbündnis bei.
Die Sympathien für dasselbe waren jedoch im Land sehr gering, und der Landtag versagte 1. Sept. mit 21 gegen 20 Stimmen seine Zustimmung, worauf 2. Sept. seine Auflösung erfolgte. Der neue Landtag, welcher eröffnet und auch von Birkenfeld beschickt ward, machte jede Rechtsverbindlichkeit von Erfurter Beschlüssen für Oldenburg von dem Beitritt Hannovers oder der Zustimmung des Landtags abhängig und wurde schon 27. April vertagt und später aufgelöst. Der in dieser Zeit (7. Juni) von Hannover angeregte Plan, mit Oldenburg, Hamburg und Bremen unter Rücktritt von der Union ein nordwestdeutsches Staatenbündnis einzugehen, wurde von der oldenburgischen Regierung unterm 13. Juni entschieden zurückgewiesen; ebenso ward die Beschickung des Bundestags abgelehnt. Ende September 1851 trat ein neuer Landtag zusammen, vor dem die Regierung mit dem Antrag auf eine vollständige Revision der Verfassung erschien. Man beschloß, daß schon der gegenwärtige Landtag durch seine Beratung die Revision vorbereiten, der nächste Landtag aber sie durch seine endgültige Entscheidung erst schlüssig machen solle. In der Zeit vom 23. Febr. bis wurde die Revision des Staatsgrundgesetzes vorgenommen, und der nachfolgend Landtag bestätigte dies 22. Nov. d. J. Am starb unerwartet Großherzog Paul Friedrich August, und es folgte ihm sein Sohn Nikolaus Friedrich Peter, der sich sogleich beim Antritt seines Regentenamts zu den besonnenen Regierungsgrundsätzen seines Vaters bekannte. Zur Beseitigung der Mißstände in der evangelisch-lutherischen Landeskirche ließ er durch eine Synode eine neue Kirchenverfassung beraten, welche dann veröffentlicht ward. Während durch eine Zollkonvention mit Dänemark 16. Jan. das Fürstentum Eutin im Zoll- und Postwesen dem dänischen Gesamtstaat zugeteilt wurde, trat Oldenburg durch den Vertrag vom 19. Febr., der am in Geltung trat, dem Zollverein bei. Der wichtigste Vertrag war jedoch der mit Preußen wegen Anlegung eines preußischen Kriegshafens im Jadebusen unterm 20. Juli und 1. Dez. abgeschlossene, wonach Oldenburg ein Gebiet von 5500 Morgen für die Summe von 500,000 Thaler an Preußen abtrat. Der Vertrag wurde vom Landtag bestätigt. Die mit dem gräflich Bentinckschen Haus wegen Abtretung des Bentinckschen Fideikommisses gegen die ratenweise zu zahlende Summe von 2 Mill. Thlr. abgeschlossene Übereinkunft machte im Lauf des Jahrs abermals die Einberufung eines außerordentlichen Landtags erforderlich, der am 31. Juli seine Genehmigung zu dem Vertrag erteilte. Darauf wurde 8. Aug. das Besitzergreifungs-Patent wegen der Herrschaft Kniphausen publiziert. Ein neuer Landtag brachte 1855 ein Staatsdienergesetz, eine neue Gerichtsverfassung, die auf Öffentlichkeit und Mündlichkeit, Trennung der Justiz von der Verwaltung, Staatsanwaltschaft und Schwurgericht beruhte, sowie ein neues Ehegesetz zu stande, wonach neben der kirchlichen Ehe die bürgerliche mit gleichen rechtlichen Wirkungen eingegangen werden konnte. Außerdem wurden ein Gesetz über die Staatsangehörigkeit, eine neue Gemeindeordnung, ein Gesetz über Ministerverantwortlichkeit, eins über Regelung des Unterrichtswesens votiert. Die neue Gerichtsverfassung trat in Kraft, [* 44] und zu Anfang des Jahrs 1859 wurde das Geschwornengericht eröffnet.
Seitdem blieben die Angelegenheiten Oldenburgs in ihrem ruhigen Gang. [* 45] Bei der durch den Tod des Königs von Dänemark von neuem angeregten Frage über die Succession in Schleswig-Holstein trat die oldenburgische Regierung den Ansprüchen Dänemarks entschieden entgegen und protestierte demgemäß gegen den Regierungsantritt Christians IX., soweit sich derselbe auf die Herzogtümer bezog; noch entschiedener trat der Landtag in dieser Frage auf, indem er unterm sich mit 48 gegen 4 Stimmen für sofortige Anerkennung des Herzogs Friedrich von Augustenburg aussprach, was die Regierung aber ablehnte. Nachdem der Kaiser von Rußland in einem Schreiben an den Großherzog vom 15. Juni die formelle Bestätigung der auf der Londoner Konferenz erklärten Zession seiner Erbansprüche auf Holstein erklärt hatte, betonte der Großherzog noch einmal sein Erbrecht auf Schleswig-Holstein. 1866 stand Oldenburg entschieden auf der Seite Preußens, [* 46] stimmte gegen den ¶
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österreichischen Mobilmachungsantrag am Bund und folgte bereits 19. Juni der Aufforderung der preußischen Regierung, mit ihr ein Bündnis abzuschließen und das oldenburgische Kontingent zu mobilisieren. Die Truppen Oldenburgs wurden mit denen der Hansestädte zu einer Brigade formiert und unter Führung des Generals v. Weltzien der Division Goeben zugeteilt. Am 18. Aug. trat dem neugebildeten Norddeutschen Bund bei. Am 27. Okt. wurde sodann ein Vertrag zwischen der Krone Preußen und Oldenburg vereinbart.
Darin gab der Großherzog seine Erbrechte an die Elbländer auf, erhielt aber von Preußen 1 Mill. Thlr. sowie das holsteinische Amt Ahrensböck (149 qkm mit 12,604 Einw.), wodurch das Fürstentum Lübeck angemessen arrondiert werden sollte. Am schloß der Großherzog eine Militärkonvention mit Preußen ab. Der Landtag Oldenburgs von 1868 vereinbarte mit der Regierung eine ganz neue Organisation der Verwaltung, der zufolge das Staatsministerium fünf Departements umfaßt, deren drei Vorstände das Gesamtministerium bilden (s. oben). Am Krieg von 1870/71 nahmen auch Oldenburgs Truppen im Verband [* 48] der 19. Division erfolgreichen Anteil.
Vgl. Halem, Geschichte des Herzogtums Oldenburg (Oldenb. 1794-96, 3 Bde.; unvollendet);
Runde, Oldenburgische Chronik (3. Aufl., das. 1863).