22) Neustadt
[* 2] an der
Heide, Stadt im Herzogtum
Sachsen-Koburg, an der
Rötha und der
LinieKoburg-Sonneberg der Werraeisenbahn,
hat 2
Kirchen, eine Zeichen- und Modellierschule, ein
Amtsgericht, bedeutende Spielwarenfabrikation (besonders
Puppen), eine
Porzellanfabrik, Bierbrauerei
[* 3] und (1885) 4327 fast nur evang. Einwohner.
Neustadt ist der Geburtsort des Volksschriftstellers
HeinrichSchaumberger (s. d.). -
24) Neustadt bei
Stolpen, Stadt in der sächs. Kreishauptmannschaft
Dresden,
[* 4] Amtshauptmannschaft
Pirna,
[* 5] an der
Polenz,
Knotenpunkt der
LinienSchandau-Bautzen und Neustadt-Dürrröhrsdorf der
Sächsischen Staatsbahn, hat ein
Amtsgericht, eine Oberförsterei, ein
Emaillierwerk, Leinweberei, Steinnußknopf- und Stahlwarenfabrikation, Verfertigung künstlicher
Blumen und (1885) 3882 meist
evang. Einwohner. Inmitten der Stadt eine starke eisenhaltige
Quelle
[* 6] mit
Bad.
[* 7]
1)Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Liegnitz,
[* 11]
Kreis
[* 12]
Freistadt, am Weißfurt, hat eine
schöne evang.
Kirche mit neuem
Turm,
[* 13] eine kath.
Kirche, eine große Dampfziegelei und (1885) 1351 meist evang.
Einwohner. -
1) Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft
Friedland, am
Fuß des
Isergebirges, mit ausgedehnter Fabrikation
von Kammgarnstoffen, dann Porzellanwaren und
Sägen,
[* 16] Gürtlerei, Holzhandel und (1880) 3848 Einw. -
2) Stadt in
Mähren, unweit der böhmischen
Grenze, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts,
mit
Schloß, 3
Kirchen (darunter eine evangelische),
Weberei
[* 17] von gestreiftem Baumwollkleiderzeug, Flachsbau, lebhaftem Marktverkehr
und (1880) 2462 Einw. -
Außer mehreren großen Dampfmahl- und
Schneidemühlen befinden sich dort 2 Maschinenfabriken und
Eisengießereien, eine Dampfmolkerei,
eine
Essig- und eine Ofenfabrik, Bierbrauereien etc. Der
Handel ist nur in Landesprodukten,
Mehl
[* 24] und
Holz von einiger Bedeutung.
Neustrelitz ist Sitz desStaatsministeriums und der höchsten Landeskollegien, hat ein
Landgericht, eine Oberförsterei,
ein
Gymnasium, eine
Realschule, eine vorzügliche Hofkapelle und 2
Krankenhäuser. Durch den Zierker
See steht Neustrelitz mit der
Havel
und
Elde in schiffbarer
Verbindung. Zum Landgerichtsbezirk Neustrelitz gehören die zehn
Amtsgerichte zu
Feldberg,
Friedland i. M.,
Fürstenberg
i. M.,
Mirow, Neubrandenburg,
[* 25] Neustrelitz,
Schönberg i. M.,
Stargard
[* 26] i. M.,
Strelitz
[* 27] und
Woldegk. In unmittelbarer
Nähe der Stadt liegen herrliche Laubwaldungen; 2 km südlich liegt Altstrelitz (s.
Strelitz). - Neustrelitz steht an der
Stelle der
alten
Feste Lunkin oder Lienke, die schon 930 zerstört wurde und nur als
Hof
[* 28] Glienke fortbestand; die jetzige
Stadt wurde erst 1733 angelegt.
Das große Tafelland steigt zuweilen senkrecht aus dem Küstendistrikt auf und ist oft von steilen, tiefen Einschnitten durchfurcht.
Meist am Rande desselben zieht das Küstengebirge (Coast Range) hin, westlich davon und zum Teil parallel
damit die Große Scheidekette (Great Dividing Chain), welche aus sieben Hauptzweige besteht: den Neuengland-, Liverpool-, Blauen,
Cullarin-, Gourock-, Maneroo- und den Muniongbergen, mit den höchsten Gipfeln Australiens: MountKosciuszko (2187 m) und MountClarke (2213 m). An der Westgrenze der Kolonie erheben sich die Grey- und die Stanley- oder Barrierberge.
Innerhalb der Bergregion befinden sich große Ebenen, so die Liverpool- und die Monaro- oder Maneroo-Ebene (660 m ü. M.). Die
bedeutendsten Flüsse
[* 34] finden wir im westlichen Teil, welchen der Murray (s. d.) mit seinen Nebenflüssen Darling, Murrumbidschi
und Lachlan und deren zahlreichen Zuflüssen durchzieht. Die Flüsse des Ostabhanges (Hawkesbury, Hunter,
Shoalhaven, Clarence, Macleay, Richmond, Manning) fallen sämtlich in den StillenOzean. Sie haben meist verschlammte Mündungen,
sind zum Teil in ihrem Unterlauf mit kleinen Dampfern befahrbar, sehr schwankend in ihrem Wasserstand und richten durch Überschwemmungen
oft große Verwüstungen auf ihren fruchtbaren Uferlandschaften an. Die größten Seen sind St. George
und Bathurst im Gebirge, in der Ebene Benanee und Victoria, beide durch den Murray gespeist. Das Klima
[* 35] gleicht dem Südeuropas:
in den südlichen gebirgigen Teilen fällt das Thermometer
[* 36] unter Null, und Schnee
[* 37] und Eis
[* 38] sind häufig, in den westlichen
Ebenen steigt es dagegen zuweilen bis 50° C. im Schatten.
[* 39] Der Regenfall nimmt von der Küste nach dem Innern ab; in Sydney
[* 40] fallen 1202 mm,
in Bathurst 534, am Darling 158 mm.
Die Bevölkerung
[* 41] zählte 1,001,966, nach dem Zensus von 1881: 751,468 Seelen, darunter 7521 Deutsche
[* 42] und
10,205 Chinesen. Es sind fast alle Religionssekten vertreten; 1881 zählte man 516,512 Protestanten, 207,606 Katholiken, 3266 Juden, 9345 Heiden.
Die anglikanische, römisch-katholische, presbyterianische und wesleyanische Kirche erhalten zusammen Staatssubventionen von
476,140 Mk. jährlich. Die deutschen Protestanten haben 9 Kirchen und 5 Pastoren.
Für Ackerbau sind namentlich die Küstenstreifen, die Gebirgsthäler und der Westabhang der Scheidegebirge
geeignet, während Wassermangel den Anbau im westlichen Teil der Kolonie verbietet. Hauptkulturen sind: Weizen (am besten auf
den Tafelländern und dem Westabhang), Hafer,
[* 43] Gerste,
[* 44] Kartoffeln, Tabak,
[* 45] Mais, im NordenZuckerrohr;
Der Zuckerrohrbau macht keine besondern Fortschritte. Die Weinberge liefern aber schon ein sehr gutes
Produkt. Diese Kultur wurde von Deutschen eingeführt und wird auch jetzt von ihnen, namentlich bei Albury am Murray, mit Erfolg
gepflegt. Die Produkte des Ackerbaues genügen den Bedürfnissen indes keineswegs, und Brotstoffe werden von Südaustralien
und
Nordamerika
[* 46] zugeführt. Viel wichtiger ist die Viehzucht,
[* 47] die aber von periodischen Dürren zu leiden
hat.
Man zählte 1886: 361,663 Pferde,
[* 48] 1,367,844 Rinder,
[* 49] 39,169,304 Schafe,
[* 50] 209,576 Schweine.
[* 51] Produkte der Viehzucht bilden auch die
wichtigsten Ausfuhrartikel. Eine große Plage haben sich die Ansiedler durch Einführung von Kaninchen
[* 52] geschaffen. Die Fischerei
[* 53] ist ohne Belang. Der Waldbestand im östlichen Bergland ist ansehnlich und erlaubt eine Ausfuhr
von Bau- und Möbelhölzern; der westliche, ebene Teil ist dagegen oft völlig baumlos. Von hoher Bedeutung ist der Bergbau,
doch werden viele der vorhandenen Mineralien
[* 54] noch gar nicht oder nur in sehr geringem Maß verwertet.
es wurde zuerst 1851 gefunden,
und bis Ende 1885 ist für 36,102,844 Pfd. Sterl. dieses edlen Metalls
gefördert worden.
In den letzten Jahren hat der Ertrag sehr abgenommen, er betrug 1885 nur noch 378,665 Pfd. Sterl. und beschäftigte 5911 Goldgräber
(880 Chinesen). Zinn ist gleichfalls sehr weit verbreitet;
seit 1872 beträgt die Ausbeute 6,934,803 Pfd. Sterl., 1885: 415,626
Pfd. Sterl. Silber wurde erst in den letzten Jahren in größerer Menge an der Westgrenze der Kolonie (BarrierRanges) entdeckt, scheint aber in sehr vielen Teilen der Kolonie vorhanden zu sein;
1885 wertete der Ertrag 159,187 Pfd. Sterl.
Ebenso reichlich ist Kupfer, doch hat die Bearbeitung der Werke unter den niedrigen Preisen der jüngsten Zeit gelitten;
1885 wurde
nur für 264,920 Pfd. Sterl. ausgeführt.
Eisenerze werden, obschon an vielen Stellen aufgedeckt, nur wenig
gefördert, noch weniger Antimon, Arsenik, Mangan. Sehr ausgedehnt sind die Kohlenlager; dieselben erstrecken sich vom 29 bis
36.° südl. Br., zuweilen bis ans Meeresufer. Die Gruben bei Newcastle
[* 59] (die bedeutendsten), Berrima, Hartley, Maitland, Wollongong
lieferten 1885: 2,878,863 Ton. im Wert von 1,340,213 Pfd. Sterl. Der Export ist bereits ein sehr ansehnlicher
und richtet sich nach den übrigen australischen Kolonien, Ostasien, Indien, Westamerika. Bei HartleyVale fördert man Brandschiefer,
aus dem Petroleum bereitet wird. Von Wichtigkeit versprechen in neuester Zeit die schon lange, aber mit geringem Erfolg bearbeiteten
Diamantgruben zu werden.
Die Industrie ist noch nicht bedeutend, aber wachsend; nennenswert sind die Wollzeug-, Seifen-, Lichte-
und Tabaksfabrikation und die Zuckermühlen. GroßeKleider-, Schuhzeug- und Lederfabriken, Schiffswerften bestehen in Sydney.
Der Handel ist in steter Zunahme; ein großer Teil des Warenverkehrs (aus dem Riverinadistrikt) wird über Melbourne
[* 60] vermittelt,
mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes nimmt dies aber mehr und mehr ab. 1886 wertete die Einfuhr 18,813,492
(englisch 10,445,980) Pfd. Sterl., die Ausfuhr 15,556,213 (englisch 6,026,954) Pfd. Sterl.
Deutschlands
[* 61] Anteil ist noch klein, aber stetig wachsend. Die Haupteinfuhrartikel waren: Zeuge 2,9 Mill. Pfd. Sterl., Kleidungsstücke
1,27, Zucker
[* 62] 0,48, Eisenwaren 0,63, Maschinen 0,33, Spirituosen 0,45, Thee 0,31, Bier 0,42, Weizen und Mehl
0,87 Mill. Pfd. Sterl., ferner Schuhzeug, Droguen, musikalische Instrumente, Bücher, Möbel
[* 63] u. a. Ausfuhrartikel:Wolle für
7,2
¶
Ende 1886 standen im Betrieb 3096 km, im Bau waren 651 km. Auf sämtlichen Linien wurden befördert: 13,506,346 Reisende und
3,273,004 T. Güter.
Von Sydney gehen Dampfstraßenbahnen nach allen Orten der Umgegend. Die Telegraphenlinien
hatten eine Länge von 16,658 km mit 31,967 km Drahtlänge, auf denen 2,625,992 Telegramme befördert wurden. Die
Fernsprecheinrichtung in Sydney hat über 700 Anschlüsse. Ein Kabel führt von Sydney nach Neuseeland (Nordinsel). Die Post expedierte
in 1115 Postämtern 36,907,600 Briefe und Postkarten, 23,693,400 Zeitungen und 3,162,400 Pakete. Die 14 Banken
hatten einen Notenumlauf von 1,633,235 Pfd. Sterl., ein Vermögen von 39,162,829 und Verpflichtungen von 29,707,028
Pfd. Sterl. Die Sparbank von Neusüdwales hatte Einlagen von 2,016,656, die übrigen 277 Sparbanken von 1,471,894 Pfd. Sterl.
Von Wohlthätigkeitsanstalten gab es 1885: 63 Krankenhäuser, 13 Waisenhäuser, 7 Irrenhäuser, Heime für
Matrosen etc. Das Unterrichtswesen hat in neuerer Zeit bedeutende Verbesserungen erfahren;
1886 zählte man 2669 Staats- und
Privatschulen mit 5267 Lehrern, 110,710 Schülern und 107,570 Schülerinnen.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Danzig,
[* 68] KreisMarienburg,
[* 69] an der schiffbaren Schwente und der LinieSimonsdorf-Tiegenhof
der Preußischen Staatsbahn, 6 m ü. M., hat eine evangelische
und eine kath. Kirche, eine Zucker- und eine Maschinenfabrik, Dampfmahl- und Schneidemühle, Dampfziegelei, Kunstschlosserei,
große Pferdemärkte, bedeutenden Getreidehandel und (1885) 2375 Einw.
(tschech. Novy Jičín), gewerbreiche Stadt in Mähren, im sogen. Kuhländchen, am Titschfluß und an den
Abhängen des Swinec (eines der letzten Ausläufer der Karpathen) malerisch gelegen, durch die Linie Zauchtl-Neutitschein mit der Nordbahn
verbunden, Sitz eines Kreisgerichts, einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat eine Landesoberrealschule,
eine landwirtschaftliche Mittelschule, eine Webschule, ein altertümliches Schloß, 3 Kirchen, darunter die
bemerkenswerte Dekanatskirche u. die spanische Kapelle (zum Andenken an 400 im Dreißigjährigen Krieg 1621 hier gefallene
Spanier) und (1880) 10,274 Einw., welche bedeutende Schafwollindustrie,
Fabrikation von Hüten, Maschinen und Tabak (ärarische Fabrik) sowie ansehnlichen Wagenbau betreiben. Auch der Handel mit Rohprodukten
und Industrieerzeugnissen ist von großer Bedeutung. Die Stadt wurde 1311 gegründet und mit deutschen Kolonisten bevölkert,
welche sich im 16. Jahrh. dem Protestantismus anschlossen und deshalb mannigfache Verfolgungen zu erdulden hatten. 1790 starb
hier der FeldmarschallLaudon.
(Neutomyschl), Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Posen,
[* 70] an der LinieFrankfurt
[* 71] a. O.-Posen
der Preußischen Staatsbahn, hat eine evang. Kirche, ein Amtsgericht, bedeutenden Hopfenbau und (1885) 1504 meist evang.
Einwohner. Neutomischel wurde 1786 von deutschen Ansiedlern gegründet und 1788 zur Stadt erhoben.
nach dem Fluß Neutra benanntes ungar. Komitat, am linken Donauufer zwischen den Komitaten Trencsin, Turócz, Bars,
Komorn und Preßburg,
[* 73] grenzt nordwestlich an Mähren, umfaßt 5726 qkm (104 QM.) und ist im S. eben, im Norden dagegen sehr gebirgig.
Es wird von der Waag, Neutra, March, Zsitva und dem Dudvág bewässert, hat ein gesundes Klima, (1881) 370,099
meist kath. Einwohner (Slowaken, Ungarn und Deutsche) und ist im S. fruchtbar, im W. jedoch sandig. Auf Ackerboden entfallen 50 Proz.,
auf Wälder 25 Proz., der Rest auf Weiden, Wiesen und Weinland.
Stadt Neutra, am Neutrafluß, Station der Neutrathalbahn und Sitz des Komitats Neutra sowie eines 1034 gestifteten römisch-katholischen
Bistums, eines bischöflichen Konsistoriums mit Domkapitel und eines Gerichtshof, besitzt ein malerisch gelegenes bischöfliches
Schloß, welches samt der aus zwei Kirchen bestehenden Kathedrale und der bischöflichen (Ober-) Stadt auf einem mitten im Thal
[* 78] teilweise ganz steil aufsteigenden Felsen erbaut und mit Wällen, Bastionen und Thoren versehen ist, ferner ein großes Komitatshaus,
ein neues Rathaus und Theater,
[* 79] zahlreiche schöne Neubauten, ein Nonnenkloster mit Mädchenschule, ein Franziskaner- und ein
Piaristenkloster mit Obergymnasium, ein bischöfliches Seminar, eine theologische Lehranstalt und ein Komitatsspital.
Die Einwohner (1881: 8660) sind Slowaken, Ungarn und Deutsche und treiben Acker- und Weinbau und lebhaften
Handel. Neutra hat besuchte Getreidemärkte, eine große Dampfmühle, Fabrikation von landwirtschaftlichen Maschinen, Spiritus,
Essig etc. und 4 Geldinstitute. Gegenüber dem Schloßberg, jenseit des Flusses, erheblich der reichbewaldete Berg Zobor (1341
m), dessen unterer Teil mit Weingärten und zahlreichen Villen bedeckt ist, über denen im Wald sich die
Reste einer alten Benediktinerabtei befinden.
In der Chemie heißt neutral jede Substanz, welche weder basische noch saure Reaktion besitzt und die Farbe des
roten und blauen Lackmuspapiers nicht verändert.
(neulat.), das Verhältnis desjenigen, welcher an dem Streit andrer nicht teilnimmt; insbesondere im völkerrechtlichen
Verkehr das Verhältnis eines Staats zu kriegführenden Mächten, vermöge dessen er zu denselben in friedlichen Beziehungen
(neutral) verbleibt, ohne sich irgendwie in den Krieg einzumischen. An und für sich liegt es in der freien Entschließung
eines jeden selbständigen Staatswesens, ob dasselbe in einen Krieg mit eintreten oder ob es sich in demselben neutral verhalten
will.
Allerdings können Schutz- und Trutzbündnisse vorliegen, welche einer Staatsregierung die Teilnahme an
einem Krieg zur Pflicht und somit die Einhaltung der Neutralität unmöglich machen; anderseits kann sich ein Staat vor Ausbruch des Kriegs
dem einen Teil oder auch beiden kriegführenden Mächten gegenüber ausdrücklich zur Neutralität verpflichtet haben,
und endlich sind manche Staaten durch völkerrechtliche Abmachungen dauernd für neutral erklärt. Die Völkerrechtslehre
kennt verschiedene Einteilungen der Neutralität. So wird zwischen allgemeiner oder natürlicher (Neutralité naturelle) einerseits
und besonderer oder vertragsmäßiger (Neutralität
conventionelle) anderseits unterschieden, je nachdem die Neutralität auf
natürlicher oder vertragsmäßiger Grundlage beruht.
Man unterscheidet ferner zwischen allgemeiner und partieller (teilweiser) Neutralität, welch letztere nur für gewisse Gebietsteile
oder Gegenstände Platz greift, zwischen vollkommener und unvollkommener, bedingter und unbedingter,
beschränkter und unbeschränkter Neutralität Gegenstandslos ist dagegen die übliche Einteilung in bewaffnete und unbewaffnete Neutralität, da
einem jeden Staate das Recht derBewaffnung zusteht. Indessen ist der Ausdruck bewaffnete Neutralität von historischer Wichtigkeit, indem
wiederholt verschiedene Mächte ihre Neutralität ausdrücklich für eine bewaffnete erklärten,
um damit ihre Absicht kundzugeben, dieselbe nötigen Falls mit Waffengewalt zu schützen und so unter Umständen selbst zur
Kriegführung überzugehen.
Bekannt ist in dieser Hinsicht die bewaffnete Neutralität von 1780, zu welcher sich Rußland, Preußen,
[* 83] Dänemark,
[* 84] Schweden
[* 85] und Portugal
[* 86] in dem nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg England gegenüber vereinigt hatten. Eine dauernde Neutralität ist
für manche Staaten dadurch herbeigeführt, daß dieselben ausdrücklich für neutral erklärt sind (Neutralisation). Für
den neutralisierte Staat erwächst hierdurch die Verpflichtung eines friedlichen, an keinem Streit andrer Staaten sich mittelbar
oder unmittelbar beteiligenden Verhaltens. In diesem Sinn ist der Schweiz
[* 87] durch die PariserAkte der Alliierten vom die
Neutralität (Neutralité perpétuelle et inviolabilité de son territoire) gewährleistet, ebenso Belgien
[* 88] (LondonerVertrag vom
Art. 7), den Ionischen Inseln bei ihrer Vereinigung mit Griechenland
[* 89] (Vertrag vom Luxemburg (LondonerVertrag vom
und dem Congostaat (Berliner
[* 90] Akte vom § 3). Das moderne Völkerrecht kennt aber auch eine teilweise
(partielle) Neutralisation. In dieser Hinsicht ist namentlich die Genfer Konvention (s. d.) vom nebst Zusatzartikeln
vom von Wichtigkeit, welche nicht nur die Ambulanzen und Militärspitäler neutralisiert, sondern auch dem Personal
der Spitäler und Ambulanzen für die Aufsicht und für den Gesundheits-, Verwaltungs- und Krankentransportdienst
sowie den Feldpredigern, solange sie ihren Verrichtungen obliegen und Verwundete aufzuheben oder zu verpflegen sind, Teil
»an der Wohlthat der Neutralität« gewährt. Auch Evakuationen und das sie leitende Personal werden durch »unbedingte Neutralität« gedeckt; Landesbewohner,
welche Verwundeten zu Hilfe kommen, sollen geschont werden, und den Ambulanzen soll ihr Material verbleiben.
Dagegen sind die Anregungen, welche zur Neutralisation von submarinen Telegraphenkabeln gegeben wurden, bisher ohne Erfolg
gewesen; hingegen ist der Suezkanal neutralisiert.
1) Der Neutrale darf keinen Kriegführenden unterstützen.
2) Der neutrale Staat hat den Kriegführenden sein Gebiet zum Zweck der Kriegführung zu verschließen.
Das in neutrales Gebiet vertriebene feindliche Kriegsschiff muß abrüsten und darf nicht auf den Kriegsschauplatz zurückkehren.
Truppen der kriegführenden Mächte, welche auf neutrales Gebiet übertreten, sind zu entwaffnen. Es gilt als eine Verletzung der
Neutralität, wenn die Ausrüstung von Kriegsschiffen in neutralen Häfen gestattet wird. Truppen der Kriegführenden
dürfen nicht durch neutrales Gebiet hindurchmarschieren. Truppen für eine kriegführende Macht dürfen auf neutralem Gebiet
nicht angeworben werden. Jede
¶
1) Bei Beobachtung ihrer Pflichten können die Neutralen von den Kriegführenden beanspruchen, daß diese die Neutralität der
erstern und insbesondere das Gebiet des neutralen Staats als solches achten. Sie dürfen daher keine Truppen aus demselben
anwerben, in neutralen Gewässern keine Prise und auf neutralem Gebiet keine Beute machen; überhaupt dürfen sie das Gebiet
des neutralen Staats in die kriegerische Operation in keiner Weise mit hineinziehen.
3) Die neutralen Unterthanen gelten, solange sie sich nicht an den Feindseligkeiten beteiligen, als unverletzlich. Die durch
besondere Abmachungen einzelnen Personen und gewissen Kategorien von Personen gewährte Neutralität, insbesondere nach Maßgabe der Genfer Konvention
(s. oben), ist zu respektieren, auch wenn dieselben Angehörige der kriegführenden Macht sind, und selbst
wenn sie zu der mobilen Armee mit gehören.
Auf der andern Seite sind die Neutralen bei Verletzung ihrer Neutralität durch die Kriegführenden durch ihre Neutralität nicht
so weit gebunden, daß sie nicht auch ihrerseits zu Repressalien und nötigen Falls selbst zur kriegerischen Selbsthilfe schreiten
könnten.
(spr. nöwil), Alphonse de, franz. Maler, geb. zu St.-Omer, war kurze Zeit SchülerPicots, bildete
sich aber hauptsächlich durch Selbststudium und im Atelier von Delacroix. Nachdem er 1859 mit einer Episode
aus dem Krimkrieg debütiert, folgten 1861 die Gardejäger am Laufgraben des Mamelon Vert, 1864 der Straßenangriff von Magenta
durch die Jäger und die Gardezuaven (Museum von St.-Omer), 1866 die Zuavenschildwache, 1867 die Schlacht von San Lorenzo in
Mexiko
[* 96] und 1868 die Jäger zu Fuß, die Tschernaja durchwatend (Museum zu Lille).
[* 97]
In der Zwischenzeit entstanden zahlreiche Illustrationen für Zeitschriften und für Guizots »Histoire de France«. Nachdem er den
deutsch-französischen Krieg als Ingenieuroffizier mitgemacht hatte, begann eine zweite Periode seiner künstlerischen Thätigkeit,
während welcher er, unterstützt durch seine glänzenden koloristischen Fähigkeiten und die Energie seiner dramatischen
Schilderungskraft, sich schnell zu dem populärsten Kriegsmaler des jungen Frankreich emporschwang, welcher
dem Ruhmbedürfnis und der Eitelkeit seiner Landsleute zu schmeicheln wußte und durch seine tendenziösen Darstellungen, auf
welchen die Gegner immer die Rolle brutaler Barbaren, die Franzosen die Rolle ruhmreich Besiegter spielen, dem französischen
Chauvinismus immer neue Nahrung verschaffte.
In der Nähe das Lustschloß Monrepos mit herrlicher Aussicht; der Stadt gegenüber auf der linken Rheinseite
an der EisenbahnKalscheuren-Bingerbrück die Station Neuwied linkes Ufer. Die Stadt wurde im 17. Jahrh. angelegt zum Schutz jeglichen
Glaubensbekenntnisses und ist noch jetzt Sitz vieler religiöser Sekten (Baptisten, Herrnhuter, Deutschkatholiken etc.). Vom 12. Aug. bis fanden
hier Gefechte zwischen den Österreichern und Franzosen wegen des Übergangs über den Rhein statt, bis
endlich der Übergang den letztern doch noch gelang; auch gewannen daselbst die Franzosen unter Hoche eine Schlacht
gegen die Österreicher unter Werneck. Dabei das Dorf Heddesdorf mit dem Sitz des Landratsamtes für den Kreis Neuwied, Weinbau, Eisenwerk
(Rasselstein) und 3742 Einw.
Vgl. Wirtgen, Neuwied und seine Umgebung (Neuw. 1872).
Stift und ehemaliges Cistercienserkloster (1268 gestiftet, 1817 säkularisiert), zum Dorf Schlaben im preuß.
Regierungsbezirk Frankfurt, KreisGuben,
[* 113] gehörig, unweit der Oder und an der LinieBerlin-Sommerfeld der Preußischen Staatsbahn,
hat eine schöne katholische und eine evang. Pfarrkirche, ein evang. Schullehrerseminar, ein Waisenhaus
und (1885) 352 Einw.
1) (abgekürzt Nev.) ein Staat der nordamerikan. Union, zwischen 35-42° nördl. Br. und 114-120° westl. L. v. Gr.
gelegen, grenzt nördlich an Oregon und Idaho, südwestlich und westlichen Kalifornien, östlich an Utah und Arizona. Der größte
Teil des Staats liegt innerhalb des sogen. großen Beckens und hat eine mittlere Höhe von 1860 m. Auf diesem
Plateau erheben sich eine Reihe von Bergketten, deren Richtung im allgemeinen eine nordsüdliche ist, und in welchen einzelne
Gipfel bis über 3000 m ansteigen (CharlestonPeak im S. 3315 m) und mit ewigem Schnee bedeckt sind.
Viele der kleinern Flüsse ergießen sich in Binnenseen oder verlieren sich in Trichtern, den sogen. Sinks,
um ihren Lauf unterirdisch fortzusetzen. Die Zahl der Seen ist groß. Die bedeutendern unter ihnen sind
der Pyramidsee, Tahoesee an der Grenze von Kalifornien, 2017 m ü. M., und Walkersee. HeißeQuellen deuten auf frühere vulkanische
Thätigkeit hin. Dichte Waldungen mit hochstämmigen Bäumen finden sich fast nur auf dem Ostabhang der Sierra Nevada im W.
des Staats.
Anderswo bestehen die in den Gebirgen vorkommenden Waldungen aus zwerghaften Fichten, Wacholder und Bergmahagoni.
Der Boden birgt reiche Schätze an Metallen, namentlich findet man hier die reichsten Silbergruben der Welt. Nevada hat ein Areal
von 286,701 qkm (5206,8 QM.) und (1870)
42,491, (1880) 62,266 Einw. mit Einschluß von 2803 Indianern und 5416 Chinesen, aber ohne 6800 noch in
Stämmen wohnende Indianer. Die öffentlichen Schulen wurden 1885 von 7868 Kindern besucht. An höhern Bildungsanstalten gibt
es nur ein College mit 33 Studenten.