welche zur schnellen Entfettung eingeschlagen werden, jenen Schwächezustand herbei, zuweilen forcierte
Schwitz-, Trink-,
Hunger- oder
Kaltwasserkuren, welche zu den modernen
»Heilmitteln« gehören und welche sehr zum
Schaden der
Patienten oft ohne
ärztliche Vorschrift und Überwachung auf eigne
Hand
[* 2] unternommen und durchgeführt werden. Vorzugsweise betroffen werden
die geistig arbeitenden
Klassen und naturgemäß in höherm
Maß in dem lebhaften
Treiben der großen
Städte
als auf dem Land; Beamte,
Offiziere,
Ärzte,
Gelehrte und
Künstler stellen das größte
Kontingent.
Bei der verwirrenden Mannigfaltigkeit der
Symptome sei hier an einem
Beispiel dargethan, wie bei einem ehrgeizigen Mann die
Nervenschwäche aus Überanstrengung sich zu entwickeln pflegt: Im besten Mannesalter stehend,
bisher gesund und kräftig, hat er zehn
Stunden und darüber angestrengt arbeiten können, ohne an
Frische dabei einzubüßen.
Unter dem Einfluß einer Gemütsaufregung fühlt er sich plötzlich bei der
Arbeit unruhig und zerstreut, zeitweise schwinden
die
Gedanken, indessen rafft er sie zusammen und arbeitet weiter, bis er wiederum von Aufregung und Angstgefühl
befallen wird.
Anfangs wird der Schwächezustand gewaltsam überwunden, allmählich versagen die
Kräfte, es tritt Unfähigkeit zur
Arbeit
ein, die Zeit wird mit
Grübeln über den krankhaften Zustand ausgefüllt, es stellt sich ein
Gefühl von
Druck im
Kopf ein,
welches den Kränkelnden zwingt, sich in den stillsten
Winkel
[* 3] seiner
Wohnung zurückzugehen. Dabei wird
er leicht erregbar, schreckhaft über jedes
Geräusch (nervöse Hyperakusie), der
Schlaf ist unruhig, gleicht mehr einem unerquicklichen
Halbschlummer. Am
Morgen erwacht er wieder, es gelingt ihm nicht,
Zeitung oder
Bücher zu lesen (nervöse
Asthenopie), er leidet
an nervösem
Herzklopfen, fühlt sich beängstigt, die
Brust zusammengeschnürt.
Die Behandlung erfordert die größte Umsicht eines Nervenarztes, welche sich in jedem
Fall zunächst auf die Beseitigung
etwa vorhandener Organleiden, alsdann aber auf die Nervenschwäche als solche richten muß. Vor allem bedarf es eines
tröstenden, den Kranken ermutigenden Zuspruchs. Es muß für einen geeigneten Aufenthalt in reiner
Wald-,
Gebirgs- oder Seeluft
gesorgt werden; unter Umständen sind
Bäder,
Kaltwasserkuren,
Massage mit elektrischer Reizung der
Nerven,
nervenstärkende
Mittel, Bromkali,
Chinin,
Eisen
[* 8] am Platz.
Die
Ernährung muß geregelt werden, und unter allen Umständen muß für die Zukunft den Schädlichkeiten, welche die Nervenschwäche hervorgebracht
haben, vorgebeugt werden. Die
Heilung ist gewöhnlich langsam, aber bei rationeller Behandlung und gutem
Willen des Kranken oft von vollkommenem Erfolg.
Vgl.
Beard, Die Nervenschwäche,
Neurasthenie (deutsch, 2. Aufl., Leipz. 1884);
Derselbe,
Die sexuelle
Neurasthenie (mit Rockwell; deutsch,
Wien
[* 9] 1885);
die Gesamtheit aller
Organe derEmpfindung im tierischen
Körper. Ursprünglich wohnt
einer jeden
Zelle
[* 10] die Fähigkeit, die äußern
Reize zu empfinden und sich demgemäß zu bewegen, also zusammenzuziehen, auszudehnen
etc., inne; daher ist auch bei den niedersten
Tieren ein gesondertes Nervensystem noch nicht vorhanden. Bei
Zusammensetzung des
Körpers
jedoch aus mehreren
Schichten, wie sie bei weitaus den meisten
Tieren stattfindet, beschränkt sich die
Empfindlichkeit mehr und mehr auf die äußerste
Schicht, die
Haut,
[* 11] welcher daher auch das Nervensystem angehört.
In der einfachsten Form, welche das Nervensystem einnimmt (vgl.
Haut), besteht es aus Hautzellen, welche entweder einzeln oder zu
Gruppen
angeordnet sich vor den übrigen Hautzellen durch größere
Reizbarkeit auszeichnen und unter sich mittels
seiner
Ausläufer in
Verbindung stehen. So noch bei
Quallen und
Seerosen. Bei den übrigen
Tieren jedoch hat sich das Nervensystem mehr
oder weniger von der
Haut in das schützende
Innere des
Körpers zurückgezogen und steht mit der Oberfläche meist nur noch
an einigen
Stellen
(Sinnesorgane, s. d.) in
Verbindung.
Doch zeigt sich während der
Entwickelung jedes höhern
Tiers aus dem
Ei,
[* 12] wie das gesamte Nervensystem auch hier aus einem Teil der
Haut
hervorgeht und sich erst später in die Tiefe des
Körpers versenkt. Man unterscheidet übrigens am Nervensystem in seiner vollkommenen
Ausbildung zwei Teile: den zentralen und den peripherischen. Ersterer ist vorzugsweise aus Ganglienzellen
[* 13] (s. unten) zusammengesetzt, letzterer besteht meist aus
Nervenfasern (s. unten) und verbindet die
Zentralorgane mit den in der
Haut gelegenen Endapparaten, den
Sinnesorganen, oder mit den
Muskeln
[* 14] etc. Bei den höhern
Tieren lassen sich ferner nach einer
andern
Richtung hin zweierlei
Arten von Nervensystemen unterscheiden: das animale zur Besorgung der bewußten
Empfindungen und willkürlichen
Bewegungen, das vegetative für die Vorgänge der
Ernährung,
Absonderung etc. sowie für die
damit verbundenen unwillkürlichen
Bewegungen. Im Zentralteil des animalen
Systems treten bei den meisten
Tieren die Ganglienzellen
zu
Gruppen, den sogen.
Ganglien
(Nervenknoten), zusammen, die unter sich durch Bündel von
Nervenfasern
(Kommissuren)
verbunden sind und die peripherischen
Nerven von sich ausstrahlen lassen. Bei den gegliederten
Tieren sind dann gewöhnlich
für jeden
Abschnitt des
Körpers zwei nebeneinander liegende
Ganglien vorhanden, so daß mittels der
¶
kelt. Volk in Gallia belgica, zu beiden Seiten des Sabis (Sambre) wohnhaft, tapfer und
kriegerisch und vor Cäsars Zeit so mächtig, daß es 50,000 Mann ins Feld stellen konnte, wurde in einem verzweifelten Kampf
bei Maubeuge 57 v. Chr. von Cäsar fast ganz vernichtet. Es besaß nur kleinere Ortschaften, von denen Bagacum (Bavay) die bedeutendste
war. S. Karte »Germanien«.
[* 20]
Selten läßt sich eine pathologische anatomische Veränderung des Gehirns als Ursache der nervösen Symptome ermitteln. Der
anatomisch festzustellende Sitz der Hauptkrankheit kann dabei in allen möglichen andern Organen sein.
Zu den nervösen Symptomen gehören die Delirien, Schwerbesinnlichkeit, Schlafsucht, Sinnestäuschungen, unwillkürliche Muskelbewegungen
verschiedener Art, schwere Krämpfe, Sichdoppeltfühlen, Sehnenhüpfen, lallende Sprache,
[* 21] schwerbewegliche Zunge, Zusammensinken
und Herabrutschen des Körpers im Bett,
[* 22] Untersichgehenlassen von Stuhl und Urin. Außer bei fieberhaften örtlichen wie allgemeinen
Krankheiten kommen die genannten nervösen Symptome auch noch bei den verschiedensten Krankheiten des Gehirns
und der Hirnhäute vor. Im allgemeinen ist das Auftreten der nervösen Symptome diagnostisch oft ohne Wert, prognostisch dagegen
von großer und meist von schlimmer Vorbedeutung.
Fluß im nördlichen Schottland, fließt durch den 35 km langen, 241 m tiefen, durch den Caledoniakanal
mit dem Moray Firth und dem Loch Oich verbundenen gleichnamigen See (Loch Neß) und mündet bei Inverneß in den Moray Firth.
niederrhein. Adelsgeschlecht, das schon im 10. Jahrh.
erwähnt wird, und dessen Stammhaus Nesselroth an der Wupper bei Solingen
[* 30] liegt. Die ältere Linie Nesselrode-Landskron,
welche 1710 in den Reichsgrafenstand erhoben wurde, ist erloschen; die jüngere, Nesselrode-Ereshoven, erhielt 1705 die Reichsgrafenwürde;
jetziges Haupt dieser Linie ist GrafMaximilianBertram von Nesselrode, geb. Oberhofmeister der KaiserinAugusta und Mitglied
des Herrenhauses. Ein Zweig derselben kam um 1740 nach Rußland, und der berühmteste Sprößling derselben
ist KarlRobert, Graf von Nesselrode, einer der bedeutendsten Diplomaten der Neuzeit, geb. zu Lissabon,
[* 31] wo sein VaterMaxJuliusWilhelmFranz, Graf von Nesselrode (geb. gest. in
Frankfurt),
[* 32] damals russischer Gesandter war, erhielt seine Bildung zu Berlin,
[* 33] widmete sich frühzeitig der
diplomatischen Laufbahn und war zuerst 1802 bei der russischen Gesandtschaft in Berlin, dann bei der in Stuttgart,
[* 34] 1805-1806
als Legationssekretär und Chargé d'affaires im Haag,
[* 35] 1807 als Gesandtschaftsrat in Paris
[* 36] thätig. In demKrieg Rußlands gegen
Frankreich 1813-14 schloß er viele Verträge ab und entwarf fast alle damals von den verbündeten Mächten
erlassenen Noten und Erklärungen, auch den PariserFrieden vom ¶
(Nesselausschlag, Urticaria), Hautkrankheit, bei welcher sich flache, unregelmäßige,
mehr breite als hohe Anschwemmungen der Haut ohne Abstoßung der Epidermis
[* 44] bilden. Diese Anschwellungen (Quaddeln, Nesselmäler)
sind meist von bleichem Ansehen, mit blaßrotem Hof
[* 45] umgeben und entstehen durch eine entzündliche, wässerige Ausschwitzung
in das Lederhautgewebe (Ödem). Die Quaddeln stehen bald vereinzelt, bald so nahebei einander, daß sie zum
Teil zusammenfließen; bald ist die Dauer einer Quaddel eine sehr kurze, bald hält sie sich eine längere Zeit hindurch.
Bisweilen sind die Quaddeln mit roten Knötchen, den geschwollenen Hautbälgen, besetzt (Nesselfriesel). Nach den verschiedenen
Ursachen unterscheidet man verschiedene Arten von Nesselsucht. Es entsteht nämlich Nesselsucht 1) infolge äußerer Hautreize, wie
bei der Berührung der Haut mit Brennesseln, mit den Blättern von Rhus Toxicodendron, mit den Haaren mancher Raupen etc., sowie
2) nach dem Genuß gewisser Speisen. Die letztere Form tritt bei manchen Individuen aus, unmittelbar nachdem sie Erdbeeren,
Krebse, Muscheln,
[* 46] Pilze,
[* 47] Käse oder andre ungewöhnliche Nahrungsmittel
[* 48] genossen haben. Es ist völlig rätselhaft,
weshalb die genannten Nahrungsmittel nur bei sehr wenigen Menschen und bei diesen gewöhnlich jedesmal Nesselsucht hervorrufen (Idiosynkrasien.
Auch nach der Darreichung großer Dosen von Kopaivabalsam entsteht nicht selten Nesselsucht 3) Die fieberhafte Nesselsucht (Nesselfieber, Febris
urticata) ist eine mit heftigem Fieber und Verdauungsstörungen verbundene Form, deren Ursachen ganz unbekannt
sind.
Endlich tritt 4) Nesselsucht in Begleitung fieberhafter Krankheiten (Wechselfieber) zuweilen auf. Die Nesselsucht ist stets mit einem lästigen,
unwiderstehlich zum Kratzen der Haut auffordernden Jucken der Haut verbunden. Dieses Jucken und die Quaddelnbildung sind die einzigen
Symptome der Formen der Nesselsucht, mit Ausnahme der fieberhaften Nesselsucht. Die Dauer der Krankheit ist meist auf einen
oder wenige Tage beschränkt, doch macht sie nicht selten Rückfälle. Das die fieberhafte Nesselsucht begleitende und dieselbe
zuweilen einleitende Fieber kann einen hohen Grad erreichen, so daß die Zunge trocken, der Schlaf sehr unruhig wird und selbst
Delirien auftreten.
Gesellen sich zu diesem Fieber heftiges Erbrechen und häufige Durchfälle, so kann man eine schwere Erkrankung
vor sich zu haben glauben. Indessen verliert sich der Ausschlag wie das Fieber und die gastrischen Symptome schon nach einigen
Tagen, und es folgt eine schnelle Genesung. Eine eingreifende ärztliche Behandlung der Nesselsucht ist durchaus nicht nötig. Gegen
das Hautjucken hat man Waschungen mit sehr verdünnten Säuren und Einreibungen mit Zitronenscheiben empfohlen,
doch ist ihre Wirkung sehr unsicher. Gegen hartnäckige Formen werden Quecksilber, Arsen, Aconit mit geringem Erfolg angewendet.
Man muß sich daher darauf beschränken, das etwa beeinträchtigte Allgemeinbefinden der Kranken durch diätetische Mittel
wiederherstellen, Verdauungsstörungen zu beseitigen und den Genuß von Speisen zu untersagen, nach welchem
erfahrungsgemäß manche Personen die Nesselsucht bekommen.
Daneben führte Neßler zahlreiche agrikulturchemische Untersuchungen aus. Außer dem bekannten Neßlerschen Reagens auf Ammoniak
(Jodkalium-Jodquecksilber mit freiem Kali) und einer Konservierflüssigkeit für Pflanzenpräparate (20proz. Weingeist mit 0,1
Proz. saurem schwefligsaurem Kali) findet das Neßlersche Insektengift (Tabakspulver 30 g mit heißem
Wasser übergossen und abfiltriert, dann 40 g Fuselöl, 30 g Seife, 200 ccmWeingeist zugesetzt und mit Wasser auf 1 Lit. verdünnt)
häufige Verwendung.
Seit Mitte der 60er Jahre beschäftigte sich Neßler vorzugsweise mit Versuchen und Untersuchungen über Weinbau, Weinbehandlung
und Erkennung von Verfälschungen des Weins. Er schrieb: »Der Wein und seine Bestandteile« (2. Aufl., Chemn.
1866);
endlich 1885 »Der Trompeter von Säckingen«
folgten, welch letztere Oper in ganz Deutschland
[* 58] großen Beifall gefunden hat. Von seinen kleinern Kompositionen
sind hervorzuheben die
¶
jede von Tieren zum Schutz der auszubrütenden und heranwachsenden Jungen hergerichtete Wohnstätte. Nestbau findet
sich bei mehreren Tierklassen. Sämtliche Spinnen
[* 63] verfertigen Nester; manche, wie die Kreuzspinne, hüten sie; andre, wie die
Laufspinnen, schleppen sie mit sich herum. Bekannt ist der Nestbau des Männchens eines unsrer gemeinsten Fische,
[* 64] des Stichlings.
Von den höhern Tieren bauen einige SäugetiereNester (unter den Nagern z. B. das Eichhörnchen), ganz allgemein
aber thun es die Vögel,
[* 65] wenngleich in sehr verschiedener Vollendung. So scharren z. B. die Großfußhühner (Megapodiidae,
in Australien
[* 66] und Polynesien) Moderhaufen zusammen, vergraben die Eier
[* 67] darin und überlassen die Ausbrütung der von dem Fäulnisprozeß
hervorgebrachten Wärme;
[* 68] äußerst kunstvoll ist dagegen das Nest der Webervögel (Ploceidae) und Beutelmeisen
(Aegithalinae), indem es aus einem an schwankendem Zweig über dem Wasserspiegel befestigten Beutel
[* 69] besteht, oder dasjenige
des Siedelwebers (Ploceus socialis), bei welchem ein von vielen Vögeln errichtetes gemeinschaftliches Dach
[* 70] als Schutz für die
gesonderten Nester dienen muß.
dünner lederner Riemen oder Schnur, am Ende mit einer Art Nadel, Stift oder Beischlag zum Einsenken, Durchstecken
oder Einschnüren versehen (auch Senkel genannt). Daran knüpft sich der Volksglaube vom Nestelknüpfen, der vorgeblichen
Kunst, durch allerhand Manipulationen, namentlich Knüpfen von Knoten und Verschlingungen der Finger, eine Entbindung zu verhindern,
jemand zeugungsunfähig zu machen u. dgl.
(Ligatura Neonymphorum), ein uralter, weitverbreiteter Aberglaube, der Sage nach schon bei der Entbindung der Alkmene vom Herakles
durch die eifersüchtige Hera
[* 71] versucht. Das Nestelknüpfen wurde schon vor Erlassung des SalischenGesetzes für ein schweres
Verbrechen erachtet und auf dem Konzil zu Regensburg
[* 72] mit der Strafe der Enthauptung bedroht (s. Zauberknoten).
Über den Ursprung desselben vgl. Schwartz, Poetische Naturanschauungen etc., Bd. 1 (Berl.
1864).
im griech. Mythus
Sohn des Neleus, war von allen seinen Geschwistern der einzige, welcher
der Vernichtung durch Herakles entging (s. Neleus), weil er damals zu Gerenia in Messenien erzogen wurde. Er ward Fürst von Pylos,
nahm teil am Kampf der Lapithen gegen die Kentauren, an der kalydonischen Jagd und am Argonautenzug, besiegte die Arkadier, unternahm
einen beutereichen Rachezug gegen die Eleer und führte als Greis die Pylier und andre Stämme in 90 Schiffen
nach Troja,
[* 74] wo er sich nicht bloß als Held, sondern auch durch weisen Rat und Beredsamkeit auszeichnete. Nach TrojasFall kehrte
er glücklich nach Pylos heim, wo ihn später Telemach besuchte, um von ihm Kunde über seinen Vater zu erhalten.
Nach ihm nennt man einen bejahrten erfahrenen Mann, auch das älteste Mitglied einer Körperschaft einen Nestor.
der älteste Chronist, welcher in slawischer Sprache schrieb, geb. 1066 zu Kiew,
[* 75] gestorben daselbst alsMönch
um 1130, begann 1113 seine Chronik zu schreiben, welche einen historischen Rückblick auf die Weltgeschichte von ihrem
Anfang bis zu dem genannten Jahr enthält und in ihren letzten Teilen eine der wertvollsten Quellen für slawische Geschichtsforschung
bildet. Die erste Ausgabe wurde 1767 zu Petersburg von der ArchäologischenGesellschaft veranstaltet, welcher zu diesem Zweck 53 verschiedene
Abschriften zu Gebote standen.
Partei innerhalb der orientalischen Kirche, genannt nach ihrem angesehensten Führer, Nestorius. Derselbe
war Presbyter in Antiochia gewesen und 428 zum Patriarchen von Konstantinopel
[* 77] erhoben worden. Sofort machte man es ihm zum Vorwurf,
daß er lehrte, das Göttliche und das Menschliche in Jesus habe auch nach der Vereinigung zu Einer Person
sein eigentümliches Wesen bewahrt, und man dürfe daher Maria nicht als Gottesgebärerin, sondern nur als Christusgebärerin
bezeichnen.
Philosophie und Medizin übten sie vorzeiten eine kulturhistorische Mission, und manche von ihnen bekleideten während der arabischen
Herrschaft sogar hohe Stellen im Staat. Erst Tamerlan zerstörte die nestorianische Kirche in fast ganz Asien,
[* 82] so daß sich die
Reste in die GebirgeKurdistans zurückzogen. Dagegen begannen schon unter Alexander III., Innocenz IV. und
Nikolaus IV. die Unionsversuche mit der römischen Kirche, infolge welcher die Nestorianer 1551 über die Wahl eines neuen Bischofs unter
sich zerfielen.
JohannNepomuk, Komiker und Possendichter, geb. zu Wien, studierte die Rechte, wandte
sich aber 1822, mit einer schönen Baßstimme ausgestattet, zur Bühne und debütierte 1821 am Hofoperntheater als Sarastro
in der »Zauberflöte« so glücklich, daß er sogleich ein Engagement erhielt. Nach zwei Jahren ging er als erster Bassist an
das Theater
[* 84] zu Amsterdam,
[* 85] 1824 nach Brünn
[* 86] und 1826 nach Graz,
[* 87] wo er seine Thätigkeit bald ausschließlich
auf das komische Fach beschränkte und besonders durch glückliches Extemporieren der Liebling des Publikums wurde. 1831 erhielt
er ein Engagement für das Theater an der Wien zu Wien, und 1854 übernahm er das Carl-Theater. Er starb in Graz, wohin
er sich das Jahr zuvor zurückgezogen hatte. Nestroy war als Schauspieler ein origineller, derb humoristischer
Charakterzeichner.
Als Theaterdichter hatte er sich bereits 1827 in Graz versucht; in Wien trat er 1832 zuerst mit dem »Gefühlvollen Kerkermeister«,
einer parodierenden Posse, dann mit »Nagerl und Handschuh« hervor, welch letzteres Stück eine lange Reihe von Wiederholungen
erlebte. Bald folgte »Zamperl«, eine Opernparodie, und nun hatte Nestroy ein
Ziel: er wandte sich mit derbem Realismus und der Karikatur gegen alle Tragik und Sentimentalität, daher auch namentlich gegen
Raimund und seine Geisterwelt.
Sein Erstlings- und Hauptwerk in dieser Richtung war die Posse »Der böse Geist Lumpacivagabundus« (1833),
die
ihren Weg über alle Bühnen machte und sich bis jetzt auf dem Repertoire erhalten hat. Jetzt schritt Nestroy mit originellen neuen
Possenstücken, wie: »Eulenspiegel«, »Zu ebener Erde und im ersten Stock«, »Glück, Mißbrauch und Rückkehr«, »Die verhängnisvolle
Faschingsnacht«, »Der Talisman«, »Mäd'l aus der Vorstadt«, »Tritsch-Tratsch«,
»Einen Jux will er sich machen« u. a., von Erfolg zu Erfolg. Von spätern
Stücken sind »Der Zerrissene«, »Unverhofft«,
»Der Unbedeutende«, »Nur Ruhe«, »Die Freiheit in Krähwinkel« (1848),
ferner die Parodie »Judith und Holofernes«, »Kampl«, »Weiß
man's denn?«, »Umsonst« etc. (zumeist
im »Wiener Theaterrepertoire« abgedruckt) hervorzuheben.
Vgl. »Aus Nestroy Citate und Kernsprüche« (3. Aufl., Wien 1885).
Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Prachatitz, unweit der BahnWien-Eger, Sitz
eines Bezirksgerichts, hat 2 Kirchen, ein Stadthaus, bedeutende Pferdemärkte und (1880) 2964 Einw.
Ehemals von Protestanten bewohnt, wurde der Ort 1619 von den Kaiserlichen zerstört und die Bevölkerung
[* 91] niedergemacht.
Kaspar, Maler, geb. 1639 zu Heidelberg, Sohn des Bildhauers Johann Netscher, kam schon als Kind nach Holland, widmete
sich erst als Adoptivsohn eines Arztes in Arnheim dem Studium der Medizin, sodann aber bei Koster, einem Stilllebenmaler zu Utrecht,
[* 93] und bei Terborch zu Deventer der Kunst. Nach kurzem Aufenthalt in Frankreich (Bordeaux)
[* 94] ließ er sich 1668 im
Haag nieder, wo er starb. Netscher malte nach dem Vorbild Terborchs meist Genrebilder aus dem Leben der höhern Stände,
aber auch Kücheninterieurs und Schäferstücke, ferner Bildnisse, mythologische und geschichtliche Bilder
in feiner, emailartiger Behandlung, die sich oft in manierierte Glätte verliert. Seine Bilder sind sehr zahlreich und fast
in allen Galerien vorhanden. Eine größere Zahl seiner Kabinettsstücke besitzt die DresdenerGalerie (Dame am Klavier, ärztlicher
Besuch, Harfenspielerin). - Auch seine SöhneTheodor, geb. 1661 zu Bordeaux, gest. 1732 in Hulst, und Konstantin,
geb. 1668 im Haag, gest. 1722 daselbst, waren Maler, letzterer besonders Bildnismaler.
Joachim, Bürger von Kolberg,
[* 98] geb. daselbst, Sohn eines Brauers, befuhr von
seinem 15. bis zum 45. Jahr fast alle europäischen Meere, die westindischen Gewässer und die Küste von Guinea. Bei der Belagerung
seiner Vaterstadt im Siebenjährigen Krieg machte er sich als Bürgeradjutant um dieselbe verdient, und 1770 stand er kurze
Zeit in preußischen Seediensten. 1783 ließ er sich zu Kolberg als Branntweinbrenner nieder und ward bald darauf zum Bürgerrepräsentanten
der Stadt erwählt, welches Ehrenamt er bis zur Einführung der neuen Städteordnung 1809 bekleidete. In weitern Kreisen bekannt
ward er aber erst seit 1807, wo die Anstrengungen des beinahe 70jährigen Greises, sein Mut,
¶
mehr
seine Erfahrung, seine Ratschläge und seine Opferwilligkeit hauptsächlich das von den Franzosen belagerte Kolberg retteten.
Im guten Einvernehmen mit der Bürgerschaft und in Verbindung mit seinem FreundSchill bildete er vom Anfang der Belagerung an
durch Vorstellungen und selbst Drohungen der Unentschlossenheit und dem vorurteilsvollen Dünkel des Festungskommandanten,
Obersten v. Loucadou, gegenüber ein wirksames Gegengewicht wodurch allein
dieser zu Maßregeln, welche den Fall des Platzes verhüteten, gezwungen wurde.
Seinem schriftlichen Gesuch beim König verdankte die Stadt die Zusendung eines neuen tüchtigen Befehlshaber, des MajorsGneisenau, dem Nettelbeck sofort als Bürgeradjutant zur Seite trat. In dieser Stellung leitete er die Überschwemmungen,
das Löschwesen, die Verproviantierung der Truppen und wußte die Eintracht zwischen der Bürgerschaft und der Besatzung sowie
den Mut und die Ausdauer beider aufrecht zu erhalten. Nachdem infolge des Abschlusses des Waffenstillstandes zu Tilsit
[* 100] die Belagerung
aufgehoben war, ehrte ihn sein König unter anderm durch Erteilung der Erlaubnis, die preußische Marineuniform
zu tragen, und 1817 bewilligte er ihm eine lebenslängliche Pension von 200 Thlr. Nettelbeck starb in Kolberg. Seine sehr
interessante Lebensbeschreibung, von ihm selbst aufgezeichnet, gab Haken (Leipz. 1821 bis 1823, 3 Bde.; 4. Aufl.
1878) heraus.
das nach Abzug der Produktionskosten, Spesen, des Gewichts der Umhüllung etc.
Übrigbleibende, dem Brutto (s. d.) entgegengesetzt. So ist Nettoertrag der Ertrag einer Einnahmequelle nach Abzug der Kosten
der Gewinnung des Bruttoertrags, Nettopreis der Preis, von dem der Rabatt bereits abgezogen ist, oder bei welchem überhaupt
kein solcher gegeben wird, reiner, genauer Preis, im Buchhandel der Preis, zu welchem der Verleger dem Sortimentshändler
seine Verlagsartikel abläßt (abgekürzt: n, während n.n = netto-netto), Nettogewicht das Gewicht der Ware ohne Emballage etc.
Über Nettobudget (Nettoetat) vgl. Budget (S. 598). Über Nettotara s. Tara.
aus weiten Maschen bestehendes Gestrick, dessen man sich beim Fang von Fischen und Wild bedient (über die Netze,
welche zum Fischfang benutzt werden, s. Fischerei);
[* 101]
in der Geometrie eine in eine Ebene gezeichnet
[* 99]
Figur, welche die Oberfläche
eines Körpers darstellt und so beschaffen ist, daß sie, um den Körper gelegt, denselben genau umschließt;
bei der Land- und Feldmeßkunst die im Innern einer aufzunehmenden Gegend mit zuverlässigen Instrumenten genau bestimmten
Punkte und ihre durch gerade Linien angegebenen Entfernungen voneinander;
auf Zeichnungen in gleichen Entfernungen
gezogene und einander rechtwinkelig durchschneidende gerade Linien zur Erleichterung des genauen Nachzeichnens.
Solche Netzbrüche fühlen sich teigig, oft strangartig an, haben eine mehr cylindrische Gestalt mit
breiterer Basis, entwickeln sich langsam, sind schwer zurückzubringen, und es wird dabei nicht das Gurren gehört, welches
bei der Zurückbringung gashaltiger Darmschlingen vernommen wird. Der Netzbruch verursacht lästiges Ziehen am Magen, aber
nicht leicht so gefährliche Zufälle wie die Einklemmung andrer Brüche. Bei der Tuberkulose des Netzes wird
die zarte Haut zu einem dicken, wurstförmigen Strang zusammengerollt und ist meist schon durch die Bauchdecken hindurch zu
fühlen. Zuweilen entstehen im N. Einrisse und Spaltbildungen, durch welche Darmschlingen hindurchtreten und so einer Verschlingung
anheimfallen können.
schiffbarer rechter Nebenfluß der Warthe in Preußen,
[* 106] entsteht aus zwei Quellflüssen, der
Montwey und Netze, von denen letztere, erst in neuerer Zeit so benannt, ihren Ursprung in dem Skorzenciner See zwischen Powidz
und Wittkowo hat, jene bei Kruschwitz dem Goplosee entfließt, in den sie in Polen als Notez eintritt. Beide vereinigen sich
im Trlonger See, aus dessen Nordende bei Pakosch die Netze austritt. Diese fließt in nordwestlicher Hauptrichtung
bis Nakel, wo sie schiffbar wird, speist dann den zur Brahe und durch diese zur Weichsel führenden BrombergerKanal
[* 107] und durchfließt
in westsüdwestlicher Hauptrichtung das moorgrundige, aber urbar gemachte
¶