Stoffes nach rückwärts bis zum letzten
Stiche geht, dicht an demselben durchsticht und auf der Unterseite des
Stoffes wieder
einige
Fäden vorwärts geht. Er gibt die festeste
Naht und wird daher hauptsächlich beim Wäschenähen angewendet. Mit überwendlichen
Stichen kann man nur entweder zwei Webekanten oder zwei gesäumte Schnittkanten verbinden. Man legt
beide
Kanten aufeinander und sticht, ein bis zwei
Fäden tief, durch beide hindurch. Bei der Hohlstichnaht werden einige Längsfäden
aus dem
Stoff gezogen und die stehen bleibenden Querfäden in
Gruppen von je zwei, drei oder mehr geteilt und durch Seitenstiche
befestigt.
Mit Stiel-, Fischgräten-,
Hexen- und
Kettenstich werden besonders Verschönerungs- oder Ziernähte ausgeführt.
Aus
Naht und
Saum zusammengesetzt sind die französische und die Kappnaht. Bei beiden werden erst zwei Schnittkanten durch
Steppstiche miteinander verbunden, dann beide Schnittkanten nach derselben Seite umgebogen, bei der französischen
Naht eingebogen
und mit
Steppstichen, bei der Kappnaht fest eingerollt und mit Saumstichen auf den einen Stoffteil genäht.
Vgl. Hillardt, Das Nähen (3. Aufl.,
Wien
[* 2] 1887).
(Retrakt,
Einstand, Geltung,Losung, Nähergeltung, Zugrecht), das einer
Person (dem Retrahenten oder Nähergelter)
zustehende
Recht, in den
Vertrag, welchen ein
Grundeigentümer mit einem Dritten über den Verkauf eines
Grundstücks an den
letztern abgeschlossen, dergestalt einzutreten, daß derKäufer dieses
Grundstück an jene
Person gegen
Erstattung des Kaufpreises abzutreten verbunden ist. Der älteste
Fall, in welchem das heutzutage fast gänzlich unpraktische
Näherrecht zur Anwendung kam, ist die sogen.
Erblosung (Retractus gentilitius), nämlich dasjenige Näherrecht, welches den gesetzlichen
Erben
des Verkäufers in Ansehung eines sogen. Erbguts zustand, d. h.
eines von den beiderseitigen Vorfahren ererbten
Gutes.
Diesem sind dann verschiedene
Arten des Näherrechts nachgebildet worden, so die
Mark- oder
Landlosung
(Territorialretrakt, Bürgerretrakt,
Retractus
ex jure incolatus), das Näherrecht der Gemeindeangehörigen für den
Fall, daß ein in der Gemeindeflur gelegenes
Grundstück
an ein Nichtgemeindemitglied verkauft worden;
ferner das dem Anlieger einesGrundstücks bei dessen Verkauf
an einen andern gegebene Nachbarnrecht
(Nachbarlosung, Retractus
ex jure vicinitatis);
das Ganerbenrecht
(Kondominalretrakt, Retractus
ex jure condominii), welches den Miteigentümern eines
Grundstücks in Ansehung ihrer
Anteile daran wechselseitig zustand;
endlich der dem Lehnsherrn und dessen
Agnaten bei
Veräußerungen
des Lehnsguts durch den
Vasallen eingeräumte Lehnsretrakt (Retractus feudalis).
In allen diesen
Fällen konnte aber das Näherrecht nur
vermöge eignen
Rechts geltend gemacht werden, eine
Zession desselben war nicht zulässig; auch konnte das
Näherrecht nur gegen Erstattung des Kaufpreises, der Kaufkosten und des etwanigen Aufwandes, welchen der
Käufer bereits auf das
Grundstück
gemacht, ausgeübt werden. Die Verzichtleistung des Nähergelters auf das Retraktsrecht, als welche auch das
Ausschlagen des
zum Verkauf angebotenen
Gutes oder die Einwilligung in dessen
Veräußerung
anzusehen war, hob dasselbe auf,
und ebenso erlosch es nach gemeinem
Recht, wenn der Retraktberechtigte, nachdem er die geschehene
Veräußerung des
Grundstücks
erfahren, binnen Jahr und
Tag, d. h. binnen einer
Frist von 1 Jahr, 6
Wochen und 3
Tagen, sein Näherrecht nicht geltend machte. Die moderne
Gesetzgebung hat das Näherrecht, welches nur zu oft zu prozessualischen Verwickelungen Veranlassung
gab, bis auf wenige Überreste beseitigt.
Vgl. außer den Lehrbüchern des deutschen
PrivatrechtsWalch, Das Näherrecht (3. Aufl.,
Jena
[* 3] 1795).
eine
Maschine
[* 9] zur Herstellung von
Nähten auf mechanischem Weg zum Zusammennähen
von
Stoffen wie auch zur Hervorbringung von
Verzierungen auf der Stoffoberfläche. Bei allen in
Gebrauch
befindlichen Nähmaschinen erfolgt die Stichbildung durch eine kräftige
Nadel mit nahe an der
Spitze befindlichem
Öhr, indem
diese den zu nähenden
Stoff von
oben nach unten durchsticht, nach Erreichung einer gewissen tiefsten
Stellung sich wieder hebt
und dadurch, daß der
Faden
[* 10] in dem Stichloch eine
Reibung
[* 11] erleidet und zurückgehalten wird, die
Bildung
einer
Schleife oder
Schlinge veranlaßt (Textfig. 1), welche, durch eine
Spitze oder einen
Haken erfaßt, zu weitern, je nach
der zu erzeugenden Stichart und dem Maschinensystem verschiedenen
Operationen zurückgehalten wird.
Die Auf- u. Abwärtsbewegung der
Nadel vermittelt ein vertikaler
Schieber, der über der Nähstelle in einemArm,
gewöhnlich durch eine Schlitzkurbel, die gesetzmäßige
Bewegung erhält.
Drei Sticharten haben sich für Maschinennähte
allein praktisch erwiesen: der Doppelsteppstich, der
Ketten- oder Tamburierstich und der Knotenstich. Die Anwendung andrer,
meist weniger einfacher
Stiche ist entweder auf den
Versuch beschränkt geblieben, oder hat
nur für gewisse Spezialzwecke Benutzung
erfahren.
Letzteres gilt in gewissem
Sinn selbst von dem Knotenstich, welcher jetzt fast ausschließlich
zu Ziernähten gebraucht wird.
Der Doppelsteppstich (Textfig. 2) ist nach dem gleichartigen Aussehen der
Naht benannt, welche auf beiden Seiten des
Stoffes
als eine schöne Steppnaht
erscheint. Derselbe vereinigt die Vorzüge großer Einfachheit, Festigkeit
[* 14] und Elastizität mit geringem Fadenverbrauch, welcher
nur ungefähr das 2½fache der Nahtlänge beträgt. Er ist deshalb auch längst als der vorzüglichste Nähmaschinenstich
anerkannt und weitaus am meisten in Gebrauch gekommen. Die Herstellung dieses Stiches erfolgt immer mittels zweier Fäden, eines
Oberfadens und eines Unterfadens, und zwar in der Weise, daß durch die Schlinge
[* 13]
(Fig. 1), welche sich
unterhalb des Stoffes gebildet hat, der aufgespulte Unterfaden hindurchgeführt wird und beim Anziehen der Schlinge des Oberfadens
das vollständige Zurückgehen desselben hindert, wodurch die aus
[* 13]
Fig. 2 ersichtliche Kreuzung des Ober- und Unterfadens in der
Mitte des Stoffes bewirkt wird. Die Art und Weise, wie das Hindurchführen des Unterfadens durch die Schlinge
geschieht, bildet den charakteristischen Unterschied der verschiedenen den Doppelsteppstich nähenden Maschinensysteme. Der
nächstliegende Gedanke war der, den Unterfaden, auf einer kleinen Spule aufgewickelt, in ein Schiffchen (s. Tafel,
[* 13]
Fig. 3)
zu legen und dieses wie nach Art der Weberschütze durch die Schlinge des Oberfadens hindurchzuschießen.
Schon die ersten von Erfolg gekrönten Nähmaschinen benutzten dieses Prinzip, und noch heute haben die Schiffchenmaschinen,
welche zuerst von der Singerschen Nähmaschinenfabrik in New York so vollkommen konstruiert wurden, daß die Singer-Nähmaschine typisch
geworden ist, die weiteste Verbreitung, insbesondere auch deshalb, weil dieses System sich sowohl für
leichte als schwere Näharbeit, z. B. in Leder, Filz u. dgl., eignet. Zur Bildung des Stiches gelangt hierbei die Nadel zunächst,
den Stoff durchdringend, bis in ihre tiefste Stellung, macht dann zur Bildung der Schlinge eine kurze Aufwärtsbewegung, verharrt
in dieser Stellung, um das Schiffchen passieren zu lassen, und steigt endlich rasch in die höchste Stellung,
um nach sofortiger Vorrückung des Stoffes um die Stichlänge das Spiel von neuem zu beginnen.
Damit das Schiffchen durch die Schleife schlüpfen kann, darf dasselbe bei seiner Bewegung nicht mit andern Maschinenteilen
fest verbunden sein; es liegt vielmehr lose in dem Schiffchenkorb, welcher auf verschiedene Weise, am
einfachsten mittels Kurbel
[* 15] und Schubstange (s. Tafel,
[* 13]
Fig. 4), hin und her bewegt wird.
Man erkennt hier in h den Schiffchenkorb mit dem Schiffchen s, das an der vertikalen Wand hin- und hergeht, wenn der Korb zwischen
den Gleitschienen m, durch die Schubstange g von der Kurbel k angetrieben, hin- und hergleitet. - Statt
des Schiffchens dient ebenfalls außerordentlich häufig zum Durchbringen des zweiten Fadens durch die Schleife der sogen. Greifer,
eine Erfindung des Amerikaners Wilson, der mit Wheeler zusammen hierauf das Wheeler-Wilson-Nähmaschinensystem oder Greifersystem
begründete. Der Unterfaden ist hier auf einer aus zwei gebogenen Stahlplatten bestehenden Spule
[* 13]
(Fig.
5) aufgewickelt, welche, mit etwas Spielraum in einem Lager
[* 16] liegend, keine ausgesprochene Bewegung macht, sondern sich nur
nach Maßgabe des
Fadenverbrauchs etwas drehen kann, während ein rotierender Haken, Greifer, auch wohl rotierendes Schiffchen
genannt
[* 13]
(Fig. 6), die Schlinge des Oberfadens, welche sich unterhalb des Stoffes gebildet hat, erfaßt
und in höchst eigentümlicher Weise so bewegt und ausdehnt, daß sie über die ruhende Spule hinweggeführt wird, was offenbar
denselben Erfolg hat, als wäre die Spule durch die Schlinge geführt worden. Zur Veranschaulichung dieses Vorganges dienen
die Figuren 6-9. In der ersten Stellung
[* 13]
(Fig. 6) dringt soeben die Spitze d des Greifers e durch die Schlinge
und verhindert sie, der aufwärts steigenden Nadel zu folgen. Im Innern des Greifers liegt die Spule a
[* 13]
(Fig. 7), welche in
[* 13]
Fig. 6 zur bessern Darstellung der Form des Greifers herausgenommen ist.
Durch einen in den Figuren ebenfalls weggelassenen Vorsetzer, Brille
[* 17] genannt
[* 13]
(Fig. 18 M), wird die Spule
vor dem Herausfallen gesichert. In
[* 13]
Fig. 7 ist durch die Drehung des Greifers die Schlinge so weit mitgenommen, daß der Teil
b derselben, durch die Form des Greifers gezwungen, sich hinter die Spule gezogen hat, während der ursprünglich
hinter dem Greifer liegende Teil c durch die Nute e, in welche er sich bei der Drehung hineinlegt, nach vorn, also auch vor
die Spule geführt wird.
In der Stellung
[* 13]
Fig. 8, in welcher die Schlinge schon zum größten Teil über die Spule hinweggezogen ist, macht es sich nötig,
die Schlinge durch ein Bürstchen f zurückzuhalten, bis die Stellung
[* 13]
Fig. 6 des Greifers wieder eingetreten
ist, damit sie nicht ein zweites Mal von der Spitze des Greifers erfaßt und dann unfehlbar zerrissen werde. Diese Stellung
ist in
[* 13]
Fig. 9 wieder eingetreten; die für den nächsten Stich gebildete Schlinge wird erfaßt und die
erste Schlinge zusammengezogen, indem sie denFaden zur Erweiterung der zweiten liefert. Die Nadel hat bei dieser Maschine eine
nach dem Kurbelgesetz geregelte Bewegung, welche von einem Exzenter abgeleitet ist. Sie sitzt gewöhnlich an einem kreisbogenförmig
schwingenden Hebel
[* 18] und muß daher selbst nach diesem Bogen
[* 19] gekrümmt sein. Die Wheeler u. Wilson-Maschine
hat als Familienmaschine sehr große Verbreitung gefunden und wird auch in Deutschland
[* 20] vielfach gebaut.
Der Kettenstich (Textfig. 10) gibt auf einer Seite des Stoffes eine Steppnaht, auf der andern hingegen eine kettenartige Verschlingung
der Stiche. Er wird nur mit einem einzigen Faden hergestellt, braucht aber trotzdem an Garn das 3½-4fache
der Nahtlänge. Die Kettennaht ist sehr elastisch und fest, kann jedoch, besonders wenn ein Fehlstich entstanden ist (s.
Fig. 10, a), leicht der ganzen Länge nach aufgetrennt werden, was dieser Naht wenig Sicherheit verleiht. Die Herstellung des
Kettenstichs erfolgt in der Weise, daß, nachdem sich unterhalb des Stoffes beim Zurückgehen der Nadel die
Schlinge gebildet hat (Textfig. 1), dieselbe durch ein schwingendes oder rotierendes Häkchen
zurückgehalten wird und bei der nächsten Abwärtsbewegung der Nadel eine solche Lage einnimmt, daß sie von derselben durchstochen
werden
muß. Bei dem nunmehr erfolgenden Anziehen der Schlinge wird dieselbe durch die Nadel und später durch die nächste Schlinge
verhindert, vollständig durch den Stoff zu schlüpfen. Die am weitesten verbreitete Maschine dieser Gattung ist die von Wilcox
u. Gibbs. Bei ihr ist ein rotierender Haken in Anwendung, welcher durch die
[* 21]
Fig. 11-13 in verschiedenen
Stellungen dargestellt wird. In
[* 21]
Fig. 11 faßt soeben der Haken die Schlinge, während die Nadel sich nach aufwärts bewegt. In
[* 21]
Fig. 12 ist der Stoff um eine Stichlänge vorwärts geschoben, die Nadel beginnt wieder herabzugehen, und die Schlinge begibt
sich in die Lage, in welcher sie von der Nadel durchstochen werden kann. In
[* 21]
Fig. 13 ist letzteres bereits
geschehen, und nach einer kurzen Drehung des Häkchens tritt wieder die Stellung
[* 21]
Fig. 11 ein, in der die nächstfolgende Schlinge
erfaßt und unter gleichzeitigem Anziehen der vorigen Schlinge erweitert wird.
Der Knotenstich wird durch zwei Fäden erzeugt, von denen der Oberfaden auf der einen Seite des Stoffes
eine Steppnaht bildet, während der Unterfaden sich um und durch die unterhalb des Stoffes gebildete Schlinge des Oberfadens
windet (Textfig. 14). Die Naht wird vorzugsweise auf der Nähmaschine von Grover u. Baker hergestellt und daher häufig Grover u. Baker-Naht
genannt. Der Fadenverbrauch beträgt das 4½-6fache der Nahtlänge. Wie die Kettennaht, so läßt sich
auch diese Naht auftrennen, wenn man an dem Ende a
[* 21]
(Fig. 14) zieht. Dieser Übelstand und der starke Fadenverbrauch,
verbunden mit der beträchtlichen Komplikation der Maschine, schließen sie für die gewöhnliche Näharbeit aus, weshalb hier
auch auf die betreffenden Maschinen nicht näher eingegangen werden kann.
Die Spannung des Fadens ist auf die regelrechte Bildung der Schlinge und infolgedessen auf das Gelingen der ganzen Naht von großem
Einfluß. Es sind daher bei allen Nähmaschinen Vorkehrungen zu treffen, um dem Faden, welcher auf einem Röllchen aufgespult
zur Verwendung kommt, durch Einschaltung eines Widerstandes mehr oder weniger Spannung zu erteilen. Zu
diesem Zweck wird in der Regel der Faden zwischen zwei kreisförmigen Metallplatten s (s. Tafel,
[* 21]
Fig. 17) hindurchgeleitet, welche
durch eine Feder stärker oder schwächer gegeneinander gepreßt werden können. Auch dem Unterfaden bei den Zweifadenmaschinen
muß eine gewisse Spannung erteilt werden, was bei den Schiffchenmaschinen dadurch erreicht wird, daß
der Faden durch eine Anzahl in der Schiffchenwand befindlicher Löcher geleitet wird, ehe er das Schiffchen
[* 21]
(Fig. 3) verläßt,
bei den Wilsonschen Maschinen mit stehender Spule hingegen durch das in
[* 21]
Fig. 8 angedeutete Bürstchen f.
Der Stoffrücker
[* 21]
(Fig. 18 J), welcher dazu dient, den Stoff nach jedem Stich um dessen Länge automatisch
vorwärts zu schieben, besteht im wesentlichen aus einem unterhalb der Nähplatte liegenden und mittels einseitig stehender
Zähne,
[* 22] die durch einen Spalt der Platte hindurchreichen, auf den Stoff wirkenden Schlitten, welchem die zur Vorwärtsbewegung
des Stoffes nötige veränderliche Bewegung auf verschiedene Weise erteilt wird.
Als Beispiel sei hier nur eine der einfachsten Anordnungen, wie sie bei der Kettenstichmaschine von
Wilcox u. Gibbs ausgeführt
wird, mitgeteilt. In
[* 21]
Fig. 15 ist a der Stoffrücker, welcher mit einem länglichen Loch zur Aufnahme des an der Haupttriebwelle
sitzenden Kurbelzapfens b versehen ist, der durch seine Drehung um die Wellenachse den Stoffrücker aufwärts,
abwärts und nach links bewegt, während die Rechtsbewegung durch eine hinter dem Stoffrücker liegende Feder bewirkt wird.
Diese letztere Bewegung, welche man gewissermaßen das Ausholen des Stoffrückers nennen könnte, da bei derselben die Zähne
nicht auf den Stoff wirken, wird durch eine exzentrische Scheibe c begrenzt und zwar je nach deren Stellung
früher oder später. Entsprechend wird dann auch bei der folgenden Linksbewegung, während deren die Kurbel den obern Bogen
beschreibt, also die Zähne des Stoffrückers in den Stoff eindrückt, der Weg kleiner oder größer ausfallen.
Die exzentrische Scheibe c dient also hier zur Stichstellung. Der Zapfen
[* 23] d bildet eine zweite Führung des
Stoffrückers. Der Stoffdrücker e kann bei allen Maschinen zum Einlegen und Ausnehmen der Näharbeit bequem gehoben und gesenkt
werden. Bei der Schiffchenmaschine erfolgt die Bewegung des Stoffrückers nach
[* 21]
Figur 4 durch die Stange b c, welche bei a einen
viereckigen Rahmen besitzt, in dem sich der punktiert gezeichnete Exzenter dreht, so daß b c nicht nur hin- und hergeschoben,
sondern bei b auch gedreht wird.
Bei c tritt diese Stange in einen Einschnitt des Stoffrückers ein, der hierdurch die passende Bewegung erhält und durch die
Feder f beim Rückgang vom Zeug fern gehalten wird. Die Stichlängenveränderung findet durch Verlegung
des Drehpunktes b statt, der zu dem Zweck an dem Schieber d sitzt, welcher von einem Knopf auf der obern Fläche der Nähplatte
verschoben und festgestellt wird. Auf Tafel »Nähmaschinen« sind zwei Nähmaschinen (SystemSinger und SystemWheeler-Wilson) dargestellt,
welche sowohl in der Form als in der Einrichtung typisch geworden und geblieben sind.
[* 21]
Fig. 4 und 16 zeigen die Singer-Maschine,
[* 21]
Fig. 4 von unten,
[* 21]
Fig. 16 von der Seite gesehen. Hier
erkennt man in P die Nähplatte, in A einen hohlen Arm zur Aufnahme einer Welle, welche, bei n durch das Zahnrad
m des Handrades H angetrieben, vermittelst eines exzentrischen Zapfens die Nadelstange s vertikal bewegt. Der Faden F wickelt
sich von der SpuleG ab, wird vor derPlatte x gespannt und in die Nadel N eingefädelt. Der Knopf p sitzt an dem Stichsteller
d
[* 21]
(Fig. 4); u ist eine Vorrichtung zum Aufspulen der Schiffchenspule. Von der Achse des Handschwungrades
H wird durch ein Kegelräderpaar die Bewegung auf die vertikale Welle y
[* 21]
(Fig. 4) übertragen. Da das RadH eineNute hat, so kann
die Maschine auch durch einen Fußtritt oder eine Transmissionsschnur angetrieben werden.
[* 21]
Fig. 17 ist
die Seiten-,
[* 21]
Fig. 18 die Vorderansicht mit abgenommener Nähplatte A einer Wheeler-Wilson-Nähmaschine. Der feste
Arm B trägt den Stoffdrücker d, der durch den Knopf k gehoben werden kann. Man sieht bei E E' E'' die Welle mit dem Greifer
G, bei D den Antriebsriemen vom Fußtritt, bei M die Brille zum Festhalten der Spule und bei J J den Stoffrücker,
welcher von einer mit der Welle sich drehenden
Scheibe E'' vorwärts geschoben und gehoben, von einer Feder zurückgezogen und von dem Stichsteller K gestellt wird. Der schwingende
Nadelhebel C endlich erhält seine Bewegung von dem Exzenter E' durch die Zugstange F. Der Nähfaden f läuft von der Rolle a
über das Röllchen b und durch die Spannscheiben s zu der Nadel. Zum Bewickeln der Greiferspule dient
der Dorn E.
Der Betrieb der Nähmaschinen erfolgt durch Handrad oder Fußtritt, in Fabriken von der Transmission.
[* 25] Besonders hierfür vorgeschlagene
Motoren (gespannte Federn, Gewichte, magnetelektrische und dergleichen Maschinen) haben allgemeine Anwendung bis jetzt nicht
gefunden. Den gewöhnlichen Nähmaschinen werden in der Regel noch andre Apparate beigegeben, z. B. Säumer,
Lineal, Wattierlineal, Soutachierapparat, Bandaufnäher, Bandeinfasser, Kräuselapparat u. a.,
und dadurch ihre Leistungen bedeutend erweitert, während anderseits auch besondere Handschuh- und Knopflochnähmaschinen
konstruiert worden sind.
Unter den Knopflochnähmaschinen zeichnet sich besonders die von J. Kallmeyer in Bremen
[* 26] erfundene durch große Einfachheit
und Güte der Arbeit aus. Durch das Ausheben eines Klinkwerkes kann sie sofort in eine gewöhnliche Doppelsteppstichmaschine
verwandelt werden. Spezialmaschinen für Schuhmacher und Sattler sind in der Regel Schiffchenmaschinen, die sich nicht nur
durch größere Stärke,
[* 27] sondern oft auch durch besondere Form einzelner Teile, namentlich durch einen langgestreckten Tisch
zum Aufstecken von Schäften u. dgl., auszeichnen.
[Geschichtliches.]
Die ersten Versuche, Nähmaschinen zu konstruieren, datieren bereits auf dem Anfang dieses Jahrhunderts;
doch scheiterten dieselben, wie z. B. die der EngländerStone u. Henderson 1804, an dem einschränkenden Gedanken, die Bewegungen
bei dem Handnähen möglichst treu durch eine mechanische Hand
[* 28] nachzuahmen, und auch der Wiener Schneidermeister Madersperger,
welcher seit 1807 an dem Problem arbeitete, erzielte einen gewissen Erfolg erst 1814, nachdem er jene
drückende Fessel abgeworfen und zur Stichbildung ein Prinzip angenommen hatte, welches mit dem heutigen bereits im wesentlichen
übereinstimmte.
Einige Verbreitung fand 1829 die Nähmaschine von Thimonnier, eine Kettenstichmaschine, welche von der heutigen noch
sehr abweicht. In Amerika
[* 29] beschäftigte sich zuerst Hunt mit der Aufgabe; er erhielt 1834 ein Patent auf
eine Nähmaschine, welche jedoch noch zu unvollkommen war, um einer Verbreitung fähig zu sein. Von größerer Bedeutung
ist die Erfindung des EliasHowe, dessen Maschine, mit Schiffchen arbeitend, den sogen. Doppelsteppstich nähte und eine Maximalleistung
von 300 Stichen pro Minute gestattete.
Obgleich er 1846 ein Patent darauf erhielt, gelang es ihm doch nicht, irgend jemand für die Erfindung, deren Brauchbarkeit
jetzt außer Zweifel stand, zu interessieren, und er verkaufte seine Maschine an einen gewissenThomas mit der Erlaubnis, sie
nachbauen zu dürfen. Dieser bürgerte die Nähmaschine mit Erfolg in England ein, und während Howe in seinen Diensten
bemüht war, die Maschine noch wesentlich zu verbessern, begannen auch in Amerika mehrere Fabrikanten dieselbe nachzubauen
und ihr eine rasche Verbreitung zu verschaffen.
Erst auf dem Rechtsweg vermochte Howe nach seiner Rückkehr diese Ausbeuter seines Gedankens sich steuerpflichtig
zu machen und sich dadurch aus bitterer Not zu befreien. Von den amerikanischen Fabrikanten brachte namentlich Singer von Anfang
an bedeutende Verbesserungen an der Howeschen Maschine
an, und seine Fabrik schwang sich durch vorzügliche Herstellung und
fortgesetzte Vervollkommnungen der Konstruktion bald zur größten Nähmaschinenfabrik der Welt empor. 1874 betrug die
Produktion der Singer Manufacturing Company in New York 249,852 Stück.
Nach der Howeschen Erfindung wurden alsbald überall Nähmaschinenfabriken gegründet, und eine Verbesserung folgte der andern,
so daß es vollständig gerechtfertigt erscheint, wenn man Howe als den eigentlich bahnbrechenden Geist auf diesem Gebiet betrachtet.
Während sich nun in Amerika die Nähmaschine rasch in Fabrik undHaus Eingang verschaffte, so daß schon im J. 1863 etwa
drei Viertel aller Näharbeit in New York auf Maschinen angefertigt wurden, folgte Europa
[* 30] nur langsam nach, und noch indem zuletzt
genannten Jahr wurden in Deutschland nur in kleinen Werkstätten wenige Nähmaschinen gebaut, welche die Konkurrenz mit
den nordamerikanischen nicht aushalten konnten.
In dem genannten Jahr errichteten Pollack u. Schmidt die erste deutsche Nähmaschinenfabrik in Hamburg,
[* 31] welcher bald andre groß
angelegte Fabriken in allen größern deutschen Städten folgten. Gegenwärtig ist auch bei uns die Nähmaschinenindustrie
hoch entwickelt und liefert zum Teil bessere Maschinen als Amerika, wenn auch von dort noch viele Maschinen
nach Deutschland eingeführt werden. Die Gesamtproduktion der Vereinigten Staaten
[* 32] bezifferte sich 1875 auf 528,695 Stück, davon
fast die Hälfte (249,852) Singersche und 103,740 Stück nach Wheeler u. WilsonsSystem.
Vgl. Herzberg, Die Nähmaschine, ihr Bau und ihre
Benutzung (Berl. 1863);
Richard, Die Nähmaschine (2. Aufl., Hannov.
1880).
feine Lederriemen zum Zusammennähen der Treibriemen. ^[= (Transmissionsriemen), bandförmige Riemen zum Betrieb der Riemenräderwerke (s. d.). Das beste ...]
diejenigen Substanzen, welche der Organismus zu seinem
Aufbau und als Ersatzmaterial für die im Stoffwechsel verbrauchten Körperbestandteile aufnimmt. Bei den nicht parasitisch
lebenden Pflanzen kommen als Nahrungsmittel nur Kohlensäure, Wasser, Ammoniak, Salpetersäure und einige mineralische Salze in Betracht. Aus
diesen einfachen Verbindungen bildet die Pflanze die große Mannigfaltigkeit der organischen Substanzen,
aus welchen ihre Trockensubstanz besteht. Das Tier besitzt das Vermögen, aus unorganischem Material organische Substanzen zu
bilden, nicht, es ist also direkt oder indirekt auf die Ernährung durch Pflanzensubstanz angewiesen, denn der Fleischfresser
verzehrt nur die in tierische umgewandelte vegetabilische Substanz.
Eine Betrachtung der Tafel, welche die prozentische Zusammensetzung der wichtigsten Nahrungsmittel angibt, zeigt, wie manche Vorurteile
über Wert und Unwert von Nahrungsmitteln durch die chemische Analyse beseitigt werden. Den Gehalt der Nahrungsmittel an
Eiweißkörpern bestimmte man seither durch Ermittelung des Stickstoffgehalts, indem man annahm, daß der Stickstoff in den
Nahrungsmitteln nur in Form von Eiweißkörpern (die man dem entsprechend auch als Stickstoffsubstanz bezeichnete) vorhanden
sei. Man hat nun aber gefunden, daß ein oft beträchtlicher Teil des Stickstoffs sogen. Amidosubstanzen zukommt, deren Bedeutung
für die Ernährung jedenfalls eine andre ist als die der Eiweißkörper. In denKartoffeln sind 44,7, in
Kohlrüben 41,9 Proz. des Gesamtstickstoffs in Form von Nichteiweiß
vorhanden.
Die in den Körper eingeführten Nahrungsmittel unterliegen der Einwirkung der Verdauungssäfte und werden durch dieselben
mehr oder minder leicht und vollständig gelöst und umgewandelt, d. h.
verdaut. Hierbei verhalten sich aber die einzelnen Nahrungsmittel sehr verschieden, reines Fleisch wird fast gänzlich verdaut, Brot
[* 43] ist
schon weniger verdaulich, Gemüse, wenn sie nicht in sehr jugendlichem Zustand genossen werden, in noch geringeren Grade, die
Schalen der Körner und Hülsenfrüchte sind ganz unverdaulich.
Die chemische Zusammensetzung der Nahrungsmittel gibt also kein zutreffendes Bild von dem Werte derselben, wenn sie
nicht erkennen läßt, wieviel von der vorhandenen Stickstoffsubstanz, den Kohlehydraten etc. verdaut, vom Körper ausgenutzt
wird. In dieser Hinsicht sind unsre Kenntnisse noch unzureichend. Untersuchungen, welche über die Ausnutzung der wichtigsten
Nahrungsmittel angestellt wurden, ergaben, daß bei mehrtägigem ausschließlichen Genuß einer Speise von deren Trockensubstanz
durch die Exkremente entleert wurden: bei Weißbrot 3,7 und 5,2, bei Reis 4,1, bei Maccaroni 4,3 und 5,7, bei Fleisch 4,7 und
5,6, bei Eiern 5,2, bei gemischter Kost 5,5, bei Milch mit Käse 6,0 und 11,3, bei Milch allein 7,8 und 10,2, bei
Fett 6,7 und 9,4, bei Erbsen 9,1 und 14,5, bei Kartoffeln 9,4, bei Wirsingkohl 14,9, bei grünen Bohnen und Schwarzbrot je 15,
bei gelben Rüben 20,7 Proz. Diese Zahlen geben Andeutungen, welche im allgemeinen den Erwartungen entsprechen, die man von der
Ausnutzung der einzelnen Nahrungsmittel hegt; sie sind aber keineswegs als abschließend und allgemein
gültig aufzufassen, sondern bedürfen nach mancher Richtung hin einer Interpretation, weil bei der Bildung der Exkremente Verhältnisse
mitsprechen, die wohl mit der Zusammensetzung der Nahrungsmittel, aber nicht mit ihrem Wert, mit ihrer Ausnutzbarkeit etwas zu thun haben.
Eine erhebliche Bedeutung für die Ausnutzung der Nahrungsmittel hat die Zubereitung. Bei tierischen
Nahrungsmitteln tritt der Einfluß der Zubereitung weniger hervor. Durch zu starkes Braten, durch Auskochen des Fleisches mit
viel Wasser kann manches verdorben werden, im allgemeinen verdaut der normale Organismus tierische Substanzen ebenso im rohen
Zustand wie im gekochten. Auch die Zerkleinerung (Würste) scheint nicht
von Bedeutung zu sein, sofern
nur der Kauapparat normal funktioniert.
Außerordentlich wesentlich ist dagegen die Zubereitung, insofern sie die tierischen Nahrungsmittel schmackhaft und
damit auf die Dauer genießbar macht. Hierbei kommen besonders Veränderungen der Konsistenz und des Geschmacks durch Bildung
eigenartiger Substanzen bei der Zubereitung (Aroma des Bratens) in Betracht. Bei den pflanzlichen Nahrungsmitteln
werden durch die Zubereitung die Zellen gesprengt und ihr Inhalt der Einwirkung der Verdauungssäfte zugänglich gemacht, das
Stärkemehl wird zur Quellung gebracht und in Modifikationen umgewandelt, welche im Gegensatz zum rohen Stärkemehl durch die
Verdauungsfermente angegriffen werden.
Tierische Nahrungsmittel werden durch Kochen wasserärmer, vegetabilische dagegen wasserreicher und zwar so, daß im
zubereiteten Zustand Fleisch weniger Wasser enthält als vegetabilische Speisen. Letztere sind daher bei gleichem oder ähnlichem
Nährstoffgehalt ungleich voluminöser als Fleischspeisen. Sehr wesentlich ist auch der Umstand, daß durch das Kochen gewisse
schädliche Bestandteile der Nahrungsmittel, namentlich Parasiten (Finnen, Trichinen), unschädlich gemacht werden.
Die Nahrungsmittel wirken je nach ihrer chemischen Zusammensetzung verschieden auf die Verdauung und Ernährung, da
diese beiden im wesentlichen ebenfalls chemische Prozesse sind. Mithin ist klar, daß der Stoffwechsel durch die Wahl der Nahrungsmittel bedeutend
beeinflußt wird. Unter diesem Einfluß steht natürlich auch das Nervenleben, und es ist ja allgemein bekannt, wie verschieden
eine entgegenstehende Schwierigkeit beurteilt wird, je nachdem man sich vorher mit gedeihlicher Kost gesättigt
oder seit längerer Zeit gefastet hatte.
SchlechteNahrung sättigt auch, aber der Genuß von guter Kost gewährt eine Befriedigung, welche dem Gedankengang einen unverkennbaren
Stempel aufdrückt. Kraft
[* 44] und Mut sind die Folgen einer vollkommenen Ernährung; dauernder Mangel macht kleinmütig,
feig und schwach. Vegetabilische Kost macht träge, Fett erweckt das Bedürfnis nach kräftiger Bewegung, und wenn man dies alles
zusammenfaßt und zahlreiche Erfahrungen des gewöhnlichen Lebens hinzunimmt, so unterliegt es keinem Zweifel, daß auch von
den Nahrungsmitteln die geistige Thätigkeit abhängig ist.
Wird aber eine gewisse Ernährungsweise sehr lange Zeit hindurch fortgesetzt, so muß ihre Wirkung sich
unverwischbar ausprägen, und wenn sie durch Generationen hindurch fortdauert, so wird der Charakter wesentlich verändert
werden. Wo sich dergleichen aber bei ganzen Volksschichten zeigt, da beobachtet man den Einfluß der Ernährung auf den Volksgeist,
und ganz gewiß beruht die Verschiedenheit der Hindu und der Gauchos, der englischen Maschinenbauer und
der schlesischenWeber wesentlich mit auf deren abweichender Ernährung.
Stärkesirup, Butter mit Kunstbutter versetzt. Die Fälschungen von Wein (Unterschiebungen geringerer Sorten und Gemische, Färbungen,
Zusatz von Spiritus
[* 50] etc.) und Bier sind allgemein bekannt, es wird sehr viel mehr Madeira, Médoc etc. getrunken, als die betreffenden
Weingegenden produzieren, und reiner Rum, Arrak ist eine Seltenheit im Handel. Kaffeebohnen und Theeblätter
werden gefärbt, letztere auch durch Pulver beschwert oder mit bereits benutzten und wieder getrockneten Theeblättern gemischt,
gemahlener Kaffee wird mit Kaffeesatz, Sand, Zichorie, gebranntem Getreide
[* 51] gemischt, Kakao und Schokolade enthalten oft bedeutende
Mengen von Stärke, Mehl, Talg, Ocker, Kalk etc. Am schlimmsten aber treiben es die Fälscher im Handel mit
gemahlenen Gewürzen, indem geeignete Fälschungsmittel (s. Matta) in besondern Fabriken dargestellt werden.
Haben nun auch alle diese betrügerischen Manipulationen in der neuern Zeit sehr bedeutend an Umfang gewonnen, so kamen doch
Verfälschungen von Nahrungs- und Genußmitteln schon vor Jahrhunderten häufig genug vor und gaben, abgesehen von der Einwirkung
der Zünfte, welche in ihrer ersten kräftigen Entwickelung ein Augenmerk auf gute Ware richteten, schon
frühzeitig Veranlassung zum Einschreiten des Gesetzgebers. Friedrich III. bedrohte 1475 die Weinfälscher, und im 16. Jahrh.
wurde eine Kontrolle des Gewürzhandels eingeführt.
Mit Gefängnis bis zu 6 Monaten und (oder) mit Geldstrafe bis zu 1500 Mk. wird bestraft:
1) wer zum Zweck der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrungsmittel oder Genußmittel nachmacht oder verfälscht, 2) wer wissentlich Nahrungsmittel oder
Genußmittel, welche verdorben oder nachgemacht oder verfälscht sind, unter Verschweigung dieses
Umstandes verkauft oder unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeichnung feilhält. Ist die unter 2) bezeichnete
Handlung aus Fahrlässigkeit begangen, so tritt Geldstrafe bis 150 Mk. oder Haft ein. Mit Gefängnis wird bestraft:
1) wer vorsätzlich Gegenstände, welche bestimmt sind, andern als Nahrungsmittel oder
Genußmittel zu dienen, derart herstellt, daß der Genuß derselben die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist,
ingleichen, wer wissentlich Gegenstände, deren Genuß die menschliche Gesundheit zu beschädigen geeignet ist, als Nahrungsmittel oder
Genußmittel verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt;
2) wer vorsätzlich Bekleidungsgegenstände, Spielwaren, Tapeten, Eß-, Trink- oder Kochgeschirr oder Petroleum
derartig herstellt, daß der bestimmungsgemäße oder vorauszusehende Gebrauch dieser Gegenstände die menschliche Gesundheit
zu beschädigen geeignet ist, ingleichen, wer wissentlich solche Gegenstände verkauft, feilhält oder in den Verkehr bringt.
Der Versuch ist strafbar. Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung oder der Tod eines Menschen verursacht worden,
so tritt Zuchthausstrafe bis zu 5 Jahren ein.
die von dem Menschen zur Nahrung benutzten Pflanzen, finden sich sehr ungleich über die Erde verteilt, am reichlichsten und
mannigfaltigsten in den Tropen, während die Polarzone außer Algen,
[* 56] Flechten,
[* 57] Pilzen und einigen genießbaren Beeren wenig einheimische
namhafte Nahrungspflanzen hervorbringt. In denTropen selbst ist in dieser Beziehung keine Gegend bevorzugt; in der gemäßigten
Zone dagegen kann die westliche Halbkugel mit der östlichen durchaus nicht in die Schranken treten, und auf der letztern stehen
wieder die westlichen Teile und die östlichen gegen den mittlern Teil weit zurück.
Unsre wichtigsten Nahrungspflanzen stammen nämlich fast ohne Ausnahme aus dem Landstrich zwischen dem
Persischen und ArabischenMeerbusen, dem Mittelländischen, Schwarzen und KaspischenMeer; aber die meisten bieten in ihrem ursprünglichen
Zustand kaum angenehme und wohlschmeckende Teile dar, und erst durch die Kultur sind sie zu dem geworden, was sie jetzt sind.
Im ganzen kann man die Zahl der Nahrungspflanzen auf etwa 1000 veranschlagen, und wenn man für
jede Art durchschnittlich nur 10-12 Spielarten annimmt, so übersteigt die Mannigfaltigkeit der Nahrungspflanzen die Zahl von 10,000 Sorten.
Im einzelnen kennt man etwa