Myokárdium
Myokarditis, Entzündung des Herzfleisches.
Myokarditis, Entzündung des Herzfleisches.
(griech.), Muskellehre, Teil der Anatomie (s. d.). ^[= (griech., "Zergliederung"), die Lehre von Form und Bau der organisierten Körper und ...]
(griech.), s. Muskelfasergewächs. ^[= eine Geschwulst, welche aus glatten Muskelfasern in sehr wechselnder Menge, aus fibrilläre ...]
Kap an der Küste Ioniens, westlich von Lebedos, berühmt durch den Seesieg der Römer [* 2] unter L. Ämilius über Antiochos d. Gr. 190 v. Chr.
(griech.), s. Kurzsichtigkeit. ^[= Sehstörung, welche ein deutliches Erkennen der Gegenstände nur bei kurzer Entfernung ...]
Sumpfbiber. ^[= (Schweifbiber Geoffr.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Nagetiere und der ...]
Eiweißkörper, findet sich in totenstarren Muskeln [* 3] und kann aus fein zerhacktem und mit kaltem Wasser gut ausgewaschenem Fleisch durch Behandeln mit 10proz. Salmiaklösung und Fällen des Filtrats mit Wasser erhalten werden. Die Lösung des Myosins in Salmiak gerinnt bei 55° und bildet mit Salzsäure Syntonin, welches wieder in Myosin zurückverwandelt werden kann. Beim Verbrennen hinterläßt es alkalisch reagierende Asche, die Kalk, Magnesia, Schwefelsäure [* 4] und Phosphorsäure enthält. Durch Pepsin wird es in saurer Lösung schnell, durch Pankreasferment in alkalischer, aber nur langsam in Pepton übergeführt (verdaut). Myosin findet sich nicht im lebenden Muskel, es entsteht erst nach dem Tod ähnlich wie das Fibrin aus dem Fibrinogen des Bluts bei dessen Gerinnung. Indem sich das als gallertartiges Koagulum im Muskel ausscheidet, bewirkt es die Totenstarre.
(griech.), abnorme dauernde Verengerung der Pupille, kommt bei Gehirnleiden durch Reizung der betreffenden Nerven [* 5] oder durch Lähmung von Sympathikusfasern zu stande.
L. (Mauseohr, Leuchte, Vergißmeinnicht), Gattung aus der Familie der Asperifoliaceen, einjährige oder ausdauernde, selten kahle Kräuter mit abwechselnden Blättern, meist blattlosen, wickeligen Blütenständen und blauen, rosenroten oder weißen Blüten. Etwa 40 Arten in den gemäßigten Klimaten der östlichen Erdhälfte.
Myosotis palustris Whit. (Vergißmeinnicht), ausdauernd, mit schiefem, etwas kriechendem Wurzelstock, länglich-lanzettförmigen, stumpfen Blättern und himmelblauen Blüten mit gelbem Schlund, auf feuchten Wiesen und Bächen, ein wenigstens in Deutschland [* 6] sehr beliebtes Blümchen, von der ein Blendling (Myosotis palustris semperflorens) wegen der langen Blütezeit in Gärten gezogen wird.
Myosotis alpestris Schmidt, eine zweijährige Alpenpflanze mit rauhharigen ^[richtig: rauhhaarigen] Stengeln und himmelblauen Blüten, ist als Zierpflanze verbreitet.
(griech.), im Greisenalter spontan vorkommender Muskelschmerz.
(griech.), subkutane Muskeldurchschneidung als Operationsverfahren gegen Muskelkontraktur.
(Schlafmäuse), Familie der Nagetiere [* 7] (s. d.). ^[= (Glires, Rodentia, hierzu Tafel "Nagetiere I u. II"), eine durch ihr Gebiß und die ...]
Siebenschläfer. ^[= # (Myoxus Schreb.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Nagetiere und der Familie der Schlafmäuse ...]
Stadt in Lykien, seit Theodosius II. die Hauptstadt des Landes, wo der Apostel Paulus landete, 20 Stadien vom Meer.
Aus alter Zeit haben sich ein prachtvolles Theater, [* 8] Felsengräber mit Inschriften etc. beim heutigen Dorf Kjöidschük erhalten.
(griech.), ursprünglich eine Zahl von 10,000, dann überhaupt eine sehr große Menge.
(griech.), Gewicht, = 10,000 g;
Myriameter, Wegmaß, = 10,000 m (10 km);
Myriar, Flächenmaß, = 10,000 Ar (1 qkm).
L. (Gagel, Wachs-, Lichtmyrte) Gattung aus der Familie der Myrikaceen, Sträucher oder kleine Bäumchen in wärmern Ländern, von denen nur eine Art in Europa [* 9] vorkommt. Myrica cerifera L. (Kerzenbeerstrauch, Wachsgagel, s. Tafel »Öl und [* 10] Fett liefernde Pflanzen«),
ein niedriger Strauch mit oberwärts zottigen Ästen, fast sitzenden Blättern, länglich-lanzettlichen, spitzen, lederigen, in der Jugend unterseits zottig-flaumigen, später fast kahlen, beiderseits mit harzigen Pünktchen bestreuten Blättern; männlichen walzigen, weiblichen ellipsoidischen Kätzchen und kugeligen, erbsengroßen, schwarzen, dicht mit einem weißen Reif belegten Früchten, wächst in Sümpfen und auf moorigen Stellen im östlichen Nordamerika [* 11] von Florida bis zum Eriesee und am Kap. Der die Früchte überziehende Reif wird durch Kochen in Wasser und Abschöpfen gewonnen und bildet das Myrtle- und Myrtenwachs des Handels (s. Talg, vegetabilischer).
Derartiges Wachs wird auch noch von andern nordamerikanischen und einigen Arten am Kap gewonnen. Myrica Gale L. (Brabanter Myrte), ein 60-120 cm hoher Strauch mit lanzettförmigen, vorn gezähnelten, unterseits braunfilzigen Blättern und durch die Vorblätter zweiflügeliger Frucht, wächst auf Sumpf- und Moorboden in West- und Nordeuropa, Nordasien und Nordamerika. Die Blätter waren sonst als brabantische Myrtenblätter gegen Krätze und bösartige Ausschläge in Gebrauch. Mit einer Abkochung reinigt man die Haustiere von Ungeziefer. Die Rinde kann zum Gerben benutzt werden.
(Myriceen, Gagelsträucher), dikotyle, etwa 40 Arten umfassende, die gemäßigte Zone bewohnende Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Amentaceen, zunächst mit den Juglandaceen verwandt, deren reduzierte Form sie darstellen, Holzpflanzen mit wechselständigen, ungeteilten, oft harzdrüsigen Blättern und ein- oder zweihäusigen, meist in kätzchenförmigen Ähren zusammengestellten, in der Achsel schuppenartigen Deckblättern und mit Vorblättern versehenen rudimentären Blüten (vgl. C. De Candolle in »Prodromus«, Bd. 16). Die Familie besteht nur aus den Gattungen Myrica L. und Leitneria Chapm. Für die Moorsümpfe des nordwestlichen Deutschland ist der Gagelstrauch (Myrica Gale L.) charakteristisch. Die Gattung Myrica war schon während der Tertiärzeit entwickelt.
s. Talg, ^[= # (Unschlitt, Inselt), das Fett der Rinder, Schafe, Ziegen, Hirsche, ist farblos, riecht schwach ...] vegetabilischer.
(Myrinx), das Trommelfell im Ohr; [* 12]
daher Myringitis, Entzündung des Trommelfells.
(Myriopoda), s. v. w. Tausendfüßer. ^[= (Myriopoda), Klasse der Gliederfüßer (Arthropoden), landbewohnende, flügellose ...]
(griech., »Zehntausendschau«),
eine Art von landschaftlichem Kaleidoskop, [* 13] von Brès in Paris [* 14] erfunden und von Clark in London [* 15] vervollkommt, besteht aus einer auf einem langen Streifen in den buntesten Farben ausgemalten Landschaft, welche in viele Teile so zerschnitten ist, daß die Durchschnittslinien überall aneinander passen und die einzelnen Landschaftsstücke vielfach von neuem zusammengesetzt werden können, wodurch sehr viele verschiedene Landschaftsbilder entstehen.
L. (Muskatnußbaum), Gattung aus der Familie der Myristikaceen, gewürzhafte, mit einem etwas scharfen, rötlichen Saft erfüllte Bäume und Sträucher der Tropen, besonders Indiens, mit wechselständigen, lederartigen, ungeteilten, ganzrandigen Blättern, diözischen, kleinen, einzelnen oder in Trauben oder Dolden geordneten, achselständigen Blüten und kapselartiger, zwei- bis vierklappig aufspringender Beere, deren nußartiger Same von einem ¶
fleischigen oder dünnen, vielfach zerschlitzten Mantel umgeben ist.
Myristica [* 17] moschata Thunb. (Myristica fragrans Houtt., echter Muskatnußbaum, s. Tafel »Gewürzpflanzen«), [* 18]
ein in allen Teilen stark aromatischer, 15-20 m hoher Baum mit fast zweizeiligen, länglich-eiförmigen, bis 10 cm langen, drüsig punktierten Blättern, kleinen, gelblichen, einzeln stehenden weiblichen und in wenigblütigen Trauben oder Doldentrauben geordneten männlichen Blüten, kugeliger, ockerfarbener Beere von 5 cm Durchmesser, mit anfangs fleischigem, dann austrocknendem Fruchtgehäuse, nußartigem, ovalem, 3 cm langem, 2,3 cm breitem Samen [* 19] und fleischigem, karminrotem, nach dem Trocknen orangegelbem, gewürzhaftem Samenmantel.
Der Baum ist heimisch auf den Molukken, Neuguinea und den Bandainseln; man hat ihn eingeführt auf Sumatra, Malakka, in Bengalen, Singapur, [* 20] Pinang, Brasilien [* 21] und Westindien, [* 22] aber nur an sehr wenigen Orten mit Erfolg. In seiner Heimat beginnt er im 9. Jahr zu tragen, bleibt fruchtbar bis zum 60. und 80. Jahr, und man erntet von einem Baum im Jahr an 2000 Früchte, die sieben Monate zu ihrer Reife brauchen. Man sammelt die Früchte, entfernt die Fruchtschale und den Samenmantel, trocknet die Samen über mäßigem Feuer, bricht dann die Samenschale auf und legt die Kerne einige Zeit in Kalkwasser.
Getrocknet kommen sie als Muskatnüsse (Nuces moschatae) in den Handel. Sie riechen und schmecken eigentümlich aromatisch, sind reich an Stärkemehl und eiweißartiger Substanz, enthalten ca. 25 Proz. Fett, welches zum Teil in ihrer Heimat ausgepreßt wird und als Muskatnußöl (Balsamum nucistae) in den Handel kommt; außerdem 6 Proz. ätherisches Öl, im wesentlichen aus einem bei 165° siedenden Kohlenwasserstoff bestehend. Der zerschlitzte, fleischige Samenmantel wird an der Luft getrocknet und bildet die Muskatblüte (Macis) des Handels. Er ist sehr aromatisch, enthält kein Stärkemehl, wenig Fett, aber Eiweißkörper, Dextrin und Schleim und 4-9 Proz. ätherisches Öl, welches zwar gleichfalls zum größten Teil aus einem bei 160° siedenden Kohlenwasserstoff besteht, aber in Geruch und Geschmack, auch in seiner optischen Eigenschaft von dem ätherischen Muskatnußöl abweicht.
Der bei weitem größte Teil der Muskatnüsse kommt gegenwärtig von drei Bandainseln, Lontor, Neira und Aij, wo große Muskatnußbaumgärten bestehen, in den Handel. Die Muskatnüsse werden in der Medizin kaum, sondern, wie auch die Muskatblüte, fast nur als Gewürz (namentlich in England und Nordamerika) benutzt, gegenwärtig bei uns viel weniger als früher; als Hausmittel dienen sie gegen Durchfall. Große Gaben (eine Nuß und mehr) wirken übrigens giftig. Vgl. Muskatnußöl.
Das Muskatblütöl dient auch zum Parfümieren der Seife. Nach der gewöhnlichen Annahme waren die Muskatnuß und die Muskatblüte den Alten nicht bekannt; Martins aber hat nachzuweisen gesucht, daß die Macis zur Zeit des Plautus und die Nuß schon Plinius bekannt gewesen sei. Das in Rom [* 23] beliebte Salböl Myron scheint auch zum Teil unser Oleum nucistae gewesen zu sein. Schon sehr früh haben jedenfalls die Araber die Drogue aus Indien geholt und im Abendland verbreitet. In Indien war sie wohl schon lange zuvor als Gewürz benutzt worden, und auch in altägyptischen Mumiensärgen hat man die Muskatnuß gefunden. Am Ende des 12. Jahrh. war die letztere und die Muskatblüte in Nordeuropa bekannt, und lange bevor der Venezianer Niccolò Conti im 15. Jahrh. die erste Nachricht von dem Baum brachte und die Portugiesen ihn auf den Bandainseln fanden, waren beide Droguen ein wenn auch sehr kostbares Gewürz in Europa.
Die Portugiesen hielten den Handel mit den Nüssen fest, bis sie den Holländern weichen mußten, welche ihn nun, wie den Zimt- und Gewürznelkenhandel, zu monopolisieren suchten, die Bäume auf Banda und Amboina beschränkten, an allen andern Orten ausrotteten und bei sehr reicher Ernte [* 24] den Überfluß verbrannten. Während der Besetzung der Gewürzinseln durch die Engländer 1796-1802 wurde die Muskatnußkultur nach Benkulen und Pinang verpflanzt, später auch nach Singapur, wo indes eine 1860 ausgebrochene Krankheit binnen einigen Jahren sämtliche Bäume vernichtete. 1864 stellte die holländische Regierung die Kultur auf Java ein, weil der Verbrauch immer mehr abgenommen hatte.
Myristica tomentosa Thunb. liefert größere, längliche, fast 5 cm lange und weniger aromatische Nüsse, die auch in den europäischen Handel kommen. Aus den Samenkernen von Myristica Otoba H. B., in Neugranada, preßt man das Otobafett (amerikanische Muskatbutter), welches der offiziellen Muskatbutter ähnlich ist und wie diese in Amerika [* 25] benutzt wird.
Myristica officinalis Mart., in Brasilien, liefert ein minder angenehm riechendes, säuerlich scharf schmeckendes Fett (Bikuibafett).
Von Myristica Ocuba H. B., am Amazonenstrom, [* 26] gewinnt man das Okubawachs, welches weicher als Bienenwachs ist, bei 36,5° schmilzt und in Brasilien zur Kerzenbereitung benutzt wird.
dikotyle, etwa 100 Arten umfassende, in der Tropenzone einheimische Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Polykarpen.
Holzpflanzen mit diözischen Blüten, die ein dreigliederiges Perigon, 3-15 verwachsene Staubgefäße [* 27] und ein einfächeriges und einsamiges Ovar besitzen.
Die Samen sind durch einen Samenmantel ausgezeichnet, der bei der Muskatnuß der Molukken (Myristica moschata) fleischig und vielspaltig zerschlitzt erscheint und als Muskatblüte in den Handel gebracht wird.
Vgl. A. De Candolle in »Prodromus«, Bd. 14.
Ameisenlöwe. ^[= (Ameisenjungfer Burm.), Insektengattung aus der Ordnung der Netzflügler und der ...]
Ameisenfresser. ^[= ( L.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Zahnlücker (Edentata) und der Familie ...]
s. Ameisen, ^[= # (Formicidae Latr.), Insektenfamilie aus der Ordnung der Hautflügler, gesellig lebende Tiere, ...] S. 452.
s. Ameisen, ^[= # (Formicidae Latr.), Insektenfamilie aus der Ordnung der Hautflügler, gesellig lebende Tiere, ...] S. 453 u. 450.
alte achäische Völkerschaft in Thessalien (Phthiotis), von wo aus sie die Insel Ägina (s. d.) kolonisierten.
Sie waren mit Achilleus vor Troja [* 28] und zeigten sich hier als tapfere Krieger.
Den Namen leiten einige von Myrmidon, einem Sohn des Zeus, [* 29] andre von myrmex (Ameise) her, weil Zeus nach einer Pest auf Äakos' (s. d.) Bitten Ameisen in Menschen verwandelt haben sollte.
die Früchte mehrerer Terminalia-Arten und von Emblica officinalis, wurden früher medizinisch benutzt. Gegenwärtig sind als Myrobalanen nur die Früchte von Terminalia Chebula Willd. im Handel, welche in Indien vom Kap Comorin bis in die Gebirge Bengalens gesammelt werden. Sie sind gelb bis braun, dattel- bis länglich-birnförmig, 3-5 cm lang, die größern meist deutlich fünfkantig, die kleinern ziemlich oval, abgerundet, mit stielartigem Fortsatz, und zeigen auf dem Querschnitt eine äußere braune bis schwarzbraune und eine innere blaßgelbliche, den einzelnen Samen umschließende Schicht mit deutlichen Harzbehältern. Sie enthalten bis 45 Proz. Gerbstoff vorzugsweise in der äußern braunen Schicht, außerdem Gallussäure, Schleim und ein braungelbes Pigment und dienen zum Schwarzfärben und Gerben. Weil sie schwer pulverisierbar sind, kommen sie gewöhnlich schon als ein durch ¶
Maschinenarbeit gewonnenes Pulver in den Handel. Im Altertum verstand man unter Myrobalanen die Früchte der in Ägypten [* 31] wild wachsenden Balanites aegyptiaca Del., die zu Salben benutzt wurden; im Mittelalter übertrug man den Namen auf gelbe, in Syrien wachsende Pflaumen, wahrscheinlich unsre jetzigen Mirabellen (nicht die Früchte von Prunus cerasifera, die gegenwärtig oft Myrobalanen genannt werden).
griech. Bildhauer, um 450 v. Chr., aus Eleutherä, einem Grenzort Böotiens, war nebst Pheidias und Polyklet Schüler des Ageladas und vorwiegend in Athen [* 32] thätig. Ein vielseitiger Künstler, Holzschnitzer, Erzgießer und Ziseleur in Silber, beherrschte er alle Stoffgebiete. Er schuf Götterstatuen, Heroen- und Athletenbilder, vorzugsweise aber letztere, die sich meist in Delphi und Olympia befanden. Unter ihnen waren am berühmtesten die Statuen des Schnellläufers Ladas und eines Diskoswerfers (Diskobolos, s. Diskos, [* 33] mit Abbildung), der in römischer Zeit unzählige Male in Marmor kopiert worden ist.
Auch von einer athenischen Gruppe, Athene [* 34] die Flöten wegwerfend und der Silen Marsyas [* 35] erschreckt zurückfahrend, besitzen wir auf Münzen [* 36] und Vasenbildern Nachbildungen; eine Kopie des Marsyas befindet sich im lateranischen Museum zu Rom. Mit besonderm Glück zog er das Tierreich in den Bereich seiner Kunst. Seine durch zahlreiche Sinngedichte gefeierte Kuh auf dem Markt zu Athen ward zu Ciceros Zeit nach Rom gebracht. Der Stil Myrons zeichnet sich durch Knappheit der Formen aus; der Künstler war Meister in scharfer Erfassung bewegtester Motive, ohne freilich schon die volle Beseelung des Kopfes zu erreichen.
C10H19NS2O10 findet sich als Kalisalz im Samen des schwarzen Senfs, bildet einen geruchlosen Sirup, schmeckt sauer und bitter und zersetzt sich sehr leicht. Das Kalisalz erhält man aus dem Samen, wenn man denselben wiederholt mit Alkohol auskocht und dann mit Wasser auszieht. Es bildet kleine, farb- und geruchlose Kristalle, [* 37] schmeckt bitter kühlend, löst sich leicht in Wasser, nicht in Alkohol und wird bei der Einwirkung eines in den Senfsamen enthaltenen Eiweißstoffes, des Myrosins, in Zucker, [* 38] ätherisches Senföl und saures schwefelsaures Kali zersetzt. Dieser Prozeß verläuft im zerstoßenen Senfsamen, sobald man ihn mit Wasser anrührt. Hierauf beruht die Bildung des ätherischen Senföls und die Wirkung des Senfpflasters. Tränkt man ein Blatt [* 39] Papier mit myronsaurem Kali, ein andres mit Myrosin und legt beide befeuchtet übereinander auf die Haut, [* 40] so wirken sie wie ein Senfpflaster.
L. fil. (Balsambaum, Toluifera L.), Gattung aus der Familie der Papilionaceen, balsamreiche Bäume mit unpaarig gefiederten, immergrünen Blättern, weißlichen Blüten in einfachen, axillären oder an der Spitze der Zweige rispig gebüschelten Trauben und gestielter, stark zusammengedrückter, einsamiger Hülse. [* 41] Sechs südamerikanische Arten.
Myroxylon toluifera H. B. Kth. (Toluifera Balsamum Müller), 26 m hoher Baum mit reichblütigen Trauben, im nordöstlichen Südamerika, [* 42] liefert den Tolubalsam.
Myroxylon Pereirae Kl. (T. Pereirae Baill.), hoher Baum mit 2-3 m über dem Boden sich entwickelnden Ästen und lockern Trauben, in den Bergwäldern von San Salvador an der Westküste Zentralamerikas, liefert den Perubalsam, während von Myroxylon peruiferum L. fil. (T. peruifera Baill., s. Tafel »Arzneipflanzen [* 43] I«), [* 44]
in Bolivia, [* 45] Peru [* 46] und Kolumbien, in geringer Menge ein dem Tolubalsam ähnlicher Balsam gewonnen wird.
Mutter des Adonis (s. d.). ^[= # im griech. Mythus ein Jüngling von sprichwörtlich gewordener Schönheit, Sohn des Kinyras ...]
(Myrrha), Gummiharz, welches aus der Rinde von Balsamodendron Myrrha ausfließt u. aus Arabien u. der Somalküste meist über Bombay [* 47] in den Handel kommt. Die Myrrhe bildet unregelmäßige Körner oder größere Massen, ist gelblich bis braun, spröde, durchscheinend, riecht eigentümlich balsamisch, schmeckt gewürzhaft bitter, gibt mit Wasser eine Emulsion, löst sich auch in Alkohol unvollständig, bläht sich beim Erhitzen auf, ohne zu schmelzen, und verbreitet dabei einen angenehmen Geruch.
Sie besteht aus Gummi und Harz und dient als tonisch balsamisches Mittel bei Hypersekretionen der Respirations- und Urogenitalorgane, bei Indigestionen, Magenkatarrh, äußerlich als Myrrhentinktur (aus 1 Teil und 5 Teilen Alkohol bereitet) zum Verbinden schlecht eiternder Geschwüre und zu adstringierenden Mundwassern. Sie bildete seit den ältesten Zeiten neben Weihrauch einen Bestandteil von Räucherungsmitteln und Salben und wurde von den Ägyptern auch beim Einbalsamieren benutzt. Besonders zu gottesdienstlichen Zwecken blieb die Myrrhe fortwährend auch bei den Griechen im Gebrauch, und als »Smyrna« findet sie sich auf der Liste der römischen Zollstätte in Alexandria. Die römische Kirche aber bevorzugte bei weitem den Weihrauch.
(griech., »Myrrhenträger«),
in der Kunstgeschichte Bezeichnung für die drei zum Grab Jesu gehenden, Spezereien tragenden Frauen Maria Magdalena, Maria Jacobi und Maria Salome, mit dem auf dem offnen Grab sitzenden Engel.
dikotyle, etwa 500 Arten umfassende, der Tropenzone angehörige Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Primulinen, Holzpflanzen mit lederartigen Blättern und typisch fünfzähligen Blüten, von den nahe verwandten Primulaceen vorzugsweise durch Beerenfrüchte verschieden.
dikotyle Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Myrtifloren, meist Bäume und Sträucher mit immergrünen Blättern und vollständigen, regelmäßigen, bald einzeln achselständigen, bald in Ähren, Trugdolden, Rispen oder Köpfen stehenden Blüten. Der Kelch bildet oberhalb des Fruchtknotens einen vier-, fünf- oder auch vielspaltigen Saum, dessen Abschnitte stehen bleiben oder abfallen und klappige Knospenlage haben, oder der Saum ist ganz und geschlossen, vor dem Aufblühen deckelartig sich ablösend.
Die Blumenblätter stehen abwechselnd und in der gleichen Anzahl mit den Kelchabschnitten auf einem im Schlunde des Kelchs befindlichen Discus. Die zahlreichen, meist durch Spaltung aus vier oder acht Grundanlagen hervorgegangenen Staubgefäße entspringen ebendaselbst und sind alle fruchtbar oder zum Teil steril; die Staubfäden sind entweder frei, oder nur am Grund etwas verbunden, oder in Bündel, welche den Blumenblättern gegenüberstehen, oder zu einem becherförmigen Körper verwachsen.
Der unterständige oder halbunterständige, mit einem fleischigen Discus bedeckte Fruchtknoten ist entweder einfächerig und hat dann eine oder mehrere grundständige Samenknospen, oder er ist zwei- bis mehrfächerig und enthält dann im Innenwinkel der Fächer [* 48] meist zahlreiche Samenknospen. Der Griffel ist endständig, einfach, an der Spitze bisweilen bärtig, die Narbe endständig, ungeteilt. Die gewöhnlich vom Kelchsaum gekrönte Frucht ist entweder einfächerig und einsamig oder zwei- bis vielfächerig und dann kapsel-, seltener beerenartig. Die eckigen, runden oder zusammengedrückten Samen haben eine krustige oder häutige Schale, kein Endosperm und einen geraden ¶
oder gekrümmten oder spiralig gerollten Keimling mit meist kurzen Kotyledonen und dickem Würzelchen. Die aus ca. 1800 Arten bestehende Familie der Myrtaceen besteht zum größten Teil aus tropischen Gewächsen, nur wenige kommen außerhalb der Wendekreise vor; die meisten besitzt Australien [* 50] und das tropische Amerika.
Vgl. Berg, Myrtaceae, in Martius' »Flora brasiliensis«, Bd. 14. Als Gewürz finden die Blütenknospen des auf den Molukken einheimischen Gewürznelkenbaums (Caryophyllus aromaticus) sowie der »Nelkenpfeffer« von Pimenta officinalis aus Westindien Anwendung.
Eßbar sind die als »Paránüsse« bekannten Samen der südamerikanischen Bertholletia excelsa sowie die Früchte verschiedener tropischer Gattungen und des südeuropäischen Granatbaums (Punica Granatum).
Offizinelle Anwendung macht man von dem Öl mancher Melaleuca-Arten (Kajeputöl) sowie von der Wurzel [* 51] des Granatbaums. Neuerdings wird der australische Fieberrindenbaum (Eucalyptus globulus) in fieberreichen warmen Ländern mit Erfolg gegen Malaria angewendet; Anpflanzungen desselben in größerm Maßstab [* 52] werden als sanitäres Schutzmittel empfohlen. Eine Anzahl von Myrtaceen findet sich fossil in Kreide- und Tertiärschichten, besonders aus den Gattungen: Myrtus, Eucalyptus, Metrosideros und Eugenia.
s. Myrtus. ^[= L. Gattung aus der Familie der Myrtaceen, immergrüne Sträucher und Bäume mit einfachen, ...]
s. Eugenia. ^[= Micheli (Kirschmyrte), Gattung aus der Familie der Myrtaceen, Bäume und Sträucher mit immergrünen ...]
(Myrtlewachs), s. Myrica ^[= L. (Gagel, Wachs-, Lichtmyrte) Gattung aus der Familie der Myrikaceen, Sträucher oder kleine ...] und Talg, vegetabilischer.
Ordnung im natürlichen Pflanzensystem in der Abteilung der Polypetalen unter den Dikotyledonen, charakterisiert durch regelmäßige, epigyne oder perigyne, oft vier- oder fünfzählige Blüten mit klappigem Kelch, in zwei Kreisen stehenden oder durch Spaltung sehr zahlreichen Staubblättern und verwachsenen Fruchtblättern, umfaßt die Familien Onagraceen, Haloragidaceen, Kombretaceen, Rhizophoraceen, Melastomaceen, Myrtaceen u. Lythraceen.
in der griech. Sage ein Sohn des Hermes, [* 53] Wagenlenker des Önomaos, brachte, von Pelops (s. d.) bestochen, seinen Herrn um den Sieg bei der Bewerbung um die Hippodameia, ward aber dann von Pelops auf Euböa ins Meer gestürzt.
L. (Myrte), Gattung aus der Familie der Myrtaceen, immergrüne Sträucher und Bäume mit einfachen, gegenständigen Blättern, einzeln oder in drei- bis siebenblütigen Cymen achselständigen, roten oder weißen Blüten und kugeligen, ein- bis vielsamigen, gekrönten Beeren. Etwa 100 Arten, besonders im westlichen und außertropischen Südamerika. Die gemeine Myrte (Myrtus communis L.), in Südeuropa, Asien, [* 54] Afrika, [* 55] ist ein immergrüner, gewürzhafter, 1-1,25 m hoher Strauch oder ein mäßiges Bäumchen mit glatten, glänzenden, lanzettförmigen, spitzen wohlriechenden Blättern und weißen oder rötlichen, auch gefüllten Blüten.
Größe und Form der Blätter ändern oft nach Maßgabe des Klimas, der Kultur und des Standortes ab. Auch kultiviert man in Gärten zahlreiche Varietäten. Ehedem waren besonders die Blätter und Beeren offizinell, und man bereitete daraus durch Destillation [* 56] ein Schönheitsmittel, das sogen. Engelwasser. Bei den Griechen war die Myrte der Aphrodite [* 57] geweiht und der eigentümliche Schmuck der tellurischen Gottheiten, besonders der Demeter [* 58] und ihres Sohns Triptolemos.
Die durch eine Ovation belohnten Sieger schmückte, wenn sie selbst kein Blut vergossen hatten, ein Myrtenkranz. In der Bibel [* 59] ist die Myrte ein Bild, um die Herrlichkeit des Gelobten Landes, im Gegensatz des Zustandes im Exil, zu beschreiben. Die Zweige des dicht belaubten Baums dienten häufig zu den Laubhütten. Der Gebrauch eines Myrtenkranzes bei Vermählungen ist von alters her bis auf heute geblieben. Die großblätterige Myrte nimmt man dagegen zu Kränzen und Guirlanden für Verstorbene (daher Totenmyrte). Die erbsengroßen, roten Beeren der kleinblätterigen Myrte (Myrtus microphylla), in Peru, sind wohlschmeckend und zuckersüß. Auch die schmackhaften Beeren der Lumamyrte (Myrtus Luma) werden in Chile häufig gegessen.
Kreisstadt im russ. Gouvernement Jaroslaw, an der Wolga, hat 3 Kirchen und (1883) 2389 Einw., welche Handel mit Korn, Eiern, Leinwand, Papier, Salz, [* 60] Metall etc. treiben.
alte Landschaft Kleinasiens, die Nordwestecke der Halbinsel umfassend (s. Karte »Altgriechenland«), [* 61]
war im O. von Phrygien und Bithynien, im S. von Lydien begrenzt und zerfiel in: Klein-Phrygien, von thrakischen Stämmen bewohnt, am Hellespont;
das eigentliche Mysien, im Innern;
Troas, den nördl. Teil der Westküste;
Äolis, den südlichen Teil derselben, u. Teuthrania, an der Südgrenze. Es ist eine waldige, an Städten arme Binnen- und Berglandschaft, die sich nordwestlich gegen die Propontis und den Hellespont in Stufen abdacht und erst in der Zeit römischer Provinzialverwaltung unter dem gemeinsamen Namen Mysien begriffen wird.
Die Hauptgebirge sind: der Ida (Kaz Dagh) und der mysische Olympos (Keschisch Dagh) im N., der Temnos (Demirdschi Dagh) im S. Die Westküste bildet zwei große Meerbusen, den von Adramyttion (Edremid) und von Eläa, an welchem heute Tschandarlyk liegt. Die Flüsse [* 62] Mysiens sind Rhyndakos (Adirnas Tschai), Makestos (Susurlu), der Äsepos, der berühmte Granikos (Kodscha Tschai); in Troas der Skamandros und in Teuthrania der Kaikos (Bakir Tschai) mit dem Keteios (Bergama Tschai), an welchem die wichtigste Stadt des Landes, Pergamon [* 63] (s. d.), lag. Die Bewohner Mysiens bestanden aus Phrygiern, Troern, Äoliern und den eigentlichen Mysiern. Letztere, welche nach der Angabe Strabons erst nach dem Trojanischen Krieg von N. her eingewandert sein sollen, waren ein einfaches Hirtenvolk, das weit zerstreut bis nach Makedonien hinein saß und wahrscheinlich von Asien nach Europa (nicht umgekehrt) gewandert ist.
[* 64] Stadt im preuß. Regierungsbezirk Oppeln, [* 65] Kreis [* 66] Kattowitz, [* 67] an der schiffbaren Przemsa, über welche hier eine ca. 200 m lange Brücke [* 68] nach dem polnischen Städtchen Modrzejow führt, Knotenpunkt der Linien Kosel-Oswiecim und Myslowitz-Österreichische Grenze der Preußischen Staats- wie Trzebinia-Myslowitz der Kaiser Ferdinands-Nordbahn, 267 m ü. M., hat eine evangelische und 2 kath. Kirchen, eine Synagoge, ein Schloß, eine höhere Knabenschule, ein Schlachthaus, ein Amtsgericht, ein Hauptzollamt, Ofenfabrikation, Spinnerei, eine Dampfmühle und (1885) 8322 meist kath. Einwohner. In der Umgegend lebhafter Hütten- und Montan-, namentlich Kohlengrubenbetrieb.
Vgl. Lustig, Geschichte von Myslowitz (Mysl. 1867).
(spr. maissúr), indobrit.
Staat, s. Maissur. ^[= Tributärstaat des britisch-ind. Kaiserreichs im südlichen Teil Vorderindiens, zwischen ...]
(griech.), bei den Griechen der in die Mysterien (s. d.) einführende Priester;
jetzt zuweilen s. v. w. Geheimniskrämer.
(griech., »Geheimnisse«),
bei den Griechen und später auch bei den Römern Geheimkulte, eine besondere Art von nur den Eingeweihten zugänglichen Gottesdiensten, denen teils objektiv das ¶
Geheimnisvolle in den rituellen Gebräuchen (Mysteria), teils subjektiv eine besondere Gemütsstimmung und daraus folgende religiöse Erbauung charakteristisch war. Reinigungen, Sühnungen und Büßungen, Opfer, Prozessionen, Gesänge, Tänze, kurz alle Gebräuche der übrigen Gottesdienste (Teletai) waren auch Bestandteile der Mysterien, hatten hier aber stets einen ekstatischen Charakter und wurden meist bei Nacht unter Fackelschein und betäubender Musik vorgenommen.
Schon bei den Eleusinien und den Thesmophorien finden wir diesen Orgiasmus, obgleich derselbe bei den eigentlich hellenischen Religionen ein gehaltener und würdiger, im alten Rom aber durch das Staatsgesetz gänzlich ausgeschlossen war. Später drang von Thrakien und Phrygien, dann von dem tiefern Asien her jener düstere Fanatismus ein, wo die Seele in religiöser Erregung gegen den Leib rast, was gewöhnlich in Unsittlichkeit ausartete. Die Gottheit wird nach dieser Vorstellungsweise als die unendliche geistige, mit der Natur verschlungene und hinter ihr verborgene Macht gesetzt, welcher man sich nur durch gänzliche Versenkung des Geistes, durch Ertötung des Leiblichen annähern könne.
Auch Mythen und Bilder gab es in den Mysterien, doch waltete in ihnen das Symbolische und Allegorische vor. Die Mythen in den Mysterien sind heilige Legenden hieratischen Inhalts, in denen der theologische Gedanke durch die mythische Form nur leicht verhüllt ist. Meist dreht sich diese Mythologie um die Geburt, die wechselnden Zustände, das Leiden [* 70] und Sterben der Götter, wobei eine Art von sinnlicher Vergegenwärtigung des Göttlichen im Gebrauch war. Hierher gehören auch die Symbole göttlicher Zeugungskraft und Fruchtbarkeit, wie der Phallos in den Dionysien; ferner die verschiedenen Attribute der Gottheiten, wie der Mischtrank, die mystische Lade, die Fackel, der Blumenkorb in den Mysterien der Demeter, die Zimbel in den phrygischen Mysterien, die Schlangen, [* 71] der Eppich, der Thyrsos, [* 72] das Hirschkalbfell (Nebris), der Schwingkorb, Kreisel und Spiegel [* 73] bei den Dionysien, das Sistrum [* 74] bei den Isismysterien.
Die Festfeier (Orgia) selbst war bei den Mysterien ebenfalls größtenteils symbolischer Art. Sie bestand aus mimisch-dramatischen Aufführungen der Göttergeschichte, z. B. des Raubes der Persephone, [* 75] des Leidens und Sterbens des Dionysos [* 76] etc. Die Aufnahme in die Mysterien erfolgte mittels feierlicher Weihe, wobei der Mystagog dem Aufzunehmenden den Eid der Verschwiegenheit abnahm, und durch verschiedene Grade. Die, welche die Vorweihe erhalten hatten, hießen Mysten, die völlig Eingeweihten Epopten. In manche Mysterien konnten alle, in andre bloß Frauen aufgenommen werden; noch andre waren auf streng geschlossene Kreise [* 77] beschränkt.
Über die den Eingeweihten mitgeteilte Lehre [* 78] steht nur so viel fest, daß den Kern der berühmtesten Mysterien, der Eleusinischen, der Unsterblichkeitsglaube als der Glaube an ein Leben im Jenseits bildete, wogegen die von dem Physiker Schweigger in zahlreichen Schriften niedergelegte Ansicht, physikalische Lehren [* 79] und Experimente, namentlich elektrischer Natur, hätten den Grund insbesondere der samothrakischen Mysterien ausgemacht, sicher das Richtige verfehlt hat. Über das negative Resultat andrer Bemühungen, den Grund der Mysterien zu erforschen, liefert Lobecks »Aglaophamus« (Königsb. 1829) erschöpfenden Aufschluß.
Was die Geschichte der Mysterien betrifft, so sind unter den sporadisch vorkommenden Gebräuchen vor allen die Reinigungen und Sühnungen sehr alt und eigentlich das Grundelement der Mysterien Zusammenhängendere Gebräuche mystischen Charakters haben sich besonders früh in den chthonischen Götterdiensten entwickelt, z. B. zu Ephyra in Thesprotien, zu Phigalia in Arkadien, zu Hermione etc. Als bestimmtere Arten mystischen Dienstes treten zuerst innerhalb der Demeterreligion die Thesmophorien und Eleusinien hervor.
Jene sind rein cerealisch und beruhen auf der religiösen Auffassung der Erde als fruchtbarer Mutter und des aus der Pflege des Erdbodens hervorgehenden sittlichen Gewinns, während sich in diesen mit dem cerealischen Glauben noch ein Element des Dionysosdienstes verbunden hat. Nächst den Eleusinien galten die samothrakischen Mysterien für die heiligsten, besonders unter den asiatischen und thrakischen sowie allen seefahrenden Griechen. Sehr alt und angesehen waren auch die Mysterien des Zeus auf Kreta, deren Feier gewöhnlich auf hoch gelegenen Punkten unter freiem Himmel [* 80] und bei Tag stattfand.
Aus dem Dionysosdienst gingen die Triëterischen Nächte hervor, ein durch ganz Griechenland [* 81] verbreitetes, höchst fanatisches Frauenfest. Nachmals gehörten die Mysterien der Kybele [* 82] zu den verbreitetsten und ausgebildetsten. Eine Weihe der Hekate [* 83] kannte man in Ägina, Thessalien und auf Samothrake.
Auch Mysterien der Aphrodite gab es, die jedoch denen der Kybele insofern gerade entgegengesetzt waren, als in diesen die Verstümmelung der Geschlechtsteile, in jenen der Geschlechtsgenuß bis zur Prostitution heiliges Gesetz war. Sie wurden auf Cypern [* 84] sowie in vielen griechischen Staaten, später namentlich zu Athen, begangen. Auch die ägyptische Isis [* 85] mit der zu ihr gehörigen Umgebung war ein allgemeines Naturwesen derart, wie es nur in mystischer Weise ausgedrückt und verehrt werden konnte.
Die Orphischen Mysterien entstanden zuerst aus dem thrakischen Dionysosdienst, zogen aber später gleichfalls den verschiedenartigsten Aberglauben in ihren Bereich. Sie machten sich in Athen bereits zur Zeit der Peisistratiden geltend und verbreiteten sich dann besonders im Lauf des Peloponnesischen Kriegs. Orphisch und mystisch wurde zuletzt fast gleichbedeutend und Orpheus [* 86] als der Stifter sämtlicher Mysterien des Altertums angesehen. Mit der Ausbreitung der christlichen Religion verschwanden im 2. und 3. Jahrh. allmählich die Mysterien.
Vgl. Sainte-Croix, Recherches historiques et critiques sur les mystères du paganisme (2. Aufl. von de Sacy, Par. 1817, 2 Bde.; deutsch, Gotha [* 87] 1790);
Muth, Über die Mysterien der Alten (Hadamar 1842);
Welcker, Griechische Götterlehre (Bd. 2, S. 511 ff.);
Foucart, Bulletin de correspondance hellénique (Bd. 7);
Heine, Die germanischen, ägyptischen und griechischen Mysterien (Hannov. 1879).
im Mittelalter eine Art geistlicher Schauspiele, in welchen Szenen der heiligen Geschichte, besonders der Passion, der Auferstehung und der Wiederkunft des Heilands, dargestellt wurden. Die Aufführung fand im Anfang nur in den Kirchen durch Geistliche und Chorknaben statt, später auch auf Straßen und öffentlichen Plätzen von eigens dazu gebildeten Gesellschaften, insbesondere zu Ostern und Pfingsten. Geschichtlich kann man die Spuren der Mysterien bis ins 11. Jahrh. zurück verfolgen.
In der frühsten Zeit bestanden sie fast ausschließlich in pantomimischen Darstellungen; der Dialog kam erst später hinzu, und der Text war anfangs, solange nur Geistliche die Spielenden waren, ganz oder zum größten Teil lateinisch abgefaßt, erst später in deutscher Sprache; [* 88] übrigens wechselten Gesänge mit der Rede. Zu den ältesten der auf uns gekommenen deutschen Dramen dieser Art gehören Bruchstücke eines Passionsspiels aus dem Anfang des 13. Jahrh. (hrsg. von Bartsch in der »Germania«, [* 89] Bd. 8),
sodann das »Spiel von den klugen und thörichten Jungfrauen« ¶
(1322 zu Eisenach [* 91] aufgeführt) und das »Spiel von St. Katharina«. Im 15. und 16. Jahrh. fand die Aufführung in Frankreich von einer privilegierten Gesellschaft, der »Confrérie de la Passion« (s. d.), welche von Ort zu Ort zog, und zwar im Freien auf Spielwagen (pageants) statt. Die Bühnen der Wagen waren in drei Stockwerke, zur Darstellung des Himmels, der Erde und der Hölle, geteilt und mit Teppichen behängt; der unterste Teil des Raums diente als Ankleidezimmer. In England unterschied man Darstellungen der göttlichen Geheimnisse (mysteries), solche der Wunder der Heiligen (miracles) und solche moralischer, lehrhafter Handlungen aus der biblischen Geschichte (moralities). Überbleibsel der Mysterien sind die Passionsspiele (s. d.) in Oberammergau und in Tirol. [* 92] Sammlungen französischer Mysterien veranstalteten Monmerqué und Michel (»Théâtre français du moyen-âge«, Par. 1839) und Jubinal (»Mystères inédits du XV. siècle«, das. 1837, 2 Bde.); deutsche Mysterien veröffentlichen Mone (»Altdeutsche Schauspiele«, Quedlinburg [* 93] 1841, und »Schauspiele des Mittelalters«, Karlsr. 1846, 2 Bde.) und Kummer (»Erlauer Spiele. Sechs altdeutsche Mysterien«, Wien [* 94] 1882).
Vgl. Wright, Early English mysteries (Lond. 1838);
Devrient, Geschichte der deutschen Schauspielkunst, Bd. 1 (Leipz. 1848);
Pichler, Über das Drama des Mittelalters in Tirol (Innsbr. 1850);
Hase, [* 95] Das geistliche Schauspiel (Leipz. 1858);
Ebert, Die englischen Mysterien (im »Jahrbuch für roman. und engl. Litteratur«, Bd. 1, das. 1859);
Derselbe, Die ältesten italienischen Mysterien (ebenda, Bd. 5, 1863);
Reidt, Das geistliche Schauspiel des Mittelalters in Deutschland (Frankf. 1868);
Wilken, Geschichte der geistlichen Spiele in Deutschland (Götting. 1872);
Petit de Juleville, Histoire du théâtre en France.
Les mystères (Par. 1880, 2 Bde.).
(griech.), geheimnisvoll, in geheimnisvolles Dunkel gehüllt.
(griech.), Geheimnis (s. Mysterien);
auch s. v. w. Arcanum, Geheimmittel.
(franz.), hinters Licht [* 96] führen, d. h. jemand durch Benutzung seiner Leichtgläubigkeit zum besten haben, foppen;
daher Mystifikation.
und Mystizismus (griech., verwandt mit Mysterium) bezeichnet nach herrschendem theologischen Sprachgebrauch zunächst eine Richtung des religiösen Lebens, welche ihre bestimmtere Ausprägung zwar erst im Gegensatz zur scholastischen Theologie des Mittelalters gefunden hat, aber schon in den dem Dionysios Areopagita zugeschriebenen Schriften Vertretung findet und durch sie mit dem Neuplatonismus zusammenhängt. Der Name Mystik an sich führt nicht weiter als auf eine Geheimlehre, in welche nur Auserwählte eingeweiht werden; erst die Geschichte der christlichen Theologie hat den Begriff abgerundet.
Wie aber unmittelbare Vereinigung mit Gott das letzte Ziel schon der heidnischen Mysterien (s. d.) gebildet hatte, so heißt Mystik auch im christlichen Sinn vornehmlich die durch den Areopagitischen Gottesbegriff geleitete Andacht, in welcher die Überschreitung aller verstandesmäßigen Vermittelungen bis zum Aufgeben des bestimmten Bewußtseins in das unterschiedslose Wesen Gottes als etwas schon in der irdischen Gegenwart Erreichbares erstrebt wird, während die Scholastik dasselbe Ziel alles christlichen Strebens erst im jenseitigen Leben für erreichbar erachtete.
Wenn daher die Scholastik auf eine Weltanschauung der Transcendenz in Form eines dialektischen Verstandesformalismus hinausläuft, sucht die Mystik die Immanenz des Unendlichen im Endlichen zugleich praktisch zu erfahren und theoretisch festzustellen. Dieses in allen Wesen gleichmäßig vorhandene Allgemeine kann ebendarum nichts Bestimmtes, Persönliches sein, weshalb alle ausgeprägte Mystik mit dem Pantheismus wahlverwandt ist. An sich beruht sie auf einer besondern Virtuosität einseitig und exzentrisch religiöser Naturen, welche nicht jedermanns Sache ist. Es liegt ihr auch nahe, weil Gott »alles in allem« ist, ebendarum auch phantastische und überschwengliche Regungen des Gemütslebens direkt auf Gott als die erste Ursache zurückzuführen, daher der moderne Sprachgebrauch mit dem Namen Mystizismus gewöhnlich allerlei frucht- und ziellose Gelüste bezeichnet, mit übersinnlichen Wesen in geheimnisvolle Berührung zu treten.
Nachdem die griechische Philosophie im letzten Stadium ihrer Entwickelung derartigen Tendenzen Raum gegeben, mußte sie notwendig in den neuplatonischen Mystizismus auslaufen, der sich von dem echten Platonismus grundsätzlich durch Aufnahme eines ekstatischen Erkenntnisprinzips unterscheidet. Während aber die daran anknüpfende morgenländisch-christliche Mystik des Areopagiten die Frage nach der Erkenntnis Gottes und der Idealwelt in den Vordergrund stellt, weist die abendländische Mystik zunächst wieder mehr praktischen Gehalt auf; sie strebt nach unmittelbarer Vereinigung mit Gott. Aber auch hier unterscheiden sich wieder sehr bestimmt die romanische Mystik, die durch Johannes Scotus Erigena mit dem Areopagiten zusammenhängt, in Bernhard von Clairvaux, den Viktorinern und in Bonaventura, überhaupt zum Teil in denselben Männern, welche gleichzeitig die Scholastik kultivieren, ihre Hauptträger besitzt und mehr nur eine psychologische Theorie der mystischen Andacht repräsentiert, und die germanische Mystik, welche, von Meister Eckard, Tauler, Suso, Ruysbroek u. a. vertreten, durchaus spekulativ verfahrend, denselben Prozeß, welchen jene nur nach seiner subjektiven Seite auffaßte, objektivierte, in das Wesen Gottes verlegte und so jene Anschauungen von demselben gewann, welche dann wieder von Jakob Böhme, Schelling und andern Theosophen und Philosophen der Neuzeit aufgenommen wurden. In naturalistischer Färbung fand der neuere Mystizismus Vertretung durch Paracelsus, Bruno, Campanella u. a., in katholisch gläubigem Sinn durch Franz von Sales, Angelus Silesius und den Quietisten Molinos.
Vgl. Tholuck, Blütensammlung aus der morgenländischen Mystik (Berl. 1825);
Heinroth, Geschichte und Kritik des Mystizismus (Leipz. 1830);
Görres, Die christliche Mystik (2. Aufl., Regensb. 1879, 5 Bde.);
Helfferich, Die christliche Mystik in ihrer Entwickelung und ihren Denkmalen (Hamb. 1842, 2 Bde.);
Pfeiffer, Deutsche [* 97] Mystiker des 14. Jahrhunderts (Leipz. 1845-57, 2 Bde.);
Noack, Die christliche Mystik (Königsb. 1853, 2 Bde.);
Hamberger, Stimmen aus dem Heiligtum der Mystik (Stuttg. 1857, 2 Bde.);
Preger, Geschichte der deutschen Mystik im Mittelalter (Leipz. 1874-81, 2 Bde.);
Heppe, Geschichte der quietistischen Mystik in der katholischen Kirche (Berl. 1875);
Derselbe, Geschichte des Pietismus und der Mystik in der reformierten Kirche (Leiden 1879);
Denifle, Das geistliche Leben.
Blumenlese aus den deutschen Mystikern des 14. Jahrhunderts (2. Aufl., Graz [* 98] 1878).
(griech.), s. v. w. geheimnisvoll, durch geheimen Sinn dunkel;
der Mystik (s. d.) angehörig, huldigend.
Mystisches Testament, eine letztwillige Verfügung, in welcher der Erbe nicht genannt oder eine sonstige wesentliche Bestimmung nicht enthalten, sondern statt dessen auf eine andre Urkunde verwiesen ist, wo sich dieselbe vorfinden soll. ¶