ersetzen, welches die inzwischen stärker gewordenen
Brustharnische zu durchschießen vermochte, das anfangs bei 240 m Tragweite
70, dann 50, im 17. Jahrh. 40 und später 30-40 g schwere
Kugeln schoß. Wegen der
Schwere der Muskete von 9-10 kg war der Mann
zum Tragen derselben nicht nur mit einem
Kissen auf der
Schulter, sondern auch mit einer Musketengabel
zum
Auflegen beim
Feuern versehen. Die damit bewaffneten Leute hießen Muketiere. Unter
Karl V. waren bei jeder
FahneLandsknechte
[* 2] zehn derselben, die immer an der
Spitze marschierten.
Bald neben den Pikenieren in allen
Heeren eingeführt, stieg ihre Zahl nach und nach immer mehr.
GustavAdolf erleichterte die Musketen, machte dadurch die
Gabeln entbehrlich und brachte es durch häufige Übung seiner
Musketiere
dahin, daß sie auf
Kommando in
Gliedern feuern und auf der
Stelle wieder laden lernten, während die deutschen
Musketiere nach
abgegebenem
Feuer hinter die
Fronte ihrer Abteilung liefen, um dort wieder zu laden.
Friedrich d. Gr. hatte
die Feuergeschwindigkeit zu fünf
Schuß in der
Minute entwickelt. Gegen Ende des 17. Jahrh. verdrängten die
Füsiliere (s. d.)
die
Musketiere, wenigstens in
Frankreich; die Benennung
Musketiere ist jedoch in den meisten deutschen
Armeen zur Bezeichnung
der beiden ersten
Bataillone der Linieninfanterieregimenter beibehalten worden.
(Musketonner), früher kleines
Geschütz von
ca. 4,5cmKaliber, welches
Kugeln von
Eisen,
[* 3] 330 g, oder von
Blei,
[* 4] 400 g
schwer, mit gleich schwerer Pulverladung schoß.
(Rübenmusmaschine),
Maschine
[* 10] zum Zerteilen der Futterrüben zu einer breiartigen
Masse, dem
Mus, um dieses,
gemischt mit andern Futtermitteln, zu verfüttern.
Die Musmaschine, welche vor einigen Dezennien in der
Konstruktion von Bentall in
Heybridge
(England) sehr beliebt war, ist derzeit durch die Rübenschneidmaschine, welche das
Material in
Streifen schneidet,
nahezu verdrängt worden, da bei letzterer kein Saftverlust stattfindet.
Titel eines althochdeutschen (wahrscheinlich von einem
Bayern)
[* 11] in allitterierenden
Versen abgefaßten Gedichtfragments,
das zuerst von
Schmeller herausgegeben und erläutert wurde
(Münch. 1832). Es enthält eine im christlichen
Sinn gehaltene
Darstellung des
Weltuntergangs und daran geknüpfte
Mahnungen zur
Buße. Über die Bedeutung des
Wortes Muspilli gehen
die
Ansichten auseinander. Man vermutet, daß das
Fragment auf die leeren
Blätter und Ränder der
Handschrift, in der es
uns erhalten ist, eigenhändig von
Ludwig dem
Deutschen (gest. 876) geschrieben sei.
Vgl.
Vetter, Zum und zur altgermanischen
Allitterationspoesie
(Wien
[* 12] 1873).
Hierbei hatte er so großen Erfolg, daß er sehr bald noch zwei
Fabriken zu St. Helens und
Newton anlegen
konnte. Mit Tennant in
Glasgow
[* 17] führte Muspratt den
Schwefelkies an
Stelle des
Schwefels in die Schwefelsäurefabrikation ein. 1846 gründete
er auf
Liebigs Anregung eine Mineraldüngerfabrik, die zwar bald wieder einging, aber den Anstoß zu der
gegenwärtigen bedeutenden Kunstdüngerfabrikation gegeben hat. Muspratt gilt als Mitbegründer der chemischen
Großindustrie und
namentlich als
Urheber der Sodafabrikation. Seine
Fabriken in
Liverpool,
Widnes und
Flint waren Musteranstalten und dienten als
Vorbild für zahlreiche andre
Fabriken des In- und
Auslandes. -
Sein Sohn
JamesSheridan, geb. studierte in
Gießen
[* 18] und
München
[* 19]
Chemie, erwarb sich durch zahlreiche Forschungen auf dem Gebiet der angewandten
Chemie einen geachteten
Namen und schrieb: »Dictionary of chemistry«
(Glasgow 1853, 2 Bde.; deutsch, bearbeitet von
Stohmann und
Kerl als »Theoretische,
praktische und analytische
Chemie in Anwendung auf
Künste und
Gewerbe«, 3. Aufl., Braunschw. 1873 bis 1880, 7 Bde.; 4. Aufl. 1885 ff.).
Aräometer,
[* 26] s. Spezifisches Gewicht. ^[= (Dichte, Dichtigkeit) eines Körpers ist die Zahl, welche angibt, wie vielmal der Körper schwerer ...]
[* 27]
ostindisches, jetzt in Europa
[* 30] dargestelltes feines, locker gewebtes, halbdurchsichtiges baumwollenes Gewebe,
[* 31] kommt glatt, gestreift, durchbrochen, geblümt und bedruckt vor und zeichnet sich durch einen zarten Flaum aus, welchen der
wenig gedrehte Faden
[* 32] erzeugt. Das Garn wird jetzt ausschließlich auf Maschinen gesponnen, aber auf dem Handstuhl verwebt, weil
der Stoff für den Maschinenstuhl zu zart ist. Man war auch gezwungen, ihn in feuchten Kellerräumen herzustellen, und erst
durch die Vermischung der Schlichte mit Glycerin ist diese ungesunde Arbeit beseitigt worden, weil die glycerinhaltige Schlichte
nicht trocknet. In Ostindien
[* 33] verarbeitet man jetzt auch englische Garne, und nur in Dacca hat sich das Handgespinst
erhalten, aus welchem wahrhafte Wunder derWeberei
[* 34] hergestellt werden.
Tafelglas mit durchsichtigen Dessins auf mattem Grund oder umgekehrt, meist zur Verglasung
von Vorhausthüren etc. dienend, wird durch Auffritten von leicht schmelzbarem Bleiglaspulver,
welches also eine rauhe, undurchsichtige Schicht gibt, oder durch Aufschmelzen von Email dargestellt. Das staubfeine Glas- oder
Emailpulver wird mit Wasser angerührt und mittels eines Pinsels gleichmäßig aufgetragen. Nach dem Trocknen bedeckt man die
Glasplatte mit einer Schablone aus dünnem Messingblech, bürstet das durch die Schablone nicht geschützte
Pulver ab und erhitzt nun die Platte bis zum beginnenden Schmelzen des letztern. Durch das Sandblasverfahren, welches ein gefälligeres
Matt liefert und billiger ist, ist das Musselinglas fast vollständig verdrängt worden.
(spr. müssä),LouisCharlesAlfred de, einer der ersten modernen französischen Dichter,
geb. zu Paris,
[* 38] absolvierte mit Glanz das CollègeHenri IV und widmete sich, nachdem er es mit medizinischen und juristischen
Studien und mit dem kaufmännischen Beruf versucht hatte, hauptsächlich durch den Verkehr mit V. Hugo und dessen Freunden angeregt,
dem schriftstellerischen Beruf. Schon als 19jähriger Jüngling gab er seinen ersten Band
[* 39] Gedichte heraus:
»Contes d'Espagne et
d'Italie« (1830), welche sofort durch die Grazie der Form und die Tiefe der Empfindung, vielleicht auch durch die Schalkhaftigkeit,
stellenweise sogar Schlüpfrigkeit des Inhalts das allgemeinste Aufsehen erregten.
Eine zweite Sammlung (1831) machte geringeres Aufsehen, mehr dagegen eine dritte: »Un spectacle dans
un fauteuil« (1832-34, 2 Bde.),
mit dem Gedicht »La coupe et les lèvres« und dem komischen Heldenepos
»Namouna«, vielleicht dem Bedeutendsten, was die moderne französische
Dichtung überhaupt hervorgebracht hat. Mit seinen ersten dramatischen Versuchen hatte Musset kein Glück gehabt; er veröffentlichte
sie daher 1833 einstweilen in Buchausgabe (»Andrea del Sarto«, »Les caprices de Marianne«, »Fantasio«). Im Sommer 1833 erschien
in der »Revue des DeuxMondes« das große Gedicht »Rolla«, welches zu den bedeutendsten Dichtungen Mussets gezählt werden muß.
In demselben Jahr trat er in ein intimes Verhältnis mit G. Sand und unternahm mit ihr eine Reise nach Italien;
[* 40] jedoch die Verschiedenheit ihrer Naturen führte bald zu unerquicklichen Auftritten, und in Venedig
[* 41] kam es zu einem vollständigen
Bruch.
In der düstersten Stimmung kehrte Musset nach Paris zurück und schrieb seine »Confession d'un enfant du siècle« (1836, 2 Bde.),
ein Buch voll Leidenschaft und Sinnlichkeit, Unglauben und Menschenhaß. Ruhiger und gemäßigter ist er
in den Gedichten, welche von 1835 bis 1840 in der »Revue des DeuxMondes« erschienen, und die zu dem Besten gehören, was seine
Muse hervorgebracht hat, besonders: »Une bonne fortune«, »L'odeà laMalibran«, »Les nuits«, »Lettre à Lamartine«, »L'espoir
en Dieu«. Seine Antwort auf Beckers Rheinlied: »Nous l'avons eu, votre Rhin allemand!« wurde von den Franzosen als eine patriotische
That gefeiert. Alle seine Gedichte sind gesammelt unter den Titeln: »Premières poésies« (1829-35),
»Poésies nouvelles« (1836-1852)
und »Poésies complètes« (1851). Seine äußerst feinen und geistreichen Salonstücke, wie: »On
ne badine pas avec l'amour«, »Il ne faut jurer de rien«, »Un
caprice«, »Il faut qu'une porte soit ouverte ou fermée« u. a.
(gesammelt als »Comédies et proverbes«, 1856, 2 Bde.), haben den
Weg auf die Bühne gefunden und sich zum Teil bis heute auf dem Repertoire behauptet. Persönliche Erlebnisse regten Musset dazu
an, auch eine Reihe graziöser Novellen und Erzählungen zu schreiben (gesammelt unter dem Titel: »Nouvelles«, 1861),
von denen
die ersten: »Emmeline«, »Les
deux maîtresses«, »Le
[* 42] fils du Titien« u. a.,
weitaus die besten sind;
die spätern verraten die frühzeitige Ermattung des Dichters und trugen zur Erhöhung seines Ruhms
nichts mehr bei.
SeinAmt als Bibliothekar am Ministerium des Innern, welches ihm die Revolution von 1848 genommen,
gab ihm das Kaiserreich zurück; auch wurde er 1852 in die Akademie aufgenommen. Er starb in Paris. Musset nimmt unter
den französischen Dichtern seiner Zeit eine der hervorragendsten Stellen ein, als Lyriker unzweifelhaft
die erste. Gegenüber der SentimentalitätLamartines und dem SchwulstVictorHugos zeichnen sich seine Gedichte durch die tiefe
Wahrheit der Empfindung, durch Harmonie und Grazie besonders aus. Anderseits zeigt er sich so wunderlich, blasiert, so schamlos
cynisch und jedes Ideals bar, daß eine Erklärung dafür in seinem Ekel über seine eigne Liederlichkeit
und die Erbärmlichkeit seiner Zeit kaum gefunden werden kann. Die beste Ausgabe seiner Werke ist die bei Lemerre in Paris 1876
¶
SeinBruderPaul de Musset, ebenfalls Schriftsteller, geb. zu Paris, veröffentlichte zuerst eine Reihe gut geschriebener
Romane, wie: »La table de nuit« (1832),
(rätoroman., deutsch Münster),
[* 52] Dorf im gleichnamigen Thal
[* 53] des schweizer. Kantons Graubünden,
mit einem Benediktinerinnenkloster,
welches nach dem nahen Taufers »Monasterium Tuberis« genannt wurde. Das Val Mustair, deutsch Münsterthal, von der Ram, einem Zufluß
der Etsch, durchströmt, ist eins der höchsten und rauhesten der in Dörfern bewohnten ThälerEuropas
(bei Cierfs 1664 m) und verkehrt mit dem Engadin durch den Buffalora- und Ofenpaß, mit Bormio (Worms)
[* 54] durch den Bergpfad des
WormserJochs. Es ist von einem fast gänzlich rätoromanischen, größernteils protestantischen Hirtenvölklein von 1449 Seelen
bewohnt, welche sechs Gemeinden bilden.
(engl.), halbwilde Pferde
[* 55] in den amerikanischen Prärien. ^[= (franz., "Wiesen") nennt man nach dem Vorgang der Franzosen die ausgedehnten, baumlosen, ...]
gleichbedeutend mit Probe, d. h. ein kleiner Teil einer Warenpartie, nach welcher
eine größere Menge rücksichtlich ihrer Güte und Äußerlichkeit beurteilt und bestellt werden kann;
dann die Zeichnung,
welche durch die Verschiedenartigkeit der Fadenlagen oder durch Aufdrucken den gewebten, gewirkten, gestrickten,
gehäkelten etc. Waren erteilt wird;
(franz. Types), Grundstücke, welche für den Zweck der Besteuerung als Vertreter
je
einer Klasse von Ländereien ausgewählt und auf ihre Einträglichkeit näher untersucht werden.
George Chaworth, engl. Seeoffizier und Reisender, geb. zu
Neapel,
[* 59] trat 1854 in die Marine ein, machte den Krimkrieg im SchwarzenMeer mit, wurde 1861 Leutnant und war bis Juni 1866 an der
Ostküste von Südamerika
[* 60] stationiert. 1869 und 1870 führte er eine Reise durch Patagonien aus, die er in
»At home with the Patagonians« (1871; deutsch, Jena
[* 61] 1873) schilderte. Später besuchte er die Vancouverinseln und Britisch-Columbia,
dann zum zweitenmal Südamerika, namentlich Bolivia,
[* 62] wo er viele Reisen machte und geographische Studien trieb (s. Bericht darüber
im »Journal of the R. Geogr. Soc.«, Bd.
47). Ende 1878 wurde er zum englischen Konsul in Mosambik ernannt, starb aber, kurz bevor er dorthin abreisen
wollte, in London.
die ausschließliche Berechtigung des Urhebers eines neuen Warenmusters, dasselbe während einer
bestimmten Schutzfrist ganz oder teilweise nachzubilden. Der Ursprung des Musterschutzes ist in Frankreich zu suchen, wo schon 1744 die
Nachahmung fremder Seidenmuster durch die Lyoner Fabrikreglements untersagt wurde. Als mit dem Zunftzwang die Fabrikreglements
aufgehoben wurden, behielt man den Musterschutz in der richtigen Erkenntnis bei, daß der Wetteifer in der Erzeugung
geschmackvoller Muster erlöschen würde, falls dem Urheber nicht die Frucht seiner Arbeit gesichert werde.
Die allgemeine Einführung desselben erfolgte aber erst durch das Reichsgesetz vom betreffend
das Urheberrecht an Mustern und Modellen, nachdem die Erfahrung gelehrt hatte, daß die mit schweren Opfern gegründeten Musterzeichenschulen
nur der fremden Industrie zu gute gekommen waren, da alle auf den deutschen Schulen ausgebildeten Zöglinge in fremde Ateliers
übergegangen waren, um dort einen angemessenen Lohn für ihre Leistungen zu finden. Der Musterschutz erstreckt sich auf äußere Formen
und Farben an Gegenständen
¶
mehr
des materiellen Gebrauchs und zwar meist sowohl auf an der Oberfläche angebrachte Zeichnungen (Flächenverzierungen, Zeichenmuster)
als auch auf körperliche Formen und Modelle. Geschützt wird die nicht mechanische Nachbildung und Vervielfältigung des Ganzen,
insofern hierfür äußere Vorrichtungen angewandt werden. Man unterscheidet Geschmacksmuster und Nützlichkeitsmuster, je
nachdem die angewendete Form eine ästhetische Wirkung oder einen praktischen Nutzeffekt gewährt.
Frankreich und Deutschland (seit 1878 gemäß einer Entscheidung des Reichsoberhandelsgerichts) gewähren nur den Geschmacksmustern,
England und Nordamerika auch den Nützlichkeitsmustern einen Schutz. Flächenverzierungen sind stets Geschmacksmuster; Modelle
können durch ihre Form sowohl eine äußere Leistung als auch die Befriedigung des Geschmacks bezwecken. Von den
Kunstwerken unterscheiden sich die Muster und Modelle dadurch, daß erstere ausschließend den ästhetischen Zweck verfolgen,
wogegen die Muster und Modelle vorwiegend einem Gebrauchszweck dienen und nur nebenbei den ästhetischen Farben- oder Formensinn
befriedigen wollen.
Deshalb wird nach § 14 des Künstlergesetzes vom ein Werk der bildenden Kunst nicht als solches
geschützt, wenn es an einem Werk derIndustrie nachgebildet wird. Es muß dann für dasselbe der Musterschutz durch Eintragung in das
Musterregister erlangt werden. Die Kunstindustrie genießt also nur für die Vervielfältigung reiner Kunstwerke den Schutz des
Urheberrechts bis 30 Jahre nach dem Tode des Künstlers, für die dekorativen Kunstgegenstände dagegen
nur den Musterschutz auf die Dauer von höchstens 15 Jahren.
Der Musterschutz steht dem Urheber zu, und zwar gilt derjenige bis zum Gegenbeweis als Urheber, welcher das Muster bei der zur Führung
der Musterregister bestimmten Behörde zur Eintragung angemeldet und niedergelegt hat. Bei Mustern, welche von
angestellten Zeichnern in einer gewerblichen Anstalt im Auftrag des Eigentümers angefertigt werden, gilt der letztere, wenn
durch den Vertrag nichts andres bestimmt ist, als Urheber. Der Musterschutz wird sowohl Ausländern als Inländern gewährt; er ist jedoch
dadurch bedingt, daß die nach dem geschützten Muster hergestellten Erzeugnisse im Inland verfertigt sind.
Im Ausland Wohnende müssen die Anmeldung bei dem Reichsgericht in Leipzig
[* 64] bewirken.
Die Anmeldung muß erfolgen, bevor ein nach dem Muster gefertigtes Erzeugnis verbreitet wird. Die Muster können offen oder
versiegelt, einzeln oder in Paketen hinterlegt werden; doch darf ein Paket nicht mehr als 50 Muster enthalten. Die Eröffnung
der versiegelten Muster erfolgt nach drei Jahren. Die Eintragungen in das Musterregister werden monatlich
durch den »Deutschen Reichsanzeiger« bekannt gemacht. Jeder ist befugt, von dem Musterregister und von den nicht versiegelten
Mustern Einsicht zu nehmen; dagegen kann niemand die Eröffnung eines versiegelten Pakets verlangen.
Dem gewerbtreibenden Publikum wird also eine Beschränkung auferlegt, ohne daß ihm bei versiegelten Paketen
die Möglichkeit gegeben ist, den Gegenstand des Verbots der Nachbildung kennen zu lernen. Allerdings ist die offene Niederlegung
der Muster mit den Interessen des Fabrikanten selten verträglich, da das gesetzliche Verbot der Nachbildung nicht gegen eine
Ausbeutung der Arbeit des Erfinders schützt, welche den Thatbestand einer Nachbildung nicht enthält.
Besonders in der Textilindustrie wird das »Anempfinden« der Muster mit Recht beinahe ebensosehr gefürchtet wie die eigentliche
Nachahmung. Deshalb gestatten sämtliche
europäische Musterschutzgesetze die versiegelte Niederlegung wenigstens für
das erste Jahr der Schutzfrist. In England und Rußland besteht jedoch die zweckmäßige Vorschrift, daß jedes
nach einem geschützten Muster angefertigte Fabrikat mit der Bezeichnung »Registriert« versehen sein muß; jeder
Käufer ist also hier darüber unterrichtet, ob an der Ware ein Musterschutz besteht. Der Musterschutz wird nach der Wahl des Anmeldenden auf 1-3
Jahre vom Tag der Anmeldung an gewährt. Diese Schutzfrist kann auf Antrag des Urhebers, welcher auch schon
gleich bei der Anmeldung gestellt werden kann, bis auf 15 Jahre verlängert werden. Die Gebühren für jede Eintragung betragen 1 Mk.
für jedes der ersten drei Jahre, für jedes weitere Jahr bis zum 10. Jahr 2 Mk. und weiter bis zum 15. Jahr 3 Mk.
Der Musterschutz erstreckt sich auf die Anwendung des Musters in allen Zweigen der Industrie; doch können Flächenmuster
durch plastische Erzeugnisse und Modelle durch Flächenerzeugnisse ohne Genehmigung des Musterberechtigten nachgeahmt werden.
Innerhalb dieser beiden Hauptgattungen dagegen umfaßt das Musterrecht alle möglichen Arten der Ausführung. Eine verbotene
Nachbildung liegt auch dann vor, wenn die Nachahmung in andern Farben oder Dimensionen oder mit einzelnen
gleichgültigen Veränderungen ausgeführt ist; dagegen ist die freie Benutzung einzelner Motive zur Herstellung eines neuen,
wirklich originalen Musters nicht verboten. Die Strafen der verbotenen Nachbildung sind dieselben, welche durch das Gesetz vom gegen
den Nachdruck (s. d.) angedroht sind. Auch das Verfahren bei der Verfolgung des Vergehens und die Verjährung
desselben richten sich nach den durch das erwähnte Gesetz gegen den Nachdruck gegebenen Regeln. Bis Ende 1886 waren 581,164
Muster angemeldet.
In England, wo früher verschiedene Gesetze für Muster zur Verzierung und für Nützlichkeitsmuster galten, wurde durch das
Patent-, Muster- und Markenschutzgesetz vom der Musterschutz auf alle Arten von Warenmustern ausgedehnt. Das Urheberrecht steht
dem Erfinder zu, sofern er das Muster nicht gegen Bezahlung für einen Dritten angefertigt hat. Das Muster wird bei dem Patentamt
in London registriert, ohne daß der Eintragung eine Prüfung über die Berechtigung des Antragstellers
vorhergeht. Dagegen steht dem wirklichen Urheber die Klage auf Löschung der unberechtigten Eintragung oder auf Übertragung
derselben auf seinen Namen zu. Das Musterregister selbst wird nach Warenklassen geführt; dasselbe Muster kann für mehrere
Klassen eingetragen werden.
Außer in Deutschland, Frankreich und Großbritannien
[* 65] hat der auch in Österreich
[* 66] (1858), Rußland (1864),
Belgien
[* 67] und den Vereinigten Staaten
[* 68] Eingang gefunden. In Belgien gilt das französische Dekret von 1806; in den Vereinigten Staaten
ist der Musterschutz durch das Patentgesetz vom geregelt. Alle diese Gesetzgebungen schreiben die Hinterlegung des Musters als
Bedingung für den Musterschutz vor. Die Geheimhaltung des hinterlegten Musters ist in Österreich und Rußland für
ein Jahr zugelassen. In England ist die Einsicht der eingetragenen Muster Dritten erst nach Ablauf
[* 69] des fünfjährigen Musterschutzes
gestattet. Doch kann jeder unter Vorlegung der mit dem Eintragungsvermerk versehenen Ware sich beim Patentamt darüber unterrichten,
ob und für welche Warenklassen die Eintragung besteht. In Frankreich findet unbedingte Geheimhaltung
der hinterlegten Muster statt. Die Dauer des Musterschutzes ist in
¶
mehr
Frankreich unbegrenzt; sie beträgt in Nordamerika höchstens 14, in Rußland 10 und in Österreich höchstens 3 Jahre. In England
begründet die Eintragung für die Dauer von fünf Jahren das ausschließliche Recht zur Anwendung des Musters in den Warenklassen,
für welche es eingetragen ist. In England und in Österreich wird nur die wissentliche und betrügerische
Nachahmung gestraft, während Frankreich auch ohne solche Verschuldung die Konfiskation eintreten läßt.
Die ökonomische Musterung der Truppen, in Deutschland meist durch die Brigadekommandeure
in Gemeinschaft mit einem Intendanturbeamten abgehalten, soll das Vorhandensein der vorschriftsmäßigen
Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände nach den hierfür geltenden Etats für Kriegs- und Friedensstärke in den Händen
der Leute und auf den Montierungskammern nachweisen.
solche Wirtschaften, die durch ihre Einrichtung und Führung andern Wirtschaften zum Muster dienen
sollen. Zu der Zeit, als es bei uns noch an Gelegenheit zur Erlernung richtigen landwirtschaftlichen
Betriebs fehlte, waren die gut geführten Wirtschaften einzelner Privaten die von den Standesgenossen eifrig besuchten Orte,
um sich durch Augenschein von dem Bessern belehren zu lassen (so z. B. ThaersWirtschaft in Celle,
[* 71] s. Landwirtschaft, S. 477).
Dadurch veranlaßt, errichteten dann die Regierungen solche und zwar da, wo sie glaubten, am meisten Nutzen
damit zu stiften, nämlich in Verbindung mit den Lehranstalten für Landwirte (s. Landwirtschaftliche Lehranstalten). So entstand
die Akademie mit Musterbetrieb und so die Meinung, daß eine Lehranstalt ohne diese Zugabe wirkungslos bleibe.
Man vergaß aber dabei leider, den Besuchern auch Einsicht in die verwendeten Mittel zu gewähren, und
als es dann bald nicht mehr an einer genügenden Zahl von gut geführten Wirtschaften fehlte und diese selbstverständlich
größern Vertrauens sich erfreuten als jene, welche aus dem großen Staatsfonds unterhalten wurden, verloren allmählich
die an Interesse. Gegenwärtig errichtet man sie staatlicherseits nur noch da, wo es unter den Privaten
an Musterbetrieb fehlt, oder man unterstützt einzelne Private in ihrem Thun. Notwendig ist aber, wenn die Musterwirtschaft
belehrend für andre wirken soll, daß sie im ganzen Betrieb offen vor jedermann daliege und in allem sich auszeichne. Sie
muß nicht Fremdes, sondern das für die lokalen Verhältnisse Beste darstellen, richtig organisiert und
dirigiert werden und ihre Resultate auf Grund exaktester Buchführung veröffentlichen.
Vgl. Schwarz, Die bäuerlichen Musterwirtschaften, Berl.
1851).
in
früherer Bedeutung fast ausschließlich Schulen zur Ausbildung der Musterzeichner oder Dessinateure,
wie sie an Orten mit ausgedehnter Textilindustrie, auch wohl in unmittelbarer Verbindung mit großen Fabriken für Stoffweberei,
Gobelinsmanufakturen u. dgl. bestanden. In England existierte seit 1847 die School of design (London, SomersetHouse) als Zentralanstalt
für Musterzeichner, um welche sich Zweigschulen in den Provinzen gruppieren sollten; 1851 gab es erst 20 dieser letztern,
und ihr Wirken war ein ziemlich fruchtloses geblieben, weil sie der Grundlage eines allgemeinen rationellen
Zeichenunterrichts ermangelten.
Die seit der Ausstellung von 1851 durchgeführte Organisation der von den Gemeinden mit staatlicher Beihilfe unterhaltenen National
training schools for art, welche 1863 bereits über das ganze Königreich verbreitet waren und 87,389 Schüler zählten, mit
der Schule des Kensington-Museums als oberster und leitender Anstalt, ist nach und nach unter Berücksichtigung
der Landesverhältnisse überall nachgeahmt worden. Aus den Musterzeichenschulen haben sich später in England wie auf dem ganzen Kontinent kunstgewerbliche
Lehranstalten entwickelt, welche entweder alle Zweige der Kunstindustrie berücksichtigen, oder nur die in der betreffenden
Gegend besonders gepflegten, oder nur den Zeichenunterricht kultivieren. Vgl. Kunstgewerbeschulen.
Andreas, neugriech. Gelehrter, geb. 1785 auf Korfu,
[* 72] studierte in Pavia die Rechte, ward nach der Herausgabe
seiner »Notizie per servire alla storia Corcirese dal tempi eroici al secolo XII«
(Korfu 1804) von der Republik der SiebenInseln zum Historiographen ernannt und machte dann eine wissenschaftliche Reise nach
Italien, wo er seine »Illustrazioni Corciresi« (Mail. 1811-14, 2 Bde.) herausgab, und weiter nach Frankreich und Deutschland.
Er erhielt von der russischen Regierung 1820 einen Gesandtschaftsposten in Turin,
[* 73] gab bald darauf zu Venedig seine »Considerazione
sulla presente lingua dei Greci« (Vened. 1825) heraus und ward 1828 von Kapo d'Istrias zur Leitung des
öffentlichen Unterrichts und zur Aufsicht über die Zentralanstalt zu Ägina berufen. Nach Kapo d'Istrias' Tod nach Korfu zurückgekehrt,
wurde er zum Mitglied der Gesetzgebenden Versammlung der Ionischen Inseln ernannt, schrieb die »Renseignements sur la Grèce
et sur l'administration du comte Capodistrias« (Par. 1833) und starb in
Korfu. Außer durch die erwähnten Werke hat sich Mustoxydis noch besonders durch seine italienische Übertragung altgriechischer Historiker
und durch Sammlung bisher unbekannter mittelgriechischer Texte verdient gemacht.
Gemütsstimmung, welche sich durch die Vorstellung drohender Gefahren nicht schrecken läßt, sondern vielmehr
durch dieselbe zu energischer Gegenwehr und tapferm Entgegengehen befeuert wird, also das Gegenteil der Feigheit (s. d.).
(Motenebbi), berühmter arab. Lyriker, geb. 915 n. Chr. zu Kufa, studierte in Damaskus und gab sich später für
einen Propheten (Nabi) aus, weshalb er den Beinamen »al Mutanabbi« (der Prophet sein wollende) erhielt. Seit 948 lebte er zu
Aleppo in der Gunst des FürstenSeif ud-Daulah, seit 957 in Ägypten,
[* 79] seit 961 in Bagdad, endlich in Schiraz. 965 ward
er auf einer Reise von Beduinen ermordet. Sein vielbewunderter »Diwan«, eine Sammlung von 289 Gedichten, durch Genialität und
Witz ausgezeichnet, aber durch oft geschmacklose Übertreibung und stillose Vermischung von Altem und Neuem sowie durch
niedrige Schmeichelei verunziert, ist mit dem Kommentar des Wahidi von Dieterici (»CarminaMutanabbii«,
Berl. 1858-61) herausgegeben; übersetzt ist er von Hammer-Purgstall (Wien 1823).
Nzige (Luta Nzige), großer afrikan. See, südwestlich vom Mwutan, mit dem er vermutlich durch den Dueru-Kabibbi
verbunden ist. In seinem nördlichen Teile liegt die große Insel Usongora.
Der See wurde 1876 von Stanley
entdeckt, ist aber erst in neuester Zeit durch Emin Pascha erforscht worden.
die Periode, in welcher sich bei beiden Geschlechtern eine bedeutende Veränderung und Vervollkommnung der Stimme
in jeder Hinsicht offenbart (Stimmbruch, Stimmwechsel), welche Periode bei Mädchen vom 12.-16., bei Knaben
vom 14.-18. Jahr eintritt. Die tiefer werdende Stimme entspricht einem Längerwerden der Stimmbänder durch allgemeines Wachstum
des Kehlkopfes. Diese Veränderung steht mit der Entwickelung der Genitalien im innigen Zusammenhang; bei Kastraten findet keine
Mutation statt. Während der manchmal ein ganzes Jahr dauernden Mutation darf der Knabe nicht singen, wenn er sich
nicht die Stimme für die Zukunft verderben will.
»Johannes Urbach« (in Gierkes »Untersuchungen«, Bresl. 1882).
Auch gab er Joh. Urbachs »Processus judicii« (Halle 1873) und mit E. I. ^[ErnstImmanuel] Bekker und Stobbe
das »Jahrbuch des gemeinen deutschen Rechts« (Leipz. 1857-62, 6 Bde.)
heraus.
die im Mittelalter bei Lehns- und Stammgütern von den Mitbesitzern
vorgenommene Teilung derNutzungen, während das Eigentum ungeteilt blieb. Aber auch auf die Regierungsnachfolge wurde dieses
System, solange die Primogeniturordnung nicht eingeführt war, zuweilen angewendet. So war z. B.
den SöhnenJohannFriedrichs des Großmütigen von Sachsen
[* 89] die wirkliche Teilung ihrer gemeinschaftlichen
Lande in dem väterlichen Testament untersagt, weshalb sie, um nicht gemeinschaftlich regieren zu müssen, 1566 einen Mutschierungsvergleich
abschlossen, vermöge dessen sie sich in die Regierung und in die Nutzungen der gemeinschaftlichen Lande teilten.