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ministerium, mit offener Bogenhalle; das Herzog Max-Palais etc. Eine zweite Hauptstraße neuern Ursprungs ist die Maximiliansstraße, die vom Max Josephs-Platz bis zur Isar zieht, dort mit dem Maximilianeum (nach Bürkleins Plan) mit seiner auf hoher Terrasse in zwei Bogenreihen aufsteigenden Fassade, gekrönt von der ehernen Viktoria, geschmückt mit geschichtlichen Fresken von Piloty, Echter, Dietz und Spieß, im Innern in Ölbildern eine historische Galerie von neuern Meistern bergend, abschließt und die schönen Bauten der Kreisregierung (von Bürklein) und des Nationalmuseums (von Riedel, s. unten), dann des Wilhelmsgymnasiums u. a. umfaßt, durch eine Anzahl eleganter Cafés und viele Geschäftsläden mit den reizendsten Auslagen äußerst belebt ist und in der Osthälfte von einem Forum [* 2] mit lieblichen Blumen- und Strauchanlagen unterbrochen wird, innerhalb dessen die Standbilder des Philosophen Schelling (von Brugger), des Optikers Fraunhofer (von Halbig), des Grafen Rumford (von Zumbusch) und des Generals Deroy (von Halbig) aufgestellt sind, mächtig überragt von dem großartigen Denkmal, welches das bayrische Volk dem König Maximilian II. setzte (nach dem Modell von Zumbusch von Miller gegossen; s. Tafel »Bildhauerkunst [* 3] IX«, [* 4] Fig. 7). Auch die Brienner Straße (früher Fürstenweg), welche östlich mit dem Hofgartenthor, westlich mit den Propyläen abschließt, das Schillerdenkmal (von Widnmann), das Wittelsbacher Palais, im englisch-mittelalterlichen Spitzbogenstil 1843-1849 von Gärtner und K. Klumpp erbaut, König Ludwigs I. Residenz nach seiner Thronentsagung, und eine stattliche Reihe eleganter Häuser umschließt, den Karolinen- und den Königsplatz durchschneidet, in ihrer westlichen Verlängerung [* 5] unmittelbar nach Nymphenburg, in ihrer östlichen am Hofgarten und der Residenz vorüber durch die neue Liebigstraße zur Isar führt und so eine gerade Linie von W. nach O. durch die ganze Stadt zieht, darf hier genannt werden. Freundliche Bilder bieten auch die Sonnenstraße mit Doppelfahrbahnen zu beiden Seiten einer schattenreichen Baumanlage von der protestantischen Kirche bis zum Sendlingerthorplatz mit seiner hübschen Fontäne, die Schwanthalerstraße mit dem Schwanthaler-Museum, die zum größern Teil nur an der Westseite bebaute Königinstraße längs des Englischen Gartens, mit zierlichen Villen, u. a.
[Bauwerke.]
Außer der Dom- oder Frauenkirche, einem massiven Ziegelbau von gewaltigem Umfang (1468-88 erbaut, die Kuppeln der unvollendeten, 99 m hohen Türme im 16. Jahrh.) von Jörg Ganghofer, mit dem 1622 von Peter Candid entworfenen figurenreichen Steindenkmal Ludwigs des Bayern [* 6] und schönen ältern und neuern Glasmalereien und dem Hochaltar von Knabl, besitzt München [* 7] 9 kath. Pfarrkirchen, von denen die wichtigsten schon oben genannt sind. Erwähnung verdienen noch die Peters- und die Heiligegeistkirche ^[richtig: Heiliggeistkirche] als die ältesten, die von Ohlmüller 1831-39 im rein gotischen Spitzbogenstil erbaute, mit herrlichen Glasgemälden von H. Heß und Ainmiller und schönen Altären von Schönlaub gezierte Mariahilfkirche der Vorstadt Au und die Basilika [* 8] der Bonifaciuspfarrei, 1835-50 von Ziebland erbaut, im Innern mit offener gold- und farbenreicher Dachrüstung, einem reichen Freskenschatz von H. Heß und Schraudolph und der Grabstätte König Ludwigs I. Ferner sind die beiden protestantischen Pfarrkirchen, die griech. Kirche und die von Albert Schmid erbaute, prächtige neue Synagoge hervorzuheben.
Muster von Kirchen im vollendeten Rokokostil sind die Dreifaltigkeitskirche am Promenadeplatz, 1711, und die Johanneskirche an der Sendlinger Straße, 1733-46 erbaut. Noch sind zu erwähnen die Theatiner- und die Michaelskirche, erstere, das Grabmal König Max' II. enthaltend, im italienischen Barockstil zwischen 1662 und 1675, letztere, in deren Gruft die Reste König Ludwigs II. ruhen, im Renaissancestil 1583-91 erbaut, hauptsächlich durch ihr 29 m weites Tonnengewölbe und das Grabmal des Herzogs Eugen von Leuchtenberg, ein Meisterwerk Thorwaldsens, berühmt.
Von den übrigen öffentlichen und Privatgebäuden muß vor allen die königliche Residenz genannt werden, die aus dem Alten Schloß, dem Königsbau (am Max Josephs-Platz, von Klenze 1826-35 nach dem Muster des Palastes Pitti in Florenz [* 9] erbaut) und dem Festsaalbau (am Hofgarten, 1832-42 von Klenze im italienischen Renaissancestil mit balkonartigem Loggienbau, auf dem die acht Kreise [* 10] des Königreichs in Marmorfiguren von Schwanthaler dargestellt sind, erbaut) besteht, den Kapellen-, Brunnen-, Grotten-, Kaiser- und Küchenhof, die reiche Kapelle, die Schatzkammer und ein Antiquarium umschließt, in einer langen Reihe der herrlichsten Säle die seltensten Schätze an Gemälden (so in den Nibelungen- und Kaisersälen Fresken von Schnorr v. Carolsfeld, in den Odysseussälen solche von Hiltensperger), Skulpturen (vor allen im Thronsaal zwölf kolossale Standbilder der Ahnen des Königshauses von Schwanthaler), Teppichen und Geräten birgt und mit der Allerheiligenhofkirche (von Klenze 1826-37 im byzantinisch-romanisierenden Stil erbaut) verbunden ist.
Ferner sind zu nennen: die beiden Theater, [* 11] von denen das Hof- und Nationaltheater, 1811-18 von K. v. Fischer erbaut, nach dem Brand von 1823 unter Klenzes Leitung umgebaut, über 2600 Zuschauer faßt;
das kleinere Residenztheater (früher Opernhaus), welches 1760 vollendet und 1857 in reichem Rokoko wiederhergestellt wurde;
dann die ältern Fürstenhöfe (Alter Hof [* 12] und Herzog Max-Burg), die Gebäude für Kunst- und wissenschaftliche Sammlungen, Unterrichtsanstalten etc.;
der Bazar, mit den Arkaden im Hofgarten, welche teils mit geschichtlichen und symbolischen Fresken von Cornelius und seinen Schülern, teils mit den berühmten italienischen Landschaften Rottmanns, teils mit Bildern aus den griechischen Befreiungskämpfen von P. Heß geschmückt sind;
das Alte Rathaus, mit zwei ehrwürdigen Sälen und dem im barocken Stil restaurierten Ratsturm;
das Neue Rathaus, von Hauberrisser im gotischen Stil mit reichster Fassade gebaut und 1874 von den städtischen Behörden bezogen, mit zwei großen Sitzungssälen, deren einen ein großes Bild aus der Geschichte Münchens von Piloty und ein Bildnis des Prinzregenten von Friedr. v. Kaulbach schmücken, schönen Bürgermeisterzimmern u. dem vielbesuchten Ratskeller.
Ferner sind erwähnenswert: der Glaspalast an der Sophienstraße, 240 m lang, im Mittel 26 m hoch, 1854 zum Zweck der deutschen Industrieausstellung ganz aus Glas [* 13] und Eisen [* 14] erbaut und seitdem zu einer Reihe glänzender Feste und Ausstellungen verwertet;
die Alte Pinakothek (Gemäldesammlung), von Klenze 1826-36 in geschmackvoller Verwendung antiker Formen erbaut, mit 24 Standbildern berühmter Maler nach Schwanthaler;
die Neue Pinakothek, nach Voits Plänen 1846 bis 1853 erbaut, mit den von Nilson nach Kaulbachs Entwürfen ausgeführten Fresken an den leider der Unbill des Windes und Wetters sehr ausgesetzten ¶
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Außenseiten, in denen das Künstlerleben unter König Ludwig I. in Rom und [* 16] München mit genialer Offenheit geschildert wird;
die polytechnische Hochschule, von Neureuther im Renaissancestil 1865-68 erbaut, 260 m lang, mit 138 m breitem Vorbau;
die Akademie der Künste, gleichfalls von Neureuther erbaut, in italienischer Hochrenaissance, in der Hauptfronte 229 m lang;
der Zentralbahnhof, von Graff, mit mächtiger vierteiliger Einsteighalle, die über zwei Hektar Fläche bedeckt, und einem reich ausgestatteten Königspavillon;
der Ostbahnhof (in Haidhausen);
die Schrannenhalle, ein 470 m langer, von Eisen und Glas umfriedeter Marktraum mit einem Mittel- und zwei Flügelbauten;
die schon außerhalb des städtischen Weichbildes gelegenen Maximilianskasernen, mit Zeughaus und Lazarett;
die Kreisirrenanstalt in der Vorstadt Au, mit ausgedehnten Gärten;
der von Zenetti erbaute Schlacht- und Viehhof am Südbahnhof, der fast 4 Hektar Fläche bedeckt.
[Öffentliche Anlagen.]
An öffentlichen Anlagen besitzt München den schon genannten Hofgarten;
den Englischen Garten, [* 17] einen 6 km langen, 2 km breiten, durch viele Vergnügungsplätze belebten Park mit künstlich angelegtem See, Wasserfällen, zahlreichen Kanälen, Wiesen und Waldflächen, künstlichen Hügeln mit Tempelchen und den Denkmälern der um die Anlagen meistverdienten Männer;
den botanischen Garten mit Palmenhaus;
die von König Max II. geschaffenen Gasteig- und Bogenhauser Anlagen am rechten Isarufer zu beiden Seiten des Maximilianeums, die köstliche Ausblicke auf die Stadt bieten;
die südwärts gelegenen Isar-Auen, in welchen die Friedenseiche steht und das Volksbad für Frauen sich befindet, und eine Anzahl von Einzelanlagen, die allmählich einen grünenden, blumenreichen Gürtel [* 18] um die innern Stadtteile schlingen. Am Fuß einer Anhöhe, auf der die Ruhmeshalle, 1843-53 von Klenze erbaut, ein Kolonnadenbau im dorischen Stil mit zwei vorspringenden Flügeln, 70 m lang und 32 m breit, 80 Büsten berühmter Männer Bayerns umschließend, den würdigen Hintergrund der von Schwanthaler modellierten Kolossalstatue der Bavaria (fast 20 m hoch, aus 64,177 kg Erz gegossen, ein Werk des Münchener Erzgießers F. v. Miller) bildet, breitet sich die Theresienwiese aus, auf welcher das berühmte Oktoberfest (Tierschau, landwirtschaftliche Ausstellung, Pferderennen und verschiedene Volksbelustigungen) abgehalten wird.
Auch die Münchener Friedhöfe gleichen blumenreichen Gartenanlagen, veredelt durch herrliche Kunstwerke in Arkadengemälden, Standbildern und Gedenktafeln. Die Stadt hat deren fünf ohne konfessionelle Scheidung, die israelitische Gemeinde einen eignen.
[Bevölkerung.]
Die Zahl der Bewohner Münchens betrug Ende 1885 in 61,044 Haushaltungen 261,981 Seelen (darunter 221,531 Katholiken, 34,763 Protestanten u. 4854 Israeliten). Die Bevölkerung [* 19] besteht nur zu 37 Proz. aus Eingebornen, zur größern Hälfte aus zugezogenen Bayern, zu 6 Proz. aus andern Deutschen, zu 4 Proz. aus Ausländern, unter welchen die Österreicher und Ungarn [* 20] überwiegen. Es kann also weniger vom echten Münchener als vom echten Bayer gesprochen werden.
Insoweit sich noch typische Figuren des erstern finden, zeigt dieser sich bieder, trocknen Humors, schwerblütig und genußfreudig, aber auch bei schwerer Arbeit ausdauernd und kräftig, für das Fremde nicht leicht einzunehmen, auf seine Stadt und ihre Schönheiten stolz, wenn auch mit mancher großstädtischen Neuerung nicht immer sofort einverstanden. Im Hofbräuhaus, wo man sich selbst bedient, statt des Stuhls mit einem Faß, [* 21] statt des Tellers mit einem Blatt [* 22] Papier oder auch der flachen Hand [* 23] begnügt, um Stand und Würden des Nachbars unbekümmert, mit demselben rasch ein gemütliches Gespräch anknüpft, oder in den zahlreichen Lagerbierkellern (schattigen Gärten und Höfen bei den größern Brauereien im Ost- und Westende der Vorstädte), wo auch das schöne Geschlecht, das in München nicht selten seinen Namen mit Recht führt, vertreten ist, spielen sich köstliche Volksbilder ab, deren Drastik sich steigert zur Zeit des Bocks, einer im Monat Mai zum Ausschank gelangenden, besonders kräftigen Biersorte, oder des Salvators, der schon um Ostern im sogen. Zacherlbräu verabreicht wird.
[Industrie und Handel.]
Das Gewerbe (1882 wurden 22,328 Gewerbebetriebe gezählt) ist in manchen Zweigen vorzüglich vertreten, so vor allem auf dem Gebiet der Kunstindustrie, wo der Einfluß der künstlerischen Schöpfungen König Ludwigs I. und des 1851 gegründeten Kunstgewerbevereins sowie der Prachtliebe König Ludwigs II. unverkennbar von wohlthätigen Folgen war. Die Erzgießerei und Glasmalerei [* 24] stehen auf hoher Stufe. Hierher gehören auch sehr viele Etablissements für Gold-, Silber- und Juwelenschmuckarbeiten, für optische, physikalische, mathematische, chirurgische und musikalische Instrumente, für Bronze- und Zinkguß, für Leder-, Papier-, Blumen- und Tapetenfabrikation, für Seiden- und Stoffstickerei und -Wirkerei, für Waggon- und Wagenbau und -Ausrüstung, für Kunsttischlerei, Dekorationsmalerei, Steinhauerarbeiten, photographische, lithographische, xylographische und typographische Vervielfältigungen, für Herstellung von Kirchengewändern und Kirchenschmuck jeder Art. Auch das nicht oder in geringerm Maß mit den eigentlichen Kunstbestrebungen zusammenhängende Gewerbe ist reich und gut vertreten, macht sich jedoch entschieden mehr im Klein- als im Fabrikbetrieb bemerkbar. Im letztern ragen mehrere Maschinen-, Leder-, Handschuh-, Papier-, Gummiwaren-, Parfümerie-, Kerzen-, Bürsten-, Tresor-, Schirm-, Öl-, Spiritus- und Malzfabriken und ganz besonders die Bierbrauereien hervor, welche meist fabrikmäßig betrieben werden.
Ihre Zahl umfaßte Ende 1886: 39 Betriebe mit einer ungefähren Jahreserzeugung von 2¼ Mill. hl im Detailverkaufswert von mehr als 56 Mill. Mk., wovon sicherlich 1¼ Mill. hl im Wert von mehr als 30 Mill. Mk. in München selbst von Einheimischen und Fremden verzehrt werden. Der Handel Münchens ist auf manchen Gebieten bedeutend. Im Geld- und Effektenverkehr dienen die Bayrische Hypotheken- und Wechselbank, eine Reichsbankhauptstelle, eine Filiale der Königlich [* 25] Bayrischen Bank in Nürnberg, [* 26] die Bayrische Notenbank, die Bayrische Vereinsbank, die Bayrische Handelsbank, die Süddeutsche Bodenkreditbank und eine nicht unbedeutende Anzahl namhafter Privatbankhäuser dem mehr und mehr sich entwickelnden Bedürfnis.
Für den Handel mit Bodenerzeugnissen sind die großen städtischen und mehrere von Gesellschaften und Privaten betriebene Lagerhäuser, die Schranne, die Viktualienmärkte von Bedeutung. Sehr entwickelt ist der Kunsthandel, dessen Fäden alle Weltteile umspannen. Von den drei Dulten (Jahrmärkten), welche Ende Juli in der Vorstadt Haidhausen, um Ostern und Anfang Oktober in der Vorstadt Au abgehalten werden, sind die beiden letztern mit einem äußerst originellen Trödelmarkt verbunden. Von den ¶
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drei Bahnhöfen (Zentral-, Ost- und Südbahnhof) laufen acht Linien aus, die einen starken Personen- und Frachtenverkehr vermitteln; ersterm dienen im Innern der Stadt die vielverzweigte Pferdebahn sowie ein- und zweispännige Droschken und Fiaker.
[Bildungsanstalten.]
Unter den wissenschaftlichen und Bildungsanstalten behaupten die beiden Akademien der Künste und der Wissenschaften sowie die Universität (Ludwig Maximilians-Hochschule) den ersten Rang. Letztere wurde 1826 von Landshut [* 28] nach München verpflanzt und zerfällt in fünf Fakultäten, indem zu den vier gewöhnlichen als fünfte eine staatswirtschaftliche hinzugekommen ist; sie zählte im Sommer 1887: 169 Professoren und Dozenten und 3400 Studierende. Zu ihren Hilfsinstituten gehören: eine sehr gut ausgestattete Bibliothek, ein physikalisches, mathematisches und pharmazeutisch-technisches Kabinett, Kupferstich- und Gemälde-, Münzen- und Medaillensammlungen, anatomische, zoologische und botanische Sammlungen, eine medizinische, chirurgische und geburtshilfliche Poliklinik.
Mit ihr stehen in Verbindung verschiedene medizinisch-klinische Anstalten, ein katholisches geistliches Seminar (Georgianum), ein historisches, mathematisch-physikalisches, homiletisches, juristisches und philologisches Seminar, die Sternwarte, [* 29] eine forstliche Versuchsanstalt, eine Hebammen- und Veterinärschule. Außerdem besitzt eine im Sommer 1887 von 612 Hörern besuchte technische Hochschule mit einer allgemeinen, einer Ingenieur-, Hochbau-, mechanisch-technischen, chemisch-technischen und landwirtschaftlichen Abteilung, 56 Professoren und Dozenten und umfassenden Attributen, 4 humanistische Gymnasien, ein Realgymnasium, eine Kriegsschule und Kriegsakademie, eine Kunstschule für die männliche sowohl als für die weibliche Jugend, eine Musikschule, eine Industrie-, eine Baugewerk-, eine Kunstgewerbe- und eine Kreisrealschule, eine Handelsschule für Knaben und eine solche für Mädchen, eine Frauenarbeitsschule, gewerbliche Fortbildungsschulen für Knaben und Feiertagsschulen für Mädchen, ein Kreislehrerinnen- und ein Arbeitslehrerinnen-Seminar, eine Turnlehrer-Bildungsanstalt, Taubstummen- und Blindeninstitut. Die Zahl der Volksschulen betrug Ende 1887: 21; sie umfaßten in 522 Klassen 29,400 Kinder.
[Kunstsammlungen.]
Den Hauptvorzug vor andern deutschen Städten besitzt München in seinen Kunstschätzen. Voran steht die Glyptothek, 1816-30 von Klenze erbaut, in ihrer baulich-künstlerischen Ausschmückung durch Bildhauer wie Schwanthaler und Maler wie Cornelius für sich schon ein Juwel, in ihren 13 Sälen aber die hervorragendsten Werke der Bildhauerkunst von den Ägyptern und Assyrern, den Phönikern, Griechen und Römern bis zu Thorwaldsen, Rauch und ihren Schülern umfassend (s. Tafel »Bildhauerkunst IX«, [* 4] Fig. 1). Die beiden Pinakotheken zeigen in ihren gewaltigen, zum Teil mit fürstlicher Pracht ausgestatteten Räumen die Werke der Malerei aller Zeiten und Schulen, kunstsinnig geordnet, die Alte hauptsächlich um ihrer altdeutschen und niederländischen Bilder, der Werke von Rubens und des Cinquecento, der ehemals Boisseréeschen und Düsseldorfer Sammlungen und der von Cornelius in den Bogengängen in Fresken dargestellten Geschichte der Malerei wegen berühmt und besucht, gleichzeitig ein Kupferstichkabinett mit 168,000 Blättern und eine Handzeichnungensammlung von 22,000 Nummern, darunter solche von Raffael, Benvenuto Cellini, Rembrandt, Dürer und Holbein, [* 30] sowie eine 1300 Vasen [* 31] enthaltende Sammlung von unschätzbarem Wert beherbergend, die Neue nur Bilder neuerer Meister (19. Jahrh.), darunter Rottmanns enkaustisch gemalte griechische Landschaften, enthaltend.
Die naturwissenschaftlichen Sammlungen der Akademie der Wissenschaften, die Bücher- und Handschriftenschätze der Bibliothek, das Ethnographische Museum sowie die Vereinigten [* 32] Sammlungen bieten Stoff zur Belehrung und Betrachtung in Überfülle. Ganz besonders reichhaltig ist das Bayrische Nationalmuseum ausgestattet, nach den Ideen König Max' II. von Aretin angelegt, von Hefner-Alteneck und Riehl fortgeführt. Weit über 100 Freskogemälde, Szenen aus der Geschichte der Wittelsbacher darstellend, zieren die Säle.
Außerdem stehen viele Privatsammlungen dem Besuch des Einheimischen wie des Fremden offen, so die vorzügliche Gemäldesammlung des Freiherrn v. Schack (an der Brienner Straße), das Kaulbach- und das Schwanthaler-Museum etc. Im Kunstverein findet sich eine permanente Ausstellung neuer Werke lebender Meister, im Kunstgewerbeverein und in der neugeschaffenen großen Kunstgewerbehalle des vormaligen Eichthalpalais an der Theatinerstraße das Beste, was die mit der Kunst eng verbündete Industrie Münchens schafft. - Die Tonkunst wird hauptsächlich in der durch F. Lachners vieljährige Wirksamkeit zu verdientem Ruhm gelangten Musikalischen Akademie gepflegt, die in jedem Winter zwei Serien von Konzerten mit meist klassischem Programm veranstaltet, an welche sich die Quartettsoireen für Kammermusik, die Konzerte und Unterhaltungen der Gesangvereine verschiedensten Stils (unter welchen der Oratorienverein, die Liedertafel, Bürgersängerzunft und der Akademische Gesangverein die ersten Stellen einnehmen), der trefflichen Militär- und Stadtmusikkapellen anschließen.
Für weitere bildende Unterhaltung sorgt das königliche Hoftheater, welches der Oper und dem Schau- und Trauerspiel vorzugsweise gewidmet ist, während das Residenztheater unter der gleichen Leitung steht und mit demselben Personal vorzugsweise für die den Konversationston bedingenden Aufführungen bestimmt ist. Neben den Hoftheatern steht das 1865 als Aktienunternehmen gegründete, seit 1870 aber gleichfalls in den Besitz der königlichen Zivilliste übergegangene Theater am Gärtnerplatz, welches hauptsächlich Volksschauspiele, Possen und Operetten gibt.
[Behörden.]
ist Sitz der höchsten Hof- und Staatsstellen: der sämtlichen Ministerien, des Staatsrats, des obersten Gerichtshofs, des Verwaltungsgerichtshofs, des obersten Rechnungshofs, des obersten Schulrats, der Generaldirektion der Verkehrsanstalten mit Oberbahn- und Oberpostamt, des Reichsarchivs, der General-Bergwerks- und Salinenadministration und der General-Zolladministration, der Staatsschuldentilgungskommission, der Brandversicherungskammer, des landwirtschaftlichen Generalkomitees, der Landgestütsverwaltung, der höchsten Militärstellen und Kommandos, der Justiz- und Verwaltungsbehörden des oberbayrischen Regierungsbezirks. ist ferner der Sitz aller dem bayrischen Fürstenhaus angehörigen Prinzen und ihrer Hofhaltungen, vieler Gesandtschaften und Konsulate, des aus Reichsrat und Abgeordnetenkammer bestehenden Landtags, des oberbayrischen Landrats, des Erzbischofs von München-Freising und seines Domkapitels und des protestantischen Oberkonsistoriums und hat eine ständige Garnison von drei Infanterie-, zwei Artillerieregimentern, einem Trainbataillon, einer Sanitätskompanie, ¶
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mehreren Eskadrons leichter und schwerer Reiterei und der königlichen Leibgarde der Hartschiere. Gehört so auch ein großer Teil seiner Einwohnerschaft (15 Proz.) dem Beamten-, Militär-, Künstler- und Gelehrtenstand an, so bildet den Kern derselben doch die Bürgerschaft in ihren verschiedenen Verzweigungen (mehr als 60 Proz.). Sehr stark ist aber auch (mit mehr als 10 Proz. der Gesamtbevölkerung) das Element der Berufslosen (Rentner, Pensionisten und Witwen) vertreten. - Die Umgebung Münchens (s. das Kärtchen S. 874) enthält an der Südseite die reizendsten Partien mit seltener Flora, die der Mischung des Berglandes mit der Ebene entspricht und überallhin die lohnendsten Ausflüge bietet (nach Nymphenburg, wohin eine Dampftrambahn führt, Starnberg, Bruck, Tölz, Rosenheim, Miesbach, Tegernsee, Ammersee etc.).
[Geschichte.]
Der Name Munichen kommt zuerst in den Klosterannalen von Tegernsee von 1102 bis 1154 vor, doch ist der Mönch erst im 13. Jahrh. in das Stadtwappen gekommen. Herzog Heinrich der Löwe erhob die Villa Munichen 1158 zu einer Münzstätte und zur Hauptniederlage für das von Reichenhall und Hallein kommende Salz. [* 34] 1164 hatte es schon Mauern und bürgerliche Verfassung; doch erst die Herzöge aus dem Haus Wittelsbach residierten zuweilen da, und Ludwig der Strenge nahm 1255 in der neuerbauten Ludwigsburg [* 35] bleibend seine Residenz. 1254 wurde die innere Stadt mit Ringmauern, Wällen und Gräben umgeben, und vier Thore vermittelten ihre Verbindung mit den Vorstädten, bis diese mit in den Umfang der innern Stadt gezogen wurden, welche seit 1301 eine neue Umfassungsmauer erhielt.
Kaiser Ludwig der Bayer gab der alten Stadt nach dem furchtbaren Brand von 1327 den Umfang und die Gestalt, welche sie bis zu Anfang des 19. Jahrh. im wesentlichen bewahrt hat. Die Stadt erweiterte sich bis zu dem Isar-, Sendlinger, Karls- und Schwabinger Thor, und auch die äußere Stadt ward mit Mauern und Gräben umgeben. Albrecht V. gründete die Bibliothek, die Gemäldegalerie, die Schatzkammer, den Antikensaal und das Münzkabinett. Durch Wilhelm V. (1579-96) wurden die Jesuiten nach München gezogen und ihnen ein großes Kollegium und eine prächtige Kirche (jetzt Michaelshofkirche) gebaut; unweit davon führte dieser Fürst seine neue Burg (die jetzige Maxburg) auf.
Kurfürst Maximilian I. (1597-1651) erbaute sich eine neue prachtvolle Residenz (die gegenwärtige Alte) und ließ das Zeughaus und das Josephs- oder Herzogsspital aufführen. Denkmäler in Marmor und Erz erhoben sich an allen Orten, und vor allen war es der geniale Peter de Witte, genannt Candid, ein Schüler des Florentiners Vasari, der in des Kurfürsten umfassende Pläne mit Geschick und Geist einging. Zugleich erhielt München damals neue Befestigungen, vorzüglich gegen Gustav Adolf, der aber siegreich daselbst einzog.
Unter Ferdinand Maria (1651-79) wurden die Theatinerkirche und das benachbarte Schloß Nymphenburg gebaut. Alle wissenschaftlichen und Kunstsammlungen erhielten in diesem Zeitraum bedeutenden Zuwachs, namentlich letztere durch die in und Schleißheim vereinigten Gemäldegalerien. Mit Maximilian II. Emanuel (1679-1726) gewann der Einfluß des französischen Geschmacks das Übergewicht. 1705 und 1742 ward München von den Österreichern besetzt. Für die Wissenschaft ward unter der Regierung des Kurfürsten Maximilian III. Joseph (1745-77) durch Gründung neuer Schulen und vor allem der Akademie der Wissenschaften (1759) eine neue Zeit heraufgeführt.
Unter Karl Theodor (1778-99) erweiterte sich die Stadt, welche damals 35,000 Einw. zählte, nach allen Seiten hin. Die Festungswerke aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs wurden seit 1791 geschleift, und an der Stelle der geebneten Wälle erhoben sich neue Straßen. 1801 erhielt der erste Protestant das Bürgerrecht. 1806 ward München königliche Residenz. König Maximilian I. begann seit 1814 das noch immer sehr enge und düstere München zu einer geräumigen und heitern Königsstadt umzuschaffen. 1818 bekam es eine neue Gemeindeverfassung, 1826 die Universität, welche von Landshut nach München verlegt wurde.
Sein eigentümliches Gepräge erhielt München aber durch Ludwig I. und Maximilian II., welche die prachtvollen Bauten begannen und die reichen Kunstsammlungen gründeten, die München zu einer der schönsten Städte Deutschlands [* 36] erhoben haben. 1854 fand in eine große Kunst- und Industrieausstellung statt, die jedoch durch die gleichzeitig die Stadt heimsuchende Cholera sehr beeinträchtigt ward, 1876 eine große deutsche Kunstgewerbeausstellung. Während die Schöpfungen der Könige zunächst nur das Äußere der Stadt umwandelten, die Einwohner aber lange noch als beschränkt und der klerikalen Herrschaft unterthan galten, vollzog sich allmählich unter dem Einfluß der wissenschaftlichen und Kunstinstitute sowie des durch die Eisenbahnen hervorgerufenen großen Verkehrs auch ein geistiger Umschwung in München, das bei den entscheidenden Ereignissen der neuesten Zeit in kirchlicher wie politischer Beziehung in überraschender Weise seine freiheitliche und deutsch-nationale Gesinnung bekundet hat.
Vgl. Burgholzer, Stadtgeschichte von München (Münch. 1796, 2 Bde.);
Söltl, München mit seinen Umgebungen, vorzüglich in geschichtlicher Beziehung (das. 1854);
Reber, Technischer Führer durch München (das. 1876);
Maillinger, Bilderchronik von München (das. 1876, 3 Bde.);
Prantl, Geschichte der Ludwig Maximilians-Universität (das. 1872, 2 Bde.);
Regnet, München in guter alter Zeit, kulturgeschichtlich geschildert (das. 1878);
Grandaur, Chronik des königlichen Hof- und Nationaltheaters in München (das. 1878);