verheiratete sich gleichzeitig. Auf seine noch verschiedene Jahre geheim gehaltenen litterarischen und poetischen Bestrebungen
hatte
MichaelEnk von der Burg (s. d.) bedeutenden Einfluß. Derselbe wies ihn auf die
spanischen Dichter als mustergültige Vorbilder hin und übertrug auch wohl den herb pessimistischen Zug,
der bei aller Weichheit
durch
HalmsDichtungen hindurchgeht, auf seinen
Schüler. 1834 ward das
Drama
»Griseldis« (9. Aufl.,
Wien
[* 2] 1879)
unter dem auch später beibehaltenen
PseudonymFriedrichHalm dem Burgtheater übergeben und mit so außerordentlichem Erfolg
zur Aufführung gebracht, daß es sich rasch über alle
Bühnen verbreitete.
Die Mischung echt dramatischen
Aufbaues, lyrischer Stimmungsfülle und psychologischen
Raffinements, die
durch die Bearbeitung der alten
Griseldis-Erzählung hindurchging, war charakteristisch für
Halms ganze
Anlage und Talentrichtung,
welche sich auch in den nächstfolgenden, minder erfolgreichen
Dramen: »Der
Adept« (1836),
unverändert zeigte. Einen neuen Triumphzug über die deutschen
Bühnen hielt der Dichter
mit dem romantischen
Drama »Der Sohn der Wildnis« (1842; 6. Aufl.,
Wien 1877), in welchem die lebendige
Wärme
[* 3] und sinnliche Unmittelbarkeit des Halmschen
Talents die damals beinahe allein herrschenden
Tendenzdramen entschieden schlug. Aber die gesuchte Unnatur des psychologischen
Motivs und das Bestreben, jede einzelne
Szene,
unbekümmert um das Ganze, zur höchstmöglichen theatralischen
Wirkung zu bringen, konnten ebensowenig
wie die eigentümlichen Vorzüge geleugnet werden. Münch-Bellinghausen war inzwischen 1840 zum
Regierungsrat bei der niederösterreichischen
Regierung ernannt worden; 1845 übernahm er mit dem
Titel eines k. k.
Hofrats die erste Kustosstelle bei der kaiserlichen Hofbibliothek,
um die er sich durch wichtige
Reformen verdient machte. 1861 ward er zum lebenslänglichen Mitglied des
österreichischen
Herrenhauses, später zum Hofbibliothekarpräfekten ernannt; 1869-71 leitete er unter dem
Titel eines
Generalintendanten
die beiden
Wiener Hoftheater, speziell das Burgtheater.
das
Lustspiel »Verbot
und Befehl« errangen nur mäßige Bühnenerfolge. Dafür wurde die
Tragödie »Der
Fechter von
Ravenna« (1854; 3. Aufl.,
Wien
1877), welche die alten Halmschen Vorzüge der spannenden
Erfindung, der malerischen
Anordnung und der klangvollen
Sprache
[* 4] neben
den alten Mängeln innerer Unwahrheit der
Motive und Gestalten aufwies, mit rauschendem Beifall allerorts
aufgenommen. Auch der halbkomische Streit, in welchem ein bayrischer Schullehrer,
Franz Bacherl, die Autorschaft des
»Fechters
von
Ravenna« beanspruchte, und der zu dem
Schluß leitete,
Halm sei durch das Machwerk Bacherls: »Die
Cherusker in
Rom«
[* 5] auf den
interessanten
Konflikt seiner
Komödie hingewiesen worden, trug zur Verbreitung des Halmschen
Trauerspiels
bei. Nächst den kleinen
Festspielen zur
Schiller- und
Shakespeare-Feier: »Vor hundert
Jahren« und »Ein
Abend in Titchfield« dichtete
Halm noch die
Dramen: »Eine
Königin« (1857),
»Begum Somru« (1860) und »Wildfeuer«
(1864, 4. Aufl. 1877),
ein romantisches
Lustspiel, in dessen Erfolg sich die
Triumphe seiner Dichterjugend
nochmals erneuerten. Der Sammlung seiner »Gedichte« (Stuttg.
1850; 3. Aufl.,
Wien 1877; Auswahl 1886) ließ der Dichter eine Sammlung seiner Werke (das. 1857-64, 8 Bde.)
folgen, deren letzte
Bände nach seinem in
Wien erfolgten
Tod erschienen (9.-12. Bd., hrsg.
von F. Pachler und E.
Kuh, das. 1872) und unter anderm seine interessanten, aber krankhaft gespannten
und düstern
»Novellen« enthalten. Auch »Neueste Gedichte« erschienen aus
seinem
Nachlaß
(Wien 1872).
[* 11] (hierzu der Stadtplan), die
Haupt- und Residenzstadt des
KönigreichsBayern,
[* 12] liegt am Südende einer im O.
von niedrigen
Hügeln begrenzten
Ebene, zu beiden Seiten der
Isar, 520 m ü. M. Wegen dieser hohen
Lage ist das
Klima
[* 13] oft rauh,
aber nicht so ungesund, als man gemeinhin annimmt.
Rascher Temperaturwechsel (im
Sommer bis zu 9° von
Mittag zum
Abend) mahnt allerdings zur Vorsicht in
Kleidung etc. Die Sterblichkeitsziffer (in den letzten
Jahren 29 auf 1000 Einw.)
ist durch die in ganz Süddeutschland gleichmäßig große Kindersterblichkeit bedingt.
Die Stadt ist in 19
Bezirke geteilt, von welchen 14 (das eigentliche und die Vorstadt
Sendling) links u. 5 (die
ursprünglichen
Dörfer, jetzigen Vorstädte
Haidhausen,
Au, Giesing u. Rammersdorf umfassend) rechts der
Isar liegen. Die Stadtmauern
sind vollständig niedergelegt. Von
Thoren bestehen noch gegen O. das Isarthor mit 2 Barbakantürmen (1833 restauriert und
mit einem neuerdings wiederhergestellten Prachtgemälde Bernh.
Nehers geschmückt, das den Einzug
KaiserLudwigs nach der
Schlacht bei
Ampfing darstellt), gegen S. das
Sendlinger,
gegen W. das Karlsthor, gegen
NW. die unter König
Ludwig I. zum Andenken an den Freiheitskampf der Griechen von
Leo v.
Klenze
1854-62 nach dem Vorbild der athenischen erbauten
Propyläen mit reichen
Skulpturen nachSchwanthalersEntwürfen
in den Giebelfeldern und
Reliefs an den Turmwänden sowie gegen N. das Siegesthor, im
Stil römischer
Triumphbogen 1844 von
Gärtner entworfen und begonnen, von
Metzger 1850 vollendet, gekrönt von der 5 m hohen
Viktoria und ihrem herrlichen Löwenviergespann
(erstere von
Brugger, letzteres von
Halbig geformt); im Innern der Stadt das Thalthor unter dem alten Rathausturm. SechsBrücken
[* 18] verbinden die Stadtteile links
und rechts der Isar: die beiden Maximiliansbrücken, die Ludwigsbrücke und die alte Isarbrücke von Stein, die hölzerne Reichenbachbrücke
und die eiserne WittelsbacherBrücke;
[* 19]
Von öffentlichen Plätzen sind besonders erwähnenswert: der Marienplatz (früher Markt- und Schrannenplatz),
der Mittelpunkt des alten München, mit der Mariensäule, dem Fischbrunnen von Knoll, an welchem bis vor kurzem
am Faschingsmontag der »Metzgersprung« (s. d.), eine aus der Zunftzeit erhaltene Freisagungszeremonie,
stattfand, dem alten und dem neuen Rathaus und einer Reihe prächtiger älterer u. neuerer Privatgebäude; der Max Josephs-Platz,
mit dem Denkmal König Maximilians I. (von Rauch), dem sogen. Königsbau der Residenz, dem Hof- und Nationaltheater
sowie dem durch eine gedeckte Terrasse im pompejanischen Stil auffallenden Postgebäude; ferner der Odeonsplatz, mit dem zu
Konzerten, Bällen, Ausstellungen etc. dienenden Odeon (darin auch die königliche Musikschule und der anglikanische Betsaal)
und dem von Widnmann modellierten Reiterstandbild König Ludwigs I., dann dem Palais des Prinz-RegentenLuitpold, der jedoch persönlich
die königliche Residenz bewohnt;
der Maximiliansplatz (früher
Dultplatz), mit Promenadenanlage und dem Standbild Liebigs (von Wagmüller,
s. Tafel »Bildhauerkunst
[* 21] X«,
[* 22] Fig. 14);
der Karolinenplatz, mit dem Obelisk, einer 32 m hohen
Erzsäule auf massigem Unterbau von weißem Marmor (von König LudwigI. dem Andenken der 30,000 Bayern gewidmet,
die in NapoleonsHeeresfolge auf den Gefilden Rußlands fielen);
der Königsplatz, mit den Propyläen (s. oben) im dorischen,
der Glyptothek (s. unten) im ionischen und dem Kunstausstellungsgebäude im korinthischen Stil;
Zunächst
verdient Erwähnung die Ludwigsstraße, welche am Nordende vom Siegesthor (s. oben), am Südende von der 19 m hohen, 12 m
tiefen und 38 m breiten Feldherrenhalle (von Gärtner 1841-44 nach der Loggia dei Lanzi in Florenz
[* 24] erbaut)
mit hoher Freitreppe und den StatuenTillys und Wredes (nach Schwanthaler) begrenzt wird und eine Anzahl der herrlichsten, großenteils
von Gärtner entworfenen Bauten enthält, darunter: die Universität (1835-1840 von Gärtner erbaut), im Rundbogenstil,
mit dem Priesterseminar (Georgianum);
die Ludwigskirche, 1830-44 von Gärtner im italienisch-romanischen Stil erbaut, mit pyramidenförmig
zugespitzten Türmen und dem berühmten Chorgemälde: das Jüngste Gericht von Cornelius;
die Hof- und Staatsbibliothek, ebenfalls
von Gärtner 1832-43 erbaut, die 1¼ Mill. gedruckte Bände und mehr als 30,000 Handschriften in 77 Sälen geordnet enthält;
ministerium, mit offener Bogenhalle; das HerzogMax-Palais etc. Eine zweite Hauptstraße neuern Ursprungs ist die Maximiliansstraße,
die vom Max Josephs-Platz bis zur Isar zieht, dort mit dem Maximilianeum (nach BürkleinsPlan) mit seiner auf hoher Terrasse
in zwei Bogenreihen aufsteigenden Fassade, gekrönt von der ehernen Viktoria, geschmückt mit geschichtlichen Fresken
von Piloty, Echter, Dietz und Spieß, im Innern in Ölbildern eine historische Galerie von neuern Meistern bergend, abschließt
und die schönen Bauten der Kreisregierung (von Bürklein) und des Nationalmuseums (von Riedel, s. unten), dann des Wilhelmsgymnasiums
u. a. umfaßt, durch eine Anzahl eleganter Cafés und viele Geschäftsläden mit den reizendsten Auslagen
äußerst belebt ist und in der Osthälfte von einem Forum
[* 26] mit lieblichen Blumen- und Strauchanlagen unterbrochen wird, innerhalb
dessen die Standbilder des PhilosophenSchelling (von Brugger), des Optikers Fraunhofer (von Halbig), des GrafenRumford (von Zumbusch)
und des GeneralsDeroy (von Halbig) aufgestellt sind, mächtig überragt von dem großartigen Denkmal, welches
das bayrische Volk dem König Maximilian II. setzte (nach dem Modell von Zumbusch von Miller gegossen; s. Tafel »Bildhauerkunst
IX«,
[* 27] Fig. 7). Auch die Brienner Straße (früher Fürstenweg), welche östlich mit dem Hofgartenthor, westlich mit den Propyläen
abschließt, das Schillerdenkmal (von Widnmann), das WittelsbacherPalais, im englisch-mittelalterlichen Spitzbogenstil 1843-1849
von Gärtner und K. Klumpp erbaut, König Ludwigs I. Residenz nach seiner Thronentsagung, und eine stattliche Reihe eleganter Häuser
umschließt, den Karolinen- und den Königsplatz durchschneidet, in ihrer westlichen Verlängerung
[* 28] unmittelbar nach Nymphenburg,
in ihrer östlichen am Hofgarten und der Residenz vorüber durch die neue Liebigstraße zur Isar führt und
so eine gerade Linie von W. nach O. durch die ganze Stadt zieht, darf hier genannt werden. Freundliche Bilder bieten auch die
Sonnenstraße mit Doppelfahrbahnen zu beiden Seiten einer schattenreichen Baumanlage von der protestantischen Kirche bis zum
Sendlingerthorplatz mit seiner hübschen Fontäne, die Schwanthalerstraße mit dem Schwanthaler-Museum, die zum größern
Teil nur an der Westseite bebaute Königinstraße längs des EnglischenGartens, mit zierlichen Villen, u. a.
[Bauwerke.]
Außer der Dom- oder Frauenkirche, einem massiven Ziegelbau von gewaltigem Umfang (1468-88 erbaut, die Kuppeln der
unvollendeten, 99 m hohen Türme im 16. Jahrh.) von JörgGanghofer, mit dem 1622 von Peter Candid entworfenen
figurenreichen Steindenkmal Ludwigs des Bayern und schönen ältern und neuern Glasmalereien und dem Hochaltar von Knabl, besitzt
München 9 kath. Pfarrkirchen, von denen die wichtigsten schon oben genannt sind. Erwähnung verdienen noch diePeters- und die Heiligegeistkirche
^[richtig: Heiliggeistkirche] als die ältesten, die von Ohlmüller 1831-39 im rein gotischen Spitzbogenstil
erbaute, mit herrlichen Glasgemälden von H. Heß und Ainmiller und schönen Altären von Schönlaub gezierte Mariahilfkirche
der Vorstadt Au und die Basilika
[* 29] der Bonifaciuspfarrei, 1835-50 von Ziebland erbaut, im Innern mit offener gold- und farbenreicher
Dachrüstung, einem reichen Freskenschatz von H. Heß und Schraudolph und der Grabstätte König Ludwigs I.
Ferner sind die beiden protestantischen Pfarrkirchen, die griech. Kirche und die von AlbertSchmid erbaute, prächtige neue Synagoge
hervorzuheben.
Muster von Kirchen im
vollendeten Rokokostil sind die Dreifaltigkeitskirche am Promenadeplatz, 1711, und die Johanneskirche
an der SendlingerStraße, 1733-46 erbaut. Noch sind zu erwähnen die Theatiner- und die Michaelskirche, erstere,
das Grabmal König Max' II. enthaltend, im italienischen Barockstil zwischen 1662 und 1675, letztere, in deren Gruft die Reste
König Ludwigs II. ruhen, im Renaissancestil 1583-91 erbaut, hauptsächlich durch ihr 29 m weites Tonnengewölbe und das Grabmal
des HerzogsEugen von Leuchtenberg, ein Meisterwerk Thorwaldsens, berühmt.
Von den übrigen öffentlichen und Privatgebäuden muß vor allen die königliche Residenz genannt werden,
die aus dem Alten Schloß, dem Königsbau (am Max Josephs-Platz, von Klenze 1826-35 nach dem Muster des PalastesPitti in Florenz
erbaut) und dem Festsaalbau (am Hofgarten, 1832-42 von Klenze im italienischen Renaissancestil mit balkonartigem Loggienbau,
auf dem die acht Kreise
[* 30] des Königreichs in Marmorfiguren von Schwanthaler dargestellt sind, erbaut) besteht,
den Kapellen-, Brunnen-, Grotten-, Kaiser- und Küchenhof, die reiche Kapelle, die Schatzkammer und ein Antiquarium umschließt,
in einer langen Reihe der herrlichsten Säle die seltensten Schätze an Gemälden (so in den Nibelungen- und Kaisersälen Fresken
von Schnorr v. Carolsfeld, in den Odysseussälen solche von Hiltensperger), Skulpturen (vor allen im Thronsaal
zwölf kolossale Standbilder der Ahnen des Königshauses von Schwanthaler), Teppichen und Geräten birgt und mit der Allerheiligenhofkirche
(von Klenze 1826-37 im byzantinisch-romanisierenden Stil erbaut) verbunden ist.
das kleinere Residenztheater (früher
Opernhaus), welches 1760 vollendet und 1857 in reichem Rokoko wiederhergestellt wurde;
dann die ältern Fürstenhöfe (AlterHof
[* 32] und HerzogMax-Burg), die Gebäude für Kunst- und wissenschaftliche Sammlungen, Unterrichtsanstalten
etc.;
der Bazar, mit den Arkaden im Hofgarten, welche teils mit geschichtlichen und symbolischen Fresken von Cornelius und seinen
Schülern, teils mit den berühmten italienischen LandschaftenRottmanns, teils mit Bildern aus den griechischen Befreiungskämpfen
von P. Heß geschmückt sind;
das AlteRathaus, mit zwei ehrwürdigen Sälen und dem im barocken Stil restaurierten
Ratsturm;
das NeueRathaus, von Hauberrisser im gotischen Stil mit reichster Fassade gebaut und 1874 von den städtischen Behörden
bezogen, mit zwei großen Sitzungssälen, deren einen ein großes Bild aus der Geschichte Münchens von Piloty und ein Bildnis
des Prinzregenten von Friedr. v. Kaulbach schmücken, schönen Bürgermeisterzimmern u. dem vielbesuchten
Ratskeller.
der Zentralbahnhof, von Graff, mit mächtiger vierteiliger Einsteighalle, die über zwei HektarFläche bedeckt, und einem
reich ausgestatteten Königspavillon;
die von König Max II. geschaffenen Gasteig- und Bogenhauser Anlagen am rechten
Isarufer zu beiden Seiten des Maximilianeums, die köstliche Ausblicke auf die Stadt bieten;
die südwärts
gelegenen Isar-Auen, in welchen die Friedenseiche steht und das Volksbad für Frauen sich befindet, und eine Anzahl von Einzelanlagen,
die allmählich einen grünenden, blumenreichen Gürtel
[* 36] um die innern Stadtteile schlingen. Am Fuß einer Anhöhe, auf der
die Ruhmeshalle, 1843-53 von Klenze erbaut, ein Kolonnadenbau im dorischen Stil mit zwei vorspringenden
Flügeln, 70 m lang und 32 m breit, 80 Büsten berühmter MännerBayerns umschließend, den würdigen Hintergrund der von Schwanthaler
modellierten Kolossalstatue der Bavaria (fast 20 m hoch, aus 64,177 kg Erz gegossen, ein Werk des Münchener Erzgießers F.
v. Miller) bildet, breitet sich die Theresienwiese aus, auf welcher das berühmte Oktoberfest (Tierschau,
landwirtschaftliche Ausstellung, Pferderennen und verschiedene Volksbelustigungen) abgehalten wird.
Auch die MünchenerFriedhöfe
gleichen blumenreichen Gartenanlagen, veredelt durch herrliche Kunstwerke in Arkadengemälden, Standbildern und Gedenktafeln.
Die Stadt hat deren fünf ohne konfessionelle Scheidung, die israelitische Gemeinde einen eignen.
Die Zahl der Bewohner Münchens betrug Ende 1885 in 61,044 Haushaltungen 261,981 Seelen (darunter 221,531 Katholiken,
34,763 Protestanten u. 4854 Israeliten). Die Bevölkerung
[* 37] besteht nur zu 37 Proz. aus Eingebornen, zur größern Hälfte aus
zugezogenen Bayern, zu 6 Proz. aus andern Deutschen, zu 4 Proz. aus Ausländern, unter welchen die Österreicher
und Ungarn
[* 38] überwiegen. Es kann also weniger vom echten Münchener als vom echten Bayer gesprochen werden.
Insoweit sich noch typische Figuren des erstern finden, zeigt dieser sich bieder, trocknen Humors, schwerblütig und genußfreudig,
aber auch bei schwerer Arbeit ausdauernd und kräftig, für das Fremde nicht leicht einzunehmen, auf seine
Stadt und ihre Schönheiten stolz, wenn auch mit mancher großstädtischen Neuerung nicht immer sofort
einverstanden. Im Hofbräuhaus,
wo man sich selbst bedient, statt des Stuhls mit einem Faß,
[* 39] statt des Tellers mit einem Blatt
[* 40] Papier oder auch der flachen Hand
[* 41] begnügt, um Stand und Würden des Nachbars unbekümmert, mit demselben rasch ein gemütliches Gespräch
anknüpft, oder in den zahlreichen Lagerbierkellern (schattigen Gärten und Höfen bei den größern Brauereien im Ost- und Westende
der Vorstädte), wo auch das schöne Geschlecht, das in München nicht selten seinen Namen mit Recht führt, vertreten ist, spielen
sich köstliche Volksbilder ab, deren Drastik sich steigert zur Zeit des Bocks, einer im Monat Mai zum
Ausschank gelangenden, besonders kräftigen Biersorte, oder des Salvators, der schon um Ostern im sogen. Zacherlbräu verabreicht
wird.
Das Gewerbe (1882 wurden 22,328 Gewerbebetriebe gezählt) ist in manchen Zweigen vorzüglich vertreten,
so vor allem auf dem Gebiet der Kunstindustrie, wo der Einfluß der künstlerischen Schöpfungen König
Ludwigs I. und des 1851 gegründeten Kunstgewerbevereins sowie der Prachtliebe König Ludwigs II. unverkennbar von wohlthätigen
Folgen war. Die Erzgießerei und Glasmalerei
[* 42] stehen auf hoher Stufe. Hierher gehören auch sehr viele Etablissements für Gold-,
Silber- und Juwelenschmuckarbeiten, für optische, physikalische, mathematische, chirurgische und
musikalische Instrumente, für Bronze- und Zinkguß, für Leder-, Papier-, Blumen- und Tapetenfabrikation, für Seiden- und Stoffstickerei
und -Wirkerei, für Waggon- und Wagenbau und -Ausrüstung, für Kunsttischlerei, Dekorationsmalerei, Steinhauerarbeiten, photographische,
lithographische, xylographische und typographische Vervielfältigungen, für Herstellung von Kirchengewändern und Kirchenschmuck
jeder Art. Auch das nicht oder in geringerm Maß mit den eigentlichen Kunstbestrebungen zusammenhängende
Gewerbe ist reich und gut vertreten, macht sich jedoch entschieden mehr imKlein- als im Fabrikbetrieb bemerkbar. Im letztern
ragen mehrere Maschinen-, Leder-, Handschuh-, Papier-, Gummiwaren-, Parfümerie-, Kerzen-, Bürsten-, Tresor-, Schirm-, Öl-, Spiritus-
und Malzfabriken und ganz besonders die Bierbrauereien hervor, welche meist fabrikmäßig betrieben werden.
Für den Handel mit Bodenerzeugnissen sind die großen städtischen und mehrere von Gesellschaften und Privaten betriebene Lagerhäuser,
die Schranne, die Viktualienmärkte von Bedeutung. Sehr entwickelt ist der Kunsthandel, dessen Fäden alle Weltteile umspannen.
Von den drei Dulten (Jahrmärkten), welche Ende Juli in der Vorstadt Haidhausen, um Ostern und Anfang Oktober
in der Vorstadt Au abgehalten werden, sind die beiden letztern mit einem äußerst originellen Trödelmarkt verbunden. Von
den
¶
mehr
drei Bahnhöfen (Zentral-, Ost- und Südbahnhof) laufen acht Linien aus, die einen starken Personen- und Frachtenverkehr vermitteln;
ersterm dienen im Innern der Stadt die vielverzweigte Pferdebahn sowie ein- und zweispännige Droschken und Fiaker.
[Bildungsanstalten.]
Unter den wissenschaftlichen und Bildungsanstalten behaupten die beiden Akademien der Künste und der
Wissenschaften sowie die Universität (Ludwig Maximilians-Hochschule) den ersten Rang. Letztere wurde 1826 von
Landshut
[* 46] nach München verpflanzt und zerfällt in fünf Fakultäten, indem zu den vier gewöhnlichen als fünfte eine staatswirtschaftliche
hinzugekommen ist; sie zählte im Sommer 1887: 169 Professoren und Dozenten und 3400 Studierende. Zu ihren Hilfsinstituten gehören:
eine sehr gut ausgestattete Bibliothek, ein physikalisches, mathematisches und pharmazeutisch-technisches
Kabinett, Kupferstich- und Gemälde-, Münzen- und Medaillensammlungen, anatomische, zoologische und botanische Sammlungen,
eine medizinische, chirurgische und geburtshilfliche Poliklinik.
Mit ihr stehen in Verbindung verschiedene medizinisch-klinische Anstalten, ein katholisches geistliches Seminar (Georgianum),
ein historisches, mathematisch-physikalisches, homiletisches, juristisches und philologisches Seminar, die Sternwarte,
[* 47] eine
forstliche Versuchsanstalt, eine Hebammen- und Veterinärschule. Außerdem besitzt eine im Sommer 1887 von 612 Hörern
besuchte technische Hochschule mit einer allgemeinen, einer Ingenieur-, Hochbau-, mechanisch-technischen, chemisch-technischen
und landwirtschaftlichen Abteilung, 56 Professoren und Dozenten und umfassenden Attributen, 4 humanistische Gymnasien, ein Realgymnasium,
eine Kriegsschule und Kriegsakademie, eine Kunstschule für die männliche sowohl als für die weibliche
Jugend, eine Musikschule, eine Industrie-, eine Baugewerk-, eine Kunstgewerbe- und eine Kreisrealschule, eine Handelsschule für
Knaben und eine solche für Mädchen, eine Frauenarbeitsschule, gewerbliche Fortbildungsschulen für Knaben und Feiertagsschulen
für Mädchen, ein Kreislehrerinnen- und ein Arbeitslehrerinnen-Seminar, eine Turnlehrer-Bildungsanstalt, Taubstummen- und
Blindeninstitut. Die Zahl der Volksschulen betrug Ende 1887: 21; sie umfaßten in 522 Klassen 29,400 Kinder.
Den Hauptvorzug vor andern deutschen Städten besitzt München in seinen Kunstschätzen. Voran steht die Glyptothek,
1816-30 von Klenze erbaut, in ihrer baulich-künstlerischen Ausschmückung durch Bildhauer wie Schwanthaler und Maler wie Cornelius
für sich schon ein Juwel, in ihren 13 Sälen aber die hervorragendsten Werke der Bildhauerkunst von den
Ägyptern und Assyrern, den Phönikern, Griechen und Römern bis zu Thorwaldsen, Rauch und ihren Schülern umfassend (s. Tafel
»Bildhauerkunst IX«,
[* 27] Fig. 1). Die beiden Pinakotheken zeigen in ihren gewaltigen, zum Teil mit fürstlicher Pracht ausgestatteten
Räumen die Werke der Malerei aller Zeiten und Schulen, kunstsinnig geordnet, die Alte hauptsächlich um ihrer
altdeutschen und niederländischen Bilder, der Werke von Rubens und des Cinquecento, der ehemals Boisseréeschen und Düsseldorfer
Sammlungen und der von Cornelius in den Bogengängen in Fresken dargestellten Geschichte der Malerei wegen berühmt und besucht,
gleichzeitig ein Kupferstichkabinett mit 168,000 Blättern und eine Handzeichnungensammlung von 22,000
Nummern, darunter solche von Raffael, Benvenuto Cellini, Rembrandt, Dürer und Holbein,
[* 48] sowie eine 1300 Vasen
[* 49]
enthaltende Sammlung
von unschätzbarem Wert beherbergend, die Neue nur Bilder neuerer Meister (19. Jahrh.), darunter Rottmanns enkaustisch gemalte
griechische Landschaften, enthaltend.
Für weitere bildende Unterhaltung sorgt das königliche Hoftheater, welches der Oper und dem Schau- und
Trauerspiel vorzugsweise gewidmet ist, während das Residenztheater unter der gleichen Leitung steht und mit demselben
Personal vorzugsweise für die den Konversationston bedingenden Aufführungen bestimmt ist. Neben den Hoftheatern steht
das 1865 als Aktienunternehmen gegründete, seit 1870 aber gleichfalls in den Besitz der königlichen Zivilliste übergegangene
Theater am Gärtnerplatz, welches hauptsächlich Volksschauspiele, Possen und Operetten gibt.
[Behörden.]
ist Sitz der höchsten Hof- und Staatsstellen: der sämtlichen Ministerien, des Staatsrats, des obersten Gerichtshofs,
des Verwaltungsgerichtshofs, des obersten Rechnungshofs, des obersten Schulrats, der Generaldirektion der Verkehrsanstalten
mit Oberbahn- und Oberpostamt, des Reichsarchivs, der General-Bergwerks- und Salinenadministration und
der General-Zolladministration, der Staatsschuldentilgungskommission, der Brandversicherungskammer, des landwirtschaftlichen
Generalkomitees, der Landgestütsverwaltung, der höchsten Militärstellen und Kommandos, der Justiz- und Verwaltungsbehörden
des oberbayrischen Regierungsbezirks. ist ferner der Sitz aller dem bayrischen Fürstenhaus angehörigen Prinzen und ihrer
Hofhaltungen, vieler Gesandtschaften und Konsulate, des aus Reichsrat und Abgeordnetenkammer bestehenden Landtags, des oberbayrischen
Landrats, des Erzbischofs von München-Freising und seines Domkapitels und des protestantischen Oberkonsistoriums und hat eine ständige
Garnison von drei Infanterie-, zwei Artillerieregimentern, einem Trainbataillon, einer Sanitätskompanie,
¶
mehr
mehreren Eskadrons leichter und schwerer Reiterei und der königlichen Leibgarde der Hartschiere. Gehört so auch ein großer
Teil seiner Einwohnerschaft (15 Proz.) dem Beamten-, Militär-, Künstler- und Gelehrtenstand an, so bildet den Kern derselben
doch die Bürgerschaft in ihren verschiedenen Verzweigungen (mehr als 60 Proz.). Sehr stark ist aber
auch (mit mehr als 10 Proz. der Gesamtbevölkerung) das Element der Berufslosen (Rentner, Pensionisten
und Witwen) vertreten. - Die Umgebung Münchens (s. das Kärtchen S. 874) enthält an der Südseite die reizendsten Partien
mit seltener Flora, die der Mischung des Berglandes mit der Ebene entspricht und überallhin die lohnendsten Ausflüge bietet
(nach Nymphenburg, wohin eine Dampftrambahn führt, Starnberg, Bruck, Tölz, Rosenheim, Miesbach, Tegernsee, Ammersee etc.).
[Geschichte.]
Der Name Munichen kommt zuerst in den Klosterannalen von Tegernsee von 1102 bis 1154 vor, doch ist derMönch
erst im 13. Jahrh. in das Stadtwappen gekommen. HerzogHeinrich derLöwe erhob die Villa Munichen 1158 zu
einer Münzstätte und zur Hauptniederlage für das von Reichenhall und Hallein kommende Salz.
[* 52] 1164 hatte es schon Mauern und
bürgerliche Verfassung; doch erst die Herzöge aus dem HausWittelsbach residierten zuweilen da, und Ludwig der Strenge nahm 1255 in der
neuerbauten Ludwigsburg
[* 53] bleibend seine Residenz. 1254 wurde die innere Stadt mit Ringmauern, Wällen und
Gräben umgeben, und vier Thore vermittelten ihre Verbindung mit den Vorstädten, bis diese mit in den Umfang der innern Stadt
gezogen wurden, welche seit 1301 eine neue Umfassungsmauer erhielt.
KaiserLudwig der Bayer gab der alten Stadt nach dem furchtbaren Brand von 1327 den Umfang und die Gestalt,
welche sie bis zu Anfang des 19. Jahrh. im wesentlichen bewahrt hat. Die Stadt erweiterte
sich bis zu dem Isar-, Sendlinger, Karls- und SchwabingerThor, und auch die äußere Stadt ward mit Mauern und Gräben umgeben.
Albrecht V. gründete die Bibliothek, die Gemäldegalerie, die Schatzkammer, den Antikensaal und das Münzkabinett.
Durch Wilhelm V. (1579-96) wurden die Jesuiten nach München gezogen und ihnen ein großes Kollegium und eine prächtige Kirche (jetzt
Michaelshofkirche) gebaut; unweit davon führte dieser Fürst seine neue Burg (die jetzige Maxburg) auf.
Unter KarlTheodor (1778-99) erweiterte sich die Stadt, welche damals 35,000 Einw. zählte, nach allen
Seiten hin. Die Festungswerke aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs wurden seit 1791 geschleift, und an der Stelle der
geebneten Wälle erhoben sich neue Straßen. 1801 erhielt der erste Protestant das Bürgerrecht. 1806 ward München königliche
Residenz. König Maximilian I. begann seit 1814 das noch immer sehr enge und düstere München zu einer geräumigen und heitern
Königsstadt umzuschaffen. 1818 bekam es eine neue Gemeindeverfassung, 1826 die Universität, welche von Landshut nach München verlegt
wurde.
Sein eigentümliches Gepräge erhielt München aber durch Ludwig I. und Maximilian II., welche die prachtvollen
Bauten begannen und die reichen Kunstsammlungen gründeten, die München zu einer der schönsten StädteDeutschlands
[* 54] erhoben haben. 1854 fand
in eine große Kunst- und Industrieausstellung statt, die jedoch durch die gleichzeitig die Stadt heimsuchende Cholera sehr
beeinträchtigt ward, 1876 eine große deutsche Kunstgewerbeausstellung. Während die Schöpfungen der
Könige zunächst nur das Äußere der Stadt umwandelten, die Einwohner aber lange noch als beschränkt und der klerikalen
Herrschaft unterthan galten, vollzog sich allmählich unter dem Einfluß der wissenschaftlichen und Kunstinstitute sowie
des durch die Eisenbahnen hervorgerufenen großen Verkehrs auch ein geistiger Umschwung in München, das bei
den entscheidenden Ereignissen der neuesten Zeit in kirchlicher wie politischer Beziehung in überraschender Weise seine freiheitliche
und deutsch-nationale Gesinnung bekundet hat.
Vgl. Burgholzer, Stadtgeschichte von München (Münch. 1796, 2 Bde.);
Söltl, München mit
seinen Umgebungen, vorzüglich in geschichtlicher Beziehung (das. 1854);
Reber, Technischer Führer durch München (das. 1876);
Maillinger,
Bilderchronik von München (das. 1876, 3 Bde.);
Prantl, Geschichte der Ludwig Maximilians-Universität (das. 1872, 2 Bde.);
Regnet, München in guter alter Zeit, kulturgeschichtlich geschildert (das. 1878);
(tschech. Mnichovo Hradiště), Stadt im nördlichen Böhmen,
[* 56] an der Iser und an der Prag-TurnauerEisenbahn,
Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat ein gräflich Waldsteinsches Schloß (in der Kapelle ruht
WallensteinsLeiche) mit großem Park, Brauerei und Zuckerfabrik, ferner eine Teppich-, eine Spiritus- und
eine Schuhwarenfabrik (in der Nähe befindet sich auch eine Seidenzeug- und eine Papierfabrik), lebhaften Handel und (1880) 3643 Einw.
Hier fand ein Treffen statt zwischen dem österreichischen KorpsClam-Gallas und dem preußischen 4. Korps von der
ersten Armee und der Avantgarde der Elbarmee, welche um Mittag den Muskyberg und das Dorf Kloster nahmen,
worauf Clam-Gallas Münchengrätz räumte und auf Fürstenbruck zurückwich.
altes niedersächs. Adelsgeschlecht. Der erste dieses Namens, Heino, soll den KaiserFriedrich II. auf
dessen Zug
in das Gelobte Land begleitet haben und 1212 mit dem Hause Sparenberg beliehen worden sein. Seine
Söhne wurden die Gründer einer schwarzen und einer weißen Linie. Die namhaftesten Sprößlinge des Geschlechts sind:
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