(spr. mollĭähr), eigentlich
JeanBaptiste Poquelin, der größte franz. Lustspieldichter, geb. 15. oder zu
Paris,
[* 6] erhielt seine
Bildung auf dem
Collège de
Clermont (später
Louis le
Grand), genoß den
Unterricht des berühmten
PhilosophenGassendi (seine Lukrezübersetzung fällt in diese Zeit), studierte die
Rechte und trat 1643, einer unwiderstehlichen
Neigung folgend, unter dem
Namen »Molière« in eine Schauspielertruppe, welche wegen schlechter
Geschäfte im Jahr 1646 oder 1647 in die
Provinz ging.
Dadurch machte er sich viele Feinde, die in
Verbindung mit den in ihrem Privileg geschädigten Schauspielern des
HotelBourgogne
keine Gelegenheit vorübergehen ließen, um Molière inWort und
Schrift anzugreifen. Auf »Sganarelle« (1660)
und den mißglückten
»DonGarcia« (1661) folgten im selben Jahr »L'école des maris«,
eine
Nachahmung der »Adelphi« des Terenz, und »Les
Fâcheux«. 1662 ging er eine
Ehe ein mit
Armande Béjart, der
Schwester (oder Tochter) seiner frühern Geliebten,
Madeleine Béjart,
die ihm durch ihren Leichtsinn und ihre
Untreue sein ganzes
Leben verbittert hat.
Schon wenige
Monate darauf war er in der
Lage, in dem ergreifenden
Lustspiel »L'école des femmes« seine Verzweiflung zu schildern.
Auf die heftigen
Angriffe seiner Feinde antwortete er mit der »Critique de l'École des femmes«
und dem
»Impromptu de
Versailles«.
[* 9] Nach einigen Gelegenheitsstücken: »Le mariage forcé«, »La princesse
d'Élide« (1664),
brachte er 1666 den »Misanthrope«, sein großartigstes
und wahrstes
Stück, auf die
Bühne und, nachdem er wiederum einige kleinere
Stücke für die Unterhaltung des
Hofs verfaßt
hatte (»Le médecin malgré lui«, »Le
ballet des muses«, »Le
Sicilien, ou l'Amour peintre«),
erst 1669 gelang es ihm, nach Überwindung der äußersten Schwierigkeiten, das
Stück drei
Monate hindurch auf
dem
Repertoire zu erhalten;
der Jubel des
Publikums entschädigte ihn für die Exkommunikationen und die
offenen und versteckten
Angriffe seiner Feinde.
In der Zwischenzeit (1668) gingen der
»Amphitryon«,
»GeorgeDandin« und »L'Avare«
über die
Bretter; letzterer, nach
Plautus und in
Prosa geschrieben, von
Goethe für »besonders groß und in hohem
Grade tragisch«
gehalten, wird in
Deutschland
[* 10] von Molières
Stücken am häufigsten gelesen und gespielt.
Nun folgen wieder
Unterhaltungsstücke für den
Hof:
[* 11] »Monsieur
[* 12] de Pourceaugnac«, »Les amants magnifiques«,
die Ballettkomödie
»Le bourgeois gentilhomme«, »Les
fourberies de
Scapin«, »La comtesse d'Escarbagnas«;
dann sein letztes Meisterwerk: »Les femmes savantes« (1672),
wie die
»Précieuses
ridicules« gegen die Pedanterie und Unweiblichkeit der
Frauen gerichtet.
Die vierte Aufführung des
»Malade
imaginaire« war seine letzte Leistung. Seine durch Sorgen und
Arbeit untergrabene
Gesundheit (er litt seit langer Zeit an einem
bösen
Husten) erlag den Anstrengungen, als er in der Promotionsszene das
Wort »Juro« aussprach; er bekam einen
Blutsturz und
verschied wenige
Stunden darauf Die
Geistlichkeit versagte ihm ein ehrliches
Begräbnis; in der
Nacht und unter den Verwünschungen des fanatisierten
Pöbels wurde er begraben. Erst 1817 brachte man seine Gebeine auf den
Père Lachaise. 1778 stellte die
Akademie, deren
Pforten Molière verschlossen gewesen waren, seine
Büste in ihrem
Saal auf, und 1844 wurde
ihm, seinem Sterbehaus in derRue deRichelieu gegenüber, ein Denkmal, die
Fontäne Molière, errichtet.
Molière
war in erster
Linie ein vorzüglicher
Schauspieler. Nicht nur die
Rollen,
[* 13] welche er für sich geschrieben, sondern auch andre,
besonders die komischen, weniger die tragischen, spielte er unter dem Beifall des
Publikums; schon sein Mienenspiel erregte
stürmische Heiterkeit. Dabei war er eifrig und gewissenhaft, für gewöhnlich ernst, ja melancholisch;
von seinen reichen
Einnahmen machte er, zum Nutzen seiner
Freunde und seiner
Kunst, einen edlen
Gebrauch. Vor allem aber ist
Molière Dichter, und wenn er schon in jenen
Stücken, welche er zur
Augen- und Ohrenweide eines vergnügungssüchtigen
Hofs schrieb,
und in seinen
Possen, in denen er seiner tollen
Laune den
Zügel schießen läßt, ungewöhnlichen
Reichtum
der
Phantasie, seltene Leichtigkeit des
Schaffens, tiefe
Weisheit und unerschöpfliche
Laune bekundet, so erheben ihn seine großen
Charakterkomödien mit ihrer reinen Menschlichkeit und ewigen
Wahrheit zu einem der ersten Dichter aller
Zeiten. Molière schafft
selten frei; fast immer hat er
Rahmen und Färbung seiner
Stücke den Alten, den Italienern oder Spaniern
entlehnt.
Den
Inhalt aber bilden die
Thorheiten und Lächerlichkeiten seiner Zeit;
Falschheit und Unnatur,
Heuchelei und
Lüge verfolgt
er mit glühendem
Haß. Aber nicht
Figuren seiner
Phantasie führt er uns vor, das
Leben, das warme, wirkliche,
pulsiert in seinen Werken; seine
Blaustrümpfe und
Marquis, sein Menschenfeind und Tartüff sind typisch geworden. Dazu ist
die
Kunst, Verwickelungen zu erfinden und zu lösen, die
Spannung des Zuschauers bis zum
Schluß rege zu erhalten (z. B. in
den
»Femmes savantes«),
bewunderungswürdig. Von gleicher Vortrefflichkeit ist sein
Stil; klar und präzis,
natürlich und doch überaus mannigfaltig, spricht er die
Sprache der Stadt und des
Landes, aller
Klassen und aller
Leidenschaften.
Unter den zahlreichen
Ausgaben von Molières Werken nennen wir nur die bedeutendsten: von Vinot und La Grange (1682, 8 Bde.),
von
Auger (1819-25, 9 Bde.), von Moland (2. Aufl.
1884, 12 Bde.) und besonders von
Despois und Mesnard (1873-86, 9 Bde.). Von den zahlreichen
deutschen Schulausgaben einzelner
Stücke erwähnen wir die von
Laun (Leipz. 1873-86, 14 Bde.)
und von
Fritsche (Berl. 1879 ff.). Für die beste Übersetzung
der Werke Molières gilt mit
Recht die des
GrafenWolf vonBaudissin, in fünffüßigen, reimlosen
Iamben
(Leipz. 1865-67, 4 Bde.). Aus der
reichen Litteratur über Molières
Leben etc. heben wir hervor: »Régistre de
Lagrange«, eine genaue
¶
mehr
Theaterchronik eines Schauspielers aus Molières Truppe (Faksimileabdruck, Par. 1876);
Im J. 1879 sind für die Molière-Forschung zwei besondere Organe
gegründet worden: in Frankreich der »Moliériste« und in Deutschland das »Molière-Museum« (hrsg.
von Schwerer, Wiesb. 1879-84).
1) Luis, jesuit. Theolog, geb. 1535 zu Cuenca in Neukastilien, trat in den Jesuitenorden,
warb Lehrer der Theologie zu Evora und starb in Madrid.
[* 22] In seinem Buch »Liberi arbitrii cum gratiae donis etc.
concordia« (Lissab. 1588) lehrte er die Bedingtheit der göttlichen Heilsabsichten durch
die Rücksicht auf den vorausgewußten Willen des Menschen. Diese Ansicht ward von den Dominikanern als antithomistisch bestritten,
dagegen von vielen Jesuiten (Molinisten) verteidigt, wodurch ein Streit entstand, der nachmals in den Jansenistischen Streitigkeiten
(s. Jansen) sich fortsetzte.
Vgl. Schneemann, Die Entstehung der thomistisch-molinistischen Kontroverse(Freiburg
1879);
Seit 1881 wieder in Paris, redigiert er hier das »Journal des économistes«. Molinari hat zahlreiche Werke geschrieben und viele
Abhandlungen in Zeitschriften veröffentlicht. Zu erwähnen sind: »Des moyens d'améliorer le sort des classes laborieuses«
(1844);
Miguel de, span. Mystiker, geb. zu Patacina bei Saragossa,
[* 26] lebte seit 1669 als Weltpriester in Rom und
erwarb sich durch seine Schrift »Guida spirituale« (»GeistlicherFührer«, Rom 1675; deutsch von Arnold, Frankf. 1699), worin er,
im Gegensatz zu dem kirchlichen Mechanismus und den äußerlichen Andachtsübungen der Dominikaner und Jesuiten,
Seelenruhe, reine Gottesliebe und Vernichtung alles eignen Lebens als den Weg des Heils empfahl (Quietismus), großes Ansehen,
aber auch den Haß der Jesuiten, auf deren Veranlassung 68 Sätze in dem Werk 1687 als ketzerisch verdammt, Molinos aber durch die
Folter zum Widerruf gezwungen und zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt wurde. Daselbst starb Molinos wahrscheinlich
(Molionen), nach griech. Mythus Kteatos und Eurytos, die aneinander gewachsenen Söhne des Poseidon
[* 28] und der
Molione, nach andern des Aktor, eines Bruders des Augeias, daher auch Aktorionen genannt, kämpften schon als Knaben
gegen Nestor und die Pylier.
Stuttgart,
[* 35] blieb daselbst bis 1849 und ließ sich dann in London
[* 36] nieder, wo er als Virtuose und Lehrer einen ausgedehnten Wirkungskreis
fand. Er starb in Kannstatt.
[* 37] Molique folgte als Spieler wie als Komponist für sein Instrument der von Spohr eingeschlagenen
Richtung, und seine Werke lassen neben reicher und edler Erfindung sowie meisterhafter Faktur eine solche
Geistesverwandtschaft mit denen des genannten Meisters erkennen, daß sie als eine schätzbare Bereicherung der Violinlitteratur
gelten dürfen. Von nicht geringerm Kunstwert sind seine übrigen Kompositionen, Streichquartette, eine Messe, ein Oratorium:
»Abraham«, wenn auch dieselben nur wenig bekannt geworden sind.
(Wadicke, Schotten, lat. Serum lactis), die Flüssigkeit, welche zurückbleibt, wenn in der Milch
der Käsestoff gerinnt. Da hierbei die Butter von dem Käsestoff eingeschlossen wird, so enthalten die Molken nur noch Zucker
[* 52] und
die Milchsalze neben geringen Mengen eiweißartiger Körper, die sich zum Teil beim Erhitzen der Molken ausscheiden. Die Molken werden
als Nebenprodukt bei der Käsebereitung erhalten und dann oft auf Milchzucker weiter verarbeitet oder
als Viehfutter benutzt, oder man bereitet sie zu medizinischen Zwecken.
Süße Molken werden mit Lab, besser mit Labessenz, bereitet. Man erwärmt 1 Teil der letztern mit 200 Teilen frischer Kuhmilch
auf 35-40° und koliert nach dem Gerinnen. Zu sauren Molken erhitzt man 100 Teile frische Kuhmilch mit 1 Teil
Weinstein bis zum Kochen und koliert. Man benutzt die als Heilmittel, besonders bei verschiedenen chronisch verlaufenden Affektionen
des Respirationsapparats, vor allen bei der Schwindsucht. Man läßt die Molken am besten bei Beginn der Krankheit trinken, wenn
die Patienten husten und spärlich expektorieren, die lokalen Erscheinungen aber erst sehr wenig ausgebildet
sind.
Appetit und Verdauung müssen ungestört sein, auch darf keine Neigung zu Durchfall bestehen. Besonders wenn die an Badeorten
mit günstigem Klima
[* 53] getrunken werden, zeigt sich ein bedeutender Erfolg, der aber zum vielleicht größten Teil als eine
Wirkung des Klimas und der veränderten Lebensweise zu betrachten ist. Auch bei einfachen chronischen Bronchialkatarrhen,
beim chronischen Kehlkopfkatarrh und bei Herzkrankheiten werden die Molken angewandt. Die Molkenpastillen bestehen
aus Milchzucker und dem Gerinnungsmittel (Weinstein oder Alaun).
[* 54]
in der Musik ursprünglich (wohl zuerst von Odo von Clugny im 10. Jahrh. gebrauchter) Name des runden B (♭, B molle) im Gegensatz
zum eckigen ( ^[img], ♮, B durum, unser h, s. Dur), wurde dann übertragen auf das Hexachord f-d, welches
nicht h, sondern b benutzte (s. Solmisation), und ging später auf die Tonart und den Akkord mit kleiner (erniedrigter) Terz
über. Vgl. Molltonart und Klang.
Wird nun im M. der tiefste Ton des Dreiklanges, z. B. a in (a c e) ^[img], als Hauptton verstanden (daß a Grundton ist, ist unbestreitbar),
so ist gar nicht einzusehen, wie die kleine Terz mit diesem Ton zur konsonantischen Einheit verschmelzen
soll, da die Obertonreihe an ihrer Statt die große Terz aufweist, mit der die kleine kollidiert und heftige Schwebungen
[* 59] geben
muß. Der Mollakkord muß daher in einer völlig verschiedenen und zum Durakkord absolut gegensätzlichen Weise aufgefaßt werden,
indem das Terz- und Quintverhältnis nicht oberhalb, sondern unterhalb des Haupttons gesucht wird. In c es
g ist also g Hauptton, es Terz und c Quinte (vgl. Klang).
Obgleich diese Betrachtungsweise des Mollakkords bereits von Zarlino (1558) aufgestellt und von den bedeutendsten Theoretikern
wiederholt erneuert worden ist (Tartini 1754, Hauptmann 1853), so ist für die praktische Harmonielehre doch noch immer nicht
die nächstliegende Nutzanwendung gemacht worden, den Mollakkord nach seinem höchsten Ton zu benennen. Den Vorschlag dazu hat in neuester
Zeit v. Öttingen gemacht, und Riemann hat anschließend an ihn eine neue Bezifferung entwickelt.
2) Georg, Architekt, geb. zu Diepholz im Hannöverschen, bildete sich unter Weinbrenner, dann
drei Jahre lang in Italien und trat 1810 als Hofbaumeister in großherzoglich hessische Dienste.
[* 84] Moller hat sowohl durch seine
Bauten als durch seine litterarischen Arbeiten zur richtigen Würdigung des Mittelalters in architektonischer Beziehung beigetragen.
Aus dem mittelalterlichen Stil wollte er jedoch nur die von ihm zuerst wieder aufgefundenen Grundgesetze
desselben beibehalten wissen, deren wesentlichstes Prinzip er mit dem Namen des Netz- oder Knotensystems bezeichnet und in mehreren
seiner Bauten angewendet hat.
Während dieser Reise dichtete er sein bekanntestes Gedicht: »Glæde over Danmark«
(»Freude an Dänemark«).
[* 99] Nach seiner Rückkehr wurde er 1822 als Adjunkt bei der Metropolitanschule in Kopenhagen angestellt, 1826 als
Lektor der Philosophie nach Christiania
[* 100] berufen und 1828 zum Professor befördert, kehrte aber schon 1831 in gleicher Eigenschaft
nach Kopenhagen zurück. Er starb Von seinen poetischen Werken, welche sich durch originelle und gewählte Form
auszeichnen und eine gesunde, oftmals echt humoristische Lebensanschauung bekunden, verdienen Hervorhebung: die
nordische Erzählung »Eyvind Skaldaspiller«, der Roman »En dansk Students Eventyr«, das einaktige Drama »De opdigtede Historier«
sowie einige kleinere Gedichte. Seine »Efterladte Skrifter« (hrsg.
von Chr. Winther, Kopenh. 1839-43, 3 Bde.; 3. Ausg.
1856, 6 Bde.; Auswahl 1873) enthalten zugleich eine vortreffliche
Biographie Möllers von F. C. Olsen.
3) PeterLudwig, dän. Dichter und Ästhetiker, geb. zu Aalborg, studierte in Kopenhagen, gab 1840 einen
Band
[* 102] »Lyriske Digte« heraus und gewann 1841 die goldene Medaille der Universität für eine ästhetische Abhandlung, worauf
er sich ganz der litterarischen Thätigkeit widmete. Weiterhin erschienen von ihm: »Kritiske Skizzer« (1847),
»Billeder og
Sange« (1848) sowie unter dem PseudonymOttoSommer: »Lövfald«, eine neuere Sammlung von Gedichten (Kopenh.
1855),
und die interessante Arbeit: »Det nyere Lystspil i Frankrig og Danmark« (das.
1858). Möller starb zu Rouen
[* 103] im Irrenhaus.
Die schwierige Aufgabe, diese zu organisieren und dem neuen Staatswesen einzuordnen, ohne die berechtigten Eigentümlichkeiten
und Gefühle der Bevölkerung zu verletzen, löste Möller in so glänzender Weise und erwarb sich in so kurzer Zeit die Anhänglichkeit
und das Vertrauen der Hessen-Nassauer, daß er Anfang September 1871 an die Spitze derVerwaltung der eroberten
ProvinzenElsaß-Lothringen berufen wurde. Bei der Feindseligkeit der von den Ultramontanen überdies aufgehetzten Bevölkerung
und der verwickelten staatsrechtlichen Stellung der neuen Provinzen war dieser Posten ein äußerst dornenvoller; Möller erwarb
sich wenigstens persönlich das Vertrauen der Elsässer. Nach der Verleihung einer neuen Verfassung an
die Reichslande und der Ernennung eines kaiserlichen Statthalters in Straßburg
[* 110] 1879 legte Möller sein Amt nieder und zog sich nach
Kassel
[* 111] zurück, wo er starb.
Möller, ein zu einem niedrigen pyramidalen Haufen aufgestürztes, aus
Erzen und Zuschlägen bestehendes Gemenge von bestimmter Quantität, welches während einer gewissen Zeit
verschmolzen wird.
welche drei Akkorde allerdings die häufigsten in der Mollharmonik sind. Dieselben ergeben aber eine Molltonleiter, die einen
übermäßigen Sekundschritt enthält:
A.H.c.d.e.f ♈ gis.a.
Erst die neuere Zeit hat es gewagt, diese Tonfolge als wirklichen Typus der Mollmelodik, als normale Molltonleiter
(die sogen. »harmonische«),
Der Einigungspunkt der Beziehungen der Töne des Mollakkords ist der oberste Ton des Molldreiklanges; führen
wir die Tonleiter von diesem zu seiner untern Oktave, so erhalten wir die Skala
e'.d'.c'.h.a.g.f.e,
welche das volle Gegenbild der aufsteigenden Durtonleiter ist:
c.d.e.f.g.a.h.c'.
Diese reine Molltonleiter ist die beliebteste Tonleiter der alten Griechen (die dorische) und der nach Ausbildung der mehrstimmigen
Musik so arg mißverstandene phrygische Kirchenton. Ihre wahre Bedeutung wurde zuerst mit ganzer Schärfe
erkannt von K. Fortlage (»Das musikalische System der Griechen in seiner Urgestalt«, Leipz. 1847) und O. Kraushaar (»Der
akkordliche Gegensatz«, das. 1852); es folgten: K. F. Weitzmann, A. v. Öttingen, v. Thimus, Riemann, Thürlings, O. Hostinsky,
Y. v. Arnold, v. Melgunow, und vor Fortlage verfocht schon Blainville die Idee der Tonleiter mit der kleinen
Sekunde (»Troisième mode«, »Mode hellénique«),
dem wieder Nicola d'Arienzo in neuerer Zeit folgte. Einzig diese Art der Auffassung
der Molltonart, welche in der Benutzung der Duroberdominante der Molltonika etwas Ähnliches sieht wie in der Benutzung
der Mollunterdominante der Durtonika (Hauptmanns »Molldur«),
vermag eine sichere Basis zu gewinnen für die systematische Betrachtung
der Mollharmonik und für die eigenartigen Wendungen in schottischen, irischen, skandinavischen, russischen, ungarischen
und tschechischen Melodien, deren adäquate Harmonisation so lange ein ungelöstes Problem geblieben ist.