Holzläden, die man bei strenger
Kälte mit
Moos oder
Laub bedeckt, oder dicke
Woll- und Haardecken. Bei gelinderer
Witterung
werden die
Fenster mittels untergesteckter
Luft- oder
Kerbhölzer an der dem
Wind entgegengesetzten Seite gelüftet, bei warmem
und sanftem
Regen ganz abgenommen. Je weiter das Jahr vorrückt, und je wärmer das
Wetter
[* 2] wird, desto
mehr muß man die
Pflanzen an die
Luft gewöhnen, besonders wenn man diese auf den
Stand im
Freien vorbereiten will. Bei vielen
kann man die
Fenster am
Tage ganz abnehmen und braucht sie nur in kalten
Nächten aufzulegen. Zum Beschatten dienen
Rohr- oder
Bastmatten, Leinwandrahmen etc. Das
Begießen muß mit abgestandenem
Wasser von der
Temperatur des Mistbeets
geschehen.
Weinstöcke werden durch Augenstecklinge im warmen
Mistbeet vermehrt, die Rebstöcke in ebensolchem in
Töpfen weiter gezogen und auf
Mist im
Treibhaus bis zur
Reife der
Trauben (im ganzen 18
Monate vom
Einsetzen der Augenstecklinge
an) weiter kultiviert. Erdbeerpflanzen werden in Töpfen angezogen und im bis zur Fruchtreife warmen
Mistbeet im
Freien oder
im
Haus gehalten.
Topfpflanzen, darunter auch
Zwiebel- und Knollengewächse, werden bei Mistbeetkultur üppiger und
kräftiger in Blättern und
Blüten; sie werden zu geeigneter Zeit in
Sägespäne, Torfmull od. dgl. oder ohne Töpfe in
die
Erde auf dem warmen
Mistbeet gesetzt, letztere nach vollendeter
Ausbildung wieder in Töpfe gebracht, dann bis zum Anwachsen
im lauwarmen
Mistbeet durch Überspritzen feucht gehalten, anfangs von
Luft und
Sonne
[* 5] abgeschlossen, an
die sie nur allmählich gewöhnt werden dürfen. Bei der Mistbeetkultur darf die Bodenwärme nie 30° R. übersteigen;
die
Pflanzen müssen mit
Aufmerksamkeit gegossen, zuweilen überspritzt werden, immer mit überschlagenem
Wasser von der
Lufttemperatur
des
Beets. Wenn das Wachstum derPflanzen es fordert, muß der
Kasten gehoben und mit erneutem
Umschlag versehen
werden.
Stadt in
Mähren,
[* 6] im sogen.
Kuhländchen, an der Ostrawitza, dem schlesischen
Friedek gegenüber und an der Bahnlinie
Ostrau-Friedland, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat eine Flachsspinnerei, ansehnliche
mechanische und Handweberei in
Baumwolle,
[* 7] eine Druckfabrik, bedeutenden
Handel und (1880) 3769 Einw.
Stadt in
Niederösterreich, an der
Wien-BrünnerEisenbahn, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts,
hat ein Barnabitenkloster, eine Landessiechenanstalt, eine alte, hoch gelegene
Kirche, Weinbau und (1880) 2863 Einw.
Pfarrdorf im
bayr. Regierungsbezirk
Oberfranken, südwestlich bei
Baireuth,
[* 8] hat (1885) 580 Einw.
und ist der
Mittelpunkt einer wendischen Bevölkerungsenklave, welche 13 größere und kleinere
Dörfer umfaßt.
Während der Frankenherrschaft auf
Morea war Misthra die Hauptstadt des
Thals, ging aber zuerst von allen Teilen
der
Halbinsel an Byzanz verloren. 1460 wurde es türkisch und blieb es mit geringen
Unterbrechungen bis 1687. Unter der Herrschaft
Venedigs wurde es die Hauptstadt des
Braccio di
Maina und blühte auch unter der Herrschaft der
Türken, bis es im griechischen
Freiheitskampf 1825 von
Ibrahim Pascha verwüstet wurde. Die
Regierung befahl 1834, daß die Bewohner von
den
Bergen
[* 11] herab nach der
Ebene übersiedeln sollten, um dort das alte
Sparta (s.
Sparti) wieder aufzubauen.
Der gemeine
Roßkäfer
(GeotrupesstercorariusL.), 2
cm lang, mit rundlichem
Körper, rautenförmigem, vorn aufgeworfenem Kopfschild,
querem, hinten geradrandigem Halsschild, vollständig geteilten
Augen und tief gestreiften Flügeldecken, ist oberseits schwarz,
blau oder grün schillernd, unterseits veilchenblau; der kleinere Frühlingsroßkäfer (G. vernalisL.) ist fast
halbkugelig, glänzend stahlblau, mit sehr glatter, fast polierter Rückenfläche; beide leben hauptsächlich im Pferdedung
und im
Herbst in
Pilzen, fliegen schwerfällig und mit lautem Gebrumm und legen ihre
Eier einzeln in fußtiefe
¶
mehr
Röhren,
[* 17] welche sie für die Larve mit einem Mistpfropfen füllen, und aus welchen die Käfer erst im nächsten Frühjahr auskriechen.
(Magistral, Meistre, Mistraou, Vent de Cers, Circius der Alten), kalter Nordwestwind im südlichen Frankreich in der
Provence, der zwar die Luft reinigt, aber der Gesundheit und dem Gedeihen der Vegetation sehr nachteilig
ist. Er ist ursprünglich ein Westwind, der in Nordwest und später in Nord übergeht. Seine Entstehung verdankt der Mistral ebenso
wie die Bora (s. d.) an den nördlichen Küsten des Adriatischen Meers einer lokal auftretenden Modifikation des in den warmen
Südwestwind eindringenden kalten Polarstroms. Er ist stets von hohem Barometerstand begleitet, gleichviel
ob gutes oder schlechtes Wetter im südlichen Europa
[* 18] herrscht. Der ist der trockenste Wind in diesen Gegenden, da er beim Übersteigen
der Cevennen seine Feuchtigkeit abgesetzt und als reichlichen Regen ergossen hat. Er weht vom Land weit über den Golfe du Lion
herab und gelangt, über Menorca hinstreichend, als eigentlicher Nordwind nach Algerien.
[* 19] Bei großer Heftigkeit
dauert er nur einen oder nur wenige Tage, bei geringerer dagegen mehrere Wochen.
Frederi, neuprovençal. Dichter, geb. zu Mailane (Bouches du Rhône), studierte in Avignon die Rechte,
zog sich dann aber in sein Heimatsdorf zurück, wo er nach mehreren kleinern Versuchen in provençalischer
Sprache das Epos »Mirèio« (1859 zuerst mit französischer Einleitung und Interlinearversion erschienen, 7. Aufl. 1884) dichtete,
das in ganz Frankreich ungemeines Aufsehen machte und dem Dichter 1861 seitens der Akademie den großen Dichterpreis sowie 1863 das
Kreuz
[* 20] der Ehrenlegion einbrachte.
Das Gedicht, eine reizende Darstellung südfranzösischen Lebens (mit deutscher Übersetzung hrsg. von
Frau Dorieux-Brotbeck, Heilbr. 1880), ward insbesondere noch dadurch merkwürdig, daß es
die Anregung zu einer Verbindung zahlreicher südfranzösischer Gelehrten und Schriftsteller wurde, die sich Lou Felibrige
(»Dichter, Schriftsteller«) nennt und die Wiederbelebung der altprovençalischen
Sprache zum Zweck der Herstellung einer nationalen südfranzösischen Litteratur anstrebt (s.
Félibres).
Mistral, der, obwohl der Mittelpunkt der Bewegung, noch heute in seinem Dorf lebt, schrieb ein zweites Epos: »Calendou« (1867),
gründete
dann in Montpellier
[* 21] die Société des langues romanes, deren Organ die Revue »Armana prouvençau« ist, gab 1876 noch einen Band
[* 22] Gedichte: »Lis Iselo d'or«, heraus und veröffentlichte neuerdings: »Lou trésor dou Felibrige«, ein großes
Wörterbuch der modernen »Langue d'oc« (1878-1886, 2 Bde.),
sowie die Novelle »Nerto« (mit franz. Übersetzung, 2. Aufl.
1884). Das Gedicht »Mirèio« ist auch als Oper (»Mireille«, mit Musik von Gounod) in Frankreich populär geworden.
so verbleibt ihr für ihre Person der TitelLady. In der förmlichen Sprache, namentlich auf Briefadressen, wird »Mrs.« (stehende
Abkürzung für Mistress) stets mit dem Vornamen des Mannes verbunden, z. B. Mrs. John Digby. Ohne Vornamen,
z. B. Mrs. Digby, genannt zu werden, ist das Vorrecht der
Frau des Familienhaupts; hier würde das Hinzufügen des Vornamens
für eine Beleidigung gelten. Bei Dienstboten ist Mistress, ohne jeden Namen, die Hausfrau. Mistress of a school (spr. mißtres), Schulmeisterin;
Mistress (spr. mißtres), s. v. w. Mätresse.
Der Konfession nach sind 64,4 Proz. Evangelische, 24 Proz. Juden, 6,5 Proz. Griechisch-Orthodoxe, 4,9
Proz. Katholiken. Die Industrie ist nicht von Belang und ist repräsentiert durch 41 Fabriken mit einem Produktionswert von
848,000 Rubel, vornehmlich Likörfabriken, Bierbrauereien, Flachsspinnereien, Licht- und Seife-, Wachstuch- und Schokoladefabriken.
Der Handel, hauptsächlich mit Cerealien, Holz
[* 29] u. dgl., geht über
Riga.
[* 30] ist Sitz der Vertretung des kurländischen Adels, der Direktion des Landwirtschaftlichen Kreditvereins, zweier Sparkassen
etc. In der Umgegend von Mitau liegen die drei Lustschlösser Schwerthof, Friedrichslust
und Ruhenthal. - Die 1271 unter dem Ordensmeister Konrad vonMedem (Mandern) gegründete Stadt war ursprünglich befestigt
und lange Zeit die Hauptstadt von Semgallen. Im 16. Jahrh. wurde sie Residenz der Herzöge von Kurland. 1658 bemächtigten
sich die Schweden
[* 31] der Stadt, gaben sie aber im Frieden von Oliva 1660 wieder heraus; 1706 nahmen die Russen dieselbe ein und
zerstörten das Schloß großenteils. Nachdem dies, wenn auch nicht ganz, im vorigen Stil wiederhergestellt
worden war, diente es 1798-1807 als AsylLudwigs XVIII. von Frankreich. Seit 1795 gehört Mitau zu Rußland.
(spr. míttschäm), Ortschaft in der engl. GrafschaftSurrey, am Wandle, 14 km von London,
[* 33] mit Firnis-, Wachstuch- und Filzfabriken, Kornmühle und (1881) 8960 Einw.
¶
(spr. míttschell),DonaldGrant, amerikan. Schriftsteller, geb. 1822 zu Norwich
[* 36] in Connecticut, studierte seit 1846 zu
New YorkJurisprudenz, machte dann Reisen durch Europa, war 1848 während der Revolution in Paris
[* 37] und schrieb
in dieser Zeit (unter dem PseudonymIkMarvel) die Skizzensammlung »Fresh gleanings« (1847, neue Ausg.
1851) und »The battle summer« (1849). Nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten
[* 38] (1850) erschienen von ihm satirische
Skizzen über die moderne Gesellschaft: »The lorgnette«, und sein gedankenreichstes Werk:
»Reveries of a bachelor«, dem 1851 sein populärstes Werk: »Dream
life« folgte. 1853-55 amerikanischer Konsul in Venedig,
[* 39] sammelte er eifrig für eine (noch nicht publizierte) Geschichte der
RepublikVenedig. Seitdem lebt er auf seinem Landsitz zu Edgewood bei NewHaven in Connecticut. Er hat ferner veröffentlicht:
»The judge's doings« (1854, 2 Bde.);
»My farm at Edgewood« (1863);
»Seven stories« (1864);
»DoctorJohns: being a narrative of certain events in the life of an
orthodox minister of Connecticut« (1866, 2 Bde.);
(Komedōnen), die weißen oder weißgrauen, wurmförmigen Massen, welche sich an verschiedenen Stellen des Körpers,
besonders im Gesicht,
[* 40] aus den Talgdrüsen der äußern Haut
[* 41] hervorquetschen lassen. Die Mitesser sind Anhäufungen
der Ausscheidung der Talgdrüsen in den Drüsen selbst, wodurch letztere mehr oder weniger ausgedehnt werden und das angehäufte
Sekret eine festere Konsistenz annimmt. Der an der Ausmündungsstelle befindliche Teil des Mitessers ist bräunlich oder schwärzlich
gefärbt durch einen Farbstoff, welcher sich an Ort und Stelle bildet.
Unter dem Mikroskop
[* 42] zeigen sich die aus Fettkörnchen und verfetteten Epithelzellen zusammengesetzt. In den durch das Drüsensekret
vereiterten Talgdrüsengängen lebt die Haarsackmilbe (Demodex folliculorum), ohne weitere Störung zu verursachen. Am häufigsten
finden sich Mitesser im Gesicht, besonders an der Nase.
[* 43] Der Grund für die Entstehung der ist noch nicht klar
erkannt. Es ist möglich, daß sich zuerst die Mündung der Drüsengänge durch Schmutz oder zufällig angehäufte Epithelmassen
verstopft und dadurch das Drüsensekret zurückgehalten wird.
Wahrscheinlich jedoch bildet die übermäßige Talgsekretion selbst die eigentliche Ursache der Mitesser. Aus den kleinern Mitessern
können unter Umständen, wenn die Talganhäufung fortbesteht, wirkliche Balggeschwülste sich entwickeln.
Bildet sich in der Umgebung von Mitessern eine Entzündung der Haut aus, so entsteht die
Akne oder Finne (s. d.). Zur Entfernung
und Verhütung der Mitesser drückt man sie am besten vorsichtig und wiederholt mit dem Fingernagel aus, und dann
wäscht man die betreffenden Hautstellen mit Benzoetinktur oder mit sehr schwacher Ätzkali- und Sublimatlösung.
Sehr wirksam hat sich das energische Bürsten der kranken Hautstellen mit einer Zahnbürste und Kaliseife und die Anwendung
des Kummerfeldschen Waschwassers erwiesen, welches, gut umgeschüttelt, abends vor dem Schlafengehen auf die betreffenden
Hautstellen aufgetragen wird, worauf man am nächsten Morgen die Haut trocken abreibt. Hebra empfiehlt eine
Pasteaus gleichen Teilen Schwefelmilch, Alkohol und Glycerin, welche über Nacht auf die betreffenden Hautstellen gelegt wird,
nachdem man dieselben vorher tüchtig mit Wasser und Seife abgewaschen hat.
noch mehr aber durch ihre
Erzählungen, wie »Our village« (1824-32, 5 Bde.;
neue Ausg. 1863, 2 Bde.) und
deren Fortsetzung »Belford Regis« (1835, 3 Bde.),
einen geachteten Namen. Ausgezeichnet sind in den letztgenannten Werken die
Schilderungen des englischen Landlebens. Außerdem schrieb sie: »Stories of American life by American writers« (1832, 3 Bde.);
»Recollections of a literary life« (1852, 3 Bde.;
neue Ausg. 1862) und viele Erzählungen in Zeitschriften.
Ihre »Dramatic works« erschienen 1854 in 2 Bänden.
Sie starb in Smallowfield. IhreBriefe wurden herausgegeben von L'Estrange (in dem »Life of MissMaryRussell Mitford«, Lond.
1869, 3 Bde., und »The
friendships of MaryR. Mitford«, 1882, 2 Bde.) und von Chorley (1872, 2 Bde.).
(sympathetisches Gefühl), dasjenige Gefühl, welches durch unwillkürliche Nachahmung eines gleichen oder
entgegengesetzten, das wir an einem andern wahrnehmen, in uns selbst entsteht.
Dasselbe ist entweder Mitfreude, wenn durch
die Wahrnehmung fremder Lust in uns selbst ein Lust-, oder Neid, wenn durch dieselbe in uns ein Unlustgefühl,
dagegen Mitleid, wenn durch die Wahrnehmung fremder Unlust in uns selbst ein Unlust-, oder Schadenfreude, wenn durch dieselbe
ein Lustgefühl in uns hervorgerufen wird. Vgl. Gefühl.
(Brautschatz, Heiratsgut, lat. Dos), im weitesten Sinn überhaupt alles Vermögen, welches die Ehefrau mit in die
Ehe bringt (Eingebrachtes, Illaten, Illatenvermögen); im engern Sinn derjenige Vermögenskomplex, welcher
dem Ehemann seitens der Ehefrau bei Eingehung der Ehe zur Mitbestreitung der ehelichen Lasten zugebracht wird, und woran dem
Ehemann nach gemeinem römischen Recht während der Ehe das Eigentumsrecht zusteht; im engsten Sinn endlich s. v. w. Aussteuer
(s. d.), d. h. dasjenige, was der Ehefrau zu ihrer
und ihres Hausstandes erster Einrichtung mitgegeben wird. Das römische Dotalrecht ist vielfach durch
deutschrechtliche Institutionen modifiziert worden. S. Güterrecht der Ehegatten.
GottfürKönig und Vaterland,Devise des von FriedrichWilhelm III. 1813 gestifteten Landwehrkreuzes, später wiederholt
Losungswort konservativer Parteien in Preußen.
[* 44]
in der ältesten Zeit, ehe der Kult des Ormuzd aufkam, wahrscheinlich der höchste Gott
der
¶
mehr
Iranier, wie der Mitra
[* 46] (s. d.) der stammverwandten Inder, ein Sonnen- und Lichtgott. An ihn wendet sich eins der schönsten und
längsten der alten im Zendavesta erhaltenen Opfergebete, der »Mihiryascht«, worin er teils
als Naturgottheit geschildert wird, die ihren Sitz auf der Hara Berezaiti (»hoher Berg«) im Osten hat und von
dort aus täglich den Menschen das Licht
[* 47] bringt, teils metaphorisch gefaßt erscheint. Als die Sonne, die alles sieht, ist Mithra allwissend
und der Schützer der Wahrhaftigkeit in Gedanken, Worten und Werken, insbesondere der Verträge, die, wie er, mithra heißen.
(Electuarium Mithridatis), ehemals als Universalmittel, besonders als Alexipharmacum (Gegengift) gerühmte,
aus 54 meist erhitzenden Ingredienzien dargestellte Latwerge, die den König MithridatesEupator zum Erfinder
haben soll.
Die alte Formel dieses Arzneigemisches wird einem römischen Arzt, Servilius Damokrates, der zu NerosZeiten in Rom
[* 53] lebte, zugeschrieben. Es wurde sonst unter obrigkeitlicher Aufsicht bereitet, ist aber jetzt außer Gebrauch.
(Mithradates), pers. Name, der besonders bei den Königen von Pontos, Parthien und Bosporos
oft vorkommt. Am berühmtesten ist Mithridates VI. Eupator oder der Große, König von Pontos, welcher 132 v. Chr. geboren und zu Sinope,
der Hauptstadt des pontischen Reichs, erzogen, 120 seinem Vater Mithridates V. Euergetes und zwar unter Vormundschaft einiger Großen,
die ihn vergeblich auf mehrfache Weise aus dem Weg zu räumen suchten, folgte. Die Römer
[* 54] hatten schon
während seiner Minderjährigkeit dadurch seinen unversöhnlichen Haß erregt, daß sie ihm Großphrygien wieder entrissen,
welches sie seinem Vater zur Belohnung für geleistete Dienste
[* 55] überlassen hatten.
Sobald er daher 113 die Regierung selbst übernommen hatte, faßte er sogleich den Plan zum Kriege gegen
Rom, den er sein ganzes Leben hindurch
mit der größten Ausdauer verfolgte. Um seine Kräfte für diesen Kampf zu verstärken,
unterwarf er sich zunächst Kolchis und die taurische Chersones sowie mehrere weiter nördlich wohnende skythische Völker und
gründete sich dort das Bosporanische Reich; auch knüpfte er eine Verbindung mit Tigranes, dem König von
Kleinarmenien, an, dem er seine Tochter zur Frau gab.
Hierauf suchte er sich Kappadokien und Bithynien zu eigen zu machen, indem er daselbst Könige einsetzte, die ihm ganz ergeben
waren. Er ließ es sich anfangs gefallen, daß die Römer diese Könige vertrieben und andre einsetzten.
Als aber der von ihnen eingesetzte König von Bithynien, Nikomedes III., einen Einfall in sein Gebiet machte, so begann er 88 den
Krieg (den ersten Mithridatischen, 88-84) mit einer Streitmacht von 250,000 Mann zu Fuß und 40,000 Reitern und 300 Kriegsschiffen.
Die feindlichen Könige und die römischenFeldherrenL.Cassius, Manius Aquilius und Q. Oppius wurden geschlagen
oder flohen vor ihm und fielen zum Teil in seine Hände; ganz Kleinasien mit wenigen Ausnahmen, der römischen Bedrückungen
müde, schloß sich an ihn an, und nun befriedigte er zunächst seinen Römerhaß, indem er alle daselbst anwesenden
Römer, nach der einen Angabe 80,000, nach der andern 150,000, ermorden ließ. Hierauf schickte er seinen FeldherrnArchelaos
nach Griechenland.
[* 56]
Hier erschien 87 Sulla, der mit Führung des Kriegs beauftragt worden war. Dieser nahm 86 nach einer langen Belagerung und nach
der hartnäckigsten Gegenwehr Athen
[* 57] und den Piräeus, wo sich Archelaos festgesetzt hatte, und brachte diesem
dann bei Chäroneia und 85 dem ihm nachgesandten Dorylaos trotz der großen Überlegenheit der Feinde an Zahl bei Orchomenos
eine völlige Niederlage bei. Gleichzeitig wurde Mithridates, der durch Willkür und Grausamkeit die Gemüter der Asiaten sich bereits
wieder entfremdet hatte, durch ein von der Partei des Marius abgesandtes Heer, welches erst unter dem BefehldesL.Valerius Flaccus, dann, nachdem dieser in einer Meuterei ermordet worden, unter dem des GajusFlaviusFimbria stand, hart
bedrängt, und als daher Sulla 84 selbst den Marsch nach Asien
[* 58] antrat, so suchte Mithridates bei ihm um Frieden nach,
der ihm zu Dardanos unter der Bedingung gewährt wurde, daß er die Flotte ausliefern, alle in Asien gemachten Eroberungen aufgeben
und 2000 Talente bezahlen sollte.
Als zweiter Mithridatischer Krieg (83-81) wird ein Krieg bezeichnet, den der von Sulla in AsienzurückgelasseneL.Murena mit
einem Einfall in das Reich des Mithridates ohne Auftrag begann, der aber von Sulla gemißbilligt wurde und damit
endete, daß Mithridates Murena 81 wieder aus seinem Reich heraustrieb. Als Mithridates sich wieder vollständig gerüstet hatte, begann er 74 den
Krieg (den dritten Mithridatischen, 74-63) mit einem Heer von 150,000 Mann und 400 Kriegsschiffen von neuem, eroberte
Bithynien, nahm die Stadt Chalcedon und schloß dann den Konsul Mithridates AureliusCotta inKyzikos ein, wurde aber bald selbst von dem
andernKonsulL.LiciniusLucullus eingeschlossen, der ihn 73 nötigte, die Belagerung aufzugeben, und dem Landheer desselben
auf der Flucht eine völlige Niederlage beibrachte, während auch seine Flotte teils durch die Römer, teils
durch Sturm fast gänzlich vernichtet wurde. Lucullus eroberte hierauf die meisten Städte seines Reichs, schlug ihn 72 nochmals
bei Kabeira, und als Tigranes, bei dem er eine Zuflucht gesucht hatte, sich weigerte, ihn auszuliefern, drang er 69 auch in
dessen Reich ein, schlug denselben bei Tigranokerta und am Fluß Arsanias in der Nähe von
¶
mehr
Artaxata, ward aber dann durch die Weigerung seiner Truppen, weiter zu marschieren, zur Umkehr gezwungen, wodurch Mithridates Gelegenheit
erhielt, sein Reich wiederzuerobern. Nun übernahm aber 66 Pompejus den ihm durch das Manilische Gesetz übertragenen Oberbefehl.
Dieser schlug Mithridates bei Zela am Euphrat an der Stelle des nachher zum Andenken an diesen Sieg erbauten Nikopolis
aufs Haupt und zwang ihn, sich in sein Bosporanisches Reich zu flüchten, wo er zwar wiederum neue Rüstungen
[* 60] machte, um auf
dem Landweg durch Thrakien, Makedonien und Pannonien zu marschieren und die Römer in Italien
[* 61] selbst anzugreifen, dadurch aber
einen Aufstand hervorrief, an dessen Spitze sich sein eigner Sohn, Pharnakes, stellte, worauf er, als er
sich von allen verlassen sah, sich selbst tötete (63). Die alten Historiker haben ihn den Großen genannt und ihm bedeutende
Gaben zugeschrieben, auch geistiger Art; es wird z. B. berichtet, daß er eine kostbare
Kunstsammlung in Talaura angelegt und die sämtlichen Sprachen der von ihm unterworfenen 22 Völker zu sprechen
gewußt habe; aber in Wirklichkeit unterschied er sich in nichts von den übrigen orientalischen Despoten.
[* 46] eine bei altorientalischen und altasiatischen Völkerschaften übliche Stirnbinde oder mützenartige Kopfbedeckung
als Abzeichen der Herrscherwürde, bei Homer die über dem Leibrock (Chiton),
[* 64] aber unter dem Panzer getragene breite, aus
dünnem Metall bestehende, innen gefütterte Binde zum Schutz des Unterleibes; später bei den Griechen eine um den Kopf der Frauen
gelegte breite Binde, die allmählich ein um das Haar
[* 65] geschlungenes Tuch wurde; in letzterer Weise auch bei den Römerinnen.
In der katholischen Kirche die den Bischof auszeichnende Kopfbedeckung, anfänglich eine Rundkappe oder
auch ein Kopftuch, dessen Zipfel auf Hals und Rücken herabfielen. Diese Rundkappe wurde seit dem Anfang des 11. Jahrh. allmählich
höher und gestaltete sich zu zwei den Vorder- und Hinterkopf überragenden, mit Stickereien verzierten, miteinander verbundenen
Dreiecken (s. Abbildung). Sie war aus gemustertem, weißem oder rotem Seidenstoff mit
einem goldgestickten untern Rand und zwei auf die Schultern herabhängenden Bändern (infulae). Eine ähnliche, in der Stickerei
einfachere Mitra, aber gewöhnlich ohne die Infuln, tragen die Äbte. Vgl. Inful.
[* 46] in der Wedareligion der Inder ein Lichtgott, einer der Aditja
(s. d.), wurde gewöhnlich mit dem Himmelsgott
Waruna (s. d.) angerufen, mit dessen Funktionen die seinigen verschmolzen erscheinen. Er scheint das himmlische
Licht in der Tageszeit zu vertreten, wie Waruna vorzugsweise am nächtlichen Himmel
[* 66] herrscht, und ist wie dieser ein Wächter
der Wahrheit, der Treue, des Rechts und der Pflichten gegen die Götter. Genetisch hängt der wedische Mitra mit dem
persischen Mithra (s. d.) zusammen.
Namentlich bemühte er sich um die Einwanderung fremder Kolonisten. Unterbrochen wurde Mitre in diesen Bestrebungen durch den
Streit mit dem DiktatorLopez von Paraguay, in dem Mitre die Bundesgenossenschaft Brasiliens und Uruguays gewann und 1865 zum Generalissimus
der alliierten Truppen ernannt wurde. Er leitete den Feldzug bis 1867, aber ohne große Erfolge. Nach Ablauf
[* 71] seiner Präsidentschaft wurde er im Oktober 1868 trotz aller seiner Bemühungen nicht wieder gewählt. Er begab sich ins Ausland
und machte 1874, als bei der neuen Präsidentenwahl wieder nicht er, sondern Avellaneda gewählt wurde, von Montevideo
[* 72] aus einen Versuch, diesen zu stürzen, wurde aber bei La Verde von den Regierungstruppen geschlagen und gefangen
genommen und mußte in das Ausland gehen. Jetzt ist erRedakteur der »Nacion« in Buenos Ayres. Er hat die beste Geschichte Argentiniens
verfaßt.
3) KarlGustav, Pharmakolog, Bruder des vorigen, geb. zu Jever, habilitierte sich 1834 an der Universität
zu Berlin, wurde 1842 Professor der Arzneimittellehre und starb daselbst. Er schrieb: »Lehrbuch
der Arzneimittellehre« (Berl. 1847-61, 3 Bde.).
(Süden), diejenige der vier Weltgegenden, wo die Sonne und die meisten übrigen Gestirne, von der nördlichen
Halbkugel der Erde aus betrachtet, ihre größte Höhe erreichen. oder Mittagszeit nennt man denjenigen Moment, in welchem der
Mittelpunkt der Sonne in den Meridian eines Ortes eintritt und also die Sonne für diesen Ort kulminiert (s. Kulmination). Man nennt
diesen Mittag bestimmter den wahren Mittag Da aber die Sonne nicht ganz gleichförmig unter den Fixsternen nach O. rückt, so ist die
Zwischenzeit zwischen zwei wahren Mittagen oder der wahre Sonnentag nicht beständig gleich groß.
Man denkt sich daher eine sogen. mittlere Sonne, die in derselben Zeit wie die wahre ihren (scheinbaren) Umlauf unter den Fixsternen
vollendet, sich aber gleichförmig und auf dem Äquator bewegt, und nennt mittlern Mittag die Kulminationszeit dieser mittlern
Sonne. Die Zwischenzeit zwischen zwei mittlern Mittagen heißt der mittlere Sonnentag und bildet die Grundlage
der mittlern oder bürgerlichen Zeit (vgl. Zeit). Der Unterschied zwischen wahrem und mittlerm
Mittag heißt Zeitgleichung (s. d.). Mittagsfläche heißt die Ebene des Meridians, Mittagshöhe die Höhe eines Sterns im Meridian,
Mittagslinie die Durchschnittslinie der Mittagsfläche mit der Ebene des Horizonts, Mittagspunkt oder Südpunkt
der Durchschnittspunkt des Meridians mit dem Horizont,
[* 84] über welchem die Sonne im M. steht.
in der Arithmetik ein Wert, der zwischen andern Werten liegt. Man unterscheidet das arithmetische
Mittel beliebig vieler Zahlen, d. h. die Summe dieser Zahlen, dividiert durch ihre Anzahl; das geometrische oder die mittlere Proportionale
zweier Zahlen, d. h. die Quadratwurzel aus dem Produkt derselben; das harmonische Mittel zweier Zahlen, d. h. das doppelte Produkt
derselben, dividiert durch ihre Summe. Das geometrische Mittel zweier Zahlen ist wieder das geometrische aus
dem harmonischen und dem arithmetischen Mittel derselben; denn es ist 2ab/(a+b) das harmonische, (a+b)/2 das arithmetische
und √(ab) das geometrische aus a und b, und die Quadratwurzel aus den beiden ersten Zahlen gibt wieder √(ab). Das harmonische
ist der kleinste, das arithmetische der größte der drei Mittelwerte zwischen zwei Zahlen. - Mittel im philosophischen
Sinn, s. Zweck.
(lat. Medium aevum, franz. Moyen-âge, engl. Middle-age), der große
Zeitraum der Geschichte, welcher zwischen dem klassischen Altertum und der neuern Zeit liegt, und dessen
Dauer vom Untergang des weströmischen Reichs (476) oder schon vom Beginn der Völkerwanderung (375) an bis zur Entdeckung von
Amerika
[* 86] (1492), wohl auch bis zum Beginn der deutschen Reformation (1517) angenommen wird. Der Name ist als die
Bezeichnung einer Übergangsperiode von der antiken Welt mit ihrer großartigen geistigen Kultur und der Schöpfung des römischen
Weltreichs zu der modernen Kultur und dem jetzigen Staatensystem aufzufassen.
Als allgemeines geschichtliches Merkmal des Mittelalters tritt uns zunächst die beginnende Entwickelung der Germanen und Slawen
in Europa und der morgenländischen Völkerstämme in Asien und Afrika
[* 87] auf den Trümmern der römischen
Macht vor Augen, dort unter dem Geleit des Christentums, hier des Islam, die an die Stelle des untergehenden Heidentums treten.
Die Geschichte der Menschheit erweitert ihren Schauplatz nach Norden
[* 88] und Osten, verlegt aber zugleich ihren Schwerpunkt,
[* 89] indem
nach wechselvollen Kämpfen schließlich der Orient dem religiös-kriegerischen Despotismus der Osmanen erlag,
welcher alles geistige und materielle Leben ertötete, während im Westen, im Abendland, unter dem Einfluß des Christentums
und der erwachenden antiken Kultur aus der romanisierten alten Bevölkerung
[* 90] und den frischen Kernvölkern der Germanen neue
Nationen sich bildeten und eine neue Bildung erwuchs. Dies Eintreten der Germanen in die Geschichte und
die Verschmelzung ihres Volkstums mit den vorgefundenen Formen des Lebens zu neuen
¶