Verbindung miteinander und stellen ein reichmaschiges Röhrennetz
[* 1]
(Fig. A) her, das den ganzen
Pflanzenkörper von der
Wurzel
[* 2] bis zu den Blütenteilen durchzieht. Die oft behauptete
Kommunikation zwischen
[* 3] und
Gefäßen
findet wahrscheinlich nirgends statt. Bei den
Arten von
Euphorbia
[* 4] sind sämtliche Milchröhren der erwachsenen
Pflanze Auszweigungen einiger
weniger, schon im
Embryo vorhandener
Schläuche, die weiter und weiter auswachsen und in die neugebildeten
Gewebe
[* 5] eindringen. Im
Rhizom
[* 6] von Sanguinaria und bei
Chelidonium treten
Schläuche mit rotem oder gelbem Farbstoffinhalt auf.
Die physiologische Aufgabe der Milchröhren besteht in der Leitung und Aufspeicherung plastischer Bildungsstoffe,
wie besonders der
Kohlehydrate,
Fette und
Eiweißkörper.
(Gärungsmilchsäure,
Äthylidenmilchsäure) C3H6O3 findet sich im
Magensaft
und Darminhalt, auch sonst weitverbreitet im tierischen
Körper, entsteht durch einen eigentümlichen Gärungsprozeß aus
Zucker,
[* 7]
Gummi und
Stärkemehl, findet sich daher in saurer
Milch,
Sauerkraut, sauren
Gurken, Gerberlohe etc.
und bildet sich leicht in Bierwürze. Zur
Darstellung von Milchsäure läßt man
Milch sauer werden, wäscht den ausgeschiedenen
Käsestoff
mit
Wasser aus, löst in den mit dem Waschwasser gemischten
MolkenMilchzucker, setzt
Zinkweiß zu, läßt das Gemisch in
einem offenen
Gefäß
[* 8] bei 25-35° gären und setzt, sobald saure
Reaktion eintritt, von neuem
Zinkweiß zu. Zuletzt gießt man
ab, löst das abgeschiedene milchsaure
Zink in möglichst wenig
Wasser, säuert die gesamte
Flüssigkeit mit
Salzsäure an, kocht
auf, koliert, läßt kristallisieren, verdampft die
Mutterlauge auf ein Drittel, läßt wieder kristallisieren,
wäscht das
Zinksalz mit
Weingeist, kristallisiert es um, zersetzt es mit
Schwefelwasserstoff und verdampft das
Filtrat. Milchsäure bildet
einen farb- und geruchlosen
Sirup vom spez. Gew. 1,215, schmeckt stark sauer, ist leicht löslich in
Wasser,
Alkohol und
Äther,
nicht flüchtig, verflüchtigt sich aber mit Wasserdämpfen, löst leicht Erdsalze, besonders Kalkphosphat, gibt
bei 130° Milchsäureanhydrid, vergärt in Bierwürze, gibt aber mit faulenden tierischen
StoffenButtersäure,
Kohlensäure,
Wasserstoff.
Sie bildet neutrale, in
Wasser und
Alkohol lösliche
Salze, welche bis auf die der
Alkalien kristallisierbar sind. Milchsaures
EisenoxydulFe(C3H5O3)2.3H2O ^[Fe(C3H5O3)2.3H2O], welches man aus sauren
Molken und Eisenfeile
oder aus milchsaurem
Natron und
Eisenvitriol erhält, ist farblos, kristallinisch, wenig löslich in
Wasser,
schmeckt mild süßlich eisenartig und dient als
Arzneimittel. Die Milchsäure wird als
Verdauung beförderndes
Mittel und auch bei
Krupp
und
Diphtheritis angewendet, weil sie die bei diesen
Krankheiten auftretenden
Membranen löst, ferner bei der sogen. phosphatischen
Diathese, zu Mundwässern wie auch als Zahnreinigungsmittel benutzt. Außerdem kommt sie in Form
von
Molken und
Buttermilch vielfach in Anwendung, und milchsäurehaltige
Flüssigkeiten spielen in der
Gerberei,
Färberei (Kleienbad)
und Stärkefabrikation
(Lösung des
Klebers) eine
Rolle; auch in der Bierwürze bildet sich leicht Milchsäure.
(Milchborke,
Ansprung,
Crusta lactea s. serpiginosa,
Porrigo larvalis),
Bläschenausschlag, welcher fast ausschließlich
bei
Säuglingen vorkommt und die
Haut
[* 9] der
Wangen, des
Kinnes und namentlich die behaarte Kopfhaut befällt, ohne
jedoch andre
Hautstellen gänzlich zu verschonen. Die erkrankten Hautpartien bekommen ein rotes, glänzendes Aussehen, und nachdem einige
kleine
Bläschen mit Eiterpustelchen aufgeschossen und zerplatzt sind, überziehen sie sich mit einer hellgelblichen
Flüssigkeit,
welche später zu dicken, gelblichen, fest aufsitzenden Krusten und
Schorfen eintrocknet.
Die Behandlung geschieht durch weiße Präzipitatsalbe und
Sublimat in schwacher
Lösung, durch schwefelsaures
Zink und kohlensaures
Blei,
[* 10] am besten in Salbenform. Von vorzüglicher
Wirkung und ohne Nachteil für das Allgemeinbefinden ist folgende Schnellkur.
Die Krusten werden in einem warmenWasserbad aufgeweicht und abgelöst; auf die entblößten und schwach
blutenden
Stellen werden kalte Wasserumschläge gemacht, um das brennende
Gefühl und die etwanige
Blutung zu beseitigen, und
wenn dies geschehen ist, werden die erkrankten Hautpartien mit frisch ausgelassenem Rindstalg in ziemlich dicker
Schicht sanft
bestrichen. Man wiederholt dann die Prozedur ein- oder zweimal, wonach das Übel vollständig verschwindet.
An
Stelle der Krusten bildet sich eine gesunde und glatte
Epidermis,
[* 11] die man noch einige Zeit durch milde
Salben vor
Witterungs-
und andern Einflüssen schützen muß. Die örtliche
Kur des Milchschorfs unterstützt man gern durch Darreichung von
Leberthran
und kräftigende
Diät
(Milch, roheEier
[* 12] etc.).
der in weißlichem
Licht
[* 13] schimmernde
Gürtel,
[* 14] welcher das Himmelsgewölbe in zwei nicht ganz gleiche Teile
teilt und aus sehr zahlreichen kleinen und kleinsten
Sternen besteht. Nach W.
HerschelsAnsicht erklärt sich die
Erscheinung
der Milchstraße durch die schon von
Kant angenommene linsenförmige Gestalt des Sternsystems, in dem wir uns befinden;
in
Richtung der Milchstraße soll sich dasselbe fünfmal so weit ausdehnen als rechtwinkelig dazu; die
Teilung der Milchstraße erklärt er durch
eine riesige, bis halbwegs zur Mitte des
Systems reichende
Spalte. Vgl.
Fixsterne,
[* 15] S. 322. - Über den
Mythus der Entstehung
der s.
Herakles,
[* 16] S. 394.
diejenige Art der
Haltung von
Rindvieh, bei welcher man die Erzielung der größtmöglichen
Menge von
Milch und deren beste Verwertung beabsichtigt. Sie bedingt, besonders bei direktem Verkauf von frischer
Milch, weit lebhaftern
Geldumsatz, als sonst möglich, und kann deshalb mit relativ geringerm
Betriebskapital organisiert werden.
Von großer Wichtigkeit ist die Milchwirtschaft für die städtischen
Bevölkerungen. Sehr schöne Einrichtungen der Art haben unter andern
London,
[* 18]
Leipzig,
[* 19]
Breslau.
[* 20] Am vorteilhaftesten gestaltet sich hier der Betrieb ganz ohne
Zucht mit frischmelkenden
Kühen, welche
man so lange benutzt, als sie genügend
Milch geben. Im großen
Durchschnitt kann man annehmen, daß die
Kühe im ersten Halbjahr nach dem
Kalben 70-80 Proz. ihres gesamten Milchertrags liefern.
Hält man die
Kühe in den Milchwirtschaften nur so lange, so erhält man mit ganz denselben Unkosten die doppelte Milchmenge.
Sorgsame Berechnungen haben erwiesen, daß eine Milchwirtschaft in einer großen Stadt nicht bestehen
kann, wenn nicht im großen
Durchschnitt pro
Kopf täglich mindestens 9
Lit.
Milch gemolken werden können, gleichgültig, ob
der Betrieb mit eignem
Areal oder ohne solches stattfindet. Da, wo die
Milch nicht mehr täglich frisch verkauft werden kann,
muß die Milchwirtschaft entweder zur
Butter- oder zur Käsefabrikation
¶
mehr
eingerichtet werden. LangeTransporte verträgt die Milch nicht. Der direkte Verkauf für den Bedarf großer Städte fordert die
Einrichtung von Milchwirtschaften in der nächsten Umgebung. Mittels der Eisenbahn wird die Milch aus einer Entfernung von 100 km
und darüber herbeigeschafft. Von großen Gütern errichten die Besitzer zuweilen in den Städten eigne
Verkaufsstellen für die Milch. Sonst vermitteln Zwischenhändler (Milchpachter) das Geschäft. In neuerer Zeit haben sich
in manchen Gegenden besondere Genossenschaften zur Verwertung der Milch durch Fabrikation von Butter und Käse etc. gebildet.
Im Mittelpunkt mehrerer Güter errichtet man die Fabrik auf gemeinsame Rechnung und verkauft an dieselbe die Milch
zu wesentlich höhern Preisen, oder man liefert derselben die Milch und verarbeitet sie auf gemeinsame Rechnung und Gefahr.
Auch von kleinen bäuerlichen Wirten sind solche Molkereigenossenschaften schon vielfach eingerichtet worden, besonders am
Rhein, in der Schweiz,
[* 22] in Württemberg
[* 23] und Baden,
[* 24] während sonst das gesamte Molkereiwesen und mit demselben auch die
genossenschaftliche Entwickelung gegenwärtig am höchsten in Dänemark
[* 25] floriert. Einen großen Aufschwung erhielt die en gros
betriebene Milchwirtschaft dadurch, daß die Buttergewinnung mittels der Zentrifuge
[* 26] sich verallgemeinerte.
Die Versorgung großer Städte mit Milch und Milchprodukten wird mehr und mehr von einzelnen großen Geschäften bewirkt, welche
in ihren Etablissements vorzügliche Apparate zur Konservierung der Milch und zur Butter- und Käsebereitung
besitzen. Täglich zweimal werden die Artikel mit besondern Fuhrwerken in den Straßen umhergefahren und zum Kauf offeriert.
Die Wagen sind so eingerichtet, daß eine betrügerische Mischung der Milch mit Wasser nicht stattfinden kann. Vgl. Litteratur
bei Milch.
C12H22O11 findet sich in der Milch und wird in der Schweiz und den Bayrischen Alpen
aus den Molken durch Verdampfen und Kristallisieren gewonnen. Durch Umkristallisieren gereinigt, bildet der Milchzucker weiße, durchscheinende,
harte Kristalle,
[* 28] die sich leicht in kochendem und in 5-6 Teilen kaltem Wasser, aber schwer in kochendem Alkohol
lösen, wenig süß und sandig schmecken und zwischen den Zähnen knirschen. Die wässerige Lösung lenkt die Polarisationsebene
nach rechts ab. Durch Einwirkung von Fermenten und verdünnten Säuren wird Milchzucker in Galaktose (Laktose) C6H12O6 verwandelt,
welche in alkoholische und namentlich leicht in Milchsäuregärung, auch in Buttersäuregärung versetzt werden kann, ist
also wie Rohrzucker nicht direkt gärungsfähig, mit Salpetersäure bildet er besonders Schleimsäure und Oxalsäure. Man benutzt
den Milchzucker zur Herstellung von Silberspiegeln u., weil er auch als feines Pulver an der Luft nicht feucht wird, als Vehikel für
Arzneimittel.
unterscheidet sich von Güte (s. d.) dadurch, daß sie nicht wie diese gegen
Verdienst und Schuld gleichgültig, sondern unverdient ist, von Gnade aber dadurch, daß sie nicht gegen (wirklich oder vermeintlich)
niedriger Gestellte, sondern ohne Rücksicht auf die Stellung des andern geübt wird.
AnnaPauline, verehelichte Hauptmann, Opernsängerin, geb. zu Konstantinopel,
[* 32] wo ihr Vater bei der österreichischen
Gesandtschaft angestellt war,
wurde in Wien
[* 33] durch SigismundNeukomm zur Sängerin ausgebildet und trat 1803 am dortigen Kärntnerthortheater
zum erstenmal in die Öffentlichkeit. Bei der Anwesenheit Napoleons in Wien (1809) erhielt sie von diesem
einen Antrag nach Paris,
[* 34] dem sie jedoch nicht Folge leistete; dagegen hatte sie bei einem Gastspiel in Berlin
[* 35] 1815 so glänzenden
Erfolg, daß sie ein ihr hier gebotenes Engagement annahm und für die fernere Dauer ihrer Laufbahn der Berliner
[* 36] Oper angehörte.
Im J. 1831 trat sie in den Ruhestand und starb Der Glanz derBerlinerOper während der 20er
Jahre unter Spontinis Leitung war vornehmlich durch ihre Mitwirkung bedingt. Wie sehr ihre Leistungen von ihren Zeitgenossen
anerkannt wurden, beweist die Thatsache, daß Beethoven seinen »Fidelio« für sie geschrieben hat, wie
auch die anerkennenden Worte, welche ihr Goethe bei Gelegenheit ihrer 25jährigen Dienstfeier mit einem Exemplar seiner »Iphigenia«
übersandte.
Umstände (franz. Circonstances atténuantes), besondere thatsächliche
Verhältnisse, welche in einem gegebenen Straffall die That in so mildem Licht erscheinen lassen, daß die dafür gesetzlich
bestimmte Strafe als zu hart erscheinen würde. Nach dem deutschen Reichsstrafgesetzbuch, welch letzteres
nach dem Vorgang des preußischen Strafgesetzbuchs die Berücksichtigung mildernder Umstände dem französischen Recht (Gesetz
vom entnommen hat, muß die Strafe beim Vorhandensein mildernder Umstände gemindert werden, wenn es sich um eigentliche
Verbrechen handelt, während sie herabgesetzt werden kann, wenn ein Vergehen mit mildernden Umständen
vorliegt.
Bei Übertretungen sind m. U. nicht zu berücksichtigen. Bei welchen Delikten m. U. überhaupt zu berücksichtigen sind, ist
im Strafgesetzbuch ausdrücklich angegeben, während dasselbe die Frage, welche Momente als m. U. aufzufassen sind, nicht entscheidet,
sondern ihre Beantwortung für den einzelnen Fall dem richterlichen Ermessen anheimgibt. So wird z. B.
derjenige, welcher bereits zweimal als Dieb im Inland bestraft wurde, bei dem dritten Diebstahl mit Zuchthaus von einem bis
zu zehn Jahren bestraft.
Liegen aber m. U. vor, ist z. B. der Wertbetrag des Gestohlenen
nur ein ganz geringer, so kann auf Gefängnisstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren heruntergegangen
werden. Wo Geschworne über die Schuldfrage zu entscheiden haben, gebührt ihnen auch die Entscheidung über die Frage, ob m.
U. anzunehmen sind oder nicht (deutsche Strafprozeßordnung, § 295, 297, 307). Nicht zu verwechseln mit den mildernden Umständen
sind die sogen. Strafmilderungsgründe, d. h. solche Umstände,
welche kraft gesetzlicher Bestimmung die Strafe mildern und welche in jedem Fall berücksichtigt werden
müssen. Das deutsche Strafgesetzbuch kennt jedoch nur einen eigentlichen Milderungsgrund: das jugendliche Alter.
Stadt in Pembrokeshire (Südwales), auf der Nordseite des schönen und sichern Fjords Milford Haven, der 27 km
tief ins Land eindringt und den größten Schiffen zu jeder Zeit zugänglich ist, hat (1881) 3812 Einw.
Die neuen Docks (New Milford Docks) liegen 8 km oberhalb Milford, den PembrokeDocks gegenüber;
aber trotz ihrer
Vorzüge hat sich von ihnen aus ein Verkehr mit Amerika
[* 43] nicht entwickelt. ist Sitz eines deutschen Konsuls.
Stadt in Algerien,
[* 44] ProvinzAlgier, am Südabhang der ersten Atlaskette, in äußerst fruchtbarer, wohlkultivierter
Umgebung, mit (1884) 6900 Einw., darunter 1710 Franzosen.
(spr. -litschéwitsch),Milan, serb. Schriftsteller, geb. zu Ripanj im BelgraderKreis, wurde,
nachdem er 1850 die theologischen Studien absolviert hatte, Lehrer, trat 1852 in den Staatsdienst, wurde 1861 Sekretär
[* 45] im serbischen Kultusministerium und später Adlatus des Ministers für innere Angelegenheiten. Milicevic' zahlreiche Schriften sind
teils pädagogischen, teils ethnographischen Inhalts und durch musterhafte Reinheit der Sprache
[* 46] ausgezeichnet. Seine bedeutendsten
Werke sind: »Das FürstentumSerbien«
[* 47] (1876),
alle im Heer und in der Marine für das Bedürfnis des Heers oder der Marine angestellten,
nicht zum Soldatenstand gehörenden, aber unter dem Kriegsminister oder Chef derAdmiralität stehenden Beamten, welche einen
Militärrang haben. Nach der Verordnung vom sind obere Militärbeamte die im Offiziersrang stehenden, wie die Militärjustizbeamten
(Auditeure), die Intendanturbeamten, die Registratoren bei den höchsten Kommandobehörden, die Militärprediger,
die Zahlmeister, die Marineingenieure, Werftsekretäre, Ingenieurgeographen, die Inspektoren, Kontrolleure, Assistenten, Betriebssekretäre,
Vorsteher und Expedienten des Militäreisenbahnwesens, Stallmeister, Fortifikationssekretäre, die Beamten der Feldkriegskasse,
die Feldmagazinbeamten, die Feldpost-, Feldtelegraphen- und Feldlazarettbeamten (zu denen auch die Feldapotheker gehören).
Intendantursekretariatsexamen bestanden haben, für alle übrigen Stellungen muß die Qualifikation in einer meist sechsmonatlichen
Probedienstleistung dargethan werden.
ein höherer Offizier, welcher einer Gesandtschaft beigegeben ist, um die militärischen
Interessen der von dieser vertretenen Regierung im Ausland zu wahren.
Die systematische Benutzung der Eisenbahnen zur Truppenbeförderung für Kriegszwecke, sowohl
für den strategischen Aufmarsch der Armeen als ihre taktischen Operationen, ist verhältnismäßig neu.
Die erste Anregung hierzu gab Pönitz durch seine Schrift »Die Eisenbahnen als Operationslinien« (Berl. 1842), in welcher er
die Verbindung der Eisenbahnen mit der Telegraphie als einen unbedingten Fortschritt für militärische Zwecke bezeichnete.
Sie wurde lange bekämpft, bis der Feldzug 1859 in Italien
[* 57] durch die Benutzung der Eisenbahnen sowohl von
seiten der Österreicher als der Franzosen die Bedeutung dieser Verkehrsmittel praktisch darlegte. Aber erst die Amerikaner
haben während des Bürgerkriegs diese Kriegspraxis in weitgehendster Weise ausgebildet. Die dort gemachten Erfahrungen hat
Preußen 1866 mit außerordentlichem Erfolg angewendet, und 1869 wurde im GroßenGeneralstab eine Eisenbahnabteilung
gebildet, welche in Vereinbarung mit den Eisenbahndirektionen die Fahrpläne für die gesamten Militärzüge bei einer Mobilmachung
feststellt.
Der Erfolg war, daß vom 24. Juli bis auf neun Linien 384,000 Mann mit allem Gerät etc. an die Grenze befördert werden
konnten. Von Preußen waren vier, von Bayern eine Feldeisenbahnabteilung formiert worden, welche sogleich
die Herstellung der zerstörten Eisenbahnen in Angriff nahmen. 280 MeilenBahnen wurden hergestellt und vier Betriebskommissionen
unterstellt, die jedoch vom Handelsminister ressortierten. Der dadurch erschwerte Verkehr mit den Linienkommissionen und Feldeisenbahnabteilungen
war Ursache, nach dem KriegEisenbahnbetriebs- und Bauabteilungen militärisch zu organisieren.
Die Eisenbahndirektion
besteht aus dem Direktor (Stabsoffizier), Vorstand der Transportabteilung, je einem Bau-, Betriebs- und Maschinentechniker und
einem Verwaltungsbeamten mit dem erforderlichen militärischen und technischen Unterpersonal für das
Bau-, Betriebs- und Maschinenwesen. Im okkupierten Gebiet werden nach Bedarf Eisenbahnbetriebsinspektionen errichtet, deren
Bezirk etwa je 450 km Bahnlänge umfassen soll. Ihnen werden dann die erforderlichen Eisenbahnbetriebskompanien überwiesen.
Für den Kriegsfall sind die 6 großen Eisenbahngesellschaften verpflichtet, aus ihren Beamten 8 technische Sektionen von
Feldeisenbahnarbeitern aufzustellen und die Beamten für die 3 Abteilungen jeder Sektion, Bau-, Betriebs-
und Fahrpersonal, herzugeben. Rußland hat 5 Eisenbahnbataillone. Im Festungskrieg finden schmalspurige, sogen. Feld- und Förderbahnen
zum Material- und Munitionstransport, sowohl beim Angreifen als bei der Verteidigung, vielfach Verwendung.
Sie werden von denjenigen Truppen gebaut und in Betrieb genommen, welche ihrer bedürfen, also von der
Fußartillerie und den Pionieren, die Eisenbahntruppen haben mit ihnen nichts zu thun. Da es sich zur Versorgung der Batterien
mit Munition häufig um schnellen Ortswechsel des ausgelegten Geleises handelt, so muß letzteres leicht auszulegen und aufzunehmen
sowie leicht transportabel sein, anderseits aber auch genügende Tragfähigkeit für Lasten bis zu etwa 80 Ztr.
besitzen. Es sind daher zusammengesetzte Joche aus Stahlschwellen und Stahlschienen mit einfacher Stoßverbindung am zweckmäßigsten.
Für die Bahnen in den Kehlgräben der Forts und wenig wechselnde Geleise wird feste Laschenverbindung vorgezogen. Für die
Friedensübungen der Artillerie (auf den Schießplätzen und bei Belagerungsübungen) sind die Feldbahnen
des Georgs-Marien-Bergwerks- und
¶
mehr
Hüttenvereins eingeführt und haben sich vortrefflich bewährt.
(Militärbudget), derjenige Teil des Staatshaushaltsetats, in welchem die Kosten des Kriegswesens veranschlagt
sind (s. Budget). Für das Deutsche Reich ist der Militäretat ein Teil des Reichsbudgets, nicht des jeweiligen Haushaltungsetats
der einzelnen Staaten. Ausnahmen sind jedoch in Ansehung der KönigreicheSachsen,
[* 67] Württemberg und Bayern gemacht, für welch
letztern Staat insbesondere, da sein Heer einen in sich geschlossenen Bestandteil des Reichsheers mit selbständiger Verwaltung
bildet, die Aufstellung eines Spezialetats seitens der bayrischen Staatsregierung vorbehalten ist. Im übrigen ist aber der
Militäretat dem Budgetrecht des Reichstags unterstellt, jedoch seit 1874 mit der Modifikation, daß der Militäretat jeweilig, zum letztenmal
1887, auf sieben Jahre (daher »Septennat«) bewilligt wurde.
untersuchungführender Offizier zur Seite. Vor die niedere Gerichtsbarkeit gehören alle Vergehen, welche keine strengere Freiheitsstrafe
fordern als das höchste zulässige Maß des Arrestes, vor erstere alle Verbrechen und Vergehen, für welche im Gesetz mindestens
Gefängnisstrafe angedroht ist. Der Gerichtsherr spricht nicht selbst Recht; er befiehlt nur die gerichtliche Untersuchung durch
ein Untersuchungsgericht (Auditeur, bei den Bataillons- und Regimentsgerichten ein untersuchungführender Offizier und einer
oder zwei Offiziere als Beisitzer), befiehlt die Abhaltung der Spruchgerichte, prüft und bestätigt die Urteile und ordnet
deren Vollstreckung an. Die Militärgerichte sind nämlich keine ständigen Gerichte, sie werden vielmehr für jeden einzelnen
Fall besonders zusammengesetzt.
Für jedes militärstrafgerichtliche Verfahren ist ein Untersuchungsgericht und ein Spruchgericht niederzusetzen.
Den Untersuchungsgerichten liegt die Führung der Untersuchung, den Spruchgerichten die Fällung des Urteils ob. Spruchgerichte
sind für die niedere GerichtsbarkeitStandgerichte, für die höhere Kriegsgerichte. Beide setzen sich zusammen aus einer Anzahl
von Personen des Soldatenstandes verschiedener Rangklassen, deren Rang sich nach demjenigen des Angeschuldigten
bestimmt, und einem Auditeur, bei Standgerichten statt dessen auch einem untersuchungführenden Offizier als Referenten.
Die Bestätigung der Richtersprüche erfolgt bei Strafen bis zu einem Jahr Gefängnis durch den Gerichtsherrn, bis zu zwei
Jahren durch den kommandierenden General, bis zu fünf Jahren durch den Kriegsminister, darüber und gegen Offiziere stets durch
den Kontingentsherrn; dabei werden die Urteile durch die Auditeure, resp. das Generalauditoriat begutachtet.
Durch die Bestätigung wird das Urteil rechtskräftig, Berufung findet nicht statt. Alle Gerichtsakten werden durch die Korpsauditeure
und das Generalauditoriat einer nachträglichen Prüfung unterzogen. Das Begnadigungsrecht steht den Kontingentsherren, also
den Königen von Preußen und Sachsen, zu; doch sind den sonstigen Landesherren in den Militärkonventionen gewisse
Zugeständnisse in dieser Hinsicht gemacht.
der Inbegriff derjenigen Rechtsnormen, durch welche die rechtliche Stellung der Militärpersonen
geregelt wird. Hierher gehören zunächst die Gesetzesvorschriften über die Wehrpflicht (s. d.) überhaupt,
ferner diejenigen gesetzlichen Bestimmungen, welche für das Militär auf dem Gebiet des öffentlichen wie des privaten Rechts
die Eigentümlichkeiten eines besondern Rechtsstandes (das militärische Sonderrecht) begründen.