als Fortsetzung zu
Beckers
»Weltgeschichte«, für welche er auch die Jahre 1815-37 behandelte: »Zwanzig
Jahre preußischer Geschichte, 1786-1806« (das. 1849).
Menzels Werke, auf Quellenstudium gegründet, obwohl von der neuern
Forschung meist überholt, zeichnen sich durch gewandteDarstellung aus. Aus seinem
Nachlaß gab H.
Wuttke
heraus:
»Religion und Staatsidee in der vorchristlichen Zeit« (Leipz. 1872).
Selbständig erschien sein »Litteraturblatt« bis 1869. Seit 1830 wiederholt
in die württembergische
Ständeversammlung gewählt, stand er mit
Uhland,
Schott und
Pfizer auf der Seite der
Opposition, mit
welcher er auch, da sie all ihre Bemühungen erfolglos sah, 1838 austrat, um seine Thätigkeit ganz der Litteratur zuzuwenden.
Er starb in
Stuttgart. Menzel machte sich auf dem litterarischen Gebiet zuerst durch seine
»Streckverse«
(Heidelb. 1823) bekannt, welche sich durch witzige Originalität auszeichnen.
die er mit
Troxler,
List,
L. A.
Follen und Mönnich herausgab, sowie in seinem Werk
»Die deutsche Litteratur« (Stuttg. 1827, 2 Bde.; 2. Aufl.
1836, 4 Bde.) griff er
Goethe und dessen Einfluß, späterhin das
»junge Deutschland« heftig an und veranlaßte dadurch das
Verbot der
Schriften des jungen
Deutschland
[* 20] durch den
DeutschenBund, was Menzel in den unverdienten
Ruf eines Denunzianten brachte.
Seine »Geschichte der
Deutschen« (Zürich
1824-25, 3 Bde.; 6. Aufl.,
Stuttg.
1872-73) ist für das größere
Publikum und für
Schüler geschrieben. Die
Julirevolution hatte ihn zum entschiedenen
Gegner der
Franzosen und der sich zu ihnen hinneigenden und
Deutschland verhöhnenden deutschen Schriftsteller, namentlich
Heines und
Bornes, gemacht, welch letzterer sich durch seine
Schrift »Menzel, der Franzosenfresser« (Par.
1837) rächte. Die »Geschichte
Europas«, von 1789 bis 1815 (Stuttg. 1853, 2 Bde.; 2. Aufl.
1866),
und »Geschichte der letzten 40 Jahre« (das.
1857, 2 Bde.; 3. Aufl. 1865) bekunden
seine Hinneigung zu streng monarchischen
Grundsätzen, die in der
Folge immer stärker hervortrat, zugleich aber seine echt
nationale
Gesinnung. Diese bewährte er, namentlich seit die
Frage der deutschen Einigung 1859 brennend
wurde, in den
Schriften: »Die letzten 120 Jahre der
Weltgeschichte 1740-1860« (Stuttg. 1860, 6 Bde.);
»Allgemeine
Weltgeschichte« (das. 1862-63, 12 Bde.;
in 4 weitern
Bänden bis 1870 fortgeführt);
»Geschichte der neuesten Jesuitenumtriebe in
Deutschland« (das. 1873).
Als Dichter hat er sich
besonders in den dramatischen
Märchen:
»Rübezahl« (Stuttg. 1829) und
»Narcissus« (das. 1830) und in dem
Roman aus der Zeit des Dreißigjährigen
Kriegs:
»Furore« (Leipz. 1851, 2 Bde.)
versucht. Außerdem schrieb er: »Mythologische Forschungen und Sammlungen« (Stuttg.
1842);
4)
Adolf,
Maler, Radierer, Lithograph und Zeichner, geb. zu
Breslau, kam 1830 nach
Berlin, besuchte dort kurze Zeit
die
Akademie, verließ dieselbe aber bald, da er auf eignen
Erwerb durch Anfertigung von
Lithographien angewiesen war.
Schon 1833 trat
er mit sechs lithographischen Blättern von geistvoller
Erfindung und eigenartiger, realistischer Formengebung
unter dem
Titel: »Künstlers Erdenwallen« hervor. 1837 erschien von ihm lithographiert
ein
Cyklus von zwölf Blättern aus der brandenburgischen Geschichte. 1836 führte er sein erstes
Ölgemälde: die
Schachspieler,
aus, dem 1837 die Rechtskonsultation, die
Toilette und ein Weltgeistlicher undeinMönch folgten. 1839 brachte
er es bereits zu einem figurenreichen Gemälde dramatisch bewegten
Inhalts, dem
Gerichtstag: Das eigentliche
Feld seiner Thätigkeit
fand er aber erst mit den 400
Illustrationen, welche er 1839-42 zu
Kuglers »Geschichte
Friedrichs d.
Gr.« lieferte. Diese
Zeichnungen
fesseln durch
Reichtum an Originalität und
Humor, und gleich bewundernswert ist das dramatische
Leben und
die frappierende
Wahrheit der Gestalten wie die historische
Treue, die sich in der genauesten
Beobachtung der
Kostüme
[* 22] ausspricht.
Durch die Ausführung der
Zeichnungen in
Holzschnitt, welche unter seiner Überwachung und unter seinem Einfluß erfolgte,
übte Menzel zugleich eine entscheidende Einwirkung auf
¶
mehr
die Hebung
[* 24] der Holzschneidekunst. Unmittelbar daran schlossen sich 200 Illustrationen zu einer von FriedrichWilhelm IV. veranstalteten,
nur zu Geschenken an hohe Personen bestimmten Prachtausgabe der Werke Friedrichs d. Gr. (1843-49), welche von A. und O. Vogel,
Unzelmann und H. Müller in Holz
[* 25] geschnitten wurden (neue Ausg., Berl. 1886, 2 Bde.).
In diesen Meisterwerken erschöpfte Menzel den ganzen geschichtlichen und kulturgeschichtlichen
Inhalt des 18. Jahrh. Er war fortan der berufene MalerFriedrichs d. Gr., welcher in trüber Zeit durch unablässige Schilderungen
des Helden und seiner Feldherren viel zur Stärkung des preußischen Volksbewußtseins beitrug.
Unter seinen andre Stoffe behandelnden Bildern nehmen neben dem großen, den Einzug Heinrichs desKindes
und seiner Mutter in Marburg
[* 26] 1247 darstellenden Karton die drei Kompositionen den ersten Rang ein, die als Transparentbilder für
die Weihnachtsausstellungen im Berliner
[* 27] Akademiegebäude malte; es sind: Christus unter den Lehrern (1851, existiert auch als
Lithographie, von Menzel selbst in der Schabmanier auf Stein gezeichnet);
Eine zweite Gruppe unter Menzels Werken bilden die Gemälde aus der Zeit KaiserWilhelms, zunächst das große Bild der Krönung
in Königsberg
[* 36] (1861-65, Berlin, königliches Schloß; Ölskizze und Album mit Porträtstudien in der Nationalgalerie), eins
seiner Hauptwerke; die Abreise König Wilhelms zur Armee (1871, Berliner Nationalgalerie), das Ballsouper
(1878) und KaiserWilhelmCercle haltend (1879).In den drei letztern Bildern zeigt sich bereits ein Umschwung in Menzels Stil,
der durch einen Aufenthalt in Paris
[* 37] (1867) veranlaßt worden ist. Er strebte fortan nach voller Tonwirkung bei pikanter Beleuchtung,
wobei er die schwierigsten Probleme zu lösen versuchte, und mehr skizzenhafter Behandlung der Form.
eine der alten Volkssage entnommene, durch Goethes »Faust« gebräuchlich gewordene
Bezeichnung des Teufels oder des bösen, verneinenden Prinzips. Die alten Formen des Namens sind schwankend, Etymologie und Bedeutung
desselben daher nirgends ganz sichergestellt. Mephostophiles, wie das älteste Faustbuch (s. Faust) hat, läßt sich als »der
das Licht
[* 39] Scheuende« deuten, während die heute gebräuchliche Form Mephistopheles sowie Mephistophilus, wie
Shakespeare in den »Lustigen Weibern« schreibt,
und Mephistophilis, wie sich in Marlowes »Faust« findet, auf die altitalische GöttinMephitis hinzuweisen scheint und daher
»der die höllischen (mephitischen) Dünste Liebende« bedeuten würde. Wahrscheinlicher aber ist das Wort (nach ProfessorSeydel)
eine Zusammensetzung der hebräischen Worte mephiz (»Zerstörer«) und tophel (»Lügner«),
worauf Goethe selbst anzuspielen scheint, wenn er denTeufel als »Fliegengott, Verderber, Lügner« bezeichnet.
(Mefitis), alte italische Göttin, welcher der Bereich der pesthauchenden Ausdünstungen
angehörte, und die daher an Orten, wo dergleichen der Erde entstiegen (z. B. beim See von Ampsanctum, bei Cumä am Averner See,
in Tibur, zu Benevent etc.), verehrt und als Schützerin dagegen angerufen wurde.
Diep, bedeutender schiffbarer Strom in den niederländ. ProvinzenDrenthe und Overyssel.
Er entsteht aus der Vereinigung von Havelther-Aa, Reest, Wold-Aa und Echtinger Strom, welch letzterer jetzt in Hoogeveensche
Vaart verwandelt ist.
Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Osnabrück,
[* 42] zum mediatisierten Herzogtum Arenberg-Meppen gehörig, an der
Mündung der Hase
[* 43] in die Ems und
[* 44] an der LinieMünster-Emden der Preußischen Staatsbahn, 9 m ü. M., hat eine
evangelische und 2 kath. Kirchen, ein Schloß, ein kath. Gymnasium, eine Ackerbauschule, ein Waisenhaus, ein Amtsgericht, ein
Eisenhüttenwerk, Dampfmühlen, Schiffahrt und (1885) 3386 meist kath. Einwohner. In der Nähe befindet sich ein großer Schießplatz
zum Probieren der Kruppschen Geschütze.
[* 45] - Meppen, zuerst ein königliches Kammergut, wurde 855 dem KlosterKorvei
geschenkt, erhielt im 14. Jahrh. Stadtrecht und kam dann an das HochstiftMünster.
[* 46] Die Stadt, welche mittlerweile stark befestigt
war, hatte im Dreißigjährigen und Siebenjährigen Krieg viel zu leiden. 1762 wurden die Festungswerke geschleift. Bei der
Säkularisation des HochstiftsMünster 1802 fiel an den Herzog von Arenberg und kam 1815 unter hannöversche, 1866 unter
preußische Herrschaft.
Vgl. Diepenbrock, Geschichte des vormaligen münsterschen Amtes Meppen (2. Aufl., Lingen 1885).
berühmter Kurort in Tirol,
[* 48] an der Passer, unweit ihrer Mündung in die Etsch und am Fuß des Küchelbergs reizend
gelegen, Endpunkt der Bozen-MeranerBahn, besteht aus der Altstadt mit den charakteristischen »Lauben« (Arkaden) und dem neuen
Stadtteil mit schönen Villen und Hotels nach dem Bahnhof zu, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und
eines Bezirksgerichts, hat ein Obergymnasium der Benediktiner mit Konvikt, ein Mädcheninstitut der Englischen Fräulein, eine
evangelische Gemeinde (seit 1876) und (1880) 5334, mit dem Kurbezirk 9693 Einw.
Sehenswerte Gebäude sind die alte, neuerlich
restaurierte landesfürstliche Burg aus dem 15. Jahrh., später Sitz des ersten
landesfürstlichen Beamten, darin eine Hauskapelle mit Fresken, welche die Trauung der MargareteMaultasch
mit Ludwig vonBrandenburg
[* 49] darstellen; die gotische Stadtpfarrkirche (14. Jahrh.) mit hohem Turm;
[* 50] die ebenfalls gotische Spitalkirche
mit schönem Portal und die neue evang. Christuskirche.
Die Stadt besitzt ferner ein neues, großes Kurhaus und schöne Promenaden zu beiden Seiten der Passer. Im
Garten
[* 51] des Dichters v. Redwitz in Obermais steht eine Schillerbüste von Zumbusch. Als klimatischer Kurort hat sich Meran mit dessen
nächster Umgebung, den selbständigen Gemeinden Obermais, Untermais und Gratsch, welche namentlich eine große Anzahl eleganter
Villen aufweisen, einen Weltruf erworben, welcher in der reizenden, nach N. geschützten Lage am Südabhang
der Alpen
[* 52] (353 m ü. M.) und in dem dadurch bedingten milden, gleichmäßigen,
auch im Winter heitern und windstillen Klima
[* 53] (mittlere Jahrestemperatur 12,5° C.) seine Begründung hat.
Man gebraucht im Frühling die Molken-, im Herbst die Traubenkur; auch besitzt eine Kaltwasserheilanstalt und ist neuerdings
als Terrainkurort (nach Örtel) eingerichtet. Die Saison erstreckt sich vom Herbst bis zum Frühling, die
jährliche Frequenz beträgt gegen 6000 Kurgäste; insbesondere wird Meran von Brustkranken als Winteraufenthalt aufgesucht.
Seit 1887 ist die Stadt mit einer neuen Wasserleitung
[* 54] versehen. Unter den reizenden Punkten der Umgegend sind die SchlösserTirol (mit altem Römerturm), Schönna (mit Mausoleum des ErzherzogsJohann), Trautmansdorff, Lebenberg u. a.
bemerkenswert. - Die Stadt Meran, in der Nähe des »alten oder Majas erbaut, das nach der Sage von einem Erdsturz begraben wurde,
also auf rätoromanischem Boden gelegen, erscheint zuerst in einer Urkunde von 857 als Mairania, um dann erst wieder urkundlich
im J. 1234 als »Marktfleck (Forum)
[* 55] Meran« aufzutauchen, und gehörte den Gaugrafen im Vintschgau, als welche
dann im 12. Jahrh. die Grafen von Tirol, d. h. SchloßTirol bei Meran, erscheinen. Unter den Görzer Landesfürsten entwickelte
sich Meran zur landesfürstlichen Stadt. Hier ward MargareteMaultasch mit dem Sohn KaiserLudwigs des Bayern
[* 56] in zweiter Ehe vermählt. SeilMax I. und Ferdinand I. zeigte sich jedoch Meran von Innsbruck
[* 57] immer mehr in Schatten
[* 58] gestellt.
Franz, Graf von, geb. Sohn des ErzherzogsJohann (s. d. 13) aus seiner Ehe mit Anna Plochel, welche
nach der Vermählung zur Gräfin von Meran erhoben wurde.
(Marasch), Stadt im asiatisch-türk. WilajetAleppo, Hauptort eines Liwa, am Südabhang des
Aghir Dagh, über fruchtbarer Ebene, macht von außen einen großartigen Eindruck, hat 25 unansehnliche Moscheen, mehrere armenische
Kirchen, zahlreiche öffentliche Bäder und 10-15,000 Einw. (viel Armenier).
Unter den Handwerkern zeichnen sich die Türkischrotfärber,
dieWeber und Kammmacher aus.
Saverio, Opernkomponist, geb. zu Altamura in Apulien, erhielt seine künstlerische
Ausbildung in der königlichen Musikschule San Sebastiano zu Neapel
[* 61] unter Zingarelli und errang 1818 mit der Kantate »L'unione
delle belle arti« einen ersten und glänzenden Erfolg. Fortan widmete er seine Thätigkeit als Komponist fast nur noch der
Bühne und schrieb für dieselbe allein in den nächsten fünf Jahren 21 Opern, von denen jedoch nur eine,
»Elisa e Claudio«, Anspruch auf höhern künstlerischen Wert erheben kann.
Von 1827 bis 1830 war er in Madrid
[* 62] und andern StädtenSpaniens als Komponist und Dirigent der italienischen Operntheater thätig.
In sein Vaterland zurückgekehrt, wurde er 1833 zum Kapellmeister am Dom zu Novara und 1840 zum Direktor
des königlichen Konservatoriums in Neapel ernannt, wo er, seit 1861 erblindet, starb. Im August 1876 wurde ihm daselbst
ein Denkmal errichtet. Wiewohl Mercadánte in seinem Vaterland den Ruf des gelehrtesten italienischen Tonsetzers der Gegenwart genießt,
haben doch selbst dort nur wenige seiner zahlreichen Opern, wie »L'apoteosi d'Ercole«, »Anacreonte«,
»Didone« und namentlich »Il
giuramento« (1837) etc., nachhaltigen Erfolg gehabt, da ihnen Originalität, melodischer
Reiz und schwunghafter dramatischer Ausdruck, wenigstens in höherm Maß, abgehen.
(Latinisierung des NamensKremer), Gerhard, berühmter Mathematiker und Geograph des 16. Jahrh., geb. zu
Rupelmonde in Flandern, aber deutscher Abkunft, studierte zu Löwen,
[* 63] erlernte nebenbei die Kunst des Kupferstichs, wurde in der
Folge Kosmograph des Herzogs von Jülich und starb in Duisburg,
[* 64] wo ihm 1878 ein Denkmal gesetzt wurde. Sein Hauptwerk
ist der große, von ihm selbst entworfene und sauber in Kupfer
[* 65] gestochene Atlas:
[* 66] »Atlas sive cosmographicae
meditationes de fabrica mundi et fabricati figura« (Duisb. 1594),
der aber erst in der zweiten, von Hondius besorgten Ausgabe 1607 vollständig
erschien. Außerdem veröffentlichte Mercator: »Tabulae geographicae ad mentem Ptolemaei restitutae« (Köln
[* 67] 1578) und verfertigte
mehrere Globen. Sein »Atlas minor« (von Hondius 1628 herausgegeben) erschien auch deutsch mit illuminierten
Karten (1633, 2 Bde.).
VonMercator rührt das nach
ihm benannte Projektionssystem (Mercators Projektion)
[* 68] her, das besonders auf Seekarten Anwendung findet (s. Landkarten,
[* 69] S. 457).
(spr. mérssĭa, Merce), das Land derMercier, eines Stammes der Angelsachsen, als dessen ersten König die Sage
Creoda, einen Sprößling Wodans, nennt. Es reichte vom Meer auf beiden Seiten des FlussesTrent bis an die Gebirge von Wales,
erlangte unter den Königen Äthelbald (716-757) und Offa (758-796) seine höchste Macht, kam aber 825 nach Besiegung des
mercischen Königs Wiglaf durch Egbert, den König der Westsachsen, unter dessen Herrschaft.
Als Konventsdeputierter stimmte er für lebenslängliche Gefangenschaft Ludwigs XVI., wurde darauf eingekerkert und erst durch
den 9. Thermidor befreit. Dann wurde er in den Rat der Fünfhundert gewählt, erhielt eine Geschichtsprofessur an der Zentralschule,
wurde Mitglied des Instituts und starb Geistvoll und originell, aber so sehr das Paradoxe
liebend, daß man ihn RousseausAffen
[* 77] genannt hat, vereinigte auch in seinem StilEleganz und glänzende Beredsamkeit mit Schwulst
und Streben nach dem Absonderlichen und vermischte in seinem UrteilRichtiges und Absurdes.
Das beweist am besten sein »Tableau de Paris« (1781-89, 12 Bde.), eine Schilderung nicht
der Sitten, sondern des Lasters. Aber der Erfolg war, besonders in Deutschland, ein ungeheurer. Auszüge daraus veröffentlichen
Desnoiresterres (s. unten) und Lacour (1862, 2 Bde.).
Die Fortsetzung desselben: »Le
[* 78] nouveau Paris« (Braunschw. 1800, 6 Bde.),
eine Schilderung der Revolutionszeit, ist womöglich noch maßloser. Charakteristisch sind noch die Werke:
»L'essai sur l'art dramatique« (Amsterd. 1773),
in welchem
¶
mehr
die Angriffe gegen den Klassizismus systematisch zusammengefaßt und Racine und Boileau, ja sogar Molière aufs äußerste bekämpft
werden, und »L'an 2440« (das. 1770; 1786, 3 Bde.),
eine Phantasie über die Verwirklichung der revolutionärsten Gedanken über Umgestaltung des sozialen und politischen Lebens.
Seine seinen Theorien entsprechenden Dramen sind vereinigt im »Théâtre de Mercier« (Amsterd. 1778-84, 4 Bde.).
Von seinen übrigen Werken sind zu erwähnen: der Roman »L'homme sauvage« (Amsterd. 1767),
»Songes et visions philosophiques« (1768; 1789, 2 Bde.)
u. »Mon bonnet de nuit« (1784, 4 Bde.),
eine Kritik des Klassizismus. Mercier besorgte auch eine Ausgabe von
J. J. Rousseaus Werken (mit. Anmerkungen, 1788-93, 38 Bde.) und
gab die erste Übersetzung von Schillers »Jungfrau von Orléans« (1802) heraus.
JohannHeinrich, Schriftsteller, eine Originalgestalt der Sturm- und Drangperiode, war zu
Darmstadt
[* 80] geboren. Nachdem er in Altdorf und Göttingen
[* 81] seine Universitätsstudien, welche zufolge seiner günstigen Familienverhältnisse
mehr auf allgemeine als fachwissenschaftliche Bildung sich richteten, beendigt hatte, begleitete er einen jungen Edelmann auf
Reisen, heiratete in Genf
[* 82] eine Französin und wurde 1767 in seiner Vaterstadt als Sekretär
[* 83] der Geheimkanzlei,
im folgenden Jahr als Kriegskassierer mit dem Titel eines Kriegsrats angestellt.
Seine eigne schriftstellerische Wirksamkeit, die er schon im 21. Jahr durch anonyme Veröffentlichung von Übersetzungen
englischer Werke begann, hatte weniger Bedeutung als der von ihm kritisch geübte Einfluß auf die Produktivität hervorragender
Zeitgenossen. GoethesGenius ist von keinem Menschen so früh erkannt und in den ersten Schaffensjahren
so günstig geleitet worden als von Merck. Aber auch zahlreiche andre ausgezeichnete Männer empfingen von ihm unmittelbar und
mittelbar geistige Förderung und Beratung.
Neben so vielfacher Thätigkeit, zu welcher seit 1782 eifrig betriebene paläontologische Studien kamen,
befaßte sich auch mit mancherlei industriellen Unternehmungen. Hier schien ihm aber alles zu mißlingen. Fehlgeschlagene
Versuche auf diesem Gebiet im Verein mit häuslichem Mißgeschick (es starben ihm binnen kurzer Zeit fünf Kinder) trübten
zuletzt die Klarheit seines Geistes. Die Verdüsterung seiner Seele, die sich auf einer Reise nach Paris 1790 nur
vorübergehend lichtete, äußerte sich zuletzt in der völlig ungegründeten Sorge, Verwirrung in seinen Kassengeschäften
werde ihn in Schmach und Armut stürzen. Am endete er selbst sein Leben durch einen
Pistolenschuß.
»Briefe aus dem Freundeskreise
von Goethe, Herder, Höpfner und Merck« (Leipz. 1847). Ungedruckte Briefe Mercks an Wieland wurden veröffentlicht in »Im neuen
Reich« 1877. Seine »Ausgewählten Schriften zur schönen Litteratur und Kunst« gab Stahr heraus (Oldenb.
1840).
Vgl. Zimmermann, J. H. Merck, seine Umgebung und Zeit (Frankf. 1871).
(spr. -kör),Elisa, franz. Dichterin, geb. zu Nantes,
[* 87] bewies schon als Kind poetisches Talent und
gab 1827 einen Band
[* 88] Poesien heraus, der Oden, Elegien, Stanzen etc. enthielt; 1829 folgte eine zweite Ausgabe.
Von allen Seiten wurden der Dichterin Beifall und Unterstützungen gespendet. Als dann nach der Julirevolution die Pensionen
nicht mehr gezahlt wurden, schrieb sie, um ihr Leben zu fristen, Novellen, die aber nur wenig Beachtung gefunden haben. Sie
starb Ihre Werke, denen Natürlichkeit, Anmut und tiefes Gefühl nachgerühmt werden, erschienen
1843, 3 Bde.
Vgl. J. ^[Jules] Claretie, Les contemporains oubliés (Par. 1864).
(sc. remedia, lat.), s. v. w. Quecksilberpräparate. ^[= die als Arzneimittel dienenden chemischen Verbindungen des Quecksilbers und Mischungen desselben ...]
Tourn. (Bingelkraut), Gattung aus der Familie der Euphorbiaceen,
[* 89] einjährige oder perennierende Kräuter, selten
Halbsträucher mit gegenständigen, gestielten, meist kerbig gesägten Blättern, diözischen, selten
einhäusigen, axillaren Blüten, die männlichen in unterbrochen knäueligen Ähren, die weiblichen in armblütigen Trauben
oder Ähren gebüschelt. Sechs meist europäische Arten. Mercurialis annuaL. (Speckmelde, Klystier-, Mercurius- oder Merkurialkraut, Hundskohl),
einjährig, auf Feldern und in Gärten in Europa,
[* 90] riecht unangenehm und wurde früher häufig als purgierendes Mittel angewendet.
Mercurialis perennisL. (Waldbingelkraut), ausdauernd in Europa in schattigen Bergwäldern, wirkt kräftiger purgierend und brechenerregend,
ist aber in bedeutendem Grad scharf giftig. Beide Arten, besonders die letztere, werden beim Trocknen infolge der Bildung von
Indigo
[* 91] dunkelblau.
2) Claudius Florimund, Graf von, kaiserl. Feldherr, Enkel des vorigen, geb. 1666 in Lothringen, trat 1682 als
Volontär bei der Armee ein, erwarb sich bei dem Entsatz von Wien (1683) den Leutnantsgrad und wohnte den Feldzügen in Ungarn
[* 103] (1684-1690) mit Auszeichnung bei. 1701 als Oberstleutnant in Italien
[* 104] fechtend, schlug er bei Borgoforte
mit 300 Reitern sechs feindliche Eskadrons zurück, geriet mehrere Male in Gefangenschaft, wurde aber immer wieder ausgewechselt.
Von Dubourg bei Rumersheim geschlagen, mußte er sich zwar nach Rheinfelden zurückziehen, deckte jedoch den Schwarzwald und
die Waldstädte. Im Kriege gegen die Türken (1716) trug er bei Peterwardein viel zum Sieg bei, deckte die Belagerung von Temesvár
und nahm an letzterer 1717 mit Auszeichnung teil. 1718 befehligte er im Krieg mit Spanien
[* 109] in Sizilien
[* 110] mit
wachsendem Erfolg. Seit 1720 Gouverneur von Temesvár, machte er sich durch unermüdliche segensreiche Thätigkeit um die Kultur
des Banats sehr verdient. Als Generalfeldmarschall übernahm er 1733 den Oberbefehl in Italien. Er fiel beim Angriff
auf das feste Schloß Crocetta bei Parma.
[* 111] - Da er keine Kinder hinterließ, erbten sein Lehen mit dem Grafentitel,
den er 1720 erhalten hatte, seine Adoptivsöhne Antoine Mercy d'Argenteau, der 1767 als Generalgouverneur in Essek starb, und Florimund
Mercy d'Argenteau, der, zufolge seiner vorzüglichen Begabung ein Günstling des GrafenKaunitz, in den diplomatischen
Dienst trat, unter Peter III. und Katharina den Botschafterposten in Rußland bekleidete und 1786 Gesandter in Paris ward.
1) George, engl. Novellist, geb. 1828 in Hampshire, wurde zum
Teil in Deutschland erzogen
und trat 1851 mit einem Band Gedichte (»Poems«) auf, dem das burleske Gedicht in Prosa: »The shaving of Shagpat« (1856, 3. Aufl.
1871) und »Farina«, die Bearbeitung einer genial-unsinnigen Kölner
[* 114] Sage, folgte. Von seinen zahlreichen Romanen sind zu nennen:
»The ordeal of Richard Feverel« (1859),
(lat.), bei den RömernName der Buhldirnen, die sich schon durch die Tracht von ehrbaren
Frauen unterschieden und gewöhnlich Freigelassene oder Fremde waren. Auch freigeborne Frauen gingen zuweilen zu ihrer Lebensart
über, indem sie sich bei dem Ädil meldeten und auf ihre dignitas matronalis verzichteten. Nach Art der griechischen Hetären
(s. d.) waren sie Männern und Jünglingen gefällig, dabei durch allerlei Künste das Niedrige ihrer Lebensweise
verdeckend. In ihren Kreisen sind die gefeierten Geliebten der römischen Dichter, eine Delia, Lesbia, Cynthia, zu suchen.
Sie dünkten sich hoch erhaben über die gewöhnlichen Buhldirnen (scortum, lupa), die meist Sklavinnen im Besitz eines leno
waren und gemeinschaftlich in Bordellen wohnten. Durch die Menge solcher Spelunken war namentlich die StraßeSubura (s. d.) berüchtigt. Die Meretrices durften nicht die Stola und an der Tunika nicht die Falbel (instita) tragen, sondern nur eine
kürzere Tunika und die Toga.
[* 116] Auch waren sie mit Infamie belegt und konnten weder Legate noch Erbschaften erwerben.
(franz. Marne), Gestein, mechanisches Gemenge von Calciumcarbonat oder Calciummagnesiumcarbonat
(dolomitischer Mergel) mit Thon, der bei Behandlung mit Salzsäure als Thonschlamm ungelöst zurückbleibt, dabei stark aufbrausend,
wenn kalkiger, schwach aufbrausend, wenn dolomitischer Mergel. Der Thongehalt steigt von 10 bis über 50 Proz.
und gibt dem Gestein Thongeruch beim Anhauchen. Je nach der relativen Menge der Gemengteile unterscheidet
man die thonärmern Kalkmergel und die thonreichern Thonmergel. Durch häufigere Beimengung von Quarzkörnern entsteht der
Sandmergel. Nicht selten wird der Mergel dunkel bituminös durch Beimengung von Zersetzungsprodukten organischer Substanzen (bituminöser
oder Stinkmergel, Brandschiefer, Ölschiefer). Auch in Konsistenz, im Anfühlen, das meist mager, im Ansehen, das meist matt,
und in der von Weißlich bis Dunkelgrau wechselnden, oft durch Eisen
[* 117] ins Rötliche
¶