Dieser verstärkte seine
Flotte und verschaffte der toscanischen
Flagge im ganzen
MittelmeerAchtung. Die
Drusen
[* 5] im
Libanon unterstützte
er in ihremKampf gegen die
Türken. Auch unter ihm blühten
Künste und
Wissenschaften. Er starb Ihm
folgte sein ältester Sohn,
Ferdinand II., 1621-70 (s.
Ferdinand 34), und diesem sein mönchisch erzogener Sohn
Cosimo III.,
geb. ein Mann von ebenso geringen Fähigkeiten wie großem
Stolz. Er unterstützte nur Dichter,
die ihm schmeichelten, und
Künstler, welche den äußern
Pomp seines
Hofs erhöhen konnten.
Unter ihm schritt der schon unter seinem
Vater begonnene
Verfall von
Toscanas Wohlstand unaufhaltsam fort, und die meisten
Quellen
des Nationalwohlstandes versiegten vollends. Er starb und hatte seinen zweiten Sohn,
GiovanniGasto, geb.
zum Nachfolger. Dieser, durch
Ausschweifungen an
Geist und
Körper geschwächt, bewies zwar guten
Willen und beseitigte manche
Mißbräuche, ermangelte aber der
Kraft
[* 6] zu durchgreifenden
Reformen. Mit ihm erlosch das
Geschlecht der Medici. Zufolge
der eventuellen Bestimmung des
WienerFriedens von 1735 fiel das Großherzogtum an den
HerzogFranzStephan
von
Lothringen.
Vgl.
Reumont, Geschichte
Toscanas seit dem Ende des florentinischen
Freistaats, Bd. 1: Die Medici 1530-1737 (Gotha
[* 7] 1876);
Buser, Die Beziehungen der Medici zu
Frankreich 1434-94 (Leipz. 1879).
Von einem jüngern
Zweig der Medici, der fürstlichen
FamilieOttajano, die sich schon im 13. Jahrh. von der
ältern getrennt hatte, stammte
Don Luigi Medici, gewöhnlich
Cavaliere von Medici genannt,
Herzog von
Sarto, geb. 1760, der sich als
Actons Nachfolger seit 1805 im
Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten und der
Finanzen zu
Neapel
[* 8] durch verschiedene Verbesserungen
der Finanzverwaltung verdient machte. Während der französischen Herrschaft in
Neapel hielt er sich in
England auf; nach der
Wiedereinsetzung der
Bourbonen 1815 wurde er Polizeiminister und 1818 Finanzminister. Infolge der Militärrevolution
zu
Nola nahm er seine Entlassung und begab sich nach
Rom,
[* 9] kehrte aber 1822 in seine frühere
Stellung zurück. Er
starb auf einer
Reise in
Madrid.
[* 10]
(spr. mehditschi),Giacomo,Marchese del Vascello, ital.
General, geb. 1817 zu
Mailand,
[* 11] nahm 1836-40 in
Spanien
als Freiwilliger im Regierungsheer am Karlistenkrieg teil und ging dann nach
Amerika,
[* 12] wo er die Bekanntschaft
Garibaldis machte;
derselbe betraute ihn mit der Leitung der italienischen Expedition, welche 1848 inMontevideo
[* 13] organisiert
wurde. Im Juni 1848 ward
er in der von
Garibaldi in der
Lombardei errichteten
Legion zum
Kommandeur der
Avantgarde und im Mai 1849 zum
Befehlshaber der lombardischen Voltigeurs ernannt, welche sich bei der
VerteidigungRoms gegen die
Franzosen besonders auszeichneten.
Choathras etc. Der Hauptfluß hieß Amardos (Sefid Rud). Berühmt waren die trefflichen Pferde
[* 22] Mediens; im Nisäischen Gefilde
befanden sich die großen königlichen Stutereien. Die Einwohner des Landes (Meder), indogermanischen Stammes und der Lehre
[* 23] Zoroasters
zugethan, hießen nach Herodot ursprünglich Arier; sie fanden bei ihrem Eindringen schon ein fremdes Volk vor,
dem wahrscheinlich die spätern Kasten der Parätakä, Struchates und Busä angehörten, während die Arizantoi (Adligen),
die Mager (Priester) und Budioi (Landbauer) arischen Stammes waren.
Sie waren in früherer Zeit tapfere Krieger, besonders gute Bogenschützen, arteten aber bei zunehmender Kultur aus und gaben
sich großer Weichlichkeit und Üppigkeit hin. Das Land zerfiel in das südliche oder eigentliche Medien, gewöhnlich
Großmedien genannt (mit dem Gebiet der Sagartier und den Landschaften Kambadene, Parätakene, Choarene und Komisene), und
den nördlichen Teil, Atropatene (mit den Gebieten der Kadusier am KaspischenMeer, der Anariaker, Geler, Marder,
[* 24] Margasier und
Matianer). Die bedeutendsten Orte in Großmedien waren: Ekbatana (jetzt Hamadan), Rhagä, die frühere Hauptstadt,
Aspadana (Ispahan) und das durch seine große Dareios-Inschrift berühmte Bagistane;
in Atropatene: Gazaka, Praaspa oder Vera.
In römischer Zeit war der Name Medien auf Atropatene allein beschränkt, Großmedien war damals eine Provinz des Partherreichs.
- Die Meder wurden nach hartnäckigen Kämpfen von den assyrischen KönigenSalmanassar II. (859-823 v. Chr.)
und Binninar III. (810-781), dauernd aber erst von Tiglath Pilesar II. (745-727) unterworfen. 715 wurde ein Aufstand der Meder
unter Dajauku (Dejokes) von Sargon unterdrückt, Dajauku gefangen weggeführt;
die Erzählung des Herodot von der Befreiung
Mediens von der assyrischen Herrschaft, seiner Vereinigung durch Dejokes und der ErbauungEkbatanas als
Königsitz ist also Sage. Um 640 vereinigte Phraortes die Stämme der Meder und begann von neuem den Kampf gegen das Joch der Assyrer,
unterlag aber dem König Assurbanipal und fand seinen Tod.
Erst seinem Sohn Kyaxares gelang es, nachdem er sich 620 von den
in Asien
[* 25] eingefallenen Skythen befreit, die durch diese erschütterte Macht des assyrischen Reichs zu brechen
und im Bund mit Babylonien 606 Ninive zu erobern. Er begründete das medische Reich, das die Völker von Iran, Armenien, Assyrien
und Elam (Susiana) umfaßte. Ihm folgte 593 sein Sohn Astyages, welcher 558 von den Persern unter Kyros gestürzt
wurde; die Meder wurden jetzt den Persern unterthan, so daß von nun an die Geschichte Mediens mit der von Persien
[* 26] verknüpft
ist.
Stadt in der arab. LandschaftHidschas, Sitz eines türkischen Paschas,
liegt etwa 1000 m hoch auf der weiten Hochebene, welche Zentralarabien bildet, und ist für die Bekenner
des Islam als Wallfahrtsort von großer Bedeutung. Die Stadt besteht aus drei Abteilungen: dem Fort, der eigentlichen Stadt
und der noch größern Vorstadt. Die eigentliche Stadt ist mit Mauern umgeben und hat 30 Türme und 4 Thore; die Straßen
sind düster und eng und nur an einigen Stellen gepflastert, die Häuser aber gut gebaut und meist zwei Stockwerke hoch.
Medinas Ruhm ist die Moschee, welche angeblich das Grab des Propheten birgt. Dieselbe heißt Mesdschid en Nebi oder El Haram (die
»Unverletzliche«),
und ihr Besuch gilt für die Mekkapilger zwar nicht als religiöse Pflicht, aber als
verdienstlich. Jeder Pilger ist verpflichtet, solange er in Medina verweilt, in der Moschee des Propheten täglich fünfmal zu beten
und sich religiösen Betrachtungen hinzugeben. Die Moschee ist ungefähr 136 m lang und 110 m breit, hat einen großen, von
Galerien umschlossenen Hofraum, viele Säulengänge und 5 Minarets. Nahe der südöstlichen Ecke befindet
sich das GrabMohammeds, eingeschlossen von einem eisernen, grün angestrichenen Filigrangitter, das mit Inschriften von gelber
Bronze
[* 28] durchflochten ist.
Rings um das eigentliche Grabmal zieht sich ein Vorhang von reichem Seidenstoff, zwischen welchem und dem Gitter ein schmaler
Raum zum Herumgehen bleibt. Der Vorhang soll ein viereckiges Mauerwerk von schwarzen Steinen verhüllen,
welches von zwei Säulen
[* 29] getragen wird und in seinem Innern angeblich den weißen Marmorsarg mit MohammedsLeichnam enthält.
Die bedeutenden Weihgeschenke reicher Pilger wurden im Lauf der Zeit von den Tempeldienern und Ulemas, zuletzt von den Wahabiten
entwendet.
Das Ganze ist mit einer schönen, hohen Kuppel überdeckt, welche weit über die andern Kuppeln der Moschee
hinausragt. Nahe beim Vorhang, noch innerhalb des Gitters befindet sich das angebliche Grab der Fatime, der Tochter Mohammeds
und GattinAlis; ferner die GräberAbu Bekrs und Omars, der ersten Nachfolger Mohammeds, und ein leeres Grab
für Isa ebn Mirjam (»Jesus, Sohn der Maria«). Eine hölzerne Scheidewand, 2½ m hoch und reich mit Arabesken bemalt, läuft von der
westlichen Seite des Gitterwerks quer durch die Moschee bis zu dem Thor derselben, Bab el Salam, so daß zwischen ihr und der
südlichen Mauer ein Raum von etwa 8 m Breite
[* 30] bleibt.
Diese Scheidewand ist dazu bestimmt, die heiligste Stelle der Moschee, El Rodha (»Garten«),
[* 31]
den Teil der südlichen Kolonnade
nördlich von der Scheidewand und zunächst der Grabeseinfassung, dem Zutritt der Pilger zu verschließen. An dem Bau dieser
Moschee soll Mohammed selbst mit gearbeitet haben, aber seitdem ist sie fünfmal erneuert worden. Das gegenwärtige
Gebäude wurde mit Ausnahme der Anbaue und Ausbesserungen 1484 n. Chr. aufgeführt. Außer dieser Hauptmoschee hat Medina noch 14 andre.
In der Nähe der Stadt ist die Moschee von Kubo, die älteste des Islam, von Mohammed selbst gegründet. Vom Friedhof El Bakia
erstreckt sich nach S. hin ein langer Saum von Palmen,
[* 32] die in der Welt des Islam als »Bäume von Medina« berühmt
sind. Die
¶
Sidonĭa, Bezirksstadt in der span. ProvinzCadiz,
[* 35] am Abhang eines die weite Ebene beherrschenden Hügels gelegen,
mit den Ruinen des Stammschlosses der Herzöge gleichen Namens, Mineralquelle, Fabrikation von Töpferwaren und (1878) 12,397
Einw.
elFayûm (Medine), Hauptstadt der gleichnamigen Mudirieh in Mittelägypten, am Bahr Jusuf und einem Zweig der
Nileisenbahn, 18 m ü. M., mit (1882) 25,799 Einw.,
darunter 291 Ausländer.
Habu, Dorf in der ägypt. Provinz Keneh, am linken Nilufer, Karnak gegenüber, im Gebiet der alten Stadt Theben
gelegen und berühmt durch die seit 1858 durch Mariette offengelegten großartigen altägyptischen Ruinen:
einen Tempel
[* 39] aus der 18. Dynastie (17. Jahrh. v. Chr.) und das Memnonium Ramses' III. (Rhampsinits). Der Tempel, dessen ältester
Teil aus der Zeit Amenhoteps I. und Hatasus stammt, und den die Ptolemäer und Kaiser mit einem großen Vorbau versahen, besteht
aus einer von Pfeilern und Säulen getragenen Halle
[* 40] mit dem frei stehenden Sanktuarium und aus sechs nach
rückwärts sich anschließenden Zellen.
Daran lehnt sich westlich das Memnonium, von den Franzosen »Pavillon« genannt, das irrtümlich für einen PalastRamses' III.
angesehen worden ist, aber gleichfalls religiösen Zwecken diente.
Es ist ein mächtiger zweistöckiger Bau, aus einem Mittelgebäude
und zwei vorspringenden Flügeln mit leicht zur Pylonenform geneigten Wänden bestehend. Auf den Außenwänden
der Flügel sind die Kriegsthaten des Königs gegen die Libyer und die Bewohner der Inseln des Mittelmeers
[* 41] dargestellt. Im ersten
Stockwerk prangen die Wandgemälde teilweise noch in frischen Farben. Von dem Pavillon gelangt man durch mächtige Pylonen in
zwei hintereinander liegende, mit farbigen Reliefs geschmückte Höfe und von da in den eigentlichen Tempel,
auf dessen nördlicher Außenwand die Thaten Ramses' III. dargestellt sind. Nicht weit von Medinet Habu die berühmten Memnonssäulen
(s. Memnon).
Mit Miquel und Albrecht rief er 1865 die neue Gewerbeordnung ins Leben, im übrigen war sein Streben stets auf Stärkung der Unabhängigkeit
Hannovers gerichtet. 1866 begleitete er den König zur Armee, später nach Wien;
[* 46] vom April 1867 an lebte
er meist in Paris, das Interesse des Königs vertretend und namentlich für die sogen. Welfenlegion wirkend, bis er 1870 aus
dem Dienste
[* 47] des Königs schied. Nachdem er beim Ausbruch des Kriegs 1870 in Berlin mit der preußischen Regierung seinen Frieden
gemacht, ließ er sich in der Schweiz,
[* 48] später in Stuttgart
[* 49] und 1873 in Berlin nieder und beschäftigte
sich mit der Abfassung eines Cyklus von Zeitromanen, in welcher er in breiter, jeder schärfern und lebendigern Charakteristik
entbehrender Darstellung die Zeitereignisse, in welche er zum Teil selbst verwickelt war, schildert. Es sind: »Um
Zepter und Kronen«
[* 50] (Stuttg. 1872, 4 Bde.)
mit den Fortsetzungen: »EuropäischeMinen und Gegenminen« (das. 1873, 4 Bde.),
»Kreuz
[* 51] und Schwert« (das. 1875-76, 4 Bde.)
und »Held und Kaiser« (das. 1876, 4 Bde.).
Außerdem schrieb er die Zeitromane: »Die Römerfahrt der Epigonen« (Berl. 1873);
»Die Saxoborussen« (das.
1885, 3 Bde.) u. a. und endlich
die nicht uninteressanten »Memoiren zur Zeitgeschichte« (Leipz. 1881-84, 3 Bde.)
sowie eine kurze Biographie des KaisersWilhelm (»89 Jahre in Glaube, Kampf und Sieg«, Stuttg. 1886).
(besser Mediolanium), Hauptstadt der keltischen Insubrer in Gallia transpadana, nach Zerstörung des etruskischen
Melpum 396 v. Chr. von Bellovesus gegründet, 222 von den Römern belagert und erobert, dann zu einem stark
befestigten Munizipium gemacht und als solches ein blühender Sitz der Künste und Wissenschaften. Unter den spätern Kaisern
galt als eine der wichtigsten Städte des Reichs und ward 303 unter Maximianus kaiserliche Residenz, wurde aber 452 durch die
Hunnen unter Attila verwüstet. Auch nach dem Untergang des weströmischen Kaisertums blieb Mediolanum Sitz eines
Erzbischofs und übertraf unter der Herrschaft Theoderichs d. Gr. sogar Rom an Wohlstand und Volkszahl. 539 von Belisar besetzt
und dann von den Burgundern und Ostgoten unter Vitiges erobert und teilweise zerstört, wurde es doch bald wiederhergestellt
und erholte sich sehr schnell. Jetzt Mailand (s. d.). - Mediolanum Aulercorum, antike
Stadt, jetzt Evreux; Mediolanum Santonum, antike Stadt, jetzt Saintes.
(Mediomatrici), kelt. Volk im belgischen Gallien, das mittlere Moselgebiet westlich bis zur Maas, östlich
bis an das Rheingebiet bewohnend, mit der Hauptstadt Divodurum (Matrici, jetzt Metz).
Mauer, eine 20 Parasangen (150 km) lange, 32 (?) m hohe und 6½ m dicke Mauer, welche vom Euphrat nach dem Tigris
herüber aufgeführt war (etwa 37 km nördlich von Bagdad) und Babylonien gegen die Einfälle der Meder
schützte.
(lat.), Nachdenken, sinnende Betrachtung, Andacht. ^[= die Richtung der Gedanken auf irgend einen Gegenstand, besonders die Richtung der Gedanken auf ...]
(lat. Medicina, Heilkunde und Heilkunst), die Wissenschaft vom Menschen im gesunden und kranken
Zustand und die Kunst, die Gesundheit zu erhalten, der Krankheit vorzubeugen und die Heilung zu fördern. Demgemäß kann sie
in wissenschaftlicher (theoretischer) und in praktischer, künstlerischer Hinsicht und Form bearbeitet, dargestellt und gelehrt
werden. Als Wissenschaft hat die Medizin von alters her die Schicksale der Naturwissenschaften überhaupt geteilt,
und noch heute gibt es keine derselben, welche nicht von Einfluß auf die Medizin wäre.
Die Medizin, in ihrer weitesten Bedeutung aufgefaßt, zerfällt in eine Anzahl von Fächern, die sich wiederum in zwei Gruppen sammeln,
von denen die eine den gesunden, die andre den kranken menschlichen Körper zum Gegenstand hat. Zu der
ersten Gruppe gehören die Anatomie mit der Histologie, die Physiologie, die Hygieine mit der Diätetik und Eubiotik sowie die Prophylaktik.
Die
zweite Gruppe umfaßt die Pathologie mit Nosologie, Pathogenie und pathologische Ätiologie, die Anamnestik, Symptomatologie,
Semiotik, Diagnostik und Prognostik, auch die Texikologie und namentlich die pathologische Anatomie.
Als einzelne Zweige der Pathologie und Therapie stellt man gewöhnlich auf: die Chirurgie oder Wundarzneikunst, die sogen. innere
Medizin (welche sich mit den Krankheiten und der Heilung innerer Organe befaßt), die Geburtshilfelehre, die
Seelenheilkunde, Augen- und Ohrenheilkunde etc. Die Chirurgie handelt von der Kunst, mechanische Hilfsmittel zur Beförderung
der Heilung in Gebrauch zu ziehen, beschäftigt sich aber zugleich mit den einzelnen Krankheiten, welche vorzüglich durch mechanische
Heilmittel kuriert werden, auf der äußern Oberfläche des Körpers ihren Sitz haben und durch äußere,
besonders mechanisch wirkende, Ursachen entstanden sind.
Die Geburtshilfelehre (ars obstetricia, franz. accouchement), in welcher alles abgehandelt
zu werden pflegt, was sich auf das Geburtsgeschäft bezieht, ist ein besonderer Teil der Gynäkologie. Letztere beschäftigt
sich mit allen denjenigen anatomischen, physiologischen, pathologischen und therapeutischen Verhältnissen,
welche sich auf den weiblichen Organismus beziehen. Augen- und Ohrenheilkunde sind nur Unterabteilungen der Chirurgie. Die Seelenheilkunde
(Psychiatrie) handelt von den Störungen des psychischen Lebens und von der Kunst, auf die Seele des Menschen zum Behuf der Heilung
einzuwirken, die gerichtliche Medizin von den Untersuchungen an lebenden Personen sowie an Leichen zum Zweck
der Beantwortung von Rechtsfragen.
Schon diese Übersicht der Wissenschaften, aus denen sich die eigentliche Medizin aufbauen muß, lehrt, daß sie nur eine Tochter
der Zeit ist und sein kann. Sie mußte jahrtausendelang voll Irrtümer bleiben und eine Unzahl zusammenhangsloser Einzelerfahrungen
und Einzelregeln darstellen, bis die Grundwissenschaften, Physik, Chemie, Naturgeschichte, Anatomie und Physiologie,
sich zu dem Rang wirklich exakter Naturwissenschaften erhoben, worauf auch die Medizin angefangen hat, sich auf diese Stufe zu erheben.
Man nennt diese die »neuere Medizin«, weniger richtig die »neuere
Schule«, indem hier von keiner dogmatischen Schule, sondern nur von der Gesamtheit der echt naturwissenschaftlich
denkenden und forschenden Ärzte die Rede sein kann.
Geschichte der Medizin.
Die Geschichte der Medizin beginnt mit dem ersten Versuch einer rationellen Beobachtung und Behandlung der Krankheiten und bewegt
sich auch ferner ganz auf diesem Gebiet, indes sie die rein empirischen Bestrebungen beiseite liegen läßt. Diese haben
zu allen Zeiten und besonders im Altertum unter dem Volk existiert, während die eigentliche als Beruf immer
von einem bestimmten Stand gepflegt und weitergebildet wurde. Bei den Völkern des Altertums stand die Heilkunst wesentlich
mit dem religiösen Kultus¶
mehr
im Zusammenhang; sowohl bei den Indern, Arabern, Ägyptern als bei den Griechen galt die Heilkunst für eine den Priestern
von der Gottheit gemachte Offenbarung, welche sich dann durch Tradition weiter vererbte. Über das Alter der vor nicht gar langer
Zeit entdeckten Sanskritschriften streiten die Philologen; man verlegt ihre Entstehung teils 1000-1400
Jahre v. Chr., teils in das erste Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung. Der Agur-Weda ist das für die Medizin wichtigste Sanskritwerk
und von Susrutas abgefaßt.
Bei den Griechen konzentrierte sich der Inbegriff alles ärztlichen Wissens auf Asklepios
[* 59] (Äskulap), einen Sohn des Apollon,
[* 60] und seine Tempel (Asklepien) waren lange Zeit die einzigen Orte, wo Kranke sich hinwenden konnten, um Genesung
zu erlangen. Die Heilmittel, welche man anwendete, waren teils psychischer, teils physischer Art. Sie wurden den Kranken durch
Träume offenbart, welche die Priester auslegten. Die eigentliche Umbildung und tiefere Entwickelung der Heilkunde aber ging
von Hippokrates (geb. 460 v. Chr.) aus, bei welchem die Beobachtung in ihrer vollen Reinheit und Konsequenz,
frei von den Vorurteilen der Priesterschule auftritt.
Von Alexandria wanderte die griechische Heilkunde zu den Römern, bei denen ebenfalls ursprünglich nur
die Priester im Besitz medizinischer Kenntnisse waren. Die Richtung des Asklepiades erhielt ihre theoretische Begründung durch
die Schule der Methodiker, als deren Stifter Themison von Laodikea (63) angeführt wird. Er strebte, das Gemeinsame in den verschiedenen
Krankheiten aufzusuchen, diese auf wenige Typen zurückzuführen und für jeden Typus eine einfache Heilindikation
zu finden.
Ganz besonders wurde im 9. Jahrh. durch Übersetzung griechischer Schriften die Litteratur der Heilkunde bei den Arabern erweitert.
Durch Vielseitigkeit des Wissens ragte besonders der gelehrte Abu Jusuf Jakub ben Izhak el Kindi (Alkindus)
hervor, von dessen zahlreichen Übersetzungen und eignen Werken (deren man 200 angibt) nur eins: »Über
die zusammengesetzten Arzneien«, in Europa
[* 62] bekannt geworden ist, worin die Grade und Qualitäten der Arzneien nach mathematischen
Prinzipien und nach den Gesetzen der musikalischen Harmonie bestimmt sind.
Auf die Männer, die größtenteils sammelten und übersetzten, folgten im 10. und 11. Jahrh.
die Koryphäen der arabischen Heilkunde, welche im Orient noch heutzutage als solche angesehen werden: Rhazes, Haly Abbas und
Avicenna. Besonders war es der letztere (eigentlich AbuAli Alhossain ebn AbdAllah ebn Sinah), der jahrhundertelang mit Aristoteles
und Galenos die Despotie im Reich der Wissenschaften teilte. Sein »Kanon« galt bis ins 16. Jahrh. herab als das umfassendste und
beste Lehrgebäude der Heilkunde in den Schulen der Ärzte. Mit Avicenna erreichte die arabische Heilkunde ihren Höhepunkt, von
welchem aus sie, von fremden, abendländischen Einflüssen mehr und mehr berührt, ihrem Verfall entgegeneilte.
Was den allgemeinen Charakter der arabischen Heilkunde betrifft, so war dieselbe zwar ganz auf die griechische basiert, aber
doch in vieler Hinsicht eigentümlich.
In der christlichen Welt des Mittelalters geriet wie alle andern Wissenschaften die Medizin in die Hände der Mönche, welche wenig
Förderliches an ihr geleistet haben. Der erste berühmtere Mann ist Konstantin der Afrikaner (gest. 1087),
durch den vornehmlich die Kenntnis der arabischen Medizin im Abendland verbreitet ward, der aber auch zahlreiche eigne Werke schrieb,
unter denen das »Breviarium viaticum« geraume Zeit ein geschätztes Lehrbuch war. Die uns erhaltenen Werke der salernitanischen
Schule sind meist in gereimten Hexametern, den sogen. leoninischen Versen, geschrieben.
Ein Hauptverdienst dieser Schule ist, daß sie die Medizin von der hierarchischen Bevormundung und Klausur zuerst frei zu machen
begann; die Mönche verwandelten sich nach und nach in Laienärzte, unter denen häufig auch Juden, namentlich als Leibärzte
von Fürsten, erscheinen. Nun mußte aber auch die weltliche Obrigkeit sich veranlaßt finden, das Treiben
der aus der Obhut der Kirche entlassenen Ärzte zu überwachen, und so entstand eine Reihe von Medizinalgesetzen, unter denen
die des KaisersFriedrich II. von Hohenstaufen (1238) die wichtigsten sind. Auch das Gewerbe der Droguisten und Apotheker ward
durch bestimmte Vorschriften geordnet. Ein höchst wichtiges und folgenreiches Ereignis war es, daß 1315 ein
Professor zu Bologna, Mondini de' Luzzi (Mundinus), das wagte, was KaiserFriedrich II. vergeblich gewünscht und PapstBonifacius
VIII. eben noch mit dem strengsten Kirchenbann verpönt hatte, indem er öffentlich zwei
¶
mehr
weibliche Leichname zergliederte und damit die Anatomie in die Reihe der Universitätsstudien einführte.
Eine neue Epoche in der Geschichte der Heilkunde beginnt mit dem Umschwung, welcher in fast allen Wissenschaften und Künsten
unter Vermittelung der Reformation und der Erfindung der Buchdruckerkunst sowie des erwachenden kritischen Geistes sich vollzog.
Es begann die Naturbeobachtung wieder in ihr Recht zu treten und sich von den Fesseln der Scholastik, wenn
auch langsam und allmählich, zu lösen. Vor allem war es die Wiederbelebung, man kann fast sagen die Wiederentdeckung der
Anatomie und die von nun an rastlos fortschreitende Ausbildung dieser Wissenschaft, welche den Boden ebnete.
Sylvius, Vesalius, zu dessen berühmtem Werk über den Bau des menschlichen Körpers vielleicht Tizian selbst, sicher aber sein
SchülerJohann vonKalkar die Zeichnungen fertigte, Fallopia (gest. 1562), Eustachio (gest. 1579) wurden die Begründer unsrer
heutigen Anatomie. Auch die Geburtshilfe blühte zu dieser Zeit auf; zu Anfang des 16. Jahrh. (1513)
schrieb Eucharius Rößlein (Rhodion), Arzt zu Worms
[* 64] und Frankfurt,
[* 65] »Der schwangern FrauenRosengarten«, ein aus ältern Schriften
kompiliertes, aber mit deutscher Sinnigkeit verfaßtes Hebammenbuch, das aller Mangelhaftigkeit ungeachtet lange Zeit im
Gebrauch blieb. In dieser Zeit kam auch zuerst die gerichtliche Medizin auf, die aber erst später weitere Ausbildung
fand.
Der skeptisch-kritische Ton wurde dem herrschenden Galenischen und arabischen System gegenüber besonders durch Theophrastus
Bombastus Paracelsus (gest. 1554) angeschlagen, welcher der Heilkunde eine ideale Richtung erteilte und die schon längst wankenden
Pfeiler der Herrschaft Galenos' vollends niederriß. Seine Erscheinung bezeichnet die eigentliche Grenzscheide des Mittelalters
und den Anbruch der für die Heilkunde lange schon vorbereiteten neuen Zeit.
Der Grundgedanke dieses Mannes ist die Auffassung der Natur als eines großen lebendigen Ganzen, in welchem weder Stillstand
noch Tod, sondern stets fortschreitende, durch ein inneres Prinzip bedingte organische Entwickelung besteht. Demgemäß gilt
ihm die Krankheit als ein lebendiges Wesen, als eine parasitische Pflanze mit einem selbständigen, individuellen
Lebensprozeß, der im Schoß eines andern, höhern sich bilde. Die Heilung erschien ihm als ein aus dem gesunden Leben entsprungener,
spezifisch individueller Vorgang, den die Natur und öfters die Kunst hervorrufe, um die Krankheit dadurch zu bekämpfen.
Die wahren Heilmittel (arcana) sind ihm daher samenähnliche Wesen, aus denen im Schoß des Organismus eine
neue individuelle Lebensentwickelung behufs der Überwältigung der krankhaften hervorgehe. Auch Laien begannen unter Paracelsischem
Schild
[* 66] sich mit einer mystischen Medizin zu befassen, und die Heilkunst ward wieder völlig in das Gebiet der
Mystik entrückt, als die Gesellschaft der Rosenkreuzer (s. d.) den Namen des Paracelsus zu ihrem Losungswort
erhob. Als Verteidiger der alten Schule gegen die Paracelsischen Neuerungen trat mit besonderm ErfolgAndr. Libavius aus Halle
auf, dessen chemische Arbeiten das Irrige und Phantastische in vielen Paracelsischen Behauptungen bloßstellten.
SeinVerdienst ist es, daß von nun an die Chemie immer größern Einfluß auf die Heilkunde gewann, die
spagirische und die spagirischen Mittel der Paracelsisten sich ihrer geheimnisvollen Hüllen mehr und mehr entäußerten und
zu ihrer wissenschaftlichern Schätzung und Gewinnung die Bahn gebrochen ward. Unter den großen Philosophen des
17. Jahrh.
haben vornehmlich Baco von Verulam und Descartes, die beiden Hauptwortführer der Erfahrung und Spekulation,
den entschiedensten Einfluß auf die Heilkunde ausgeübt.
Namentlich bot letzterer durch seine Korpuskularlehre den dogmatischen Bestrebungen der Ärzte einen willkommenen Stoff dar,
während der Einfluß des erstern erst später die starre Einseitigkeit der Schule überwinden half. Ehe dies aber geschah,
führte der Dogmatismus in der Medizin noch das Zepter, indem er sich in zwei Schulen, die chemiatrische und
iatromathematische, teilte. Die chemiatrische Schule schloß sich zum Teil den Lehren des Paracelsus an, und es ging daraus
hervor, daß man die Chemie nicht bloß zur Bereitung der Arzneien, sondern auch zur Erklärung des organischen Lebens mehr
und mehr zu Rate gezogen wissen wollte.
Schon zu Anfang des 17. Jahrh. wurden auf den Universitäten eigne Lehrstühle der »Chymiatria« errichtet. Diese
Chemiatrie bestand aber lediglich in der Darstellung und Anwendung der neuen mineralischen Arzneimittel, von denen nach und
nach zweckmäßigere Formen und Zusammensetzungen bekannt wurden. Eine andre und zwar spiritualistische
Gestaltung erhielt die Chemiatrie durch van Helmont (gest. 1644), welcher Mystik und Naturforschung miteinander zu verbinden
strebte und als Hauptgedanken die Beseelung der ganzen Natur durch geistige Schöpfungskräfte aufstellte. An der Spitze dieser
Kräfte stand ihm der Archeus oder das schaffende Prinzip der Natur, und seine Therapie zielte auf Beruhigung
und Zurechtleitung des erzürnten oder verirrten Archeus hin, wozu er geistige Einwirkungen und Arkana, aber auch Wein, Opium,
Spießglanz- und Quecksilbermittel benutzte.
Die Anatomie erfreute sich in diesem Jahrhundert besonders eifriger Bearbeitung, und namentlich trug die Verbesserung der Mikroskope
[* 68] mächtig dazu bei, »die Verhältnisse im kleinsten Raum aufzuschließen«, was zunächst durch Malpighi und Leeuwenhoek geschah.
Unter den Krankheiten des 17. Jahrh. nehmen einen Hauptplatz die Seuchen ein, welche durch Krieg, Hungersnot, Elend aller Art
und durch ungewöhnliche kosmische und tellurische Einflüsse begünstigt wurden.