Notwendigkeit der Verfassungsreform darzulegen. Wichtiger war, daß damals der mecklenburgische Abgeordnete Büsing im
Reichstag
zu Art. 3 der
Reichsverfassung den Zusatz beantragte: »In jedem
Bundesstaat muß eine aus den
Wahlen der
Bevölkerung
[* 2] hervorgehende
Vertretung bestehen, deren Zustimmung bei jedem Landesgesetz und bei Feststellung des
Staatshaushalts erforderlich ist«, und
daß er die
Annahme dieses
Antrags mit 185 gegen 88
Stimmen erzielte.
Schon7. Dez. forderten beide
Großherzöge
den
Landtag auf, Vertreter zu kommissarisch-deputatischen
Verhandlungen über Änderung der bestehenden
Verfassung zu erwählen.
Dieselben begannen führten aber zu keinem
Resultat, weil die landschaftlichen Vertreter die Regierungsvorlage
als völlig ungeeignet ablehnten. Dennoch setzte die ritterschaftliche
Majorität auf dem
Landtag die Beratung
der
Vorlage im
Plenum durch und erklärte sich mit ihren Grundprinzipien einverstanden, wogegen die
Landschaft nur die
Vorschläge
der
Regierungen in betreff der
Gesetzgebung billigte, im ganzen aber den
Entwurf ablehnte. Während nun in Mecklenburg
[* 3] die
Frage einstweilen
vertagt ward, suchte ein Teil der
Bevölkerung durch
Petitionen, von denen eine mit 22,600
Unterschriften
bedeckt war, den
Reichstag zum Einschreiten zu bewegen.
Hier ward jener von Büsing erneuerte
Antrag nochmals fast einstimmig angenommen. Dagegen betonte der
Großherzog
von
Mecklenburg-Schwerin bei Gelegenheit der landwirtschaftlichen
Ausstellung in
Wismar
[* 4] die berechtigten Eigentümlichkeiten
Mecklenburgs, die auch in der Reformfrage zu berücksichtigen seien. Dem
Landtag, der 12. Nov. zusammentrat, ward derselbe Verfassungsentwurf
wie im vorigen Jahr vorgelegt, aber wiederum von der
Landschaft, welche auf der Einführung des
Repräsentativsystems bestand,
zurückgewiesen.
Die
Regierungen gaben endlich dem
Druck der
Landschaft nach und brachten beiEröffnung eines außerordentlichen
Landtags eine neue
Vorlage ein. Danach sollte der für beide Mecklenburg gemeinsame
Landtag eine einheitliche Versammlung bilden
und aus Vertretern des großen Grundbesitzes, der
Städte und der Landgemeinden bestehen. Während die Einkünfte des
Domaniums
dem
Großherzog vorbehalten blieben, sollten die
Voranschläge der übrigen
Einnahmen und
Ausgaben dem
Landtag
jährlich als Staatshaushaltsetat vorgelegt werden.
Obgleich bei der neuen Vertretung das ständische
Prinzip aufrecht erhalten wurde, obgleich ferner in den Landgemeinden nur
ein kleiner
Kreis
[* 5] von
Personen, in den
Städten nur die Behörden zur
Wahl berechtigt sein sollten, so
war in dem
Entwurf doch
das Übergewicht des Großgrundbesitzes ungemein beschränkt.
In dem Verfassungsausschuß, dem zunächst
die
Vorlage zuging, erklärten die Vertreter der
Ritterschaft, daß diese niemals auf ihr Virilstimmrecht verzichten werde.
In der
Architektur und im
Kunstgewerbe nennt man
Medaillon ein von einer runden
Einfassung umgebenes
Relief oder eine
Malerei, die zur plastischen oder malerischen
Dekoration einer
Fassade, eines Innenraums, eines
Möbels oder Geräts bestimmt ist. Solche Medaillons erscheinen sowohl vereinzelt
als auch in größern
Reihen und in
Friese
[* 8] eingelassen. In der Renaissancezeit waren Medaillons mit
Köpfen römischer
Kaiser
besonders beliebt. Gegenwärtig ist das Medaillon ein wesentlicher
Bestandteil der
Dekoration.
bei den Mohammedanern Märchenerzähler, Deklamator und Improvisator, hält sich meist
in Kaffeehäusern und an andern öffentlichen
Orten auf und lebt von den freiwilligen Beiträgen seiner Zuhörer.
Stadt in der
ProvinzAlgier
(Algerien),
[* 10] auf einem
Plateau 927 m ü. M., mit (1884) 11,913 Einw.
(darunter 2160
Franzosen) und bedeutendem
Wein- und Getreidebau. Medea war ehemals
Residenz des
Beis von Tittery und ist mit den
Materialien einer alten römischen Stadt, deren
Stelle sie einnimmt, erbaut;
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Arnsberg,
[* 12] KreisBrilon, 411 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath.
Kirche, ein Amtsgericht und (1885) 2068 meist kath. Einwohner.
(Medēa), eine mit der Argonautensage eng verwobene mächtige Zauberin des Altertums, Tochter
des kolchischen KönigsÄetes und der Okeanide Idyia oder der Hekate,
[* 13] verhalf dem Iason (s. d.) zum GoldenenVlies und entfloh
mit ihm in Begleitung ihres BrudersAbsyrtos, den sie aber unterwegs, als ihr VaterÄetes die Argonauten verfolgte, tötete und,
in Stücke zerschnitten, ins Meer warf. Während sich Äetes damit aufhielt, die einzelnen Stücke zu sammeln,
entkamen und Iason nach Iolkos, nachdem sie sich auf der Insel der Phäaken vermählt hatten. Da Pelias (s. d.) seinem NeffenIason
das väterliche Reich nicht abtreten wollte, wurde er von Medeia mit Hilfe der Töchter des Pelias, denen sie
vorspiegelte, ihn in ihrem Zauberkessel zu verjüngen, aus dem Wege geschafft.
Dann von Pelias' Sohn Akastos vertrieben, ging Iason mit Medeia nach Korinth,
[* 14] verstieß sie aber nach zehnjähriger Ehe, um sich
mit der Glauke oder Krëusa, der Tochter des KönigsKreon, zu vermählen. Aus Rache sandte Medeia der Braut ein
vergiftetes Gewand und Diadem zum Hochzeitsgeschenk, und jene ward, als sie es angelegt, von Flammen verzehrt. Auf KreonsPalast
ließ sie dann Feuer regnen, ermordete ihre beiden Kinder Mermeros und Pheres, die sie dem Iason geboren hatte, und entfloh
auf ihrem von Helios
[* 15] erhaltenen Drachenwagen nach Athen
[* 16] zum König Ägeus, dessen Gattin sie wurde, und dem
sie den Medos gebar. Da sie ihren neuen Gemahl aber beinahe zur Ermordung seines SohnsTheseus verleitet hätte, mußte sie
auch aus Athen fliehen und begab sich mit ihrem Sohn Medos wieder in ihre väterliche Heimat, wo sie ihren BruderPerses, der den Vater vom Thron
[* 17] gestürzt hatte, ermordete und den Vater wieder in seine Herrschaft einsetzte.
Zuletzt unsterblich, genoß sie göttlicher Verehrung und wurde in den Elysischen Gefilden Gemahlin des Achilleus (vgl. Argonauten).
Die Sagen von Medeia sind oft von antiken und modernen Tragikern behandelt worden. Die Tragödien des Euripides
und Seneca sind uns erhalten, die des Äschylos, Ennius u. a. verloren gegangen. Aus neuerer Zeit sind besonders die Dramen von
Corneille und Grillparzer, das Melodram von Benda (Text von Gotter) und die Oper »Medea« von Cherubini zu erwähnen. Über antike
Darstellungen der Medeia vgl. Dilthey in den »Annali
dell' Institute« (1869, S. 1 ff.) und Conze in den »Historisch-philologischen Aufsätzen für E. Curtius«
(Berl. 1884).
Val,
das bei Disentis (1048 m) abzweigende rechtsseitige Nebenthal des GraubündnerVorderrheins. Sein großer
Thalbach, der Medelser Rhein, beginnt im Lago Scuro (2453 m), einem Gletschersee des Val Cadlimo, und bricht mit einem
Wasserfall in das Hauptthal hinaus. Bei Santa Maria (1842 m), der obersten Häusergruppe des Thals, zweigt sich der Weg zum
Lukmanier ab. In die wilde Hochgebirgswelt zwischen Scopi und Camotsch steigt Val Cristallina an, das an Bergkristallen reiche
rechtsseitige Nebenthal, das in seiner Oberstufe zum düster-wilden Ufiern übergeht. Die Bevölkerung
des ganzen Thals, 561 Köpfe stark, ist rätoromanischer Abkunft und katholisch.
Hafenstadt in der niederländ. ProvinzNordholland, an dem Zuidersee, mit Ruinen eines alten
Kastells, berühmten Käsemärkten und (1883) 2168 Einw. Das
früher hier befindliche Marineinstitut wurde nach Nieuwe-Diep verlegt.
alte Bezeichnung der drei tönenden Laute g, d, b, als in der Mitte zwischen den drei
Tenues k, t, p und den drei Aspiraten kh, th, ph stehend. Vgl. Lautlehre.
(Mittelton), in der ältern Harmonielehre die Terz der Tonika, in C dur also e; Submediante ist
der unter der Mediante gelegene Ton (d, vgl. Dominante). Wenn die neuere Harmonielehre, welche unter der Tonika und der Dominante die
Dreiklänge dieser Töne (des Tonarthaupttons, seiner Ober- und seiner Unterquinte) versteht, auch die Benennung Mediante zu bequemerer
Ausdrucksweise beibehält, so bezeichnet sie alle drei leitereigne Mollakkorde der Durtonart, resp. die
drei leitereignen Durakkorde der Molltonart als Medianten (Mittelakkorde), und zwar ist dann in C dur: a c e die Mediante schlechthin,
d f a die Untermediante, e g h die Obermediante;
in A moll: c e g die f a c die Untermediante und g h d die
Obermediante.
(spätlat., »mittelbar«)
hießen im alten DeutschenReich im Gegensatz zu immediat (s. d.) solche Herrschaften oder Besitzungen, welche
nicht unmittelbar unter dem Reich standen, sondern einem Reichsstand untergeben waren. S. Mediatisieren.
in der Politik und im Völkerrecht Bezeichnung derjenigen Macht, welche zwischen andern Mächten obwaltende Streitigkeiten
auf dem Weg der Unterhandlung beizulegen sucht. So wurde z. B. 1866 von Österreich
[* 31] im Kriege gegen Preußen
[* 32] und Italien
[* 33] die
Vermittelung Frankreichs in Anspruch genommen. Eine solche Vermittelung (Mediation) ist wesentlich verschieden
von der schiedsrichterlichen Entscheidung, insofern bei jener die untereinander uneinigen Mächte zwar darin einverstanden
sind, daß von einer dritten oder mehreren vermittelnden Mächten Vergleichsvorschläge gemacht werden möchten, aber darum
sich doch nicht verpflichten, dieselben auch anzunehmen, während bei dieser die feindlichen Mächte gehalten sind, sich
dem schiedsrichterlichen Ausspruch der vermittelnden Macht zu unterwerfen. Die Mediation wird zur Intervention
(s. d.), wenn sie ihren Vorschlägen durch Zwangsmittel Geltung zu verschaffen sucht.
einen bisher selbständigen Staat der Landeshoheit des Souveräns eines andern Staatswesens unterwerfen. Der Ausdruck hängt
mit der Reichsunmittelbarkeit zur Zeit des frühern DeutschenReichs zusammen. Damals unterschied man zwischen
reichsunmittelbaren und mittelbaren Reichsangehörigen, je nachdem dieselben, wie die reichsfreien Städte, die geistlichen
und weltlichen Kurfürsten und sonstige Fürsten, Grafen und Herren, direkt unter dem Kaiser standen, also dem Reich »ohne Mittel«
unterstellt, oder je nachdem sie außer Kaiser und Reich noch einem Territorialherrn unterworfen waren.
Nachdem nun (1801) im Lüneviller Frieden das linke Rheinufer an Frankreich abgetreten worden war, bewirkte man die Entschädigung
der Reichsfürsten, die dort Besitzungen verloren, dadurch, daß die geistlichen Territorien weltlichen Staaten einverleibt
(»säkularisiert«),
und daß die meisten freien Reichsstädte »mediatisiert«, d. h.
aus reichsunmittelbaren (immediaten) zu mittelbaren (mediaten) Städten gemacht, wurden, indem man sie weltlichen Territorien
einverleibte. Damals schmolz die Zahl der freien Reichsstädte von 51 auf 6 zusammen. Außerdem erfolgte die Mediatisierung
vieler fürstlicher und gräflicher Reichsstände. Der Reichsdeputationshauptschluß vom brachte diese Mediatisierung
nur zu einem vorläufigen Abschluß; denn die Auflösung des Reichsverbandes (1806) und die Gründung des
Rheinbundes brachten weitere territoriale Veränderungen.
Ebenso hat man es, obwohl sprachlich unrichtig, als Mediatisierung bezeichnet, als zur Zeit des DeutschenBundes die Fürsten von Hohenzollern
[* 35] ihre Souveränitätsrechte an Preußen abtraten und die hohenzollernschen Lande der preußischen
Monarchie einverleibt wurden. Jetzt ist für die Mitglieder derjenigen fürstlichen und gräflichen Häuser, welche vormals
Reichsstandschaft, d. h. Sitz und Stimme auf dem Reichstag hatten, die Bezeichnung »Standesherren« die üblichere, und verschiedene
Standesvorrechte derselben bestehen noch jetzt zu Recht (s. Standesherren).
L. (Luzerne, Spargelklee, Schnecken-, Sichelklee), Gattung aus der Familie der Papilionaceen, Kräuter, sehr selten
Sträucher, mit fiederig dreizähligen Blättern, die Nerven
[* 36] der Blättchen häufig in Zähne
[* 37] auslaufend,
gelben oder violetten, meist kleinen Blüten in Köpfchen oder Trauben und spiralig oder schneckenförmig gewundener, ein- bis
vielsamiger Hülse.
[* 38] Etwa 40 Arten, meist in den Mittelmeerländern. Medicago sativaL. (gewöhnliche Luzerne, blauer Klee, ewiger Klee,
Sinfin), perennierend, mit aufrechtem, bis 1 m hohem, ziemlich kahlem Stengel,
[* 39] zerstreut behaarten, vorn
stachelspitzig gezahnten, abgerundeten oder gestutzten Blättchen, ganzrandigen, pfriemenförmigen Nebenblättern, violetten
oder bläulichweißen Blüten in länglichen, vielblütigen Trauben und angedrückt behaarten Hülsen mit 2-3 Windungen, stammt
aus Südeuropa, ist bei uns verwildert und wird viel als perennierende Futterpflanze gebaut.
Sie verlangt warm gelegenen, sehr tiefgrundigen, kräftigen Boden, gedeiht am besten in gutem Kalkmergelboden
und bleibt bei uns 5-6, in Südfrankreich aber 10-15 Jahre stehen und gibt dort 4, bei uns 3 Schnitte. Vermöge ihrer bis 2,5
m eindringenden Wurzel
[* 40] trotzt sie der größten Dürre, während sie in kalten, nassen Jahren minder gut gedeiht.
Sie ist besonders wertvoll für wiesenarme Gegenden, da sie eine bedeutende Masse Kleeheu für den Winter gewährt. Man säet
sie am besten nach reiner Brache oder nach Hackfrüchten und benutzt als Schutzfrucht Leindotter oder grün abzubringenden Hafer
[* 41] oder Gerste,
[* 42] auch Buchweizen.
Auf 1 Hektar braucht man bei breitwürfiger Saat 30-40, bei Drillsaat 25-33 kg. Nach dem zweiten und dritten
Nutzjahr muß man die zwischen der Luzerne angesiedelten Gräser mit der Egge
[* 43] entfernen und auch wohl Kompost streuen;
gipsen
fördert hier wie beim Klee. Medicago media Pers. (Sandluzerne) ist der vorigen sehr ähnlich;
die Blüten sind meist erst gelblich,
dann grün, zuletzt bläulich, oft gelblich- oder bläulichweiß oder bräunlich;
Sie ist im Kalkland sehr gemein, gedeiht gut in leichtem, warmem Boden und verträgt niedrigere Bodenqualitäten
als die vorige; sie hält 5-6 Jahre aus,
¶
mehr
gibt aber jährlich nur 2 Schnitte; ihr Heu ist ebenso nahrhaft wie das der gewöhnlichen Luzerne. Medicago falcataL. (schwedische
Luzerne), mit ästigem, niederliegendem oder aufsteigendem Stengel, gelben Blüten in kurzen Trauben und sichelförmigen Hülsen.
Man hält die Sandluzerne für einen Bastard von Medicago sativa und Medicago falcata, wahrscheinlich aber gehören
alle drei nur einer Art an und sind lediglich Kulturformen. Die schwedische Luzerne liebt leichtes, kalk- oder sandmergeliges
Erdreich und macht an Klima,
[* 45] Lage und Untergrund weniger Ansprüche; gibt aber auch nur einen guten Schnitt nahrhaften Futters.
Medicago lupulinaL. (gelber Klee, Wolfsklee, Steinklee, Hopfenklee), ein- und zweijährig, mit niederliegendem
oder aufsteigendem Stengel, verkehrt-eiförmigen, ausgerandeten, vorn gezahnten Blättchen, gelben Blüten in ährigkopfigen
Trauben und nierenförmigen, eingerollten, gedunsenen Hülsen, findet sich auf Wiesen und Wegrändern, eignet sich zur Kultur
auf thonmergeligen Feldern niederer Qualität, auf Bergebenen, selbst mit nassem Untergrund, auch auf kalkmergeligen Bergfeldern
und in sandreichen Ebenen im Gemenge mit weißem Klee, gibt einen schönen Schnitt und dann gute Weide.
[* 46] Der
Samenbau der Medicago sativa und Medicago media wird vorzugsweise in Südfrankreich, der Provence und Italien betrieben, während Medicago lupulina
fast ausschließlich von Mittel- und Niederschlesien bezogen wird. - Der Luzernebau wurde durch die Perserkriege den Griechen
bekannt, kam zwischen 150 und 50 v. Chr. nach Italien und 100 Jahre später nach Spanien.
[* 47]
Die Römer
[* 48] nannten die Pflanze nach ihrer ursprünglichen Heimat Medica und priesen sie als treffliches Futtergewächs. Von
Spanien gelangte die Luzerne etwa im 15. Jahrh. nach Frankreich und 1565 nach Belgien.
[* 49] Die Provençalen erhielten dieselbe aber
aus Italien und nannten sie nach einem italienischen Ort Clauserne, woraus unser Luzerne geworden ist; letzterer
Name stammt indes erst aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, da die Luzerne früher burgundisches Heu oder welscher Klee genannt
wurde. Um 1570 hatte die Luzerne bereits in Deutschland
[* 50] Eingang gefunden, machte aber im 17. Jahrh. kaum
Fortschritte und taucht um 1730 plötzlich bei Erfurt
[* 51] wieder auf, wohin sie wahrscheinlich von Mainz
[* 52] aus gelangt war, und von
wo sie sich nun bald weiter verbreitete.
(spr. mehditschi, Mediceer), das berühmteste Geschlecht des florentinischen Staats, welches,
aus dem Mugello, dem Hügelland nördlich von Florenz, gebürtig, schon im 13. Jahrh. durch glückliche Handelsunternehmungen
zu Reichtum und Macht gelangt war. Zuerst 1291 erscheint ein Ardingo de' Medici unter den Prioren der Zünfte von Florenz. Avirardo
de' Medici war 1314 Gonfaloniere. Die Medici gehörten zu den angesehenen Popolanenfamilien, welche die Herrschaft
der Grandi bekämpften.
Nach dem Wappen
[* 55] der Medici, den Palle (rote Kugeln), hießen ihre Anhänger Palleschi. In demKampf der Ricci und Albizzi nach Walters
von Brienne Vertreibung 1343 schlossen sich die Medici den erstern an. Bartolomeo de' Medici versuchte 1360 vergeblich
eine Erhebung gegen die herrschende Guelfenoligarchie. SeinBruder Salvestro de' Medici, 1378 beim Ausbruch des
Aufstandes der Ciompi Gonfaloniere di Giustizia, unterwarf die oligarchisch-aristokratische Verfassung einer Änderung.
Durch dessen Verbannung aus Florenz seit 1381 dem öffentlichen Leben mehr entrückt, vermehrten die Medici durch glückliche Handelsunternehmungen
ihr Vermögen außerordentlich
und galten seit Salvestros Zurückberufung für die Häupter der Volkspartei.
Salvestro stürzte die Partei der Albizzi vollends und gewann durch die Gunst des Volkes eine fast unbeschränkte Macht. Sein
Sohn Veri de' Medici wurde, da er der Aufforderung des Volkes, sich in dem Kampf gegen die wieder emporgekommenen Albizzi an seine
Spitze zu stellen, nicht entsprach, 1393 samt seiner ganzen Familie aus Florenz verbannt.
Seine Staatsverwaltung war ebenso glücklich wie glänzend, und Florenz erkannte ihm nach seinem Tode den Beinamen »Vater des
Vaterlandes« zu. Cosimo war zugleich ein Mann von Geschmack, den er namentlich in prachtvollen Bauten bekundete, sowie von
großer Gelehrsamkeit und der thätigste Beförderer der Wissenschaften und Künste, wie denn nach KonstantinopelsFall 1453 viele gelehrte Griechen bei ihm Aufnahme fanden. In den letzten Jahren zog er sich mehr von den Geschäften zurück
und überließ die Regierung einer gewissenlosen, habsüchtigen Oligarchie, welche nach seinem Tod unter LucaPittisFührung sogar Cosimos kränklichen Sohn Piero (geb. 1416) von der Herrschaft zu verdrängen suchte. Indes die Anhänglichkeit
des Volkes an die Medici vereitelte ihr Unternehmen. Piero, der seinem Vater an Geist und politischem Scharfsinn weit nachstand,
ihn aber an Herzensgüte und Rechtsgefühl übertraf, regierte nun in Frieden bis zu seinem Tod
An seine Stelle traten seine beiden noch sehr jungen Söhne Lorenzo (geb. mit dem Beinamen il Magnifico (der Herrliche),
und Giuliano I. Beide Brüder waren von den ersten Gelehrten ihrer Zeit, Gentili von Urbino, Christoph Landini, Argyropulos, Ficinus
etc., unterrichtet worden, und namentlich zeichnete sich Lorenzo als Dichter
und Redner aus. 1466 besuchte er die verschiedenen italienischen Höfe, vermählte sich 1469 mit Clarissa Orsini und übernahm
in demselben Jahr mit seinem Bruder die Regierung des florentinischen Staats. Den hohen Ruhm, den er erlangt hat, verdankt er
seiner Klugheit und Gewandtheit, der
¶
Aber Lorenzo gewann durch eine heimliche Reise nach Neapel den König für sich. Auch der Papst söhnte sich bald darauf (1480)
mit der Republik aus. Die Wiederherstellung des Friedens in Italien befestigte Lorenzos Ansehen ungemein,
und seine Ansprüche auf fürstliche Gewalt traten jetzt offener hervor. Er wußte es durchzusetzen, daß einer permanenten
Versammlung von 70 Bürgern die Leitung bei der Besetzung der öffentlichen Ämter und die höchste Entscheidung aller Angelegenheiten
übergeben ward.
Durch Vorschüsse an Unbemittelte, fürstlichen Aufwand, gänzliche Vernachlässigung der Handelsgeschäfte
brachte er jedoch den Wohlstand seines Hauses so tief herunter, daß nur dadurch ein Bankrott verhindert ward, daß die Republik
Lorenzos Schulden für die ihrigen erklärte. Lorenzo starb Von seinen Werken, 1826 zu Florenz in einer Prachtausgabe
auf Kosten des GroßherzogsLeopold II. in 4 Bänden erschienen, sind hervorzuheben: »Stanze bellissime« (»Le
[* 62] selve d'amore«, Pesaro 1513);
Roscoe (Lond. 1796; deutsch, Leipz. 1861) und namentlich v.
Reumont (»Lorenzo de' und seine Zeit«, das.
1874, 2 Bde.).
Vgl. auch Buser, Lorenzo de' als italienischer Staatsmann (Leipz. 1879).
Lorenzos jüngster Sohn, Giovanni, bestieg 1513 als Leo X. (s. d.) den päpstlichen Stuhl. Der ältere, Piero II., geb.
trat nach seines VatersTod 1492 an die Spitze der florentinischen Republik, vermochte jedoch nicht das Ansehen
seines Vorgängers zu behaupten, machte sich durch seine Gelüste nach der Fürstenwürde bald verhaßt und ward, als er 1494 dem
in Italien einfallenden König Karl VIII. von Frankreich mehrere wichtige Plätze einräumte, samt seinen Brüdern geächtet;
ihr Palast ward geplündert und Florenz von den Franzosen besetzt.
Ein unehelicher Sohn Giulianos II. war Ippolito de' Medici (geb. 1509), der von Clemens VII. zum Kardinal ernannt, aber von seinem
Vetter Alessandro, einem etwas jüngern unehelichen Sohn Lorenzos II., 1535 vergiftet wurde. Dieser
Alessandro leitete den Staat, der noch immer den NamenRepublik trug, bereits seit 1523 mit fürstlicher Gewalt; 1527 vertrieben,
ward er 1530 von KaiserKarl V. zurückgeführt und zum Haupt von Florenz ernannt. Von der Partei seines Hauses in der Stadt zum
erblichen Herzog ausgerufen, herrschte er als Tyrann, ließ 1534 eine Citadelle anlegen und die Bürger entwaffnen
und schändete die Frauen der edelsten florentinischen Geschlechter. Er ward von seinem Vetter Lorenzino, der in vierter
Generation von Cosimos des ältern Bruder Lorenzo (gest. 1440) abstammte, und den dann 1548 zu Venedig
[* 65] das
gleiche Schicksal traf, ermordet. Von demselben BruderCosimos stammte Giovanni de' Medici, »dalle bande nere« (von den von ihm befehligten
Söldnerhaufen), der sich als Feldherr einen gefürchteten Namen erwarb und 1526 im Kampf gegen die Kaiserlichen fiel.
Sein Sohn Cosimo I., geb. wurde nun nach der Ermordung Alessandros vom
Senat als Herzog von Florenz proklamiert und vom Kaiser bestätigt, eroberte 1555 Siena, errichtete viele Festungen und räumte
die Erbfeinde seines Hauses, die Strozzi, gänzlich aus dem Weg. Den Handel, der von der ältern Linie der Medici aufgegeben worden
war, erklärte er wieder zum Regierungsmonopol. Zum Schutz des levantischen Handels gegen die Türken stiftete
er denOrden
[* 66] von St. Stephan.
Selbst einer der gelehrtesten Männer seiner Zeit, besonders auf dem Gebiet der Chemie, umgab er sich mit den wissenschaftlichen
und künstlerischen Größen seiner Zeit, gründete die Akademie zu Florenz, erneuerte die Universität zu
Pisa und unterstützte die zu Florenz und Siena, sammelte Altertümer und Gemälde, erweiterte die Statuensammlung Lorenzos des
Prächtigen, begründete die Sammlung von Bildnissen berühmter Männer, stiftete eine Zeichenschule und versuchte sich auch
als Schriftsteller in dem Werk »Viaggio per l'alta Italia, descritto da Fil. Pizzichi« (mit Erläuterungen neu hrsg.
von Moreni, Flor. 1828). 1569 ernannte ihn der PapstPius V. zum Großherzog und krönte ihn im folgenden Jahr in Rom. Doch wurde
dieser Titel erst 1575 von KaiserMaximilian II. für eine große Geldsumme dem Sohn und Nachfolger Cosimos bestätigt. Dieser
starb 21.
¶
Dieser verstärkte seine Flotte und verschaffte der toscanischen Flagge im ganzen MittelmeerAchtung. Die Drusen
[* 69] im Libanon unterstützte
er in ihrem Kampf gegen die Türken. Auch unter ihm blühten Künste und Wissenschaften. Er starb Ihm
folgte sein ältester Sohn, Ferdinand II., 1621-70 (s. Ferdinand 34), und diesem sein mönchisch erzogener Sohn Cosimo III.,
geb. ein Mann von ebenso geringen Fähigkeiten wie großem Stolz. Er unterstützte nur Dichter,
die ihm schmeichelten, und Künstler, welche den äußern Pomp seines Hofs erhöhen konnten.
Unter ihm schritt der schon unter seinem Vater begonnene Verfall von Toscanas Wohlstand unaufhaltsam fort, und die meisten Quellen
des Nationalwohlstandes versiegten vollends. Er starb und hatte seinen zweiten Sohn, GiovanniGasto, geb.
zum Nachfolger. Dieser, durch Ausschweifungen an Geist und Körper geschwächt, bewies zwar guten Willen und beseitigte manche
Mißbräuche, ermangelte aber der Kraft
[* 70] zu durchgreifenden Reformen. Mit ihm erlosch das Geschlecht der Medici. Zufolge
der eventuellen Bestimmung des WienerFriedens von 1735 fiel das Großherzogtum an den HerzogFranzStephan
von Lothringen.
Vgl. Reumont, Geschichte Toscanas seit dem Ende des florentinischen Freistaats, Bd. 1: Die Medici 1530-1737 (Gotha
[* 71] 1876);
Buser, Die Beziehungen der Medici zu Frankreich 1434-94 (Leipz. 1879).
Von einem jüngern Zweig der Medici, der fürstlichen FamilieOttajano, die sich schon im 13. Jahrh. von der
ältern getrennt hatte, stammte Don Luigi Medici, gewöhnlich Cavaliere von Medici genannt, Herzog von Sarto, geb. 1760, der sich als
Actons Nachfolger seit 1805 im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten und der Finanzen zu Neapel durch verschiedene Verbesserungen
der Finanzverwaltung verdient machte. Während der französischen Herrschaft in Neapel hielt er sich in
England auf; nach der Wiedereinsetzung der Bourbonen 1815 wurde er Polizeiminister und 1818 Finanzminister. Infolge der Militärrevolution
zu Nola nahm er seine Entlassung und begab sich nach Rom, kehrte aber 1822 in seine frühere Stellung zurück. Er
starb auf einer Reise in Madrid.
[* 72]
(spr. mehditschi), Giacomo, Marchese del Vascello, ital. General, geb. 1817 zu Mailand, nahm 1836-40 in Spanien
als Freiwilliger im Regierungsheer am Karlistenkrieg teil und ging dann nach Amerika,
[* 73] wo er die Bekanntschaft Garibaldis machte;
derselbe betraute ihn mit der Leitung der italienischen Expedition, welche 1848 in Montevideo
[* 74] organisiert
wurde. Im Juni 1848 ward
er in der von Garibaldi in der Lombardei errichteten Legion zum Kommandeur der Avantgarde und im Mai 1849 zum
Befehlshaber der lombardischen Voltigeurs ernannt, welche sich bei der VerteidigungRoms gegen die Franzosen besonders auszeichneten.