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vorgeschrieben ist. Zur Bildung von Lehrern bestehen ein großherzogliches Landschullehrerseminar zu Neukloster für die großherzoglichen Domänen und das Seminar für ritterschaftliche Schullehrer zu Lübtheen. Ferner bestehen bei Schwerin [* 2] eine Idioten-, zu Neukloster eine Blinden-, zu Ludwigslust eine Taubstummenanstalt. Gymnasien sind zu Schwerin, Parchim, Güstrow, [* 3] Rostock, [* 4] Wismar, [* 5] Waren, Doberan;
selbständige Realgymnasien zu Schwerin, Güstrow, Ludwigslust, Bützow, Malchin und Rostock;
Realprogymnasien zu Grabow und Ribnitz;
endlich 5 höhere Töchterschulen.
Navigationsschulen sind in Wustrow und Rostock, Navigations-Vorbereitungsschulen zu Dänendorf und Dierhagen; Ackerbauschulen befinden sich zu Dargun und Zarrentin. Landesuniversität ist Rostock, 1419 gestiftet, mit vier Fakultäten. Eine Irrenheilanstalt ist zu Sachsenberg bei Schwerin, eine Heil- und Pfleganstalt zu Rostock. In Mecklenburg-Strelitz ergab die Volkszählung von 1885: 98,371 Seelen (1880: 100,269 Einw.), also auch hier gegen die vorige Zählung eine Abnahme der Bevölkerung [* 6] von 1898 Seelen.
Mecklenburg-Strelitz zählte 9 Städte, 2 Marktflecken, 218 Landgüter oder Höfe (darunter 83 ritterschaftliche Hauptgüter) und etwa 220 Dörfer und Gehöfte. Die herrschende Religion ist ebenfalls die evangelisch-lutherische; Andersgläubige sind wenige Reformierte, 294 Katholiken und 458 Israeliten. Man zählte 1886: 216 Landschulen, 12 Bürger- und Stadtschulen, ein Landschullehrerseminar zu Mirow, 2 höhere Töchterschulen, 3 Gymnasien (zu Neustrelitz, [* 7] Neubrandenburg [* 8] und Friedland) und 2 Realschulen (in Neustrelitz und Schönberg).
[Landwirtschaft.]
Hauptbeschäftigung der Einwohner bildet die Landwirtschaft. Von dem gesamten Areal sind in Mecklenburg-Schwerin nur 11,9, in Mecklenburg-Strelitz 20,9 Proz. nicht bebaut oder sonst landwirtschaftlich nicht benutzt; das Acker- und Gartenland umfaßt in Mecklenburg-Schwerin 57,1 Proz., die Wiesen 8,2, die Weiden 5,8 und die Waldungen 17 Proz. des Areals; in Mecklenburg Strelitz resp. 47,7, 7,1, 3,4 und 20,9 Proz. Der Ackerbau liefert Getreide [* 9] weit über den Bedarf und eine beträchtliche Quantität zur Ausfuhr. Die Hauptfrucht ist Roggen, doch wird in neuerer Zeit auch immer mehr Weizen gebaut; jener gibt auf den besten Äckern 10-, dieser 10-14-, Gerste [* 10] 8-12-, Hafer [* 11] 5-10fältigen Ertrag. Mais wird nur hier und da, Buchweizen aber häufig auf sandigem Boden, oft bis zu 20fältigem Ertrag und darüber, gebaut. In dem Zeitraum von 1878 bis 1883 wurden jährlich durchschnittlich vom Hektar in Tonnen (zu 1000 kg) geerntet:
Mecklenburg-Schwerin | Mecklenburg-Strelitz | |
---|---|---|
Roggen | 1.42 | 1.09 |
Weizen | 1.87 | 1.55 |
Gerste | 1.71 | 1.50 |
Kartoffeln | 11.42 | 11.34 |
Hafer | 1.49 | 1.28 |
Andre Produkte des Ackerbaues sind: Runkelrüben und Zuckerrüben, Raps und Rübsen (fast auf allen Gütern mit geeignetem Boden), Flachs und Hanf (in geringer Menge), Tabak [* 12] (1885-86: 330 Ton. Tabaksblätter). Der Gartenbau blüht in den Städten und in den ihnen benachbarten wohlhabendern Dörfern. An mehreren Orten sind Maulbeerbäume angepflanzt. Zur Hebung [* 13] der Landwirtschaft und mittelbar der Gewerbe bestehen der Verein kleinerer Landwirte und der Mecklenburgische Patriotische Verein, die sich in Zweigvereinen über das ganze Land verteilen, landwirtschaftliche und gewerbliche Ausstellungen veranstalten, Unterstützungen zur Förderung ihres Zwecks verleihen u. dgl. m. Was den Viehstand betrifft, so zählte man in beiden Großherzogtümern:
Mecklenburg-Schwerin | Mecklenburg-Strelitz | Zusammen | |
---|---|---|---|
Pferde | 88146 | 17280 | 105426 |
Rinder | 270088 | 41532 | 311620 |
Schafe | 939097 | 188078 | 1127175 |
Ziegen | 23534 | 8579 | 32113 |
Schweine | 225720 | 35735 | 261455 |
Die Pferde [* 14] gehören zu den kräftigsten Deutschlands; [* 15] ein Landgestüt ist zu Redesin. Die Rindviehzucht hebt sich immer mehr; Butter wird in bedeutender Menge ausgeführt. Auch die Schafzucht ist hoch entwickelt, und Mecklenburg steht in der Züchtung reichwolliger und kräftiger Merinoschafe allen andern deutschen Ländern voran. Die Wollproduktion ist bedeutend; der Umsatz auf den inländischen Wollmärkten des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin betrug 1886: 660,000 kg. Auch die Schweinezucht ist trefflich.
Federviehzucht wird allgemein, Bienenzucht [* 16] nur in einzelnen Gegenden betrieben. Die Fischerei [* 17] ist der vielen Gewässer wegen ein sehr bedeutender Erwerbszweig. Wildbret kommt in den ausgedehnten Waldungen noch in Menge vor, besonders Hoch- und Schwarzwild. Was die Forstkultur anlangt, so entfallen in Mecklenburg-Schwerin etwa 46,4 Proz., in Mecklenburg-Strelitz 68,9 Proz. der gesamten Waldfläche auf die Staatsforsten. Bergbau [* 18] wird nur auf Braunkohlen bei Malliß in Mecklenburg-Schwerin betrieben; hier gewinnt man auch Kochsalz zu Sülze.
Torf kommt in großer Quantität vor; ein Gipsbruch ist zu Lübtheen in Betrieb. Der Raseneisenstein, welcher sich in den feuchten Niederungen, in Sümpfen der Heidegegenden bildet, wird nur als Baustein benutzt. Im östlichen Teil von Mecklenburg-Schwerin tritt mehrfach Kreide [* 19] zu Tage, die gewöhnlich zu Kalk verbrannt wird; Wiesenkalk, Mergel, Ziegel- und Töpferthon sowie Walkererde kommen fast überall vor. Bernstein [* 20] liefern die Ostsee und der Müritzsee sowie die nahe der Ostsee gelegenen Torfmoore.
[Industrie und Handel.]
Die gewerbliche Thätigkeit ist von geringer Bedeutung. Nach der Berufszählung vom waren in Mecklenburg-Schwerin nur 23,2, in Mecklenburg-Strelitz 24,6 Proz. (die Angehörigen inbegriffen) der Bevölkerung in der Industrie, 7,76, resp. 7,92 Proz. in Handel und Verkehr thätig, während auf Land- und Forstwirtschaft, Tierzucht und Fischerei 51, resp. 49,47 Proz. entfielen. Die Industrie beschäftigte insgesamt in Mecklenburg-Schwerin 55,614 Personen (darunter 24,094 Selbständige für eigne Rechnung), in Mecklenburg-Strelitz 9794 Personen (darunter 4453 Selbständige). Es gibt Eisengießereien und Bauanstalten für landwirtschaftliche Maschinen, Wagenfabriken, Ziegeleien, Rübenzuckerfabriken (1885-86 Produktion 14,817 Ton. Rohzucker), Branntweinbrennereien, Bierbrauereien (345,300 hl Produktion); Tabaks- und Zigarren-, Strohhut-, Papier-, Wollwarenfabriken, Lohgerbereien etc. Der Handel ist lebhaft, besonders in Mecklenburg-Schwerin, dessen Lage zwischen der Ostsee und der Elbe, die durch eine nach Hamburg [* 21] und Berlin [* 22] führende Eisenbahn verbunden sind, den Verkehr ausnehmend begünstigt.
Die wichtigsten Plätze für den auswärtigen Handel sind Rostock mit Warnemünde und Wismar. Bedeutende Wollmärkte werden zu Güstrow, Wismar, Neubrandenburg und Rostock, frequente Pferdemärkte zu Altstrelitz, Rostock und Neubrandenburg abgehalten. Die Einfuhr geschieht größtenteils zur See, die Ausfuhr per Eisenbahn. Die bedeutendsten Ausfuhrartikel sind: Getreide, Mehl, [* 23] Butter, Mastvieh, Pferde, Schafe, [* 24] Schweine, [* 25] Fische, [* 26] Kartoffeln, Spiritus, [* 27] Holz, [* 28] Lein- und Rübsamen, Wolle etc.;
Haupteinfuhrartikel: Steinkohlen, Bau- und Nutzholz, Kochsalz, Eisen, [* 29] ¶
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Bausteine, Zucker, [* 31] Kaffee, Wein, Bier, Heringe, Käse, Tabak, Manufaktur- und Industrieerzeugnisse. In Mecklenburg-Strelitz besteht die Ausfuhr ebenfalls größtenteils in Natur- und landwirtschaftlichen Produkten. Mecklenburg-Schwerin besitzt gegenwärtig 1600, Mecklenburg-Strelitz 321 km Chausseen. In ersterm haben die Eisenbahnen eine Länge von 771 km, in letzterm von 181 km. Mecklenburg-Schwerin hat eine sehr ansehnliche Reederei. Nach amtlichen Angaben besaß Rostock Ende 1885: 298 Seeschiffe von 98,854 Ton. und 5 Nachprahmer und Lichter von 170 T., zusammen 303 Schiffe [* 32] von 99,024 T.;
Wismar 44 Seeschiffe von 23,397 cbm. 1886 liefen zu Warnemünde (Rostock) 986 Schiffe ein und 995 aus, während zu Wismar 467 Schiffe ein- und 470 ausliefen.
Als Förderungsmittel für Handel und Verkehr sind zu nennen: die Bank zu Rostock, die Lebensversicherungs- und Sparbank, die Bodenkreditbank zu Schwerin, welche Geldgeschäfte aller Art vermitteln, aber keine Noten ausgeben. Sparkassen gab es Ende 1886 in Mecklenburg-Schwerin 36, in Mecklenburg-Strelitz 9, zusammen mit einer Geldeinlage von über 35 Mill. Mk.
[Verfassung und Verwaltung.]
Beide Großherzogtümer haben gemeinschaftliche Landstände. Das Grundgesetz ist der Erbvergleich vom vereinbart zwischen dem Herzog von Mecklenburg-Schwerin und seinen Ständen, dem Mecklenburg-Strelitz durch die Agnitionsakte vom beitrat. In Mecklenburg-Schwerin ist gegenwärtig Regent Großherzog Friedrich Franz III. (seit in Mecklenburg-Strelitz Großherzog Friedrich Wilhelm (seit In beiden Ländern ist der Thron [* 33] nach dem Rechte der Erstgeburt und nach der Linealerbfolge im Mannesstamm erblich.
Beide großherzogliche Häuser sind durch Hausverträge von 1701 und 1755 verbunden, und es succediert im Fall des Aussterbens der einen Linie die andre. Beim Erlöschen beider Häuser geht die Thronfolge auf Preußen [* 34] über. Nach dem Hausgesetz vom tritt die Volljährigkeit des Großherzogs in beiden Ländern mit vollendetem 19. Lebensjahr ein. Beide Großherzöge bekennen sich zur evangelisch-lutherischen Kirche. Obwohl alle Staatsbürger vor dem Gesetz gleich und allen die Staatsämter auf gleiche Weise zugänglich sind, so haben doch die Rittergutsbesitzer, adlige und bürgerliche, große Real- und Personalvorrechte.
Sie besitzen das Landstandsrecht, die Jagdgerechtigkeit und oft auch das Patronatsrecht. Leibeigenschaft und Gutsunterthänigkeit sind 1824 aufgehoben worden. Die Landstände beider Großherzogtümer bilden seit 1523 eine gemeinschaftliche Körperschaft, die »Landesunion«, und bestehen aus der Ritterschaft, zu der alle Besitzer ritterschaftlicher Hauptgüter in dem Mecklenburgischen, Wendischen und Stargardschen Kreis [* 35] gehören, und der Landschaft, welche 48 landtagsfähige Städte umfaßt.
Von der Ritterschaft werden zugleich die Bauern und Hintersassen, von der Landschaft die Bürger der Städte repräsentiert. Beide Stände, Ritter und Landschaft, gliedern sich nach den Kreisen, dem Mecklenburgischen, Wendischen und Stargardschen. Außerhalb der ständischen Verfassung stehen das Fürstentum Ratzeburg und die Städte Wismar und Neustrelitz, welche daher nicht auf dem Landtag vertreten sind. Die Zahl der Gutsherren, welche gegenwärtig Mitglieder der Ritterschaft sind, beträgt im Mecklenburgischen und Wendischen Kreis 631, worunter 295 bürgerliche, im Stargardschen Kreis 49, worunter 17 bürgerliche.
An der Spitze der Ritterschaft stehen 3 Erblandmarschälle, je einer für jeden Kreis. Zur Landschaft gehören die Stadt Rostock, 20 Städte im Mecklenburgischen, 20 im Wendischen und 7 im Stargardschen Kreis. Die Ausübung des landstandschaftlichen Rechts geschieht hier durch die Magistrate und zwar durch die Bürgermeister. Jeder Gutsbesitzer hat dasselbe Stimmrecht wie jede einzelne Stadt, doch kann die Landschaft sich zu besonderer Beschlußfassung vereinigen (itio in partes).
Das Direktorium der Landschaft führen die drei Vorderstädte, Parchim für den Mecklenburgischen, Güstrow für den Wendischen und Neubrandenburg für den Stargardschen Kreis, dasjenige der Ritterschaft die 3 Landmarschälle und 8 Landräte. Die Landtage werden alljährlich im Spätherbst abwechselnd in den Städten Sternberg und Malchin auf Berufung von seiten der beiderseitigen Landesherren abgehalten. Außerhalb des Landtags vertritt ein engerer Ausschuß von 9 Mitgliedern, nämlich aus 2 Landräten, 4 landschaftlichen und 3 ritterschaftlichen Deputierten bestehend, als ein die gesamte Ritter- und Landschaft vorstellendes, permanentes Kollegium, welches zu Rostock seinen Sitz hat, die gesamten Stände, solange diese nicht versammelt sind.
Als repräsentatives Kollegium für private ritterschaftliche Angelegenheiten besteht noch ein engerer Ausschuß der Ritterschaft, ebenfalls zu Rostock. Von den Landtagen verschieden sind die sogen. Konvokations- und Deputationstage: jene sind ad hoc berufene Versammlungen der Stände eines oder des andern der beiden Staaten zur Verhandlung wichtiger und eiliger Sonderangelegenheiten;
diese werden aus von den Ständen zu Landeskonventen und gemeinsamen Angelegenheiten Deputierten gebildet, welche nach Bedürfnis zu nicht von der Landesherrschaft ausgeschriebenen Zusammenkünften, und zwar zu allgemeinen Landeskonventen und zu besondern Kreis- und Amtskonventen, zusammentreten.
Was die Gemeindeverfassung betrifft, so gibt es außer in den Städten nur noch in dem landesherrlichen Domanium Gemeinden, von denen letztere nur für innere Gemeindeangelegenheiten bestimmt sind; sonst bestehen ländliche Gemeinden bloß in kirchlicher Beziehung. In den Städten ist die Gemeindeverfassung sehr verschieden, namentlich genießen Rostock und Wismar bedeutende Vorrechte. In den Landstädten stehen 1-2 Bürgermeister und das Ratskollegium (Magistrat) an der Spitze der Verwaltung, in den Domanialgemeinden Schulzen, Schöffen und Beiräte. Zur Vertretung der Bürgerschaft wird ein Bürgerausschuß durch Wahl aus der Mitte der Bürger gebildet. Die herrschende Staatskirche ist in ganz Mecklenburg die evangelisch-lutherische; die reformierte und katholische Konfession werden in kirchlicher Beziehung nur geduldet. Die obersten kirchlichen Behörden sind der Oberkirchenrat für Mecklenburg-Schwerin und das Konsistorium für Mecklenburg-Strelitz.
Die oberste Leitung der verschiedenen Zweige der Staatsverwaltung haben im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin vier Ministerien (für die auswärtigen Angelegenheiten, für das Innere, für die Justiz, welches zugleich die geistlichen und Schulangelegenheiten umfaßt, und für die Finanzen), die nach der Verordnung vom errichtet worden sind, und deren Vorstände das Staatsministerium bilden. Die großherzogliche Militärverwaltung gehört in das Ressort des Militärdepartements, welches unmittelbar unter dem Großherzog steht. Im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz ist das Staatsministerium zu Neustrelitz die höchste Behörde, repräsentiert durch einen Staatsminister. Der Geschäftskreis der Ministerien wurde in Mecklenburg-Schwerin durch die landesherrliche Verordnung vom näher bestimmt. ¶
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Rechtspflege. Mecklenburg-Schwerin besitzt ein Oberlandesgericht zu Rostock, 3 Landgerichte zu Güstrow, Rostock und Schwerin, 43 Amtsgerichte, eine Landesstrafanstalt zu Dreibergen, ein Zentralgefängnis zu Bützow; Mecklenburg-Strelitz besitzt ein Landgericht zu Neustrelitz und 9 Amtsgerichte, ein Landarbeits- und Zuchthaus in Strelitz. Das Oberlandesgericht zu Rostock ist beiden Großherzogtümern gemeinsam, ebenso die Schwurgerichtssitzungen zu Güstrow.
Über die Finanzen gelangt in beiden Großherzogtümern nichts an die Öffentlichkeit, und es besteht auch kein allgemeines Staatsbudget. Nach dem Gothaer »Statistischen Jahrbuch« sind in Mecklenburg-Schwerin drei Systeme des Finanzwesens zu unterscheiden: die landesherrliche Verwaltung mit einem (1887-88) auf 15 ⅓ Mill. Mk. geschätzten Etat, dessen Einnahmen aus den Erträgnissen der Domänen, aus der ordentlichen Kontribution und aus mit den Ständen zu besondern Zwecken vereinbarten bestimmten Zuschüssen (aus diesen Einnahmen ist die landesherrliche Verwaltung verpflichtet, den eigentlichen Regierungsaufwand, einschließlich der Matrikularbeiträge zur Reichskasse, zu bestreiten); dann der ordentliche Etat der gemeinsamen oder landesherrlich-ständischen Finanzverwaltung mit Einnahmen und Ausgaben von (1887-88) 4,209,000 Mk. (inkl. 174,000 Mk. für Schuldentilgung) und die rein ständische Finanzverwaltung, die über verhältnismäßig nur kleine Mittel zu gebieten hat.
Die Schulden des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin betrugen 1887 für den landesherrlichen Etat 32,895,100 Mk. (wovon für 23½ Mill. Mk. die Eisenbahnaktiengesellschaft Verzinsung und Amortisation übernommen hat), für die landesherrlich-ständischen Kassen 8,789,800 Mk., im ganzen 41 ⅔ Mill. Mk. Diesen Passiven standen jedoch der Domanialkapitalfonds mit 23,824 Mill., der Elbzollfonds mit 3 Mill., der Kriegskostenentschädigungsfonds mit 180,000 Mk. und die Kapitalien der Renterei mit 2,35 Mill., zusammen 29 ⅓ Mill. Mk., an Aktiven gegenüber. Die Matrikularbeiträge von Mecklenburg-Schwerin sind (1887-88) auf 1,871,401 Mk., von Mecklenburg-Strelitz auf 325,173 Mk. veranschlagt. - Zum deutschen Reichsheer stellen beide Großherzogtümer das Grenadierregiment Nr. 89, das Füsilierregiment Nr. 90, das Jägerbataillon Nr. 14, die Dragonerregimenter Nr. 17 und 18 und 4 Batterien des holsteinischen Feldartillerieregiments Nr. 24. Auf Mecklenburg-Strelitz speziell entfallen davon: das 2. Bataillon des Grenadierregiments Nr. 89 sowie die 6. Batterie der mecklenburgischen Abteilung Nr. 3 des holsteinischen Feldartillerieregiments Nr. 24. Infanterie und Kavallerie gehören der 17. Division und mit der Artillerie dem 9. deutschen Armeekorps an. Die Militärkonvention mit Preußen datiert bei beiden Staaten seit Dezember 1872.
[Wappen, Orden.]
Das mecklenburgische Wappen [* 37] enthält sechs Felder und einen Mittelschild; die erstern zeigen die Wappenzeichen von Mecklenburg (schwarzer, gekrönter Stierkopf mit silbernen Hörnern im goldenen Grund, s. Tafel »Wappen«),
Rostock, Fürstentum Schwerin, Ratzeburg, Stargard, [* 38] Wenden; der Mittelschild (zur einen Hälfte rot, zur andern golden) zeigt das Zeichen der Grafschaft Schwerin. Das Wappen wird von einem Stier und einem Greif [* 39] gehalten und von der Königskrone bedeckt. Die Landesfarbe ist rot, gelb und blau; die Landesflagge blau, weiß und rot, wagerecht geteilt. Als Ritterorden ward 1864 der großherzogliche Hausorden der Wendischen Krone von beiden Großherzögen und 1884 vom Großherzog von Mecklenburg-Schwerin der Greifenorden gestiftet, von denen jeder Großkreuze (mit der Krone in Erz oder in Gold), [* 40] Großkomture, Komture und Ritter umfaßt (s. Tafel »Orden«, [* 41] Fig. 6). Als Ehrenzeichen werden verliehen in Mecklenburg-Schwerin eine Medaille in Gold und Silber, eine Verdienstmedaille in Gold, Silber und Bronze [* 42] (gestiftet ein goldenes Militärdienstkreuz für Offiziere nach 25jähriger Dienstzeit, ein Dienstkreuz für Soldaten nach 10-25jähriger Dienstzeit, ein Militärverdienstkreuz für Auszeichnung im Krieg (1848 gestiftet), eine Landwehrdienstauszeichnung (1874 gestiftet); in Mecklenburg-Strelitz dieselben Militärdienstkreuze. Die Flagge s. auf Tafel »Flaggen [* 43] II«. [* 44] Die Residenzen des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin sind Schwerin und Ludwigslust, neben denen es noch sechs fürstliche Schlösser gibt; der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz residiert in Neustrelitz und besitzt außerdem noch fünf Schlösser.
Vgl. Raabe, Mecklenburgische Vaterlandskunde (Wism. 1857-63, 3 Bde.);
Boll, Abriß der Mecklenburger Landeskunde (das. 1862);
Geinitz, Übersicht über die Geologie [* 45] Mecklenburgs (Güstrow 1884);
Derselbe, Die Seen, Moore und Flußläufe Mecklenburgs (das. 1886);
Derselbe, Der Boden Mecklenburgs (Stuttg. 1885);
Böhlau, Fiskus, landesherrliches und Landesvermögen in Mecklenburg (Rostock 1877);
Balck, Finanzverhältnisse in Mecklenburg. (Schwer. 1877-78, 2 Bde.);
Derselbe, Landschulwesen in Mecklenburg-Schwerin (Wism. 1880);
Büsing, Staatsrecht der Großherzogtümer Mecklenburg (in Marquardsens »Handbuch des öffentlichen Rechts«, Bd. 3, Stuttg. 1884);
Bartsch, Sagen, Märchen und Gebräuche aus Mecklenburg (Wien [* 46] 1880, 2 Bde.);
die offiziellen »Staatskalender« und die Veröffentlichungen des Statistischen Büreaus zu Schwerin (»Beiträge zur Statistik Mecklenburgs«).
Geschichte.
Zu Tacitus' Zeit wohnten im heutigen Mecklenburg Vandalen, darunter eine ihrer Völkerschaften, die Warner (vielleicht an der Warnow). Um die Mitte des 6. Jahrh. nahmen die von den ausgewanderten Vandalen verlassenen Sitze slawische Völker ein: im W. die Obotriten (ihr Hauptort war Michilenburg, dessen Wallreste beim Dorf Mecklenburg südlich von Wismar zu sehen sind), im O. Leutitier (auch Wilzen genannt), im S. Redarier. Karl d. Gr., von dem Obotritenfürsten Witzin gegen die Wilzen zu Hilfe gerufen, zwang 789 letztere zur Unterwerfung.
Wie die Wilzen, fielen auch die Obotriten im 9. Jahrh. mehrfach vom fränkischen Reich wieder ab; wenn sie auch wieder unterworfen wurden, so ist dennoch ihre Bekehrung zum Christentum damals nicht gelungen. Erst Heinrich I., der 928-931 die Slawen Mecklenburgs von neuem unterwarf, nötigte vielen die Taufe auf. Otto I. übergab dem Markgrafen Gero die Mark an der Elbe, errichtete die Bistümer Havelberg [* 47] 946 und Oldenburg [* 48] 948, welchen auch Mecklenburg zugeteilt ward, und unterwarf den Obotriten Mistiwoi noch einmal 967. Doch dieser bewog 983 die Slawen zur allgemeinen Empörung, zum Abfall vom Christentum; Herzog Gottschalk (s. Gottschalk 2) stellte dieses 1046 zwar wieder her, wurde aber 1066 ermordet, worauf sein Volk sich den alten Göttern wieder zuwandte. Sein Sohn Heinrich erkannte zwar um 1093 die Lehnshoheit der sächsischen Herzöge an, zwang aber, obwohl selbst Christ, den Seinen den neuen Glauben nicht auf. Kaiser Lothar II. verlieh 1125 das Land an den Herzog Knut Laward von Schleswig, [* 49] nach dessen Ermordung 1131 sich Pribislav Wagrien, Niklot das Obotritenland aneignete. Erst nach langwierigen Kriegen gelang es 1160 dem Herzog Heinrich dem Löwen [* 50] von Sachsen, [* 51] das Land wieder vollständig zu ¶
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unterwerfen. Er ließ es durch deutsche Kolonisten bebauen, errichtete in Schwerin einen Bischofsitz und gründete mehrere Cistercienserklöster, deren erstes 1170 Doberan war. Jedoch hielt er es für geraten, sich mit Pribislaw, dem Sohn des im Kampf erschlagenen slawischen Fürsten Niklot, zu versöhnen, indem er ihm, nachdem er Christ geworden, 1167 das Obotritenland zurückgab und dessen Sohn Heinrich Borwin mit seiner eignen Tochter Mechthilde vermählte.
Schwerin (seit 1166 Stadt) mit seiner Umgebung wurde als Grafschaft dem tapfern Ritter Guncelin von Hagen [* 53] verliehen. Indem Pribislaw 1170 von Kaiser Friedrich I. die Reichsfürstenwürde erhielt, wurde Mecklenburgs Zugehörigkeit zum Deutschen Reich für alle Zeiten besiegelt. König Waldemar II. begründete seit 1202 die Oberherrschaft Dänemarks über Mecklenburg, was sogar der deutsche König Friedrich II. 1214 bestätigte. Allein die Befreiung von der dänischen Oberherrschaft erfolgte durch den Sieg des Grafen Adolf IV. von Holstein über Waldemar II. bei Bornhövede
Die erste Landesteilung Mecklenburgs fand 1229 unter Heinrich Borwins vier Enkel statt; damals entstanden die vier Linien Parchim, Rostock, Güstrow und Mecklenburg. Doch gehörten fast zwei Drittel des heutigen Mecklenburg zu Sachsen, Brandenburg, [* 54] Pommern, [* 55] Schwerin, den Bischöfen von Ratzeburg und Schwerin. Die Linie Parchim, von Pribislaw II. gestiftet, erlosch 1315; die zweite, gegründet von Heinrich Borwin III., 1314; die dritte zerfiel 1282 in die Seitenlinien Werle-Güstrow und Werle-Parchim.
Beide wurden um 1292 von Nikolaus II. von Parchim wieder vereinigt; 1316 teilten sie sich wieder in Güstrow und Goldberg (Parchim), von der erstern sonderte sich 1337 die Linie Waren ab. Der Zweig in Goldberg erlosch 1354, der in Waren 1426 und die Linie Güstrow, welche 1415 die Lehnshoheit Brandenburgs anerkannt, aber 1418 mit Albrecht V. von eine Erbverbrüderung geschlossen hatte, 1436. So blieb denn als einzige der bei der Teilung von 1229 entstandenen Linien die von Mecklenburg übrig. Johann (gest. 1264) hatte sie gestiftet.
Sein Sohn Heinrich I., der Pilger, unternahm 1271 eine Fahrt nach dem Gelobten Land, geriet in die Gefangenschaft der Sarazenen und schmachtete darin 26 Jahre. Inzwischen regierte daheim sein Sohn Heinrich II., der Löwe, der beim Tode des Vaters 1302 folgte. Er erwarb durch den Wittmannsdorfer Vertrag 1304 das Land Stargard als brandenburgisches Lehen und 1314 im Einverständnis mit Erich von Dänemark [* 56] die Stadt Rostock, konnte sich aber im Besitz der Priegnitz und Ukermark, die ihn nach Waldemars von Brandenburg Tod 1319 freiwillig als Herrn anerkannten, nicht behaupten.
Dagegen erhielt er 1323 das Land Rostock als erbliches Lehen von Dänemark. Zu gunsten Albrechts II. (s. Albrecht 11) von Mecklenburg (1329-79) erklärte Kaiser Karl IV. nicht nur die Herrschaft Stargard für ein Reichslehen 1347, sondern erhob auch 1348 ganz Mecklenburg zum Herzogtum. Albrechts jüngerer Bruder, Johann, begründete 1352 die Nebenlinie Stargard, welche 1471 erlosch, worauf das Land an Mecklenburg fiel. Albrecht II. vereinigte 1359 die Grafschaft Schwerin wieder mit den mecklenburgischen Landen.
Sein zweiter Sohn, Albrecht III., ward 1363 auf den schwedischen Thron berufen und folgte ihm nach dem frühen Tod seiner Brüder und seines Neffen Albrecht IV. 1379 in Mecklenburg. In Schweden [* 57] von der dänischen Königin Margarete lange Jahre gefangen gehalten, erhielt er erst 1395 die Freiheit und kehrte nach Mecklenburg zurück, an dessen Regierung er sich bis zu seinem Tod (1412) beteiligte. Sein Sohn Albrecht V. regierte darauf mit seinem Vetter Johann IV. gemeinschaftlich, und beide Fürsten stifteten 1418 die Universität Rostock.
Nach ihrem Tod (1422 und 1423) folgten Johanns IV. Söhne Heinrich IV. und Johann V., zunächst unter Vormundschaft ihrer Mutter Katharina. Nachdem 1436 die Besitzungen des Werleschen Hauses und 1471 Stargard heimgefallen waren, regierte Heinrich IV (Johann V. starb 1442) wieder über ganz Mecklenburg Wiederholte Streitigkeiten mit Brandenburg wurden im Vertrag von Wittstock dahin ausgeglichen, daß Heinrich für sich und seine Nachfolger die Erbhuldigung an Brandenburg leistete.
Heinrichs drei Söhne teilten 1480 das Land so, daß der größte Teil des Fürstentums Wenden (die früher Werleschen Besitzungen) an Albrecht VI. fiel, der Rest Magnus II. und Balthasar gemeinschaftlich verblieb. Schon 1483 fiel mit Albrechts Tod Wenden zurück. Nach Magnus' II. und Balthasars Tod (1503 und 1507) folgten des erstern Söhne Heinrich V., Erich II. und Albrecht VII., von denen Erich schon 1508 starb, worauf die beiden andere Brüder gemeinschaftlich regierten.
Die Streitigkeiten unter den Herzögen und die drohende Kriegsgefahr in den nordischen Reichen veranlaßten 1523 die Prälaten, Ritter und Städte der mecklenburgischen Lande, sich durch eine sogen. Union zu gegenseitigem Schutze zu vereinigen, ein Ereignis, das bis zur Gegenwart Einfluß auf die Geschicke des Landes gehabt hat. Beide Brüder, seit 1524 der Reformation zugethan, traten 1526 dem Torgauer Bund bei und begünstigten die neue Lehre [* 58] in Mecklenburg. Wenn auch Albrecht schon 1530 zur katholischen Partei zurücktrat, so behauptete sich doch die lutherische Lehre mit Erfolg im Land und wurde 1549 von den Ständen als Landesreligion anerkannt.
Albrecht VII. hinterließ 1547 fünf Sohne, von denen nach Heinrichs V. Tod (1552) Johann Albrecht I. die Regierung über ganz Mecklenburg antrat. Als aber sein Bruder Ulrich Anspruch auf Mitregentschaft machte, kam 1555 mit Bewilligung der Stände wieder eine Landesteilung zu stande, in der letzterer den Westen mit Schwerin, Johann Albrecht den Osten mit Güstrow erhielt. Beide Fürsten gaben dem Land eine neue Kirchen- und Schulverfassung. Um diese Zeit wurden auch alle Klöster (mit Ausnahme der oben erwähnten Landesklöster) und geistlichen Stiftungen eingezogen und größtenteils zu den Domänen geschlagen.
Johann Albrecht setzte für Mecklenburg-Güstrow die Erbfolge nach der Erstgeburt fest. Nach seinem Tod, 1576, regierte Johann VII. zuerst unter Vormundschaft seines Oheims Ulrich, seit 1585 selbständig. Finanzielle Bedrängnisse machten ihn schwermütig und trieben ihn zum Selbstmord 1592. Über seine beiden Söhne Adolf Friedrich I. und Johann Albrecht II. führten Herzog Ulrich, dann Karl von Mecklenburg-Schwerin die Vormundschaft. Als letzterer jedoch 1610 starb, fiel sein Land an Mecklenburg-Güstrow, doch verzögerte sich die Teilung zwischen den Brüdern bis 1621; damals erhielt Adolf Friedrich I. Mecklenburg-Schwerin, Johann Albrecht II. Mecklenburg-Güstrow, doch blieben die Landtage gemeinschaftlich und wurden abwechselnd in Sternberg und Malchin gehalten. Die Stadt Rostock, Universität, Konsistorium und Hofgericht waren von der Teilung ausgenommen.
Beide Herzöge, während des Dreißigjährigen Kriegs zuerst dem Dänenkönig Christian IV. geneigt, sagten sich 1626 nach der Schlacht bei Lutter von ihm los. Dennoch erhielt sich das Mißtrauen des Kaisers gegen ¶
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und Wallenstein, den nach dem Besitz dieses Landes gelüstete, ließ sich vom Kaiser beide Herzogtümer verpfänden, 26. Jan. sogar insgeheim verkaufen. Nachdem er die Stände zur Huldigung (24. März) gezwungen hatte, befahl er den Herzögen, das Land zu räumen, wurde erblich mit ganz Mecklenburg belehnt und auch, als er 1630 den Abschied bekam, dieses Besitzes nicht beraubt. Die sich damals beschwerenden Herzöge verwies der Kaiser auf den Rechtsweg. Gustav Adolf setzte sie jedoch wieder in ihre Besitzungen ein, und im Frieden zu Prag [* 60] (1635) söhnten sie sich mit dem Kaiser aus. Im Westfälischen Frieden mußten sie zwar die Stadt Wismar mit den Ämtern Poel und Neukloster an Schweden abtreten; dagegen wurde die Schwerinsche Linie mit den Bistümern Schwerin und Ratzeburg und der Johanniterkomturei Mirow, die Güstrowsche mit der Komturei Nemerow entschädigt. Dauernder waren die nachteiligen Folgen des Kriegs für die untern Stände des Volkes. Ganze Dorfschaften waren eingegangen, viele Bauern hatten ihre Gehöfte verlassen, die meisten freien Bauern waren zu Fronbauern herabgedrückt worden.
In der Linie Mecklenburg-Güstrow war auf den Stifter derselben, Johann Albrecht II., 1636 sein Sohn Gustav Adolf gefolgt, der anfangs unter Vormundschaft Adolf Friedrichs I. von Mecklenburg-Schwerin, seit 1654 aber selbständig regierte. Mit ihm erlosch 1695 die Linie Mecklenburg-Güstrow. In der Linie Mecklenburg-Schwerin regierte der Gründer derselben, Adolf Friedrich I., ein eigensinniger Herr, der mit den Ständen und allen Mitgliedern seiner Familie fortwährend im Zwist lag, bis 1658. Sein Sohn Christian Ludwig, der ihm folgte, lebte meist in Paris, [* 61] während sein Land für des Regenten Anhänglichkeit an den König Ludwig XIV. von Frankreich dadurch büßen mußte, daß Brandenburger, Dänen und Schweden (1675-79) dasselbe feindlich überzogen. 1663 trat er in Paris zur katholischen Kirche über.
Als er 1692 kinderlos starb, folgte ihm sein Neffe Friedrich Wilhelm in der Regierung, unbekümmert um die Protestationen seines Oheims, Adolf Friedrichs II. von Strelitz, des einzigen noch lebenden Bruders von Christian Ludwig. Friedrich Wilhelm geriet mit ihm um das 1695 erledigte Mecklenburg-Güstrow in Streit. Nach jahrelangen Verhandlungen kam der Hamburger Teilungsvertrag zu stande, in welchem Adolf Friedrich II. zur Entschädigung das Fürstentum Ratzeburg, die Herrschaft Stargard, die Komtureien Mirow und Nemerow, jährlich 9000 Thlr. aus dem Boitzenburger Zoll nebst Sitz und Stimme auf den Reichs- und Kreistagen, Friedrich Wilhelm dagegen, der als wirklicher Nachfolger der Güstrower Herzöge bezeichnet wurde, das übrige, weit größere Gebiet erhielt. Er und seine Nachfolger hatten allein das Recht, Landtage zu berufen und zu schließen; den Herzögen von Strelitz sollte es nur freistehen, ihre Angelegenheiten auf dem Landtag ebenfalls abzumachen. Das Recht der Erstgeburtserbfolge nach Linien ward für immer festgesetzt. Da Friedrich Wilhelm seinen Wohnsitz zu Schwerin, Adolf Friedrich den seinigen zu Strelitz nahm, so nannten sich fortan die beiden Linien Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz.
Friedrich Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin errichtete mit seiner Ritter- und Landschaft über die zu bestimmende Summe der Landsteuern einen Vergleich, der bald neue Streitigkeiten hervorrief, worin der Herzog gegen die widerspenstigen Ritter selbst preußisches Militär herbeirief. Doch konnte er die Ritterschaft nicht zum Nachgeben zwingen. Sein Bruder und Nachfolger (seit 1713), Karl Leopold, nahm als Verwandter des russischen Hofs für Rußland und Dänemark gegen Schweden an dem Nordischen Krieg teil und stürzte sein Land dadurch in bedeutende Schulden.
Darüber kam es 1715 zu neuen Konflikten mit den Ständen, in welchen die Russen dem Herzog beistanden. Als nach deren Abzug 1717 der Streit von neuem ausbrach, ließ Kaiser Karl VI. 1719 durch hannöversche und braunschweigische Truppen die Reichsexekution vollstrecken, und da Karl Leopold sich den Verordnungen der zu Rostock niedergesetzten kaiserlichen Kommission hartnäckig widersetzte, entsetzte ihn der Kaiser 1728 der Regierung und übertrug die Verwaltung des Landes seinem Bruder Christian Ludwig; da sich die Stände dagegen aussprachen, ernannte er diesen 1732 wenigstens zum kaiserlichen Kommissarius, durch welchen Ausweg ihm die Regierung doch erhalten wurde.
Ein Aufstand der Bürger und Bauern (1733), die Einmischung Preußens [* 62] zu gunsten Karl Leopolds blieben erfolglos. Als nach seinem Tod (1747) Christian Ludwig die Regierung definitiv übernahm, suchte er den bisherigen Wirren durch die Aufstellung des Rostocker Erbvergleichs ein Ende zu machen. In demselben wurde die Art der Steuererhebung genau bestimmt und festgesetzt, daß die Rittergüter für die ordentliche Landeskontribution mit der Hälfte ihres Areals steuerpflichtig sein und zu den Reichs-, Kreis- und Prinzessinnensteuern den dritten Teil beitragen sollten.
Christian Ludwigs Sohn und Nachfolger (seit 1756) Friedrich der Gütige veranlaßte zwar durch seine feindselige Haltung gegen Preußen im Siebenjährigen Krieg Einfälle der preußischen Truppen, traf aber zahlreiche zeitgemäße Reformen, ordnete das Finanzwesen und erhielt im Teschener Frieden 1779 das Privilegium de non appellando, dem aber von der Ritterschaft lebhaft widersprochen wurde. Nach seinem kinderlosen Tod (1785) folgte ihm sein Neffe Friedrich Franz I., welcher 1803 sein Land um Wismar vergrößerte. Er mußte 1808 dem Rheinbund beitreten, beteiligte sich 1813-15 an den Kriegen gegen Frankreich und Dänemark, nahm 1815 den Titel Großherzog an und trat dem Deutschen Bund bei.
Die Verfassung erhielt 1817 eine neue Garantie dadurch, daß im Fall des Streits zwischen Fürsten und Ständen ein unabhängiges Schiedsgericht eingesetzt werden sollte. Auf dem Landtag zu Sternberg wurde 1819 die Aufhebung der Leibeigenschaft beschlossen und bestätigt. 1822 wurde die Separation der Bauerndörfer im Domanium anbefohlen, jede separierte Bauernhufe sollte womöglich vererbpachtet werden. Der Großherzog Friedrich Franz (s. Friedrich 28) starb und da sein Sohn, der Erbgroßherzog Ludwig Friedrich, schon 1819 verstorben war, so hatte er seinen Enkel Paul Friedrich zum Nachfolger. Derselbe starb jedoch schon Ihm folgte sein Sohn Friedrich Franz II. (s. Friedrich 29).
In Mecklenburg-Strelitz herrschten inzwischen Adolf Friedrich II. (1701-1708), Adolf Friedrich III. (1708-1752, Erbauer des Schlosses und Begründer der Residenzstadt Neustrelitz 1726), dessen Neffe Adolf Friedrich IV. (1752-94), der durch die Agnitionsakte vom dem Rostocker Erbvergleich beitrat, ein harmloser, gutmütiger Mann, doch von etwas absonderlichen Gewohnheiten, die Fr. Reuter in seinem »Dörchläuchting« schildert. Ihm folgte sein Bruder Karl (1794-1816), der Vater von Preußens Königin Luise. Der Fürsprache des Königs von Bayern [* 63] hatte er es zu danken, daß sein Land 1806 von der ¶
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französischen Okkupation verschont blieb; doch hat es bis 1813, abgesehen von Erpressungen, mehr als 2 Mill. Thlr. für die französische Armee aufbringen müssen. Der Herzog trat dem Rheinbund bei, entsagte 1813 demselben und ließ seine Truppen beim schlesischen Heer am Kampf gegen Frankreich teilnehmen. Er nahm gleichfalls den Titel Großherzog an und erhielt auf dem Wiener Kongreß einen Distrikt im Saardepartement mit 10,000 Seelen. Sein Nachfolger Georg (1816-60, s. Georg 16) verkaufte ihn aber 1819 für 1 Mill. Thlr. an Preußen. In dem Deutschen Bunde, dem Mecklenburg-Strelitz 1815 auch beitrat, besaß es für die allgemeine Bundesversammlung eine Stimme (Mecklenburg-Schwerin hatte zwei), für die engere mit Mecklenburg-Schwerin zusammen die 14. Stimme. Seit regiert Georgs Sohn Friedrich Wilhelm (s. Friedrich 31).
Das Jahr 1848 rief auch in beiden Mecklenburg Unruhen und Verfassungswirren hervor. In zahlreichen Petitionen ward die Einberufung eines außerordentlichen Landtags zur Beratung der Verfassungsreform und eines volkstümlichen Wahlgesetzes begehrt, und die ausweichende Antwort des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin veranlaßte tumultuarische Auftritte in Schwerin und Rostock. Am 18. März ward endlich die Einberufung eines außerordentlichen Landtags verkündigt und die Zensur aufgehoben; eine umfassendere Proklamation vom 23. März verhieß Volksvertretung beim Bundestag, Reform der Landesvertretung, Vereinigungsrecht, Volksbewaffnung und Umgestaltung der Rechtspflege.
Auf dem am 26. April eröffneten außerordentlichen Landtag wurde ein auf allgemeinem Wahlrecht beruhendes Wahlgesetz vereinbart und von den Ständen verlangt, daß die neue Vertretung mindestens dieselben Rechte haben solle wie früher Ritterschaft und Landschaft. Der Landtag wurde 16. Mai geschlossen, und 15. Juli erfolgte die Publikation des Wahlgesetzes. Im Land bildeten sich nun zwei Parteien, eine demokratische und eine konstitutionelle, d. h. streng konservative. Am 31. Okt. trat endlich die verfassungsvereinbarende Versammlung zusammen.
Von den 103 Abgeordneten (85 für Mecklenburg-Schwerin, 18 für Mecklenburg Strelitz und das Fürstentum Ratzeburg) gehörten fast zwei Drittel der demokratischen Partei an; doch löste sich von dieser ein linkes Zentrum ab, das der Schweriner Regierung namentlich in der Wahlgesetzfrage namhafte Konzessionen machte. Die deutschen Grundrechte, Bestimmungen über das Domanium und der Grundsatz des Suspensivvetos wurden in die Verfassung aufgenommen und diese von der Kammer genehmigt.
Die größten Schwierigkeiten machte die Frage der landständischen Union zwischen beiden Großherzogtümern. Am 13. Aug. löste der Großherzog von Strelitz die Kammer auf, wozu das Recht nur dem Großherzog von Schwerin zustand. Daher erklärte die Kammer 19. Aug. die Aufhebung der Union für beide Mecklenburg für notwendig, und auf ihren Antrieb löste der Großherzog von Schwerin gleichfalls die Kammer 22. Aug. auf, bestätigte aber 23. Aug. das vereinbarte Staatsgrundgesetz für Schwerin.
Außer der Regierung von Strelitz protestierten die Agnaten beider mecklenburgischen Linien, darunter der König von Preußen, gestützt auf den Successionsvertrag von 1442, gegen die neue Verfassung. Auch die adlige Ritterschaft that Einspruch und fand, in Schwerin abgewiesen, eine um so huldvollere Aufnahme in Strelitz. Nachdem sich sowohl die strelitzsche Regierung als die Ritterschaft mit einer Klage an den Bund gewandt, erklärte ein Bundesschiedsgericht (v. Langenn, v. Scheele, Götze) die Rechtsbeständigkeit der neuen Staatsverfassung und das Gesetz über die Aufhebung der landständischen Verfassung für nichtig, und der Großherzog von Schwerin wurde angehalten, für 1850 einen Landtag nach dem grundgesetzlichen Erbvergleich von 1755 zu berufen.
Die landständische Union zwischen beiden Mecklenburg war somit wiederhergestellt. Es begann die Zeit der Reaktion. Zunächst wurde das bisher gemeinsame Konsistorium aufgelöst, das Kirchenregiment über die lutherische Kirche fortan durch zwei Behörden, in Schwerin durch den Oberkirchenrat, in Strelitz durch ein Konsistorium, geübt. Am 9. Okt. erfolgte die Aufhebung der deutschen Grundrechte und das Verbot aller Versammlungen zu politischen Zwecken. Am trat zu Malchin der allgemeine Landtag wieder zusammen, bei welchem die adlige Ritterschaft im Übergewicht war.
Somit war der alte patrimonial-ständische Privilegienstaat mit der Dreiteiligkeit von Landesherrschaft, Ritterschaft und Städten wiederhergestellt. Weiteres über die Landstände s. oben, S. 388. Am wurde die Prügelstrafe wieder eingeführt. Die obere Leitung der Staatsverwaltung ward in Schwerin durch Verordnung vom neu geordnet, der Wirkungskreis des Staatsministeriums erweitert und diesem kollegialische Beratung empfohlen. Die drückende Lage der Bauern und Tagelöhner, die Schwierigkeiten des Gewerbebetriebs in den Städten riefen seit 1850 eine überaus rege Auswanderung aus beiden Mecklenburg nach Amerika [* 65] hervor, die in den Jahren 1852-57 ihre größte Höhe (6000 Menschen) erreichte. Damals trat sogar eine absolute Verminderung der Bevölkerungsziffer ein.
Während der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz beim Ausbruch des österreichisch-preußischen Kriegs 1866 so zögernd auf Preußens Seite trat, daß sein Kontingent gar nicht mehr am Kampf teilnahm, schloß der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin 30. Juni mit Preußen ein Bündnis und stellte ihm sein Kontingent zur Verfügung, das er dann mit preußischen Truppen vereint selbst nach Bayern führte, wo er bis Nürnberg [* 66] vordrang (s. Preußisch-deutscher Krieg). Dem preußischen Entwurf vom 4. Aug. für einen norddeutschen Bund stimmten beide Mecklenburg nur zögernd und unter Vorbehalten bei. Am 26. Sept. ward sodann ein außerordentlicher Landtag versammelt und diesem der Bündnisvertrag mit Preußen wie der Entwurf des Wahlgesetzes für den Norddeutschen Bund vorgelegt.
Die Mehrheit der deshalb niedergesetzten Kommission befürwortete notgedrungen die Billigung der betreffenden Vorlagen, traten beide Mecklenburg dem Zollverein bei. Die norddeutsche Bundesverfassung bildete natürlich für die Stände Mecklenburgs einen furchtbaren Stein des Anstoßes. Gleichwohl entschied sich der mecklenburgische Landtag für Annahme derselben u. zwar mit 106 gegen 16 Stimmen. Der Abschluß einer Militärkonvention mit Preußen verzögerte sich bis
Nach dem deutsch-französischen Krieg, an dem auch Mecklenburgs Truppen im Verband [* 67] des 9. Armeekorps einen ruhmreichen Anteil nahmen, und der Begründung des Deutschen Reichs trat die mecklenburgische Verfassungsfrage in ein neues Stadium. Am beschloß (ähnlich wie schon 7. Juli eine Delegiertenversammlung von 16 Stadtmagistraten) der landschaftliche Konvent der drei Kreise, [* 68] in einer Eingabe an beide Landesherren die ¶