Maskeraden (s. d.), gestalteten, deren
Reiz in der sogen. Maskenfreiheit beruht. Aber merkwürdig genug hat die Hauptmaskenfeier
in ihrer Beschränkung auf eine bestimmte Zeit des christlichen Festkalenders auch heute noch ein Kennzeichen ihres religiösen
Ursprungs bewahrt. Die früher aus
Wachs gefertigten Gesichtsmasken, wie man sich deren bei
Maskeraden sowie beimKarneval
auch auf den
Straßen bedient, werden jetzt meist aus
Leinwand mit einem lackierten Überzug hergestellt. Man hat sie in den
verschiedensten
Charakteren, einfarbige (schwarz oder weiß), die meist Halbmasken sind und nur den obern Teil des
Gesichts
bedecken, und bunte (halbe und ganze) Masken.
[* 2]
In der
Baukunst
[* 3] nennt man Masken Menschenköpfe ohne Hinterhaupt, welche, gewöhnlich aus
Stein gehauen,
zur
Verzierung des
Schlußsteins von
Fenster- und Thürbogen angewandt
werden. - In der Befestigungskunst heißt eine
Brustwehr,
[* 4] ein
Verhau
[* 5] oder eine andre Vorrichtung, durch welche ein andres Werk, eine
Batterie etc., dem feindlichen
Feuer entzogen (»maskiert«)
wird. S.
Maskieren.
(spr. mäskilein),Nevil, Astronom, geb. 5. Okt.(16. Okt.
n. St.) 1732 zu
London,
[* 6] studierte anfangs
Theologie, wandte sich aber bald der
Astronomie
[* 7] zu und ging 1761 zur
Beobachtung
des Venusdurchgangs nach St.
Helena, 1763 zur
Prüfung der Harrisonschen
Uhren
[* 8] nach
Barbados, worauf er 1765 nach Bliß'Tod
fünfter
Direktor der
Sternwarte
[* 9] in
Greenwich und königlicher Astronom von
England wurde. Er starb ist Begründer
des »Nautical Almanac«, von welchem er die Jahrgänge von 1767 bis 1815 veröffentlicht
hat.
(franz. u. engl.
masques, ital. ludi), allegorische oder mythische
Vorstellungen mit
Gesang und üppiger dekorativer
Ausstattung, welche besonders
im 16.-17. Jahrh. an den Fürstenhöfen bei Vermählungsfeierlichkeiten etc.
zur Aufführung gelangten und die
Vorläufer der
Oper bildeten.
Von letzterer, die im 17. Jahrh. aufkam, unterschieden sich
die Maskenspiele sehr scharf durch die noch mangelnde
Monodie. In
England waren die Maskenspiele in der ersten Hälfte des 17. Jahrh. sehr im Schwange.
(Maskenball), ein
Ball, wo die Teilnehmer in Verkleidungen und mit Gesichtsmasken verhüllt
erscheinen. Diese Verkleidungen heißen
Charaktermasken, wenn sie die gewöhnliche
Kleidung gewisser
Stände
(Jäger,
Bauern,
Bergleute) oder bestimmter
Personen nachahmen; Nationalmasken, wenn sie die eigentümliche
Kleidung bestimmter
Völkerschaften
darstellen; Phantasiemasken, wenn die
Kleidung mit freier
Willkür gewählt ist. Am häufigsten bedient man sich auf Maskeraden des
Domino (s. d.). Dergleichen Maskeraden kamen zuerst in
Italien
[* 10] auf (vgl.
Maske, S. 314), wurden seit
dem 17. Jahrh. überall beliebt (an den deutschen
Höfen hießen sie
»Wirtschaften«) und gehören noch jetzt an zahlreichen
Orten zu den Vergnügungen des
Karnevals (s. d.), haben aber von ihrer ursprünglichen Bedeutung viel verloren.
CharakteristischeMaskenaufzüge, oft von sinnreicher
Erfindung und künstlerischer Ausführung, sind in
neuerer Zeit von den Künstlergesellschaften zu
München,
[* 11]
Düsseldorf,
[* 12]
Wien,
[* 13]
Berlin
[* 14] etc. veranstaltet worden.
(franz.), mit einer
Maske versehen, verkleiden; in der Befestigungskunst: eine
Batterie
oder Truppenaufstellung dem Feind so verbergen, daß sie erst sichtbar wird, wenn sie in Thätigkeit tritt;
In der
Biologie bezeichnet man damit die Verkleidung, welche manche
Tiere anlegen,
um ihren Feinden oder Beutetieren schwer erkennbar zu werden. So besetzen gewisseMeerspinnen (Maja-Arten)
ihren
Rücken dicht mit abgekniffenen
Zweigen von
Algen,
[* 15] die
Wollkrabbe (Dromia) versteckt sich unter einem lebhaft orangeroten
Schwamm, den sie auf ihren
Rücken pflanzt, viele Insektenlarven bedecken sich mit
Kot oder
Staub, eine Chrysopenlarve, die auf
Baumrinde lebt, mit den Körnchen der grünen Rindenalgen.
Letztere ist ebenso wie die
Meerspinne mit sogen.
Angelhaaren, an der
Spitze hakenförmig umgebogenen
Haaren, besetzt, um die
Fremdkörper festzuhalten, und einzelne Krabbenarten
haben besondere Rückenfüße, um sie bequem anzubringen.
daPanicāle, ital. Maler, so genannt nach seinem Geburtsort im Arnothal, wurde 1383 oder 1384 geboren, ließ
sich 1423 in die Malergilde zu Florenz
[* 21] aufnehmen, ging bald nach 1426 nach Ungarn,
[* 22] wo er sich noch 1427 befand, und war dann
nachweislich bis 1435 in Italien thätig. Er soll 1447 in Florenz gestorben sein. Masolinos einzig beglaubigtes Werk sind die
Fresken aus dem Leben der Maria (um 1425 entstanden) in der Kollegiatkirche zu Castiglione d'Olona (Lombardei); dieselben sind
bezeichnet: »Masolinus de Florentia pinsit«.
Sie zeigen noch einen ziemlich altertümlichen Charakter, weiche Gewandung, wenig individuelle Köpfe. Masolino soll
auch die von 1435 datierten Fresken aus der Legende der HeiligenStephanus und Laurentius im Chor und die Fresken aus dem LebenJohannes des Täufers im Baptisterium derselben Kirche gemalt haben, welche einen bedeutenden Fortschritt ins Realistische bezeichnen.
Viel erörtert wurde die Frage, ob auch in der Kapelle Brancacci gemalt habe, wie es Vasari angibt; derselbe
schreibt ihm darin, abgesehen von jetzt zerstörten Bildern, die Fresken mit der PredigtPetri, der Doppeldarstellung der Erweckung
der Tabea und der Heilung des Lahmen zu. Die Mehrzahl der Forscher stimmt jetzt Vasari bei. Auch schreibt man
Masolino einen Freskencyklus aus der Legende der heil. Katharina in einer Kapelle der Basilika
[* 23] SanElemente in Rom
[* 24] zu.
(Massovien, Masovia), ehemals eine der acht Woiwodschaften, in welche 1816 das russische Polen geteilt ward,
mit der Hauptstadt Warschau,
[* 26] gegenwärtig mit dem vormaligen GouvernementKalisch
[* 27] das russisch-polnische
GouvernementWarschau bildend, fast ganz auf dem linken Weichselufer gelegen. Masovien soll seinen Namen von Masos haben, dem Mundschenken
des polnischen Königs Mieczislaw II., welcher sich nach dem Tode dieses Königs während der MinderjährigkeitKasimirs I. (1037-1041)
des größten Teils der ProvinzPlozk bemächtigte.
Obwohl nun Masos von dem König Kasimir besiegt und hingerichtet ward, so behielt doch das Land von ihm seinen Namen. Nach
dem TodBoleslaws III. (1138) erhielt dessen zweiter Sohn, Boleslaw, und Kujavien als Herzogtum; ihm folgte 1173 sein Sohn Lesko,
der 1183 kinderlos starb, worauf an die KronePolen zurückfiel. König Kasimir II. vermachte vor seinem
Tod (1194) Masovien seinem zweiten Sohn, Konrad, der auch dadurch denkwürdig geworden ist, daß er, um sein Land vor den Verwüstungen
durch die heidnischen Preußen
[* 28] zu schützen, die DeutschenRitter nach Preußen zog.
Nach dem Tod seiner beiden SöhneKasimir und Boleslaw (1262 und 1267) teilten deren Söhne und Enkel das
Land, bis es 1333 wieder unter Boleslaw II. vereinigt wurde. Nach dessen Tod (1351) wurde sein Vetter Ziemowit III. mit Masovien belehnt,
mußte aber Kujavien an die KronePolen abtreten. Nachdem 1526 in Masovien die piastische Linie mit Janusz und
Siegmund ausgestorben war, ward das Land von dem polnischen König Siegmund I.
wieder mit Polen vereinigt, dessen Schicksale
es von nun an teilte. 1794, bei der dritten TeilungPolens, fiel an Preußen, von dem es 1807 an das Herzogtum Warschau abgetreten
wurde; mit diesem fiel es 1814 an Rußland. Die Einwohner heißen Masuren (s. d.).
Gaston, franz. Ägyptolog, geb. von italienischen Eltern zu Paris,
[* 29] wo er auch seine Erziehung erhielt.
Seines Lebensunterhalts wegen sah er sich genötigt, nach Montevideo
[* 30] zu gehen, von wo er 1868 nach einjährigem
Aufenthalt nach Paris zurückkehrte. Hier ward er 1869 zum Répétiteur des Ägyptischen an der École pratique des hautes études
ernannt. 1870 nahm er Dienste
[* 31] in der PariserArmee und ward naturalisiert; das Jahr 1873 brachte ihm den Doktorhut
und die Ernennung zum Professor am Collège de France an Stelle de Rougés.
Noch auf der Normalschule schrieb er: »Sur l'inscription dédicatoire du temple d'Abydos«. Es folgten: »Du
genre épistolaire chez les Égyptiens« (1872);
»Le
[* 33] papyrus de Berlin Nr. 1« und zahlreiche Artikel in archäologischen und sprachwissenschaftlichen
Zeitschriften. In einer Reihe von Artikeln, welche er in der »Zeitschrift für ägyptische Sprache«
[* 34] 1877-1880
veröffentlichte, suchte er die Entstehung der demotischen Schrift aus der hieroglyphischen und hieratischen im einzelnen
zu erklären. In andern (in den »Annuaires de l'association pour l'avancement
des études grecques« 1875-78) kommentierte er das zweite Buch Herodots.
Auch gibt er den »Recueil de travaux relatifs à la
philologie et à l'archéologie égyptiennes et assyriennes« (1870-1887, Bd.
1-7) heraus. Seine »Histoire ancienne des peuples d'Orient« (3. Aufl. 1884) wurde von Pietschmann ins
Deutsche
[* 35] (Leipz. 1877) übersetzt.
jede gegebene Größe, welche, als Einheit oder Norm genommen, zum Messen andrer Größen dient.
Die Operation des Messens bezweckt demnach die Feststellung des Größenverhältnisses zwischen der Maßeinheit und der zu
messenden Größe. AlleMaße lassen sich auf drei Klassen zurückführen: auf Maße der Zeit, des Raums und des Gewichts oder der
Masse. Die Geschichte des Maßes im allgemeinen und bei einzelnen Völkern im besondern läßt einen mit
der Kultur des Volkes zusammenhängenden Entwickelungsgang erkennen. In den Anfängen der Kultur haben rohe Annahmen für die
Maße genügt: für die Zeit die ungefähre Stellung der Sonne
[* 37] und der Gestirne am Himmel,
[* 38] für den Raum die Abmessungen, welche
durch Teile des menschlichen Körpers etc.
¶
mehr
nahegelegt waren. Aber mit der Entwickelung des Verkehrs und gewerblicher Thätigkeit mußte auch das Bedürfnis eines geordneten
Maßwesens hervortreten. Man war stets bemüht, eine durch die Natur gegebene Maßeinheit als Norm festzusetzen. Aber das Problem,
ein solches Maß zu finden, das zu allen Zeiten unveränderlich dasselbe bleibt, so daß man im stande wäre,
von ihm jederzeit die Größe des Urmaßes wieder zu entlehnen, ist auch heute noch ungelöst. Ein Maßsystem ist um so besser,
je vollständiger und einfacher der Zusammenhang aller Maße untereinander ist.
Dies Postulat war schon von den Chaldäern in sehr befriedigender Weise gelöst worden. Durch Böckh ist
nachgewiesen, daß aus dem alten chaldäischen ReichBabylon, nicht aus Ägypten, die Maßsysteme der alten Völker hervorgegangen
sind. Die uralten Bauwerke der Babylonier und Ägypter setzen sehr sorgfältig bestimmte Maße und Gewichte in einer für jetzt
noch unbestimmbar frühen Zeit voraus. Die Chaldäer teilten Tag undNacht in je zwölf Stunden und bedienten
sich zur Zeitmessung als Stundenmaß des Wassers, welches aus einem ehernen Gefäß
[* 40] abfloß.
Diese Wassermengen wurden nicht allein abgemessen, sondern auch durch Wägen verglichen. Das ältestbekannte Gewicht ist das
babylonische Talent, durch welches das Gewicht eines bestimmten KubusWasser ausgedrückt wurde, das aus einem besondern Gefäß
in bestimmter Zeit abfloß. In diesem System war daher das Maß der Zeit mit dem des Raums und der Masse unmittelbar
verknüpft. Die Länge einer Kante dieses Ur(Zeit)gefäßes diente als Längenmaß, aus ihm gingen die alte heilige Elle, die
Elle des Nilmessers als größeres, der griechische, olympische und römische Fuß als kleineres Maß hervor.
Es sei noch erwähnt, daß das Talent dieses merkwürdigen Maßsystems als Gewicht gleichzeitig die Grundlage für das Geld-
und Münzwesen
[* 41] bildete.
Bei andern Völkern und in spätern Zeiten finden wir kein so durchgebildetes Maßsystem wie bei den Chaldäern. Als von der
Natur gegebene Maße wurden die Länge des Fußes, Arms, der Spanne, der ausgebreiteten Arme bis zu den Fingerspitzen
(Klafter), des Maultierhaars, der Durchmesser von Früchten, wie der Datteln, die Breite
[* 42] der Hand,
[* 43] Finger, Gerstenkörner etc. angenommen.
Von den Gewichten weist das Gran
[* 44] oder Korn auf die Schwere der Getreidekörner hin. Wie unsicher bei der unendlich mannigfaltigen
Ausbildung der Organismen dieses Maßwesen war, liegt auf der Hand, und doch finden wir jahrhundertelang keine Maßnahmen,
die Festsetzung von Grundmaßen auf eine sichere Basis zu bringen.
König Heinrich I. von England ersetzte 1101 die damals übliche Elle (gyrd) durch die Länge seines Arms bis zur Spitze des Mittelfingers
(yard). Wie primitiv in Deutschland
[* 45] in Bezug auf und Gewicht verfahren wurde, beweist das von König Ottokar
II. (1253-78) von Böhmen
[* 46] befolgte Verfahren: »Vier der Breite nach nebeneinander gelegte Gerstenkörner gelten gleich einem Querfinger,
zehn Querfinger gleich einer Spanne; ein Becher
[* 47] Weizen, so viel man mit beiden Händen fassen konnte, etc.«
Paucton und Bailly bemühten sich vergebens, aus den alten historischen Maßen eine allgemeine Norm herzuleiten.
Bouguer wollte 1749 die Pendellänge unter dem 45. Breitengrad und Condamine die am Äquator als Maßeinheit
angewendet wissen. Letzterer ließ dieselbe in Peru
[* 48] auf ein Denkmal mit den Worten: »Mensurae naturalis exemplar, utinam et
universalis« eingraben. Nachdem es als unwahrscheinlich erwiesen ist, daß die alten Ägypter ihr Maßsystem auf den
Umfang der Erde gestützt haben, muß der Astronom GabrielMouton zu Lyon
[* 49] als Begründer der Herleitung des
Maßsystems von der Größe der Erde angesehen werden. Er schlug 1670 die Länge des Meridianbogens von einer Minute bei kugelförmiger
Gestalt der Erde als Normaleinheit unter dem Namen Milliare vor.
Mit dieser gesetzlichen Bestimmung fällt die ursprügliche ^[richtig: ursprüngliche] Definition des Meters als des zehnmillionten
Teils des Erdquadranten und als ein natürliches Maß fort, weil damit eine Berichtigung seiner Länge durch spätere genauere
Messungen ausgeschlossen ist. Nach jetzigen Berechnungen mußte er 443,299 Linien lang sein. Um dieselbe
Zeit (1790) entschied man sich in England für die Länge des Sekundenpendels in der Breite von London am Meeresspiegel bei einer
Temperatur von 13 ⅓° R. als Maßeinheit. 1824 wurde die Länge der Maßeinheit, des Yard, zur Pendellänge ermittelt und
letztere auf 39,1393 engl. Zoll festgesetzt.
Urmaßstäbe sind entweder Endmaße (étalons à bouts) oder Strichmaße (étalons à traits); erstere geben das Maß durch
den Abstand ihrer Endflächen, letztere durch den Abstand zweier zur Maßstabachse senkrecht eingerissener
Striche an. Die Endmaße hatten bisher vor den Strichmaßen den Vorzug, weil sie erfahrungsmäßig nicht bloß leichtere
und genauere Abgleichung mit andern Maßstäben gestatten, sondern auch bei einer geringen Durchbiegung auf der Unterlage
ihr Maß weniger ändern.
Weil aber die Endflächen beim Kopieren durch die Berührung mit Fühlhebeln etc. verletzt werden, so fertigt
man jetzt meist nur Strichmaße an, bei denen die Abgleichung durch Komparatoren (s. d.) mit Mikroskopen ohne Berührung des
Urmaßes geschieht. Das in den Archiven zu Paris aufbewahrte Urmeter, von Lenoir gefertigt, ist ein Endmaß aus Platin und soll
bei 0° C. seine richtige Länge haben. Seine Endflächen sind beschädigt. Nach diesem wurde 1863 für
die preußische Regierung ein Urmaß aus Platin angefertigt, welches 1,00000301 m lang befunden worden ist.
Berühmt wegen seiner ausgezeichneten Ausführung ist der 1837 von Bessel für die preußische Regierung aus Gußstahl mit in
Gold
[* 69] gebetteten kegelförmigen Saphiren als Endflächen gefertigte Urmaßstab, welcher bei 16¼° C. 3 Fuß
weniger 0,00063 Linie mißt. Die Maß- und Gewichtsordnung eines jeden Landes trifft Bestimmungen darüber, in welcher Weise
die einzelnen Maßstäbe und Gewichtsstücke herzustellen sind. Es wird eine Toleranz festgesetzt, ein Maximum der zulässigen
Ungenauigkeit, da absolute Genauigkeit nicht zu erreichen ist.
Connecticut durchschnittenes Hügelland an. Hier erheben sich die malerischen HügelTom (396 m) und Holyoke (341 m), viel von
Touristen besucht. Noch weiter östlich erhebt sich Mount Wachusett (615 m), hoch über die umliegenden Hügel ansteigend, welche
sich als BlueHills bis in die Nähe von Boston
[* 85] verbreiten. Nur der südöstliche Teil des Staats ist eben
und sandig. Hier ragt die Halbinsel des Cape Cod, einem gebogenen Arm ähnlich, ins Meer hinein, im N. die CapeCod-Bai umschließend,
im S. von der Buzzardbai begrenzt und durch eine Meeresstraße von den InselnMartha's Vineyard und Nantucket getrennt.
Die Seeküste von ist reich gegliedert und bietet vortreffliche Häfen dar, unter welchen der von Boston
in der Massachusettsbai der wichtigste ist. Der bedeutendste Fluß ist der Connecticut, welcher den Staat von N. nach S. durchströmt
und künstlich für Boote schiffbar gemacht ist. Der Merrimac, aus New Hampshire kommend, fließt durch den nordöstlichen
Teil des Staats und bildet an seiner Mündung den Hafen von Newburyport. Das Klima
[* 86] ist im Winter strenger und im Sommer heißer
als in den südlichen Bezirken von England und raschem Wechsel unterworfen.
Die Flüsse
[* 87] sind gewöhnlich 2-3 Monate des Jahrs zugefroren; doch blühen Pfirsich- und Aprikosenbäume schon in der Mitte
des Aprils und Kirsch- und Apfelbäume in der ersten Hälfte des Mai. Massachusetts hat ein Areal von 21,211 qkm (385,2 QM.) mit (1870)
1,457,351, (1880) 1,783,085 Einw. (10,697 Farbige, 443,491 Ausländer einschließlich von 16,872 Deutschen), (1885) 1,941,465
Einw. Das Schulwesen von Massachusetts erfreut sich in Amerika
[* 88] eines vorzüglichen Rufs, und in der That sind aus seinen
SchulenMänner hervorgegangen, die zu den Zierden des Landes zu rechnen sind.
Unter den höhern Bildungsanstalten gebührt der berühmten UniversitätHarvardCollege der vornehmste Rang. Außer ihr bestehen
noch 6 Colleges mit zusammen 2306 Studenten. Obschon Klima und Boden der Landwirtschaft nicht günstig sind,
so hat doch die seltene Thätigkeit und Geschicklichkeit der Bewohner den Ackerbau auf eine höhere Stufe gebracht, als die
meisten der übrigen Unionsstaaten aufweisen können. Von der Oberfläche des Staats sind 18 Proz. angebaut.
Steinkohlen werden nur in geringem Maß ausgebeutet (1880: 62,637 Ton.). Die Fischerei
[* 96] ist der eines jeden der andern Staaten
überlegen und beschäftigte 1880: 20,117 Menschen mit 1054 Schiffen und 6749 Booten. Stockfisch- und auch
Walfischfang wird betrieben. Den Ertrag schätzte man auf 8 Mill. Doll. Noch hervorragender ist die Stellung von als Industriestaat.
Der Staat hat die dichteste und wohlhabendste Bevölkerung
[* 97] und mehr aufblühende Städte und Dörfer als ein andrer, Vorteile,
welche seiner entwickelten Industrie zu verdanken sind. 1880 zählte man 14,352 gewerbliche Anstalten
mit 352,255 Arbeitern, in welchen Rohstoffe im Wert von 387 Mill. Doll. verarbeitet und Produkte im
Wert von 631 Mill. Doll.
hergestellt wurden.
Nur New York und Pennsylvanien leisten mehr, haben aber auch eine weit größere Bevölkerung, und was die Fabrikation von baumwollenen
und wollenen Waren, Stiefeln und Papier betrifft, so behauptet Massachusetts in der Union den ersten Rang. Seine Baumwollfabriken beschäftigten
1880: 62,903 Arbeiter, seine Stiefelfabriken 61,651, die Wollfabriken 23,621, die Gießereien und Maschinenbaustätten 16,788,
die Kleiderfabriken 11,167, Strohflechtereien 7809, Fabriken von chemischen Stoffen 7498, Papiermühlen 7145, Lederfabriken 6681,
Stahl- und Eisenhütten 6513, Kammwollfabriken 5783, Druckereien 4994, Färbereien 4945 Arbeiter.
Der Staat besaß 1886: 2011 Schiffe
[* 98] von 435,969 Ton. Gehalt und ein Eisenbahnnetz von 3215 km. Die gegenwärtige Verfassung von
ist der Grundlage nach noch dieselbe, welche 1780 durch die Konvention der Abgeordneten entworfen und 1821 revidiert und zum
Teil modifiziert wurde. Die exekutive Gewalt ist einem Gouverneur und Vizegouverneur übertragen, welche
jährlich durch absolute Majorität gewählt werden. Ihnen zur Seite steht ein Rat von 9 Mitgliedern, welche durch gemeinschaftliche
Wahl beider Häuser berufen werden.
Die gesetzgebende Gewalt wird von einem Senat von 40 auf ein Jahr gewählten Mitgliedern und einem Repräsentantenhaus
von 240 ebenfalls jährlich gewählten Mitgliedern gebildet. Für die Rechtspflege bestehen ein höchster Gerichtsof ^[richtig:
Gerichtshof] (Supreme judical Court) mit einem Oberrichter und 6 Richtern, ein Obergericht (SuperiorCourt) mit einem Oberrichter
und 9 Richtern, 14 Grafschaftsgerichte (Courts of probate) und eine entsprechende Anzahl Friedensgerichte.
Geschichte. Das Gebiet von Massachusetts hat seinen Namen von einem Stamm der Abenaki und bildete ursprünglich zwei
getrennte Kolonien: die Plymouthkolonie und die Kolonie der Massachusettsbai. Die erste englische Niederlassung, welche in
Neuengland erfolgte, bestand aus 101 Puritanern (den sogen. Pilgrim Fathers), welche, religiöser Verfolgung wegen aus England
flüchtend, in Plymouth
[* 99] landeten und den Grund zur Plymouthkolonie legten. Die Gründung der
»Kolonie der Massachusettsbai« begann 1628 mit der Ansiedelung zu Salem. 1630 wurde Boston gegründet.
Beide Niederlassungen blieben getrennt unter von ihnen gewählten Gouverneuren bis 1685, wo ihnen die Freibriefe genommen und sie
zusammen dem Präsidenten von Neuengland unterstellt wurden. Boston war die Wiege der amerikanischem Freiheit. 1774 übernahm
ein Provinzialkongreß zu Boston die Regierung, und wurde diese Stadt von den Engländern geräumt.
Die erste Konstitution des Staats, welche der jetzt geltenden noch zu Grunde liegt (s. oben), stammt aus dem Jahr 1780. Die Sklaverei
wurde schon 1780 aufgehoben. Am nahm Massachusetts die Unionsverfassung an. 1820 wurde
Maine, bis dahin ein integrierender
¶